Parlament Österreich

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

39. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 26. September 2018

 


Stenographisches Protokoll

39. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode     Mittwoch, 26. September 2018

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 26. September 2018: 9.05 – 21.52 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßord­nung 1975 geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2018)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 110/A der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung im Bereich des Bundes aus 1993 sowie das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen geändert wer­den

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz und die Notariatsordnung geän­dert werden (Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz – ENG)

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Spaltung von Genos­senschaften (Genossenschaftsspaltungsgesetz – GenSpaltG) erlassen wird und mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genossenschaftsrevisionsrechts­änderungsgesetz 1997, das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, das SCE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Wohnungsge­meinnützigkeitsgesetz, das Umgründungssteuergesetz und das Bankwesengesetz ge­ändert werden

5. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme der Beitritte Panamas, Uruguays, Kolumbiens und El Salvadors zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung

6. Punkt: Bericht über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2017

7. Punkt: Bericht über den Antrag 52/A(E) der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend verteilungsgerechte Budgetpolitik

8. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Polizeiliche Großeinsätze – Reihe BUND 2018/20

9. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundespräsidentenwahl 2016 (Ver­schiebung der Wiederholung des zweiten Wahlgangs) – Reihe BUND 2018/43

10. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Wohlfahrtsfonds des Bundesminis­teriums für Inneres – Reihe BUND 2018/1


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 2

1

11. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundeskriminalamt; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2018/6

12. Punkt: Bericht über das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ. 82 St 16/17x, um Zustimmung zur be­hördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Kira Grünberg

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Einhaltung unter­nehmerischer Sozialverantwortung (Sozialverantwortungsgesetz – SZVG) erlassen wird (324/A)

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz (B-VG) geändert wird sowie Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geän­dert wird (167/A)

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (325/A)

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrs­ordnung 1960 (StVO) geändert wird (333/A)

17. Punkt: Neuwahl des Hauptausschusses

18. Punkt: Neuwahl der Ausschüsse gemäß § 32 Absatz 1 der Geschäftsordnung

*****

Inhalt

Nationalrat

Einberufung der ordentlichen Tagung 2018/2019 der XXVI. Gesetzgebungs­periode des Nationalrates mit 11. September 2018 ....................................................................................................... 27

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 27

Ordnungsrufe ..............................................................................................  170, 189, 189

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 277 d.B. gemäß § 44 (2) GOG ................................................................................................................. 77

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG                    78

Ersuchen des Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl auf Erteilung eines Ordnungsrufes                   172

Ersuchen des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz auf Erteilung eines Ord­nungsrufes                         179

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidenten Mag. Wolfgang Sobotka ...................................................................... 242

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ................................ 243


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 3

Aktuelle Stunde (9.)

Thema: „Faire Arbeitswelt und soziale Sicherheit für alle!“ .................................. 28

RednerInnen:

Wolfgang Katzian ......................................................................................................... 28

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ......................................................... 31

August Wöginger ......................................................................................................... 34

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 36

Ing. Wolfgang Klinger .................................................................................................. 37

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 39

Mag. Bruno Rossmann ................................................................................................ 40

Gabriela Schwarz ......................................................................................................... 42

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................... 43

Dr. Dagmar Belakowitsch ........................................................................................... 45

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 46

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ......................................................................... 47

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................... 49

Aktuelle Stunde – Aktuelle Europastunde (10.)

Thema: „Effektiver EU-Außengrenzschutz als Fundament eines geordneten Asylwesens“          ............................................................................................................................... 50

RednerInnen:

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................ 51

Bundesminister Herbert Kickl .................................................................................... 53

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 56

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................... 57

MEP Harald Vilimsky .................................................................................................... 59

Claudia Gamon, MSc (WU) .......................................................................................... 60

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................... 61

Karl Nehammer, MSc ................................................................................................... 63

Angela Lueger .............................................................................................................. 64

Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. ................................................................................. 66

Dr. Stephanie Krisper .................................................................................................. 67

Mag. Bruno Rossmann ................................................................................................ 68

MEP Mag. Evelyn Regner ............................................................................................ 70

Petra Steger .................................................................................................................. 71

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann .................................................................................. 73

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................... 74

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 27

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................  75, 228, 230, 234, 239

17. Punkt: Neuwahl des Hauptausschusses ............................................................... 239

18. Punkt: Neuwahl der Ausschüsse gemäß § 32 Absatz 1 der Geschäftsord­nung                         240

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Frontalangriff des Innenministeriums auf die Pressefreiheit“ (1734/J) ..... 124


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 4

Begründung: Dr. Nikolaus Scherak, MA .................................................................... 129

Dr. Dagmar Belakowitsch (tatsächliche Berichtigung) ............................................. 136

Bundesminister Herbert Kickl .................................................................................. 136

Debatte:

Dr. Stephanie Krisper ................................................................................................ 145

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 149

Mag. Thomas Drozda ................................................................................................. 151

Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. ............................................................................... 153

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 155

Dr. Dagmar Belakowitsch (tatsächliche Berichtigungen) ................................  158, 178

Claudia Gamon, MSc (WU) ........................................................................................ 159

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................... 161

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 163

Petra Steger ................................................................................................................ 164

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................. 166

Dr. Irmgard Griss ....................................................................................................... 169

Karl Nehammer, MSc ................................................................................................. 170

Angela Lueger ............................................................................................................ 173

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 174

Dr. Alfred J. Noll ......................................................................................................... 176

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 178

Dr. Peter Wittmann ..................................................................................................... 180

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ................................................................................ 181

Hans-Jörg Jenewein, MA .......................................................................................... 182

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG“ – Ablehnung .............................................  148, 183

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG“ – Ablehnung .................................................................................................  168, 184

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (252 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2018) (261 d.B.) ........................................................................................................................ 78

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 110/A der Abgeordne­ten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung im Bereich des Bundes aus 1993 sowie das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen geändert werden (262 d.B.) ................ 78

RednerInnen:

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................... 78

Mag. Klaus Fürlinger .................................................................................................... 79

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 81

Mag. Christian Ragger ................................................................................................. 85

Dr. Alfred J. Noll ........................................................................................................... 86

MMMag. Gertraud Salzmann ....................................................................................... 87

Petra Bayr, MA MLS ..................................................................................................... 88


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 5

Dr. Irmgard Griss ......................................................................................................... 89

Bundesminister Dr. Josef Moser ................................................................................ 90

Annahme des Gesetzentwurfes in 261 d.B. ................................................................... 93

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 262 d.B. ........................................................ 93

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (253 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz und die Notariatsordnung geändert werden (Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz – ENG) (263 d.B.) ............................................................................................................. 93

RednerInnen:

Dr. Alfred J. Noll ........................................................................................................... 93

Mag. Johanna Jachs .................................................................................................... 94

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................... 95

Ing. Mag. Volker Reifenberger .................................................................................... 95

Mag. Ruth Becher ......................................................................................................... 97

Bundesminister Dr. Josef Moser ................................................................................ 97

Annahme des Gesetzentwurfes in 263 d.B. ................................................................... 98

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (254 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Spaltung von Genossen­schaften (Genossenschaftsspaltungsgesetz – GenSpaltG) erlassen wird und mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genossenschaftsrevisions­rechtsänderungsgesetz 1997, das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenos­senschaften, das SCE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Umgründungssteuergesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (264 d.B.)                        98

RednerInnen:

Mag. Ruth Becher ......................................................................................................... 98

Mag. Michaela Steinacker ............................................................................................ 99

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ............................................................................... 101

Dr. Markus Tschank ................................................................................................... 101

Peter Haubner ............................................................................................................. 102

Bundesminister Dr. Josef Moser .............................................................................. 103

Annahme des Gesetzentwurfes in 264 d.B. ................................................................. 104

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (113 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die Annahme der Beitritte Panamas, Uru­guays, Kolumbiens und El Salvadors zum Übereinkommen über die zivilrechtli­chen Aspekte internationaler Kindesentführung (265 d.B.)                104

RednerInnen:

MMMag. Gertraud Salzmann ..................................................................................... 104

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................... 106

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ....................................................................... 106

Bundesminister Dr. Josef Moser .............................................................................. 107

Genehmigung des Staatsvertrages in 265 d.B. ........................................................... 108

6. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2017 (III-160/259 d.B.) ................................................................................................................ 108

RednerInnen:

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................... 108

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 109

Erwin Angerer ............................................................................................................ 110


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 6

Doris Margreiter (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 112

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................... 112

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 114

Staatssekretär MMag. DDr. Hubert Fuchs ............................................................... 115

Angela Baumgartner .................................................................................................. 116

Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 116

Maximilian Linder ....................................................................................................... 117

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 118

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ......................................................... 119

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 120

Doris Margreiter ......................................................................................................... 121

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 122

Annahme des Gesetzentwurfes in 259 d.B. ................................................................. 123

7. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 52/A(E) der Abgeord­neten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend verteilungsgerechte Budgetpolitik (260 d.B.) .... 184

RednerInnen:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 184

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 185

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 186

Hermann Brückl ......................................................................................................... 187

Kai Jan Krainer (tatsächliche Berichtigungen) ..................................................  189, 194

Staatssekretär MMag. DDr. Hubert Fuchs ............................................................... 190

Nurten Yılmaz ............................................................................................................. 190

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 191

Alois Stöger, diplômé ................................................................................................ 192

Franz Hörl ................................................................................................................... 193

Werner Neubauer, BA ................................................................................................ 195

Mag. Friedrich Ofenauer ............................................................................................ 196

Dr. Maria Theresia Niss, MBA ................................................................................... 197

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 260 d.B. ...................................................... 198

8. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Polizeiliche Großeinsätze – Reihe BUND 2018/20 (III-122/266 d.B.) .......................... 198

RednerInnen:

Franz Hörl ................................................................................................................... 198

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 199

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 200

Ing. Maurice Androsch .............................................................................................. 202

Christian Lausch ........................................................................................................ 203

Wolfgang Knes ........................................................................................................... 204

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ......................................................... 205

Kenntnisnahme des Berichtes III-122 d.B. ................................................................... 206

9. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Bundespräsidentenwahl 2016 (Verschiebung der Wieder­holung des zweiten Wahlgangs) – Reihe BUND 2018/43 (III-179/267 d.B.) ................................................................................. 206

RednerInnen:

Hermann Gahr ............................................................................................................ 206

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 207

Alois Kainz .................................................................................................................. 208


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 7

Erwin Preiner .............................................................................................................. 209

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ......................................................... 210

Kenntnisnahme des Berichtes III-179 d.B. ................................................................... 210

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Wohlfahrtsfonds des Bundesministeriums für Inneres – Reihe BUND 2018/11 (III-94/268 d.B.)                211

11. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Bundeskriminalamt; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2018/6 (III-84/269 d.B.)                       211

RednerInnen:

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................... 211

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 212

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 213

Dr. Irmgard Griss ....................................................................................................... 214

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl .......................................................................................... 215

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 216

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 217

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 217

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 218

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ......................................................... 219

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-94 und III-84 d.B. ........................................... 220

12. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ. 82 St 16/17x, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordne­ten zum Nationalrat Kira Grünberg (277 d.B.) ................... 221

RednerInnen:

Dr. Alfred J. Noll ......................................................................................................... 221

Mag. Klaus Fürlinger .................................................................................................. 222

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ............................................................................... 223

Mag. Philipp Schrangl ................................................................................................ 223

Annahme des Ausschussantrages in 277 d.B. ............................................................. 224

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Ein­haltung unternehmerischer Sozialverantwortung (Sozialverantwortungsgesetz – SZVG) erlassen wird (324/A) ..................................... 224

RednerInnen:

Alois Stöger, diplômé ................................................................................................ 224

Mag. Ernst Gödl .......................................................................................................... 225

Renate Gruber ............................................................................................................ 226

Peter Wurm ................................................................................................................. 226

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ....................................................................... 227

Zuweisung des Antrages 324/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ................ 228

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird sowie Bundesgesetz, mit dem das


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 8

Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (167/A) ............................................ 228

RednerInnen:

Dr. Stephanie Krisper ................................................................................................ 228

Ing. Klaus Lindinger, BSc ......................................................................................... 229

Angela Lueger ............................................................................................................ 229

Zuweisung des Antrages 167/A an den Geschäftsordnungsausschuss ...................... 230

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungs­gesetz 1975 geändert wird (325/A)                230

RednerInnen:

Michael Bernhard ....................................................................................................... 230

Ing. Klaus Lindinger, BSc ......................................................................................... 231

Wolfgang Knes ........................................................................................................... 231

Sandra Wassermann .................................................................................................. 232

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ................................................................................ 233

Zuweisung des Antrages 325/A an den Geschäftsordnungsausschuss ...................... 234

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. (FH) Martha Biß­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Stra­ßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird (333/A)           ............................................................................................................................. 234

RednerInnen:

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ................................................................................ 234

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 235

Alois Stöger, diplômé ................................................................................................ 236

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 237

Hermann Krist ............................................................................................................ 238

Ing. Christian Pewny .................................................................................................. 238

Zuweisung des Antrages 333/A an den Verkehrsausschuss ....................................... 239

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 76

Petition betreffend „WOLF – Petition für ein wolfsfreies Tirol“ (Ordnungsnum­mer 7) (überreicht vom Abgeordneten Hermann Gahr)

Bürgerinitiativen ........................................................................................................... 76

Bürgerinitiative betreffend „Bleiberecht für in Familien aufgenommene Flüchtlin­ge“ (Ordnungsnummer 48)

Bürgerinitiative betreffend „Wir Österreicher wollen keine Organe aus China ha­ben, für die unschuldige Menschen getötet wurden.“ (Ordnungsnummer 49)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 75

270: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Immissions­schutzgesetz – Luft und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Aar­hus-Beteiligungsgesetz 2018)

271: Bundesgesetz über nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen für be­stimmte Luftschadstoffe (EmissionsgesetzLuft 2018  EGL 2018)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 9

272: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Umwelthaftungsgesetz und das Um­weltinformationsgesetz geändert werden

273: Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsge­setz geändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2018)

274: Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird

275: Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 ge­ändert wird

276: Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Europäischen Satellitennavigationsprogramme

Berichte ......................................................................................................................... 76

III-183: Bericht betreffend Haushaltsergebnisse 2016 gemäß Österreichischem Stabilitätspakt 2012 – Gutachten – Reihe BUND 2018/45; Rechnungshof

III-185: Grüner Bericht 2018; Bundesregierung

III-186: Bericht über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2019 gemäß § 9 LWG 1992; Bundesregierung

III-187: Bericht betreffend Österreichische Breitbandstrategie 2020 (Breitband­milliarde) – Reihe BUND 2018/46; Rechnungshof

III-188: Bericht betreffend IT-Betreuung an Schulen – Reihe BUND 2018/47; Rechnungshof

III-189: Bericht betreffend Bundesanstalt für Verkehr – Reihe BUND 2018/48; Rechnungshof

III-190: Bericht über die in den Jahren 2012 bis 2017 erteilten Weisungen, nach­dem das der Weisung zugrundeliegende Verfahren beendet wurde; BM f. Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz

III-193: 12. Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2018; Bundesregierung

III-194: 7. Bericht gemäß § 44 UVP-G 2000 über die Vollziehung der Umweltver­träglichkeitsprüfung in Österreich; BM f. Nachhaltigkeit und Tourismus

III-197: Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Be­hinderung über die Tätigkeit im Jahr 2017; BM f. Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................ 77

Aufnahme der Verhandlungen über ein internationales, rechtlich verbindliches Instrument unter dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen über den Schutz und die nachhaltige Nutzung von mariner biologischer Diversität in Gebieten außerhalb der nationalen Jurisdiktion

Anträge der Abgeordneten

Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (338/A)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Personalbedarfsrechnung Pflege (339/A)(E)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 10

Josef Muchitsch, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Lehrlinge – Integration vor Zuzug (340/A)(E)

Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schulstartpaket (341/A)(E)

Dr. Alfred J. Noll, Mag. Andreas Schieder, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Befreiung des österreichischen Journalisten Max Zirngast aus Erdogans Gefängnissen durch die Bundesregierung (342/A)(E)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend mögliche Gesundheitsgefähr­dung durch Tätowierfarben (343/A)(E)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend notwendiges Verbot des Nervengiftes Chlorpyrifos (344/A)(E)

August Wöginger, Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend bis zu 24 Monate Anrechnung von Karenzzeiten in allen Kollektivverträgen (345/A)(E)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Humanitäre Hilfe für Äthio­pien (346/A)(E)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Darstellung und parlamen­tarische Begleitung der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele in Österreich (347/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Unabhängigkeit, Qualität und Transparenz der Verwaltungsgerichtsbarkeit (348/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (349/A)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie zur Evaluierung der Buchpreisbindung (350/A)(E)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung geändert wird (351/A)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (352/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umgehende Erstellung des „Langfristgutachtens“ der Alterssicherungskommission (353/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umschulungsmöglichkei­ten für Arbeitnehmer_innen mit gesundheitsbeeinträchtigenden Berufen (354/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweisung von Pen­sionsansprüchen aus der betrieblichen Vorsorge am Pensionskonto (355/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung pensionsrecht­licher Zu- und Abschläge (356/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Angleichung der Regelun­gen von Ruhestandsversetzungen aufgrund von Dienstunfähigkeit an ASVG-Invalidi­tätspensionsregelungen (357/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines Weiter­bildungskontos (358/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend bewusstseinsbildende jährliche Pensionskontomitteilung (359/A)(E)


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Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines Pen­sionsautomatismus (360/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld für Kri­senpflegeeltern (361/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr individuelle Freiheit beim Kinderbetreuungsgeld (362/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bessere Kontrollsysteme bei der Familienbeihilfe (363/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend RH-Empfehlungen zu Agen­da 2030 der Vereinten Nationen umsetzen (364/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Asbest-Skandale in der Stei­ermark (365/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlfreiheit für GmbH-Gesellschafter_innen (366/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend RH-Empfeh­lungen zu ÖBB-Pensionen umsetzen (367/A)(E)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend Schubhaft in österreichi­schen (Polizei-)Anhaltezentren (368/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freier Eintritt für Lehrlinge in den Bundesmuseen (369/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freier Eintritt in den Bundesmuseen für BezieherInnen von Notstandshilfe oder Mindestsicherung sowie ermäßigter Eintritt für BezieherInnen von Arbeitslosengeld oder Kinderbetreuungsgeld (370/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ökosoziale Steuerre­form (371/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau erneuerbarer Energien“ (372/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird (373/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine zeit­gemäße Anerkennung von Berufskrankheiten (374/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Be­kenntnis zur Finanzierung der überbetrieblichen Lehrausbildung (375/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Stär­kung von betrieblicher Mitbestimmung (376/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Schutz des Eigentums von Arbeitssuchenden (377/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend den ver­besserten Zugang zur Schwerarbeitspension (378/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine so­ziale, armutsvermeidende Absicherung bei Arbeitslosigkeit auch im Konjunkturauf­schwung (379/A)(E)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 12

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Aner­kennung von Karenzzeiten als Vordienstzeiten (380/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die rück­wirkende Entrichtung von Arbeitgeberbeiträgen zum Nachtschwerarbeitsgesetz (NSchG) (381/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die voll­wertige Anrechnung von Karenzzeiten für Gehaltsvorrückungen (382/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsan­spruch auf Pflegekarenz und Pflegeteilzeit (383/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicher­stellung arbeitsrechtlichen Schutzes und Fairness für freiwillige Einsatzkräfte (384/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine kos­tenfreie Berufsreifeprüfung für LehrabsolventInnen (385/A)(E)

Norbert Sieber, Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (386/A)

Karlheinz Kopf, Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2017/2402 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung (STS-Verbriefungsvollzugsgesetz – STS-VVG) erlassen wird und mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alter­native Investmentfonds Manager-Gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, das Aktiengesetz, das Immobilieninvestmentfondsgesetz und das Bankwesengesetz geän­dert werden (387/A)

Angela Lueger, Mag. Gerald Loacker, Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005) geändert wird (388/A)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentli­chung des Berichts der Kommission zur Evaluierung der Möglichkeiten für die Zukunft der österreichischen Luftraumsicherung (389/A)(E)

Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen betreffend die gravierende Verschlech­terung der Menschenrechtssituation in Ägypten seit der Machtübernahme durch Abdel Fattah Al-Sisi (390/A)(E)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine verständliche Sprache in der Justiz (391/A)(E)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschleunigung von Gerichts­verfahren (392/A)(E)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Videodokumentation verschie­dener Verfahrensabschnitte (393/A)(E)

Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Seele der Alpen retten (394/A)(E)

Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend 7-Punkte-Programm gegen den Klimawandel (395/A)(E)


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Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende Fi­nanzierung des Gewässerschutzes (396/A)(E)

Birgit Silvia Sandler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz 2001 geändert wird (397/A)

Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Andreas Schieder, Mag. Roman Haider, Claudia Ga­mon, MSc (WU), Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend die ak­tuelle politische Situation in der Türkei (398/A)(E)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend wohnortnaher Zugang zu einer Bankfiliale (399/A)(E)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend unentgeltlicher Zugang zum eigenen Bargeld in allen Regionen Österreichs (400/A)(E)

Dr. Gudrun Kugler, Dr. Harald Troch, Dr. Susanne Fürst, Dr. Nikolaus Sche­rak, MA, Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend die herrschen­den Menschenrechtsverstöße in Nicaragua (401/A)(E)

Josef A. Riemer, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz TSchG) BGBl. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geändert wird (402/A)

Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Fort­führung des Einsatzes für die Rechte von verfolgten Christen in aller Welt (403/A)(E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Parlamen­tarische Kontrolle des Österreichischen Bundesheeres [(316/A)(E)] [(Zu 316/A)(E)]

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Give-aways zum EU-Ratsvorsitz (1591/J)

Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Verein Phurdo, Beratungsstelle für Ro­ma in Salzburg (1592/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten der Asienreise des Bundeskanzlers (1593/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Arbeitsbesuch von Vladimir Putin (1594/J)

Dr. Gudrun Kugler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, In­tegration und Äußeres betreffend der Menschenrechtssituation in Nordkorea, Rückfüh­rungen nordkoreanischer Flüchtlinge durch China (1595/J)

Dr. Gudrun Kugler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, In­tegration und Äußeres betreffend der Menschenrechtssituation in der Ukraine (1596/J)

Dr. Gudrun Kugler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, In­tegration und Äußeres betreffend die humanitäre und menschenrechtliche Situation im Südsudan (1597/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Rekrutierung für die Polizei (1598/J)


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Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend ICOs als teils unregulierte Hochrisikogeschäfte (1599/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Ermittlungsverfahren gegen Organe der Sicherheitsbehörden (1600/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Ermittlungsverfahren gegen Organe der Sicherheitsbehörden (1601/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Einnahmen und Wirkung Registrierkassenpflicht (1602/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Vier-Tage-Woche der Österreichischen Post AG (1603/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Digitale Kompetenzen in der dualen Ausbildung (1604/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Digitale Kompetenzen in der dualen Ausbildung (1605/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milien und Jugend betreffend Kopftuchverbot in Kindergärten (1606/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Kopftuchverbot in Kindergärten (1607/J)

Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort betreffend geheime Stellungnahme zum Standort-Entwicklungsgesetz (1608/J)

Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend geheime Stellungnahme zum Standort-Entwick­lungsgesetz (1609/J)

Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Stellungnahme zum Standort-Entwicklungsgesetz (1610/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Liberalisie­rung von Cannabis in der Medizin (1611/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Berufssportgesetz (1612/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend unabhängige Medien in Österreich (1613/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend fehlende Ambitionen in der Anti-Atompolitik (1614/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend einen unzensuriert.at-Artikel zum Tod des Neonazis Hans Berger (1615/J)


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Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend die rechtsextreme Bürgerwehr „Stajerska varda“ an der Grenze zu Österreich (1616/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend die rechtsextreme Bürgerwehr „Stajerska varda“ an der Grenze zu Österreich (1617/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheit bei Sportveranstaltungen (1618/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (1619/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend der Teilnahme des russischen Präsidenten an der Hochzeit der Bundesministerin (1620/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Hospiz- und Palliativversor­gung (1621/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Verfolgungshandlungen gegen Abge­ordnete“ (1622/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Verfolgungshandlungen gegen Abgeordnete“ (1623/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend eine Rechtsextremen-Kreuzfahrt auf der Donau im Juni 2019 (1624/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Bundesbeschaffung GmbH (BBG) (1625/J)

Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Erweiterung der temporären Pannenstrei­fenfreigabe auf hochbelasteten Autobahnabschnitten auf einen Abschnitt der West­autobahn zwischen Wallersee und Salzburg Nord (1626/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Handlungsbedarf angesichts des grausamen, internationalen Handels mit Pferdeblut für Schweinezuchten in Öster­reich und Europa (1627/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Handlungsbedarf angesichts des grausamen, inter­nationalen Handels mit Pferdeblut für Schweinezuchten in Österreich und Europa (1628/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die Höhe der verhängten Strafen bei Tierquälerei (1629/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Einsatz der Hubschrauber des Österreichischen Bundesheeres (1630/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Schnapp­schuss mit Lobbyisten“ (1631/J)


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Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend „fragwürdige Wahlbeobachtung von FPÖ-Politikern in Kambodscha“ (1632/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Kostentragung der Rechtsvertretung im Verfahren zu Gz 43 Cg 30/18m ge­gen die Liste Peter Pilz“ (1633/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Geheimniskrämerei bei der Vergabe von Staatsbürgerschaften“ (1634/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Gastronomie Schloss Ambras (1635/J)

Konrad Antoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Schließungspläne von ÖBB-Personenkassen an Bahnhöfen, insbesondere am Bahnhof in Gmünd (1636/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeieinsatz bei Fußballspielen (1637/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Kosten für externe Legistik (1638/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Kosten für externe Legistik (1639/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten für externe Legistik (1640/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Kosten für externe Legistik (1641/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Di­gitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Kosten für externe Legistik (1642/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öf­fentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten für externe Legistik (1643/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Kosten für externe Legistik (1644/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Kosten für externe Legistik (1645/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Kosten für externe Legistik (1646/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Eu­ropa, Integration und Äußeres betreffend Kosten für externe Legistik (1647/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend Kosten für externe Legistik (1648/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Kosten für externe Legistik (1649/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Kosten für externe Legistik (1650/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 17

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Kosten für externe Legistik (1651/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Ausgaben Ihres Ressorts für Inserate und Veranstaltungen (1652/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ausgaben des Ministeriums für Inserate und Veranstaltungen (1653/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Inserate des BMVIT (1654/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Ausgaben des Ministeriums für Inserate und Veranstaltungen (1655/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Ausgaben des Ministeriums für Inserate und Veranstaltungen (1656/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend Ausgaben des Ministeriums für Inserate und Veranstaltungen (1657/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Ausgaben des Ministeriums für Inserate und Veranstal­tungen (1658/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Ausgaben des Ministeriums für Inserate und Veranstaltungen (1659/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Ausgaben des Ministeriums für Inserate und Veranstaltungen (1660/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Ausgaben des Ressorts für Inserate und Ver­anstaltungen (1661/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Ausgaben des Ministeriums für Inse­rate und Veranstaltungen (1662/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Ausgaben des Ministeriums für Inserate und Veranstaltungen (1663/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ar­beit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Ausgaben des Ministe­riums für Inserate und Veranstaltungen (1664/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die außerordentlich schwierige Situation für Gerichtssachverständige und Gerichtsdolmetscher sowie eine Brüskierung der Vertreter der Sachverständigen durch das Bundesministerium für Verfassung, Re­formen, Deregulierung und Justiz (1665/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Folgeanfrage „Vorwürfe gegen das Bundesverwaltungsgericht (BVwG)“ (1666/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 18

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Bestanden um jeden Preis – wer schützt unsere Polizei vor Kickls Plänen?“ (1667/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Ausgaben des Ressorts für Inserate und Veran­staltungen (1668/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Abkommen zwischen Österreich und Russland bezüglich gegenseitiger Hilfeleistung im Katastrophenfall (1669/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten der Tagung der Energieminister_innen in Linz (1670/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Kosten der Tagung der Energieministe­r_innen in Linz (1671/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhal­tigkeit und Tourismus betreffend Hochwasserschutz der Stadt Dornbirn (1672/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Vermögen der Sozialversi­cherungsträger (1673/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend einheitliche Position der Bundesregierung zum „Artikel 7 – Verfahren“ gegen Ungarn (1674/J)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Reorganisation des Österreichischen Bundesheeres (1675/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Ausweitung des Schutzes vor Diskri­minierung auf europäischer Ebene (1676/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Hass, Verhetzung, Wiederbetäti­gung: Der braune Facebook-Sumpf „auf der richtigen Seite der Donau“ (1677/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Kunst und Kultur (1678/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend „Fachkräftemangel im Bereich Cybersecurity“ (1679/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Fachkräftemangel im Bereich Cybersecurity“ (1680/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend „Cybersecurity in der Bildung“ (1681/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Cybersecurity in der Bildung“ (1682/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend TGKK, Versicherten-Verun-


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sicherung. Muss Honorarbremse als Sündenbock für jahrelanges Leistungskürzungs­programm herhalten? (1683/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Europäische Asylpläne der Bundesregierung (1684/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Europäische Asylpläne der Bundesregierung (1685/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Einhalten der Kinderrechte in Honduras (1686/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend der Situation von LGBTI Geflüchteten in Österreich (1687/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Pläne für die Nachbeschaffung der Bell OH-58 Kio­wa Hubschrauber des ÖBH (1688/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Import von Gänsen aus Län­dern mit niedrigeren Tierschutzstandards zum Zwecke des Verkaufs in Österreich rund um die „Martinigans“-Saison (1689/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Import von Gänsen aus Ländern mit niedrigeren Tierschutzstandards zum Zwecke des Verkaufs in Österreich rund um die „Martini­gans“-Saison (1690/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Auswirkungen eines ‚Hard Brexit‘ auf Österreich“ (1691/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Zustände und Bedingungen in österreichischen (Polizei-)Anhaltezentren (1692/J)

Irene Hochstetter-Lackner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend „Der Massenschlägerei am 29.7.2018 rund um das Gelände des Villa­cher Hauptbahnhofes“ (1693/J)

Irene Hochstetter-Lackner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend „Kosten der Grenzschutzübung ProBorders, Vorstellung der Spezial­einheit Puma bzw. Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Slowenien“ (1694/J)

Irene Hochstetter-Lackner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend „Kosten der Grenzschutzübung ProBorders, Vorstellung der Spezialeinheit Puma bzw. Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Slowenien“ (1695/J)

Irene Hochstetter-Lackner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend geplante Großkaserne in Villach (1696/J)

Irene Hochstetter-Lackner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend österreichisches Grenzmanagement und seine Kosten (1697/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend der Strategie zur Reduktion des Zuckerkonsums in Österreich (1698/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend den Rückruf des Wirkstoffs Valsartan (1699/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 20

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Einsparungen durch die So­zialversicherungsreform (1700/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend finanzielle Leistungen an Eco Austria (1701/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Wann hat der Minister Zeit für den Kulturausschuss?“ (1702/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Umsetzung der Baukulturellen Leitlinien des Bun­des (1703/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Hubschrauberstützpunkt Klagenfurt | Folgeanfrage aufgrund Nichtbe­antwortung (1704/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Zukunft des Hubschrauberstützpunktes Klagenfurt (1705/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Hubschrauberstützpunkt Klagenfurt | Folgeanfrage aufgrund Nichtbe­antwortung (1706/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Konferenz zu Sicherheit und Migration (1707/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Re­formen, Deregulierung und Justiz betreffend Abzocke durch Schlüsseldienste und Auf­sperrdienste (1708/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend geheim gehaltener Stellungnahme des Bundesministe­riums für Nachhaltigkeit und Tourismus bzgl. des Entwurfs vom Standortentwicklungs­gesetz (1709/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhal­tigkeit und Tourismus betreffend Messstellen für Feinstaub (PM2,5) und Ultrafeinstaub (1710/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend arbeitsplatzbezogene Beschäftigungsverbote (1711/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Assistenzeinsatz des Österreichischen Bundeshee­res an der Staatsgrenze (1712/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend das BMF und dessen Rolle als Eigentümer bzw. Aufsicht der Casinos Austria AG (1713/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Geleakter Bericht der Evaluierungskommission zur aktiven Luftraumüberwachung (1714/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 21

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Missbrauch und Vergewaltigung: ÖVP-Stadtrat auf Anklagebank (1715/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Sexuelle Beziehungen von Häft­lingen im Forensischen Zentrum Asten (1716/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die Kosten für die Klage auf Unterlassung gegen St. M., eingebracht am 16.08.2018 beim Handelsgericht Wien, und eventuelle weitere Kla­gen (1717/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Die Zukunft der Sammlung Essl“ (1718/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Sozial- und Weiterbildungs­fonds (1719/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhal­tigkeit und Tourismus betreffend Neuorganisation des Wolfsmanagements in Öster­reich (1720/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Vorschlag zur Ernennung von Hubert Keyl als Richter am Bundesverwaltungsgericht (1721/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Genome Editing (CRISPR/Cas9) (1722/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage: Versicherten­verhältnisse von „Grenzgänger_innen“ in der österreichischen Sozialversicherung (1723/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Drohnen (1724/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend nationale Umsetzung des internationalen Übereinkom­mens über die biologische Vielfalt sowie der „Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+“ und der „Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+“ (1725/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „New Deal for Consumers“ (1726/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Euro­pa, Integration und Äußeres betreffend „Medienpräsenz bei der Hochzeit von Ministerin Kneissl“ (1727/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend die Lebens­mittelsicherheit von Kindernährmitteln (1728/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Finanzen betreffend die Familienleistungen in Österreich (1729/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 22

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend die Familien­leistungen in Österreich (1730/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Frauen, Familien und Jugend betreffend die Familienleistungen in Österreich (1731/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Unterhaltsvorschuss­zahlungen (1732/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milien und Jugend betreffend die Zahlung von Förderungen an den Österreichischen Pennäler Ring (ÖPR) und die letzten diesbezüglichen Anfragebeantwortungen (263/AB und 970/AB) des Abg. Dr. Noll (1733/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Frontalangriff des Innenministeriums auf die Pressefreiheit (1734/J)

*****

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Natio­nalrates betreffend „Bedeutung des parlamentarischen Interpellationsrechts“ (17/JPR)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Natio­nalrates betreffend Einhebung von Klubabgaben und Parteiabgaben durch die Parla­mentsdirektion (18/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1391/AB zu 1406/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. (FH) Maxi­milian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen (1392/AB zu 1404/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1393/AB zu 1407/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kol­leginnen und Kollegen (1394/AB zu 1405/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf
die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1395/AB zu 1417/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kolle­gen (1396/AB zu 1409/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1397/AB zu 1442/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1398/AB zu 1433/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1399/AB zu 1426/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 23

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Hei­nisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1400/AB zu 1420/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1401/AB zu 1436/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1402/AB zu 1427/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Za­dić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1403/AB zu 1428/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Hei­nisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1404/AB zu 1419/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1405/AB zu 1416/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kolle­gen (1406/AB zu 1438/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kol­legen (1407/AB zu 1411/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1408/AB zu 1437/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1409/AB zu 1423/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1410/AB zu1439/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ga­briele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1411/AB zu 1421/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ste­phanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1412/AB zu 1435/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (1413/AB zu 1449/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1414/AB zu 1450/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolle­ginnen und Kollegen (1415/AB zu 1410/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1416/AB zu 1422/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kollegin­nen und Kollegen (1417/AB zu 1430/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1418/AB zu 1434/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 24

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1419/AB zu 1413/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1420/AB zu 1440/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1421/AB zu 1441/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1422/AB zu 1418/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1423/AB zu 1429/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (1424/AB zu 1412/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1425/AB zu 1432/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1426/AB zu 1424/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1427/AB zu 1414/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1428/AB zu 1415/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1429/AB zu 1443/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (1430/AB zu 1444/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (1431/AB zu 1448/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen (1432/AB zu 1445/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (1433/AB zu 1446/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (1434/AB zu 1447/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1435/AB zu 1451/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1436/AB zu 1499/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1437/AB zu 1508/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 25

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1438/AB zu 1458/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1439/AB zu 1454/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1440/AB zu 1455/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (1441/AB zu 1452/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (1442/AB zu 1453/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Za­dić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1443/AB zu 1463/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1444/AB zu 1456/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (1445/AB zu 1457/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1446/AB zu 1464/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1447/AB zu 1461/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (1448/AB zu 1465/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1449/AB zu 1460/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1450/AB zu 1459/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1451/AB zu 1462/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1452/AB zu 1466/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1453/AB zu 1468/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1454/AB zu 1472/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1455/AB zu 1467/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kol­legen (1456/AB zu 1470/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 26

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1457/AB zu 1469/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolle­ginnen und Kollegen (1458/AB zu 1471/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (1459/AB zu 1476/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (1460/AB zu 1477/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (1461/AB zu 1478/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (1462/AB zu 1475/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (1463/AB zu 1473/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (1464/AB zu 1474/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1465/AB zu 1479/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (12/ABPR zu 7/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Muna Duz­dar, Kolleginnen und Kollegen (13/ABPR zu 8/JPR)


 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 27

09.05.03Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritte Präsidentin Anneliese Kitzmüller.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete! Ich eröffne die 39. Sitzung und darf Sie zur ersten regulären Sitzung recht herz­lich willkommen heißen.

Ich freue mich über die Besucherinnen und Besucher auf der Zuschauergalerie, über die Medienvertreter und begrüße auch die Beobachter via Fernsehen.

09.05.22Einberufung der ordentlichen Tagung 2018/2019


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 7. September 2018 gemäß Art. 28 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes den Nationalrat für den 11. September 2018 zu seiner ordentlichen Tagung 2018/2019 ein­berufen.

*****

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 38. Sitzung vom 7. September 2018 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Walter Bacher, Mag. Christian Kern und Dipl.-Ing. Gerhard Deimek.

09.05.50Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mittei­lung gemacht:

Der Bundeskanzler Sebastian Kurz wird durch den Vizekanzler und Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Heinz-Christian Strache,

die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Karin Kneissl wird durch den Bundesminister für Inneres Herbert Kickl,

der Bundesminister für Inneres Herbert Kickl wird bei den Tagesordnungspunkten be­treffend die Berichte des Rechnungshofausschusses durch die Staatssekretärin im Bun­desministerium für Inneres Mag. Karoline Edtstadler und

der Bundesminister für Landesverteidigung Mario Kunasek wird durch den Bundesmi­nister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer vertreten.

Ferner gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in ei­nem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:

Der Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger wird durch den Staatssekretär im Bun­desministerium für Finanzen MMag. DDr. Hubert Fuchs vertreten.

*****


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 28

Ich darf bekannt geben, dass diese Sitzung – wie immer – von ORF 2 bis 13 Uhr live übertragen wird, während ORF III ab 12.30 Uhr überträgt, wobei jener Teil der Sitzung, der über 19.15 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.

Weiters wird heute – das zu Ihrer Information – ein Fotograf der Parlamentsdirektion Aufnahmen für den Jahresbericht machen.

09.07.22Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Faire Arbeitswelt und soziale Sicherheit für alle!“

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wolfgang Katzian. Ich darf ihm das Wort erteilen und ihn darauf aufmerksam machen, dass seine Redezeit 10 Minuten be­trägt. – Bitte.


9.07.40

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Mei­ne Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Faire Arbeitswelt und soziale Sicherheit für alle!“, das ist das Thema dieser Aktuellen Stunde am heutigen Vormittag. Wir haben dieses Thema deswegen ausgewählt, weil beides in den letzten Monaten mas­siv unter Druck geraten ist.

Die Wirtschaft hat die gute Konjunktur gut genützt, und gleichzeitig wird von der Regie­rung ein absolutes Asset dieses Wirtschaftsstandorts, nämlich die Sozialpartnerschaft, beiseitegeschoben oder, wie es ein Industrieller vor einiger Zeit formuliert hat, auf den Müllhaufen der Geschichte entsorgt.

Die Sozialpartnerschaft hat in der Vergangenheit einen wichtigen Beitrag dazu geleis­tet, dass es in diesem Land einen sozialen Ausgleich gibt. Dieser Ausgleich findet nun nicht mehr statt. Unternehmen, große Industriebetriebe haben bestellt, die Regierung liefert, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleiben auf der Strecke.

Die Maßnahmen der letzten Monate fügen sich klar zu einem Gesamtbild zusammen: Industrie und Unternehmen werden entlastet, Hürden wie lästige Betriebsräte und Ge­werkschaften unter dem Titel des Bürokratieabbaus oder des Sparens im System be­seitigt beziehungsweise massiv eingeschränkt und die Arbeitnehmer darauf reduziert, dass sie funktionieren müssen.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gewerkschaftsbe­wegung und große Teile der Zivilgesellschaft befinden sich mitten im Abwehrkampf gegen Verschlechterungen in der Arbeitswelt und im Bereich der sozialen Sicherheit, und immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erkennen, dass der Schmäh: Alles wird besser, Milch und Honig werden fließen!, und, und, und, nicht funktioniert.

Der Zorn der Menschen wird größer. Die Menschen erwarten sich zu Recht Respekt und Fairness, ganz besonders in Zeiten der Hochkonjunktur und guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Protest gegen den 12-Stunden-Tag, der einen Generalangriff auf die Geldbörsen, die Freizeit und die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet (Abg. Rosenkranz: Das ist falsch!), waren schon Hunderttausend auf der Straße. Wenn Sie so weitermachen, dann war das aber erst der Anfang. Die Menschen werden sich das nicht gefallen lassen. (Abg. Rosenkranz: Mhm, das merkt man eh!)


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1918 wurde der 8-Stunden-Tag gesetzlich verankert. (Ruf bei der ÖVP: Ja, und der gilt heute noch!) Am 1.9.2018, 100 Jahre später, trat ein Arbeitszeitgesetz in Kraft, das es den Unternehmen erlaubt, einseitig, ohne Zustimmung des Betriebsrates (Ruf bei der FPÖ: Das ist doch gelogen! – Ruf: Herr Präsident!), ohne Zustimmung eines Arbeits­mediziners 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche umzusetzen; ein Gesetz, welches ohne Verhandlungen mit den Sozialpartnern, ohne Verhandlungen mit den Arbeitneh­mervertretern und ohne ordentliche Begutachtung durchgewunken und durchge­peitscht wurde (Ruf bei der FPÖ: Wer hat dir denn das aufgeschrieben?), ein Gesetz, das keinen einzigen Vorteil für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bringt. Das ist die Tatsache. (Beifall bei der SPÖ.)

Und diese Tatsache, meine Damen und Herren, können Sie auch nicht mit Zwischen­rufen und Hineingeplärre wegschreien. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Es schreit überhaupt keiner!) Diese Tatsache ist gegeben, und die Menschen wissen ganz genau, dass es so ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Viel­leicht kann man einen Kameraschwenk machen (Abg. Gudenus: Am besten weg von Ihnen!), damit man sieht, dass das, was ich gesagt habe, tatsächlich stattfindet. (Abg. Rosenkranz: Besser ein Kameraschwenk als Ihr Schwank hier!)

Die Vier-Tage-Woche haben Sie versprochen. Sie haben in Schalmeientönen erklärt: Gar nichts wird sich ändern, alles wird besser!, die Wahrheit ist jedoch eine ganz, ganz andere, nämlich: mehr Arbeit und weniger Mitbestimmung, 12-Stunden-Tag, 60-Stun­den-Woche, ein Drittel mehr an Überstunden ist erlaubt. All das steht in diesem Gesetz drinnen, und all das, was Sie versprochen haben, die Vier-Tage-Woche und anderes, steht nicht in diesem Gesetz drin. Die Leute merken sich das, die Leute sehen das!

Wir haben die ersten offiziellen Forderungen aus der Wirtschaftskammer auf dem Tisch, dass dieses Gesetz umgesetzt wird. Es wird verlangt, dass die Gleitzeit aus Kol­lektivverträgen herausgestrichen wird. Also erzählen Sie uns keine Geschichten mehr, es glaubt Ihnen niemand, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gu­denus: Ein jämmerlicher Ablenkungsversuch!)

Vor 130 Jahren wurde die Krankenversicherung in ein Gesetz gegossen. Ein Kernstück dieses Gesetzes war die Selbstverwaltung. Nun wird ein Begutachtungsentwurf auf den Tisch geknallt mit sattsam bekannten Tönen wie: Wir sparen im System!, Die Men­schen werden nichts merken!, Alles wird gut!, aber wir kennen das ja schon von der Ar­beitszeitdiskussion.

Nun wird von einer Gesundheitsmilliarde gefaselt, aber sogar die Autoren dieses Ge­setzes schreiben im Gesetz: 350 Millionen. Also die Geschichte, die in diesem Zusam­menhang von der Marketingabteilung erzählt wurde, glauben nicht einmal die, die das Gesetz geschrieben haben. Es ist dies also eine absolute Verhöhnung aller, die sich mit der sozialen Sicherheit in diesem Land beschäftigen. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz sowie des Abg. Loacker.)

Leidtragende sind einmal mehr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Leistungs­harmonisierung findet nicht statt, zumindest nicht im großen Raum, und dort, wo sie stattfindet, nämlich innerhalb der Gebietskrankenkassen, ist sie zu 95 Prozent bereits umgesetzt.

Parität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern soll in einem Versicherungsträger, in dem zu 100 Prozent Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihre Angehörigen und die Pensionisten versichert sind, umgesetzt werden. Das hält vor keinem Verfassungsge­richtshof der Welt und wird auch in diesem Land vor dem Verfassungsgerichtshof nicht halten.

Das Verschieben der Beitragsprüfung in die Finanz ist in Wirklichkeit ein Schritt, durch den Lohndumping Tür und Tor geöffnet werden. Sie wissen das ganz genau. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Unterstellung!)


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Deshalb kann man diesen Gesetzesvorschlag, wie er vorliegt, nur ablehnen und muss ganz klar dagegen mobilisieren und aufzeigen, in welche Richtung das geht.

Wesentliche Herausforderungen im Gesundheitswesen werden nicht angegangen, ei­ne Gesamtleistungsharmonisierung über alle Bereiche, der Ausbau der Prävention und das Herangehen an das ganz große Thema Pflege finden nicht statt, und die vielen Ex­pertinnen und Experten, die wir hätten, die dieses Thema bearbeiten könnten (Abg. Gudenus: Von der Gewerkschaft!), werden verräumt, in irgendwelche Fusionsprozes­se und sonstiges mehr. (Abg. Wöginger: Wir „verräumen“ niemanden!)

Die Leute durchschauen das und sie werden sich das auch nicht gefallen lassen. Echte Verhandlungen finden nicht statt, dafür haben wir etwas Neues bekommen, ich nenne es einmal Gipfelitis. Gipfelitis bedeutet, dass Sozialpartner medienwirksam zu irgend­welchen Gipfeln eingeladen werden, um schöne Bilder zu produzieren, aber echte Ver­handlungen, eine echte Auseinandersetzung über unterschiedliche Positionen findet nicht statt. Das muss sich aus meiner Sicht ändern. Für die Behübschung von vorbe­reiteten Prozessen stehen wir nicht zur Verfügung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bekenne mich zur Sozialpartnerschaft, werde alles tun, dass (Abg. Kassegger: Dass alles so bleibt wie bisher!) sie weiterhin einen wichtigen Stellenwert in diesem Land hat – ich sage aber ganz offen: nicht um jeden Preis. Und wenn die Verteilungs­kämpfe härter werden, wird es mutmaßlich andere Formen des Austragens von Inter­essengegensätzen brauchen.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich entschlossen, mein Mandat im österreichi­schen Nationalrat zurückzulegen und mich voll und ganz auf meine Arbeit in der Ge­werkschaftsbewegung zu konzentrieren. Es gibt große Herausforderungen, es gibt Rahmenbedingungen, und ich habe heute nur zwei Punkte skizziert, mit denen Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer konfrontiert sind. Es sind dies Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass sich die Situation für die arbeitenden Menschen verschlechtert und dass die soziale Sicherheit insgesamt in Gefahr ist.

Wenn ich heute gehe, dann seien Sie versichert: Ich und wir in der Gewerkschaftsbe­wegung schauen sehr genau, was hier passiert, welche Aktivitäten und Maßnahmen gesetzt werden. (Abg. Gudenus: Wir winken Ihnen zu!) Und wenn der Weg der so­zialen Unfairness fortgesetzt wird, wenn die Demontage des Sozialstaates weiterge­führt wird und die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter be­schnitten wird, dann werden wir uns, das möchte ich Ihnen sagen, wiedersehen. Ich werde kommen, ich werde vor dem Parlament sein, und es werden mehr sein als die 120 000 Menschen, die gegen das Arbeitszeitgesetz auf die Straße gegangen sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Das, was mich sehr bedrückt, ist, dass fast täglich ein weiteres Stück Demokratie in Frage gestellt wird, die Art, wie mit dem Parlament als Souverän der Demokratie um­gegangen wird, dass Anstand und Fairness im Umgang miteinander auf dem Altar des politischen Marketings geopfert werden und wie sehr aus unterschiedlichen Meinungen und dem Wettstreit um die besseren Ideen politischer Hass geworden ist. Hetzen ge­gen Minderheiten und Andersdenkende ist salonfähig geworden – jeden Tag ein klei­nes Stück mehr, nie so groß, dass es zum ganz großen Aufschrei kommt.

Wir alle hier in diesem Haus sind der Demokratie verpflichtet. Die großen Unterneh­men, meine Damen und Herren, waren noch nie in der Geschichte dieses Landes das Rückgrat der Demokratie, sondern das waren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer und, ja, das war die freie Gewerkschaftsbewegung, die diese Demokratie erkämpft hat (Beifall bei der SPÖ – Abg. Gudenus: Mit Pflastersteinen! – Abg. Kassegger: Die Menschen gegeneinander ausspielen!) – Gewerkschaftsfreiheit, Demonstrationsrecht, Pressefreiheit, Wahlrecht und vieles mehr.


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Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zum Abschluss bei meinem Klub, bei mei­nen Kolleginnen und Kollegen bedanken. Ihr habt mich ganz toll unterstützt und ich weiß, dass mein Klub auch in Zukunft an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer stehen wird. Pam, ihr schafft das, da bin ich mir ganz sicher! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Ich bedanke mich auch bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anderer Klubs. Wir haben sehr oft harte Diskussionen geführt, wir haben aber, glaube ich, im letzten Jahrzehnt viel weitergebracht, und ich stehe nicht an, mich auch hier für die Zusammenarbeit zu bedanken. Ich bedanke mich bei meinen parlamentarischen Mitarbeitern Martin, Ro­bert, Stephi, denn ohne euch hätte ich die letzten zehn Jahre nicht so absolvieren kön­nen. Weiters bedanke ich mich bei meinem Umfeld, meiner Assistentin Uschi, meiner Pressesprecherin Litsa und meiner Frau stellvertretend für die Familie. (Der Redner applaudiert.) – Danke. (Lang anhaltender, stehend dargebrachter Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei ÖVP, FPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

9.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bevor ich das Wort an die Frau Bundesminister übergebe, darf ich die Schülerinnen und Schüler der Berufsschule für das Baugewerbe aus Wien recht herzlich auf der Galerie begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte.


