Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 29

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

1918 wurde der 8-Stunden-Tag gesetzlich verankert. (Ruf bei der ÖVP: Ja, und der gilt heute noch!) Am 1.9.2018, 100 Jahre später, trat ein Arbeitszeitgesetz in Kraft, das es den Unternehmen erlaubt, einseitig, ohne Zustimmung des Betriebsrates (Ruf bei der FPÖ: Das ist doch gelogen! – Ruf: Herr Präsident!), ohne Zustimmung eines Arbeits­mediziners 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche umzusetzen; ein Gesetz, welches ohne Verhandlungen mit den Sozialpartnern, ohne Verhandlungen mit den Arbeitneh­mervertretern und ohne ordentliche Begutachtung durchgewunken und durchge­peitscht wurde (Ruf bei der FPÖ: Wer hat dir denn das aufgeschrieben?), ein Gesetz, das keinen einzigen Vorteil für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bringt. Das ist die Tatsache. (Beifall bei der SPÖ.)

Und diese Tatsache, meine Damen und Herren, können Sie auch nicht mit Zwischen­rufen und Hineingeplärre wegschreien. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Es schreit überhaupt keiner!) Diese Tatsache ist gegeben, und die Menschen wissen ganz genau, dass es so ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Viel­leicht kann man einen Kameraschwenk machen (Abg. Gudenus: Am besten weg von Ihnen!), damit man sieht, dass das, was ich gesagt habe, tatsächlich stattfindet. (Abg. Rosenkranz: Besser ein Kameraschwenk als Ihr Schwank hier!)

Die Vier-Tage-Woche haben Sie versprochen. Sie haben in Schalmeientönen erklärt: Gar nichts wird sich ändern, alles wird besser!, die Wahrheit ist jedoch eine ganz, ganz andere, nämlich: mehr Arbeit und weniger Mitbestimmung, 12-Stunden-Tag, 60-Stun­den-Woche, ein Drittel mehr an Überstunden ist erlaubt. All das steht in diesem Gesetz drinnen, und all das, was Sie versprochen haben, die Vier-Tage-Woche und anderes, steht nicht in diesem Gesetz drin. Die Leute merken sich das, die Leute sehen das!

Wir haben die ersten offiziellen Forderungen aus der Wirtschaftskammer auf dem Tisch, dass dieses Gesetz umgesetzt wird. Es wird verlangt, dass die Gleitzeit aus Kol­lektivverträgen herausgestrichen wird. Also erzählen Sie uns keine Geschichten mehr, es glaubt Ihnen niemand, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gu­denus: Ein jämmerlicher Ablenkungsversuch!)

Vor 130 Jahren wurde die Krankenversicherung in ein Gesetz gegossen. Ein Kernstück dieses Gesetzes war die Selbstverwaltung. Nun wird ein Begutachtungsentwurf auf den Tisch geknallt mit sattsam bekannten Tönen wie: Wir sparen im System!, Die Men­schen werden nichts merken!, Alles wird gut!, aber wir kennen das ja schon von der Ar­beitszeitdiskussion.

Nun wird von einer Gesundheitsmilliarde gefaselt, aber sogar die Autoren dieses Ge­setzes schreiben im Gesetz: 350 Millionen. Also die Geschichte, die in diesem Zusam­menhang von der Marketingabteilung erzählt wurde, glauben nicht einmal die, die das Gesetz geschrieben haben. Es ist dies also eine absolute Verhöhnung aller, die sich mit der sozialen Sicherheit in diesem Land beschäftigen. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz sowie des Abg. Loacker.)

Leidtragende sind einmal mehr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Leistungs­harmonisierung findet nicht statt, zumindest nicht im großen Raum, und dort, wo sie stattfindet, nämlich innerhalb der Gebietskrankenkassen, ist sie zu 95 Prozent bereits umgesetzt.

Parität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern soll in einem Versicherungsträger, in dem zu 100 Prozent Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihre Angehörigen und die Pensionisten versichert sind, umgesetzt werden. Das hält vor keinem Verfassungsge­richtshof der Welt und wird auch in diesem Land vor dem Verfassungsgerichtshof nicht halten.

Das Verschieben der Beitragsprüfung in die Finanz ist in Wirklichkeit ein Schritt, durch den Lohndumping Tür und Tor geöffnet werden. Sie wissen das ganz genau. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Unterstellung!)

 


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite