Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 160

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man auch ansprechen könnte und wofür man vor allem auch einmal Taten setzen müsste.

Beim Thema Budget ist jetzt lange darüber diskutiert worden, dass man das Brexitloch vielleicht mit dem Zauberstab Verwaltungsreform in Brüssel wettmachen könnte. Es hat sich relativ schnell gezeigt, dass sich das nicht ausgehen wird, und jetzt ist man umgeschwenkt und erzählt die Geschichte, dass man, wenn man das mit Asyl und Migration irgendwie hinbiegt, auch wieder einen Haufen Geld einsparen können wird. Das ist nur eine billige Ausrede, weil man sich nicht mit dem gemeinsamen Agrar­budget beschäftigen möchte oder mit der Strukturpolitik, denn das sind – no na net – schwierige Themen, wenn man auf sieben Jahre ausverhandeln muss, ob es nicht eventuell sein könnte, dass man bei den Subventionen gerade für größere Landwirt­schaftsbetriebe etwas einspart.

Das sind harte Diskussionen. Der Punkt ist: Wir müssen sie führen. Es geht gar nicht einmal darum, dass man jetzt schon sagt, welche Position man hat, sondern das sind Dinge, die man auch mit der breiten Bevölkerung ausverhandeln und ausdiskutieren muss, weil es eben so wichtig ist und es um einen mehrjährigen Finanzrahmen geht, der bestimmt, wie in den nächsten sieben Jahren die Geldverteilung im gemeinsamen Europa ausschaut.

Wenn wir schon von Migration reden, dann widmen wir uns dem Thema noch ein bisschen: Wie ist es denn dazu gekommen, Herr Bundeskanzler, dass Sie sich am Höhepunkt des Streits zwischen CDU und CSU plötzlich in der Mitte wiedergefunden haben? Das hat man eigentlich schon auf 3 Kilometer mit freiem Auge erkennen können, dass es nicht um Brückenbauen gegangen ist, sondern allerhöchstens darum, weiterzuzündeln.

Was wir von Ihnen verlangen, ist ein bisschen Multitasking. Man sagt, es fällt Ihnen schwer, aber ich glaube an Sie. Es wird möglich sein, politisch zu multitasken und zu sagen: Es gibt auch noch andere wichtige Themen, wir können die auch mit der Bevölkerung ausdiskutieren und wir können sie hier im Parlament ausdiskutieren. Es ist an der Zeit, in diesem Dauerwahlkampf endlich einmal auf die Pausetaste zu drücken und sich den wirklich wichtigen Themen zu widmen. Das Nachdenken über das Morgen in der Europäischen Union, über die Zukunft ist eine sehr lohnende Auf­gabe, und auch, die Debatte darüber zu führen, wo es denn langfristig hingehen soll.

Ich kann dieses Desinteresse für alles, was sich nicht für Innenpolitik eignet, überhaupt nicht nachempfinden. Es ist eine wahnsinnig spannende Zeit, um sich auch wirklich in die Debatte darüber reinzuwerfen, wie Europa in 10, 20, 30 Jahren ausschaut.

Da gibt es zwei Zukunftsszenarien:

Szenario Nummer eins: Die Verzwergung, die Renationalisierung, die Irrelevanz des europäischen Kontinents in der Welt.

Szenario Nummer zwei: Die Vereinigten Staaten von Europa, die Europäische Repu­blik, der stärkste Akteur der Welt, der sich für liberale Demokratie einsetzt, für die Werte, für die das Ganze steht, für progressiven Freihandel, für Wohlstand und für Frieden. (Beifall bei den NEOS.)

Szenario Nummer zwei ist ein bisschen sympathischer. Ich glaube, in dieser Frage muss man nicht allzu viele Leute überzeugen, aber es ist ein langer Weg dorthin. Man muss anfangen, das Ganze zu diskutieren, und man muss es öffentlich tun.

Der erste Schritt dahin – um zum Schluss noch einen aktuelleren Vorschlag zu brin­gen – ist selbstverständlich die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der Ge­mein­samen Außen- und Sicherheitspolitik. Das ist etwas, worauf Ihr Parteikollege


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