9.20.38

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Galerie! Liebe Schülerinnen und Schüler! Danke für diese Aktuelle Stunde! Soziale Sicherheit bedeutet eine effiziente, bürgernahe und moderne Sozial­versicherung. Haben wir eine effiziente, bürgernahe und moderne Sozialversicherung? – Nein. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben zu viele Sozialversicherungen, wir haben schlechte Entscheidungsstrukturen und zu viele Gremien. Ich kann viele Dinge aufzäh­len, die zeigen, dass wir das in Österreich nicht haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das hat nicht nur der Rechnungshof festgestellt, sondern ja auch, wie wir alle wissen, eine Studie der London School of Economics, die von meinem Vorgänger beauftragt wurde. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Das Einsparungspotenzial wird ja immer in­frage gestellt, daher zitiere ich: Das Einsparungspotenzial in der Administration der ös­terreichischen Sozialversicherung durch schlankere Strukturen und Bündelung, Stan­dardisierung und Automatisierung von gleichartigen Aktivitäten beträgt 200 bis 300 Mil­lionen Euro pro Jahr. – Zitatende. Gut, so viel zum Einsparungspotenzial.

Für mich und für uns als Regierung ist aber eines wichtig: Uns ist der Versicherte, der Patient wichtig, und er steht im Mittelpunkt. Was heißt das? – Das heißt, dass es wei­terhin die Pflichtversicherung gibt, dass es im Rahmen der Selbstverwaltung die Ver­treter der Versicherten weiterhin gibt und dass es vor allem – und das ist einer der wichtigsten Grundsätze überhaupt – Gerechtigkeit im System gibt, das heißt: gleiche Beiträge, gleiche Leistungen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es wird keine Beitragserhöhung geben. Warum? – Weil wir im System sparen und die­ses Rationalisierungspotenzial dem Versicherten zur Verfügung stellen können. Das heißt, wir haben eine nachhaltige Finanzierung. Es wird keine Privatisierung geben, deren Durchführung von der Opposition auch so gerne an den Pranger gestellt wird. Wir werden keine Enteignung der Länder vorantreiben. Wir werden ein solidarisches und modernes System fördern.

Meine Damen und Herren, es ist mir auch ganz wichtig, Folgendes zu sagen: Die Strukturreform der Sozialversicherung ist der Beginn einer Gesundheitsreform. Warum


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ist diese notwendig? – Die letzte Regierung hat die Patienten eigentlich in die Ambu­lanzen getrieben, denn im Krankenhauswesen ist das ja ein anderer Topf. Sie hat sie in das Wahlarztsystem getrieben. Warum? – Man muss selbst bezahlen und bekommt nur 80 Prozent des Tarifs zurück.

Das alles sind Punkte, die vorliegen, die der Patient draußen spürt. Das wollen wir verändern. Wir wollen mehr Kassenärzte und mehr Hausärzte, wir wollen keine War­tezeiten und eine Leistungsabstimmung mit dem stationären Bereich. Das sind die He­rausforderungen. Bei uns steht der Patient im Mittelpunkt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese Bundesregierung hat den Mut, die größte Reform der Zweiten Republik durchzu­führen. Ich bin zuversichtlich, dass das nach dem Prozess der Begutachtung im Par­lament beschlossen wird, und ich freue mich schon, an dieser Reform teilhaben zu dür­fen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt, das Thema faire Arbeitswelten betreffend: Meine Damen und Her­ren, in nur 145 von 859 Kollektivverträgen findet sich etwas zur Anrechnung der Ka­renzzeiten – es sind jeweils unterschiedliche Anrechnungszeiträume, und in vielen Kol­lektivverträgen kommt sogar eine Geringschätzung von Erziehungs- und Pflegeleis­tungen zum Ausdruck, eine finanzielle Schlechterstellung von Karenzbeziehern und daraus resultierende Einkommensunterschiede, was sich natürlich, wie wir alle wissen, bis zur Pension auswirken kann. Diese Kollektivverträge sind in diesem Sinne nicht nur frauenfeindlich, sondern in Wahrheit auch kinder- und familienfeindlich. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Dies ist ein eklatantes Versäumnis Ihrerseits gewesen. (Zwischenruf des Abg. Leicht­fried.) Die negativen Auswirkungen, die erziehende Elternteile im aktiven Erwerbsle­ben und später in der Pension betreffen, müssen endlich beseitigt werden. Mit der Anrechnung von Karenzzeiten wollen wir die Bedingungen für die Familiengründung der erwerbstätigen Mittelschicht verbessern.

Wir wollen auch, dass sich erwerbstätige Frauen ihre Kinderwünsche möglichst ohne langfristige finanzielle Nachteile erfüllen können. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Es braucht daher dringend die Anrechnung der Karenzzeit für Gehaltsvorrückungen bis zum 24. Mo­nat in allen 859 Kollektivverträgen. Es geht um gesellschaftspolitische Fairness und um vernünftige Familien- und Kinderpolitik. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ein weiterer Punkt, der Höhepunkt der vergangenen Woche, war der Jobgipfel. Der Herr Präsident des Gewerkschaftsbundes hat diesen Jobgipfel so abgetan, aber: Der Jobgipfel war erst der Beginn einer Diskussion, eines Dialogs mit den Sozialpartnern. Gemeinsam mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Mar­garete Schramböck haben wir unter Einbeziehung aller Sozialpartner als vorrangiges Ziel definiert, das Arbeitskräftepotenzial im Inland zu aktivieren und die Unternehmen mehr einzubinden. (Ruf bei der SPÖ: Ah, deshalb wird die Mangelliste ausgeweitet!) Das Thema Fachkräfte wurde natürlich von mehreren Seiten diskutiert. Der kurzfristige Zugang ist die Regionalisierung der Mangelberufsliste, dadurch soll der Bedarf, vor allem im Tourismus in den westlichen Bundesländern, durch Drittstaatsangehörige ab­gedeckt werden. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Dem vorgeschaltet, meine Damen und Herren, ist die überregionale Vermittlung durch das AMS. Dabei sollen Arbeitslose aus den anderen Bundesländern angesprochen und auf die freien Arbeitsstellen vermittelt werden. In diesem Zusammenhang sind die Zumutbarkeitsbestimmungen entsprechend zu evaluieren. Neben einem innerösterrei­chischen Mobilitätspaket soll die Austrian Business Agency darüber hinaus auch ge­zielt Fachkräfte innerhalb der EU anwerben.

Lassen Sie mich noch eines zur Lehre sagen: Karriere mit Lehre war lange ein Schlag­wort. Die Frage ist, ob das Modell noch zukunftsfit ist. Es gibt unterschiedliche Gene-


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rationen, und die Generation Z ist, wie Sie wissen, jene, die momentan dazu motiviert werden muss, in die Lehre zu gehen. Das heißt, wir müssen schauen: Was motiviert junge Leute, was motiviert die Generation Z? – Es sind nicht vor allem die Karriere, das Geld, sondern vor allem Sinnstiftung und natürlich eine gewisse Work-Life-Balance. Das heißt, wir als Regierung beschäftigen uns sehr wohl auch damit, was die Motiva­tion junger Menschen dafür ist, wieder oder überhaupt in den Arbeitsprozess zu kom­men.

Bei den offenen Lehrstellen gibt es, wie Sie wissen, regionale Ungleichgewichte, das betrifft den Westen, aber auch Wien. In Wien gibt es zum Beispiel sechsmal mehr Lehrstellensuchende als offene Lehrstellen. Da sind nicht nur die jungen Menschen und deren Umfeld, die Eltern und Erziehungsberechtigten, gefordert, sondern natürlich müssen sich auch die Unternehmen als attraktive Arbeitgeber präsentieren und weitere Lehrstellen anbieten. Ich glaube, das ist ein Ziel, es ist ein Muss, dass die Unterneh­men wirklich mehr eingebunden werden.

Auch unter den 60 000 Arbeitslosen unter 25 Jahren soll die Facharbeiterintensivaus­bildung forciert werden. Die überbetriebliche Lehrausbildung soll durch eine Intensivie­rung des Praxisanteils den Zugang zu einer betrieblichen Ausbildung weiter verbes­sern, dies betrifft im Jahr circa 14 500 Personen.

Ebenso halte ich die Implacementstiftungen für ein sehr wichtiges Instrument, das auch entsprechend ausgebaut werden soll. Das AMS organisiert und finanziert das passge­nau gemäß dem Qualifizierungsbedarf der Unternehmen. Aktuell werden im Rahmen der Implacementstiftungen in etwa 7 000 Personen auf einen konkreten Personalbe­darf hin qualifiziert. Dazu kommt, dass im Jahr 2017 rund 3 300 Personen und im ers­ten Halbjahr 2018 circa 1 800 Personen in das auf die Besetzung der Einzelarbeits­plätze ausgerichtete Programm Arbeitsplatznahe Qualifizierung einbezogen wurden.

Nun zu einem Thema, zu dem seitens der Opposition Verunsicherung betrieben wurde, nämlich zum AMS-Budget. Mit Ende August 2018 sank die Zahl der Arbeitslosen, wie Sie wissen, um circa 9 Prozent, die gemeinsame Zahl der Schulungsteilnehmer und Arbeitslosen sank um circa 8 Prozent. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ganz besonders erfreulich ist auch, dass die Zahl der Arbeitslosen bei am Arbeitsmarkt benachteiligten Personen gesunken ist.

Es ist mir wirklich sehr, sehr wichtig, die gute Konjunktur 2019 zu nützen und den Fo­kus der Arbeitsmarktpolitik auf eine rasche und frühzeitige Vermittlung von Arbeit su­chenden Menschen zu legen. Hierzu ist einerseits der Ausbau der Automatisierung und andererseits eine personalisierte Arbeitsmarktbetreuung gefordert.

Nachdem in den letzten Jahren ein Fokus auf die Förderung von Flüchtlingen gelegt wurde, ist mir die Integration von Langzeitarbeitslosen, älteren Arbeitslosen, gesund­heitlich eingeschränkten Menschen, Frauen und Jugendlichen ein besonderes Anlie­gen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Große Bedeutung behält natürlich die Förderung der Generation 50 plus. Meine Da­men und Herren, mit einem Förderbudget von 1,251 Milliarden Euro, das sind pro Kopf 3 494 Euro, stehen dem AMS ausreichend Mittel zur Verfügung. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) 3 494 Euro pro Kopf, das sind um 275 Euro pro Kopf mehr als 2017. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ein weiteres großes Anliegen ist der Regierung natürlich die Inklusion. Mir liegt dabei die Teilhabe besonders am Herzen. Die Teilhabe ist ein maßgeblicher Parameter in ei­ner Gesellschaft. Nur eine Gesellschaft, die nach Inklusion strebt und dabei die Bar­rieren nicht nur abbaut, sondern am besten gar nicht entstehen lässt, ist eine, die dem modernen sozialen Fortschritt gerecht wird. Dabei soll vor allem für intensive Zusam­menarbeit mit den NGOs, mit der Behindertencommunity gesorgt werden.


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Der Nationale Aktionsplan, der für 2012 bis 2020 250 Maßnahmen vorsieht, wird 2020 natürlich nicht auslaufen, sondern weitergeführt werden, das kann ich jetzt schon ga­rantieren.

Wie auch dem Regierungsprogramm zu entnehmen ist, sollen Barrieren in Gesetzen und Köpfen abgebaut werden. Die Digitalisierung spielt dabei natürlich auch eine ganz große Rolle. Aus diesem Grund werden 2018 für diesen Bereich im Ausgleichstaxfonds 84,4 Millionen Euro bereitgestellt. Ziel muss es sein, dass Menschen mit Behinderung im Unternehmen die Unternehmen bereichern, um dem eingangs erwähnten modernen sozialen Fortschritt gerecht zu werden. Viele positive Maßnahmen wurden bereits ge­setzt und noch viele weitere werden folgen.

Lassen Sie mich noch einen weiteren Aspekt erwähnen, nämlich die erhöhte Familien­beihilfe. Eine wichtige Handlung, die die Absicht der Bundesregierung, Menschen mit Behinderung mit aller Kraft zu unterstützen, bezeugt, ist natürlich die Sicherstellung der Familienbeihilfe. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner jüngsten Rechtsprechung entschieden, dass Menschen, deren Lebensunterhalt zu mehr als 50 Prozent vom Staat finanziert wird, künftig keinen Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe mehr haben sollen. Gerade diese erhöhte Familienbeihilfe für Familien mit behinderten Kindern hat aber zum Ziel, die aufgrund der Behinderung eines Kindes zu erbringenden Mehrauf­wendungen abzugelten. Ich setze mich vehement für die Unterstützung von Menschen mit Behinderung ein und freue mich daher, dass die Regierungsparteien heute durch die Novellierung des FLAG sicherstellen werden, dass die Betroffenen auch zukünftig Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe haben werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Eine faire Arbeitswelt und einen nachhaltigen sozialen Schutz sicherzustellen, das garantiert diese Regierung. Für uns stehen Herr und Frau Österreicher im Mittelpunkt und sonst nichts! – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

9.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ab nun gilt laut Geschäftsordnung eine Redezeit­beschränkung von 5 Minuten. Das ist allen Rednern bekannt.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.


9.35.09

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Katzian, wir wünschen dir seitens der Volkspartei alles Gute für die Zukunft! Wir bedanken uns auch für die durchaus konstruktive Zusammenarbeit in den letzten Jahren, die wir zweifelsohne auch hatten. Ich gebe dir aber auch etwas mit: Ich hoffe, du hast in Zukunft genügend Zeit, damit die Sozialpartner auch Lösungen auf den Tisch bringen, denn wenn keine Lösungen auf dem Tisch liegen, dann wird diese Regierung jedenfalls handeln. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir haben gemeinsam vereinbart, wir stehen für eine neue soziale Gerechtigkeit. Das trifft das Thema der heutigen Aktuellen Stunde. Andere su­chen die Antworten, wir haben sie, weil für uns die Menschen im Mittelpunkt stehen. (Heiterkeit und Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen einfach das um, was wir gemeinsam vereinbart haben. Das mögen manche wahrscheinlich als neuen Status in der Politik bewerten, für uns ist es zur Selbstverständlichkeit geworden. Was in den letzten Jah­ren nie möglich war, ist jetzt möglich: Wir setzen das um, was wir uns ausgemacht ha­ben, und das ist gut für die Menschen in diesem Lande. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Wir handeln dort, wo es notwendig ist. Wir haben Höchstbeschäftigung. Das ist wichtig für die Menschen, die jetzt diese Sitzung über die Bildschirme zu Hause verfolgen: Wir


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haben einen Höchstbeschäftigungsstand, das hat es in dieser Republik noch nie gege­ben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dennoch geht diese Regierung her und hält einen Jobgipfel ab, um wesentliche Maßnahmen festzulegen, um von jenen Menschen, die derzeit noch arbeitslos sind, noch Tausende zurück in Beschäftigung zu bringen. Es ist so notwendig, dem Fachkräftemangel mit der Regionalisierung der Mangelberufsliste und auch mit einer Weiterentwicklung der Rot-Weiß-Rot-Card entgegenzutreten. (Zwi­schenruf des Abg. Vogl.) Jene jungen Menschen, die in den überbetrieblichen Ausbil­dungsstätten sitzen und dort der Dinge harren, werden wir zu den Betrieben bringen, denn es ist notwendig, dass wir die Menschen zu den Arbeitsplätzen bringen. Diese Regierung wird das zustande bringen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eine Bitte hätte ich schon an die Sozialdemokratie: Hören Sie bitte auf mit dieser Ver­unsicherung gegenüber den Menschen! Ich nenne Ihnen zwei Beispiele, zwei Dinge, die wir in letzter Zeit erlebt haben: Das eine betrifft die Arbeitszeit. Ihren Angaben nach 100 000 Menschen (Zwischenruf des Abg. Knes), jedenfalls waren es viele, sind über die Betriebsratsstruktur auf den Platz gezerrt worden. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Bitte fragen Sie einmal die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Ort! Ich mache das in meinem Wahlkreis. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Fragen Sie die Menschen vor Ort, was sie davon halten, dass Menschen auf die Straße gebracht werden – und das, obwohl die ArbeitnehmerInnen nicht wirklich etwas davon spüren.

Es war gut und richtig, dass wir den 1. September für das Inkrafttreten dieses Geset­zes ausgewählt haben. Denn was spüren die Menschen jetzt? – Nichts! Wir haben frü­her keine 50-Stunden-Woche gehabt und keinen 10-Stunden-Tag, und wir haben jetzt keinen 12-Stunden-Tag und keine 60-Stunden-Woche. Das sei Ihnen auch einmal ins Stammbuch geschrieben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dem Fass den Boden ausgeschlagen hat dann die AUVA-Reform. Bei uns in Linz, im UKH, haben rote Betriebsräte Zettel verteilt: In drei Tagen wird Ihre Behandlung einge­stellt! (Abg. Rosenkranz: Das ist unerhört!) Das hat man PensionistInnen gegeben. (Abg. Rosenkranz: Das ist unerhört!) Das ist unerhört! Das ist unerhört! Es gab nie die Absicht, irgendein Spital zu schließen. Die Ministerin und ich haben das auch immer betont. Wie kommt man dazu, dann einen Folder zu verteilen, auf dem steht, dass in drei Tagen die Behandlung eingestellt wird? (Zwischenruf des Abg. Stöger. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie schießen dermaßen übers Ziel, meine Damen und Herren, das hat in einer Demokratie auch nichts verloren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stöger. – Abg. Wurm: Kollege Stöger weiß ...! – Zwischenruf des Abg. Gudenus.)

Dass es Ihnen nicht recht ist, dass wir die Menschen entlasten, ist mir schon klar. Der Familienbonus Plus fetzt voll in die Bevölkerung hinein, die Eltern freuen sich, 1,6 Mil­lionen Kinder, 950 000 Familien profitieren. Damit, dass wir niedrige Einkommen ent­lasten, haben Sie wahrscheinlich nicht gerechnet, aber diese Regierung setzt diese Maß­nahmen jedenfalls um. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Worum geht es jetzt noch? – Die Sozialpartnerschaft hat eigentlich den Auftrag, Kol­lektivvertragsverhandlungen zu führen, bei denen am Ende für die Menschen auch et­was herauskommt. Wenn die Regierungsspitze hergeht und sagt, sie wünscht spür­bare Lohn- und Gehaltserhöhungen, dann ist das ein Auftrag, ein Auftrag an die Sozial­partner, das ernst zu nehmen; denn wir haben Hochkonjunktur, und die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer sollen davon auch profitieren. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)


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Eine zweite Maßnahme, die ich seit Wochen auch trommle, ist die Anrechnung der Ka­renzzeiten. Meine Damen und Herren, das ist ein letzter Appell seitens der Regierung an die Sozialpartner (Abg. Heinisch-Hosek: Wir brauchen ein Gesetz! Ein Gesetz brauchen wir!): Stellen Sie in den Kollektivverträgen sicher, dass die Karenzzeiten zu 24 Monaten voll angerechnet werden! (Abg. Heinisch-Hosek: Ein Gesetz brauchen wir!) Das ist die neue soziale Gerechtigkeit (Zwischenrufe der Abgeordneten Katzian und Plessl), die wir jedenfalls umsetzen werden, wenn Sie in der Sozialpartnerschaft nicht in der Lage sind, das auf den Weg zu bringen, meine Damen und Herren. Das werden wir jedenfalls tun. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Mein Schlusssatz, Herr Präsident: Wir arbeiten für die Menschen in diesem Lande, und es ist der Auftrag an die Sozialpartner (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Ho­sek und Katzian), nicht auf die Straße zu gehen, sondern am Tisch Lösungen zu er­arbeiten und zu unterbreiten, die der Bevölkerung letzten Endes auch helfen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

9.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rendi-Wagner. – Bitte. (Abg. Wurm: Alles gesagt worden!)


9.41.07

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Österreichs Erfolg nach dem Zweiten Weltkrieg begann mit einer wichtigen Erkenntnis, nämlich jener, dass die Kooperation zwischen ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberIn­nen wesentlich ist und notwendig ist. (Zwischenruf der Abg. Winzig.) Diese Koopera­tion hat einen Namen, und Sie kennen diesen: die Sozialpartnerschaft. Diese Sozial­partnerschaft hat es nicht nur international zu höchster Reputation gebracht, sie hat Österreich auch, und das können Sie nicht leugnen, zu einem der erfolgreichsten und sozial fairsten Länder Europas und weltweit gemacht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Gerstl.)

Es war eine Erkenntnis des Miteinanders, es war eine Erkenntnis des gemeinsamen Erfolgs der Menschen und des Erfolgs jeder und jedes Einzelnen, und es war auch eine Erkenntnis des wirtschaftlichen Erfolgs, der wiederum dazu führte, dass es Leis­tungen für alle gab: eine gute Ausbildung, eine gute Gesundheitsversorgung auf ho­hem Stand, faire Löhne und vor allem Pensionen, von denen alle am Ende ihres Le­bens leben können. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Cox.)

Wenn ich mir Ihre Maßnahmen anschaue, die Sie in den letzten neun Monaten hier zu­tage gebracht haben, dann ist eines für mich klar, sehr geehrte Damen und Herren der ÖVP und der FPÖ: Sie haben diesem Erfolgsmodell, diesem historischen Erfolgsmo­dell den Kampf angesagt, anstatt gemeinsam mit uns Konzepte und Lösungen zu er­arbeiten, von denen alle Menschen in diesem Land etwas haben.

Wir Sozialdemokratinnen und -demokraten haben bereits gezeigt, wie es anders gehen kann, wie man Verbesserungen für die Menschen bewirken kann. (Abg. Lugar: Wann genau war das?) Wir haben die Aktion 20 000 eingeführt, um älteren Arbeitslosen, die Langzeitarbeitslose waren, endlich eine Chance auf einen Arbeitsplatz zu geben und damit wieder eine Lebensperspektive am Ende ihres Lebens zu eröffnen, und Sie ha­ben diese Maßnahmen binnen kürzester Zeit mit Füßen getreten und abgeschafft. (Bei­fall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Die SPÖ hat in ihrer Regierungszeit den Beschäftigungsbonus beschlossen, einen An­reiz für Unternehmerinnen und Unternehmer, um Menschen in Beschäftigung zu hal­ten. Was haben Sie gemacht? – Auch diese Maßnahme, die den Menschen Perspekti­ven gibt, haben Sie abgeschafft.


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Sie haben in kurzer Zeit mehr als ausreichend bewiesen, auf welcher Seite Sie stehen: Es ist nicht die Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieses Landes. (Abg. Rosenkranz: Das stimmt aber nicht!) Mehr noch: Sie dekretieren den Menschen den 12-Stunden-Tag, sehr geehrte Damen und Herren (Abg. Rosenkranz: Stimmt auch nicht!), ohne eine einzige Verhandlungsrunde mit den GewerkschafterInnen oder Ar­beitnehmervertreterInnen ernsthaft geführt zu haben.

Auch wenn Sie es anders darstellen, Frau Bundesministerin: Sie kürzen im Gesund­heitssystem Hunderte Millionen von Euro. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Rossmann und Zinggl.) Sie kürzen bei der Gesundheit der Menschen in diesem Land. (Abg. Rosenkranz: ... bei einer Fehlplanung bei einem Krankenhaus! Dort wird ge­kürzt!) Sie kürzen bei den Patientinnen und Patienten. Und, Herr Wöginger, was un­erhört ist, ist, dass eine halbe Milliarde Euro aus der AUVA herausgenommen wird, um sie als Geschenk den Konzernen und der Großindustrie zu geben. Das ist unerhört! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zinggl. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Sie kürzen, und gleichzeitig beschneiden Sie das Recht der ArbeitnehmerInnen auf Selbstverwaltung. Auch wenn Sie hoffen, dass all diese Maßnahmen, die Sie hier in den letzten Monaten gesetzt haben, wieder schnell und leise in Vergessenheit geraten: Seien Sie sich sicher, wir werden Sie jeden Tag daran erinnern (Beifall bei der SPÖ so­wie der Abgeordneten Cox und Noll), und dabei wissen wir uns Seite an Seite mit Tau­senden Betriebsrätinnen und Betriebsräten und mit Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Ich möchte in diesem Sinne die Gelegenheit persönlich nützen, meinem guten Freund und lieben Kollegen Wolfgang Katzian hier und heute zu danken, für sein beherztes Engagement, für seinen unermüdlichen Einsatz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, für die soziale Sicherheit in diesem Land. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Lieber Wolfgang, du wirst diesem Haus zweifelsohne fehlen, das ist leider so, aber ich weiß, dass du als Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes noch mehr Möglichkeiten haben wirst, dich für die soziale Gerechtigkeit und die Rechte der Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzusetzen; und sei sicher: Wir sind an deiner Seite. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall der Abgeordneten Cox und Za­dić. – Abg. Martin Graf: Viel wichtiger ist, dass er als Austria-Präsident geht!)

9.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klin­ger. – Bitte.


9.46.41

Abgeordneter Ing. Wolfgang Klinger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Frau Dr. Pamela Rendi-Wagner hat soeben davon ge­sprochen, dass wir Hunderte Millionen Euro in der Sozialversicherung kürzen. – Ich verstehe das nicht. Wir sparen in der Sozialversicherung ein (Abg. Rendi-Wagner: Auf Kosten der Gesundheit!) und schaffen auch da ein schlankes System, und das wird Gelder für unsere Patienten zurückspülen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Dr. Rendi-Wagner, Sie sprechen davon, dass wir dem historischen Erfolgsmodell der Sozialpartnerschaft den Kampf angesagt hätten. – Das Einzige, was mir dazu ein­fällt, ist: Die SPÖ ist in der Historie stecken geblieben. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Kollege Katzian, natürlich wünschen auch wir Ihnen alles Gute für die Zukunft – das Weitere wurde ja schon gesagt –, aber wenn Sie davon sprechen (Zwischenruf des Abg. Loacker – Gegenrufe bei der FPÖ), dass bei uns der Ab­wehrkampf für soziale Sicherheit und faire Arbeitsplätze so richtig unter Druck gekom­men ist, dann kann ich nur eines sagen: Das Einzige, was in der Republik mit Ihrer


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leidigen Geschichte unter Druck gekommen ist, ist die SPÖ und niemand anderer. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Wenn Sie davon sprechen, dass wir Gesetze durchpeitschen, dann stelle ich hier eines fest: Die Sozialpartnerschaft hat es nicht geschafft, für gerechte Arbeitswelten und für faire Arbeitsbedingungen zu sorgen, geschweige denn für flexible Arbeitszeiten. Diese Bundesregierung hat diese flexiblen Arbeitszeiten jetzt geschaffen (Zwischenruf der Abg. Lueger), und wenn Sie davon reden, dass der 12-Stunden-Tag jetzt gang und gä­be sei, möchte ich Ihnen ein Beispiel bringen.

Ich habe vor Kurzem ein Gespräch mit einem Betriebsrat einer großen europäischen Firma geführt, der völlig verunsichert gemeint hat, dass jetzt alle 12 Stunden zu arbei­ten haben – am nächsten Tag war Betriebsversammlung. Ich habe ihm gesagt, dass diese 12 Stunden auf freiwilliger Basis sein werden, und ich habe ihn ersucht, mir von dieser Betriebsversammlung zu berichten und mich am nächsten Tag sofort anzurufen. Er hat das leider Gottes nicht getan. Ich habe mich dann bei ihm gemeldet und ihn gefragt, warum er mich nicht angerufen hat. Wissen Sie, was die Aussage war? – Ich habe nicht mehr anrufen müssen, denn jetzt verstehe ich es und es passt alles. – Das ist die wirkliche Arbeitswelt, in der wir uns befinden. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Wir haben eben einen anderen Zugang: Wir stellen den Menschen als Individuum dar und fest, und dieses Individuum wollen wir fördern, mit allen seinen Fähigkeiten, aber auch mit allen seinen Entscheidungsmöglichkeiten. Deswegen sind wir der Meinung, dass es nicht sein kann, dass viele über einen bestimmen, der von sich aus etwas für sich Besseres machen wird, und wir haben damit klar festgestellt, dass Betriebsräte und Gewerkschaften, so wichtig sie sind, nicht das alleinige Maß sein können, was die Arbeitszeitgesetze betrifft. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sie sprechen davon, dass wir nichts weiterbringen, aber ganz ehrlich gesagt: Wir ha­ben 1 500 Euro Mindestlohn eingeführt. Auch das war Ihnen dann zu wenig. (Zwi­schenruf des Abg. Vogl.) Ja warum haben Sie das nicht vorher gemacht? (Zwischen­rufe der Abgeordneten Katzian und Vogl.) Hätten Sie das vorher gemacht! Sie hätten dafür lange genug Zeit gehabt, Herr Katzian! – So schaut es aus. (Beifall bei Abgeord­neten von FPÖ und ÖVP.)

So etwas wie den Familienbonus mit 1 500 Euro pro Jahr für unsere Familien umzuset­zen, davon waren Sie meilenweit entfernt. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Und Sie wer­fen uns jetzt vor, wir würden einen Kampf gegen faire Arbeitswelten und gegen soziale Gerechtigkeit führen. – Nein, das Gegenteil ist der Fall!

Soziale Sicherheit für alle: Auch diesbezüglich haben wir einen unterschiedlichen Zu­gang. Ich sehe einfach nicht ein, dass jemand, der in unser Sozialsystem eindringt und noch nie etwas für dieses Sozialsystem geleistet hat, dieselben Leistungen bekommen soll. Das wird es mit uns einfach nicht geben. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen! Und es ist auch ein Unterschied, ob jemand arbeiten könnte und nicht will oder ob je­mand arbeiten will, aber nicht kann. Auch das müssen wir berücksichtigen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten: Ich bin seit 1990 in der Politik. Das war immer Thema. Es war immer Thema und ist von Anfang an immer wieder ge­scheitert. Diese Bundesregierung ist angetreten, um wichtige Themen umzusetzen, und ein solches ist eben auch die Zusammenlegung von Sozialversicherungen.

Mein letzter Satz: Die Maßnahmen dieser Regierung, unserer neuen Sozialministerin, sind Meilensteine für eine faire Arbeitswelt, für soziale Gerechtigkeit, eben für eine po­sitive Zukunft für unser Land. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.52



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich freue mich über den regen Besucherzustrom und begrüße die Besuchergruppe aus Kirchberg an der Raab mit dem Bürgermeister, dem Vizebürgermeister und den Gemeinderäten recht herzlich im Hohen Haus. Ich be­grüße auch recht herzlich das Gymnasium aus Deutschland, aus Osterholz-Scharm­beck, das auf Wienbesuch ist. – Herzlich willkommen hier im österreichischen Parla­ment! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.


9.52.47

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Geschätzte Besucherinnen und Besucher! Der Chef des Österreichischen Gewerkschaftsbundes verabschiedet sich aus dem Parlament, und das ist schon auch ein Zeitpunkt, Danke schön zu sagen für die Arbeit, die die Arbeit­nehmervertreter in den Betrieben leisten; das ist eine wichtige Arbeit. Wir waren sicher oft unterschiedlicher Meinung, aber ich möchte nicht anstehen, auch zu respektieren, dass da wichtige Standpunkte eingebracht werden. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie der Abgeordneten Nehammer und Wöginger.)

Wir von NEOS sind der Meinung, dass insbesondere auf betrieblicher Ebene und auf kollektivvertraglicher Ebene ein gutes Miteinander zu den besten Lösungen führt, Lö­sungen vor Ort, die den Bedürfnissen der Unternehmerinnen und Unternehmer, den Bedürfnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht werden. Dafür braucht es gute Betriebsvereinbarungen und dafür braucht es auch kundige Arbeitnehmerver­treter.

Man muss natürlich auch sagen, dass sich die Sozialpartnerschaft in den letzten Jahr­zehnten ungut weiterentwickelt hat. Es sind Vorfeldorganisationen und Finanzierungs­organisationen von Rot und Schwarz geworden, und in Wirklichkeit ist das System zumindest verstaubt und in vielen Fällen auch eine Reformblockade geworden, was dazu führt, dass wir eine Polarisierung erleben, auch heute hier in der Debatte und in Zwischenrufen, bei der mit Feindbildern gearbeitet wird und eine Klassenkampfrhetorik herausgezogen wird, die den realen Bedingungen nicht gerecht wird.

Auf der einen Seite wird das Blaue vom Himmel versprochen und bei der Arbeits­zeitflexibilisierung von Freiwilligkeit geredet. – Es gibt diese Freiwilligkeit nicht, das muss man fairerweise sagen. Wenn in einem Betrieb die Produktionslinie 12 Stunden läuft, dann läuft sie 12 Stunden, und dann ist man nicht freiwillig da, sondern dann hat man da zu sein. Umgekehrt ist es so, dass diese Mehrstunden bezahlt werden, und die Ausbeutung, die auf der anderen Seite gemalt wird, findet auch nicht statt. Die Wahr­heit ist in der Mitte. Man müsste einander nicht diese Schimpfworte an den Kopf wer­fen, wie sie hier in den Zwischenrufen oft der Fall sind. (Abg. Wurm: Ist eh vernünftig gewesen!)

Es wird auch in der Sozialpartnerschaft von einem Erwerbsbild ausgegangen, das es nicht mehr gibt. Diese strikte Trennung zwischen unselbständig Erwerbstätigen und selbständig Erwerbstätigen entspricht auch nicht mehr den heutigen Lebensrealitäten der Menschen. Die Berufsbilder verschwimmen immer mehr; Angestellte arbeiten von zu Hause aus, entscheiden autonom darüber, wie sie sich die Arbeitszeit einteilen. Da­rauf kann man nicht mit den Gesetzen aus dem vorigen und vorvorigen Jahrhundert zugehen.

Wir erleben allerdings auch ein unterschiedliches Rollenverständnis bei der Regierung. Wenn Kurz und Strache den Kollektivvertragsverhandlungspartnern ausrichten, was sie gerne für eine Erhöhung hätten, dann sitzt man schon mit der Kinnlade unten vor dem Fernseher und fragt sich: Was spielt sich da gerade ab? (Abg. Wurm: Gute Idee, gell?) – Es geht die Regierung einfach einen feuchten Kehricht an, was die Sozial-


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partner am Verhandlungstisch ausmachen. Es war bisher gute Praxis, dass sich die Regierung aus den Kollektivvertragsverhandlungen heraushält, und es wäre auch klug, wenn sich die Sozialpartner aus dem heraushalten, was in diesem Haus gemacht wird. Wenn gerade die schwarz-blaue Regierung jetzt wieder beginnt, das zu vermischen, dann geht man hier einen falschen Weg, den auch vorher Kollege Klinger ausgeschil­dert hat, indem er behauptet hat, hier wären 1 500 Euro Mindestlohn beschlossen worden. – Das ist einfach nicht wahr. Die Löhne legen bei uns die Kollektivvertragsver­handler fest. Das kann Ihnen schmecken oder nicht, aber das ist eine österreichische Tatsache.

Das ist reine Showpolitik der Regierung. Man stellt sich hinaus und sagt: Wir haben ge­macht, und wir hätten gerne eine größere Lohnerhöhung! – Da wird nur mit Show gear­beitet und nicht mit Tatsachen. Wenn es nämlich um die Tatsachen ginge und wenn es darum ginge, was die Aufgabe der Parlamentsmehrheit wäre, dann würden Sie die kal­te Progression abschaffen. (Beifall bei den NEOS.)

Die Lohnsteuereinnahmen sind um 6,6 Prozent gestiegen. Ein Teil dieser 6,6 Prozent mehr Lohnsteuer mag Wirtschaftswachstum sein, aber ein Teil ist auch kalte Progres­sion, bei der Sie den Leuten in die Tasche greifen und ihnen das Geld wegnehmen.

Zu dieser – unter Anführungszeichen – „Reformgeschichte“ der Sozialversicherung: Al­so das war eine Showparade erster Klasse. Da stellen Sie sich zu viert hin – Kanzler, Vizekanzler, Sozialministerin und Klubobmann der ÖVP – und verkündigen die Wohl­tat: 1 Milliarde Euro, fünf Kassen. – Ja, man hätte das eigentlich auf dem Balkon des Belvedere stattfinden lassen sollen, wie Sie die Wohltaten den Menschen verkündigen. (Heiterkeit bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wöginger: Gute Idee!)

Es gibt diese fünf Träger nicht. Sie haben einfach die Notariatsversicherung aus dem Dach herausgetan, Sie haben die Betriebskrankenkassen aus dem Dach herausgetan und schwups, sind es fünf. Über die neun Krankenkassen stülpen wir eine zehnte drü­ber. Eigentlich wird es mehr Bürokratie, als es vorher war, aber man verkauft das ein­mal den Menschen – und die Milliarde finden Sie nicht. In Wirklichkeit wird das System teurer, weil Sie jetzt eine Angleichung von unten nach oben haben werden. Sie wissen nicht, wie Sie die Fusionskosten abbilden; die werden bei mindestens 500 Millionen Euro liegen. Da sagen Sie: Ja, das macht ohnehin die Selbstverwaltung. – Na, wenn dann 1 Milliarde Euro bei den Patienten ankommen soll, dann müssen die 1,5 Milliar­den Euro einsparen. Ich frage mich, wie das funktionieren soll.

Man hätte schon reformieren können, aber das wäre anders gegangen. Dann hätten Sie auch Ihren schwarzen Beamten zu Leibe rücken müssen, aber natürlich: Die eige­ne Klientel wird geschont. Das ist wirklich billig, was Sie da machen. (Beifall bei den NEOS.)

9.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bruno Ross­mann. – Bitte.


9.58.43

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zunächst damit beginnen, dir, lieber Wolfgang Katzian, für deine Arbeit hier in diesem Haus zu danken. Du warst ein unermüdlicher Kämpfer für die Rechte der Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Du wirst uns daher in diesem Hause fehlen, aber ich weiß, du hast eine neue Herausforderung angenommen, eine wichtige Herausfor­derung, du bist nun der Chef des ÖGB. Wir brauchen einen starken ÖGB, die Regie­rung beweist uns das jeden Tag. In dieser deiner neuen Funktion, Wolfgang, wünsche ich dir viel Kraft und alles Gute! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Verabschiedungsrede?)


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Frau Bundesministerin! Sie haben in Ihrer Rede als letzten Satz einen sehr entlarven­den Satz gesagt. Sie haben nämlich gemeint: Wir sind für Herrn und Frau Österrei­cherIn da und für sonst niemanden! – Wenn wir aber über soziale Sicherheit für alle sprechen, Frau Ministerin, dann sprechen wir auch über soziale Sicherheit für Nichtös­terreicherInnen, das heißt für Migrantinnen und Migranten, für Asylwerberinnen und Asylwerber.

Das ist eine Notwendigkeit; eine Notwendigkeit deshalb, weil wir, wenn wir über soziale Sicherheit sprechen, über gesellschaftliche Teilhabe und über ein gutes Leben für alle sprechen müssen. Es kann doch nicht so sein, dass wir auf einen Teil dieser Men­schen vergessen!

Wenn wir über soziale Sicherheit sprechen, so möchte ich damit beginnen, einmal ein paar Fakten aufzuzeigen, wie die Einkommenssituation der Menschen ausschaut, also in den vorgelagerten Netzen der sozialen Sicherheit, weil das ganz entscheidend dafür ist, wie es den Menschen in diesem Lande geht. Erst kürzlich hat eine Umfrage der AK gezeigt, dass fast die Hälfte der Beschäftigten mit dem Geld, das sie verdient, nicht zurande kommt. Wenn wir den Fokus auf weiblich dominierte Berufe legen, also auf Friseurinnen, auf Kellnerinnen, auf Reinigungskräfte, auf Kosmetikkräfte, auf Arzthelfe­rinnen und dergleichen, dann sehen wir, es sind 80 Prozent der Menschen, die mit ih­rem Lohn nicht das Auslangen finden.

Frau Ministerin, Sie wissen – und das wissen wir schon lange in diesem Lande –: In Österreich ist jeder zehnte Mensch armutsgefährdet. Aus dem Einkommensbericht der vergangenen Jahre, erstellt von der Statistik Austria und vom Rechnungshof, wissen wir, dass die Menschen von Realeinkommensverlusten von 20 Prozent, das unterste Einkommensdezil sogar von Einkommensverlusten von bis zu 50 Prozent betroffen wa­ren. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!

Vor diesem Hintergrund stellt sich jetzt die Frage: Was tut die Regierung dagegen? Gewährt die Regierung wirklich allen ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, ein gu­tes Leben? – Meine Antwort ist ganz klar: Nein, das tut sie nicht! Sie verteilt vom un­teren Einkommensdrittel hin zum mittleren und zum oberen Einkommensdrittel.

Zwei Beispiele dazu aus der jüngsten Vergangenheit: zum einen der Familienbonus, über den, wie wir ja wissen, jene Menschen mit einem Einkommen bis 1 250 Euro brut­to, also jene, die keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen, nur ein Sechstel von dem erhalten, was die Menschen aus der Einkommensmitte erhalten – das heißt also, deren Kinder sind nur ein Sechstel dessen wert, was die Kinder der Mittelschicht und Ober­schicht wert sind –, und zum anderen die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. Menschen bis in die Einkommensmitte hinein profitierten von dieser Senkung null, Frau Ministerin, da können Sie und der Herr Bundeskanzler noch tausendmal das Ge­genteil behaupten, es wird dadurch nicht besser!

Und das, was kommen wird, wird es noch einmal schlechter machen: die Streichung der Notstandshilfe, die Kürzung der Mindestsicherung mit Vermögensanrechnung. Es droht Hartz IV, Frau Ministerin! Das wird mehr Menschen in die Armut treiben, und die­sen Menschen werden Sie zunehmend weniger helfen.

Zusammenfassend kann man also sagen: Die Situation für das untere Einkommens­drittel hat sich verschlechtert, jene, die in dieser Gesellschaft abgehängt sind, werden weiter abgehängt, die gesellschaftliche Teilhabe für viele Menschen wird immer schwie­riger, und es droht tatsächlich eine Zweidrittelgesellschaft in unserem Land. – Ich bin nicht bereit, das zu tolerieren, und ich hoffe sehr stark auch auf die Unterstützung der Gewerkschaften, des ÖGB, aber auch der Opposition im Kampf dafür, dass allen Menschen eine gesellschaftliche Teilhabe zusteht. (Beifall bei der Liste Pilz sowie der Abg. Yildirim.)

Frau Ministerin! Was wir für diese gesellschaftliche Teilhabe brauchen - -



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz, bitte.


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Ja, ich komme zum Schluss­wort. – Was wir dafür brauchen, sind Mindestlöhne von 1 750 Euro, sind Senkungen der Beiträge für Sozialversicherungen für die unteren Einkommen, aber auch eine Ver­kürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich und keine Verlängerung, denn das führt uns zurück ins 19. Jahrhundert. – Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz.)

10.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Schwarz. – Bitte.


10.04.38

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Werter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Mehr als 30 Jahre lang habe ich einer­seits als Journalistin und andererseits als Patientin erlebt, dass Dinge und Systeme nicht geändert wurden, weil die einen alles ändern wollten, die anderen gar nichts, und das bedeutet im Endeffekt Stillstand. Diesen Stillstand haben wir jetzt unterbrochen, dafür stehen wir: Wir ändern die Dinge, wir packen sie an, wir machen es ganz einfach! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es muss auch in Zukunft sichergestellt sein, dass alle Versicherten in Österreich Zu­gang zur bestmöglichen Medizin haben, das heißt: hoch qualifizierte Ärztinnen und Ärzte, hochwirksame Medikamente, beste Behandlungsmethoden. Wir sind daran in­teressiert, dass wir aufgrund des Systems sparen und das dann den Patientinnen und Patienten zugutekommen lassen. Das ist – ich unterstütze das, was die Ministerin ge­sagt hat – die einzige Lobby, die auch ich hier vertrete, nämlich die Patientinnen und Patienten.

Es war heute schon die Rede von Fairness. Ich war im letzten Winter bei einer Familie im Burgenland, die ein behindertes Kind hat. Der Sechsjährige braucht einen neuen Rollstuhl, und der Vater hat mich gefragt, wie ich ihm das erklären kann, dass er glei­che Beiträge wie Versicherte in einem anderen Bundesland bezahlt, aber wesentlich weniger Zuschuss bekommt. (Abg. Rosenkranz: Richtig!) – Sagen Sie mir, was daran fair gewesen sein soll! (Abg. Rosenkranz: Genau!)

Wir stehen für Leistungsharmonisierung: gleiche Beiträge – gleiche Leistung, anders kann das nicht funktionieren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ich halte diese Leistungshar­monisierung für den ersten wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Ich bin allen dank­bar, die das jetzt bei Heilbehelfen und bei Hilfsmitteln ermöglicht haben, und wir sind auch bei den ärztlichen Leistungen auf einem guten Weg.

Ich habe bei meinem früheren Job eine Mitarbeiterin gehabt, die 16 Monate lang auf­grund eines Burn-outs im Krankenstand war. Aus vielen Gesprächen habe ich entnom­men, dass es wichtig ist, dass wir rechtzeitig darauf schauen, dass es den Menschen im Arbeitsumfeld gut geht. Eine gute Präventionsmaßnahme dafür ist die Psychothera­pie. Es ist uns heuer gelungen, die Zuschüsse das erste Mal seit 25 Jahren zu er­höhen. – Danke dafür, danke, dass der Zuschuss zur vollfinanzierten Psychotherapie um 25 Prozent angehoben wurde. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

In den meisten Fällen sind nicht nur die Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Psy­chologinnen und Psychologen, sondern auch die Hausärzte erste Ansprechpartner, wenn es um körperliche, aber auch um seelische Beschwerden geht. Wir müssen da­nach trachten, dass wieder mehr junge Ärztinnen und Ärzte den Weg aufs Land finden, Hausärzte werden. Wir werden unterschiedliche Maßnahmen dafür treffen. Das betrifft zum Beispiel die Aufwertung des Berufsstandes. Wir alle wissen, Hausärztinnen und -ärz­te begleiten uns vom ersten Atemzug bis zum letzten Atemzug. Ich glaube aber immer


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noch, dass das Gefühl mitschwingt, dass sie nicht genügend wertgeschätzt werden. Hausärztinnen und Hausärzte sind eine extrem wichtige Stütze unseres Gesundheits­systems, und ich danke ihnen dafür, dass sie tagtäglich ihren Dienst an der Menschheit tun. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Eine Möglichkeit ist nicht nur, die Ausbildung aufzuwerten, sondern selbstverständlich auch, sie zu fördern, wenn es um Ordinationsgründungen geht. Da geht es um Wert­schätzung auch von uns, von der Politik, gegenüber den Hausärztinnen und ‑ärzten. Eine Möglichkeit ist aber auch, dass Ärztinnen und Ärzte andere Kolleginnen und Kol­legen anstellen können, und auch da sind wir auf einem wirklich sehr guten Weg. (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ.) – Danke schön.

Wir wissen aus unterschiedlichen Umfragen, dass möglichst viele Menschen zu Hause alt werden möchten. Ich bin 56 Jahre alt, ich weiß noch nicht wie, unter welchen Um­ständen ich meine letzten Monate und Tage verbringen werde, aber ich bin voll des Vertrauens, dass ich das gut behütet und gut umsorgt werde machen können. Dafür müssen wir sorgen, nämlich dass genügend Pflegepersonen zur Verfügung stehen. Das betrifft nicht nur die pflegenden Angehörigen, die Unterstützung brauchen, son­dern auch professionelles Pflegepersonal. Darauf muss unser Fokus gerichtet sein. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Menschen, die zu Hause alt werden möchten, das auch unter guten Bedingungen können. Ich habe oft das Gefühl, dass es nicht hörbar und sichtbar genug ist, was das Pflegepersonal leistet – es leistet wirklich großartige Arbeit und dafür sei ihm an dieser Stelle gedankt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Schieder.)

All diese Dinge, die wir jetzt im Bereich der Gesundheit angepackt haben, kosten Geld, ja. Leistungsharmonisierung kostet Geld, all diese neuen Dinge, die wir einführen wol­len, kosten Geld, aber dieses Geld gewinnen wir durch die Strukturreform. Dafür ste­hen wir, das haben wir versprochen und dieses Versprechen werden wir halten. – Dan­ke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schie­der. – Bitte.


10.09.31

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute über die soziale Sicherheit in unserem Land und somit reden wir auch über Demokratie, denn eine starke Demokratie braucht auch soziale Sicherheit, braucht so etwas wie eine soziale Demokratie.

Freiheit und soziale Sicherheit hängen ganz eng zusammen, und zwar nicht nur in der Frage, wie es in einem Land zugeht, wenn die soziale Sicherheit zerstört wird, sondern die soziale Sicherheit gibt erst die Möglichkeit, überhaupt Freiheit so zu leben, wie man möchte, und an der Demokratie – nicht nur an Wahlen, sondern an der Demokratie im umfassenden Sinne, nämlich durch Teilhabe an der Gesellschaft – teilzunehmen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wir erleben sehr oft im Alltag, dass ein Unterschied zwischen recht haben und recht bekommen ist. Und genau für die vielen Fälle – die kleinen Fälle, die mittleren Fälle, aber auch die großen Fälle – im Arbeitsleben, in denen MitarbeiterInnen nicht das be­kommen, was ihnen eigentlich zusteht, in denen MitarbeiterInnen nicht das bekommen, was ihnen am Anfang versprochen worden ist, in denen der Arbeitgeber vielleicht ver­gessen hat, sie anzumelden, oder gesagt hat: Machen wir die Hälfte einfach schwarz, bar auf die Hand!, aber der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin das gar nicht gewollt hat, genau für die Leute, die oft gar nicht wissen, wie sie zu ihrem Recht kommen, weil der Zugang zum Rechtssystem über einen Rechtsanwalt auch nicht einer ist, den sich je-


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der so leicht wahrzunehmen traut, genau dafür gibt es die Betriebsräte, die darauf schauen, dass es im Unternehmen nicht schiefläuft, dafür gibt es die Interessenvertre­tungen, die Arbeiterkammer und den Österreichischen Gewerkschaftsbund, die darauf schauen, dass die kleinen Leute auch zu ihrem Recht kommen, dass in unserer Ge­sellschaft jeder, der recht hat, auch die Chance hat, recht zu bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite ist aber auch: Die soziale Sicherheit in unserer Gesellschaft ist unter Druck, und Sie, Frau Ministerin, sind eine derer, die diesen Druck auf die soziale Si­cherheit erzeugen. Sie sind Teil dieser Regierung von Schwarz und Blau, die scheib­chenweise die soziale Sicherheit in unserem Land aushöhlt und zerstört. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Falsch!)

