Deshalb kann man diesen Gesetzesvorschlag, wie er vorliegt, nur ablehnen und muss ganz klar dagegen mobilisieren und aufzeigen, in welche Richtung das geht.
Wesentliche Herausforderungen im Gesundheitswesen werden nicht angegangen, eine Gesamtleistungsharmonisierung über alle Bereiche, der Ausbau der Prävention und das Herangehen an das ganz große Thema Pflege finden nicht statt, und die vielen Expertinnen und Experten, die wir hätten, die dieses Thema bearbeiten könnten (Abg. Gudenus: Von der Gewerkschaft!), werden verräumt, in irgendwelche Fusionsprozesse und sonstiges mehr. (Abg. Wöginger: Wir „verräumen“ niemanden!)
Die Leute durchschauen das und sie werden sich das auch nicht gefallen lassen. Echte Verhandlungen finden nicht statt, dafür haben wir etwas Neues bekommen, ich nenne es einmal Gipfelitis. Gipfelitis bedeutet, dass Sozialpartner medienwirksam zu irgendwelchen Gipfeln eingeladen werden, um schöne Bilder zu produzieren, aber echte Verhandlungen, eine echte Auseinandersetzung über unterschiedliche Positionen findet nicht statt. Das muss sich aus meiner Sicht ändern. Für die Behübschung von vorbereiteten Prozessen stehen wir nicht zur Verfügung. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich bekenne mich zur Sozialpartnerschaft, werde alles tun, dass (Abg. Kassegger: Dass alles so bleibt wie bisher!) sie weiterhin einen wichtigen Stellenwert in diesem Land hat – ich sage aber ganz offen: nicht um jeden Preis. Und wenn die Verteilungskämpfe härter werden, wird es mutmaßlich andere Formen des Austragens von Interessengegensätzen brauchen.
Meine Damen und Herren! Ich habe mich entschlossen, mein Mandat im österreichischen Nationalrat zurückzulegen und mich voll und ganz auf meine Arbeit in der Gewerkschaftsbewegung zu konzentrieren. Es gibt große Herausforderungen, es gibt Rahmenbedingungen, und ich habe heute nur zwei Punkte skizziert, mit denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konfrontiert sind. Es sind dies Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass sich die Situation für die arbeitenden Menschen verschlechtert und dass die soziale Sicherheit insgesamt in Gefahr ist.
Wenn ich heute gehe, dann seien Sie versichert: Ich und wir in der Gewerkschaftsbewegung schauen sehr genau, was hier passiert, welche Aktivitäten und Maßnahmen gesetzt werden. (Abg. Gudenus: Wir winken Ihnen zu!) Und wenn der Weg der sozialen Unfairness fortgesetzt wird, wenn die Demontage des Sozialstaates weitergeführt wird und die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter beschnitten wird, dann werden wir uns, das möchte ich Ihnen sagen, wiedersehen. Ich werde kommen, ich werde vor dem Parlament sein, und es werden mehr sein als die 120 000 Menschen, die gegen das Arbeitszeitgesetz auf die Straße gegangen sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)
Das, was mich sehr bedrückt, ist, dass fast täglich ein weiteres Stück Demokratie in Frage gestellt wird, die Art, wie mit dem Parlament als Souverän der Demokratie umgegangen wird, dass Anstand und Fairness im Umgang miteinander auf dem Altar des politischen Marketings geopfert werden und wie sehr aus unterschiedlichen Meinungen und dem Wettstreit um die besseren Ideen politischer Hass geworden ist. Hetzen gegen Minderheiten und Andersdenkende ist salonfähig geworden – jeden Tag ein kleines Stück mehr, nie so groß, dass es zum ganz großen Aufschrei kommt.
Wir alle hier in diesem Haus sind der Demokratie verpflichtet. Die großen Unternehmen, meine Damen und Herren, waren noch nie in der Geschichte dieses Landes das Rückgrat der Demokratie, sondern das waren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und, ja, das war die freie Gewerkschaftsbewegung, die diese Demokratie erkämpft hat (Beifall bei der SPÖ – Abg. Gudenus: Mit Pflastersteinen! – Abg. Kassegger: Die Menschen gegeneinander ausspielen!) – Gewerkschaftsfreiheit, Demonstrationsrecht, Pressefreiheit, Wahlrecht und vieles mehr.
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