Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 164

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Brücken bauen, das kann man doch nur, wenn man im betreffenden Konflikt nicht selbst Partei ist, und in der Migrationsfrage sind Sie Partei, und zwar auf der falschen, auf der lösungsfeindlichen Seite – und das schon immer und immer destruktiv. Und in der Asylfrage inszenieren Sie eine Krise, die es in diesem Ausmaß gar nicht gibt.

Ihre destruktive Politik bei diesen wichtigen Themen ist, wie gesagt, nichts Neues. Sie, Herr Kurz, als längst dienendes Regierungsmitglied, waren zum Beispiel schon dabei, als die syrische Flüchtlingskatastrophe ihren Anfang nahm, als der UNHCR im Jahr 2014, im Jänner, Alarm rief und konstatierte:

Wenn weiterhin so wenige Beiträge der Staatengemeinschaft eintreffen und dem UNHCR statt 1 Dollar nur 29 Cent pro Flüchtling und Tag zur Verfügung stehen, dann wird es eine Flüchtlingswelle Richtung Europa geben. – Das war die Warnung.

Wir NEOS haben nach mehr Hilfe vor Ort gerufen. Und was waren Ihre Taten? – Österreichs ohnehin schon sehr geringe UNHCR-Beiträge schrumpften und wurden möglichst spät überwiesen. Im letzten Jahr hatten wir noch 8 Millionen Euro, dieses Jahr haben wir nur 321 000 Euro überwiesen. Alle reden von Vor-Ort-Hilfe – nichts als ein Lippenbekenntnis, ein Wahlkampfschmäh. Auch das Resettlement wurde entgegen Zusagen im Regierungsprogramm eingestellt.

Gleichzeitig reden Sie über Diskussionen auf Augenhöhe in Europa, genieren sich aber nicht, sich hinzustellen und die deutsche Kanzlerin zum Sündenbock für ein gesamt­euro­päisches Versagen zu machen (Abg. Gudenus: Das hat sie selbst gemacht!), an dem Sie auch einen großen Anteil haben; denn die Bundesregierung, der auch Sie angehörten, war 2015 doch froh, dass Merkel die Grenzen nicht zumachte, sondern Österreich durchwinken ließ, als Ihr Freund Orbán am Bahnhof in Budapest Zehntau­sende hat stranden lassen. Sie wissen wohl nicht mehr, wie froh Sie da gewesen sind. (Bundeskanzler Kurz: Wer war da froh? – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Weiters: Wer hat, als die große Zahl von Flüchtlingen und Migranten Griechenland und Italien erreichte, diese Länder allein gelassen? Wer hat dann den Hilferuf aus Italien so lange ignoriert, bis man selber wieder einmal betroffen war? Ist es möglich, dass Sie damals auch Teil eines Kollektivorgans namens österreichische Bundesregierung waren? – Ich glaube, ja; und wenn Sie davon heute nichts mehr wissen wollen, war es dennoch so. Sie meinten damals ja auch plötzlich, die Dublinverordnung müsse einge­halten werden, und wollten Lampedusa zum Sammellager machen, sehr zur Verärge­rung unseres italienischen Nachbarn. Sie waren damals und sind heute kein sehr großer Europäer.

Ihr Verhalten steigert sich bis heute, vor allem mit der tagaus, tagein getrommelten grandiosen Scheinlösung: Schutz der EU-Außengrenze. Nur nebenbei: War Österreich dafür, als es seinerzeit um eine gemeinsame EU-Außengrenzkontrolle im Zuge der Schengenentscheidung ging? – Nein, das sollte doch subsidiär in nationaler Kom­petenz bleiben; aber davon will heute auch wieder einmal niemand etwas wissen. Sie sind vergesslich.

Jetzt: Ausbau zum Beispiel bei Frontex. Wer, wie, was, wann, wo: Auf diese Fragen gibt es keine Antworten. Nur betreffend Finanzierung ist jetzt schon wieder klar: Öster­reich sagt, man zahlt nicht mehr. Wer soll also zahlen? – Die EU, allen voran wahr­scheinlich der Sündenbock Deutschland. Dann noch dieses ganze EU-interne Lasten­verteilungstheater: Haben Sie nicht eigentlich der Quotenentscheidung zugestimmt? – Haben Sie! Heute sagen Sie: Unmöglich, so geht das nicht!

Dem stimmen wir zu. Die Dublinverordnung ist unfair und funktioniert nicht, das hat sich gezeigt; aber wir brauchen eine Verteilung, gerade als Österreich, die wir in Rela­tion zu anderen Ländern viele, viele Asylwerber aufgenommen haben. Das heißt, für


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