Schauen wir uns nur an: Der Jugendvertrauensrat soll abgeschafft werden. Die AMS-Mittel wurden gekürzt, damit es keine Programme mehr für Langzeitarbeitslose gibt. Die AUVA soll ausgehöhlt und finanziell ausgehungert werden. Die Krankenkassen werden nicht nur zusammengelegt, sondern es wird die Leistung gekürzt, die dahinter steckt, und die Leute bekommen für ihre Krankenkassenbeiträge in Zukunft nicht mehr die Leistung, die sie heute bekommen. Die Notstandshilfe soll abgeschafft werden. (Beifall bei der SPÖ.) Der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche wurden hinter­rücks hier durch das Haus durchgepeitscht (Abg. Gudenus: Hinterrücks?!), so arg, dass selbst der schwarze Arbeiterkammerpräsident in Tirol, Herr Zangerl, jetzt eine Be­schwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht hat. – Das ist Arbeitnehmer­vertretung, wie sie sein soll: überparteilich, aber immer für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Frage, die sich viele Menschen in unserem Land stellen, ist: Was kommt noch? Was ist mit dem Urlaub? Was ist mit den Überstunden­zuschlägen? Was ist mit der Durchrechnungszeit? (Zwischenruf des Abg. Höbart.) Welche Anschläge auf die soziale Sicherheit planen Sie noch? – Rücken Sie heraus mit der Wahrheit, damit die Menschen sich auskennen, was Sie mit diesem Land vor­haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Also wir rücken mit der Wahrheit dann heraus, wenn Sie, Herr Abgeordneter, die Wahrheit sagen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Rosenkranz! Damit das nicht passiert, was in Ihren Köpfen schon geplant ist, braucht es einen starken ÖGB, und Wolfgang Katzian ist der Präsident dieses starken ÖGB, Wolfgang Katzian ist das Sprachrohr dieses starken ÖGB. Er hat hier im Haus zehn Jahre lang für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gearbeitet – dafür herzlichen Dank, lieber Wolfgang –, er war hier im Haus immer ein Arbeitnehmervertreter. Herzlichen Dank, Wolfgang, und alles Gute! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt schwierige Fragen zu klären. Die Lohnverhandlungen stehen an, die Arbeitneh­mer haben ein Recht, einen fairen Anteil vom Wirtschaftsaufschwung zu bekommen; 5 Prozent stehen im Raum. Der Kampf um die sechste Urlaubswoche, der Kampf für eine Arbeitszeitverkürzung statt einer Arbeitszeitverlängerung, so wie Sie es gemacht haben, muss ausgetragen werden, und dafür brauchen wir eine starke Gewerkschaft. (Abg. Höbart: Das kann nur ein Berufspolitiker daherträllern!)

Ich sage Ihnen eines zum Schluss, und es ist ganz, ganz wichtig, das in die Ge­schichtsbücher unserer Republik hineinzuschreiben: Starke Gewerkschaften bedeuten auch eine starke Demokratie, und dafür stehen und kämpfen wir! (Beifall bei der SPÖ.)

10.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belako­witsch. – Bitte.



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10.15.00

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Nach Arbeitnehmervertreter Schieder, der jetzt wahrscheinlich seine Abschiedsrede ge­halten hat, kommen wir zurück zum Thema: Es geht um die soziale Sicherheit in unse­rem Land. Kollege Katzian hat sich heute in der Früh hierher ans Rednerpult gestellt und sich darüber ausgelassen, wie schlecht nicht alles sei, es komme zum Sozialab­bau, es sei alles ganz, ganz furchtbar, und er hat dann so geschlossen, dass er sich jetzt zurückziehe. – Also wenn es so furchtbar ist, Herr Kollege Katzian, ist es dann – diese Frage stellt man sich – nicht umso notwendiger oder wäre es dann nicht umso notwendiger, hier eine starke Arbeitnehmervertretung zu haben? Offensichtlich nicht und offensichtlich ist an dem, was Sie gesagt haben, eigentlich nicht viel Wahres dran (Abg. Höbart: Gar nichts Wahres dran!), wie man ja auch an der Reaktion der SPÖ sieht: Sie sitzen hier alle verschlafen, selbst bei den Rednern der eigenen Fraktion sind halbe Bankreihen leer. Es interessiert Sie in Wahrheit selber nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ.) Sie leben auch irgendwo als Partei wie der Kaiser ohne Kleider, Sie schiffen hier herum, wissen nicht mehr genau, sind Sie jetzt noch für Marx oder ist es doch nur mehr der Murks, den Sie hier vertreten können. Sie haben hier überhaupt nichts mehr abgegeben, überhaupt kein Bild mehr.

Gerade die Sozialdemokratie, gerade ihr, meine Damen und Herren, legt immer so viel Wert auf eure Traditionen, ihr bejubelt die Jahre 1848, 1918, 1934. – Damals haben Sozialdemokraten für ihre Ideen ihr Leben gelassen. Und was macht ihr heute? – Ihr sitzt hier in euren Bankreihen, ihr traut euch nicht einmal parteiintern irgendeinen Wi­derstand zu leisten, gar nichts mehr. Ihr seid in Wahrheit tot, und das wisst ihr und ge­nau das spiegelt sich auch hier wider! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das Einzige, das euch noch verbindet, ist jetzt der Phantomschmerz, von der Macht weg zu sein. Das ist etwas, was sich noch wie ein roter Faden durch die Sozial­demokratie zieht, aber sonst überhaupt nichts mehr.

Aber jetzt einmal zu den sogenannten Sozialabbaumaßnahmen, die ich überhaupt nicht finden kann.

Kollege Katzian, in deiner Rede heute hast du gesagt, vor 100 Jahren wurde der 8-Stun­den-Tag eingeführt. – Ja, stimmt, und er ist immer noch gesetzliche Regelung. Es hat sich nichts geändert. Auch wenn man es noch hundert Mal wiederholt: Es hat sich nichts geändert! (Zwischenrufe des Abg. Vogl sowie Gegenrufe des Abg. Lausch.) Die Leute können freiwillig länger arbeiten, ja, diese Möglichkeit ist angepasst an eine neue moderne Arbeitszeit, diese Änderung ist vollzogen, hat aber mit Sozialabbau nichts zu tun. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Dem AMS stehen für das Jahr 2019 1,25 Milliarden Euro zur Verfügung. Das sind um 150 Millionen Euro weniger – bei einer Arbeitslosigkeit von über 100 000 Arbeitslosen weniger. Das AMS hat weniger Ausgaben, aber ihr tut immer so, als würde alles einze­mentiert werden. Der Aufwand für Arbeitslosengeld ist geringer, die Abgaben an PVA, an die Krankenkassen gehen zurück. Das macht weit mehr als 150 Millionen Euro aus, die das AMS weniger an Ausgaben, an Fixkosten hat. Das heißt, für den einzelnen Ar­beitslosen steht weit mehr als in den letzten Jahren zur Verfügung. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Was sollen diese komischen Rechnereien, die ihr hier macht?

Ich meine, die Anpassung für unsere Senioren, die Pensionserhöhung, ist eine deutlich höhere als in den letzten Jahren beispielsweise. Die Sozialversicherungsreform, die jetzt irgendwie als ein ganz schreckliches, furchtbares Gesetz verteufelt wird, habt ihr nicht zustande gebracht, entweder weil ihr es nicht konntet oder weil ihr es nicht woll­tet. Ich vermute Zweiteres, denn die Einzigen, die jetzt natürlich Probleme haben wer­den, sind die vielen Generaldirektoren, Funktionärinnen und Funktionäre da und dort,


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die eingespart werden. Natürlich werden die eingespart, die braucht es nicht mehr im 21. Jahrhundert. Und das ist euer Problem: Ihr klebt nach wie vor im 20. Jahrhundert fest. Ihr glaubt, mit Rezepten der Sechziger- und Siebzigerjahre könnt ihr das 21. Jahr­hundert noch steuern. – Das funktioniert nicht! Es braucht einen modernen, schlanken Staat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Eines ist schon auch klar: Ja, eine Reform ist nicht zwingend mit Masseneinsparungen zu verbinden, eine Reform ist auch dazu da, den Staat gerecht zu machen, schlank zu machen, lenkbar zu machen. Und wenn wir schon zurückkommen auf die Sozialversi­cherungsreform: Selbstverständlich gibt es dort Einsparungen, aber dass sich die na­türlich nicht gleich am 1. Jänner 2019 zu Buche schlagen, das versteht sogar jeder Volksschüler, nur in der SPÖ will man es offensichtlich nicht verstehen, weil man ja nicht irgendetwas für gut befinden kann, es muss alles schlecht und böse sein.

Aber, und jetzt komme ich zum Aber: Wenn ihr meint, es kommt einem Sozialabbau gleich, dass wir jetzt die Lehre für Asylwerber abgeschafft haben, dann muss ich sa­gen: Ja, dazu stehen wir, denn dieses Experiment, das ihr hier geführt habt, dieses ideo­logische Experiment, das einzig und allein dazu gedient hat, dass wir über die Hintertür das Asyl aufmachen, wird es dank dieser Bundesregierung nicht mehr geben. – Vielen herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der FPÖ.)

Es war auch schon höchst an der Zeit, denn der Missbrauch, der damit getrieben wor­den ist, war himmelschreiend. Das ist genau das Problem. Wenn das alles als reine In­tegrationsmaßnahme gedacht ist, dann möchte ich Sie darauf hinweisen, wir sprechen von Asylwerbern. Für diese brauchen wir keine Integrationsmaßnahmen zu setzen, denn sie haben überhaupt noch nichts verdient. Erst dann, wenn sie einen Asylstatus haben, dann dürfen sie jedenfalls den Arbeitsmarkt in Österreich bestücken. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schell­horn. – Bitte.


10.20.29

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Lieber Wolfgang Katzian, uns verbindet ja ideologisch nicht sehr viel, aber ich habe dich in großartiger Erinnerung, als 2015 dieses Krisenjahr war und du im Plenum zu mir gekommen bist und gefragt hast: Wo kann ich dir helfen? – Das zeigt, welch großes Herz du hast. Wir können hier nicht mehr miteinander diskutieren, du wirst uns hier herinnen fehlen. Ich danke dir für deine Arbeit. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn es um faire Arbeitswelten geht, muss ich dir schon entgegenhalten: Es gibt von unternehmerischer Seite her bei einem Fachkräftemangel von 162 000 Fachkräften – für 162 000 Arbeitsplätze fehlen die Fachkräfte – nichts Dringenderes, als dass die Un­ternehmerschaft faire Arbeitswelten schaffen will. Das Problem ist nur, dass selbst in der rot-schwarzen Regierung Finanzminister Schelling gesagt hat: „Die Sozialpartner­schaft ist tot. Sie weiß es nur noch nicht.“ – Das, glaube ich, ist auch eines der Kern­probleme: Die Sozialpartnerschaft ist im 20. Jahrhundert stecken geblieben. Die So­zialpartnerschaft ist bei den Arbeitswelten im 20. Jahrhundert stecken geblieben. Die Regierung ist auch bei der Gewerbeordnung stecken geblieben – da meine ich jetzt vor allem die Wirtschaftskammer und die ÖVP.

Das sind Themen, um die wir uns kümmern müssen. Wenn Harald-Hans-Dampf-in-al­len-Gassen Mahrer jetzt draufkommt, dass wir einen Fachkräftemangel haben, dann muss ich mich fragen: Wo war der jetzige Wirtschaftskammerpräsident, Präsident der Oesterreichischen Nationalbank und was sonst noch alles in den vergangenen vier Jah­ren?


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Wir haben immer darauf hingewiesen, dass dieser Fachkräftemangel dazu führen wird, dass der Druck auf jene, die einen Job haben, dort, wo an den Arbeitsplätzen Kollegen fehlen, weil dieser Platz frei ist, größer werden wird, dass der Druck auf diese arbei­tenden Menschen größer werden wird.

Wo liegt nun das Problem? – Das Problem liegt bei den 162 000, die fehlen. Es muss auch mehr Fairness garantiert sein, mehr Fairness für jene, die bereits in Österreich beschäftigt sind, nämlich in der Bildung. Es ist nicht zumutbar, dass sich heute 14-Jäh­rige entscheiden müssen, welchen Weg sie gehen. Bei 99,9 Prozent der 14-Jährigen entscheiden die Eltern, dass sie die Oberstufe besuchen sollen. Wir brauchen hier neue Angebote, wir müssen auch Talente blühen lassen. Ich glaube, dass es früh ge­nug ist, diese Talente bei einem 17-Jährigen in der Entscheidungsfindung zu suchen. Wir müssen hier Angebote schaffen.

Was wir aber vordringlich machen müssen - - Jetzt ist der Herr Wöginger nicht im Saal. (Rufe bei der ÖVP: Da ist er!) – Wo ist er denn? Da drüben redet er. – Es ist nämlich so, wenn sich die Regierung einmischt und vielleicht auch noch die Oesterreichische Nationalbank einmischt, dass höhere Lohnabschlüsse getroffen werden sollen, dann könnte diese Regierung eines machen, wenn sie will, dass die Mitarbeiter und Mitarbei­terinnen höhere Löhne bekommen, netto mehr von weniger Brutto bekommen: Sie können heute noch die kalte Progression abschaffen. Das ist ein vordringliches Ziel. (Beifall bei den NEOS.)

Bei jeder Lohnerhöhung ist es jetzt so – auch dann, wenn Sie selbst von plus 5 Prozent reden –, dass von diesen 5 Prozent der Lohnerhöhung nur 40 Prozent beim Mitarbeiter ankommen, aber 60 Prozent beim Staat. Schaffen Sie diese kalte Progression ab! Ga­rantieren Sie, dass diese 5 Prozent Erhöhung auch zu 100 Prozent bei den Mitarbei­tern ankommen! Dann ist etwas geschafft, und zwar dass die Mitarbeiter netto mehr von weniger Brutto haben. Das ist ein Ziel, das wir anstreben sollten.

Wenn es dann auch um faire Arbeitswelten geht, so möchte ich noch einmal daran er­innern: Unter der Kern-Regierung war es so, dass man die Personenfreizügigkeit, vor allem von der SPÖ-Seite, europaweit einschränken wollte. Das ist genauso nicht fair, was Sie hier machen, wenn Sie im europäischen Kontext sprechen. Wenn es darum geht, faire Arbeitswelten zu schaffen, müssen Sie das vordringlichste Ziel haben, dass Sie in der Bildung, in der Ausbildung, aber auch in der Beseitigung des Fachkräfteman­gels sehr viel tun. Das müssen nicht nur die Sozialpartner, das muss auch diese Re­gierung machen. Darum ist es das höchste Gebot, den Fachkräftemangel zu besiegen, um faire Arbeitswelten zu garantieren. (Beifall bei den NEOS.)

10.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf recht herzlich die Schülerinnen und Schüler des Stiftsgymnasiums Wilhering auf unserer Galerie begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


10.25.57

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (PILZ): Herr Präsident! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Zunächst danke ich Kollegen Katzian für das Thema dieser Aktuellen Stunde, wenngleich ihm hier offen­sichtlich ein gravierender Fehler unterlaufen ist. Ich zitiere: „Faire Arbeitswelt und so­ziale Sicherheit für alle!“ – Faire Arbeitswelt – okay, soziale Sicherheit – auch okay, aber: für alle? Alle sollen davon profitieren und niemand ausgeschlossen werden? Nicht die Langzeitarbeitslosen, nicht die Alten, nicht Menschen mit Migrationshinter­grund, nicht gering Qualifizierte oder prekär Beschäftigte oder einfach jene 50 Prozent der Bevölkerung, die nach einer aktuellen Umfrage nicht mit ihrem Einkommen das


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Auskommen finden, ja nicht einmal alleinerziehende Mütter und Väter und ihre Kinder, wenn wir an die fehlende Unterhaltssicherung denken? Einfach alle sollen faire Bedin­gungen im Job vorfinden, auf eine starke Solidargemeinschaft zählen können, die im Falle des Falles füreinander einsteht und es ermöglicht, dass man wieder neu durch­starten kann?

Lieber Kollege Katzian! Wenn alle profitieren, dann wird doch niemand diskriminiert! Wenn ich hier ins Plenum schaue, dann ist niemand zu diskriminieren? Seien wir uns ehrlich: Das ist doch heute nicht mehr mehrheitsfähig.

Die aktuelle Regierung zeigt es ja vor, wie man durch das Ausspielen einer Gruppe ge­gen die andere ganz gut durchkommt. (Abg. Lausch: Sagen Sie dazu, wie Sie das al­les finanzieren wollen!) Aber, lieber Kollege Katzian, vielleicht teilen wir beide einfach einen anderen Zugang zur Politik, einen, in dem es uns tatsächlich darum geht, für alle Menschen in diesem Land Verbesserungen zu erreichen und Dinge vorwärtszubringen, und zwar nicht auf Kosten der einen oder der anderen Gruppe, sondern tatsächlich für alle Menschen, das wäre doch schön!

Aber auch, wenn ich hier im Hohen Haus im Moment keine Chance sehe, eine solche Politik mehrheitsfähig zu machen, glaube ich fest daran, dass sie das sehr wohl drau­ßen bei den Leuten ist. Darin bestärken mich sogar Signale aus den Apparaten der Re­gierungsparteien. Wenn man sich nämlich die Anträge ansieht, die regelmäßig bei den Arbeiterkammer-Vollversammlungen beschlossen werden, so merkt man dort an der Basis bei den Menschen, die tagtäglich ihre Arbeit leisten, die aus der realen Arbeits­welt kommen, keine gravierenden Unterschiede zwischen den unterschiedlichsten Fraktionen. Es gibt die besten und klügsten Forderungen von den verschiedensten Fraktionen, die allesamt gemeinsam bei den Arbeiterkammer-Vollversammlungen be­schlossen werden.

Leider werden diese Beschlüsse dann von der hohen Politik nicht umgesetzt. Vielleicht werden die Funktionäre der eigenen Fraktion einfach leichter wieder bei der Stange ge­halten, unter Druck gebracht, damit sie dann doch nicht einen Aufstand machen, wenn einfach wieder nichts weitergeht. Aber ich sage Ihnen, ich werde das nicht zulassen. Ich werde nicht zulassen, dass wir diese wertvollen Initiativen weiterhin überhören, dass diese wertvollen Initiativen weiterhin in diesem Hohen Haus überhört werden und werde deshalb heute eine Reihe von Anträgen einbringen, deren Diskussion meines Er­achtens sehr wichtig ist.

Vielleicht ein kleiner Auszug auch für die Regierungsfraktionen: Die Sicherstellung ar­beitsrechtlichen Schutzes für freiwillige Einsatzkräfte möchte der ÖAAB, die Fraktion Christlicher Gewerkschafter in Kärnten, erreichen. Eine zeitgemäße Anerkennung von Berufskrankheiten fordern die Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen in der Steiermark. Kostenfreie Berufsreifeprüfungen für LehrabsolventInnen sind der FSG Steiermark ein Anliegen. Mit dem Antrag – jetzt kommt es! – auf Schutz des Eigentums von Arbeitssuchenden erteilen der ÖAAB, Kollege Wöginger, und die Fraktion Christli­cher Gewerkschafter in der Steiermark den türkisen Hartz-IV-Plänen eine klare Absa­ge. Hier auch an den Kollegen Klinger gerichtet: Das können Sie dann in Ihrer Arbeit be­rücksichtigen.

Das sind übrigens alles dieselben Personen, die mit Blick auf den 12-Stunden-Tag han­deln. Wir haben es heute schon gehört, Ihr schwarzer Arbeiterkammerpräsident in Tirol hat Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingebracht, weil diese Arbeitszeit­regelung auf der einen Seite der EU-Arbeitszeitrichtlinie und auf der anderen Seite der Grundrechtecharta widerspricht. Und genau diese Menschen sind es auch, Ihre eige­nen Gewerkschafter, die einen verbesserten Zugang zur Schwerarbeiterpension for­dern, weil sie Angst haben, von dieser Regierung über den Tisch gezogen zu werden.


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Ich werde deshalb nicht zulassen, dass der Inhalt dieser Anträge weiterhin überhört wird. Ich werde diese heute einbringen und freue mich auch schon auf die gemeinsa­me Diskussion mit Ihnen im Ausschuss. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Es geht darum, existierende Probleme zu lösen und keine frommen Wünsche über Ge­haltsabschlüsse auszurichten, die in den Wind geblasen werden – von Kurz und Stra­che ausgerichtet. Es geht darum, keine Wünsche zu äußern, sondern dann tatsächlich zuzustimmen, wenn hier gute Anträge vorliegen.

Wünsche sollen erlaubt sein, ein Wunsch auch von mir zum Abschluss: Ich würde mir wünschen, dass insbesondere die Abgeordneten des ÖAAB – das ist hier auch an Kol­legen Wöginger gerichtet – in den Reihen dieser Koalition so viel Rückgrat haben, mit uns gemeinsam diese berechtigten Anträge ihrer eigenen Parteifreunde auch entspre­chend umzusetzen. Dann ist es nämlich möglich, ...


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (fortsetzend): ... einen ersten Schritt – ja, Schlusssatz – hin zu einer fairen Arbeitswelt für alle umzusetzen. – Danke sehr. (Beifall bei der Liste Pilz.)

10.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Dönmez. – Bitte. (Die Abgeordneten der SPÖ verlassen den Saal. – Rufe bei der FPÖ: Mahlzeit!)


10.31.44

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen! Für mich steht es außer Frage, dass es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gut gehen muss, aber auch den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Das ist eine Partnerschaft, die nur gut funktionieren kann, wenn beide kooperieren und zusammenarbeiten.

An dieser Stelle möchte ich auch eines anmerken: Die Politik und Politiker haben in diesem Land noch nie Arbeitsplätze geschaffen. Das, was sie machen, und das, was sie machen können, ist, dass die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass so viele Menschen wie möglich Arbeitsplätze finden und dass auch die Arbeitgeber je­ne Menschen bekommen, die sie brauchen. Meine Vorredner haben schon viele As­pekte, viele richtige Aspekte angeführt, wie denn das vonstattengehen könnte. Daher sollten wir weg von diesen ideologischen Links-rechts-Diskussionen kommen, Arbeiter­kammer und Gewerkschaft gegen Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer, das bringt die Arbeitnehmer keinen Millimeter weiter.

Ich habe mir in Vorbereitung auf diese Rede Inserate in unterschiedlichen Zeitungen genauer angeschaut, und zwar den Wohnungsmarkt betreffend. Da habe ich mir drei Wohnungen herausgesucht. Eine Wohnung in der Größe von 51 Quadratmetern mit zwei Zimmern in Wien kostet 749 Euro Miete. Eine 75-Quadratmeter-Wohnung, zwei Zimmer, kostet 859 Euro im Monat, eine 100-Quadratmeter-Wohnung mit vier Zimmern kostet 1 298 Euro.

Dann habe ich mir noch andere Inserate angeschaut, Stellenangebote betreffend. Da habe ich zum Beispiel einen Taxilenker als Vollzeitjob herausgesucht: 1 235 Euro brut­to im Monat, Nettoverdienst 1 048 Euro. Ein Heimhelfer in Wien als Vollzeitjob: 1 816 Eu­ro brutto, 1 395 Euro netto. Ein Hardwareentwickler: 2 798 Euro brutto, Nettoverdienst 1 907 Euro. Ein Bauarbeiter, nämlich ein Polier, verdient brutto 3 314 Euro im Monat, netto auf die Hand 2 173 Euro.


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Jetzt habe ich folgende Rechnung angestellt: Der Taxilenker, der alleinstehend ist und 1 048 Euro netto verdient, muss 749 Euro für die Miete bezahlen; es bleiben ihm noch knappe 300 Euro zum Leben. Da ist aber noch keine Versicherung dabei, kein Essen, keine Kleidung, was auch immer.

Beispiel zwei: Der Hardwareentwickler ist geschieden, hat ein Kind, zehn Jahre alt, muss Unterhalt zahlen in der Höhe von 503 Euro, Miete von 859 Euro für eine Zwei­zimmerwohnung, hat Kosten für ein Auto, damit er in die Arbeit kommt. Ihm bleiben 1 035 Euro zum Leben. Da ist das Essen noch nicht dabei, die Kleidung noch nicht da­bei, und so weiter.

Als drittes Beispiel habe ich den Polier hergenommen. Er hat zwei Kinder mit zehn und 14 Jahren, ist verheiratet, seine Frau geht Teilzeit arbeiten. Er verdient 2 173 Euro net­to, Familienbeihilfe 283 Euro. Seine Frau, die halbtags arbeiten geht, verdient 800 Eu­ro. Dieser Familie bleiben 1 357 Euro zum Leben. Da ist noch nicht gegessen worden, da ist noch nicht Kleidung gekauft worden, da wurden noch keine Ausgaben für die Schule getätigt.

Das sind harte Lebensbedingungen, das ist die Lebensrealität, in der Tausende, Millio­nen von Österreicherinnen und Österreichern stecken. Darum sollten wir hier im Hohen Haus damit aufhören, uns ideologisch, sei es rechts oder links, gegenseitig Freundlich­keiten auszurichten oder uns gegenseitig zu blockieren, denn es gibt gute Vorschläge und Ideen von allen Seiten. Es sollte um die beste Idee, um die Problemlösung und nicht um das parteipolitische Hickhack gehen, denn davon haben die Menschen in die­sem Land, glaube ich, wirklich die Nase voll. Das löst vor allem auch kein einziges Pro­blem, insbesondere auch nicht für jene, die in der Arbeitswelt stehen, und das löst auch kein Problem im Alter, wenn es um die Pensionen geht. 20 Prozent – und da überwiegend Frauen – sind von Altersarmut betroffen. Wenn man zwei Jahre Teilzeit gearbeitet hat, dann reduziert das die Durchschnittspension noch einmal um 1,7 bis 2,1 Prozent.

Wir müssen die Diskussionen so führen, dass wir zwar über die Pensionen reden, aber dabei den Arbeitsmarkt nicht ausblenden. Das alles ist eine Symbiose, das hängt zu­sammen. Daher ist es wichtig, dass wir hier die Diskussionen offen und ehrlich führen und den Blick darauf nicht vergessen, worum es geht: Es geht um die Menschen in die­sem Land. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte ist geschlossen, da sich niemand mehr zu Wort gemeldet hat. (Die Abgeord­neten der SPÖ betreten wieder den Saal.)

10.37.18Aktuelle Europastunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Effektiver EU-Außengrenzschutz als Fundament eines geordneten Asylwesens“

Folgende Mitglieder des Europäischen Parlaments wurden für die Teilnahme an der Aktuellen Europastunde nominiert: für die SPÖ Evelyn Regner und für die FPÖ Harald Vilimsky.

Ich darf die Abgeordneten zum Europäischen Parlament, so sie schon hier sind oder vielleicht noch kommen werden, eingeladen sind sie - - (Ruf bei der FPÖ: Vielleicht auch nicht!) – Ein Teil noch nicht. Dann begrüße ich sie später.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rosenkranz. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.



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10.38.07

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fern­sehschirmen! Es ist schön, eine Aktuelle Europastunde hier abzuhalten, auch unter Be­teiligung von Mitgliedern des Europäischen Parlaments – einer fehlt mir momentan, nämlich der zukünftige EU-Spitzenkandidat der Sozialdemokratie in Österreich. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Herrn Kern interessiert die Europapolitik bereits genauso wie die Innenpolitik in den letzten Monaten, egal, in welcher Funktion.

Nicht erst im Jahr 2015, schon lange davor, war Österreich bereits eine Wunschdesti­nation für alle, die „Asyl“ gerufen haben. Lange Verfahrensdauer, bereits damals die Vermischung und Vermengung von Asyl nach der Genfer Flüchtlingskonvention und il­legaler Wirtschaftsmigration, Stichwort zum Beispiel auch Klimaflüchtlinge, dann die Auswüchse der Scheinehe, der Scheinadoption bis hin zu dem, wo viele schon sagen, dass es so etwas gibt wie eine Scheintaufe beziehungsweise Fälle von Scheinhomose­xualität, all das, verbunden mit Geschäftsmodellen, ob das illegal ist wie die Schlep­perei oder legal im Bereich der Beratung, der Unterkunftgebung – man spricht da von der Asylindustrie –, all das hat es bereits vor 2015, bereits lange davor gegeben.

2015 wurde jedoch den Menschen in Österreich dramatisch vor Augen geführt, was eine österreichische Staatsgrenze wert ist: keine Kontrolle mehr in Österreich. Wir wussten nicht, wer kommt, wer hier ist. Die Pflicht zur Kontrolle, was sich im Territo­rium des Staates abspielt, ist eine Kernaufgabe des Staates. Da fällt es schon auf, dass es politische Kräfte gibt, die offensichtlich nicht wollen, dass dieser Grenzschutz gesichert ist, ja, die sogar etwas lächerlich machen wollen, was Innenminister Kickl und Verteidigungsminister Kunasek gemacht haben, nämlich einen effizienten Grenzschutz mit einer eigenen Grenzschutzeinheit, nämlich Puma, sicherzustellen. Da hat man sich sogar wegen der Form des Tieres auf dem Abzeichen lustig gemacht.

Ich kann meinen Landsleuten hier in Österreich nur sagen: Beim Grenzschutz ist wich­tig, dass er da ist, wenn man ihn braucht – und diese Bundesregierung mit diesen bei­den Ministern stellt sicher, dass dieser Grenzschutz funktioniert, wenn man ihn braucht! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Staat Österreich muss wissen, wer hier ist, wer kommt, und auch entscheiden, wer bleibt. Dazu braucht es klare rechtliche Rahmenbedingungen und ein rechtsstaatliches Verfahren bis zur Anrufung von Höchstgerichten.

Österreich ist aber natürlich eingebettet in die Europäische Union, nicht nur organisa­torisch, strukturell und wirtschaftlich, sondern auch geografisch. Daher kommt dem Schutz von Außengrenzen, geregelt auch im Abkommen von Schengen, besondere Bedeutung zu. – Übrigens: Ungarn war in der Folge der Flüchtlingskrise 2015 das erste und einzige Land, das den rechtmäßigen Zustand der Sicherung der Schengengrenze und damit europäischen Außengrenze tatsächlich hergestellt hat. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Wöginger und Obernosterer.)

Dafür gebührt unser Dank, unsere Anerkennung und Unterstützung – und nicht das An-den-Pranger-Stellen des Staates Ungarn für diese wichtigen Taten und Dinge, die zum Besten von uns allen sind.

Weil es eben nicht nur um den Grund des Asyls für verfolgte Menschen, sondern ge­nauso um die Verhinderung von illegaler Zuwanderung aus wirtschaftlichen Gründen geht, genau deshalb ist der Schutz der europäischen Außengrenzen so wichtig. Öster­reich, diese Bundesregierung, hat auf europäischer Ebene erreicht, dass auch diesbe­züglich endlich ein Umdenken erfolgt, und zwar insofern, als es zur Stärkung von Fron­tex, personell und finanziell, kommt. Auf den Routen, auf den Schlepperrouten muss verhindert werden, dass es Tote im Mittelmeer gibt, nämlich einerseits durch wirksa-


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men Schutz der Außengrenze bei uns und auf der anderen Seite durch gezielte Maß­nahmen in den Herkunftsstaaten und den Kontinenten, in denen sich diese Wirtschafts­migranten in Bewegung setzen.

Die Europäische Union ist auf österreichischem Kurs, und das ist gut so!

In weiterer Folge muss aber speziell meine Partei, die Freiheitliche Partei, auch be­obachten, was sich bei der Regelung der Migration international tut, und da gerät zu­nehmend der sogenannte Migrationspakt der UNO in unseren Blickwinkel. Damit sollen in der Generalversammlung der UNO Regeln verabschiedet werden, durch die auf dem gesamten Erdball die Regeln für die Migration neu aufgestellt werden. Vordergründig heißt es: ohne rechtliche Verbindlichkeit für die Mitgliedstaaten selbst. Dem Text ist zu entnehmen: Es gibt Ziele, es gibt Pflichten, es gibt schon ab nächstem Jahr vielleicht Kontrollen dafür. Das klingt doch etwas eigenartig für etwas, das unter Umständen gar nicht rechtsverbindlich ist!

Wir haben überdies die Erfahrung gemacht, dass aus all diesen Deklarationen – ein sehr freundlicher Name – etwas entstehen kann wie europäisches Völkergewohnheits­recht, und dann kommt eben ein europäisches Höchstgericht wie der Europäische Ge­richtshof für Menschenrechte, der dann sagt: So, es ist Völkergewohnheitsrecht, und daher wird Österreich verpflichtet!

An dieser Stelle kann ich nur eines betonen: Zuwanderung nach Österreich, also wer wann warum nach Österreich kommt, wird auch in Zukunft ausschließlich Österreich selbst bestimmen! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Wöginger und Amon.)

Genauso wie Österreich auch allein bestimmt, wer Österreich zu verlassen hat, wenn zum Beispiel österreichische Gesetze gebrochen werden. Das lassen wir uns nicht nehmen! Daher wird diese Bundesregierung auch danach trachten, dass Österreich in dieser Frage seine Souveränität nicht abhandenkommen wird.

Was wir wollen, ist ganz klar: Die Europäische Union muss – das ist vertraglicher Stan­dard und das ist auch der Grund für diese Verpflichtung – die europäischen Außen­grenzen sichern. Das erwarten die Menschen in Europa von uns, und wir erwarten es auch von den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, weil es eine vertrag­liche Verpflichtung ist. Auch wir in Österreich werden alles dazu tun, damit Frontex ent­sprechend aufgerüstet wird, damit man diesem Auftrag auch nachkommen kann.

Wir werden auch danach trachten, dass Österreich die volle Souveränität im Fremden­recht, im Asylrecht behalten wird. Wir werden uns nicht von einer internationalen Staa­tengemeinschaft overrulen lassen. Das behalten wir in unserer eigenen Hand (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP), genauso wie auch gewährleistet sein muss und wird, dass ausschließlich wir Österreicherinnen und Österreicher bestimmen werden, wie und mit welcher Mehrheit der Gesetzgeber in dieser Demokratie, das Par­lament, zusammengesetzt wird. Das sind unsere ureigensten Interessen, die wir verfol­gen werden, und dazu ist diese Bundesregierung auch absolut gewillt und in der Lage.

Sozialromantik hat in dieser Welt keinen Platz. Was wir nicht wollen, ist der Verlust der Identität unserer Staaten durch eine unkoordinierte Zuwanderungspolitik, die manchen vielleicht gefallen wird, aber letztlich wird es so sein, dass Wählerinnen und Wähler da­rüber entscheiden, welche Politik in Österreich gemacht wird.

Wir machen für unsere Landsleute das Angebot, dafür zu sorgen, dass Österreich in diesen Fragen souverän bleibt, und ich darf daher weiterhin um die Unterstützung der Österreicherinnen und Österreicher auf diesem Weg ersuchen. Ich glaube, bei einer Partei, von der Abgeordnete gerade vorhin aus dem einen oder anderen Grund den Saal verlassen haben, hinausgegangen sind, ist es nicht sonderlich aufgefallen, dass weniger hier anwesend waren, weil ihre Beiträge ohnehin eher dazu dienen, die Re-


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publik zu verunsichern, als in Österreich Sicherheit zu schaffen – was für die Sicher­heitsparteien in dieser Bundesregierung aber an vorderster Stelle steht. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich der Bundesminister für Inneres Herbert Kickl. – Bitte.


10.47.58

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Hohes Haus! Ich bin sehr froh über diese europapolitische Stunde, weil ich glaube, dass die gesamte Migrations- und Asylfrage in Wahrheit eine Schick­salsfrage der Europäischen Union und darüber hinaus auch von ganz Europa ist. Die richtige Antwort auf diese Frage ist der Schlüssel dazu, dass wir in Zukunft ein Leben in Sicherheit führen können, in Freiheit, in einer Demokratie, unter Aufrechterhaltung der Grundwerte, die auch Ihnen so wichtig sind wie mir (Ruf bei der SPÖ: Vor allem für die Zeitungen!), und dass es ein Leben in Wohlstand für unsere Kinder und für die kommenden Generationen gibt. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Dieser Schlüs­sel sperrt viele Schlösser! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Obernosterer.)

Weil es heute angesprochen wurde, fange ich gleich am Beginn an: Das Thema Gren­zen wurde angesprochen. Ich werde als Innenminister in ein paar Wochen – wieder ein­mal, sage ich dazu – einen Brief an die Europäische Kommission abschicken. Ich wer­de in diesem Brief an die Europäische Kommission ankündigen, dass Österreich wei­terhin die Notwendigkeit sieht, seine eigenen Grenzen nach eigenem Ermessen zu kontrollieren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Ich schreibe das deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wir in diesen Grenzkontrollen einen unverzichtbaren Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit der öster­reichischen Bevölkerung sehen, weil wir darin einen Beitrag zum Schutz gegen die Bedrohung durch die illegale Migration, zum Schutz gegen das Schlepperunwesen und die organisierte Kriminalität, die damit im Zusammenhang steht, sehen – und nur Träu­mer können glauben, dass wir in all diesen Fragen über den Berg sind. Natürlich geht es dabei auch um den Schutz der österreichischen Bevölkerung gegen die Infiltration von terroristischen und extremistischen Elementen, IS-Rückkehrern, diejenigen, die glauben, ihren sogenannten Heiligen Krieg auf europäischen Boden oder gar nach Ös­terreich tragen zu können. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Taschner.)

Ich habe natürlich schon mitbekommen und gehört, dass das nicht alle freut (Abg. Scherak: Die kritischen Medien!), hier im Haus – es gab schon die ersten Anmerkun­gen in Form von Zwischenrufen –, aber natürlich auch in Brüssel. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass mich das relativ wenig beeindruckt. Das, was mich wirklich beeindruckt, ist das Schutzbedürfnis der österreichischen Bevölkerung – und dem komme ich nach, und das erfülle ich! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf Ihnen auch sagen, dass Österreich dabei in guter Gesellschaft ist, da werden viele andere Länder mitziehen. Ich darf Ihnen sagen, dass ich das auch deshalb so handhabe, weil mir niemand meine mir verfassungsmäßig aufgetragene Verantwortung für die innere Sicherheit in diesem Land abnehmen kann, auch nicht die Kommission der Europäischen Union. Ich werde auch deshalb so vorgehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wir in dieser Frage kein Bittsteller sind, sondern weil wir uns auf unser gutes Recht berufen, und dieses gute Recht ist im Artikel 3 des EU-Vertra­ges festgelegt. Ganz eindeutig heißt es dort, dass der Wegfall der Grenzkontrollen im Inneren an Voraussetzungen gebunden ist, und diese Voraussetzungen sind unter an­derem ein funktionierender Außengrenzschutz und geordnete Maßnahmen im Asylbe­reich. Das ist interessant, denn dieses Papier hat schon einige Jahre auf dem Buckel,


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aber es zeigt, dass es hier schon eine Kombination zwischen diesen beiden Faktoren gibt: Außengrenzschutz und geordnete Maßnahmen im Asylwesen. Dass wir von ei­nem Zustand der Ordnung in diesem Bereich meilenweit oder Lichtjahre entfernt sind, das wird, glaube ich, jeder zugestehen, der mit offenen Augen durch diese Welt geht.

Ich bin aber ein Optimist, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil uns mit dem Antritt dieser neuen Bundesregierung und mit der freiheitlichen Übernahme des Innen­ressorts vieles gelungen ist. Es wird jetzt Dampf gemacht in diesem ganz, ganz wich­tigen Bereich der Asyl- und Migrationsfragen, und zwar sowohl auf europäischer Ebene als auch im Inneren der Republik Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sind hier Vorreiter, wir sind hier Impulsgeber, wir sind hier Motor einer ganz, ganz neuen Entwicklung in eine Richtung, die sich die Bevölkerung längst erwartet. Das ist das, was ich immer als Paradigmenwechsel in der Asylpolitik bezeichne: nach innen hin nichts anderes als eine restriktive Asylpolitik, bei der wir die Anreize kappen, die Verfahren beschleunigen und Schluss machen mit einer Einstellung – insbesondere von Links propagiert –, die man zusammenfassen könnte mit „Asyl à la carte“ – das wird es mit uns nicht geben! –, und nach außen hin und auf der Ebene der Europäi­schen Union ein Ende, ein Wegkommen von einer Debatte rund um den Begriff der So­lidarität, bei der Solidarität im Wesentlichen nur mit der Frage der zwangsweisen Ver­teilung von Asylwerbern quer über den Kontinent gleichgesetzt wurde. Dafür wurde in Kauf genommen, dass es zu Entwicklungen kommt, die ich als unerfreulich im Zusam­menspiel der europäischen Völkerfamilie bezeichnen möchte. Das ist der Holzweg, auf dem die Europäische Union unterwegs ist, und deshalb ist es notwendig, diesen Para­digmenwechsel herbeizuführen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Solidarität braucht es nicht dort, wo es um die zwangsweise Verteilung von Menschen geht – die im Übrigen gar nicht zwangsweise verteilt werden wollen, weil sie ihre Wunschdestinationen ohnehin haben, sodass wir damit jedes Mal in das Problem der Sekundärmigration mit allen negativen Konsequenzen kommen –, sondern Solidarität braucht es dort, wo es um den Außengrenzschutz geht. Das ist der Dreh- und Angel­punkt einer entsprechend verantwortungsbewussten Asylpolitik, und ich glaube, dass das die Bevölkerung genauso sieht.

Schutz der Außengrenzen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein Ge­samtpaket. Das bedeutet ein wirksames Kontrollsystem, um sehr rasch herauszufin­den, wer wirklich unseren Schutz verdient, das bedeutet aber auch ein restriktives Ab­haltesystem und ein konsequentes Rückführungssystem für diejenigen, die keinen An­spruch auf Schutz haben. Ich sage Ihnen, das ist die einzige Möglichkeit, mit der es uns gelingen wird, das inhumanste aller Asylsysteme zu beenden – und das inhu­manste aller Asylsysteme ist jenes, das wir jetzt haben. Wir nennen es das Tausen­dersystem, und zwar deshalb, weil Tausende Menschen sich auf den Weg machen aus Gebieten, die Tausende Kilometer von uns entfernt sind, dafür Tausende Dollar oder Euro an Schlepperbanden und die organisierte Kriminalität zahlen und zu Tausenden ihr Leben in der Sahara oder im Mittelmeer lassen. Das ist die Unmenschlichkeit – und nicht das, was wir auf europäischer Ebene vorantreiben wollen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Staats- und Regierungschefs haben uns hier klare Vorgaben gemacht: starker Au­ßengrenzschutz, Ende der Pull-Faktoren und eine Zerschlagung des Geschäftsmodells der Schlepperei – und daran halten wir uns. Wir haben auch einen Beitrag dazu ge­leistet, dass es so weit gekommen ist. Und jetzt freue ich mich darüber, dass es auch ein Umdenken in den Köpfen der Europäischen Kommission gibt. Das, was die Men­schen schon lange in ihren Herzen und in ihren Köpfen haben, kommt jetzt auch bei den Eliten der Europäischen Union an, und das ist gut so. Es ist ein Unterschied wie


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Tag und Nacht zwischen dem, was jetzt gedacht wird, und dem, was vorher war. Da gehören Dinge dazu wie Frontex stärken – das wurde schon genannt –, eine europäi­sche Asylagentur mit einem verstärkten Auftrag, wobei es darum geht, die Kontrolle an den Außengrenzen schon entsprechend zu verbessern, dazu gehört aber auch die Rückführungsrichtlinie, die jetzt vorliegt, weil darin auch notwendige Verschärfungen festgeschrieben sind, im Zusammenhang etwa mit Mitwirkungspflichten im gesamten Asylverfahren und in der Frage des etwaigen In-Schubhaft-Nehmens, zu dem es in Zu­kunft leichtere Zugänge geben wird, schlicht und ergreifend deshalb, um Rechtsstaat­lichkeit durchzusetzen.

Aber ein Punkt ist dabei ganz, ganz wichtig (Zwischenruf des Abg. Jarolim): Es geht bei all den Maßnahmen darum, dass es keinen Eingriff in die staatlichen Souveränitäts- und Hoheitsrechte gibt. Das ist der entscheidende Punkt. Und deswegen bin ich Walter Rosenkranz auch sehr, sehr dankbar, weil er gesagt hat, wir müssen ein bissl vorsich­tig sein dort, wo durch internationale Verpflichtungen und neue Verträge, sei es direkt oder durch die Hintertür, wieder ein Angriff auf unsere Souveränität und Entschei­dungsfreiheit und damit auf unsere Freiheit vonstattengeht.

Wir haben uns jetzt sehr darum bemüht, Asyl und Zuwanderung auseinanderzuhalten, und ich werde keine Entwicklung unterstützen, die dazu beiträgt, die Dinge, die nicht zusammengehören, wieder miteinander zu vermanschen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Außengrenzschutz bedeutet auch Ausschiffungsplattformen. An dem Begriff hängt es nicht, es hängt an der Verantwortung, die diese Staaten, wo man sich einschifft, dann auch dafür haben, dass man die Leute, die man aus dem Meer holt, wiederum zu­rücknimmt – das steckt hinter dem Begriff der Ausschiffungsplattform –, und dieser Verantwortung können sich diese Staaten nicht entziehen. Wir müssen es nur richtig anlegen: keine europäischen Institutionen, sondern Unterstützung für diese Staaten – so, wie wir auch am Balkan Unterstützung geleistet haben und jetzt zu einem Punkt ge­kommen sind, wo die einzelnen Staaten merken, dass es auch für sie eine Entlastung gibt, wenn sie selbst einen effektiven Außengrenzschutz betreiben. Das ist wichtig.

Die zweite Komponente sind die sogenannten kontrollierten Einrichtungen an den Au­ßengrenzen der EU für diejenigen, die es zu uns schaffen – mit raschen Entschei­dungen und mit einer konsequenten Rückführung derer, die keinen Anspruch auf Asyl haben, entweder in ihr Herkunftsland oder in einen entsprechenden Drittstaat. In diese Richtung muss es als nächsten Schritt gehen, und ich bin ehrlich gesagt einigermaßen enttäuscht, dass der EU-Kommissar, der für diese Fragen zuständig ist, nach zweiein­halb Monaten die Flinte ins Korn geworfen und gesagt hat, wir finden keinen afrikani­schen Staat, der uns das macht. Ich hätte mir anstatt dieses Freispruchs aus der Ver­antwortung, dieses Entlassens aus der Verantwortung erwartet, dass man das gesam­te Gewicht der Europäischen Union dort hineinlegt, um diese Dinge entsprechend um­zusetzen. Das ist unsere Stoßrichtung! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Jarolim: ... des Herrn Bösch! ..., der Herr Bösch und der Herr Rosenkranz!)

Aber insgesamt, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das ist ein wesentli­cher Punkt –, ist auch das nur ein Zwischenschritt, und ich werde nicht müde, es zu be­tonen, damit wir wissen, wohin die Reise gehen muss: Wir werden das Problem der il­legalen Migration und des Asylmissbrauchs nur dann lösen, wenn wir insgesamt zu ei­nem System kommen, wo man nur noch als Nachbar der Europäischen Union oder als jemand, zwischen dem und der Europäischen Union nicht ein sicheres Land liegt, über­haupt einen Antrag auf dem Boden der Europäischen Union stellen kann. Es muss Schluss gemacht werden mit einem System, wo Abertausende Menschen Länder durchqueren, in denen sie nicht verfolgt werden – wo es zwar wirtschaftlich nicht so an­genehm ist wie in der Europäischen Union, aber wo der Schutz allemal gegeben ist –,


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um dann auf dem Boden der Europäischen Union um Asyl anzusuchen. Das ist der Weg in die falsche Richtung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn wir den Paradigmenwechsel haben wollen, dann müssen wir konsequent bis zum Ende gehen.

Das, was ich sage, ist nicht unmenschlich, es ist vernünftig und es ist eine Rückfüh­rung von Asyl auf das, was es in Wahrheit ist, meine sehr geehrten Damen und Her­ren.

Wenn man glaubt, die gigantische Problematik der Migration insgesamt in Kombination mit der Bevölkerungsentwicklung und mit den Krisenherden auf dieser Welt – politi­scher Art, militärischer Art – dadurch in den Griff zu bekommen, dass man Menschen nach Europa holt und hier verteilt, dann ist man aus meiner Sicht in einer verantwor­tungsvollen Position an der falschen Stelle. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich die Besucher aus der Kopernikusschule Freigericht, ebenfalls in der Bundes­republik Deutschland gelegen, recht herzlich auf unserer Galerie begrüßen. (Allgemei­ner Beifall.)

Die nachfolgenden Debattenredner haben gemäß der Geschäftsordnung eine Redezeit von 5 Minuten.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. – Bitte.


11.00.41

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! (Ruf bei der SPÖ: Der Amon hat nicht ge­klatscht! – Abg. Jarolim: Der Amon hat als Erster nicht geklatscht, das habe ich dir hoch angerechnet!) Kollege (in Richtung Abg. Jarolim) Vilimsky, kannst du vielleicht Mag. Kern noch herbeiholen lassen? Wir würden die Europadebatte gerne mit ihm füh­ren. (Rufe bei der SPÖ: Vilimsky?) – Jarolim! Verzeihung, es tut mir leid!

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Europastunde, die sich mit der Frage des effektiven Außen­grenzschutzes als Fundament eines geordneten Asylwesens beschäftigt, ist, glaube ich, gut gewählt, denn in der Tat ist da nicht zuletzt auch mit den Initiativen, die es ge­rade in den letzten Wochen und Monaten gegeben hat, ja einiges in Bewegung gekom­men.

Erstens muss man sagen, dass die Migrationsbewegung, die wir ab den Jah­ren 2016/17 erlebt haben, mit vorangegangenen Flüchtlings- und Migrationsbewegun­gen nicht vergleichbar ist; sie ist nicht vergleichbar mit den Entwicklungen des Prager Frühlings, nicht vergleichbar mit der Ungarnkrise, nicht vergleichbar mit dem Jugosla­wienkrieg und auch nicht mit dem Fall der Berliner Mauer und der Aufnahme vieler Ost­deutscher, die Österreich durchquert haben, die durchtransportiert worden sind. (Präsi­dentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Fest steht, Österreich hat in jeder dieser Phasen Flüchtlingen immer geholfen, und das ist, denke ich, international auch durchaus anerkannt worden. Österreich hat auch im Jahr 2015 – es würde zu weit führen, jetzt auf die Ursachen einzugehen – unglaubliche Hilfestellungen gegeben, sie kamen auch von vielen Einsatzorganisationen, aber es war eine völlig ungeordnete Situation. Diese ungeordnete Situation hatte natürlich auch mit der Uneinigkeit innerhalb der letzten Bundesregierung in dieser Frage zu tun, und,


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meine Damen und Herren, so etwas darf nie mehr passieren! So etwas darf nie mehr geschehen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es wurde auf unglaubliche Art und Weise sichtbar, dass das an sich und ursprünglich wahrscheinlich gut gemeinte Dublinsystem nicht funktioniert, es wurden die Unzuläng­lichkeiten der ursprünglich guten Idee des Schengenvertrags, für den wir geworben ha­ben, sichtbar. Seine Freiheiten, die innerhalb Europas sichergestellt werden sollen und sichergestellt werden müssen, können nur dann gelebt werden, wenn auf der anderen Seite die Europäische Union ihren Bürgerinnen und Bürgern im eigenen Territorium ei­nen entsprechenden Schutz sicherstellt. Deshalb ist auch die Schwäche des Schen­gensystems bedauerlicherweise so sichtbar geworden und deshalb ist es auch klar, dass wir bis zur Herstellung einer effektiven Außengrenze, eines Außengrenzschutzes für die Europäische Union, zumindest für den Schengenraum, Grenzkontrollen benöti­gen und brauchen, meine Damen und Herren. Es ist bedauerlich, aber es ist notwen­dig, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Fest steht aber auch, dass es, um diese Frage in den Griff zu bekommen, nicht we­niger europäische Lösungen, sondern mehr europäische Lösungen brauchen wird. All diesen Entwicklungen in Afrika, dem Bevölkerungswachstum – wir wissen, dass sich die Bevölkerung in Afrika in den nächsten 40 Jahren verdoppeln wird –, diesem Druck, der dort entsteht, aus welchen Gründen immer – Klimawandel und Ähnliches mehr –, wird man nur durch geeignete Maßnahmen vor Ort respektive durch andere Siche­rungsmaßnahmen, wenn man gesamteuropäische Lösungen zustande bringt, entge­gentreten können.

Deshalb ist es gut, dass der Europäische Rat im Juni eine Trendwende eingeleitet hat in Richtung Verstärkung des Außengrenzschutzes, dass er diese Maßnahmen in Salz­burg kürzlich konkretisiert hat und dass völlig klar ist, dass Frontex in seinem Mandat ausgeweitet wird. Es soll zu einer Einheit in der Größe von 10 000 Personen kommen, um den Außengrenzschutz zu garantieren, denn nur dann, wenn dieser Außengrenz­schutz funktioniert, wird es ein gemeinsames Asyl- und Migrationssystem geben kön­nen, das diesen Namen auch verdient.

Ordnung ist ein entscheidendes Prinzip in der Frage der klaren Abgrenzung zwischen Zuwanderung, Migration und dem so wichtigen und notwendigen Asylsystem, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.06.03

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Gale­rie! Herr Kickl, ich an Ihrer Stelle würde mir Sorgen machen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich habe das jetzt beobachtet: Die Volkspartei klatscht schon gar nicht mehr mit, und die FPÖ müssen wir auffordern, damit sie klatscht; also das ist wirklich ein bedenk­liches Zeichen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Das ist eine ...-Diskussion! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, rechtspopulistische Abschottung macht uns ärmer und spaltet die Gesellschaft. (Ruf bei der FPÖ: Gespaltet habt nur ihr!) Dadurch wird kein Problem gelöst, sondern es werden Menschen gegeneinander ausgespielt und der so­ziale Friede gefährdet. Sie wissen, dass das so ist! (Abg. Zanger: Sind das deine Er­fahrungen der letzten Woche?) – Sie wissen, dass das so ist, und Ihr Metternich’scher Versuch, jetzt sogar die Presse zu zensurieren, wird auch nicht helfen, das zu ver­tuschen, Herr Kickl, auf keinen Fall! (Beifall bei der SPÖ.)


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Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gibt es in dieser Diskussion drei Prinzipien. (Ruf bei der FPÖ: Gehen Sie auch nach Europa?) Das erste Prinzip ist: Flucht ist kein Verbrechen, geschätzte Damen und Herren! Es gibt Gründe, warum Menschen flüchten – persönliche, politische Verfolgung, Krieg, Naturkatastrophen, Hunger –, und erste Aufgabe von jedem, der überlegt, muss es doch sein (Abg. Rie­mer: Alle in die Obersteiermark!), diese Gründe zu verringern und zu beseitigen. Das heißt, wieder zurück zur aktiven Neutralitätspolitik mit unserer traditionell westlichen Ausrichtung und nicht das Anbiedern an zweifelhafte Gestalten dieser Weltgeschichte, geschätzte Damen und Herren! Das heißt auch, einen europäischen Entwicklungsplan entwerfen, das heißt auch, österreichische Entwicklungshilfe stärken und nicht kürzen, und das heißt auch, dass wir uns im Bereich Klimaschutz engagieren. Dieser Klima­wandel ist ja auch ein massiver Grund für Fluchtbewegungen, geschätzte Damen und Herren! – Das sind die Dinge, die einmal primär angegangen werden müssen, und man sollte sich nicht nur auf ein Thema versteifen, so wie Sie das machen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Das zweite Prinzip, geschätzte Damen und Herren, ist: Um Asyl anzusuchen ist gleich­falls kein Verbrechen (Ruf: Die Rede ist ... Thema verfehlt!), wie das manche glauben. Für die österreichische Sozialdemokratie steht in dieser Frage das uneingeschränkte Bekenntnis zur Genfer Flüchtlingskonvention im Zentrum, geschätzte Damen und Her­ren, und unsere humanitäre Verpflichtung, vor Terror, Gewalt und Krieg Flüchtenden zu helfen. Das ist im Zentrum unseres Handelns, geschätzte Damen und Herren, nicht nur Grenzen aufzubauen, wie Sie das möchten! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Aber – da vermisse ich Ihr Engagement als Bundesregierung komplett –, es geht auch darum, Ungerechtigkeiten und Schieflagen, die es in Europa gibt, zu beseitigen. We­nige Länder, darunter auch Österreich, bearbeiten die meisten Asylanträge in Europa, und es ist nicht hinzunehmen, dass sich andere Länder zu einer Art doppelten Mitglied­schaft entschieden haben: Wenn es etwas zu holen gibt, bin ich bei der EU dabei, wenn es darum geht, Solidarität zu leisten, verabschiede ich mich. – Diese Situation ist zu beenden, Herr Bundesminister! Es ist Ihre Aufgabe als Bundesregierung, auch dafür zu sorgen, dass in Europa wieder Solidarität in allen Bereichen herrscht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen, wenn Ihre Freunde, die Orbáns, die Kaczyńskis und Ähnliche, weiter diese Solidarität nicht leisten wollen, dann geht es auch darum, dass die österreichi­schen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auf Dauer ihre finanzielle Solidarität mit die­sen Ländern einstellen sollen, Herr Kickl. Es wäre einmal an der Zeit, auch darüber nachzudenken! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Es ist aber auch wichtig, dass wir in dieser ganzen Angelegenheit nicht vergessen, dass Österreich ein Rechtsstaat ist und dass Rechtsstaatlichkeit dort, wo es an ihr mangelt, immer zu bewahren, durchzusetzen und zu fördern ist. Deshalb: rasche Asyl­verfahren, viel mehr Geld für die Abwicklung dieser Verfahren, ein europäisches Quo­tensystem, ja, Kontrolle der Außengrenzen, aber auch Rückführungsabkommen. – Ich frage Sie: Wie viele Rückführungsabkommen haben Sie in Ihrer Zeit schon abge­schlossen? – Die Antwort ist einfach: kein einziges. Groß reden, aber nichts dahinter, Herr Kickl, das ist Ihre Politik. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Zadić und Zinggl.)

Und das dritte Prinzip: ja, Integration vor Zuzug. – Was ist darunter aber zu verstehen? Eine Migrationsstrategie für Österreich und für die Europäische Union zu entwickeln, an der der Bundeskanzler, der damals dafür zuständig war, schon da und bis heute ge­scheitert ist, aber auch dafür zu sorgen, dass nicht Sozialdumping in Österreich und europaweit diese Ungleichheit und diesen Disput weiter fördert. Da sind Sie geschei-


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tert, weil Sie es gar nicht ändern wollen, geschätzte Damen und Herren! Sie wollen die­se soziale Ungerechtigkeit weder in Österreich noch in Europa abschaffen, Sie wollen darauf noch beharren.

Rechtspopulismus macht uns ärmer und spaltet die Gesellschaft. Durch das, was Sie tun, wird kein einziges Problem gelöst, geschätzte Damen und Herren! Kein einziges Problem wird gelöst, und daran werden Sie am Ende scheitern. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit der Abgeordneten Gudenus und Kassegger.)

11.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt das Mitglied des Europäischen Par­laments Harald Vilimsky zu Wort. – Bitte.


11.11.41

Mitglied des Europäischen Parlaments Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Innenminister Herbert Kickl! Das war schon etwas putzig, möchte ich fast sagen, dass da ein Vertreter der Sozialdemokratie das Wort ergreift und all das einmahnt, was die Sozialisten die vergangenen zehn Jahre vergeigt und versiebt ha­ben. (Beifall bei der FPÖ.) Herr Leichtfried, es waren Sie und die Ihren, die diese sozialen Probleme erst verursacht haben. Es waren Sie, die nicht für einen Außengrenzschutz gesorgt haben, und es waren Sie und Ihr Bundeskanzler a. D., SPÖ-Parteichef a. D., designierter Spitzenkandidat in spe, die das hier vergeigt haben. Das muss man auch einmal in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen.

Ich danke jedenfalls meiner Fraktion, dass ich hier wieder die Gelegenheit erhalte, die Probleme Österreichs im Bereich Migration auch mit einer europäischen Sichtweise beleuchten zu dürfen: Wohin Sie in Europa schauen, finden Sie Chaos! Sie haben Chaos in Großbritannien, wo man – im Übrigen aufgrund der Migrationsproblematik – gesagt hat: Danke, liebe EU, wir gehen!, sodass in Großbritannien nicht einmal ein ge­ordnetes Ausstiegsszenario verhandelt werden kann, bis hin zu Frankreich, wo Sie die Situation haben, dass die Werte Macrons, gleichfalls Ihr geschätzter Partner, im Sink­flug begriffen sind. Vor diesem Hintergrund ist es erfreulich, dass in Österreich ein Bun­deskanzler Sebastian Kurz und ein Vizekanzler Heinz-Christian Strache nicht nur Sta­bilität über Österreich bringen, sondern diese in der Wählergunst sogar in einem Auf­wind sind.

Das ist gut so und darüber freue ich mich (Beifall bei FPÖ und ÖVP), und auch da­rüber, dass diese Bundesregierung offensichtlich Verantwortung zu übernehmen bereit ist, was (in Richtung SPÖ) bei Ihnen nicht der Fall war. Man kann ja auch nicht ver­schweigen, dass der Herr designierte Spitzenkandidat Christian Kern nach der Wahl bei uns auf der Matte gestanden ist und gesagt hat: Herr Strache, wäre es nicht viel­leicht doch möglich, dass Sie uns unterstützen? Wir wollen den Bundeskanzler hal­ten! – Na, mitnichten ist das der Fall, liebe Sozialdemokraten! Der Wähler hat gespro­chen und der Wähler hat zu Ihnen Nein gesagt, und das ist auch gut so. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Liebe Sozialdemokraten, wo war denn die Verantwortung Ihres Herrn Kern, der Sie wahrscheinlich auf ein Jahrzehnt aus der Bundesregierung hinausmanövriert hat? Wo war denn die Verantwortung des heute nicht anwesenden, weil er lieber bei einem So­zialistenkongress in Kanada ist, als hier bei einer Europadebatte das Wort zu ergreifen, Herrn Christian Kern? Wo war seine Verantwortung Ihrer Partei gegenüber, als er von einer Minute auf die nächste gesagt hat: Liebe SPÖ, danke, mir reicht es; ich hänge das Handtuch an den Halter!? Wo war die Verantwortung, als er gesagt hat: Ich will Spitzenkandidat der internationalen Sozialisten werden? – Auch da hat er am nächsten Tag gesagt: Na ja, eigentlich war das nicht so gemeint. Dann hat er gesagt, er will ei­gentlich gar kein Mandat haben, um am Tag darauf in einer Interviewanfrage zu sagen: Na ja, das Mandat hätte ich doch ganz gerne. (Abg. Yılmaz: Zur Sache!) Gut, dass die-


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ser Christian Kern, Ihr oberster Sozialdemokrat, nicht mehr in Verantwortung ist, und ich freue mich auf die Auseinandersetzung mit diesem Herrn bei der kommenden De­batte. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, Europa ändert sich – und Europa ändert sich zum Guten. Verfehlte Konzepte der Vergangenheit etwa werden jetzt verändert in einem Ausdruck einer neuen Achse, die sich zwischen dem italienischen Innenminister Matteo Salvini und dem österreichischen Innenminister Herbert Kickl manifestiert, weil immer mehr Staaten, immer mehr Menschen und Völker in Europa sagen, sie haben genug davon, dass auf diesem Kontinent Zehntausende, Hunderttausende, Millionen Menschen an­kommen.

Damit bin ich wieder bei Ihrem Spitzenkandidaten Kern: Was war denn im Jahr 2015, als er als ÖBB-Chef gesagt hat: Kein Problem! Wir transportieren sie nicht nur nach Österreich, sondern auch durch Österreich durch? – 300 000 Menschen haben die ÖBB ausgewiesen, über 600 Züge, über 1 300 Busse! 15 Millionen Euro hat es gekos­tet, 5 Millionen Euro hat die ÖBB in Rechnung gestellt. Das ist Ihre Politik, und genau diese Versäumnisse räumt jetzt die neue Bundesregierung Zug um Zug weg (Zwi­schenruf der Abg. Yılmaz), und das ist gut und das ist erfreulich so. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich finde es ja lieb, wenn ich (in Richtung SPÖ) da hinüber sehe – diese frustrierten Gesichter: der Herr Krainer, der in seinem ganzen Leben noch keinen positiven Vor­schlag gemacht hat, immer beißt, immer negativ ist, alles immer schlechtredet. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Rädler.) Und auch da: Wenn man versucht, eine Diskus­sion über die Zukunft Europas zu generieren, kommt nur Negatives. (Präsidentin Bu­res gibt das Glockenzeichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da wird hineingeschrien.

Ich komme zum Schluss, meine sehr geehrten Damen und Herren: Europa verändert sich – und Europa verändert sich zum Guten. Und es werden nicht (reihum zeigend) Sie, Sie, Sie und auch nicht ich sein, der die Antwort auf diese Frage gibt, es werden die Völker Europas sein, die eine klare Antwort geben werden. – Danke sehr. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Jarolim: ... So ein Aushängeschild Österreichs ... in Euro­pa! – Ruf: Jarolim, bitte!)

11.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Claudia Gamon zu Wort. – Bitte.


11.17.18

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ihre - - (Unruhe im Saal.) – Darf ich anfangen, Entschuldigung?! – „Effektiver EU-Au­ßengrenzschutz als Fundament eines geordneten Asylwesens“ ist der Titel Ihrer Euro­pastunde, werte FPÖ. Man könnte meinen, das ist die neue Balkanroute: ein Universal­zauberspruch, der ein komplexes Problem sofort lösen kann.

Früher hat der Bundeskanzler zumindest seine Wählerschaft noch ein bisschen ernster genommen, denn 2015 hat er noch gesagt, es braucht ein gemeinsames europäisches Asylwesen. Damals stand er auch noch für eine Erhöhung der Mittel für die Entwick­lungszusammenarbeit, für mehr Hilfe vor Ort in den Krisengebieten. Damals hat der Kanzler noch daran geglaubt, der Bevölkerung sei die Wahrheit zumutbar.

Die Wahrheit ist nämlich, dass das Problem wesentlich komplexer ist, als Sie es hier darstellen, und die Lösungen dafür natürlich auch. Funktionierender Außengrenzschutz ist sicher wichtig, aber was Sie hier machen, ist, die Bevölkerung für blöd zu verkaufen. Das, was Sie der Europäischen Union verschreiben, ist Globulipolitik, nicht mehr und nicht weniger, und es ist Ihnen natürlich auch, wie es manchmal mit Homöopathie so


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funktioniert, vollkommen egal – nein, es ist Ihnen sogar vollkommen recht, dass das Problem dadurch weiterbesteht, denn das ist Teil der ganzen Konstruktion: Hauptsa­che, Kleingeld schlagen mit dem Verkauf Ihrer Worthülsen.

Wir NEOS verlangen von Ihnen, dass Sie, die Bundesregierung, der Bundeskanzler und auch Sie als Innenminister, evidenzbasierte, aufrichtige Politik machen.

Ich möchte Ihnen heute eine spezielle Ehre zuteilwerden lassen: Ich möchte Sie und den Bundeskanzler für Das Goldene Brett vorm Kopf nominieren. Wer das nicht kennt: Das ist ein Negativpreis, der von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersu­chung von Parawissenschaften vergeben wird. Es werden natürlich einerseits lustige Verschwörungstheoretiker nominiert, aber auch Menschen, deren falsche Verspre­chungen eine Gefahr für andere darstellen. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Za­dić.) Der Preis wird anhand folgender Kriterien vergeben: Grad der Abwegigkeit, Kritik­resistenz, kommerzielles Interesse, Aktionsradius und Gefahrenpotenzial der falschen Versprechungen.

Wir nominieren Sebastian Kurz und auch den Innenminister mit folgender Begründung für Das Goldene Brett vorm Kopf. Erstens: Sie ignorieren die Notwendigkeit eines ge­meinsamen europäischen Asylsystems mit einem gemeinsamen Asylrecht, einheitli­chen Bestimmungen auch für Rückführungen, Sie haben keinen Finger gerührt für die versprochene Hilfe vor Ort. – Grad der Abwegigkeit, würde ich sagen: hoch.

Zweitens: Alle, die Europäische Kommission, die Europäische Stabilitätsinitiative, Ex­perten überall, sagen, dass auch der funktionierende Außengrenzschutz nur ein Teil von vielen Teilen einer funktionierenden Lösung sein kann. Der Außengrenzschutz ist kein Allheilmittel. – Kritikresistenz: hoch.

Drittens: Aus diesem Versuch, Ihr Publikum mit diesen immer wiederkehrenden Buzz­words zu sedieren, schlagen Sie täglich politisches Kleingeld. – Kommerzielles Interes­se: eindeutig gegeben.

Und viertens: Sie sind, der Bundeskanzler und auch Sie, Herr Innenminister, beide Re­gierungsmitglieder, deren Politik nicht nur Ihre eigene Wählerschaft, nicht nur die annä­hernd 9 Millionen Österreicherinnen und Österreicher betrifft, sondern auch die ganze Europäische Union, besonders in Zeiten des österreichischen Ratsvorsitzes – und Sie packeln mit den europäischen Rechten, Sie suchen Allianzpartner, die jeden Tag wirk­lich Fragwürdiges, wenn nicht vollkommen Verwerfliches aufs politische Tableau legen, deren erklärtes Ziel es sogar ist, die Europäische Union zu zerstören. Damit gefährdet Ihre Scheinpolitik alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und auch die BürgerInnen der Nachbarstaaten. Ich würde sagen, dass Aktionsradius und enormes Gefahrenpotenzial Ihrer falschen Versprechen somit auch gegeben sind.

Herr Bundeskanzler und Herr Innenminister, hier also Ihre Nominierung – ausnahms­weise wünsche ich Ihnen, dass Sie gewinnen. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordne­ten der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr.in Al­ma Zadić. – Bitte.


11.21.45

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr ge­ehrter Herr Innenminister! Vor allem: Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Das The­ma heute lautet „Effektiver EU-Außengrenzschutz als Fundament eines geordneten Asylwesens“. Das Thema wird durchaus kontrovers und auch sehr emotional diskutiert, aber das muss nicht sein. Ich glaube, wir alle sind uns einig: Wir brauchen eine Reform des Asylsystems, wir brauchen ein neues, geordnetes Asylsystem – und das kann durch-


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aus vernünftig, evidenzbasiert, basierend auf Fakten und basierend auf unseren euro­päischen Werten erfolgen.

Ich wünsche mir eine vernünftige und eine europäische Asyllösung, daher möchte ich hier auch durchaus positiv anerkennen, dass die FPÖ in der Aktuellen Europastunde das Thema des EU-Außengrenzschutzes gewählt hat. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ich freue mich, dass Sie davon abgegangen sind, Grenzen innerhalb Europas hochzu­ziehen, und ich freue mich, dass wir uns in Zukunft teure Grenzschutzübungen an der Grenze zwischen Österreich und Slowenien werden sparen können (Beifall bei der Lis­te Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ), denn dieses Geld und diese Kraft werden wir selbstverständlich für die EU-Außengrenzen brauchen.

Ein effektives Asylsystem erfordert aber weitaus mehr als nur einen Außengrenz­schutz. Sich nur auf den Grenzschutz zu fokussieren ist genauso wie den Kopf in den Sand zu stecken und zu glauben, dass man nicht gesehen wird. Das kann es daher nicht sein, wir brauchen mehr. Außengrenzschutz ist wichtig, aber er ist nicht das Fun­dament. Vielmehr sind es mehrere Säulen, die wir beachten müssen, die miteinander in einer Wechselwirkung stehen und dazu führen, dass wir eine gemeinsame europäi­sche Asylpolitik machen. Nur ein umfassender Ansatz kann dazu führen, dass wir eine holistische Antwort auf diese globale Herausforderung geben können, und dazu gehört es, dass wir endlich aufhören, Ursachen und Wirkung zu vermischen. Wir müssen uns anschauen, was denn zu Flucht und Migration führt. Wir müssen uns ganz genau an­schauen, was denn die Fluchtursachen sind und wie wir diese Fluchtursachen be­kämpfen.

Ich habe mir genau angeschaut, was Österreich macht, ich habe mir auch genau ange­schaut, wie wir Fluchtursachen bekämpfen und wo wir uns beteiligen. Schauen wir uns zum Beispiel den EU Emergency Trust Fund for Africa an: Das ist ein Fonds, der dazu beiträgt, dass Wirtschaftsentwicklung in afrikanischen Ländern gefördert wird. Dieser Fonds hat den Fokus auf Skills, auf Beschäftigung von Leuten in Afrika, auf Förderung von kleinen Betrieben. Es geht auch um die Sicherstellung der Ernährungssicherheit.

Dieser Fonds, meine Damen und Herren, braucht Geld. Österreich leistet lediglich 6 Millionen Euro, zahlt lediglich 6 Millionen Euro in diesen Fonds ein. Das klingt nach viel, das stimmt, aber wenn wir uns anschauen, wie viel andere Länder leisten, dann zeigt sich: Wir in Österreich bilden leider das Schlusslicht. Deutschland beteiligt sich mit 165 Millionen Euro an diesem Fonds. Man kann sagen, Deutschland ist groß, eine große Wirtschaftsmacht, die sollen das tun. Vor uns liegen aber auch andere Länder wie zum Beispiel Tschechien, Slowakei; ja sogar Ungarn hat erkannt, dass es wichtig ist, die Fluchtursachen zu bekämpfen, und dass es wichtig ist, zu investieren und Geld in die Hand zu nehmen, damit Menschen nicht flüchten müssen. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auch das World Food Programme oder die UNHCR haben in den letzten zwei Jahren aus Österreich 90 Prozent weniger bekommen als in den Jahren zuvor; daher bitte ich die Bundesregierung, auch Sie, Herr Innenminister: Reden Sie nicht nur, wie wir die Fluchtursachen bekämpfen müssen, sondern handeln Sie! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte noch einen Punkt erwähnen, der mir wirklich sehr wichtig ist; es geht um Fair Trade: Wir müssen von unserer Free-Trade-Handelspolitik wegkommen, hin zu ei­ner Fair-Trade-Handelspolitik. Unsere Handelspolitik muss endlich mit der Entwick­lungszusammenarbeit Hand in Hand gehen. Was passiert denn heutzutage? – Billige und hoch subventionierte Landwirtschaftsprodukte Europas landen auf afrikanischen Märkten. Das führt dazu, dass Menschen ihre Lebensgrundlage entzogen wird, und das ist nicht nur ein einfaches Blabla, das die linken Politiker sagen. (Präsidentin Bu­res gibt das Glockenzeichen.)


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Noch einen letzten Satz: Sehen wir uns ein konkretes Beispiel an, die Milchproduktion: Ein senegalesischer Bauer produziert 1 Liter Milch für 1 US-Dollar, und wir schicken Milchpulverexporte, drei Mal so viele wie in den letzten Jahren.


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen zum Schlusssatz kommen, bitte.


Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (fortsetzend): Dadurch kostet 1 Liter Milch in Se­negal 50 Cent. Das müssen wir ändern. – Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karl Nehammer. – Bitte.


11.27.38

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Gestatten Sie mir noch einen Hinweis, bevor ich zu meiner Re­de komme, eines ist für mich nämlich schon erstaunlich: Nach den Turbulenzen, die Kollege Kern in der Sozialdemokratie verursacht und dabei vor allem auch seine neue Liebe zur Europäischen Union entdeckt hat, finde ich es umso erstaunlicher, dass er dann bei der Aktuellen Europastunde nicht anwesend ist. Gott sei Dank gibt es aber engagierte Kollegen wie Leichtfried, der die Sozialdemokratie in ihren Positionen ver­tritt, während der Klub heute nach wie vor Kern-los ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Vogl.)

Frau Kollegin Zadić, ich glaube, es ist sehr wohl wichtig, dass der Außengrenzschutz eine wesentliche Säule betreffend das Thema Migration, Integration, Mechanismen Eu­ropas gegen unkontrollierte Zuwanderung ist. Ich glaube, der effiziente Außengrenz­schutz, für den unser Bundeskanzler und der Vizekanzler gemeinsam mit den Minis­tern kämpfen, kann eine wesentliche Maßnahme darstellen, um den solidarischen Zu­sammenhalt in unserer Gesellschaft, vor allem auch in Österreich, sicherzustellen.

Unkontrollierte Einwanderung führt dazu, dass es eine Verzerrung gibt. Ein Sozialstaat lebt davon, dass es ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einzahlern und den Men­schen, die Sozialleistungen brauchen, gibt. Illegale Migration gefährdet dieses System; sie gefährdet das System auch deshalb, weil der Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht von uns, der Republik Österreich, gesteuert wird, sondern indem Schlepper, die gewissenlos Menschenleben riskieren, um Geld zu verdienen, entscheiden, wer nach Europa, ja wer nach Österreich kommt. Deswegen ist es so wichtig, dass wir Frontex stärken, deswegen ist es so wichtig, dass es eine intensive europäische Zusammenar­beit gibt, dass es unter den Innenministern einen engen Austausch gibt, denn die Pro­bleme sind längst nicht überwunden.

Es gibt bereits jetzt 38 000 Anlandungen in Spanien, über 34 000 Anlandungen über die östliche Mittelmeerroute – das sind Zahlen, das sind Fakten, das sind Dimensio­nen, denen wir uns stellen müssen. Es hat keinen Sinn, meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade auch in der Sozialdemokratie, sich diesem Problem aus ideologi­schem Scheuklappendenken heraus zu verweigern.

Wenn man in das rot-grüne Wien schaut: Dort wurde über Jahrzehnte weggeschaut, dort wurde immer wieder diskutiert und kritisiert, wenn wir angefangen haben, uns dem Thema Integration zu widmen. Wir haben uns diesem Thema schon damals mit un­serem Staatssekretär für Integration Sebastian Kurz – später Außenminister und jetzt Bundeskanzler – gewidmet und haben gesagt: Wir haben ein Problem mit dem politi­schen Islam! Was war die erste Antwort des rot-grünen Wiens? – Nein, da gibt es kein Problem. (Ruf bei der SPÖ: So ein Blödsinn!)


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Es gibt keine Islamkindergärten!, war die Aussage des rot-grünen Wiens. Und plötzlich, nach Fakten, Fakten, Fakten und ewigen Appellen, ist es langsam gelungen, ein Pro­blembewusstsein herzustellen. Ich bin geradezu froh, dass es mit Bürgermeister Lud­wig und auch SPÖ-Landesgeschäftsführerin Novak Menschen in der SPÖ Wien gibt, die sich dem Thema jetzt zum ersten Mal überhaupt widmen – überhaupt widmen, noch keine Lösungen finden. Wenn ich an das Thema Schulen denke: Auch da wurde uns jahrelang gesagt, es gibt kein Problem in den Schulen. Da müssen Lehrerinnen, Lehrer, Direktoren raustreten und sagen: Schaut doch hin, wir haben den Kulturkampf im Klassenzimmer, wir haben das Gift des politischen Islams in den Klassenzimmern!

Ich appelliere an Sie, Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, wirken Sie auf Ihre Koa­litionspartner in Wien, auf die Grünen, ein und gehen Sie in sich, wenn Sie darüber nachdenken, welche gemeinsamen Maßnahmen wir tatsächlich setzen müssen, um gegen den politischen Islam zu kämpfen! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

Kollegin Zadić hat aber recht: Es kann nicht nur der Außengrenzschutz sein, deswegen beruft der Bundeskanzler gemeinsam mit der Bundesregierung jetzt während des Rats­vorsitzes den Afrikagipfel ein. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Der Afrikagipfel hat das Ziel, Investitionen vor Ort zu ermöglichen, um den Menschen dort Lösungen anzubieten, denn all das, was bisher getan worden ist, ist offensichtlich zu wenig, wie wir sehen, oder funktioniert nicht richtig; Frau Kollegin Zadić hat darauf hingewiesen. Da müssen wir genau ins Detail gehen, und wir müssen darauf achten, dass die Hilfe, die wir an­bieten, tatsächlich den Menschen zugutekommt, nicht irgendwelchen Potentaten oder kriminellen Machenschaften, und die Menschen dazu veranlasst, in ihren Heimatlän­dern zu bleiben. Das ist echte Hilfe vor Ort. Das ist die gemeinsame Aktion des Afri­kagipfels unter unserem Ratsvorsitz. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Gleichzeitig bitte ich Sie (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen): Führen wir den Kampf gegen den politischen Islam gemeinsam! Stimmen Sie dem Kopftuchverbot in den Kindergärten und in den Pflichtschulen, in der Volksschule, zu! Wirken Sie auf die rot geführten Bundesländer ein, die sich diesem Diskurs bisher verweigern, ihn verzer­ren und verlangsamen! Setzen wir den Kampf geschlossen fort! Es gibt noch immer Zwangsverstümmelungen von Frauen.


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt zum Schlusssatz kommen, Herr Abgeord­neter. (Ruf: ... Schlusssatz gewesen!)


Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (fortsetzend): Dann umso mehr, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen: Gehen Sie diesen gemeinsamen Weg mit uns! Führen wir den Kampf gegen den politischen Islam in den Klassenzimmern gemeinsam! Unterstüt­zen Sie diese Bundesregierung! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

11.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Angela Lueger. – Bitte.


11.33.40

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen! Werte Kol­legen! Werte Zuseher auf der Galerie! Ich finde eines schon spannend: Bei einer The­matik, bei dieser Aktuellen Europastunde (Ruf bei der ÖVP: ... Herr Kern nicht da ist!), die die Überschrift „Effektiver EU-Außengrenzschutz als Fundament eines geordneten Asylwesens“ trägt, landet Kollege Nehammer im Klassenzimmer. Wird jetzt Frontex im Klassenzimmer einlaufen? (Abg. Steger: ... zusammenhängen!) Ich meine, das ver­steht kein Mensch. (Beifall bei der SPÖ.)


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Nur ganz kurz einmal zu Frontex: Wie Sie alle hier wissen, wurde Frontex 2005 ge­schaffen, hat seinen Sitz in Warschau und ist damals gegründet worden, um „die opera­tiven Aktivitäten der EU-Mitgliedstaaten sowie der Schengen-Assoziierten Staaten [...] an den Land-, See- und Flughafen-Außengrenzen [...] zu koordinieren und zu unterstüt­zen“.

Wir wissen, dass es dann 2015 zur Flüchtlingskrise gekommen ist, und auch darauf hat man reagiert. Man hat die Rechtsgrundlage von Frontex überarbeitet, und es gibt eine andere Basis der Arbeit, die gemacht werden soll. Frontex wurde in Europäische Agen­tur für die Grenz- und Küstenwache umbenannt, und es gilt das Prinzip der geteilten Verantwortung. Geteilte Verantwortung bedeutet: Sicherung der Außengrenzen durch die Mitgliedstaaten – aufpassen: durch die Mitgliedstaaten. Andererseits hat Frontex den Auftrag, die Mitgliedstaaten durch ihr Know-how, durch ihre Ressourcen und durch ihre Analysen besser zu unterstützen. – Nichts von dem, was ich bisher heute hier ge­hört habe, passt mit dem Auftrag zusammen, den Frontex hat.

Was plant man jetzt? – Frontex gehört aufgestockt, Frontex soll auf 10 000 Personen aufgestockt werden, es soll ein Interventionsteam geben und es soll einen Sofortein­satzpool geben. Wenn ich dann heute höre, es gebe ja die Puma-Einsatzgruppe, die bei uns an der Grenze übt, sage ich: Diese Polizistinnen und Polizisten sind keine Ex­traeinheit, sie werden aus einzelnen Wachzimmern, aus einzelnen Polizeiinspektionen rekrutiert (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt!), und sie fehlen dort. Sie werden an die Gren­ze gebracht, machen dort ein Spektakel – mangels Flüchtlingen zieht man Polizeischü­ler heran –, um den Außengrenzschutz zu üben. (Abg. Riemer: Wir Südsteirer haben das anders gesehen!) Diese Menschen sind dort (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Riemer), fehlen dann aber in den einzelnen Polizeiinspektionen in den Städten, in den Gemeinden und in den einzelnen Dörfern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zanger. – Abg. Rosenkranz: ... SPÖ-Sicherheitssprecherin ..., das ist beschämend!)

Ich möchte in der Geschichte dann noch weitergehen: Das sind Menschen, die sich bei Puma freiwillig dazu - - (Abg. Rosenkranz: Beschämend! Sie wissen nicht einmal, was eine Übung ist!) – Das glaube ich schon, dass ich weiß, was eine Übung ist. (Zwi­schenruf des Abg. Lausch.) Die Puma-Abgeordneten sind zugeteilt. (Abg. Rosen­kranz: Die Puma-Abgeordneten?!) Und Sie wissen ganz genau, dass sich alle Polizis­tinnen und Polizisten, die sich für Frontex melden, freiwillig melden müssen. (Ruf bei der FPÖ: ..., danke!) Das ist die andere Geschichte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ro­senkranz: Bei Frontex ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt kommen wir zum Thema, dazu, was Sie uns hier verkaufen und was in Wirk­lichkeit abgelaufen ist: Beim ersten Besuch des Herrn Vizekanzlers und Sportministers Strache in Brüssel bezeichnete er Frontex als die größte Schlepperaktion, als „Schlep­peraktivität im modernen Sinn“, das sei „alles andere als ein Grenzschutz“. Das sind die Aussagen, die Vizekanzler Strache dort getroffen hat. Da kann ich mich nur bei EU-Delegationsleiter der ÖVP Othmar Karas bedanken, der dann sagte, das sei „inhalts­los“, ineffizient und stehe „im Widerspruch zur Politik der Bundesregierung“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Solange wir nicht darauf schauen, dass die Menschen vor Ort unterstützt werden, dass sie zu Hause bleiben können, dass wir für faire Handelsabkommen sorgen, dass es keine Billigentsorgung von sämtlichem Elek­trokrempel, den wir von Europa wegbringen müssen, in Afrika gibt, dass wir den Men­schen nicht die Lebensqualität rauben, indem wir europäische Fangflotten runterschi­cken, sodass der kleine Fischer dort seine Familie nicht ernähren kann, so lange wer­den sich die Menschen auf den Weg machen. Da macht es keinen Sinn, dass wir einen effektiven Außengrenzschutz haben – der wichtig ist, der gefördert gehört; aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. (Beifall bei der SPÖ.)


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Der zweite Teil der Wahrheit ist, dass wir auch dafür Sorge tragen müssen, dass die Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeitsgelder funktioniert (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), denn das wäre dann die Basis dafür, dass sich Menschen nicht auf den Weg machen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

11.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Mag. Jo­hann Gudenus. – Bitte.


11.39.06

Abgeordneter Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Innenminister! Wenn man sich die letzten Reden, vor allem seitens der SPÖ, angehört hat, so merkt man einerseits bei Frau Lugar (Rufe bei der SPÖ: Lueger!) – Lueger – ein paar Lichtblicke, die vorhanden sind, aber großteils eine Reali­tätsverweigerung, vor allem bei Herrn Leichtfried, der hier als Erstredner der SPÖ ge­sprochen hat. Daran sieht man auch, dass die SPÖ anscheinend nicht bereit ist, um­zudenken, und das in der größten Sinnkrise, die die SPÖ jemals hatte, in der größten politischen Sinn- und Ideologiekrise, in der sich die SPÖ jemals befunden hat.

Und warum befindet sich die SPÖ in dieser Krise? – Weil sie eben seit mindestens drei Jahren nichts anderes tut, als die Begriffe Zuwanderung und Asyl zu vermischen, die Türen offen gelassen hat, Menschen hereingelassen hat und im Endeffekt nicht dafür gesorgt hat, die Menschen, Frauen und Kinder im Land zu schützen. Deswegen die Sinnkrise der SPÖ, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und das zu Recht, und das zu Recht! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Leichtfried stellt sich heraus als Phrasendrescher, spricht von rechtspopulistischer Abschottung, die ärmer macht. Also ich weiß nicht, was ärmer macht: Machen Men­schen das Land ärmer, die eben die Probleme ansprechen, wie wir das tun, die FPÖ, oder macht eine Partei das Land ärmer, die die Grenzen offen gelassen hat, die Armut importiert hat und die in Wirklichkeit dafür gesorgt hat, dass die Zahl der Delikte, der Vergewaltigungen, der sexuellen Übergriffe in den letzten Jahren gestiegen ist? Diese Partei hat die Menschen hier im Land ärmer gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren, und niemand anderer! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn hier von einer Grenzschutzeinheit Puma gesprochen wird: Da gibt es einen be­herzten Innenminister, Herbert Kickl, der das Problem erkennt und zum ersten Mal sagt, wir müssen die Grenzen schützen im Hinblick auf die Routen, die hier genommen werden, um nach Österreich einzudringen – und es war eine Invasion, die hier stattge­funden hat! –, aber er kann in acht Monaten nicht das wettmachen, was Sie in den letz­ten zwölf bis 13 Jahren schlecht gemacht haben, meine sehr geehrten Damen und Her­ren der SPÖ. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber wir bemühen uns nicht nur, sondern versuchen, in der kurzen Zeit das Beste he­rauszuholen. Wir sorgen ja auch dafür, dass es mehr Polizei, mehr Planstellen geben wird, nämlich 4 200 Planstellen mehr. Auch dafür sorgen wir. Und der Herr Innenminis­ter sorgt dafür, dass mittlerweile schon 40 Prozent mehr Menschen abgeschoben wur­den als davor – ein Plus von 40 Prozent! Stellen wir uns vor, es gäbe einen roten Bun­deskanzler, da gäbe es 40 Prozent mehr illegale Zuwanderung! Aber damit haben wir Schluss gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist gut so, und da­für sorgen wir auch weiterhin. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ergebnis dieser Politik der SPÖ lässt sich ja sehen: Die Sinnkrise, von der ich ge­sprochen habe, eine explodierende Islamisierung, von der auch Kollege Nehammer zu Recht gesprochen hat, in den Schulklassen, in den Gemeindebauten, im öffentlichen Straßenbild, all das ist das Ergebnis des völligen Versagens der SPÖ in den letzten Jahren, mit den Helferleins, die nicht einsehen wollten, dass es das erste Ziel einer


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Bundesregierung sein muss, die Bevölkerung zu schützen und hier für Grenzschutz zu sorgen – aber natürlich auch für EU-Außengrenzschutz!

Wir haben ja letztes Jahr eine Wahl gehabt, die ganz klar ein Ergebnis hervorgebracht hat, nämlich dass hier zwei Parteien gestärkt wurden, die FPÖ und die ÖVP, die sich zu einem klaren Wahlprogramm verpflichtet haben, aber auch zu einem effektiven EU-Außengrenzschutz, der im Rahmen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes Schwer­punkt ist, wofür wir als Motto gewählt haben: Ein Europa, das schützt. Auch das ist ein Paradigmenwechsel, meine sehr geehrten Damen und Herren, den hätte es früher un­ter der SPÖ nie gegeben.

Wir sprechen die Probleme an, nennen die Probleme beim Namen und suchen nicht nur nach Vorschlägen und Lösungen, sondern setzen sie auch um, und das ist gut so, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ziel, auf das wir im Endeffekt hinarbeiten, ist eine Politik des EU-Außengrenz­schutzes, in der das Prinzip hochgehalten wird: no way. Es sollte keiner mehr illegal europäische Länder betreten dürfen, es sollte keiner mehr die Möglichkeit haben, ille­gal nach Österreich oder in ein anderes europäisches Land zu kommen, und es sollte auch unterbunden werden, dass Menschen im Mittelmeer das Leben lassen müssen, weil eine unmenschliche Zuwanderungspolitik sozialistischer Regierungen in Europa um sich gegriffen hat, mit der wir jetzt gemeinsam aufräumen werden. Dafür sorgen wir, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

11.43


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Dr.in Stephanie Krisper. – Bitte.


11.43.59

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Liebe Zuschauerinnen und Zuschau­er! „Effektiver EU-Außengrenzschutz als Fundament eines geordneten Asylwesens“ – ein sehr schlau angelegter Titel, denn: Wer soll gegen effektiven EU-Außengrenzschutz etwas sagen? – Niemand. Niemand sagt etwas dagegen.

Wir sind uns einig: Wir als NEOS haben das schon gefordert, Sie fordern das, die SPÖ hat das gefordert, und auch die Kommission hat bereits lange vor der Asylkrise ange­merkt, man brauche mindestens 8 000 zusätzliche Grenzbeamte. Wer war dagegen? – Die Mitgliedstaaten.

Die Zeiten haben sich geändert. Auf einmal ist der EU-Außengrenzschutz der letzte Schrei, und Sie gehen hier sogar so weit, ihn als Fundament eines geordneten Asyl­systems zu bezeichnen. EU-Außengrenzschutz ist wichtig, aber ein Fundament? Das Fundament eines geordneten Asylsystems müssen einheitliche Regeln auf europäi­scher Ebene sein. Das ist ein Fundament, und EU-Außengrenzschutz ist höchstens eine sehr nötige Maßnahme dafür.

Aber was brauchen wir genauso dringend? – Genau das, dem Sie, Herr Innenminister, heute und Sie, Herr Rosenkranz, wie auch unser Kanzler eine Absage erteilt haben: ei­ne gemeinsame europäische Asylbehörde, ein gemeinsames Verfahren, das schnell und effizient an der EU-Außengrenze Klarheit bringen kann. Gerade aber zu einer ge­meinsamen Asylbehörde, das heißt einer Kompetenzverschiebung von staatlicher Ebe­ne auf europäische Ebene in Sachen Asyl, dazu sagt die FPÖ in ihrer antieuropäischen Position Nein, und auch die ÖVP.

Sie, Herr Innenminister, sagen ja immer, wir entscheiden, wer Asyl erhält, nicht die EU. Sie haben aber heute auch wieder gesagt, auf europäischer Ebene geht leider nichts


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weiter. Aber warum? – Weil Sie gerade mit den destruktiven Kräften die Allianzen schmieden, seit Sie im Amt sind. Und die ÖVP sagt, die Frage spaltet Europa, da be­schäftigen wir uns jetzt nicht zu sehr damit. Das ist ungefähr so, als würde sich ein Vo­gel denken, das mit dem Fliegen ist total kompliziert, da stürze ich lieber ab.

Ist das Ihr Plan, Europa abstürzen zu lassen, nur weil es kompliziert wird? Wann set­zen Sie sich denn endlich für ein gemeinsames, ein geordnetes, wie Sie sagen, Asyl­system ein? Wann kommt das?

Wir wissen, dass Othmar Karas dafür ist. Wir wissen aber auch, dass es egal ist, wofür Othmar Karas ist, wenn die Kurz-ÖVP hier in Wien etwas anderes will.

Was braucht es noch? – Konsequente Rückführungen von Personen mit negativem Asylbescheid, ja. Was braucht es noch? Was tun wir jetzt, um die Fluchtursachen zu bekämpfen, wovon Kanzler Kurz immer wieder gesprochen hat? Was ist mit der Hilfe vor Ort? Wann realisieren Sie endlich, dass wir hier viel mehr Maßnahmen setzen müssen?

Wir NEOS haben bereits Vorschläge gemacht, wie Wirtschaftspartnerschaften, darun­ter die 1 000 Städtepartnerschaften zwischen europäischen und afrikanischen Städten, um unseren Nachbarn in nordafrikanischen Ländern und den Topherkunftsstaaten der hier ankommenden Migranten zur Seite zu stehen. Wir wollen Expertisentransfer, wir wollen eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit Afrika, wir wollen in die Bildungssysteme vor Ort investieren, Infrastruktur schaffen für Investments, damit nachhaltig Arbeitsplät­ze geschaffen werden können und Menschen eine Perspektive haben, um nicht zu mi­grieren oder nicht sekundär zu migrieren.

Wir nehmen mit Freude zur Kenntnis, dass dem Bundeskanzler unser Vorschlag so gut gefallen hat, dass er ihn sich für die „Sommergespräche“ ausgeborgt hat, aber ich frage mich: Wie nachhaltig, wie verantwortungsvoll setzt er hier wirklich Taten? Was machen Sie wirklich?

Und: Ja, wir brauchen auch einen besseren Außengrenzschutz, mehr Leute, ein erwei­tertes Frontex-Mandat, Abkommen mit Drittstaaten, damit Frontex auch dort bei Rück­führungen assistieren kann beziehungsweise sie selbst durchführt. Ohne Zweifel, wir NEOS fordern das schon seit Langem, wir sehen darin eine europäische Aufgabe und haben diese von Anfang an dort gesehen.

Sie hingegen sind immer erst für europäische Lösungen, wenn uns das Problem schon auf den Rücken gesprungen ist. Sie denken nicht sofort zukunftsorientiert, wenn es an­steht. Bisher bremsen Sie deswegen auch die Entstehung eines gemeinsamen Asyl­systems, das im Übrigen auch Österreich, das besonders viele Flüchtlinge aufgenom­men hat, entlasten würde. Das versteht doch draußen kein Mensch mehr.

Werden Sie aktiv, anstatt sich hier mit Demokratieabbau zu beschäftigen! Sie haben Aufgaben im Dienste der Demokratie zu erfüllen, und ehrliche Politik im Dienste der Bürgerinnen und Bürger schaut anders aus. Handeln Sie, sonst werden Sie der Wähler und die Wählerin für die Nichterfüllung Ihrer Aufgaben zur Rechenschaft ziehen! (Bei­fall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Liste Pilz.)

11.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Bru­no Rossmann. – Bitte.


11.49.18

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich ha­be Ihnen, Herr Minister, jetzt gut zugehört, ebenso Herrn Abgeordneten Vilimsky, der nicht einmal mehr anwesend ist; er hat sich offensichtlich schon wieder vertschüsst.


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Was ich da in der Migrationsfrage herausgehört habe und was ich schon seit vielen Monaten und Jahren heraushöre, ist eine Krisenrhetorik, eine Krisenrhetorik, die nichts anderes und nur ein Ziel verfolgt, nämlich eine Sündenpolitik zu betreiben, mit der Sie politisches Kleingeld in Österreich machen wollen. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Aber ich sage Ihnen eines, Herr Minister: Mit dieser Krisenrhetorik lässt sich die Frage der Migration nicht lösen. Und genau derselben Krisenrhetorik bedient sich auch Kanz­ler Kurz – und ist dabei in einem Boot mit den Rechtsaußen der Europäischen Union, mit Salvini, Orbán und anderen.

Die Migrationsfrage und das Migrationsmanagement in Europa lassen sich auch nicht mit der einseitigen Fokussierung auf den Schutz der Außengrenzen lösen. Das hat ein­mal mehr der jüngste europäische Gipfel gezeigt, bei dem Kanzler Kurz versucht hat, sehr einseitig auf den Schutz der Außengrenzen zu fokussieren, aber dieser Gipfel hat in dieser Hinsicht keinerlei Lösungen gebracht, ganz im Gegenteil. Es wurden andere wichtige Themen im Zusammenhang mit der Migration verdrängt, die dringend in den Vordergrund gerückt werden müssen, etwa Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Klimaschutz, denn das ist etwas, was langfristig eine sehr, sehr große Rolle im Zusam­menhang mit Migrationsfragen spielen wird.

Der Gipfel in Salzburg war also ein Flop, und was von diesem Gipfel übrig geblieben ist, waren eigentlich nur schöne Bilder aus der Felsenreitschule und von anderswo. Ich erinnere mich an die Bilder von einem Dinner in der Felsenreitschule: ein großer runder Tisch und in der Mitte ein „Loch, das weiß ausgeschlagen ist“. Johannes Voggenhuber hat in einem Eintrag gemeint: Um dieses große weiße Loch herum war einmal eine Idee. Welche Idee hat er gemeint? – Die Idee eines gemeinsamen Europas, die Idee eines Europas der Solidarität.

Ich will ja nicht sagen, dass der Außengrenzschutz nicht ein Thema ist, dem man sich widmen sollte, aber die Solidarität allein auf die Frage des Außengrenzschutzes zu fo­kussieren, Herr Minister, das wird nicht reichen. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Was wir im europäischen Management, im Migrationsmanagement brauchen, sind nachhaltige Lösungen, und nachhaltige Lösungen lassen sich mit dem Schutz der Au­ßengrenzen nicht erzielen. Was wir brauchen, ist ein gemeinsames Asylsystem, ist ei­ne Reform des Dublin-Verfahrens. Wir brauchen aber auch dringend die Bekämpfung der Fluchtursachen; die Hilfe vor Ort wurde ja schon mehrfach angesprochen, aber: Was tun Sie in diesem Zusammenhang? Was tut die Regierung in diesem Zusammen­hang? – Ja, fast nichts. Eine Schande ist das, was Österreich an Hilfestellungen vor Ort leistet! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was wir auch dringend brauchen, ist ein Paradigmenwechsel der europäischen Han­delspolitik. Die europäische Handelspolitik zerstört seit vielen Jahren und Jahrzehnten die Lebensgrundlagen der Menschen in Afrika, und dann wundern wir uns, wenn diese Menschen ihre Heimat verlassen müssen und den Weg in den reichen Norden an­treten. Wenn wir uns der Bekämpfung der Fluchtursachen, einem radikalen Paradig­menwechsel und auch dem Klimaschutz in den nächsten Jahren nicht zuwenden, wer­den wir das Problem der Migration niemals lösen können. Und was wir auch brauchen, Herr Minister, ist ein klares Bekenntnis zu den europäischen Grundwerten. Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, müssen in Europa Platz finden, das muss außer Streit gestellt werden.

Zum Abschluss vielleicht noch eines: Wir in Österreich und Europa, wir leben in einer liberalen Demokratie. Sie basiert auf Menschenrechten, und dazu, Herr Minister Kickl, gehört auch die Meinungsfreiheit, dazu gehört die Reisefreiheit sowie dass alle Medien


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den gleichen Informationsstand haben. Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben. – Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.54


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist das Mitglied des Europäi­schen Parlaments Mag.a Evelyn Regner. – Bitte.


11.54.44

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Evelyn Regner (SPÖ): Frau Präsiden­tin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es war ein Chaos, it was a mess – das ist der Tenor der internationalen Presse nach dem Gipfel in Salzburg. Das ist peinlich für die Regierung. Wenn zumindest die übliche inhaltslose PR-Show funktioniert hätte, aber nein, nicht einmal das, nicht einmal die Inszenierung hat funktioniert. Die Organisation war dilettantisch, heißt es aus Diplomatenkreisen, und zu den Inhalten – das ist mir wirklich wichtig – niente, nada, kein Ergebnis. Das ist nicht nur peinlich, das ist gefährlich.

Kommissionspräsident Juncker hat in seiner Rede zur Lage der Europäischen Union einen klaren Auftrag an den österreichischen EU-Ratsvorsitz, an Kanzler Kurz, erteilt, nämlich Solidarität in der Migrationsfrage dauerhaft zu organisieren. Das bedeutet ver­nünftige Lösungen statt Hetze, das bedeutet ordentlich arbeiten, statt immer nur der nächsten Überschrift im Boulevard nachzujagen.

Juncker will den Außengrenzschutz ausbauen – er hat dafür die Unterstützung der So­zialdemokratie –, 10 000 Beamte sollen es sein, und das soll vor allem schnell pas­sieren. Nicht nur davon reden, sondern schnell umsetzen! Ordnung ins System brin­gen, das ist die Devise.

Im Europäischen Parlament haben wir fraktionsübergreifend, also nicht nur Sozialde­mokraten, sondern auch Liberale, Volkspartei und Grüne, schon vor einiger Zeit unsere Position zur Asylreform mit breiter Mehrheit verabschiedet, und die gilt es umzusetzen: ein gemeinsames europäisches Asylsystem, rasche Verfahren in ganz Europa und le­gale Einreisewege. (Beifall bei der SPÖ.) Das sind klare Lösungen, an denen wir ar­beiten müssen, aber daran, und das sehen wir, haben der Kanzler und der Vizekanzler gar kein Interesse. Sie schlagen Kapital aus einer Situation, die sie selbst immer weiter eskalieren lassen. Egal ob 12-Stunden-Tag oder AUVA-Zerschlagung, immer wieder wird vertuscht, worum es eigentlich geht, nämlich darum, das Sozialmodell, unseren Sozialstaat zu zerstören und anderes letztlich voranzustellen, und das darf nicht sein!

Gleich zu Beginn des EU-Ratsvorsitzes wurden, wie schon erwähnt, an der steirischen Grenze nicht vorhandene Flüchtlingsanstürme von der Regierung mit Soldaten nach­gespielt. Die Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler: um die 500 000 Euro, bitte schön. Für nicht vorhandene Flüchtlingsanstürme 500 000 Euro?! (Abg. Zanger: 2015 wollen wir nicht mehr erleben, Frau Kollegin!) Mir fallen unendlich viele Dinge ein, die wir damit ordentlich finanzieren könnten, unendlich viele! Das ist unverantwortlich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zanger: Waren Sie 2015 an der steirischen Grenze? Sie wissen ja gar nicht, wovon Sie sprechen!)

Der Zusammenhalt in Europa steht auf der Kippe – und was macht die österreichische Bundesregierung? – Sie trifft sich mit Salvini, solidarisiert sich mit Orbán, hat Ideen, überhaupt in Afrika einzumarschieren, lauter absurde Dinge. Und auf den Knicks vor Putin werde ich im Europäischen Parlament noch jetzt angesprochen. (Abg. Plessl: 220 000 Euro! – Abg. Zanger – in Richtung SPÖ –: Ja, höfliche Gesten von eurer Seite darf man sich nicht erwarten! Das ist eh klar!)

Und noch zu Ihnen, Herr Rosenkranz: Menschen, die wegen ihrer Homosexualität vor Gewalt und Verfolgung flüchten, sind uneingeschränkt zu schützen. Das, was Sie da gesagt haben, ist zynisch. (Beifall bei der SPÖ.)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Das Resultat des österreichischen Ratsvorsitzes bis­her: unverantwortlich das Ganze. Ein Europa, das schützt, das ist schon ein schönes Motto. Ein Europa, das schützt, was heißt das? – Ein Europa, das schützt, das bedeu­tet mehr als nur Zäune und Grenzschutz, das bedeutet, dass Menschen ein Dach über dem Kopf haben, dass sie ihr Leben finanzieren können und sich nicht dauernd den Kopf zerbrechen müssen, wie sie mit den Mietpreisen fertigwerden sollen. Das bedeu­tet ein Leben ohne Angst und dass man am Ende des Monats den Kindern noch ein Jausenbrot mitgeben kann. Das bedeutet sozialen Schutz, und von diesem höre ich viel zu wenig.

Brücken bauen, das war und ist das Ziel des Ratsvorsitzes, des Bundeskanzlers. Ich sehe ihn mehr Brücken einreißen. Ich möchte diese Brücken auch wirklich gebaut se­hen. Für mich ist Europa ein Leben in Frieden und Freiheit, inklusive Pressefreiheit, ein Leben ohne Angst.

Gerade dieser Gipfel in Salzburg hat es uns gezeigt: Die Fassade, die Inszenierung bröckelt an allen Ecken und Enden. Diese Bundesregierung muss endlich anpacken: Hackeln statt PR-Show. Übernehmen Sie endlich Verantwortung für Österreich und für Europa. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte.


11.59.41

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Werte Kollegen von der Opposition, ich hatte mich schon gefragt, ob Sie sich endlich einmal etwas Neues einfallen lassen oder ob Sie mit denselben Standardphrasen daherkommen wie immer – à la Europa gespalten wie noch nie, Angst vor nationalen Populisten, Ende Europas et cetera et cetera –, und Überraschung: Sie sind wieder einmal mit den Standardphrasen dahergekommen, Sie lassen sich wieder einmal nichts Neues einfallen. Das Einzige, was Sie machen, ist po­pulistische Angstmache und nichts anderes. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau EU-Abgeordnete Kollegin Regner, ich finde es ja, fast muss ich sagen, ein biss­chen absurd, dass Sie sich hierher stellen und die Zeitschrift „Kontrast.at“ zitieren – das ist peinlich (Abg. Zanger: Das ist ein Qualitätsmedium!) –, das haben Sie nicht da­zugesagt, wo im Impressum SPÖ steht. Halten Sie das nicht für ein bisschen peinlich, sehr geehrte Kollegin? Das ist wirklich ein trauriges Schauspiel, das Sie hier liefern. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren vor allem von der SPÖ! Ich weiß, nicht nur Kern hat damit ein Problem, ein Oppositionspolitiker zu sein, aber wenn man als Opposition nichts zu kritisieren hat, wie es beim Außengrenzschutz der Fall ist, dann sollte man lieber schweigen, sonst kommt man in den Zustand, dass man sich langsam lächerlich macht – aber dafür haben Sie die letzten Tage sowieso schon gesorgt (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP) –, noch dazu, wenn es sich dabei um ein Thema handelt, bei dem es endlich und für jeden Bürger offensichtlich in die richtige Richtung geht, ein Thema, bei dem Sie sich vielmehr bei der österreichischen Bevölkerung für die Politik der vergangenen Jahre entschuldigen sollten, nämlich das Thema Asyl und Zuwanderung, sehr geehrte Kollegen von der SPÖ.

Sie waren es, die 2015 unsere Sicherheit gefährdet haben, indem Sie die Türen aufge­macht haben und eine unkontrollierte Massenzuwanderung forciert haben. (Abg. Lue­ger: Wer war Innenminister? – Abg. Bayr: Wer war Außenminister? – Abg. Plessl: Das waren eure Minister!) Sie waren es, die mit Ihrer Politik der offenen Grenzen mas­senweise eine fremde Kultur ins Land gelassen haben, sodass wir mittlerweile Zustän-


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de in diesem Land haben, dass wir Kulturkämpfe in den Klassen haben, dass wir Inte­grationsprobleme haben, dass wir Parallelgesellschaften haben und vieles Weitere. (Bei­fall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haider: Da hat sie aber recht, das stimmt!) Sie haben mit Ihrer Zuwanderungs- und Asylpolitik einen Zustand herbei­geführt, dass sich Lehrer mittlerweile dazu genötigt fühlen, Bücher zu publizieren, um auf die katastrophalen Zustände in unseren Klassenzimmern hinzuweisen. Das haben Sie zu verantworten und das muss in der Zukunft verhindert werden, und genau dafür sorgen wir, und genau dafür sorgt diese Regierung endlich. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das möchte ich auch einmal sagen – weil Sie uns das immer gerne vorwerfen –: Nicht diejenigen, die Europa kritisieren, nicht diejenigen, die Fehlentwicklungen und offensichtliche Fehlentscheidungen aufzeigen, nicht wir sor­gen für eine gespaltene EU, nein, Ihre Politik des Stillschweigens, Ihre Versuche, jede kritische Auseinandersetzung der vergangenen Jahre damit zu unterbinden, dass Sie die Kritiker als Populisten, EU-Feinde, Nationalisten oder anders bezeichnet haben, diese Politik hat dazu geführt, dass es immer mehr Unruhen, Streitereien und Konflikte zwischen den Mitgliedstaaten gegeben hat und gibt. Dafür sind auch Sie verantwort­lich, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kollege Strolz – er ist gerade nicht im Saal – sagt immer, er trägt Europa im Herzen. Ich sage: Wer Europa im Herzen trägt, muss auch die Europäische Union kritisieren, und die Europäische Union muss diese kritische Auseinandersetzung nicht nur aushal­ten, nein, es ist sogar die Pflicht der Europäischen Union, diese kritische Auseinander­setzung zu führen, sehr geehrte Damen und Herren. Es ist zentrale und wichtigste Aufgabe der Europäischen Union, eines jeden Staates, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Es ist zentrale Aufgabe der Europäischen Union, für Sicherheit zu sorgen, und genau das hat die Europäische Union in der Vergangenheit eben nicht getan.

Das Vertrauen der Bürger in die EU wurde aufgrund der Asylkrise zutiefst erschüttert, und dieses Vertrauen gilt es jetzt mit Maßnahmen Schritt um Schritt wiederaufzubauen. Statt Streit über Verteilung von Asylwerbern brauchen wir endlich einen gemeinsamen Außengrenzschutz der Europäischen Union. Wir müssen weg von dieser Reparatur­politik der vergangenen Jahre hin zu einer Präventionspolitik.

Endlich hat es dieses Umdenken gegeben, endlich findet dieser Umdenkprozess statt. Herr Kollege Leichtfried, Sie haben vorher kritisiert, dass es angeblich keine Rückfüh­rungsabkommen gibt: Sie als EU-Sprecher sollten eigentlich wissen, dass, solange die EU daran arbeitet, Österreich gar nicht die Möglichkeit hat, Rückführungsabkommen abzuschließen. Das sollten Sie eigentlich wissen, sehr geehrter Kollege Leichtfried. (Zwischenrufe der Abgeordneten Duzdar und Plessl.)

Endlich, wie gesagt, gibt es einen Beschluss der Staats- und Regierungschefs in Rich­tung Außengrenzschutz, in Richtung stärkere Zusammenarbeit mit Drittstaaten, Tran­sitzentren, Spielregeln für NGOs, Stärkung von Frontex mit klarem Auftrag, nicht nach Europa, sondern zurückzuführen. Endlich gibt es diesen Umdenkprozess, der wesent­lich unserem Innenminister Herbert Kickl zu verdanken ist. Und was macht die SPÖ? – Sie stellt sich hin, schimpft auf Schwarz-Blau, schimpft auf Österreich, sorgt dafür, dass wiederum nicht an einem gemeinsamen Strang gezogen wird. Dazu kann ich nur sagen: Oppositionspolitik muss auch gelernt sein. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

12.05


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Martha Biß­mann. – Bitte.



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12.05.25

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsi­dentin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie und vor den Bild­schirmen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Effektiver EU-Außen­grenzschutz ist definitiv ein wichtiges Anliegen, kein Zweifel, aber ist das wirklich un­sere größte Sorge, Ihre größte Sorge, Herr Minister?

Schauen wir uns einmal die Zahlen an (die Rednerin zeigt eine Grafik mit dem Titel „Number of illegal border crossings in the EU“): Wir können uns alle sehr gut an das Jahr 2015 erinnern, an die große Flüchtlingswelle. 1,8 Millionen Menschen haben da­mals die Außengrenzen der Europäischen Union überschritten. Im Jahr 2018 taten das bis jetzt – Tendenz sinkend – nur mehr 91 000 Menschen. Wir sprechen von einem Rückgang von 95 Prozent an illegaler Immigration in die EU. Warum wird angesichts dieser Zahlen weiterhin Panik verbreitet? Wir sprechen von einer Anzahl Menschen, die nicht einmal das Camp-Nou-Stadion in Barcelona füllen würde, weil da nämlich 99 000 Menschen hineinpassen. Ich und viele andere Menschen in diesem Land sind überzeugt, dass wir vor einer derart überschaubaren Anzahl von Menschen keine Angst zu haben brauchen, solange es sich um Neue-Heimat-Suchende handelt und nicht um eine feindliche Armee.

Wenden wir unsere Aufmerksamkeit doch endlich dem drängendsten Problem zu, das vor unserer Haustür steht, dem Klimawandel! Drei der fünf weltweit größten Bedrohun­gen für die Menschheit stehen damit im Zusammenhang. Der Extremsommer 2018 hat auch uns gezeigt – Sie alle haben auch geschwitzt –, dass sogar wir hier in Österreich eines Tages zu Binnenklimaflüchtlingen werden können. Hören Sie nicht die Alarmglo­cken? Sehen Sie nicht die Zeichen? Wenn wir die globalen Treibhausgasemissionen nicht in den Griff bekommen, dann können wir bis 2050 mit 200 Millionen Klimaflücht­lingen rechnen.

Die Internationale Organisation für Migration spricht von 26,4 Millionen Menschen pro Jahr, die aufgrund von Naturkatastrophen ihre Heimat verlassen müssen. Diese Men­schen wird niemand und nichts aufhalten können, keine Grenze, kein Zaun, keine Mauer. Es muss jetzt gehandelt werden, bevor es dazu kommt. Es geht um die Ursa­chen- und nicht um die Symptombekämpfung. Einige wenige Vorredner haben davon gesprochen, auch von unfairen Handelsbedingungen.

Herr Bundesminister, zum Handeln und zum Bekämpfen von Ursachen, genau dazu fordert Sie Ihr nigerianischer Amtskollege auf. Herr Dambazau, der Innenminister Ni­gerias, sagte am Rande der Wiener Migrationskonferenz im Oktober 2017: Die EU muss den Klimawandel thematisieren. Der Klimawandel zieht extreme Armut und Hun­ger nach sich und in Folge auch Kämpfe um Ressourcen und Land. – Zitatende.

Werte FPÖ, verstehen Sie das aber bitte nicht als Aufforderung, dem Migrationsdruck mit militärischen Mitteln zu entgegnen. Das mag zwar die Fantasie des Wehrsprechers der FPÖ, des Kollegen Reinhard Bösch beflügeln, gehört aber wohl eher in das Ka­binett politischer Absurditäten und im Land der geschlossenen Geschichtsbücher ver­ortet. (Abg. Hafenecker: Dort, wo Sie schon sind! – Abg. Haider: Da kennen Sie sich aus, Frau Kollegin!) Sie mögen ja Gründe für Ihre Asylpolitik haben, geschätzte Kol­legen von der FPÖ. Ich fordere aber Sie, Herr Innenminister, auf, sich der wichtigsten Aufgabe, Ihrer wichtigsten Aufgabe zu widmen, für Sicherheit im Land zu sorgen, und zwar nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen.

Klimaflüchtlinge verleihen dem Klimawandel zusätzlich zur volkswirtschaftlichen und umweltpolitischen auch eine sicherheitspolitische Dimension, und deshalb fällt dieser Bereich auch in Ihre Zuständigkeit, Herr Innenminister. Wir haben leider noch keine übergeordnete Weisungsstelle für Klimaschutz und einen Bundeskanzler, der sich für das Thema nicht sonderlich interessiert. Umso wichtiger ist es, Herr Bundesminister,


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dass Sie die großen Zusammenhänge thematisieren. Wagen Sie es, intersektoral zu denken, und sorgen Sie für die Sicherheit unserer Kinder und Enkelkinder, und setzen Sie nicht nur auf kurzfristige Lösungen wie Asylzentren außerhalb der EU und Zehn­tausende Grenzpolizisten an den Grenzen der EU, die zukünftig Millionen Klimaflücht­linge nicht mehr aufhalten werden können.

Nur der Politiker, der bei der Lösungsfindung an die Zukunft denkt, wird auch in Zu­kunft das Vertrauen seiner Wähler genießen können. Genau dieses Vertrauen verspie­len Sie mit Ihrer Politik täglich, Herr Bundesminister (Präsidentin Bures gibt das Glo­ckenzeichen) – BVT-Affäre, Angriff auf die freien Medien, Abputzen von Verantwortung auf Ihre Mitarbeiter. Mich deucht, Sie stehen kurz vor dem Rücktritt.


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen jetzt den Schlusssatz for­mulieren. – Bitte.


Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (fortsetzend): Vielleicht können Sie aber mit einer ganzheitlichen Asylpolitik gerade noch die Kurve kratzen.

12.10


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordne­ter Efgani Dönmez. – Bitte.


12.11.03

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherin­nen und Zuseher zu Hause! Zweifelsohne ist die Bevölkerungsentwicklung in Afrika ei­ne der größten Herausforderungen für Europa in den nächsten Jahren und Jahrzehn­ten. Seit 1960 hat sich Afrikas Bevölkerung versechsfacht, bis 2050 wird sie sich noch­mals auf 2,5 Milliarden verdoppeln. 1960 lebten in Europa 900 000 Afrikaner, heute le­ben 9 Millionen Afrikaner in Europa. Bis 2050 werden es 150 Millionen bis 200 Millio­nen Afrikaner in Europa sein. Das erfährt man, wenn man das Buch des Journalisten und Wissenschaftlers Stephen Smith liest, der sich sehr intensiv mit Afrika und mit die­ser Thematik beschäftigt hat.

Was sind die Gründe dieser Fakten, die er recherchiert hat? Erstens – viele der Vor­redner haben es richtig angesprochen –: Es gibt ein rasantes Bevölkerungswachstum, in Kombination damit, dass 80 Prozent der Afrikaner unter 30 Jahre alt sind. Gleich­zeitig gibt es nur 5 Prozent an über 60-Jährigen. Wenn man die afrikanische Kultur und Gesellschaft, so vielschichtig sie auch ist, kennt, dann weiß man, dass die ältere Ge­neration einen sehr großen Einfluss auf die Kinder und Jugendlichen hat; man muss sagen hatte, denn die Alterspyramide stellt alles auf den Kopf. Da wächst eine junge Generation heran, die kaum Perspektiven hat.

Somit bin ich schon bei der wirtschaftlichen Entwicklung: Wirtschaftliche Entwicklung und wirtschaftliche Zuwachsraten gibt es in Afrika de facto nur auf dem Papier. Man braucht nur logisch zu denken, dann weiß man, was ein rasantes Bevölkerungswachs­tum – über 80 Prozent davon jung, überwiegend männlich – in Kombination mit kaum bis geringen Zukunftsperspektiven an Dynamik für diese Gesellschaften und gleichzei­tig aber auch an Herausforderungen für Europa bedeutet.

Der kürzeste Weg ist nun einmal jener nach Europa, und daher wird, was auf dem afrikanischen Kontinent passiert, uns in Europa unmittelbar betreffen und berühren. Deshalb ist es wichtig, dass dieser Afrikagipfel abgehalten wird. Viele der VorrednerIn­nen haben es gesagt, wir müssen die Ursachen bekämpfen, aufgrund derer sich Men­schen auf den Weg machen.

Wir werden nicht alle Probleme lösen können, aber eines ist ganz klar: Mit der Ent­wicklungshilfe – so wie wir sie bisher gemacht haben und nach wie vor machen –, so


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gut sie auch gemeint ist, werden die Probleme nicht gelöst werden. Im Gegenteil, wir werden die Probleme noch viel mehr verschärfen. Wir müssen weg von dieser ent­würdigenden Entwicklungshilfezusammenarbeit, hin zu einer wirtschaftlichen Koope­ration auf Augenhöhe. Und es gäbe in Österreich, in Europa sehr viele innovative Fir­men, die erstens Personal brauchen, Fachkräfte brauchen und die auch neue Märkte erobern möchten.

Unsere Aufgabe als Politiker wäre und ist es, diesbezüglich intelligente Lösungen an­zubieten und die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass österreichische Betriebe beim Eintritt in den afrikanischen Markt gleichzeitig junge Leute, die sie für den Ar­beitsmarkt dort benötigen, aber auch Fachkräfte, die wir benötigen, ausbilden, und da gäbe es Kooperationen. Es gibt in Afrika, in Nigeria, eine Region, die Biafra heißt; dort lebt eine überwiegend christliche Mehrheit und dort gibt es eine Universität, von der auch Priester und Pfarrer nach Österreich entsendet werden. Wir könnten Firmen beim Ansiedeln dort behilflich sein, damit sie die Leute ausbilden und qualifizieren.

Tang, The African Network of Germany, hat erhoben, dass nur aus Deutschland von Afrikanern jährlich – jährlich! – 1,2 Milliarden Euro an ihre Familien im Herkunftsland gesendet werden und dass das natürlich Pulleffekte sind. Dass auch afrikanische Län­der ein geringes Interesse daran haben, viele Menschen zurückzunehmen, wenn sie selbst nicht wissen, was sie denen anbieten sollen, liegt auch klar auf der Hand. Wir müssen damit, landwirtschaftliche Produkte hochsubventioniert nach Afrika hinüberzu­schiffen und damit dort die Märkte zu zerstören, aufhören. Wir müssen auch damit auf­hören und die Diskussionen ehrlich darüber führen, dass Afrika nicht der Mistkübel Eu­ropas ist, wo wir unseren ganzen Elektronikschrott hinverfrachten. Wir müssen danach trachten, dass die Menschen eine Lebensgrundlage haben und so wenig wie möglich Druck haben, ihre Herkunftsländer zu verlassen. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

12.16


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

12.16.35Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1591/J bis 1734/J

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates:

17/JPR und 18/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 1391/AB bis 1465/AB

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates):

12/ABPR und 13/ABPR

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Immissionsschutzge­setz – Luft und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Aarhus-Beteiligungs­gesetz 2018) (270 d.B.)


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Bundesgesetz über nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen für bestimmte Luft­schadstoffe (Emissionsgesetz-Luft 2018 – EG-L 2018) (271 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Umwelthaftungsgesetz und das Umweltinforma­tionsgesetz geändert werden (272 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz und das Seeschifffahrtsgesetz geändert werden (Schifffahrtsrechtsnovelle 2018) (273 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird (274 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (275 d.B.)

4. Anträge:

Zurückziehung: Zu 316/A(E)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 7 betreffend „WOLF - Petition für ein wolfsfreies Tirol“, überreicht vom Ab­geordneten Hermann Gahr

Bürgerinitiative Nr. 48 betreffend „Bleiberecht für in Familien aufgenommene Flücht­linge“

Bürgerinitiative Nr. 49 betreffend „Wir Österreicher wollen keine Organe aus China ha­ben, für die unschuldige Menschen getötet wurden.“

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Haushaltsergebnisse 2016 gemäß Österreichi­schem Stabilitätspakt 2012 - Gutachten - Reihe BUND 2018/45 (III-183 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreichische Breitbandstrategie 2020 (Breit­bandmilliarde) - Reihe BUND 2018/46 (III-187 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend IT–Betreuung an Schulen - Reihe BUND 2018/47 (III-188 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundesanstalt für Verkehr - Reihe BUND 2018/48 (III-189 d.B.)

Verfassungsausschuss:

Antrag 337/A(E) der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend transparentes „Verfahren für die Bestellung der österreichischen Richterin oder des österreichischen Richters am Europäischen Gerichtshof“

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003, das Funkanlagen-Markt­überwachungs-Gesetz, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Postmarktgesetz, das Ge­bäude- und Wohnungsregister-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (257 d.B.)

Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Europäi­schen Satellitennavigationsprogramme (276 d.B.)


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b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­scheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung über die Tätigkeit im Jahr 2017, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz (III-197 d.B.)

Gleichbehandlungsausschuss:

12. Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2018, vorgelegt von der Bundesregierung (III-193 d.B.)

Justizausschuss:

Bericht des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz über die in den Jahren 2012 bis 2017 erteilten Weisungen, nachdem das der Weisung zu­grundeliegende Verfahren beendet wurde (III-190 d.B.)

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Grüner Bericht 2018 der Bundesregierung (III-185 d.B.)

Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2019 gemäß § 9 LWG 1992 (III-186 d.B.)

Umweltausschuss:

7. Bericht der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus gemäß § 44 UVP-
G 2000 über die Vollziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich (III-194 d.B.)

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein internationales, rechtlich verbindliches Instru­ment unter dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen über den Schutz und die nachhaltige Nutzung von mariner biologischer Diversität in Gebieten außerhalb der nationalen Jurisdiktion

*****

12.16.46Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsidentin Doris Bures: Der Klub der NEOS hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäfts­ordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 1734/J der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres Herbert Kickl betreffend „Frontalangriff des Innenmi­nisteriums auf die Pressefreiheit“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Durchführung der Dringlichen Anfrage frühes­tens 3 Stunden nach Eingang in die Tagesordnung, also um 15.15 Uhr, erfolgen.

12.17.28Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsidentin Doris Bures: Um Punkt 12 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stün­digen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Kor-


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ruption um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum National­rat Kira Grünberg (277 der Beilagen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für die­sen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. Ich stelle die erforderliche Zweidrittelmehrheit ausdrücklich fest.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2 sowie 10 und 11 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Kon­sens über die Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 111, SPÖ und FPÖ je 99 sowie NEOS und Liste Pilz je 33 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 17 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

12.19.411. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (252 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2018) (261 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 110/A der Abgeordneten Dr. Al­fred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung im Bereich des Bundes aus 1993 so­wie das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe be­drohten Handlungen geändert werden (262 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durch­geführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim. – Bitte.


12.20.42

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ich darf gleich eingangs dem Herrn Bundesminister, der heute mit nahezu sonnengegerbtem Gesicht unter uns weilt, herzlich dafür danken, dass es im Rahmen der StGB-Novelle geglückt ist, etwas abzuwenden, was wir zu­nächst nicht angenommen und vermutet haben, was aus meiner Sicht eine echte Be-


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drohung gewesen wäre und auch zeigt, welche Kräfte offensichtlich auch in der Regie­rung tätig sind.

Offenbar sollte auf Wunsch des Herrn Bundeskanzlers Kurz bei den Begrifflichkeiten zum Terrorismus eine klarstellende Passage, die bis dato immer im Gesetz stand, ge­strichen werden, nämlich dass Terrorismus nicht ausgeübt wird, wenn die Tat „auf die Herstellung oder Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder die Ausübung oder Wahrung von Menschenrechten ausgerichtet ist“.

Das heißt, darin wird ausdrücklich geklärt – oder war geklärt und ist es nun wieder, muss man dazusagen –, dass es, wenn die Menschen die Einhaltung von Menschen­rechten im Fokus haben, sie also Grundrechte verfolgen, nicht als terroristische Tat an­gesehen werden darf – was eh klar ist.

Diese Bestimmung ist aus mir völlig unerklärlichen Gründen auf Wunsch des Herrn Bundeskanzlers Kurz aus der Passage gestrichen worden, womit natürlich der Kreis je­ner, die hätten verfolgt werden können, weil man ihnen unterstellt, dass sie zwar für die Menschenrechte eintreten, ihre Taten aber trotzdem eine terroristische Handlung dar­stellen, enorm erweitert worden wäre.

Dass das nun nicht so kommt, ist einerseits darauf zurückzuführen, dass nicht nur die SPÖ, sondern auch die gesamte Opposition dagegen Sturm gelaufen ist, ebenso wie Vertreter von vernünftigen Organisationen außerhalb des Parlaments, und ist letztlich auch Justizminister Moser zu verdanken, der dann gesagt hat, er lasse sich das nun nicht mehr einreden und streiche das raus, woraufhin in der Regierung niemand mehr etwas gesagt hat. So kann man eigentlich auch Fakten schaffen. Ich möchte Ihnen, Herr Bundesminister, wirklich herzlich dafür danken, dass Sie sich im Sinne der Sache durchgesetzt haben.

Ansonsten: Wir stimmen dem Gesetz nicht zu. Man muss sagen, dass es legistisch sehr schlecht aufbereitet ist und auch hätte besser ausgearbeitet werden können. Da können Sie, Herr Minister, nichts dafür, das sind Ihre legistischen Einheiten im Minis­terium, denn diese müssten das eigentlich besser machen, so wie das etwa Frau Pro­fessor Reindl-Krauskopf ausgeführt hat (ein Schriftstück in die Höhe haltend). Diese hat in eben fachmännischer Art und Weise dargelegt, warum das Gesetz in dieser Form, wie es hier heute zustande kommt, nicht hätte zustande kommen sollen.

Im Übrigen hat auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag davor gewarnt, Dinge in das Gesetz hineinzuschreiben, die Verdoppelungen sind, die also eigentlich ohnehin schon gelten. Das wirft nämlich in Zukunft die Frage auf, warum etwas, wenn es ohnedies schon gelten soll, es in einer weiteren Passage etwas abgeändert noch einmal drinnen steht, sodass man darüber diskutieren muss, was nunmehr wirklich gel­ten soll. Das ist natürlich legistisch völlig unsinnig. Das ist ein gewisser Aktionismus, dem das Haus des Herrn Justizministers da offensichtlich dienen wollte.

Im Grunde genommen ist aber das Erfreuliche an der ganzen Geschichte, dass die Passage, die ich vorhin erwähnt habe – die klarstellt, was jedenfalls nicht als Terroris­mus gilt –, nicht gestrichen wird. Dafür danken wir auf jeden Fall herzlich. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

12.24


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Mag. Klaus Fürlin­ger. – Bitte.


12.24.40

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Geschätzte Damen und Herren! Wir als Gesellschaft haben mit einem Phäno­men zu kämpfen: dem Terrorismus. Terrorismus an und für sich – zumeist Massen-


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mord – ist ja leider in den Weltschlagzeilen zu etwas durchaus schon „Üblichem“ – un­ter Anführungszeichen – geworden. Wir haben schon viel über europäische Bruderlän­der und andere Länder der Welt gelesen, in denen Terrorismus entsetzliche Dinge an­gerichtet hat.

Wir haben das Phänomen, dass es auch in Österreich mehr und mehr, da oder dort, Jugendliche gibt, die mit diesen Verbrechen sympathisieren und diese Sympathie, die­se Unterstützung auch dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie in Flugzeuge, Züge oder Schiffe steigen, um in jenen Ländern, in denen diese Organisationen ihren unheili­gen Kampf führen, Unterstützung zu leisten.

Die internationale Gemeinschaft – die Vereinten Nationen, der Europarat, aber auch die EU in Form ihres Kommissionspräsidenten Juncker – hat den Kampf gegen den Terrorismus oben auf die Agenda gesetzt; sie hat ihn zu Recht dorthin gesetzt. Es gibt daher Richtlinien dieser Organisationen, die wir umzusetzen haben. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt, weil mein Vorredner gemeint hat, wir hätten das Gesetz ohnehin nicht gebraucht, und nach mir noch einer kommen wird, der uns das auch sa­gen wird.

Mit Sicherheit sind die Dinge, die da drinnen noch strafbarer gemacht worden sind, Dinge, die ohnehin strafbar sind. Mord, Sachbeschädigung und Zerstörung sind Taten, die immer strafbar sind. Allerdings muss man sie meiner Meinung nach im Zusammen­hang mit dieser Idee, die dahinter steckt, dieser extremen kriminellen Energie, im Straf­gesetzbuch gesondert mit einem Werturteil belegen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Im Übrigen, Herr Kollege Jarolim, dazu, dass Sie gelobt haben, dass da eine Bestim­mung wieder aufgenommen worden ist, möchte ich schon auch eines sagen: Der Zweck heiligt nicht die Mittel! Ich frage mich schon, wo ein Rechtfertigungsgrund für Terrorismus liegen würde, auch wenn man vielleicht ein unliebsames Regime be­kämpft, wenn man dabei aber am Ende des Tages Unschuldige umbringt. Da können wir lange und trefflich eine rechtlich-ethische Debatte führen, ob das eine Rechtferti­gung dafür ist. (Abg. Rosenkranz: Che Guevara!) Wir werden, glaube ich, dabei auf keinen grünen Zweig kommen. Ich werde den Mord an unschuldigen Menschen immer verurteilen, egal, von wem er begangen wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Jaro­lim: Das bestreitet ja auch keiner!)

Ich darf hervorheben, dass ein wesentlicher Teil der Änderung die Abkehr vom Tatort­prinzip ist. Die einzelnen Tatbestände werden sicher nach mir noch ausreichend erör­tert werden, ich beziehe mich nun auf das Tatortprinzip. Das österreichische Strafrecht ist zuständig, wenn ein Täter auf österreichischem Boden eine Tat begeht. Für den Fall, dass jemand aus Österreich ausreist, eine Straftat beispielsweise in Libyen oder Syrien begeht und dann wieder zurückkommt, haben wir eine neue örtliche Zuständig­keit geschaffen. Wir können diese Person nun auch in Österreich dafür verurteilen, was zweifelsfrei ein Vorteil ist.

Wir haben es schon im Ausschuss gesagt und Kollege Noll wird dann sicherlich noch darüber sprechen, dass zweifelsfrei die Begrifflichkeit beziehungsweise die Überschrift des Paragrafen „Reisen für terroristische Zwecke“ mit einem leichten euphemistischen Anklang versehen ist, denn ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der österreichi­schen Bürger den Begriff Reisen an und für sich positiv besetzt. Wir sollten uns aber jedenfalls nicht in Überschriften ergehen, denn wichtig ist der Inhalt, und der Inhalt des Gesetzes ist gut.

Lassen Sie mich noch zwei Sätze zum Abschluss sagen. Zum Antrag der Liste Pilz, dass politische Postenbesetzung, wenn ich es richtig im Kopf habe, hinkünftig strafbar sein soll, verweise ich höflich auf die Gleichbehandlungsgesetze, die wir sonder Zahl geschaffen haben und aus denen heraus wir es nicht schaffen würden, jemanden zu


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diskriminieren, der nicht die richtige politische Gesinnung hat – das gilt im Übrigen für Religion, Hautfarbe und viele andere Dinge auch. (Abg. Rosenkranz: Weiß das der Bundespräsident auch?)

Dazu möchte ich dann noch anmerken, dass es nicht so sein sollte, dass die Staats­anwaltschaft als ein für politische Missfallenskundgebungen missbrauchtes Instrument herhalten muss. Das hat so vor 20, 25 Jahren begonnen, dass man, wenn man poli­tisch nicht der Meinung des anderen war, sicherheitshalber die Staatsanwaltschaft ein­geschaltet hat, weil eine falsche Meinung auch ein Amtsmissbrauch sein könnte. Meine Damen und Herren, der Ort der politischen Auseinandersetzung ist dieses Parlament, hier führen wir diese politische Auseinandersetzung, hier lieben wir sie auch. Die Staats­anwaltschaft lassen wir dabei bitte außen vor! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Klubobmann Dr. Matthias Strolz. – Bitte.


12.30.08

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Lieber Herr Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger, die Sie hier unse­rer Debatte beiwohnen! Das ist meine Abschiedsrede hier im Hohen Haus. Es ist so weit: Wir haben damit die geordnete Übergabe über die Bühne gebracht, ich werde heute mit 24 Uhr meine Funktionen zurücklegen.

Ich habe mir natürlich länger überlegt, was ich zum Abschluss noch sagen will, denn es ist schon so vieles gesagt. Ich hatte einen Plan, aber dann kam mir irgendwie das In­nenministerium dazwischen. Ich möchte vorneweg schon ein paar grundsätzliche Be­merkungen dazu machen, weil ich glaube, dass solche Attacken auf die Pressefreiheit, wie wir sie diese Woche erlebt haben, natürlich keine Kleinigkeit sind.

Es geht da ums ganz Grundsätzliche. Wir müssen da als Parlament – als erste Staats­gewalt – klar sein. Wir müssen glasklar sein, weil wir nur einen gemeinsamen Nenner haben, und der lautet: liberale Demokratie. Wenn wir den verlieren, dann schwindet uns der gemeinsame Boden unter den Füßen, und das wünsche ich diesem Land nicht. Deswegen müssen wir wachsam sein, sehr wachsam! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Ich denke, dass das mit der Demokratie so wie mit der Gesundheit ist: Solange man sie hat, ist sie nicht so wichtig; wenn sie einmal verloren ist, dann wird es bitter, sehr bitter. Es gibt natürlich mitunter auch den Fall, dass die Krankheit schleichend daher­kommt. Wir haben ja in der Nachbarschaft solche Fälle: Polen und Ungarn auf dem Weg zur illiberalen, zur gelenkten Demokratie. Der Preis, den die Bürger zahlen, ist hoch. Ich kann diesbezüglich jetzt nicht in die Tiefe gehen, aber der Umstand, dass seit 2010 Hunderttausende Menschen aus Ungarn das Weite suchen – vor allem junge Menschen, weil sie ihre Zukunft nicht mehr in diesem Land sehen –, ist natürlich be­redter Ausdruck davon, dass etwas im Sinne des guten Lebens für die Menschen nicht in Ordnung ist.

Ich wünsche Österreich nicht, dass die Generation unserer Kinder ausziehen sollte oder ausziehen will, weil sie in diesem Land nicht ihre Zukunft sieht. Deswegen müs­sen wir da klar sein. Wir dürfen kein Wackelkandidat sein, wir dürfen nicht in die Sack­gasse der illiberalen Demokratie einbiegen (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz so­wie der Abg. Bißmann), auch wenn es eine verlockende Antwort in Zeiten wie diesen ist – das ist mir schon klar.

Die Zeiten sind bewegt, die Zeiten sind durchwachsen, sie sind VUKA: volatil, unsicher, komplex und ambivalent. Es ist natürlich auch für die Bürger und Bürgerinnen nicht ein­fach, in diesen krisenhaften Zeiten irgendwie gut zu Gange zu kommen. Sie sind sehr


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verunsichert. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir uns als Bürgerinnen und Bürger nicht zu sehr von den Krisen, die uns derzeit widerfahren, verunsichern lassen.

Der griechische Arzt Hippokrates hat damals die Krise als jenen Moment in einer fie­berhaften Erkrankung bezeichnet, in dem sich entscheidet, ob sich das System stärkt oder der Mensch stirbt. Wenn wir das auf die Gesellschaft übertragen: Nein, wir wer­den nicht sterben. Das heißt aber, das System stärkt sich gerade, und zwar sehr eigen­tümlich und auf den ersten Blick nicht ganz begreifbar.

Wir brauchen diese Stärkung, wir brauchen diese Erneuerung, weil Österreich – auch das merkt man gar nicht so richtig, weil wir mittendrin sind – in einem groben Umbruch ist. Die Zweite Republik ist zu ihrem Ende gekommen, jedenfalls dann, wenn wir sa­gen, das rot-schwarze Machtkartell war wesenskonstituierend, war das primäre, domi­nante Muster. Ich stehe nicht an – das habe ich schon oft gesagt – zu betonen, wir haben diesem rot-schwarzen Machtkartell über Jahrzehnte auch viel zu verdanken.
Ich glaube, es war 1945 aus pragmatischer Sicht nicht das Blödeste. (Heiterkeit der Abg. Rendi-Wagner.)

Natürlich hatte es aber auch negative Abrisskanten und Begleiterscheinungen, die dann zunehmend größer wurden: Korruption, Freunderlwirtschaft, Stillstand und struk­turelle Verkrustung. – Somit hat sich dieses dominante Muster zuletzt selbst überlebt, es ist tot. Das Alte ist tot, das Neue ist noch nicht ganz da. In dieser Phase sind wir, und wir brauchen nun jede Kraft, guten Willens in dieser Erneuerung mitanzupacken.

Wir müssen Österreich neu erfinden, und wir müssen das gemeinsam machen. Wir sind gemeinsam gewählt, also das ist so. Wir brauchen Erneuerung, jeder Abgeordne­te muss da mit ran. Ich behaupte, jeder Abgeordnete hat auch seine politische Lauf­bahn mit Idealismus gestartet, jeder von uns! Es ist so unendlich wichtig, dass wir die­sen Ort in uns, an dem wir mit Idealismus gestartet haben, jeden Tag aufs Neue su­chen und finden. Diesen Ort müssen wir groß machen. Es gibt in jeder Fraktion gute Leute, es gibt überall Idealismus.

Natürlich gibt es auch inhaltliche Auffassungen, die ich jenseitig finde, da werden wir dann in der Auffassung auseinandergehen. Das aber ist Parlamentarismus, und den brauchen wir. Auf diese Positionen, bei denen wir auseinandergehen, werde ich nun halt nicht hingehen, denn das ist mein Abschied. Nie ist die Liebe so groß wie im Abschied – Karlheinz Kopf, wenn ich dich sehe (erheitert); eine Liebeserklärung, nicht wahr! (Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Ich kann berichten – weil wir hier herinnen auch oft streiten –: Wenn man die Men­schen näher kennt, merkt man, selbst wenn man inhaltlich weit auseinanderliegt – ich schaue auf Herrn Rosenkranz –, dass in jedem etwas Liebenswürdiges steckt, in je­dem von uns, das ist so. (Heiterkeit bei den NEOS.) Wenn man miteinander arbeitet, lernt man das auch kennen.

Insofern sind wir immer wieder auch dazu verpflichtet, gemeinsam innezuhalten und zu fragen: Was ist denn gerade los? Wo stehen wir als Gemeinschaft? – Wir müssen na­türlich erkennen, dass mit der Migration, der Digitalisierung und der Globalisierung die Menschen sehr verunsichert sind. Das treibt sie in die Angst, in die Unsicherheit und manche auch in die dumpfe Bewusstlosigkeit. Das sind keine guten Orte: Angst, Ohn­macht, Bewusstlosigkeit. Ich glaube, wir können andere Orte schaffen. Wir können das. Wir können unsere Herzen befragen, wir können unseren Verstand befragen und wir können in den ehrlichen Austausch gehen.

Wir müssen auch, wenn wir unsere derzeitige Gesellschaft betrachten, erkennen, dass wir natürlich – ob im Arbeitsalltag, in der Wirtschaft, in der Politik oder in anderen Seg­menten – sehr viel Stress, negativem Stress, einer Reizüberflutung und einer Be­schleunigung ausgesetzt sind. Überall blinkt etwas, überall läutet etwas, jeder will et-


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was von uns, alles zerrt an uns. Das macht viele Menschen kaputt, wirklich kaputt. Das ist eine große Herausforderung für unsere Gesellschaft.

Ich habe mir die Zahlen angeschaut: Aufmerksamkeitsstörungen, Schlafstörungen, De­pression und andere psychische Erkrankungen sind wahnsinnig am Vormarsch. Die Weltgesundheitsorganisation sagt, bis 2030 wird die größte Volkskrankheit auf diesem Planeten die Depression sein. Allein heuer, 2018, wachsen über eine halbe Million Menschen in Österreich in die Depression. Das ist epidemisch und steigt rasant, da müssen wir dagegenhalten.

Wenn man an einen Sportler oder an eine Sportlerin denkt, der oder die in so einem Zustand gewinnen will, wissen wir, er oder sie ist chancenlos. Deswegen ist es im Sport mittlerweile auch Standard, sich um mentale Fitness zu kümmern, sie zu trainie­ren. Ich glaube, wir können da etwas vom Sport lernen, weil das, was jedem von uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten an gesellschaftlichem Wandel bevorsteht, eine Olympiade ist. Die gute Nachricht ist, wir können uns darauf vorbereiten, als Gesell­schaft, als Individuum.

Wir können Fitness trainieren, das führt zu einem gesünderen Leben, zu einem zufrie­deneren Leben, zu einem besseren Miteinander, zu besseren Ergebnissen. Da geht es um Spannung und Entspannung. Da geht es natürlich auch um die Frage der Konzen­trationsfähigkeit: Wie abgelenkt sind wir immer, auch hier in diesem Parlament? Was ist denn da alles relevant an Dingen, die oft gar nicht der Kern des gemeinsamen Rin­gens um die beste Lösung sind?

In diesem gemeinsamen Tun ist natürlich auch das positive Miteinander wichtig. Es gibt dafür wissenschaftlich tausendfach untersuchte Möglichkeiten. Im angloamerikani­schen Raum ist mittlerweile Mindfulness, die Achtsamkeit, ein großes Ding, eine große Disziplin. Ich glaube, wenn wir uns wirklich ernsthaft in den Spiegel schauen, dann wis­sen wir, dass wir auch dringend mehr von dieser Qualität der Achtsamkeit im Parla­ment und in der Politik brauchen, ganz dringend! (Allgemeiner Beifall.)

Ich habe oft gesagt: Ich liebe Politik, und so ist es und bleibt es. Das kannst du dir ja oft gar nicht aussuchen, was du liebst. Wenn wir uns die Politik anschauen, so ist es schon auch eine verrückte Branche. Es ist dort sehr VUKA, es ist oft auch voller nega­tiver Energie, Häme, Kränkung, Aggression und wechselseitiger Geringschätzung. Das ist auch Teil unseres Alltags, und das tut uns wechselseitig nicht gut. Das ist auch für die Qualität der Ergebnisse, die wir haben, nicht hilfreich.

Da können wir ansetzen, denn wir müssen gut auf diesen Ort Politik schauen. Es ist und bleibt der Ort, wo wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben. Wir müssen uns etwas ausmachen, wenn wir mehr als drei Maxln sind, und das ist dann Politik. Wir sollten eben immer wieder an jenem Punkt des Idealismus ankern, den jeder in sich trägt. Dann können wir diesen Ort Politik auch positiv aufladen, positiver als heute. Wir können das, wenn wir wollen – wenn wir wollen!

Ich schließe mit einem Wunsch und einer Einladung. Mein Wunsch ist: Wir bauen jetzt das Parlament groß um, und wir haben in Krankenhäusern, wir haben in Universitäten, an Flughäfen Orte der Besinnung, der Ruhe, der Achtsamkeit eingerichtet. Ich finde das super, dass wir das in Krankenhäusern haben, aber warum um alles in der Welt haben wir das nicht in der größten Sinnfabrik der Republik, im Parlament? Dort brau­chen wir das auch, wir brauchen Besinnung, jeden Tag wieder. So ein Ort kann nicht schaden, der kann nur nützen. Und ich würde bitten, Frau Präsidentin, dass das auch in der Präsidiale, im Bauherrenausschuss beraten wird, so einen Ort der Achtsamkeit im neuen Parlament einzurichten. Das ist mein Wunsch.

Und das Angebot ist: Es gibt in Österreich eine strikt überparteiliche Initiative Achtsa­mes Österreich. Das sind Leute aus der Wirtschaft, aus der Kultur, aus dem Bildungs­wesen, der Medizin, das sind Experten, die dieses Thema aufgreifen. Ich möchte nach


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einer Cooling-off-Phase im Frühjahr dann als außerparlamentarischer Bürger zurück­kommen und ein Angebot machen. Ausländische Parlamente – Großbritannien, Schweden, Niederlande, viele andere – haben Achtsamkeitsinitiativen gestartet. Groß­britannien hat das mittlerweile auch in andere Gesellschaftsbereiche ausgerollt – Mind­ful Nation UK –, in den Bildungsbereich, in den Gesundheitsbereich. Sie können bele­gen, dass sie mit 1 Pfund Ausgabe für Achtsamkeitsmaßnahmen im Gesundheitsbe­reich 15 Pfund Krankheitsausgaben und ganz viel menschliches Leid sparen können.

Diese Qualität würde ich gerne ins Parlament hineintragen. Also wer dann Lust hat: Wir werden ein Angebot formulieren. Wer es aufgreift, ist herzlich eingeladen. Wer sich jetzt schon vorab informieren will: Es gibt eine Website mit ersten Infos – www.achtsa­mesoesterreich.at.

Dann noch eine Einladung: Ich werde ab Mitte Oktober in größere Ruhe gleiten, davor aber noch einmal ordentlich aufdrehen, nämlich am 13. Oktober. Der großartige Künst­ler Kurt Razelli und ich präsentieren eine CD, eine Schallplatte für alle Hippen im Flex. Das ist das erweiterte Wohnzimmer von Andi Schieder – Sie kennen es – damals ge­wesen natürlich, eine Großraumdiskothek, die es immer noch gibt, jawohl. Und Sie sind alle herzlich eingeladen. Es ist ein Echo auf meine Parlamentstätigkeit, er hat da Botschaften verschnitten. Und ja, wir starten eine Österreichtournee mit einem Stopp, nämlich nur diesem einen, und das ist wie Woodstock. Don’t miss it! Vorbei ist vorbei. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Liebe Bürgerinnen und Bürger! Heute ist mein Abflug, und ich möchte natürlich allen Kolleginnen und Kollegen als Abgeordneten, als Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dan­ken, die so großartig waren und sind. Ich möchte den engagierten, den interessierten Bürgerinnen und Bürgern danken. Ich möchte auch den Mitarbeitern der Parlamentsdi­rektion danken, die uns und mich immer großartig unterstützt haben, den Kollegen und Kolleginnen in der Präsidiale, die hier das Parlament zu führen haben. Ich möchte na­türlich auch all den Lieben im Privatbereich danken, die mich unterstützt haben, und stellvertretend für alle meiner lieben Frau, die heute auch hier anwesend ist. Herzlichen Dank von Herzen! (Allgemeiner Beifall.)

Es gibt viele gute Menschen in diesem Parlament, kann ich berichten, und ich gehe aus dem Parlament, aber bleibe natürlich ein politischer Mensch. Also ich singe da mit den Eagles Hotel California: You can check out any time you like, but you can never leave!“ Also du kannst als Abgeordneter natürlich auschecken, aber du kannst die Poli­tik nicht verlassen. Niemand kann die Politik verlassen, wir wohnen gemeinsam an die­sem Ort.

Insofern werde ich ein politischer Mensch bleiben, und ich wünsche dieser Republik alles Gute, diesem Österreich. Österreich ist ein Gesamtkunstwerk, ein Mosaik aus fast neun Millionen Bausteinen, jeder mit seinem Wesen, mit seiner Farbe hat hier seinen Teil. Es ist eine Wirklichkeit in Österreich, die tagtäglich aus dem Zusammenspiel von ganz vielen kleinen Handlungen entsteht, Handlungen von fast neun Millionen Men­schen. Und die Zukunft dieses Landes ist eine, die wir nicht willenlos betreten, nein, die Zukunft ist ein Raum, den wir mit den Schritten erschaffen, die wir tagtäglich gehen. So wünsche ich Österreich gute Schritte und wünsche meiner Heimat Europa gute Schritte und eine goldene Zukunft, und euch hier im Hohen Haus, im Parlament wünsche ich einfach: Macht es gut – ich werde euch vermissen, keine Frage –, und passt gut auf dieses Österreich auf! – Danke schön. (Anhaltender allgemeiner, von NEOS sowie von Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Liste Pilz stehend dargebrachter Beifall. – Beifalls­kundgebung auf der Galerie.)

12.46


Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann Dr. Strolz! Sie haben am Applaus und auch an der Aufmerksamkeit, während Sie gesprochen haben, gemerkt, wie sehr die-


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ses Hohe Haus und dieser Nationalrat Ihre Arbeit geschätzt haben. Sie haben zu jenen im Haus gehört, die immer einen sehr wertvollen, einen sehr konstruktiven und leiden­schaftlichen Beitrag geleistet haben. Dafür, aber auch für Ihre Arbeit in der Präsidial­konferenz, möchte ich Ihnen hier für das Hohe Haus, für den Nationalrat danken. Ich denke, ich kann das in unser aller Namen sagen: Auch wir wünschen Ihnen alles er­denklich Gute für die Zukunft! (Allgemeiner Beifall.)

Herr Abgeordneter Mag. Ragger, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte.


12.48.23

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Es ist schwierig, nach einer so tiefgreifenden, philosophischen, re­spektzollenden Rede zu sprechen. Auch wir Freiheitliche wollen unseren Dank dafür zum Ausdruck bringen, dass du über die Jahre hinweg dieses Haus belebt hast. Worin auch immer wir übereingestimmt haben und wo unsere Differenzen lagen, am Ende des Tages ist es wichtig, auf Augenhöhe miteinander umzugehen und letztendlich die politischen Meinungen der anderen Partner hier in diesem Haus zu akzeptieren.

Aus diesem Grunde werde ich jetzt probieren, wieder einen Übergang zurück zu der Materie zu schaffen, die uns der Herr Minister in das Haus gebracht hat.

Das Ringen um die besten Lösungen, von dem du gesprochen hast, beinhaltet natür­lich unterschiedliche Zugänge. Wenn wir den Zugang der Sozialdemokratie wählen, dann sind wir heute im Bereich der Migration davon geprägt, dass wir Menschen inte­grieren wollen.

Wir haben einen anderen Zugang, nämlich den der Freiheitlichen oder heute auch der ÖVP, der natürlich ein stärkeres Gewicht auf eine ganz klare Kontrolle legt. Das ist kla­rer Ausdruck dessen, was heute in diesem Staat für viele in dem Bereich mit Ängsten verbunden ist, dass nämlich Menschen aus aller Herren Länder kommen, hier in Ös­terreich Fuß fassen und Platz einnehmen, aber letztendlich die Integration nicht schaf­fen.

Wenn wir heute eine Verschärfung des Strafrechts in vielen Bereichen beschließen – wie das Frau Rat Griss dann später wahrscheinlich formulieren wird –, dann müssen wir uns gewiss sein: Es darf keinen Zentimeter oder Millimeter geben, wo Terrorismus in irgendeiner Form möglich ist. Um das zu schaffen, haben wir jetzt aus dieser Richt­linie, die die EU uns schon seit einigen Jahren vorgegeben hat, und auch aus der Eu­ropäischen Sicherheitsagenda und dem Artikel 83 des EU-Vertrags eine Gesetzesvor­lage mit weiterer Vertiefung, intensiverer Bedeutung und vielleicht teilweise auch Kom­petenzverlagerung abgeleitet.

Was haben wir gemacht? – Es geht nicht nur um diese Umsetzung einer effizienten Bekämpfung des Terrorismus. Man muss sich auch vorstellen, dass Terrorismus heute von irgendwoher finanziert werden muss, dass Geld für Terrorismus zur Verfügung ge­stellt werden muss. Um all das hintanzustellen und zu bekämpfen, haben wir diese Vertiefung des Gesetzes vorgenommen: inländische Gerichtsbarkeit – ganz klar, die Straftaten im § 278c erweitern, die finanzpolitischen Instrumente. Legen Sie diese Oa­sen der Finanzierung des Terrorismus trocken und Sie werden am Ende des Tages se­hen, dass die terroristischen Aktionen immer weniger werden.

Wenn wir nicht wollen, dass es in Österreich so wie seinerzeit in Paris 130 Tote, 683 Verletzte gibt, dann müssen wir uns über eines im Klaren sein: dass Terrorismus mit der effektivsten Waffe des Staates bekämpft werden muss, und die Ultima Ratio ist das Strafgesetzbuch. Daher gibt es diese heute formulierten gesetzlichen Ansätze. Und aus unserer Sicht ist es unterstützenswert, dieses Gesetz so zu vollziehen. – Dan­ke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.52



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Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Alfred Noll. – Bitte.


12.52.19

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Bundes­minister! Es ist natürlich schwierig, von diesem Prosaniveau herunterzukommen in die Justizpolitik. Vorweg mein Dank an Abgeordneten Matthias Strolz. Er ist für jemanden, der neu ins Haus gekommen ist, zumindest die Ermunterung, dass man auch über Jahre hinweg Parlamentarier mit Selbstbewusstsein, mit Eloquenz und mit Engagement sein und auch bleiben kann. (Beifall bei Liste Pilz und NEOS sowie des Abg. Jarolim.)

Zur Sache: Mit den Kollegen Fürlinger und Ragger bin ich ja eins, dass wir tatsächlich alles tun müssen, um die Terrorgefahr einzudämmen, um möglicherweise auch prä­ventiv etwas zu tun, was die Gefahr von Terroranschlägen vermindert. Die Grenze ist dort, wo aus einem möglicherweise ein bisschen populistischen oder gar hypertrophen Strafbedürfnis heraus etwas normiert wird, was unsinnig ist, und unsinnig ist der § 278g.

„Wer in einen anderen Staat reist, um eine strafbare Handlung“ und so weiter und so weiter „zu begehen“ – das ist überschießend, und es ist auch nicht notwendig. Jetzt kenne ich natürlich Artikel 9 der Anti-Terror-Richtlinie der EU. Dort wird von den Mit­gliedstaaten verlangt, dass sie das Reisen unter Strafe stellen. Das ist aber just auch heute schon der Fall! Wenn man sich § 278g anschaut, sieht man, dass zwei mögliche Fälle, zwei denkbare Fälle für ein strafbares Verhalten nach diesem neuen Paragrafen möglich sind.

Die erste Fallkonstellation, die man sich darunter vorstellen kann, kommt natürlich im­mer nur für Einzeltäter in Frage, die zum Zwecke einer Straftat der terroristischen Ver­einigung, der Ausbildung für terroristische Zwecke oder der Anleitung zur Begehung ei­ner terroristischen Straftat ins Ausland reisen.

Jetzt hat aber der Oberste Gerichtshof – in die Erläuterungen ist das leider nicht aufge­nommen – spätestens mit 14Os66/18i dem Herrn Minister – schon geurteilt – mit ins Haus gegeben: Wenn jemand von Österreich aus Kontakt zu einer terroristischen Ver­einigung hat und zusagt, dass er etwa für eine Ausbildung anreisen wolle, so ist er be­reits nach geltendem Strafrecht strafbar. Das ist schon strafbar, und deshalb gibt es hier bei abgegebener Reisezusage gar keine Notwendigkeit, einen neuen Straftatbe­stand einzuführen.

Wir haben eine zweite Fallkonstellation, und diese zweite Fallkonstellation tritt dann ein, wenn diese Reise zur Begehung einer terroristischen Straftat nach § 278c in Aus­sicht genommen wird. Da geht es um Körperverletzung, Sachbeschädigung und auch Nötigung. Auch da sagt der Oberste Gerichtshof schon jetzt: Wer anderen seine Ab­sicht mitteilt, vorher Bescheid gibt, dass er so etwas auch von Österreich kommend tun wird, der macht sich schon nach bestehenden Strafrechtsnormen hier in Österreich strafbar. Auch da gibt es gar kein Problem und keine Notwendigkeit, noch etwas zu machen.

Notabene und als Fußnote: Warum darf einer von Österreich ins Ausland reisen, um jemanden umzubringen, wenn er zum Beispiel in Salzburg beschließt, nach Bayern zu fahren, um dort einen Mord zu begehen? Das ist nicht strafbar. Wenn aber irgendwie der Verdacht einer terroristischen Handlung im Sinne von Körperverletzung oder Sach­beschädigung besteht, wird er jetzt mit bis zu fünf Jahren bestraft. Im Begutachtungs­verfahren hat Herr Professor Tipold das ganz klar dargestellt, das ist eine Ungleichbe­handlung, die meines Erachtens auch nicht sinnvoll und nicht zugänglich ist.

Die letzten zwei Punkte zu dieser Sache: Wir wissen, im Strafrecht ist es von erhebli­cher rechtspolitischer und auch von präventiver Bedeutung, dass man aus dem Ver­suchsstadium heraus, von dem, was man in Aussicht genommen hat, strafbefreiend


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zurücktreten kann. Der Witz an der Formulierung dieses § 278g ist aber jetzt nicht nur, dass man gar nicht weiß, wann das beginnt. Beginnt das, wenn er den Taxler anruft, damit er nach Schwechat fährt? Hat er sich da schon strafbar gemacht? Oder macht er sich erst strafbar, wenn er eincheckt, oder gar erst, wenn er im Flugzeug ist? Wann be­ginnt denn die Reise überhaupt? Wann ist denn hier überhaupt ein Ende des Versuchs oder der Anfang des Versuchs?

Das viel größere Problem ist, dass jemand, der bereits im Flugzeug sitzt und sich da­durch strafbar gemacht hat, überhaupt keinen Grund mehr hat, vom Versuch zurückzu­treten, wenn er für das, was er an Sachbeschädigung oder Körperverletzung in Aus­sicht genommen hat, ohnedies schon eine Strafe von fünf Jahren bekommt. Warum soll er dann darauf verzichten, die Bombe auch noch zu zünden, die er ursprünglich angenommen hat?

Alles in allem: Ich halte das für hypertroph, ich halte es für strafrechtsdogmatisch falsch. Wenn man glaubt, dass man auf diese Art – und jetzt komme ich leider zum Lieblingswort des Herrn Ministers – zum Gold Plating schreiten muss, nämlich etwas übererfüllt, dann hat das einen gewissen, gerade im Bereich des Strafrechts meines Erachtens gar nicht angebrachten populistischen Zug. Wir sollten auf § 278g verzich­ten. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

12.57


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Mag.Ger­traud Salzmann. – Bitte.


12.58.03

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Mediengeräten daheim! Die Be­kämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität ist ein wichtiger Schwerpunkt der Justizpolitik der Europäischen Union. Gerade aus diesen Gründen ist die Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung 2017 beschlossen worden, die bis 8. September 2018 in nationales Recht umzusetzen war.

Meine Damen und Herren! Wir alle erinnern uns an die schrecklichen Bilder von Ter­roranschlägen der letzten Jahre, sei es in Frankreich im Bataclan, sei es in der Re­daktion von Charlie Hebdo, sei es in Deutschland im Jahr 2016 beim Weihnachtsmarkt, als ein riesiger Truck in die Menschenmenge, die fröhlich unterwegs war, gefahren ist, sei es in England, sei es in Brüssel. Diese Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Und überall, meine Damen und Herren, zeigt sich das gleiche Bild: Verwüstung, verletzte Menschen, die um ihr Leben laufen, zahlreiche Tote, die nicht die Chance hatten, ihren Mördern zu entkommen, trauernde Familien, die das Liebste verloren haben. Terroris­ten wollen Menschen in Angst und Schrecken versetzen. Ihre Taten sind massive An­schläge auf die demokratischen Grundwerte, die in unserer Gesellschaft wesentlich sind.

Terroristen bedrohen die Sicherheit der Bürger, sie bedrohen die Rechte und Freihei­ten der Menschen und sie wollen letztendlich Staaten destabilisieren. Daher müssen wir dieser Gefahr mit wirksamen Maßnahmen begegnen. Es ist unsere Pflicht, unser Land und unsere Menschen zu schützen, meine Damen und Herren!

Ziel der Regierungsvorlage ist die Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Terroris­musbekämpfung. Es ist nicht die Frage, ob wir das wollen oder nicht, sondern das hat natürlich unter Bedachtnahme auf die jüngste Entwicklung der Bedrohung und der Bedarfslage – zu geschehen. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf einige Punkte herausgreifen, die diese Umsetzung in unser nationales Recht beinhaltet. Einerseits geht es um die Erweiterung der inländischen Gerichtsbarkeit, der


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Zuständigkeit: Mittlerweile sind auch jene Täter erfasst, die im Ausland eine terroris­tische Tat begangen haben und dann zu uns ins Land kommen. Die können jetzt bei uns in Österreich aufgrund der österreichischen Gerichtsbarkeit und dieser Änderung strafverfolgt werden. Das, denke ich, ist sehr wesentlich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Darüber hinaus wird der Katalog der Straftaten erweitert. Grundsätzlich wird einmal da­rauf eingegangen: Was heißt terroristisch? Es sollen wirklich Taten, die terroristisch be­gangen werden, stärker bestraft werden. Unter terroristisch versteht die Gesetzesände­rung die Störung des öffentlichen oder auch des wirtschaftlichen Lebens, wobei der Vorsatz auch sehr klar definiert ist: entweder der Vorsatz der Einschüchterung der Be­völkerung oder der Nötigung einer öffentlichen Stelle oder einer internationalen Organi­sation zu einer Duldung, Handlung oder Unterlassung oder auch das Erschüttern oder sogar das Zerstören der Grundstrukturen des Staates oder internationaler Organisa­tionen. Darüber hinaus werden auch die Aufforderung zu und das Gutheißen von ter­roristischen Handlungen in den Straftatbestand erhoben.

Die Finanzierung ist bereits angesprochen worden: Terroristische Aktionen dürfen nicht finanziert werden, das muss strafverfolgt werden, zudem müssen auch die Terror­camps, ihre Organisation und Finanzierung ganz klar strafverfolgt werden. Ein weiterer Straftatbestand, der neu aufgenommen wird, ist die Störung der Funktionstüchtigkeit der Computersysteme, ein meines Erachtens auch sehr wesentlicher Tatbestand, der bis jetzt gefehlt hat. Zudem kommt es auch zu einer Erweiterung des Opferschutzes. Menschen, die Opfer geworden sind und auch aufgrund des wirtschaftlichen Verlustes zu den Opfern zählen, bekommen nun eine Prozessbegleitung.

Meine Damen und Herren! Die Anschläge der letzten Jahre haben die europäischen Staaten mitten ins Herz getroffen. Sie zeigen schmerzlich, wie verwundbar unsere Ge­sellschaft ist. Man könnte sagen, der Terror, der Terrorismus ist heute die Geißel unse­rer Gesellschaft. Wir müssen dieser Gefahr wirksame und wirkungsvolle Maßnahmen entgegensetzen, sei es in der Prävention, sei es im Schutz, in der Verfolgung oder auch in der Reaktion. Das sind wir den Opfern dieser Terroristen schuldig und das sind wir auch den Menschen, unseren Bürgern, für die wir die Verantwortung tragen, schuldig.

Ich bitte Sie daher, dieser Richtlinie, dieser Änderung, der Umsetzung der Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.04


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.04.18

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, diese Novelle des Strafgesetzbuches ist unter anderem auch ein gutes Beispiel dafür, dass sich Widerstand gegen Regierungs­politik lohnt.

Der ursprüngliche Vorschlag, so wie er auch noch im Ministerrat lautete, hätte ja vorge­sehen, dass der Terrorismusbegriff unglaublich ausgeweitet worden wäre, indem die klare Abgrenzung, die wir im Strafgesetzbuch hin zu Aktivitäten und Taten, die Demo­kratie wiederherstellen, Demokratie schützen oder Menschenrechte etablieren wollen, haben, nicht mehr gegeben wäre.

Das wäre wahrscheinlich gar nicht in Österreich ein solch großes Problem gewesen, aber wir wissen, dass sehr viele Organisationen – von der Caritas über das Rote Kreuz bis hin zu der Volkshilfe, dem Samariterbund, Amnesty International und anderen – in Ländern aktiv sind, die entweder fragile Staaten sind, die keine demokratische Regie­rung haben oder aus einem anderen Grund problematisch sind, und dort mit Koope­rationspartnern gemeinsam arbeiten.


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Ganz oft werden dann dort Organisationen, die versuchen, Demokratie herzustellen und Menschenrechte zu etablieren, mit dem Terrorismusvorwurf konfrontiert. Das pas­siert sehr, sehr oft, das wissen wir. Es könnte dann sehr leicht passieren, dass österrei­chische Organisationen, die mit denen kooperieren und denen helfen, Demokratie und Menschenrechte zum Durchbruch zu bringen, beispielsweise der Terrorismusfinanzie­rung bezichtigt werden oder ins selbe Fahrwasser geraten würden. Allein deswegen ist es sehr, sehr wichtig, sehr klar zu trennen, was Terrorismus ist und was nicht.

Ich bin sehr froh, dass sich im Begutachtungsprozess, in dem es zahlreiche Stellung­nahmen gegeben hat, sehr viele davon auch auf die Streichung dieses § 278c Abs. 3 bezogen haben und dass dieser jetzt bestehen bleibt.

Sie, Herr Minister, haben ja selbst in der Justizausschusssitzung gesagt, dass dieses Vorhaben unter anderem aufgrund der vielen negativen Begutachtungen herausgefal­len ist. Das finde ich gut. Das zeigt ganz klar, dass man mit sachlich fundierter Ausein­andersetzung und Kritik, die ganz oft, nicht nur in diesem Fall, zu Recht an den Vor­haben der Regierung geschieht – in diesem Fall waren wir halt in einer Allianz zwi­schen Oppositionsparteien und organisierter Zivilgesellschaft erfolgreich –, Erfolg ha­ben kann und dass wir in der Lage sind, unsinnige Dinge, die die Regierung vorhat, einfach zu kippen und einfach nicht real werden zu lassen. (Beifall bei der SPÖ.) Das finde ich erfreulich und das sollte uns für viele andere problematische Vorhaben auch Beispiel sein.

Trotz alledem werden wir von der Sozialdemokratischen Partei die Novelle, so wie sie jetzt vorliegt, nicht annehmen. Kollege Noll zum Beispiel hat es vorhin sehr klar be­gründet, ich möchte zu seiner Begründung noch einen Punkt hinzufügen: Es wird mit dieser Regelung der Reisen zum Zwecke des Terrorismus – die sind, wie gesagt, jetzt schon strafbar – die Strafbarkeit so weit vorgelagert, dass es da, wie ich glaube, ein sehr großes Missbrauchspotenzial geben könnte.

Ich finde, das steht sicher nicht in Relation zu dem, was man wirklich damit bekämpfen will. Wir sollen Terrorismus bekämpfen, das bezweifelt überhaupt niemand, aber wir glauben trotzdem, dass das kein geeignetes Mittel ist, um wirklich Fortschritte zu ma­chen. In den Erläuterungen zur Novelle steht, es wird – wenn überhaupt einen winzig kleinen Anwendungsfall geben. Aus dieser Sicht ist uns da die Missbrauchsmöglichkeit zu groß, darum werden wir nicht zustimmen. Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.08


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Griss. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.08.14

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Kein Mensch wird etwas dagegen haben, dass Terrorismus be­kämpft wird. Niemand wird sagen, dass Terrorismus nicht eine Bedrohung für unsere liberale Gesellschaft ist.

Die Bekämpfung des Terrorismus muss aber mit Maß und Ziel erfolgen. Sie muss an­gemessen sein. Da kann ich mich nur dem anschließen, was Herr Kollege Noll gesagt hat, dass es überschießende Tatbestände gibt.

Ich möchte noch einen anderen Punkt anführen, der meines Erachtens auch über­schießend ist, das ist die Ausdehnung der inländischen Gerichtsbarkeit. Von nun an sollen auch Täter bestraft werden können, die im Ausland eine terroristische Tat bege­hen und dann ihren Aufenthalt oder Wohnsitz in Österreich nehmen. Die müssen nicht österreichische Staatsbürger sein; für österreichische Staatsbürger war Österreich schon bisher zuständig. Das Besondere bei all diesen terroristischen Straftaten ist, dass die Tat in dem Land, in dem sie begangen wurde, nicht strafbar sein muss. Das


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heißt, auch solche Straftaten wie Reisen zu terroristischen Zwecken, das Gutheißen terroristischer Handlungen, die ja nicht überall auf der Welt strafbar sind, können dann, wenn jemand später nach Österreich kommt, in Österreich bestraft werden.

Das geht sehr, sehr weit. Ich würde davor warnen, die Staatsanwaltschaften mit der Verfolgung von Delikten zu überlasten, die sie davon abhalten, das zu verfolgen, was wirklich wichtig und gefährlich ist.

Ich möchte aber auch noch etwas zu dem Antrag, den Herr Abgeordneter Noll einge­bracht hat, sagen: Ich kann dieses Anliegen, etwas dagegen zu tun, dass parteipoli­tisch motivierte Besetzungen erfolgen, absolut nachvollziehen.

Was Sie aber vorschlagen, ist einerseits nicht notwendig, denn eine Diskriminierung aus Gründen der Weltanschauung – eine Partei wird man auch dazu zählen können, jedenfalls wenn sie ein Programm hat – ist jetzt schon unzulässig, und die Strafrechts­bestimmung ist ein stumpfes Schwert. Man wird nie nachweisen können, dass das nur aus parteipolitischen Gründen war, daher würde das, glaube ich, nichts bringen. Das, was wir brauchen, sind transparente Verfahren. Danke. (Beifall bei NEOS und Liste Pilz.)

13.10


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.


13.10.59

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, dass ich mich einleitend bedanke, mich bei dir, sehr geehrter Herr Klubobmann Strolz, auf das Herz­lichste für die guten Gespräche, die wir immer geführt haben, bedanke. Ich bedanke mich auch dafür, dass du das Thema Rechtsstaatlichkeit angesprochen hast. Du hast auch das Thema Polen erwähnt. Da treffen wir uns auch, denn es ist uns allen in Zei­ten wie diesen, in denen in einigen Ländern die Rechtsstaatlichkeit sehr wohl gefährdet ist, natürlich unheimlich wichtig, dem entgegenzutreten und Maßnahmen zu setzen.

Das ist auch ein Umstand, dass wir es im Rahmen unserer Ratspräsidentschaft zu ei­nem Thema gemacht haben, bis zum Ende der Ratspräsidentschaft gemeinsame Schlussfolgerungen, nämlich der 28 Mitgliedstaaten, zu verabschieden und uns nicht nur auf das Verhältnis zwischen der Kommission und den einzelnen Mitgliedstaaten verlassen, denn es ist die Aufgabe von uns allen, in eine Richtung zu gehen, die Rechtsstaatlichkeit und damit Rechtssicherheit gewährleistet.

Das Zusammenleben, das du auch angesprochen hast, bedingt eines: Gegenseitiges Vertrauen ist die Grundlage für gegenseitige Anerkennung und gleichzeitig auch die Grundlage für ein Europa, in dem Freiheit, Sicherheit und Recht herrschen müssen.

Also nochmals herzlichen Dank, dass du diese Initiative auch mitunterstützt und immer unterstützt hast. Herzlichen Dank auch dafür, dass du deine Tätigkeit und dein Know-how weiterhin einbringst – ich glaube, Österreich braucht das, es ist wichtig für uns, um Österreich neu zu bauen beziehungsweise für die Zukunft weiterzuentwickeln. Noch­mals herzlichen Dank!

In diesem Zusammenhang steht nun das Strafrechtsänderungsgesetz 2018 auf der Tagesordnung. Wenn man sich heute die ersten fünf Tagesordnungspunkte anschaut, sieht man, dass mein Haus sehr darum bemüht ist, Österreich weiterzubringen, Öster­reich moderner, wettbewerbsfähiger und leistungsfähiger zu machen, gleichzeitig auch die Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit dem Recht zu stärken und nicht zuletzt – auch ein wichtiger Aspekt – Österreich sicherer zu machen.


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Gerade die Vorlage, die jetzt behandelt wird, nämlich das Strafrechtsänderungsge­setz 2018, geht genau in diese Richtung, indem die Terrorismusrichtlinie umgesetzt wird und gleichzeitig auch die Opferrechte für terroristische Opfer ausgebaut werden und diese auch dann, wenn „nur“ – natürlich unter Anführungszeichen – ein wirtschaftli­cher Schaden eingetreten ist, einen Anspruch auf Prozessbegleitung haben, was bis dato nicht der Fall war.

Darüber hinaus geht es auch um die Regelung einer Judikaturkontroverse, die auch Sie, Frau Dr. Griss, im Zusammenhang mit der Ausdehnung der inländischen Gerichts­barkeit angesprochen haben.

Wenn wir uns auch den heute noch zur Diskussion stehenden Punkt betreffend Ein­führung eines Elektronischen Notariatsform-Gründungsgesetzes anschauen: Auch da­durch werden wir moderner, indem wir auch den internationalen Herausforderungen gerecht werden und gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass Unternehmensgründungen leichter und auch unter Nutzung moderner Kommunikationsmittel stattfinden können.

Auch da sind wir in Österreich Vorreiter, nachdem wir auf europäischer Ebene gerade Digitalisierung im Gesellschaftsrecht diskutieren. In diesem Zusammenhang geht es darum, dass im gesamten Lebenszyklus eines Unternehmens, von der Gründung bis zur Liquidation, elektronische Kommunikationsmittel zur Verfügung stehen. Also auch da sind wir mit der heutigen Beschlussfassung Vorreiter in Europa.

Es geht auch um das Genossenschaftsgesetz und darum, einen Unterschied – der nicht zu rechtfertigen war – zwischen Genossenschaften und Kapitalgesellschaften zu beseitigen, aber dabei gleichzeitig insbesondere auf die Rechte der Genossenschaft, aber auch auf die Rechte der Gläubiger Rücksicht zu nehmen, dass die nicht zu kurz kommen. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass auch die Sicherheit – auch was den Bereich Geldwäsche betrifft – in Zukunft in vollem Ausmaß aufrechterhalten wird und eine Rechtslage, wie sie derzeit in Deutschland besteht, auch in Österreich eingeführt wird.

Nicht zuletzt sehen Sie auch, dass uns auch die Schwächsten in unserer Gesellschaft, nämlich die Kinder, wichtig sind. Es ist sehr positiv, dass nunmehr auch wir unterstüt­zen, dass zum Beispiel Panama, Kolumbien oder El Salvador auch der Kinderrechts­konvention beitreten, um in diesem Bereich schneller handeln zu können.

Was die Umsetzung der Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung betrifft – die einzelnen Tatbestände, die nun umgesetzt werden, wurden bereits angesprochen –, möchte ich auf ein paar Punkte eingehen. Frau Dr. Griss hat unter anderem darauf hingewiesen, dass eine Erweiterung der inländischen Gerichtsbarkeit nicht statthaft wäre und der Tä­ter jedenfalls zum Zeitpunkt der Tat in Österreich sein müsse und nicht, wie es vorge­sehen ist, eine Bestrafung in Österreich auch stattfinden kann, wenn die Tat im Aus­land stattgefunden hat und der Täter sich in der Folge nach Österreich begeben hat, das heißt also, in der Folge in Österreich einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Sie haben recht, es war ursprünglich der OGH, der festgehalten hat, dass für die Be­strafung, die inländische Strafbarkeit, Voraussetzung ist, dass der Täter zum Zeitpunkt der Tat zumindest einen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat. Es hat aber in der letzten Zeit mehrere Entscheidungen des OGH gegeben, in denen darauf hingewiesen wurde, dass es für die Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit ausreiche, wenn der Täter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nach dem Tatzeitpunkt in Ös­terreich begründe und aktuell ein inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt des Angeklagten bestehe.

Das heißt, mit der Vornahme der Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit folgen wir daher der Rechtsprechung des OGH, das heißt, wir sind nicht überschießend, son-


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dern wir lösen die Judikaturkontroverse und führen sie in eine Richtung, die dazu führt, dass Rechtssicherheit geschaffen wird.

Herr Abgeordneter Noll hat so wie auch im Ausschuss seine Bedenken im Zusammen­hang mit der Erweiterung des Katalogs finanzierungstauglicher Straftaten geäußert. Dazu möchte ich erwähnen, dass künftig insbesondere auch die Finanzierung einer Ausbildung zu terroristischem Zwecke – das heißt von Terrorcamps – und die Reisen dorthin und auch die Terrorismusfinanzierung als solches unter Strafe gestellt sind.

Ebenso angesprochen wurde die Finanzierung einer Reise zu terroristischem Zwecke im Sinne eines Tatbestandes, Sie (in Richtung Abg. Noll) haben es ja auch ausgeführt, das ist der § 278g des Strafgesetzbuches. (Zwischenruf des Abg. Noll.) Sie haben in diesem Zusammenhang auch ausgeführt, dass angeblich in diesem Bereich ein Gold Plating vorliegen würde. Da kann ich darauf hinweisen, dass es da haben Sie recht – zwar nicht notwendig wäre, den § 278d Abs. 1 im Rahmen der Richtlinie zur Terroris­musbekämpfung umzusetzen, aber auf der anderen Seite sieht ja gerade diese Umset­zung der Terrorismusrichtlinie vor, dass wir gleichzeitig die UN-Konvention gegen Ter­rorismusfinanzierung umsetzen, und genau diese Konvention erfordert es, dass wir diese Reisen auch entsprechend unter Strafe stellen. Das heißt, wir sind in diesem Be­reich nicht überschießend, sondern setzen auch die UN-Konvention gegen Terroris­musfinanzierung um.

Was die Einführung des neuen Tatbestandes für Reisen zu terroristischem Zweck be­trifft, haben Sie recht, dass in dem Fall, dass sich mehrere an einer Reise beteiligen, das bisher bereits strafbar war. Neu ist, dass auch ein Einzeltäter, der allein reist, unter Strafe gestellt wird.

Sie haben in diesem Zusammenhang auch die Frage gestellt: Wann beginnt die Reise, wann findet das statt? – Ich möchte darauf hinweisen, dass der OGH schon bisher die Ankündigung gegenüber Mitgliedern einer Terrororganisation, zu ihnen zu reisen und sich aktiv zu beteiligen, als physischen Tatbeitrag gesehen hat. Also auch dabei folgen wir der Rechtsprechung des OGH beziehungsweise setzen wir damit die Terrorismus­richtlinie um.

Zum letzten Teil, der vom Herrn Abgeordneten Jarolim beziehungsweise von Frau Ab­geordneter Bayr im Zusammenhang mit den sogenannten Freedom Fighters angespro­chen wurde, möchte ich erwähnen, dass ich dankbar bin, dass Begutachtungen statt­fanden und entsprechend Stellung bezogen wurde. Es wurde im Rahmen des Stellung­nahmeverfahrens mehrmals darauf hingewiesen, dass die Beibehaltung der Freedom Fighters sehr wohl im Einklang mit der Terrorismusrichtlinie stehen könnte.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass wir dem auch deshalb nachgekommen sind, weil wir unter Mitgliedstaaten nachgefragt haben, ob sie Probleme hätten, würden wir die Freedom Fighters weiterhin als Ausnahme vorsehen.

Dass das ursprünglich herausgefallen ist – das möchte ich auch nicht unerwähnt las­sen –, war dadurch, dass Österreich seinerzeit bei der Verhandlung der Terrorismus­richtlinie unbedingt wollte, dass die Freedom Fighters aufrecht bleiben, die anderen Mitgliedstaaten hatten dem aber nicht zugestimmt. Aufgrund dieser Diskussionen in den einzelnen Ratsarbeitsgruppen waren die Freedom Fighters im ursprünglichen Be­gutachtungsentwurf nicht vorgesehen.

Aber in diesem Zusammenhang – Sie haben es angesprochen – zeigt sich: Wenn man zusammenwirkt und gleichzeitig auf Probleme hinweist, kann dies zu einem sehr posi­tiven Ergebnis führen. Daher danke ich für dieses Ergebnis und hoffe, dass im Sinne von mehr Rechtssicherheit, auch im Sinne der Bekämpfung von Terrorismus diese Vorlage Ihre Zustimmung findet. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.20

13.20.06



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 93

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend Straf­rechtsänderungsgesetz 2018 samt Titel und Eingang in 252 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen. (Bei­fall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Justiz­ausschusses, seinen Bericht 262 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

13.21.283. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (253 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das GmbH-Gesetz und die Notariatsordnung geändert werden (Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz – ENG) (263 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Noll. – Bitte.


13.22.02

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Bundes­minister! Es gibt ja nicht nur Dinge, wo man dagegen ist, weil es schlecht wäre oder gar nicht tolerierbar ist, sondern es gibt auch Dinge, wo man meint: Das ist jetzt wirk­lich zu wenig. Wenn der Herr Bundesminister uns hier gesagt hat, es geht um Moderni­sierung, es geht um die Abschaffung des Alten, dessen, was überflüssig ist, es geht darum, mehr Leistungsbereitschaft, mehr Wettbewerbsfähigkeit zu erzeugen: Da ge­hen wir mit dem Bundesminister konform.

Umso weniger sehen wir ein, warum jetzt beim Elektronischen Notariatsform-Grün­dungsgesetz genau das nicht gemacht wird. Es hätte hier nämlich leicht die Möglich­keit gegeben, das Monopol der Notare, das es bei uns auf diesem Gebiet gibt, endlich abzuschaffen, wie es auch in anderen Ländern längst abgeschafft ist, und dem öster­reichischen Publikum, den Wirtschaftstreibenden und allen Interessierten hier die Mög­lichkeit zu geben, all das, was jetzt gut, richtig und modern eingeführt wird, auch über die österreichische Rechtsanwaltschaft realisieren zu lassen.

Ich muss gestehen, mir fehlt es hier ein bisschen an Fantasie, um zu verstehen, wie die KollegInnen Fürlinger, Ragger, Fürst, Tschank dazu kommen, dass sie als Anwäl­tinnen und Anwälte dem zustimmen, denn das ist wirklich ein Anachronismus. Es ist die berechtigte Forderung der österreichischen Rechtsanwaltschaft schon seit vielen, vielen Jahren, hier die Dinge, die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Österreich


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genauso gut machen, ohne dass sie von der Republik betraute Organe wären, von die­sen durchführen zu lassen.

Da man das hier nicht gemacht hat und sich nicht entschließen konnte, die Moderni­sierung wirklich dorthin zu treiben, wo es auch heute schon möglich wäre, werden wir gegen das Gesetz stimmen, weil es zu wenig ist, aber nicht, weil es falsch wäre. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

13.24


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Jachs. – Bitte.


13.24.07

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Gleich zu Beginn: Herr Kollege Noll, es hat schon seinen Sinn, dass die verschiedenen Berufsstände unterschiedliche Aufgaben haben. Ich glaube, das ist auch gut so.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Österreich liegt beim World Bank Ranking „Doing Business“ aus dem Jahr 2017 in der Kategorie „Starting a Business“ auf dem 111. Platz von 190 Plätzen. Ich denke, wir sind einer Meinung, wenn ich sage, dass wir das bes­ser machen können. Dass wir es besser machen wollen, zeigen wir heute, weil wir die gesetzliche Möglichkeit schaffen, dass GmbHs in Zukunft digital gegründet werden können. Ein bisschen sperriger formuliert heißt das, dass wir heute das Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz beschließen wollen.

Die Zahl der GmbH-Gründungen liegt in Österreich bei durchschnittlich 3 500 Gründun­gen pro Jahr, das entspricht in etwa 12 Prozent der gesamten Gründungen. Unsere Gründerinnen und Gründer, unsere Start-ups fordern zu Recht, dass wir mit der Zeit und mit der modernen Technologie gehen. Bis jetzt hat es nämlich Probleme bereitet, dass, wenn Gründer involviert sind, die aus anderen Mitgliedstaaten kommen, auch diese gleichzeitig beim Notar persönlich anwesend sein müssen. Das hat zu mehr Auf­wand und manchmal auch zu zusätzlichen Kosten geführt.

Ich bin mir sicher, dass durch das neue Gesetz die Zahl der Gründungen steigen wird, denn wir erleichtern den Gründungsakt erheblich. Wir ermöglichen nämlich, dass nicht mehr alle GründerInnen persönlich beim Notar anwesend sein müssen, sondern auch die Möglichkeit besteht, über Videokonferenz diesen Gründungsakt durchzuführen. (Beifall bei der ÖVP.) – Ich denke, es verdient einen Applaus, dass wir den Gründungs­ablauf verkürzen.

Diese Videokonferenzen werden in einem gesicherten Datenraum stattfinden. Somit werden wir auch die Rechtssicherheit und die besondere Form des Notariatsaktes wahren. Die Videokonferenz ermöglicht natürlich auch Beratungen oder das Zuziehen von verschiedenen Experten wie Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Dolmetschern.

Hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang auch die gute Zusammenarbeit mit der Österreichischen Notariatskammer. Danke für die Unterstützung! Sie arbeitet ja schon seit längerer Zeit an diesem Projekt und hat auch den Probebetrieb sehr positiv bewertet. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Der Herr Bundesminister hat es schon gesagt: Es laufen auf EU-Ebene Planungen, um digitale Gründungsmöglichkeiten zu schaffen. Österreich ist hier einen Schritt voraus. Ich denke, wir können das sehr begrüßen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein attraktiver Standort macht Mut zur Selb­ständigkeit. Mit diesem heutigen Beschluss fördern wir die Innovation und Effizienz am Standort Österreich. Ich bedanke mich also für Ihre Zustimmung und für die konstruk-


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tive Zusammenarbeit im Ausschuss. Und abschließend noch einmal ein Dankeschön an die Notariatskammer für die Unterstützung! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.27


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Jarolim. – Bitte.


13.27.40

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich verstehe Kollegen Noll schon, wenn man es jetzt aus Sicht der Standesvertretung sieht – und es sind ja viele Anwälte hier –, dass die Frage gerechtfertigt erscheint: Wa­rum das Notariat schon und warum die Anwälte nicht?

Wir haben ja im Rahmen der Besprechung im Justizausschuss auch erörtert, dass in Diskussion steht, das auch auf Anwälte auszuweiten, weil ich hier die Unterschied­lichkeiten gerechtfertigterweise nicht ganz erkennen kann. Ich glaube, Kollege Stefan sieht das in seiner Objektivität auch so.

Daher glaube ich, dass wir einer Zukunft entgegensehen können, in der wir die gegen­ständlichen Überlegungen im Sinne der Bevölkerung weiterentwickeln und derartige Maßnahmen dann künftig auch durch Rechtsanwälte durchgeführt werden. Wir werden daher, bei aller Wertschätzung der Argumente des Kollegen Noll, dieser Materie zu­stimmen und sehen dem Abstimmungsvorgang mehr oder weniger mit Interesse entge­gen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Ihr seid jetzt auch bei den Vernünftigen dabei!)

13.28


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Reifenberger. – Bitte.


13.28.54

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehr­te Besucher auf der Galerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Es geht hier um eine Änderung des GmbH-Gesetzes und der Notariatsordnung. Inhaltlich geht es im We­sentlichen um zwei Themengebiete. Das erste Gebiet ist die Schaffung eines elektroni­schen Notariatsaktes, der in einer Videokonferenz entsteht, sodass nicht alle Gesell­schafter gleichzeitig beim Notar anwesend sein müssen.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer Schritt, der die Gründung einer GmbH vereinfacht, und zwar unter Nutzung von modernen Kommunikationstechnologien. Aber gleichzeitig – und das ist ein wesentlicher Punkt – wird das hohe Sicherheitsniveau bei­behalten, indem hier eben Notare beigezogen werden.

Es gab eine Testphase für die volldigitale GmbH-Gründung. In dieser Testphase hat man gesehen, dass den Bestrebungen der Digitalisierung des Gesellschaftsrechtes sowohl auf österreichischer Ebene auf der einen Seite als auch auf europäischer Ebene auf der anderen Seite vollkommen entsprochen wurde. Gleichzeitig ist aber auch den Er­wartungen der Gründer selbst entsprochen worden, die hier eine Vereinfachung haben, unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung der hohen Prozesssicherheit des gesamten Grün­dungsvorgangs.

Für die Gründung einer GmbH ist ein Gesellschaftsvertrag notwendig, der in Form ei­nes Notariatsaktes abzuschließen ist. Der Notar hat hierbei eine Identifizierung der Par­teien vorzunehmen und im Rahmen seiner Möglichkeiten auch die Geschäftsfähigkeit zu überprüfen. Weiters hat der Notar Belehrungspflichten wahrzunehmen, die Gesell­schafter über die Möglichkeiten der Gestaltung der Urkunde zu beraten und die Gesell­schafter auch auf Haftungsrisiken hinzuweisen.


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Darüber hinaus hat der Notar weitreichende Prüf- und Sorgfaltspflichten, welche ein wesentlicher Punkt für die Gewährleistung der Rechtssicherheit in diesem Bereich sind. Damit verbunden ist auch: Es dient einer Verhinderung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung, zur Verhinderung von Sozial- und Steuerbetrug und auch zur Durchsetzung von Konsumenten- und Gläubigerschutz – ebenfalls ein ganz wichti­ger Punkt, der in der Debatte gerne einmal vergessen wird.

Die Schwierigkeit der gleichzeitigen Anwesenheit aller Gründer wurde als ein Verzöge­rungsgrund identifiziert. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es teilweise durch Ur­laube, Krankenstände oder berufliche Abwesenheiten manchmal zu Terminverschie­bungen und damit zu Verzögerungen beim Gründungsvorgang kommt. Insofern ist die­se digitale GmbH-Gründung eine Möglichkeit zur weiteren Beschleunigung des Grün­dungsprozesses. Für Gesellschafter, die eine weitere Anreise auf sich nehmen müs­sen, ist es auch eine entsprechende Kostenersparnis.

Im zweiten Punkt des vorliegenden Gesetzentwurfes geht es um gesetzliche Präzisie­rungen, was den Umfang und die Reichweite der notariellen Pflichten im Rahmen der Unterschriftsbeglaubigungen angeht. Hier kommt es zu einer Klarstellung, aber in manchen Teilen auch zu einer Verschärfung. Es gibt nämlich eine kleine Diskrepanz zwischen der herrschenden Meinung in der Literatur auf der einen Seite, auch in der Judikatur, insbesondere der des Europäischen Gerichtshofes, und auf der anderen Seite dem wortwörtlichen Gesetzestext.

Der Notar ist generell zur Wahrung des Gesetzes verpflichtet und hat – so die Litera­tur – eine Beglaubigung abzulehnen, wenn ein verbotenes Geschäft unterschrieben wer­den soll. Das Gleiche gilt auch für Schein- und Umgehungsgeschäfte, für Geschäfte, die einen Dritten widerrechtlich benachteiligen. Damit aber der Notar das überhaupt beurteilen kann, muss er sich auch die Urkunde zumindest in den Grundzügen inhalt­lich ansehen. Das ist etwas, was in weiten Teilen ohnehin schon der notariellen Praxis entspricht, und das wird hier im Gesetz noch klargestellt.

Zu den vorangegangenen Redebeiträgen der Kollegen Noll – er ist jetzt, glaube ich, nicht mehr hier im Saal – und Jarolim möchte ich nur eines sagen: Bei dem jetzigen Gesetz handelt es sich nur um eine Anpassung an die modernen technischen Möglich­keiten, ohne hier auf Rechtssicherheit zu verzichten. Die Notare tun also in Zukunft ge­nau das, was sie bisher getan haben, nur dass sie das in Zukunft auch in einer digi­talen Form, in Form einer Videokonferenz, machen können. Für eine Verschiebung der Berufsbilder, wie sie hier teilweise angesprochen wurde, zwischen Notaren und Anwäl­ten besteht überhaupt kein Anlass. Der Notar als neutrale Urkundsperson ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je.

Es geht aber nicht nur um Haftungsrisiken der Gesellschafter, sondern auch um die Haftungsbeschränkung, die hier umgekehrt Risiken für Gläubiger und auch für die Kon­sumenten mit sich bringt. Wenn ich heute einen Vertragspartner habe, der seine Haf­tung beschränkt, wird das Risiko auf andere verlagert. Insofern wundert es mich ein bisschen, dass hier Kritik aus den Reihen der SPÖ kommt – zumindest haben Sie sich früher einmal den Konsumentenschutz ganz groß auf Ihre Fahnen geschrieben. An­scheinend hat die Sozialdemokratie hier einige Werte aus der Vergangenheit und jetzt auch den Konsumentenschutz über Bord geworfen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In diesem Sinne freut es mich, dass wir heute einen wichtigen Schritt zu einem mo­derneren Gesellschaftsrecht setzen, aber ohne auf Qualität und Rechtssicherheit für unsere KMUs und den Wirtschaftsstandort Österreich verzichten zu müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.34


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Becher. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 97

13.34.14

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass es dieses Gesetz ermöglicht, dass elektronische Mittel bei der Gründung eines Unternehmens, bei der Errichtung eines Notariatsaktes herangezogen werden können, wobei aber klargestellt ist – und das ist, glaube ich, ganz wichtig –, dass der Notar weiterhin verantwortlich bleibt für die Identitätsfeststellung. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Rufe und Ge­genrufe zwischen FPÖ und SPÖ.)

98 Prozent aller GesmbHs sind Klein- und Mittelbetriebe, und wir haben heute schon eine Zahl gehört, es werden in Österreich sehr, sehr viele – es gibt unterschiedliche Zahlen dazu – GesmbHs gegründet.

Dieses Gesetz ist keine alleinige österreichische Erfindung. Es ist – das wurde auch von meinem Vorredner erwähnt – die Abbildung einer Richtlinie der EU, die vom 25. April dieses Jahres stammt. Diese sagt – und das möchte ich jetzt vorlesen – über den Ein­satz digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht: Das zielt ab auf die Möglichkeit der Online-Gründung, wobei die Mitgliedstaaten die Beteiligung etwa von Notaren – das ist also offen, wie man es hier gestalten kann – zur Überprüfung der Identität vorsehen können. Wir haben also mit dieser Notariatsform die europäische Entwicklung vorweggenommen.

Es gibt aber zu diesem Entwurf durchaus auch kritische Stellungnahmen. Zum Beispiel hat der Österreichische Gewerkschaftsbund dazu gesagt, dass beim vorliegenden Ge­setzentwurf zu befürchten ist, dass damit auch Scheinfirmen begünstigt werden oder Sozial- und Steuerbetrug ermöglicht werden.

Jedenfalls wird die Gründung erleichtert, nur denke ich auch, die Erwartungen sollten nicht zu hoch gesteckt werden. Denn es wird heute einerseits das Idealbild eines er­folgreichen Unternehmers sehr toll dargestellt, aber in der Realität ist es leider nicht immer so, dass alle Unternehmensgründungen auch erfolgreich sind und sein werden. Somit ist die Vereinfachung sicher sehr positiv, aber sie darf nicht ein echter Faktor für eine Entscheidung sein, hier eine GesmbH zu gründen. Das, glaube ich, muss man auch sagen. Aber einer sinnvollen Modernisierungsmaßnahme stimmen wir natürlich zu. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Bevor ich dem Herrn Minister als letztem Redner das Wort erteile, möchte ich mitteilen, dass die elektronische Redezeiterfassung im Au­genblick defekt ist. Wir stoppen hier händisch mit, an der Lösung des Problems wird ve­hement gearbeitet. (Abg. Jarolim: Wer arbeitet an der Lösung?) Alle! Das ganze Haus arbeitet daran. (Beifall und Zwischenrufe bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Bitte, Herr Minister, Sie haben das Wort.


13.37.45

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mich bei Ihnen herz­lich dafür bedanken, dass gerade diese Vorlage nahezu einheitliche Zustimmung fin­det, und möchte, nachdem Frau Abgeordnete Jachs sehr ausführlich zu den Vorzügen dieses Gesetzes Stellung genommen hat beziehungsweise auch Abgeordneter Reifen­berger, nicht näher darauf eingehen, was diese Gesetzesbestimmungen bedeuten, möchte aber sehr wohl zur Frau Abgeordneten Becher noch etwas sagen in Blickrich­tung des Begutachtungsverfahrens, auch in Blickrichtung darauf, dass ÖGB oder Ar­beiterkammer sich da kritisch geäußert haben.

Aus diesem Grund haben wir, wie vorher ausgeführt, sehr wohl auch die Stellungnah­men im Rahmen des Begutachtungsverfahrens mitberücksichtigt, indem wir nunmehr


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 98

vorgesehen haben, dass beispielsweise auch die Standards der Online-Identifikations­verordnung der Finanzmarktaufsicht aufgenommen werden. Darüber hinaus – wenn Sie sich die Verordnungsermächtigung anschauen – richtet sich die Verordnungser­mächtigung in dem Fall auch am § 6 Abs. 4 des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes aus. Also auch da hat gerade die Begutachtung meines Erachtens zu einer Verbesse­rung des Rechtsschutzes beigetragen.

Abschließend möchte ich zum Herrn Abgeordneten Noll, der im Moment nicht im Saal ist, noch erwähnen, dass vielleicht doch diese Debatte, wie sie geführt worden ist, dazu führt, dass auch er zustimmt, und zwar insbesondere auch deshalb, weil er ausgeführt hat, dass gerade das vorliegende Gesetz gut, richtig und modern ist – das heißt, glau­be ich, ein Gesetz, dem man zustimmen kann. Wir sind jederzeit offen dafür, weitere Gespräche zu führen, um auch die Anliegen der Rechtsanwälte mit aufzunehmen, zu diskutieren und vielleicht auch eine Lösung zu finden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.39

13.39.31


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 253 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Somit ist der Ge­setzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

13.40.134. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (254 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Spaltung von Genossenschaften (Ge­nossenschaftsspaltungsgesetz – GenSpaltG) erlassen wird und mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genossenschaftsrevisionsrechtsän­derungsgesetz 1997, das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaf­ten, das SCE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Woh­nungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Umgründungssteuergesetz und das Bank­wesengesetz geändert werden (264 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 4. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.40.57

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Künftig sollen Genossenschaften wie Kapitalgesellschaf­ten die Möglichkeit haben, eine Spaltung vorzunehmen. Das soll diese neue Organisa­tionsform ermöglichen. Wörtlich heißt es in den Erläuterungen dazu: „Durch die vorge­schlagenen Maßnahmen könnte die Rechtsform der Genossenschaft insgesamt an At­traktivität gewinnen.“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 99

Rechtstheoretisch spricht natürlich nichts dagegen. Es erweitert den Gestaltungsspiel­raum der Genossenschaften. Jedoch unterscheidet sich die heutige Vorlage doch sehr stark von der ursprünglichen Regierungsvorlage, die in Begutachtung gegangen ist. Darin war die Aufspaltung auch für gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften vorge­sehen, was diese selbst aber nie haben wollten. Sie haben das nicht so gesehen.

Gefahren wären natürlich gegeben gewesen, es wäre ein Einfallstor für den Abverkauf, für eine Zerschlagung dieses Sektors. Die gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften unterliegen sehr strengen Regeln, wie zum Beispiel dem Kostendeckungsprinzip. Nach der Ausfinanzierung kostet eine Genossenschaftswohnung – also eine gemeinnützige Wohnung; landläufig sagen wir Genossenschaftswohnung – 1,75 Euro pro Quadratme­ter, was natürlich der weitaus günstigste, preiswerteste Wohnraum ist, den es gibt. Das heißt, durch dieses Kostendeckungsprinzip gibt es keinen nennenswerten Gewinn, der hier erzielt werden kann.

Es stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien solche gemeinnützigen Wohnbauge­nossenschaften aufgespaltet werden könnten. Der Wert dieser Objekte richtet sich na­türlich auch danach, wo diese Wohnungen liegen. In strukturschwachen Gebieten sind die Wohnungen billiger als anderswo. Wer hätte Interesse daran, solche Wohnhausan­lagen zu erwerben? – Natürlich die großen Immobilienspekulanten, die ja auch als Großspender für die Österreichische Volkspartei im Wahlkampf aufgetreten sind. Sie hätten an diesen wertvollen Genossenschaften sicherlich großes Interesse. Der weni­ger profitable Bereich würde sich selbst überlassen werden.

Jetzt frage ich mich: Ist den Regierungsparteien bei diesem Gesetz ursprünglich ein Fehler unterlaufen, als sie die Wohnungsgenossenschaften in diesen Entwurf hineinge­nommen haben, oder ist dies bewusst geschehen? – Ich frage mich deshalb, weil schon 1993 mit dem Wohnrechtsänderungsgesetz klargestellt wurde, dass die Spal­tung von Kapitalgesellschaften auf Gemeinnützige nicht angewendet werden kann. Das heißt, man hat das damals bei Genossenschaften generell nicht zugelassen, und nun war es im Entwurf enthalten. Deshalb finde ich es sehr, sehr positiv, dass dieser Punkt jetzt herausgenommen wurde, aber das ist ja nicht ganz klar gewesen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Jetzt haben Sie Ihren Erfolg, Frau Kollegin!)

Ich habe es erwähnt, weil Ihnen bewusst gewesen sein musste, dass die Wohnungen da nicht hineingenommen werden können. Es war sehr ärgerlich, dass sie es dennoch gemacht hatten. Dem Gesetz sind die Giftzähne gezogen worden. Alle Maßnahmen, die ich jetzt aufgezählt habe, können Sie natürlich auch in der Stellungnahme der Ge­meinnützigen nachlesen.

Die Giftzähne sind gezogen, und wir werden diesem Gesetz jetzt auch zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.45


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Steinacker. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Jarolim: Völlig richtig war dieser Rück­zieher!)


13.45.09

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Die Zwischen­rufe von Kollegen Jarolim zu diesem Thema: Lieber Genosse Jarolim, genau du hast dieses Gesetz, das für die Genossenschaften in Österreich so unglaublich wichtig ist, jahrelang blockiert! Seit 2016 lag der Entwurf vor, und du hast aus unsachlichen Grün­den (Abg. Jarolim: Ausschließlich sachlich begründet!) diese Beschlussfassung Jahre hindurch verhindert. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 100

Was lange währt, wird endlich gut! Insofern war die Begutachtung und alles, was Kolle­gin Becher ausgeführt hat, natürlich richtig. Aber, Frau Kollegin, bei aller Wertschät­zung: Das, was Sie jetzt hier gesagt haben, ist ein Anwendungsbereich, den es mit die­sem Gesetz ja überhaupt nicht gibt, denn die Wohnbaugenossenschaften sind explizit von der Anwendung dieses Spaltungsgesetzes ausgenommen. Daher war Ihre Rede nicht wirklich ein sachlicher Beitrag zu dem, was für die Genossenschaften in Öster­reich jetzt tatsächlich möglich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich Ihnen sagen, was wir nun endlich machen können, wenn wir diese unsachliche Gesetzeslücke, die es mit der nicht vorhandenen Möglichkeit, Genossenschaften zu spalten, gab, nun schließen, wa­rum das jetzt so wichtig ist und was wir damit tun. Und lassen Sie mich vielleicht für all jene, für die die Genossenschaft eine nicht ganz gängige Kapitalgesellschaft ist, ein­fach einmal sagen, was es denn ist.

Das Gesetz beschreibt Genossenschaften als „Personenvereinigungen mit Rechtsper­sönlichkeit von nicht geschlossener Mitgliederzahl, die im Wesentlichen“ – und das ist ganz entscheidend – „der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder dienen“. Idee und Sinn der Genossenschaft ist es schlichtweg – ganz wichtig! –: mitein­ander mehr erreichen. Das haben Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch als Wegbereiter der Genossenschaft in der neuen, heutigen Form zum Grund­prinzip gemacht: Wo die Dinge für den Einzelnen zu groß sind, wirken viele zusammen und stemmen gemeinsam das, was ein Einzelner nicht erledigen kann.

Beispiele sind – und das ist jetzt sicher keine Themenverfehlung –: Gemüse, das ich habe, kann ich nicht allein vertreiben. Wir schließen uns zu einer Vertriebsgenossen­schaft zusammen. Oder: Ich bin Landwirt und kann mir einen Mähdrescher allein nicht leisten, daher wird sowohl die Beschaffung als auch die Benutzung dieses Mähdre­schers gemeinschaftlich im Maschinenring organisiert. Oder: Ich habe keinen Zugang zu einem Kredit, daher gründe ich oder beteilige ich mich an einer Bank, wie es Raiff­eisen und auch die Volksbankengruppe äußerst erfolgreich in und für Österreich tun. Oder: Ich habe keine Wohnung, also trete ich bei oder gründe eine Wohnbaugenos­senschaft, damit diese Genossenschaft für mich das Haus baut.

Auch wenn dieses Spaltungsgesetz, ich sage es noch einmal, definitiv für die Wohn­baugenossenschaften nicht anwendbar ist, weil wir das Vermögensbindungsprinzip unbedingt schützen wollten und sicherstellen, dass das nicht umgangen werden kann, so sage ich trotzdem: Von der Idee her ist auch eine Wohnbaugenossenschaft selbst­verständlich eine Genossenschaft.

Fakt ist, die Genossenschafter sind gleichzeitig Eigentümer und Nutzer. Das Wesen der Genossenschaft ist dadurch geprägt, dass man nicht um jeden Preis eine Rendite erzielen will, sondern dass man auf lange Sicht natürlich ertragreich sein will, aber die Leistungen für die Mitglieder in den Vordergrund stellt.

Daher: Wir schließen heute diese Gesetzeslücke. Ich nehme mit großer Begeisterung zur Kenntnis, dass nunmehr auch die SPÖ diesem Gesetzentwurf zustimmt. Ich glau­be, das ist gut und richtig, denn es macht Sinn. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Wir können in Zukunft einzelne Unternehmensbereiche einer Genossenschaft, wie zum Beispiel die IT oder den Einkauf, herausspalten oder es können auch regionale Stand­orte herausgetrennt werden.

Wichtig war für uns, dass durch die Begutachtung noch wesentliche Punkte eingeflos­sen sind. Zum Gläubigerschutz wurden die Rechte des Revisors erweitert, und Mitglie­dern, die mit einer Spaltung nicht einverstanden sind, wurde das Recht eingeräumt, der einen oder der anderen Genossenschaft angehören zu können.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 101

Meine Damen und Herren, Genossenschaft bedeutet: einer für alle, alle für einen. In diesem Sinn ist es für mich und uns alle äußerst wichtig, dass diese Rechtsform weiter aufrechterhalten, gefördert und modernisiert wird. In diesem Sinn denke ich: Die 1 700 Genossenschaften in Österreich haben nunmehr die Möglichkeit, sich auch zu spalten, um im Sinne der Mitglieder effizienter, besser und innovativer zu sein. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.49


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Feichtinger. – Bitte.


13.49.50

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kollegin Steinacker! Begeisterung schaut anders aus – auf Steirisch –, wenn Sie schon sagen, Sie nehmen mit Begeisterung zur Kenntnis, dass wir dieser Vorlage zustimmen werden.

Wie Kollegin Becher bereits zutreffend festgestellt hat, wurden die gemeinnützigen Bauvereinigungen durch eine Bestimmung im WGG von diesem Genossenschafts­spaltungsgesetz nunmehr ausgenommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Ebenfalls erfolgte die Klarstellung, dass ein Revisionsverband in Form eines Vereins nicht in eine Genossenschaft umgewandelt werden kann.

Diese berechtigten Anliegen der Gemeinnützigen wurden seitens der Sozialdemokratie unterstützt und haben in den vorliegenden Gesetzentwurf Eingang gefunden.

Wie Kollegin Becher ebenfalls schon gesagt hat – so weit, so gut –, hat die Diskussion über die Materie gezeigt, dass es sinnvoll ist, sich mit Expertinnen und Experten aus der Branche auf fundierter Grundlage für Änderungen von Vorhaben der Regierung einzusetzen, um so Verbesserungen zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wem nützen also diese neuen Regelungen? Cui bono? – In den Erläuterungen zum vorliegenden Gesetz wird festgehalten, dass im Unterschied zu Kapitalgesellschaften, GmbH, AG, Genossenschaften bisher eben nicht die Möglichkeit hatten, eine Spaltung vorzunehmen, das heißt, „ihr Vermögen oder einzelne Vermögenswerte im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf eine oder mehrere, neue oder bereits bestehende Genos­senschaften zu übertragen“. Dies stelle eine Benachteiligung der Genossenschaften gegenüber Kapitalgesellschaften dar. Mit dem vorliegenden Gesetz wird die Umgrün­dungsform der Spaltung in Hinkunft auch den Genossenschaften offenstehen.

Weiters findet sich in den Erläuterungen ausgeführt – und da wird es recht spannend –: Von den rund 1 700 in Österreich registrierten Genossenschaften dürfte in absehbarer Zeit nur ein sehr geringer Anteil tatsächlich eine Spaltung anstreben, weshalb eine spürbare Mehrbelastung der Firmenbuchgerichte nicht zu erwarten ist.

Was bleibt also unter dem Strich übrig? – Lassen Sie es mich in zwei Worten zusammen­fassen: eine Lex Raiffeisen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

13.52


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Tschank. – Bitte.


13.52.36

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Es geht um die Schaffung eines neuen Gesetzes, und, wie ich meine, eines sehr guten Gesetzes. Die Rechtsform der Genossenschaft ist bisher vom


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 102

Gesetzgeber ein wenig stiefmütterlich behandelt worden. Ich bin sehr zufrieden, dass sich dies mit dem vorliegenden Genossenschaftsspaltungsgesetz ein Stück weit än­dern wird.

Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften – GmbHs, Aktiengesellschaften; meine Vorgän­ger haben das schon erwähnt –, gibt es bei Genossenschaften bis dato gar keine Mög­lichkeit, eine Spaltung im Sinne des Umgründungsrechtes vorzunehmen, was ein gro­ßer Nachteil gegenüber Kapitalgesellschaften ist. Diese Lücke, diesen Nachteil wollen wir hier beseitigen, denn auch in Deutschland ist eine Spaltung von Genossenschaften schon längst möglich.

Für die vielen Zuseher zu Hause: Was bedeutet denn eigentlich Spaltung von Genos­senschaften? – Eine Genossenschaft soll ihr Vermögen zur Gänze oder teilweise im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine neue oder bereits bestehende Genossen­schaft übertragen dürfen.

Was ist dabei wichtig? – Ein korrektes Umtauschverhältnis von Geschäftsanteilen. Die Anteilseigner der übertragenden Genossenschaft sollen verhältnismäßig Anteilseigner der neuen Genossenschaft werden. Ein sachkundiger Revisor ist beizuziehen, der ei­nen positiven Verkehrswert der neuen Genossenschaften bestätigen muss und damit auch die Interessen von Mitgliedern und Gläubigern gleichermaßen im Auge haben soll. Besonders wichtig ist ein ausreichender Schutz der Gläubiger, also jener, die da­ran interessiert sind, dass sich ihr Haftungsfonds gegenüber der übertragenden Ge­nossenschaft nicht weiter schmälert. Alle diese wichtigen Punkte finden im neuen Ge­setz Berücksichtigung.

Besonders hervorzuheben ist, sehr geehrte Damen und Herren, dass es einen ausge­wogenen Mechanismus bei der sogenannten nicht verhältniswahrenden Spaltung gibt, also bei einer Spaltung, bei der die Anteile an der neuen Genossenschaft nicht in je­nem Verhältnis zugeteilt werden, wie es der Beteiligung der Mitglieder bei der übertra­genden Genossenschaft entspricht.

Welche Möglichkeiten hat ein Mitglied der Genossenschaft in diesem Fall, wenn es un­zufrieden ist? – Es hat ein Kündigungsrecht – das heißt, ein Mitglied kann seine Mit­gliedschaft bei der übertragenden beziehungsweise neuen Genossenschaft kündigen und wird in weiterer Folge auch ausbezahlt werden – oder aber ein Wahlrecht – das heißt, ein Mitglied kann verlangen, sich an einer anderen Genossenschaft entsprechend zu beteiligen.

Damit haben die Mitglieder der Genossenschaft aus unserer Sicht ein sehr hohes Maß an Handlungsoptionen, und das ist äußerst positiv, sehr geehrte Damen und Herren.

Daher ist der vorliegende Vorschlag eines Genossenschaftsspaltungsgesetzes alles in allem ein sehr guter. Damit wird die Rechtsform Genossenschaft sicherlich ganz, ganz wesentlich aufgewertet. Wir befürworten das ausdrücklich. – Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.55


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als momentan letzter Redner in dieser Debatte gelangt Herr Abgeordneter Haubner zu Wort. – Bitte.


13.55.59

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. Ich glaube, unter die­sem Leitspruch kann man die Geschichte des Genossenschaftsspaltungsgesetzes zu­sammenfassen, wenn wir 25 Jahre später, 25 Jahre, nachdem wir das für die Kapital­gesellschaften gemacht haben, jetzt für die Genossenschaften endlich nachziehen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 103

Ein kleiner Nachhilfeunterricht für den Genossen Feichtinger: Herr Genosse Feichtin­ger, ich verstehe nicht ganz, dass gerade Sie als Genosse sich so sehr gegen dieses Genossenschaftsspaltungsgesetz aussprechen, denn ich glaube, es ist nicht eine Lex Raiffeisen. Wahrscheinlich sollten Sie wissen, dass Österreich viele bedeutende Ge­nossenschaften hat. Das fängt bei der Murauer Brauerei an, geht über die APA, über die AKM bis hin zur Bäko und den Volksbanken. Wir machen also etwas für viele und nicht für eine Gruppe, das möchte ich einmal ganz deutlich hier festhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Genossenschaftsidee ist nun einmal eine erfolgreiche Idee des Wirtschaftens, nur ist sie in Österreich nicht ganz so bekannt wie in Deutschland, aber was einer nicht kann, können eben bekanntlich viele. Das hat schon Hermann Schulze-Delitzsch ge­sagt, und immerhin ist dieses Modell des regionalen und nachhaltigen Wirtschaftens nun schon 130 Jahre alt. Man kann auch mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ – weil er schon zi­tiert worden ist – Friedrich Wilhelm Raiffeisen zitieren.

Meine Damen und Herren, Österreich ist im Hinblick auf Genossenschaften gut aufge­stellt. Deshalb begrüße ich, dass wir mit dem Genossenschaftsspaltungsgesetz das nachvollziehen, was die Kapitalgesellschaften schon sehr, sehr lange machen dürfen.

Ich möchte auch ganz kurz noch etwas zum Inhalt sagen. Im Zuge einer Spaltung wer­den Vermögensteile der zu spaltenden Gesellschaft, die auch als übertragende Gesell­schaft bezeichnet wird, auf andere Gesellschaften so übertragen, dass die Gesell­schafter der übertragenden Gesellschaft an der übernehmenden Gesellschaft beteiligt werden. Damit stellt die Spaltung von Gesellschaften das Gegenstück zur Verschmel­zung dar. Es ist also sinnvoll, dass es eine Spaltung in dieser Hinsicht gibt, und sehr erfreulich, dass wir im Jahr 2018 die Möglichkeit der Gesetzwerdung nutzen.

Wir haben drei Jahre daran gearbeitet und – noch einmal – 22 Jahre darauf gewartet, dass wir diesen Prozess endlich abschließen können. Deshalb möchte ich ein Danke­schön an die Vorsitzende des Justizausschusses Michaela Steinacker für den Einsatz um dieses Gesetz, an unseren Herrn Minister, der es ermöglich hat, sowie an die Da­men und Herren im Ministerium und die Experten im österreichischen Genossen­schaftsverband richten. Den Raiffeisenverband möchte ich auch erwähnen, und der SPÖ danke ich für die Zustimmung. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Dr. Mo­ser zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


13.59.05

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Frau Präsidentin! Hohes Haus! In diesem Zusammenhang möchte ich erwäh­nen, dass dieses Gesetz in Zukunft nicht nur moderner wird, indem Ungleichgewichte beseitigt werden, sondern auch einen neuen Titel erhält, nämlich Genossenschaftsge­setz. Es wird damit der Titel Gesetz „über Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaf­ten“ aus 1873 ersetzt. Das heißt, wir sind nunmehr moderner. Gleichzeitig werden Un­gerechtigkeiten zwischen den Kapitalgesellschaften und Genossenschaften beseitigt. Darüber hinaus wird eine Rechtslage hergestellt, wie sie seit vielen Jahren schon in Deutschland besteht. Nachdem das nur für Kapitalgesellschaften gegolten hat, nach dem Spaltungsgesetz, war es daher logisch, das nun auszuweiten.

Was den Teil mit den gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften betrifft, möchte ich auch darauf hinweisen, dass bereits jetzt im § 11 Abs. 4 des Wohnungsgemeinnützig­keitsgesetzes Spaltungen in diesem Bereich ausgeschlossen gewesen sind.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 104

Ich bin daher dankbar, dass auch im Rahmen des Begutachtungsverfahrens darauf hingewiesen worden ist. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Frau Abgeordnete Steinacker als Vorsitzende des Justizausschusses war diejenige, die genau dieses Gesetz vorange­trieben und es auch zum Abschluss gebracht hat.

Nicht zuletzt möchte ich auch der Vollständigkeit halber erwähnen, dass auch das Genossenschaftsrevisionsgesetz geändert wird. Es ist ja derzeit so, dass Revisionsver­bände sowohl in der Rechtsform eines Vereins nach dem Vereinsgesetz als auch als Genossenschaft gegründet werden können. Nunmehr ist auch vorgesehen, dass die Vereine identitätswahrend in Genossenschaften umgewandelt werden. Das ist auch ein Schritt in die richtige Richtung. Dabei, Frau Abgeordnete Becher, ist auch vorgese­hen, dass diese identitätswahrende Umwandlung eines Revisionsverbandes in dem Fall für gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften nicht gilt.

Ich hoffe, da dieses Werk gemeinsam entstanden ist und auch die Begutachtung mit­eingeflossen ist, dass diese Gesetzesvorlage Ihre einhellige Zustimmung findet. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.01

14.01.10


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 254 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Einstimmigkeit.

Somit gelangen wir auch gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Ein­stimmigkeit. Somit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

14.01.525. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (113 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die Annahme der Beitritte Panamas, Uruguays, Ko­lumbiens und El Salvadors zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspek­te internationaler Kindesentführung (265 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir kommen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Salzmann. – Bitte.


14.02.41

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Besuchergalerie und daheim an den Fernsehgeräten! Das am 25. Ok­tober 1980 angenommene Haager Kindesentführungsübereinkommen ist ein Überein­kommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung. Das Haa­ger Übereinkommen ist ein multilateraler Vertrag, der versucht, die Kinder vor den sach­lichen und körperlichen Schäden und Folgen dieser grenzüberschreitenden Entführun­gen und des Vorenthaltens zu schützen. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen meist ein Elternteil das unter 16-jährige Kind unrechtmäßig in ein anderes Land ver­bringt oder es dort in diesem anderen Land auch festhält und nicht zurückbringt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 105

Um das Ganze ein wenig zu verdeutlichen, darf ich Ihnen einige Beispiele anführen: Stellen Sie sich einen marokkanischer Vater vor, der mit seinem Kind in Österreich lebt und im Urlaub nach Marokko fährt. Er bringt dieses Kind nicht mehr zurück, sondern bringt es dort bei seinen marokkanischen Verwandten unter, und man kann des Kindes nicht mehr habhaft werden. Zurück bleibt in Österreich eine Mutter, die sich sorgt und verzweifelt ist, weil sie nicht sicher ist, ob sie ihr Kind wiedersehen wird und wann sie es wiedersehen wird, und natürlich auch, wie es diesem Kind geht. Ich glaube, jede Mutter, jeder Vater kann sich in so etwas hineinversetzen.

Oder stellen Sie sich eine Österreicherin vor, die mit ihrem Mann in Griechenland lebt. Sie fährt mit ihrem Kind nach Österreich, quasi auf Heimaturlaub, und geht nicht mehr zurück nach Griechenland. Diese Mutter entzieht ihr Kind dem Vater.

Oder ein dritter Fall, damit das auch ganz plausibel wird: Ein Vater bringt das Kind nach einem Besuchskontakt, der ja durchaus gerichtlich geregelt ist, nicht mehr zur Mutter oder vielleicht auch nicht mehr den Obsorgeberechtigten zurück, wenn wir an eine Jugendwohlfahrtseinrichtung denken, wo dieses Kind vielleicht untergebracht ist, sondern er bringt es in sein Heimatland.

Das alles, meine Damen und Herren, sind Fälle von Kindesentführungen, die zwar nicht täglich in Österreich vorkommen, die aber weltweit immer wieder auch für Auf­merksamkeit sorgen. Kinder werden dabei gegen ihren Willen von einem Elternteil ge­trennt und sehr oft in eine ihnen oftmals völlig fremde Gesellschaft eingegliedert. Der beraubte Elternteil – verzeihen Sie mir, wenn ich das so nenne –, der Elternteil, dem das Kind entzogen ist, kann dies aber oft sehr schwer verkraften. Auch das Wissen oder das Nichtwissen, ob man es weiterhin sieht, führt sehr oft zur Verzweiflung.

Meine Damen und Herren, in meinem Beruf habe ich sehr viel mit Kindern zu tun. Die Kinderseele ist eigentlich das Verletzlichste, das möglich und denkbar ist, und dieses Kind, diese Kinderseele gilt es zu schützen. Hier kann die Gesellschaft und hier darf der Rechtsstaat nicht zusehen. Es gilt, dieses Kind, seine Seele und das Aufwachsen dieses Kindes, und zwar in vertrauter Umgebung, zu schützen und zu wahren.

Internationale Kindesentführung, meine Damen und Herren, ist ein soziopolitisches Problem in einer heute sehr pluralen und globalen Gesellschaft. Fakt ist, dass vor al­lem binationale Partnerschaften und Ehen diese Gefahr, dieses Risiko viel häufiger in sich tragen.

Die Rückführung von Kindern ist auch deshalb erschwert, weil mehrere rechtsstaatli­che Systeme beteiligt sind. Genau hier setzt das Haager Kindesentführungsüberein­kommen an und versucht mit den Vertragsstaaten, mit den Vertragsparteien ein be­schleunigtes Verfahren abzuwickeln und eine möglichst rasche Rückführung dieser Kinder zu gewährleisten. Bis dato haben 98 Vertragsparteien dieses Haager Kindes­entführungsübereinkommen unterzeichnet, 65 Staaten sind beigetreten, 27 Staaten ha­ben ratifiziert.

Da dieses HKÜ, wie es abgekürzt heißt, gesetzesändernd und gesetzesergänzend ist, bedarf ein Beitritt von neuen Ländern auch der Annahme durch die Vertragspartner. Das ist jetzt der Punkt, wo wir im Parlament ins Spiel kommen. Als Mitgliedstaaten brauchen wir dafür eine Ermächtigung der EU. Diese Ermächtigung wurde mittels
EU-Ratsbeschluss bereits im Dezember 2017 ausgesprochen, der Ministerrat hat im Mai 2018 die Annahmeerklärung Österreichs für die Staaten Panama, Uruguay, Ko­lumbien und El Salvador bereits abgesegnet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es liegt an uns, auf das Wohl dieser Kinder zu schauen und bleibenden Schaden abzuwenden. Ich bitte daher in diesem Sinne auch um die Zustimmung zu dieser Annahmeerklärung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.08



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 106

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.09.01

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Justizminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Übereinkommen der Haager Konvention – wir haben es jetzt ohnehin sehr ausführlich gehört – regelt zivilrechtliche Aspekte bei Kindesent­führungen über Landesgrenzen hinweg. Jeder Beitritt von zusätzlichen Ländern zu die­ser Konferenz ist natürlich gut, weil es die Breite erweitert und es zum Beispiel einfa­cher möglich ist, sich gegenseitig Informationen zukommen zu lassen, die Kooperation zwischen Behörden effizienter zu machen und solche Entführungen auch schneller und besser wieder zu beenden.

Von diesen vier Ländern, die jetzt beitreten – Panama, Uruguay, Kolumbien und El Sal­vador – liegen drei am südamerikanischen Kontinent, und ich möchte das jetzt als Ge­legenheit nutzen, um als Vorsitzende der bilateralen – wobei bilateral in dem Fall ein bisschen ein dummer Begriff ist, weil in Südamerika ja ganz viele Länder sind und nicht nur eines, mit dem wir eine parlamentarische Partnerschaft haben, trotzdem heißt es bilaterale Gruppe – parlamentarischen Gruppe Österreich-Südamerika kurz etwas zu sagen, weil ich mir denke, dass gerade dieser Kontinent von uns sehr oft im politischen Denken sträflich vernachlässigt wird und für viele von uns ein absolut blinder Fleck ist.

Dabei ist es nicht nur ein großer und prosperierender Kontinent mit sehr vielen unter­schiedlichen spannenden Kulturen, sondern ich glaube, dass wir auch sehr viele politi­sche Aufgaben global gemeinsam zu bewältigen haben, wobei Lateinamerika, Süd­amerika ein wichtiger Partner für Österreich und für die gesamte EU sein sollte und müsste.

Ich denke nur an die Frage, gemeinsam das Klima zu schützen. Wenn wir zum Beispiel bilaterale – oder auch mit der EU – Verträge mit südamerikanischen Ländern abschlie­ßen, dann sollten Investitionen wirklich so laufen, dass sie einen positiven Impact für die Entwicklung und keine negativen Auswirkungen für Umweltfragen, für Natur- und für Klimafragen haben. Es wäre sehr wichtig, enger zusammenzuarbeiten, zu schauen, dass wirklich menschenwürdige Arbeit auf diesem Kontinent der Standard wird, was es jetzt leider oft noch nicht ist. Es gibt unter anderem viele Kooperationen in Sachen Aus­bildung, aber ich denke mir, da ist noch sehr, sehr viel zu tun.

In dem Sinn freue ich mich sehr, dass diese vier lateinamerikanischen Länder zusätz­lich zu dem Vertrag hinzukommen. Wir haben aber trotzdem mit diesem Kontinent noch sehr viel zu tun. In dem Sinne: ¡Viva América latina! (Beifall bei der SPÖ.)

14.11


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.11.51

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (PILZ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Beitritt Panamas, Uruguays, Kolumbiens und El Salvadors zum Haager Abkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internatio­naler Kindesentführung erhöht auf der einen Seite natürlich die Rechtssicherheit bei Zuständigkeit und Verfahren, ich möchte allerdings darauf hinweisen und aufmerksam machen, dass die ursprüngliche Stoßrichtung dieses Abkommens aus 1980, also der Schutz bei tatsächlicher Kindesentführung, nicht mehr das ist, bei dem es heute eben im allermeisten Fall zur Anwendung kommt.

Die allermeisten Fälle, in denen es zur Anwendung kommt, sind heutzutage Obsorge­streitigkeiten. Es geht in den meisten Fällen darum, dass ein Elternteil aus einer bina-


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tionalen Ehe – wenn zum Beispiel eine Österreicherin einen Kolumbianer heiratet –, zumeist die Mutter, mit dem gemeinsamen Kind nach der Trennung oder Scheidung schlicht nicht in ihre Heimat Österreich zurück kann.

Um einen Fall zu konstruieren: Eine Österreicherin, die einen Kolumbianer geheiratet hat und mit ihm zwei Kinder hat, kann de facto ihre Kinder nicht mit nach Österreich mitnehmen, wenn der Vater dies einfach nicht möchte. In Kolumbien gilt bei einer Scheidung automatisch die gemeinsame Obsorge, und aufgrund des Abkommens drückt natürlich der Mann in Kolumbien bei Nichteinigung den Knopf Haager Abkom­men, und somit wird nach dem Kind sofort gefahndet und es wieder zurückgebracht.

Ich glaube, hier geht es also ganz stark um rechtliche Aspekte, aber ganz wenig um das Kindeswohl selbst. Das ist auch mein Ansatz und mein Appell an die Bundesre­gierung: Das Kindeswohl muss hier im Zentrum stehen und noch stärker ins Zentrum gerückt werden. Deshalb ist mein Appell, bei der Überarbeitung, bei der wirklich nöti­gen Überarbeitung des Haager Abkommens bitte das Kindeswohl ins Zentrum zu stel­len. Ich möchte Sie auch auffordern: Nehmen Sie das mit und überarbeiten Sie es da­hin gehend! – Danke sehr. (Beifall bei der Liste Pilz.)

14.13


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesmi­nister Dr. Moser. – Bitte, Herr Minister.


14.13.46

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Nochmals herzlichen Dank, dass Sie offensichtlich mit Ihren Redebeiträgen die Zustimmung geben werden, sodass die Länder Panama, Uruguay, Kolumbien und El Salvador dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung beitreten können. Das ist deshalb entscheidend, weil gerade bei Kindesentführungen Kinder die Opfer sind und der Streit der Eltern auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird.

Auch im Rahmen des österreichischen Ratsvorsitzes ist es uns ein besonderes Anlie­gen, Kindern zu helfen. Das ist auch der Grund, warum wir größten Wert darauf legen, dass die Brüssel-IIa-Verordnung revidiert wird – insbesondere in der Blickrichtung, dass in Zukunft Verfahren im Zusammenhang mit Kindesentführungen nicht mehr meh­rere Jahre dauern, wie Frau Abgeordnete Salzmann das ausgeführt hat, sondern dass die Verfahren in Zukunft nicht mehr länger als 18 Wochen dauern dürfen und gleich­zeitig auch die Vollstreckung nicht mehr länger als sechs Wochen in Anspruch nehmen darf.

Darüber hinaus werden auch die Rechte der Kinder gestärkt, indem Kindern auch ein Äußerungsrecht gegeben wird, wenn sie bereits eine entsprechende Reife im Verfah­ren aufweisen. Das heißt, wir tun alles, um auch international Kinder und ihre Rechte immer mehr in den Blickpunkt zu rücken.

Mit Ihrer heutigen Zustimmung signalisieren Sie die Unterstützung unseres Anliegens. In dem Zusammenhang möchte ich mich auch für die sehr gute und fruchtbringende Diskussion im Ständigen Unterausschuss für EU-Angelegenheiten bedanken, wo Sie im Zusammenhang mit der Revision von Brüssel-IIa Anregungen gemacht haben, die wir natürlich im Rahmen der weiteren Beratungen auf EU-Ebene miteinfließen lassen werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

14.15

14.15.35


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


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Somit gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 113 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

14.16.076. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2017 (III-160/259 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir kommen jetzt zum 6. Tagesordnungspunkt.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Winzig. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.16.23

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Kollegin­nen und Kollegen! Ich darf mich zunächst bei Ihnen, Frau Präsidentin, und auch bei Ihrem Team ganz herzlich für die hervorragende Aufbereitung des Bundesrechnungs­abschlusses bedanken.

Der Bundesrechnungsabschluss ist ja so etwas wie die Bilanz des Bundes. Wie bei ei­nem Unternehmen stellt man die Aufwände, die Erträge, die Auszahlungen, die Ein­zahlungen, die Aktiva und die Passiva gegenüber und zieht dann Schlüsse: der Unter­nehmer, wie es in der Zukunft weitergeht, und auch wir Politiker müssen mit dem Bun­desrechnungsabschluss die richtigen Schritte für die Zukunft einleiten.

Wie der Bundesrechnungsabschluss 2017 ganz deutlich aufzeigt, ist die Bundesregie­rung auf dem richtigen Weg, nämlich Reformen in diesem Land anzugehen. Fakt ist, die Finanzschulden haben sich von 2016 auf 2017 um 3,5 Milliarden auf 211 Milliarden Euro erhöht, einem Vermögen von 90 Milliarden stehen Fremdmittel in der Höhe von 253 Milliarden Euro gegenüber.

Das Nettoergebnis hat sich zwar im Vergleich zum Vorjahr um 7,8 Milliarden Euro verbessert, ist aber immerhin noch mit 1,6 Milliarden negativ. Die positive Wirkung ha­ben wir durch Sondereffekte und natürlich aus erhöhten Steuereinnahmen dank der guten Konjunktur, vor allem aber haben wir sie auch den hervorragenden Leistungen unserer Unternehmerinnen und Unternehmer und unserer Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter zu verdanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Angesichts dieser Zahlen ist wohl jedem Österreicher klar, dass Reformen angegan­gen werden müssen, um unseren Wohlstand auch in Zukunft abzusichern. Österreich ist das viertreichste Land in der Europäischen Union, wir haben eine der geringsten Ar­mutsquoten und einen der geringsten Einkommensunterschiede auf der Welt.

Unser Wohlstand wurde aber in der Vergangenheit auch sehr teuer erkauft, nämlich mit der weltweit sechsthöchsten Steuer- und Abgabenquote, mit der sechsthöchsten Staatsausgabenquote in der EU, mit den dritthöchsten Sozialausgaben pro Kopf und den fünfthöchsten Staatsschulden pro Kopf in der Höhe von 33 000 Euro.

Um nachhaltig für die nächste Generation zu wirken, ist es wohl sinnvoller, wenn wir uns darauf konzentrieren, wie wir in Zukunft den Wohlstand erwirtschaften, und nicht, wie wir verteilen, denn verteilen beherrschen wir aus der Vergangenheit ohnedies per­fekt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Je später wir Reformen angehen, desto schwieriger und desto härter sind die Maßnah­men. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Reformen! Diese Bereitschaft spüren wir auch


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bei der Bevölkerung, bei den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Wahlkreis. Darum lade ich die Kolleginnen und Kollegen der Opposition ein, mit uns diesen erfolgreichen Weg weiterzugehen und die Projekte, die jetzt anstehen, zu unterstützen, nämlich die seit langem fällige Strukturreform der Sozialversicherungsträger, aber auch die Refor­men am Arbeitsmarkt.

Ein würdevoller Umgang mit arbeitslosen Menschen heißt für uns Integration in den Ersten Arbeitsmarkt, in die Unternehmen, und nicht Abschiebung in kurzfristige Schein­jobs, wie wir dies mit der Aktion 20 000 gemacht haben. Leider ist heute Herr Kollege Kern nicht da: Diese Aktion wurde auch ausgenutzt. Ich habe bei mir im Bezirk eine SPÖ-Bürgermeisterin, die in der Gemeinde über die Aktion 20 000 eingestellt wurde. Ich glaube, diese Aktion war nicht dafür gedacht, dass man Politiker versorgt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Danke an die Bundesregierung für ihre Reformbereitschaft, Danke aber auch an unse­ren Klubobmann für seine Themenaufbereitung und für seine nachhaltige Sicherung unseres Wohlstandes und vor allem auch Danke unseren Bürgerinnen und Bürgern, dass unsere Arbeit im letzten Jahr in den Umfragen so gut bewertet wird! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.20


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.


14.21.07

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Winzig, da Sie hier die Aktion 20 000 kritisiert haben, sollten Sie sich einmal durchlesen, was Ihr jetziger Klubobmann Wöginger bei der Beschlussfas­sung gesagt hat. Er hat gesagt, das sei ein Superkonzept und die ÖVP stehe voll da­hinter. Es stellt sich dann nur eine Frage (Ruf bei der ÖVP: Es ist abgelaufen!) – es ist nicht ausgelaufen, es wurde einfach beendet, sobald die SPÖ nicht mehr in der Regie­rung war – für einfach jeden, der zuhört, nämlich die Frage, wie ernst Kollege Wögin­ger es meint, wenn er hier sagt, etwas sei gut und da sei die volle Unterstützung seiner Partei dahinter, wenn dann wenige Monate später die anderen ÖVPler sagen, das sei immer schon eine ganz schlechte Idee gewesen. (Abg. Winzig: Das hat eine Evaluie­rung gezeigt!) Das heißt, Sie stellen in Wahrheit das Wort Ihres Klubobmanns hier vom Rednerpult aus in Frage. Da soll sich jeder ein Bild davon machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir diskutieren hier den Bundesrechnungsabschluss. Das ist so was wie die Bilanz der Republik für das Jahr 2017. Das ist quasi die Bilanz darüber, wie die Politik funktioniert hat, wie die Regierungsarbeit war. Da muss man sagen: Es ist eine sehr, sehr erfolg­reiche Bilanz, und zwar ziemlich unabhängig davon, welche Kennzahlen Sie heranzie­hen. Ich kann gleich die heranziehen, die Kollegin Winzig als die wichtigsten genannt hat. Sie hat vom Defizit gesprochen. Ja, das Defizit ist massiv zurückgegangen, und zwar administrativ. Es gibt ja fünf verschiedene Defizitarten. Die wichtigste ist das strukturelle Defizit – auch das ist zurückgegangen. Wir erfüllen alle Kriterien der Euro­päischen Union, nicht zum ersten Mal, sondern zum wiederholten Mal. (Abg. Winzig: Defizit bleibt Defizit!)

Zweitens haben Sie von der Steuer- und Abgabenquote gesprochen. Ja, sie ist gesun­ken – zum zweiten Mal hintereinander gesunken. Sie liegt bei circa 42 Prozent. Ich muss darauf hinweisen: Die höchste Steuer- und Abgabenquote hatten wir nicht, als ir­gendwelche bösen roten Schuldenmacher oder Steuererhöher in der Regierung waren. Nein, die hatten wir, als Schwarz-Blau das erste Mal zu zweit alleine regiert haben. Der größte Finanzminister aller Zeiten, wie er damals genannt wurde, Karl-Heinz Grasser,


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ist derjenige mit der größten Steuer- und Abgabenquote. Die lag damals nämlich bei 45 Prozent. Das sage ich nur, damit diese Verhältnisse hier zurechtgerückt werden.

Damals habe ich von der ÖVP nicht gehört, was ich heute höre, nämlich diesen fast mantraartig wiederholten Satz: Das Allerschlimmste ist eine hohe Steuer- und Abga­benquote. – Die Höhe der Steuer- und Abgabenquote ist ein Produkt dessen, was man hier darüber ausmacht, was man privat regeln soll und was man öffentlich oder ge­meinsam oder solidarisch finanzieren soll. Das bestimmt die Höhe der Steuer- und Ab­gabenquote und nicht irgendetwas anderes. Wie gesagt: Die höchste gab es unter Schwarz-Blau, unter Bundeskanzler Kern ist sie das zweite Mal in Folge gesunken.

Nun zur Frage der Schulden: Es heißt, wir hinterließen so arge Schulden für unsere nachkommenden Generationen. – Ich bin an und für sich kein Freund von Schulden. Ich bin ja Sozialdemokrat, und Sozialdemokraten mögen - - (Heiterkeit und Zwischen­rufe bei ÖVP und FPÖ.) Ja, ich sage das hier zum zehnten Mal. Sie lernen nicht, Sie sind noch immer überrascht. Das überlasse ich Ihnen. (Abg. Höbart: Schulden ma­chen und Steuern erhöhen, das ist das Problem der Sozialdemokratie!) Ich war zustän­dig für Steuergelder im dritten Bezirk. Es waren mehrere Abgeordnete von Ihnen auch dort. Sie werden wissen: Wir haben nie einen Euro Schulden gemacht – nie einen Eu­ro! Ich sage auch, wieso: weil Schulden ein Problem sind, das die Handlungsfähigkeit der Politik in der Zukunft einschränkt, und ich gebe lieber Geld für Investitionen aus als für Zinsen. (Abg. Winzig: Bis daher super! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Aber: Für Investitionen in die Infrastruktur bin ich natürlich. Wenn ich etwas baue, von dem ich weiß, dass es das Wirtschaftswachstum erhöht, dass das eine Investition in die Zukunft ist, das man die nächsten 50 Jahre nutzen kann, dann bin ich total dafür, dass man das natürlich kreditfinanziert macht. Das ist auch vernünftig. Das muss ich nicht aus dem Budget zahlen. Die Frage ist immer, wofür ich das mache.

Eines müssen wir aber feststellen: Wir reden von der Bilanz von Kern und Mitterlehner. Auch in dieser Frage ist das eine sehr gute Bilanz. Die Verschuldung ist 2017 gesun­ken, nicht nur im Verhältnis zum BIP, sondern nominell. (Abg. Hauser: ... immer noch kein ausgeglichenes Budget!) Das heißt, wir hatten in Euro am 31.12.2017 weniger Schulden, als wir das ein Jahr davor hatten. Da kann man sagen: Kern, Mitterlehner, sehr gut gemacht!

Die Arbeitslosigkeit ist auch gesunken, wobei man sagen muss, dass es vier Problem­bereiche bei der Arbeitslosigkeit gibt: die Arbeitslosen 50 plus, die Langzeitarbeitslo­sen, die Behinderten und anerkannte Asylwerber. Das sind die vier Problembereiche. Da muss man investieren. Das, was Sie jetzt machen, seit 1.1.2018, werden wir erst überprüfen können, wenn der nächste Rechnungsabschluss vorliegt. Die Latte liegt hoch. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.26


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter An­gerer. – Bitte.


14.26.55

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsiden­tin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, Herr Kollege Krainer hat gesagt: „Die Latte liegt hoch.“ – Das stimmt, die Latte liegt hoch. Wenn man bei Hochkonjunktur, die wir in den letzten Jahren gehabt haben, trotzdem noch 1,6 Mil­liarden Euro Defizit verursacht, dann liegt die Latte wirklich hoch. Ich hoffe, dass wir diese nicht erreichen werden mit den Budgets in den nächsten Jahren. (Abg. Krainer: Wie viel hat die Hypo gekostet im letzten Jahr?)

Aus meiner Sicht zeigt der Rückblick auf diese Bilanz, wie du sie genannt hast, eine Ära des Schuldenmachens, der Schuldenpolitik. Diese Ära ist, Gott sei Dank, mit der


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neuen Regierung zu Ende, und es geht in die Richtung, dass wir Schulden abbauen und Reformen einleiten in diesem Land. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich komme zu den Eckdaten. Wie schon gesagt, wir haben ein sehr gutes Wirtschafts­wachstum in den letzten Jahren, das haben wir auch 2017 schon gehabt mit fast 3 Pro­zent. Trotzdem haben wir ein negatives Ergebnis von 1,6 Milliarden Euro, einen Netto­finanzierungssaldo von fast minus 7 Milliarden Euro. Das Negativvermögen ist wieder gestiegen. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Unsere Schulden sind gestiegen, und wir sind Verpflichtungen für die Zukunft in Höhe von 135 Milliarden Euro eingegangen, die auch der Rechnungshof zu Recht sehr kritisch sieht und die unsere nächsten Genera­tionen und die nächsten Budgets belasten werden. (Abg. Krainer: Das ist falsch!) – Das ist nicht falsch, das sind die Fakten und das steht auch so in diesem Rechnungs­abschluss. Ich weiß nicht, was du gelesen hast, Herr Kollege Krainer.

Wenn man sich jetzt die einzelnen Bereiche anschaut oder die wesentlichen Bereiche, in denen sich etwas verändert hat, was Mehreinnahmen und Mehraufwendungen be­trifft, dann fällt eines schon auf: Ich betone noch einmal die gute Konjunktur, Mehrein­nahmen von rund 1,4 Milliarden Euro. Trotzdem war es nicht möglich, ein ausgegliche­nes Budget zu schaffen oder vielleicht sogar einen Budgetüberschuss zu erwirtschaf­ten. Hinzu kommt die Auflösung von Rückstellungen beim Schuldenabbau der Heta von 1,2 Milliarden Euro.

Das ist vielleicht auch ein Punkt, den man noch einmal beleuchten sollte, dieses ganze Thema der Abwicklungen von Banken in den letzten Jahren, die in Schwierigkeiten ge­raten waren. Da hat man eine Bank immer in den Fokus gestellt und dieser Bank die Verantwortung für alle Schulden des Landes zugeschoben. Das war die Hypo Alpe-Adria. Nun läuft trotz vieler Fehler nach der Übernahme durch die Bayern, die nicht hätte stattfinden sollen, die Verwertung der Assets mehr als positiv. Es werden trotz al­lem noch über 11 Milliarden Euro erlöst werden können aus diesen Assets. Zusätzlich haben die Bayern seit 2009 noch 4 Milliarden Euro aus der Bank kassiert, also zu­rückbekommen.

Wenn man das zusammenrechnet, dann sind das 15, 16 Milliarden Euro, die aus die­ser Bank in den letzten Jahren noch erwirtschaftet werden konnten durch einen Abbau, der wirklich schlecht gemacht wurde. Was jetzt die Verwertung betrifft, möchte ich das nicht sagen, aber für die Zeit davor, was das Management betroffen hat, trifft das auf jeden Fall zu.

Wenn man auf die andere Seite schaut, das ist nie erwähnt worden – oder nur beiläufig erwähnt worden; dieses Mal haben wir es erstmals auch im Budget abgebildet –: Die Kommunalkredit und die Volksbanken AG haben schon über 4 Milliarden Euro an Kos­ten verursacht. Ich traue mich heute zu sagen – bei allen Zahlen, die hier schon über die Hypo genannt worden sind: 18 Milliarden, 12 Milliarden, 14 Milliarden –, dass der Schaden bei diesen Banken am Ende vielleicht auch in dieser Größenordnung wie bei der Hypo liegen wird. Hier hat man eine Bank und ein Land, Kärnten, über Jahre skan­dalisiert.

Was dieses Budget noch gezeigt hat, war ein Rückblick in eine Ära des Schuldenma­chens. Herr Krainer würde heute noch so weitermachen. Schulden und hohe Steuern, das ist offensichtlich der Zugang, den die SPÖ hat. Gott sei Dank haben die Österrei­cher richtig entschieden und haben sie auf die Oppositionsbank geschickt.

Wie gesagt, die neue Regierung will eben dieses Schuldenmachen beenden: Ende der Schuldenpolitik! Es werden Reformen eingeleitet, und das sind große Reformen. Es wird eine Steuerreform kommen, die von unserem Staatssekretär Hubert Fuchs vorbe­reitet wird, die eine Entlastung in allen Bereichen bringen wird, vor allem auch was die


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Leistungsträger in diesem Land betrifft – die Arbeiter, die Angestellten, aber auch die Unternehmer. Wir werden Leistung in Zukunft auch wieder entsprechend würdigen und entlohnen. Das heißt, Leistung muss sich in unserem Land wieder lohnen und darf nicht durch hohe Steuern und einen aufgeblähten Staat verbraucht werden. Wir wollen einen schlanken Staat, der für die Bürger dieses Landes da ist. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.31


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Margreiter zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.32.01

Abgeordnete Doris Margreiter (SPÖ): Frau Kollegin Winzig hat in ihrer Rede behaup­tet, dass eine SPÖ-Bürgermeisterin aus ihrem Bezirk, und das ist auch mein - - (Abg. Winzig: Vizebürgermeisterin!) – Sie haben „Bürgermeisterin“ gesagt! (Abg. Winzig: Vi­zebürgermeisterin! – Ruf bei der SPÖ: Ich habe auch „Bürgermeisterin“ gehört! – Wei­tere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben „Bürgermeisterin“ gesagt!

Diese Bürgermeisterin sei über die Aktion 20 000 bei der Gemeinde angestellt worden.

Ich stelle richtig: Ich habe zwei SPÖ-Bürgermeisterinnen, eine ist Vollzeitbürgermeiste­rin und eine ist in Pension und Bürgermeisterin. (Beifall bei der SPÖ.)

14.32


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dop­pelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.32.41

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Herr Staatssekretär! Heute geht es um den Bundesrechnungsabschluss und wir sprechen somit, wie auch meine Kollegin schon gesagt hat, über die Bilanz des Bundes. Herr Staatssekretär! Sie kommen wie ich aus der Privatwirtschaft und wissen, wie Bilanzen in Unternehmen erstellt werden. Sie wissen auch sehr genau, wie die Prozesse dort ablaufen. Mir ist einfach aufgefal­len, dass wir uns bei der Budgeterstellung viel Zeit nehmen, daran arbeiten wir Wo­chen. Das ist auch gut und richtig so. Wenn es dann aber um das Ergebnis geht, also um den Budgetvollzug, dann kommt alles schon ziemlich schnell daher. In verblüffen­der Kürze wird das abgewickelt. Es ist ein bissel so, als ob niemanden wirklich interes­sieren würde, wie effizient das Budget gemanagt wurde.

Sollten wir uns also hier nicht die Frage stellen, ob wir nicht das, was in jedem Konzern selbstverständlich ist, auch auf den Staat umlegen und nutzbringend machen könnten, nämlich eine frühere Veröffentlichung der Daten, und uns damit einhergehend – man nennt sie so schön die Performance Audits – die leistungsbezogenen Indikatoren an­schauen? Am Ende des Tages könnte man dann auch die breite Diskussion suchen mit den einzelnen Fachgebieten, mit den Fachbereichen.

Wir NEOS schließen uns hier den Forderungen von Frau Dr. Kraker an – sie hat das ja auch im Vorfeld des Budgetausschusses, glaube ich, erwähnt –, nämlich dahin ge­hend, dass diese Financial Audits, die im Augenblick gemacht werden, diese Zahlen, die hier überprüft werden, nicht wirklich sehr aussagekräftig sind. Bei der Überprüfung, ob die Regierung wirklich effizient gewirtschaftet hat, könnte man schon noch ein, zwei Dinge drauflegen. Ich glaube, wir haben das Fachwissen, sodass wir das gemeinsam einbringen könnten.

Aber nun ein bissel zu den Zahlen: In Wahrheit geht es um drei große Dinge, wenn man sich den Abschluss 2017 anschaut. Die Einnahmen sind gesprudelt. Wir wissen das alle, wir haben es auch schon gehört: Es gab Rekordeinnahmen. Der zweite


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Punkt: Es gab auch Rekordausgaben, und zwar nicht nur dessen, was wir eingenom­men haben, sondern auch um einiges darüber hinaus. Auch das haben wir schon ge­hört. Ein weiterer Negativrekord ist das Nettovermögen, das sich weiter verschlechtert hat, und der Gesamtschuldenstand, der nominell – ich sage es jetzt ganz bewusst da­zu, damit es hier keine Aufschreie gibt – 211 Milliarden Euro beträgt. Das ist wirklich massiv. Wenn wir dabei bleiben und uns wieder in die Wirtschaft zurückbewegen, dann würde jedes Unternehmen hier massiv aufschreien und sagen: Wow, was tun wir da, wo sparen wir? – Anders die öffentliche Hand: Sie bleibt völlig ruhig und gibt das Geld auch weiter mit zwei Händen aus. Man muss es einfach sagen: Es schaut so aus, als gäbe es kein Morgen. Die Zinsen sind niedrig, die Wirtschaft boomt. Warum sollen wir uns jetzt darum kümmern? Es ist offenbar alles kein Problem. – Wir sehen das anders.

Die Einnahmen – ich habe es schon angesprochen, wir haben es auch schon gehört: 6,6 Prozent, die UG16 – sind gestiegen. Das sind, und das muss man sich schon auch einmal wirklich auf der Zunge zergehen lassen, um 686 Millionen höhere Einnahmen als veranschlagt. Also das ist nicht nichts. Wenn man sich dann Kennzahlen wie der Maastrichtsaldo oder die öffentliche Schuldenquote anschaut, dann schaut das natür­lich konjunkturbedingt sehr gut aus, aber etwas Nachhaltiges ist es einfach nicht.

Das bringt mich auch zu meiner Kritik. Alle Regierungen – nicht nur die jetzige, auch die davor – haben aus meiner Sicht keine nachhaltige Haushaltspolitik gemacht. Wa­rum nicht? – Sie haben alles von dem Geld, das sie eingenommen haben, wieder aus­gegeben. Was wir einfach nicht brauchen, ist die Mentalität, dass man das vorhandene Geld, weil man es ja offenbar gerade im Augenblick hat, einfach ausgibt, weil es halt da ist.

Eine gestaltende Finanzpolitik muss Möglichkeiten für Investitionen und für Entlastun­gen nutzen. Jetzt wäre es zum Beispiel möglich, wenn man zukunftsträchtig wirtschaf­ten würde, dass man sagt: Hey, wir tilgen alte Schulden. Das wäre eine Investition in die Zukunft. Das ist aber in dem, was wir beim Haushalt im Frühjahr besprochen ha­ben, nicht wirklich vorgekommen. Das geht auf Kosten der nachfolgenden Generatio­nen, das ist der berühmte Rucksack, den wir unseren Kindern und Enkelkindern gera­de umschnallen.

Gestaltende Finanzpolitik, Bildung, Forschung, Entwicklung, Wirtschaftsstandort – das ist wichtig, das gehört gemacht. Wir brauchen Entlastungen der Bürgerinnen und Bür­ger. Wir brauchen eine Reduktion der Staatsschulden, um das Risiko der steigenden Zinsen zu minimieren.

Die Bundesregierung hat sich für 2019 vorgenommen, ein Nulldefizit zu schaffen. Das ist im Angesicht der anhaltenden wirtschaftlichen Konjunktur nicht sehr ehrgeizig. Was ich dazu sagen möchte: Es braucht einfach diese Anstrengung, noch ein bisschen tie­fer reinzugehen und den Haushalt nachhaltig zu sanieren.

Unsere Konzepte liegen am Tisch. Herr Staatssekretär, Sie kennen sie. Sie werden das nicht alles eins zu eins unterschreiben, aber Sie haben die Pflicht, die Situation und vor allem die wirtschaftliche Lage jetzt zu nutzen. Hier möchte ich Ihnen mitgeben: Haben Sie Mut! Haben Sie den Mut, auch dorthin zu gehen, wo es wehtut! Sie haben viel angekündigt. Sie haben gute Dinge angekündigt. Jetzt geht es um die Umsetzung und um die Durchsetzung dieser Ankündigungen. Nur keine neuen Schulden zu ma­chen – wie auch Herr Angerer es gesagt hat – wird einfach im Augenblick nicht rei­chen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.37


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rossmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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14.38.01

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möch­te meine Redezeit heute nicht dafür verwenden, um auf Details des Rechnungsab­schlusses einzugehen, sondern ich möchte meine Redezeit nutzen, um eine Reform des Rechnungsabschlusses und der Debatte über ihn im Plenum anzustoßen.

Wenn wir das Budget diskutieren, diskutieren wir das immer im Ausschuss und im Ple­num unter Anwesenheit aller Ministerinnen und Minister. Wenn wir den Rechnungsab­schluss behandeln, diskutieren wir das üblicherweise im Budgetausschuss unter Anwe­senheit der Frau Präsidentin des Rechnungshofes und im Plenum üblicherweise auch nur unter der Anwesenheit der Frau Präsidentin des Rechnungshofes. Heute sitzt dan­kenswerterweise Herr Staatssekretär Fuchs da, aber üblich ist das nicht. Und warum ist das nicht üblich? – Das ist deshalb nicht üblich, weil der Rechnungsabschluss for­mal eigentlich nur als Bericht des Rechnungshofes im Plenum diskutiert wird. Ich finde das ehrlich gesagt sehr schade, weil der Budgetvollzug etwas ist, was hier im Plenum, aber auch im Ausschuss viel sorgfältiger diskutiert werden sollte, weil es ja immerhin darum geht, zu überprüfen, ob eine Regierung die Ziele, die sie sich im Budget gesetzt hat, auch im Budgetvollzug umgesetzt hat.

Ich habe mich schon immer gewundert, warum das so ist. Die Erklärung ist relativ ein­fach: Im Gegensatz zu anderen Staaten sind in Österreich die Erstellung des Rech­nungsabschlusses und die Prüfung des Rechnungsabschlusses institutionell in einer Hand, in der Hand des Rechnungshofes. Ich meine, in der Privatwirtschaft wäre es un­denkbar, dass die Erstellung des Rechnungsabschlusses und die anschließende Über­prüfung in einer Hand sind. Das sollte sich natürlich auch beim Bundesrechnungsab­schluss entsprechend anders darstellen. In den allermeisten Staaten ist es ja so – das hat ja auch eine Studie, die ich beim Budgetdienst beauftragt habe, vor zwei Jahren ergeben –, dass die Verantwortlichkeiten für die Erstellung und die Prüfung des Rech­nungsabschlusses deutlich voneinander getrennt sind und damit natürlich auch die Trans­parenz eine ganz andere ist als bei uns.

Da das aber bei uns in Österreich in einer Hand liegt, ist es auch so seltsam, dass wir zu diesem Abschluss hier eine Debatte führen, bei der auf der Regierungsbank nicht alle Mitglieder der Regierung sitzen, sondern im Regelfall die Frau Präsidentin des Rech­nungshofes. Ich diskutiere diesen Abschluss natürlich auch gerne mit Ihnen (in Rich­tung Rechnungshofpräsidentin Kraker), aber viel lieber würde ich das mit Ihnen und der gesamten Regierung tun.

Wenn ich jetzt sage, der Rechnungshof erstellt dieses Dokument, so sage ich gleich­zeitig dazu, dass das natürlich unter Mithilfe des Finanzministeriums und der haus­haltsleitenden Organe geschieht. Das heißt, die leisten ohnehin schon den größten Teil der Vorarbeit. Was macht der Rechnungshof dann noch? – Der Rechnungshof prüft dann im sogenannten Mängelbehebungsverfahren nach § 9 des Rechnungshofgeset­zes diesen Rechnungsabschluss.

Da aber nun die Verantwortlichkeiten nicht sehr klar sind, ist es in dem gegenwärtigen System auch so, dass eigentlich ein Bestätigungsvermerk durch den Rechnungshof undenkbar wäre. Da nämlich der Rechnungshof zur Richtigstellung im Rahmen des Mängelbehebungsverfahrens verpflichtet ist, trägt er nach außen hin sehr stark die Verantwortung für die Richtigkeit der Abschlussrechnungen, zu deren Prüfung er aber eigentlich beauftragt ist. Das ist schon eine Absurdität, die wir in Österreich haben.

Als Ergebnis dieser Studie, die ich beim Budgetdienst beauftragt habe, hatten wir ein­mal in einem begleitenden Haushaltsrechtsbeirat eine Debatte darüber. Das Ergebnis war, dass eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Finanzministeriums und des Rech­nungshofes eingesetzt wurde, die darüber diskutieren sollte.


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Vielleicht gelingt es uns in dieser Legislaturperiode, dieses österreichische Unikum zu beseitigen. Vielleicht gelingt es uns auch – und da sind wir alle hier im Nationalrat ge­fragt –, zu einer sinnvollen Debatte darüber zu kommen, wie die Ziele im Rechnungs­abschluss geprüft werden können und ob sie mit dem übereinstimmen, was im Bun­desvoranschlag beinhaltet war.

Abschließend habe ich folgende Bitte an Sie, Frau Rechnungshofpräsidentin: Können Sie uns über den Stand der Dinge in dieser Arbeitsgruppe etwas berichten? – Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz.)

14.43


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster hat sich der Herr Staatssekretär zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.


14.43.29

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen MMag. DDr. Hubert Fuchs: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Hohes Haus! Werte Zu­seherinnen und Zuseher! Ich möchte auf einen Teilbereich des BRA 2017 eingehen, nämlich auf die Vermögensrechnung. Die Notwendigkeit des zwischenzeitig einge­schlagenen Konsolidierungspfades zeigt sich ganz eindeutig in der Betrachtung der Vermögensrechnung des Bundes. Der Bund weist in seiner Vermögensrechnung ein negatives Nettovermögen von rund 162,5 Milliarden Euro aus. Damit hat sich das Net­tovermögen gegenüber 2016 neuerlich verschlechtert, und zwar um 0,8 Milliarden Eu­ro. Seit der Aufstellung einer Vermögensrechnung im Jahr 2013 hat sich das Nettover­mögen stetig, und zwar um insgesamt 28,6 Milliarden Euro, verschlechtert.

Das heißt, wir haben ein massives negatives Nettovermögen. Gerade deswegen wird das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts von der Bundesregierung konsequent weiterverfolgt. Mit den Budgets 2018 und 2019 ist dafür die Grundlage geschaffen wor­den.

Das gesamtstaatliche Maastrichtergebnis soll weiter gesenkt werden, nämlich im Jahr 2018 auf minus 0,4 Prozent des BIP, und bereits 2019 ausgeglichen sein. Die öffentliche Ver­schuldung soll in dieser Zeit von aktuell 78,4 Prozent auf 70,9 Prozent zurückgeführt werden. 2019 werden wir damit erstmalig seit 1954 einen Überschuss budgetieren. (Bei­fall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Seit 1954 hat es in unserem Land keinen Budgetüberschuss mehr gegeben. Das sind 65 Jahre, in denen immer mehr ausgegeben als eingenommen wurde, 65 Jahre, in de­nen kontinuierlich Schulden angehäuft wurden – und Schulden sind nun einmal etwas Schlechtes, Herr Abgeordneter Krainer –, und 65 Jahre, in denen wir auf Kosten un­serer Zukunft und unserer Kinder gelebt haben. Und diese Schuldenpolitik muss ein En­de haben.

Dies erfordert neben den gesetzten budgetentlastenden Maßnahmen auch eine stren­ge Haushaltsführung. Wie wir am Budgetvollzug 2018 sehen, sind wir allen kritischen Stimmen zum Trotz auf einem sehr guten Weg. Im Juli liegt der Budgetvollzug laut Fi­nanzierungsrechnung um 2,8 Milliarden Euro besser als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dies ist nur möglich, weil wir ausgabenkritisch hinterfragen, weil wir Priori­täten nicht einfach übernehmen, weil wir Maßnahmen nach Effizienz und Effektivität werten und zu guter Letzt Sparpotenziale heben und auch nützen. – Vielen Dank. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)

14.46


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Baumgartner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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14.46.48

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine Kollegin Winzig hat vorhin „Bür­germeisterin“ gesagt, meinte aber, dass eine Vizebürgermeisterin über die Aktion 20 000 eingestellt wurde.

Nichtsdestoweniger sind die Österreicherinnen und Österreicher fleißige Leute. Unser Wirtschaftswachstum liegt über den Erwartungen, wir können auf eine gute Entwicklung in den letzten Wochen zurückblicken. Das reale Bruttoinlandsprodukt ist im Jahr 2017 um 2,9 Prozent gestiegen, und so wird es in naher Zukunft auch bleiben.

Der Bundesrechnungsabschluss zeigt, es geht in die richtige Richtung. Wir bringen Ös­terreich zurück an die Spitze. Die Menschen spüren das, sie spüren den Aufwind. Die Finanzkrise dürfte überwunden sein, die Arbeitsmarktzahlen zeigen eine gute Entwick­lung, die Steuereinnahmen steigen. Eine gesunde Gesamtentwicklung Österreichs ist die Basis für die kommenden Reformen, die wir anstreben.

Es ist uns schon einiges gelungen. Mit dem Familienbonus Plus, mit der Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags entlasten wir. Mit 800 Millionen Euro mehr für Pfle­ge und Soziales und mit dem Sicherheitspaket helfen wir. Mit der Zusammenlegung der Sozialversicherungen ohne jeden Verlust von Serviceleistungen und einem Mehr von 1 Milliarde Euro für die Patienten sparen und helfen wir. Mit der Arbeitszeitflexi­bilisierung ermöglichen wir Gestaltungsraum für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Mit dem Standortpaket und der Klima- und Energiestrategie stellen wir die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung Österreichs.

Es soll am Monatsende für alle mehr bleiben. Daher werden wir die Steuer- und Abga­benquote, wie es auch im Regierungsprogramm verankert ist, in Richtung 40 Prozent senken. Wir müssen weiterhin an der Entbürokratisierung arbeiten, damit wir unseren Standort und den Arbeitsmarkt weiter stärken können. Die Menschen sollen sich auf das Wesentliche konzentrieren können und die Rahmenbedingungen müssen dafür einfach geschaffen werden.

Auch für unseren Finanzplatz gilt es, als Grundlage für einen wirtschaftlich erfolgrei­chen Standort wettbewerbs- und zukunftsfähig zu sein. Die Regionalbanken sind dabei ein wichtiger Partner für unsere Unternehmen und für unsere Angestellten. Sie kennen die Gegebenheiten vor Ort und können so auch in den Regionen zur positiven Entwick­lung beitragen. Auch da gilt es, mit Augenmaß zu handeln und mit Aufsichtsmaßnah­men nicht über das Ziel hinauszuschießen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal für das rasch geschnürte Dürrehilfe-Maßnah­menpaket Danke sagen. Für unsere Bäuerinnen und Bauern ist dies ein wichtiges Signal im Hinblick auf die existenzbedrohende Trockenheit in vielen Regionen. Unsere Bäuerinnen und Bauern sind die Ersten, die die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Auf sie darf nicht vergessen werden (Beifall bei der ÖVP, bei Abge­ordneten der FPÖ sowie der Abg. Holzleitner), wenn es darum geht, Rahmenbedin­gungen zu schaffen, die zur Kontinuität führen – stabil, fortdauernd und zukunftsorien­tiert, genau wie unsere Bäuerinnen und Bauern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.49


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Holzleitner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.50.33

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin!


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Zuseherinnen und Zuseher! Im Bundesrechnungsabschluss für 2017 stellt der Rech­nungshof zusätzlich zur regulären Budgetdarstellung, über die wir jetzt schon einiges gehört haben, auch die Risiken der mittelfristigen Haushaltsplanung dar. Diese Risiken wurden auch im Budgetausschuss von der Rechnungshofpräsidentin noch einmal ex­plizit erwähnt.

Es geht hier um Risiken im Zusammenhang mit angeblichen Einsparungen – beispiels­weise dem tatsächlichen Erreichen von Einsparungszielen durch die Streichung von Budgetspielräumen –, der angestrebten Reduzierung von Personalkosten des Bundes, der Finanzierung der Abschaffung des Pflegeregresses und der Erzielung der vorgese­henen einnahmenseitigen Sonder- und Einmaleffekte sowie – und das schaue ich mir als Kinder- und Jugendsprecherin natürlich ganz genau an – den geplanten Einsparun­gen durch die Indexierung der Familienbeihilfe.

Ich zitiere aus dem Bericht des Rechnungshofes: „Durch eine Indexierung der Fami­lienbeihilfe für Kinder im Ausland sollen Einsparungen generiert werden. Der RH weist darauf hin, dass diese Maßnahme noch keiner abschließenden gemeinschaftsrechtli­chen Beurteilung zugeführt wurde und sohin noch mit budgetären Unsicherheiten be­haftet ist.“

Die Regierung meint, hiermit 114 Millionen Euro einsparen zu können – ohne Ausnah­men für Diplomatinnen und Diplomaten, wohlgemerkt, die die Außenministerin Kneissl sowie brandaktuell auch ÖVP-Familiensprecher Norbert Sieber am 23. September in einem Interview gefordert haben. Diese Kürzungen von 114 Millionen Euro sind also al­leine schon durch diese privilegierte Sonderstellung für Diplomatinnen und Diplomaten von vornherein nicht haltbar. Völlig ignoriert wird dabei sowieso, dass die Europäische Kommission und viele Expertinnen und Experten diesem Vorhaben EU-Rechtswidrig­keit bescheinigen. (Abg. Zanger: Nein!)

Kommen wir aber noch einmal zu dieser Sonderstellung. Es ist nicht nachvollziehbar, dass da zwischen Kindern von Diplomatinnen und Diplomaten und Kindern von zum Beispiel der 24-Stunden-Pflegekraft aus dem osteuropäischen Land unterschieden wird, denn beide zahlen beispielsweise Steuern in Österreich in den Steuertopf ein und zahlen Abgaben. Deshalb meine ernst gemeinte Frage an die Regierungsparteien: Sind Ihnen Kinder von Diplomatinnen und Diplomaten mehr wert als jene der 24-Stun­den-Pflegekraft? Sollte nicht prinzipiell jedes Kind gleich viel wert sein und dieselben Chancen und Möglichkeiten erhalten, oder muss uns unsere Herkunft ein Leben lang verfolgen und die Möglichkeiten, die Chancen auf Neues langfristig verbauen?

Deshalb sagen wir Nein zu den Vorschlägen zur Indexierung der Familienbeihilfe, um allen Kindern dieselben Chancen und Möglichkeiten zu bieten und nicht je nach ihrem Aufenthaltsort und ihrer Herkunft zu differenzieren, denn Kinder können sich nicht aus­suchen, in welche Familie sie wo geboren werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Für uns gilt deshalb der Grundsatz: Ein Kind ist ein Kind ist ein Kind, und alle Kinder sind gleich viel wert. (Beifall bei der SPÖ.)

14.53


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Linder zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.54.07

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Präsiden­tin des Rechnungshofes! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen! Ge­schätzte Kollegen! Der Rechnungsabschluss 2017 ist wesentlich besser, als es der Vor­anschlag vorausgesagt hat – vielleicht weil man zu vorsichtig budgetiert hat, vielleicht weil die Experten das Wirtschaftswachstum nicht richtig einschätzen konnten. Auf alle


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Fälle sind wesentlich mehr Steuern hereingekommen, als budgetiert war, und Einmal­effekte haben wesentlich zu diesem guten Ergebnis beigetragen. Hatten wir im Jahr 2016 noch einen Abgang von 9,5 Milliarden Euro, so ist es im Jahr 2017 ein Abgang von 1,7 Mil­liarden Euro gewesen.

Trotz des guten Ergebnisses hat sich aber das Nettovermögen verschlechtert. Der Herr Staatssekretär hat es schon gesagt: Mit einem negativen Nettovermögen von rund 162 Milliarden Euro haben wir 787 Millionen Euro mehr an Schulden beziehungsweise eine Verschlechterung des Nettovermögens um diese Summe. Das Schlimme dabei ist, dass aufgrund dieses Nettoergebnisses Zinsen anfallen, nämlich im Jahr 2018 6 Mil­liarden Euro und bis zum Jahr 2023 3,1 Milliarden Euro. Für diese Zinsen müssen zu­sätzlich Kredite aufgenommen werden, und das ist das Verrückte daran.

Lieber Kollege Krainer, und da unterscheiden wir uns: Ja, ein längerfristiges Projekt muss vielleicht manchmal über Schulden finanziert werden, aber es kann nicht sein, dass ich es nicht einmal mehr aus dem ordentlichen Haushalt heraus schaffe, die Zin­sen abzudecken. Da habe ich falsche Budgetpolitik gemacht! (Beifall bei der FPÖ so­wie des Abg. Strasser.) Kein Privathaushalt, kein kleiner Gewerbebetrieb bekommt von einer Bank einen Kredit, wenn er nicht in der Lage ist, wenigstens die Zinsen und in einem gewissen Maß auch die Rückzahlung aus dem laufenden Haushalt zu finan­zieren.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, geschätzte Kolleginnen und ge­schätzte Kollegen, glaube ich, dass die wahre Budgetsanierung anders ausschaut. Ich glaube, dass diese Bundesregierung genau am richtigen Weg ist, indem sie nämlich im System spart, in Form von Krankenkassenzusammenlegungen und dergleichen, indem sie Leistungsanreize schafft, damit die Bevölkerung wieder bereit ist, zu arbeiten, damit sich Arbeit lohnt, damit sich Leistung lohnt, damit die Wirtschaft entlastet wird, damit vor allem auch die kleinen und mittleren Gewerbebetriebe weiterhin konkurrenzfähig bleiben.

Deshalb glaube ich, mit Finanzminister Löger und mit Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs sind wir am richtigen Weg. Wir sind dabei, das Budget zu sanieren, und ich glaube, dass diese Regierung noch viel Spielraum in Budgets zusammenbringen wird, wenn wir den eingeschlagenen Pfad weiterhin verfolgen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.56


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte.


14.57.06

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Wir haben Rekordeinnahmen, Rekordausgaben, und wenn die Bürger jetzt glauben, das Geld fließt in Schulen, Uni­versitäten und Forschung, dann haben sie sich leider getäuscht. Jeder vierte Budget­euro geht in ein schrottreifes Pensionssystem, wir finanzieren ein immer schlechter werdendes Gesundheitssystem (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) und wir zahlen, wie Kollege Linder richtig ausgeführt hat, die Zinsen für die alten Schuldenberge.

Da sieht man, wo die Regierung gescheitert ist: Sie hätte eine Pensionsreform in An­griff nehmen müssen, hat aber gesagt, in dieser Legislaturperiode machen wir keine. Es wird die Sozialversicherung reformiert, die Pensionsversicherung wird außen vor gelassen, die Privilegien für den öffentlichen Dienst werden beibehalten, die Luxuspen­sionen, jedes Jahr über eine halbe Milliarde im öffentlichen Bereich, bleiben aufrecht.

Was Sie machen, ist also Showpolitik, mit dem Steuergeld der Leute schönen Sie Ihre Zahlen, Reformen machen Sie keine. (Beifall bei den NEOS.)

14.58



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Rechnungs­hofpräsidentin. – Bitte, Frau Präsidentin.


14.58.08

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Präsident Sobotka! Hohes Haus! Der Rechnungshof hat gemäß Bundesver­fassung die Aufgabe, den Rechnungsabschluss für das Vorjahr zum 30. Juni des Fol­gejahres diesem Hohen Haus vorzulegen. Ich versuche, dieser Aufgabe nachzukom­men und auch Ergebnisse aus der Evaluierung der Haushaltsrechtsreform schon zu be­rücksichtigen.

Wir versuchen, den Rechnungsabschluss übersichtlich zu gliedern, die Grundlagen für unsere Rechnungslegungsstandards transparent offenzulegen und vor allem zu glie­dern zwischen unserer Prüfleistung und jenen Angaben, die die haushaltsleitenden Or­gane, die ja gemeinsam mit dem Finanzministerium für den Vollzug verantwortlich sind, machen.

Das heißt also betreffend Abweichungen vom Voranschlag zum Ergebnis: Diese Be­gründungen sind Begründungen, die die haushaltsleitenden Stellen gemacht haben; und unsere Prüfleistung ergibt sich überwiegend aus der Prüfung der Abschlussrech­nungen nach § 9 RHG, wo wir feststellen konnten, dass sich die Fehlerquote verringert hat, dass es hier eine Verbesserung gab und dass auch in Bezug auf die Ergebnis­rechnung schon Verbesserungen eingetreten sind.

Wir haben beim Bundesrechnungsabschluss den Fokus auf die Ergebnisrechnung ge­legt, denn Ziel der Haushaltsrechtsreform ist es, dass wir die finanzielle Lage des Bun­des umfassend darstellen und damit auch die Transparenz erhöhen. (Präsident Sobot­ka übernimmt den Vorsitz.)

Die Zahlen und Eckdaten wurden schon genannt. Leider hat sich auch im Jahr 2017 der Trend zu negativen Haushaltsergebnissen fortgesetzt.

Man muss sagen, dass sich das Nettoergebnis gegenüber dem Jahr 2016 erheblich verbessert hat. Im Nettofinanzierungssaldo gab es aber weiterhin eine Verschlechte­rung. Eine wichtige Basis für die Situation im Jahr 2017 war natürlich der Konjunkturef­fekt und die im Vergleich zum Zeitpunkt der Budgetierung besseren Wachstumspro­gnosen, die sich im Jahr 2017 dann auch tatsächlich erfüllt haben.

Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass der Bundeshaushalt überwiegend ein Transferhaushalt ist – 72 Prozent sind Transferaufwand –, und daher bitte ich Sie, das Augenmerk auf den Transferaufwand zu legen, denn darin liegen natürlich die großen Zahlen und die großen Aufwendungen.

Kritisch betrachtet der Rechnungshof immer das Abweichen zwischen Voranschlag und tatsächlich realisierten Werten – das ist auch etwas, was wir für das heurige Jahr unter Risiken beziffert haben –, denn es geht um einen strengen Budgetvollzug und um die Berücksichtigung des Grundsatzes der Budgetwahrheit und der Budgetgenauigkeit, sodass Dinge, die planbar sind, natürlich in den Voranschlag aufgenommen werden müssen und man sie nicht nachträglich über Mittelverwendungsüberschreitungen nach­bessert.

Risiken sind eben nicht budgetierte Risiken und auch Dinge, die man sich vorgenom­men hat, in puncto Budgetkonsolidierung tatsächlich zu erreichen.

Grundsätzlich sage ich, dass die Finanzschulden weiter gestiegen sind, um 3,5 Milliar­den Euro absolut. Der Stand der Haushaltsrücklagen ist eigentlich auch beträchtlich: Er beträgt noch 15,5 Milliarden Euro. Der gesamtstaatliche Schuldenstand Österreichs, den die Statistik Austria ermittelt, liegt bei rund 290 Milliarden Euro.


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Ich möchte noch kurz auf die Frage des Abgeordneten Klubobmann Rossmann einge­hen, der mich gefragt hat, wie es mit der Reform bei der Erstellung des Rechnungsab­schlusses steht. Wir haben schon in der letzten Legislaturperiode darüber gesprochen, dass es eine Arbeitsgruppe gibt, an der der Rechnungshof, das Finanzministerium und der Budgetdienst dieses Hohen Hauses teilnehmen.

Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, dass wir zu einer schärferen institutionellen Trennung der Rollen zwischen Erstellung und Prüfung des Rechnungsabschlusses kommen. Ich denke, da sind wir schon einige Schritte weiter. Die Arbeitsgruppe hat bereits zehnmal getagt. Wir werden versuchen, Ihnen und auch dem Haushaltsrechtsbeirat noch bis Ende Dezember einen Endbericht vorzulegen, und werden auch versuchen, darzustel­len, welche gesetzlichen Vorschriften man dafür verändern müsste. Es gibt natürlich unterschiedliche Varianten und Szenarien. Maßstab ist die Transparenz der öffentli­chen Finanzen, die Erfüllung von internationalen Standards, und aus Sicht des Rech­nungshofes wünsche ich mir nicht nur einen Lagebericht der Regierung über das ab­gelaufene Jahr am 30. Juni, sondern vielleicht besteht auch die Möglichkeit, dass der Rechnungshof diesem Hohen Haus noch vor der Budgeterstellung einen Bericht zur finanziellen Lage aus seiner Wahrnehmung heraus vorlegen kann. Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

15.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gelangt Abgeordnete Grei­ner. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Der oder die?) Frau Abgeordnete Greiner, mit G.


15.03.23

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir blicken auf respektable Wirtschaftsdaten: Wir haben ein Wirtschaftswachstum von nahezu 3 Pro­zent zu verzeichnen, das liegt über den Erwartungen und bedeutet eine Verdoppelung gegenüber 2016. Das Budget ruht auf soliden Säulen. Laut Bundesrechnungsab­schluss sinkt die Staatsverschuldung, und zwar nach Maastrichtkriterien, nominell und strukturell. (Abg. Hanger: Nur relativ! Absolut nicht!)

Warum ist das so? Die Bundesregierung verkauft das gerne als ihr Verdienst, aber, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir heute so gut dastehen, das ist das Verdienst der SPÖ-geführten Bundesregierung der letzten Jahre. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Hanger: Ein Wahnsinn! Abg. Winzig: Das haben schon unsere Unternehmerinnen und Unternehmer ...!)

Diese SPÖ-geführte Bundesregierung hat mit Augenmaß und Ziel abgewogen: Wo muss man investieren? Wo ist zu sparen?, und das, obwohl die Krise ausgebrochen ist. (Ruf bei der FPÖ: Wer da wen geführt hat, darüber lässt sich streiten! Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Erinnern wir uns: Vor zehn Jahren, 2008, hat eine veritable Finanz- und Wirtschafts­krise ihren Ausgang genommen und auch Österreich gebeutelt. In Österreich ist es dank der SPÖ-geführten Regierung gelungen, in dieser Krise zu investieren. Und wie wurde investiert? (Abg. Gudenus: In Vereine!) – In Bildung, in aktive Arbeitsmarktpoli­tik, in soziale Sicherheit, Mindestsicherung. Wir waren das einzige Land in Europa, in dem es gelungen ist, dass die Armut in der Krise gesunken ist, in relativen und in ab­soluten Zahlen, und das bei einer Steuerreform von 5 Milliarden Euro. (Beifall bei der SPÖ. Ruf bei der SPÖ: Sehr gut!)

Österreich ist die viertreichste Volkswirtschaft Europas. Die Krise ist überwunden – budgetär und wirtschaftlich, aber leider nicht am Arbeitsmarkt. Warum ist das so? – Weil die jetzige Bundesregierung den Sparstift genau dort rigoros angesetzt hat, AMS-Mittel in der Höhe von Hunderten Millionen Euro gekürzt hat, die Aktion 20 000 einge-


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stellt hat, die sehr erfolgreich war. Sie hat bei Deutschkursen und im Integrationstopf gestrichen. Ja wie soll das funktionieren? Wo bleiben die Betroffenen? – Die sind Ihnen egal.

Für wen macht diese Regierung eigentlich Politik? – Sie macht Politik für Reich, für Superreich (Abg. Gudenus: Gusenbauer und so, nicht?), kredenzt Steuerzuckerln für Großkonzerne, aber Themen wie Ganztagsbildung und Kinderbetreuung werden stief­mütterlich behandelt. Kinderbetreuung wird gestrichen, aber wir dürfen 12 Stunden ar­beiten! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! So spaltet man eine Gesellschaft. Wir als sozialde­mokratische Fraktion kämpfen für ein solidarisches Miteinander. Wir wollen, dass der Wohlstand gerecht aufgeteilt wird, dass Steuerleistung gerecht verteilt wird. (Abg. Neu­bauer: Fangt einmal bei der SPÖ an, da habt ihr eh genug zu tun! Die müssen schon die Häuser verkaufen, weil sie nicht budgetieren können!) Wir wollen funktionierende Krankenhäuser, funktionierende Altersheime, faire Pensionen und gerechte Löhne.

Ich fordere die jetzige Bundesregierung dazu auf, sich endlich zu diesen Werten zu bekennen und nicht den Aufschwung zu verspielen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Margreiter. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Ich glaube, dass die SPÖ gespalten ist! Weite­rer Ruf bei der FPÖ: Die SPÖ ist sehr gespalten!)


15.07.05

Abgeordnete Doris Margreiter (SPÖ): Vielen herzlichen Dank! Der Bundesrechnungs­abschluss 2017 weist erfreuliche Zahlen aus, aber warum ist das so? Höhere Steuer­einnahmen – in der Höhe von 3,3 Milliarden Euro, wie wir gehört haben – im Bereich der Umsatzsteuer und der Lohnsteuer durch stabilen Konsum und höhere Beschäftigung haben den budgetären Saldo auf minus 0,7 Prozent verringert; das ist deutlich über den Erwartungen. Deutlich über den Erwartungen liegt auch das Wirtschaftswachstum mit 2,9 Prozent.

Dazu hat diese Bundesregierung – das möchte ich nochmals betonen – nichts beige­tragen. Heute können wir sagen, Österreich hat die Finanz- und Wirtschaftskrise und die darauf folgenden Stagnationsjahre gut überstanden, und das ist nicht ein Ergebnis der letzten Monate, sondern das ist das Resultat einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

So ist etwa der öffentliche Schuldenstand stark zurückgegangen, jetzt auf gut 78 Pro­zent des BIPs. Während das BIP zwischen 2014 und 2017 um über 10 Prozent stieg, sind die Staatsausgaben im gleichen Zeitraum um nur 3,9 Prozent mehr geworden, und das, wohlgemerkt, obwohl wir im Jahr 2016 eine Steuerentlastung von mehr als 5 Milliarden Euro für kleine und mittlere Einkommen auf den Weg gebracht haben. Diese Bundesregierung hatte somit eine der besten Ausgangssituationen; das muss man auch einmal festhalten.

Nun gilt es aber, in die Zukunft zu schauen, die Hausaufgaben zu machen, vorzubau­en, kurz, dort zu investieren, wo dringend Bedarf besteht, damit das Land in wirt­schaftlich turbulenten Zeiten – und die werden wieder kommen, da sind sich die Exper­ten einig – vorbereitet ist.

Was sind nun diese Herausforderungen? – Das sind die Maßnahmen am Arbeitsmarkt, die zu benennen sind: Älteren Beschäftigung bringen, Jugendarbeitslosigkeit bekämp­fen und Voraussetzungen für eine bessere Beschäftigung von Frauen schaffen.


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Was macht jedoch die Bundesregierung? – Sie kürzt AMS-Maßnahmen, sie kürzt Maß­nahmen für Ältere wie die Aktion 20 000, am Jobgipfel werden schon lange bekannte Probleme besprochen. Ich frage Sie: Wo ist da die von Ihnen erwähnte Veränderung? Wo ist die „Zeit für Neues“?

Da wäre als Herausforderung Fachkräftemangel zu nennen: aber es werden asylwer­bende Lehrlinge, die sich, wohlgemerkt, mehr als selbst finanzieren, abgeschoben. Sie setzen auf die Rot-Weiß-Rot-Karte, hinsichtlich derer jetzt schon klar ist, dass sie kein Erfolgsmodell ist – also wieder nichts Neues.

Da wäre als Herausforderung Armutsbekämpfung zu nennen: Fehlanzeige! Diese Bun­desregierung kürzt Maßnahmen für AlleinerzieherInnen, für Menschen mit Beeinträch­tigungen, für sozial Schwächere.

Es wäre die Herausforderung Wohnen zu nennen: Die Preise fürs Wohnen explodie­ren. Empfehlung dieser Bundesregierung: Wenn Sie sich keine Miete leisten können, kaufen Sie doch eine Wohnung! Ich frage Sie: Was ist das bitte für ein Weltbild? (Bei­fall bei der SPÖ.)

Und dann wäre noch die Herausforderung der ungleichen Vermögensverteilung zu nennen: Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt mehr als 40 Prozent des Ge­samtvermögens. Die Schere geht nicht nur da auseinander, die Schere geht auch bei Einkommen und bei Pensionen auseinander.

Eine Entlastung des über die Maßen besteuerten Faktors Arbeit und im Gegenzug eine vernünftige Vermögensbesteuerung werden seit Jahren gefordert. Sie sind allerdings blind auf diesem Auge. Kapital wird nämlich kaum besteuert. Sie stärken die Ungleich­verteilung. Sie schaffen Vorteile für Besserverdienende; Sie müssen ja Wahlkampf­sponsoren bedienen, insofern ist das nachvollziehbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Was sagt uns die OECD? – Sie sagt uns, Österreich soll doch bitte frei werdende Mittel in die Kinderbetreuung, in Ganztagsschulen stecken. Sie haben dazu ganze 1 000 Eu­ro im Budget vorgesehen. Ich frage Sie also: Ist das wirklich Ihr Ernst?

Die OECD bemängelt etwa auch die hohe Abhängigkeit kleinerer und mittlerer Unter­nehmen, sogenannter KMUs, von Bankkrediten und fordert mehr Risikokapital und ent­sprechende Förderungen in diese Richtung. Fehlanzeige: Diese Regierung investiert besser in Pferde und Hochzeiten. So schaut’s aus. Wir, die Sozialdemokratie, stehen für soziale Gerechtigkeit. Sie hingegen sparen bei den Menschen und bringen damit den Erfolg des Wirtschaftsstandorts in Gefahr.

Als stärkste Oppositionsfraktion müssen und werden wir das aufzeigen. Wir werden das mit Sicherheit nicht kampflos hinnehmen. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Vogl zu Wort. – Bitte. (Abg. Hammer: Das wäre ein Parteiobmann gewesen! Abg. Räd­ler: Das wäre ein Parteiobmann!)


15.11.47

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Zum Bundesrechnungsabschluss ist schon vieles gesagt worden. Ich glaube, man kann zusammenfassend noch einmal sagen: Wenn hier immer vom Schuldenmachen und von Schuldenpolitik geredet wird, dann schauen wir uns die Zahlen an: Maastrichtverschuldung 2016 – 295 Milliarden Euro, Maastrichtverschuldung 2017 – 289,5 Milliarden Euro. (Abg. Hanger: Nein, aber der Nettofinanzierungsbedarf ist gestiegen! Das war eine buchhalterische ..., das weißt du!)

Ich weiß nicht, wie weit man die Zahlen sinnerfassend begreift, aber das ist ein Minus von 6,5 Milliarden. Das heißt, die absolute Verschuldung ist zurückgegangen (Abg.


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Hanger: Nein, sie ist nicht zurückgegangen! Wenn man einen gestiegenen Nettofi­nanzierungsbedarf hat, kann die Verschuldung nicht zurückgegangen sein!), und das trotz offensiver Arbeitsmarktmaßnahmen durch die letzte Regierung und obwohl, das muss man auch immer wieder erwähnen, wir im letzten Jahr noch einmal 4,7 Milliarden Euro für das Bankenpaket gebraucht haben. 4,7 Milliarden hat im letzten Jahr noch einmal das Bankenpaket verschlungen.

Was dann für mich ganz überraschend war: Im Ausschuss konnte mir auf die einfache Frage, warum die Mittelüberschreitung, wenn 4,7 Milliarden Euro zusätzlich für ein Bankenpaket ausgegeben wurden, nur 4,2 Milliarden Euro ausmacht, niemand eine Antwort geben.

Inzwischen haben wir die Zahlen bekommen und wissen: Es wurde zwar in dieser Ab­baugesellschaft keine Vorsorge getroffen, allerdings wurden 500 Millionen im Finanz­ministerium für diesen Posten zurückgestellt.

Warum reite ich jetzt gerade auf diesem Posten so herum? Weil es unsere Aufgabe hier in diesem Haus ist, die Bundesregierung zu kontrollieren, und wenn wir diese Kon­trollaufgabe wahrnehmen wollen, wenn wir unsere Rechte einfordern können wollen, dann brauchen wir Zahlen. Genau beim Thema Bankenpaket war es ja gar nicht so einfach, diese 4,7 Milliarden Euro zu erfassen. Du kriegst Zahlen um die Ohren ge­schmissen – hier 1,2 Milliarden Euro für Haftungen, dort ein paar Hundert Millionen.

Unsere Aufgabe ist es, uns darum zu kümmern, wie wir zu Zahlen kommen, nämlich zu vernünftigen und verständlichen Zahlen – an dieser Stelle auch ein Dank an den Rech­nungshof, der sich da immer wieder bemüht –, und unsere Aufgabe als Abgeordnete ist es auch, wirklich auf dieses Kontrollrecht zu pochen. Darum habe ich die Diskussion im Ausschuss nicht verstanden, denn man könnte mit einer ganz einfachen Maßnahme das Berichtswesen vereinfachen. Der Vorschlag liegt auf dem Tisch und würde sich sofort umsetzen lassen.

Wenn man sagt, man müsse darüber noch beraten, dann frage ich mich, was man da noch groß beraten muss, wenn es um die Stärkung unserer eigenen Rechte und da­rum geht, Transparenz zu schaffen. Es zeigt zum Beispiel nur dieser Beteiligungscon­trollingbericht genau diese Verflechtungen der Banken auf. Alles andere kann man über einen Dreisatz irgendwoher ableiten, aber diese genaue Zahl sieht man genau in diesen Berichten, und darum sind diese Berichte für uns in unserer Arbeit so wichtig. Deshalb tut es mir auch manchmal ein bisschen weh, wenn ich sehe, wie lieblos und sorglos mit diesen Berichten dann in den Ausschüssen umgegangen wird.

Da würde ich mir mehr Diskussion erwarten, genauso wie ich mir mehr Diskussion zu einem Bundesrechnungsabschluss erwarten würde, denn dieser zeigt die Wirklichkeit. Das ist keine Ankündigungspolitik, wie sie gerne gemacht wird, sondern das ist die reale Politik, die erfolgt ist. Da wird zusammengerechnet, und diese Rechnung ergibt: Wir waren erfolgreich, wir haben die Schulden in diesem Land gesenkt, und es war eine gute Politik, die wir betrieben haben. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

15.14

15.14.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da vor dem Aufruf der Dringlichen Anfrage etwas Zeit bleibt, darf ich, da die Rednerliste erschöpft ist, noch zur Abstimmung kommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 259 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich darf wiederum diejenigen, die zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen bitten. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung einstimmig angenommen. Dan­ke schön.

15.15.37Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Frontalangriff des Innenministeriums auf die Pressefreiheit“ (1734/J)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 1734/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Am Abend des 24. Septembers 2018 veröffentlichten die Tageszeitungen "Der Stan­dard" und "Kurier" Artikel über ein Schreiben des Ministerbüros von Herbert Kickl. Wei­teren Berichten zufolge hat der Ressortsprecher des Bundesministeriums für Inneres, Christoph Pölzl, an alle Landespolizeidirektionen ein Mail mit Handlungsanweisungen verschickt.

Umgang mit „kritischen Medien“

Darin weist das Innenministerium darauf hin, dass „gewisse Medien“ wie zum Beispiel die Wochenzeitung "Falter" und die Tageszeitungen "Kurier" und "Der Standard" eine sehr "einseitige und negative Berichterstattung über das BMI bzw. die Polizei" betrei­ben und daher als "kritische Medien" klassifiziert werden. Die Kommunikation soll mit „diesen Medien auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß“ beschränkt werden. Es sollen ihnen keine „Zuckerl, wie beispielsweise Exklusivbegleitungen“ ermöglicht wer­den, es sei denn es ist eine "neutrale oder gar positive Berichterstattung" zu erwarten.

Die Handlungsempfehlungen im gegenständlichen Schreiben des Innenministeriums sind problematisch, da sie einen differenzierten Umgang mit den verschiedenen Me­dien vorsehen. Wenn Informationen oder Exklusivberichterstattungen nur sogenannten „unkritischen“ Medien zukommen, ist das ein gravierender Eingriff in die Pressefreiheit und damit eine Gefahr für die liberale Demokratie in Österreich. Es ist essentiell, dass jede_r Journalist_in die gleichen Möglichkeiten hat auf Informationen von Ministerien zugreifen zu können. Wenn in dem Schreiben des Innenministeriums davon gespro­chen wird den Informationsfluss zu „kritischen Medien“ auf ein Minimum zu beschrän­ken, ist das ein Frontalangriff auf die Pressefreiheit.

Bekanntgabe von Staatsbürgerschaft und Aufenthaltsstatus von mutmaßlichen Tä­ter_innen

Das Innenministerium empfiehlt darüber hinaus die Staatsbürgerschaft und den Aufent­haltsstatus von Verdächtigen in Aussendungen explizit zu nennen. Die Bevölkerung, sowie die Medien hätten daran ein „berechtigtes Interesse“ und das Innenministerium will diesbezüglich „größtmöglich Transparenz“ gewährleisten.

"Verdächtige" sind im Sinne des Strafverfahrensrecht Personen gegen die ein An­fangsverdacht besteht, weswegen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Erst wenn sich dieser Verdacht erhärtet, wird von einer/m „Beschuldigte_n“ gesprochen und erst wenn der/die Beschuldigte rechtskräftig verurteilt wurde ist bewiesen, dass die/der Tä-


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ter_in die Tat auch tatsächlich begangen hat. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung. Es sollte durch die Herausgabe von Informationen über Staats-bürgerschaft und Auf­enthaltsstatus daher nicht zu einer öffentlichen Vorverurteilung kommen.

Der Anweisung des Innenministeriums widerspricht auch ein Erlass des Justizministe­riums vom 23. Mai 2016. Darin heißt es, dass nur dann „auf die Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe oder auf persönliche Merkmale (Haut-farbe etc.)“ hingewiesen werden soll, „wenn dies für das Verständnis des berichteten Vorgangs un­bedingt notwendig ist“.

Der Grund dafür besteht insbesondere darin, dass durch Einzelfallberichterstattungen ein verzerrtes Bild in der Öffentlichkeit entsteht. Aus gutem Grund erstellt die Statistik Austria daher einmal jährlich eine Aufschlüsselung aller Verurteilten nach Straftat und Staatsangehörigkeit. Diese Statistik objektiviert das Bild über Verurteilte in Österreich und führt nicht dazu, dass es zu einer Vorverurteilung von Bevölkerungsgruppen von Medien und Gesellschaft kommt.

"Proaktive" Kommunikation von Sexualdelikten in der Öffentlichkeit

Bei Sexualdelikten in der Öffentlichkeit soll nach Empfehlung des Bundesministeriums die Kommunikation intensiviert werden. „Vor allem Taten, die in der Öffentlichkeit be­gangen werden" und „besondere Modi Operandi (zum Beispiel Antanzen) aufweisen, mit erheblicher Gewalteinwirkung oder Nötigung erfolgen oder wenn zwischen Täter und Opfer keine Verbindung besteht“ sollen demnach „proaktiv“ Medien zugespielt wer­den.

Bislang wurde auf Grund des Opferschutzes von so einer Vorgangsweise Abstand ge­nommen, um eine Traumatisierung des Opfers durch eine breitflächige Berichterstat­tung zu verhindern. Wieso von diesem Prinzip abgegangen werden soll, ist nicht nach­vollziehbar.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

Dringliche Anfrage

1. Wer hat das gegenständliche Schreiben verfasst?

2. Haben Sie das gegenständliche Schreiben in Auftrag gegeben?

a. Wenn nein, wer hat das Schreiben in Auftrag gegeben?

3. Haben Sie das Aussenden des Schreibens autorisiert?

4. Seit wann wissen Sie von dem Plan, ein solches Schreiben zu verschicken bzw. von der Existenz des Schreibens?

5. Seit wann weiß die Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, von dem Plan, ein solches Schreiben zu verschicken bzw. von der Existenz des Schrei­bens?

6. Seit wann weiß der Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, von dem Plan, ein solches Schreiben zu verschicken bzw. von der Existenz des Schrei­bens?

7. Wann wurde das Schreiben verschickt?

8. An wen wurde das Schreiben verschickt? Bitte um vollständige Aufzählung der Posi­tionen aller Adressat_innen.

9. Wie ist der übliche kabinettsinterne Ablauf, wenn der Sprecher Ihres Ressorts offi­zielle Schreiben an nachgeordnete Dienststellen verschickt?


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10. Geben Sie als verantwortlicher Ressortchef diese Schreiben üblicherweise frei be­vor sie verschickt werden?

a. Wenn nein, gibt der Generalsekretär, Peter Goldgruber, üblicherweise solche Schrei­ben frei bevor sie verschickt werden?

b. Wenn nein, woher wissen Sie, welche Inhalte durch den Sprecher Ihres Ressorts kommuniziert werden?

c. Wenn nein, wie stellen Sie sicher, dass derartige Schreiben die Ansichten des Minis­teriums abbilden?

d. Wenn nein, wie kommen Sie Ihrer Verantwortung als Ressortchef für die Kommu­nikation Ihres Ministeriums nach?

11. Entspricht es Ihrer Rechtsansicht, dass Sie als Innenminister für Ihr Ressort und damit auch für Schreiben des Ressortsprechers verantwortlich sind?

a. Wenn nein, auf welche rechtliche Grundlage stützen Sie Ihre Ansicht?

12. Laut Stellungnahme des BMI vom 24.09.2018 handelt es sich um ein Schreiben "ohne jeden Verbindlichkeits- oder gar Weisungscharakter". Woran ist das erkennbar?

13. Wie schauen verbindliche Anweisungen des Ressortsprechers bzw. des Ministers üblicherweise aus? Woran sind diese erkennbar?

14. Wodurch unterscheidet sich das gegenständliche Schreiben von einem Schreiben mit Verbindlichkeitscharakter?

15. Welche Konsequenzen hat eine Nicht-Befolgung des Schreibens durch die Adres­sat_innen?

16. Wie kann das Ziel des Schreibens, ein "einheitlicherer Auftritt der Polizei und des Innenministeriums", erreicht werden, wenn das Schreiben keinen Verbindlichkeitscha­rakter hat?

17. Wurden seit Ihrem Amtsantritt seitens des Innenministeriums bereits derartige "An­regungen [...] ohne jeden Verbindlichkeits- oder gar Weisungscharakter" an nachgeord­nete Dienststellen herangetragen?

a. Wenn ja, wie viele und mit welchem Inhalt?

b. Wenn ja, welchen Effekt hatten derartige "Anregungen"? Wurden diese von den Ad­ressat_innen üblicherweise befolgt?

18. Ist seitens des Innenministeriums geplant in Hinkunft öfter "Anregungen" an nach­geordneten Dienststellen zu erteilen, die nicht als Weisungen im Sinne des Art 20 B-VG zu qualifizieren sind?

a. Wenn ja, aus welchem Grund?

19. Haben Sie geplant die Anregungen des gegenständlichen Schreibens bzw. Teile davon als verbindliche Weisung, z.B. in Form eines Erlasses, zu bekräftigen?

a. Wenn ja, wann und welchen Inhalt wird diese haben?

20. In Aussendungen des BMI haben Sie sich teilweise von dem gegenständliche Schreiben Ihres Ressortsprechers distanziert. Haben Sie geplant, mittels Weisung klar­zustellen, welche der Handlungsempfehlungen nicht Ihrem Willen entsprechen?

a. Wenn ja, wann und welche Handlungsempfehlungen betrifft das?

b. Wenn nein, warum nicht?

21. Ist seitens des Innenministeriums geplant, den Adressat_innen des gegenständli­chen Schreibens sonst eine Richtigstellung zukommen zu lassen?

a. Wenn ja, wann und welchen Inhalt wird diese haben?


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22. Laut einer Aussendung des Innenministeriums vom 25.09.2018 seien die Prinzipien der Medienarbeit im "Erlass für die interne und externe Kommunikation und Öffentlich­keitsarbeit des Bundesministeriums für Inneres (BMI) und der nachgeordneten Behör­den und Dienststellen“ geregelt und stelle das gegenständliche Schreiben "keineswegs eine Leitlinie für die Arbeit der Kommunikations-Mitarbeiter im Bundesministerium und den Landespolizeidirektionen dar“. Was wurde dann mit dem Versenden des gegen­ständlichen Schreibens bezweckt?

23. Hat das Aussenden des gegenständlichen Schreibens disziplinarrechtliche Konse­quenzen für den Sprecher des Innenministeriums oder andere beteiligte Personen?

a. Wenn ja, welche?

24. Ist, wie in einigen Medienberichten angesprochen, eine Polizeireform geplant?

a. Wenn ja, wann?

b. Wenn ja, sollen dabei auch die neun Landespolizeidirektionen neu auf-gestellt wer­den?

c. Wenn ja, sind auch die Pressestellen der Landespolizeidirektionen von der Reform umfasst?

25. In dem Schreiben wird behauptet, dass gewisse Medien in zahlreichen Artikeln Fakten und Erklärungen ignoriert hätten. Woraus ergibt sich diese Wahrnehmung für Sie?

26. Wann und in welchem Medium wurde seit Amtsantritt der Bundesregierung bezüg­lich in Ihren Zuständigkeitsbereich fallender Sachverhalte Fakten und Erklärungen ig­noriert? Bitte um jeweilige Angabe von Medium, Artikel und Datum.

27. Wann wurde im Standard seit Amtsantritt der Bundesregierung bezüglich in Ihren Zuständigkeitsbereich fallender Sachverhalte faktenwidrig berichtet? Bitte um Angabe von Artikel und Datum.

28. Wann wurde im Falter seit Amtsantritt der Bundesregierung bezüglich in Ihren Zu­ständigkeitsbereich fallender Sachverhalte faktenwidrig berichtet? Bitte um Angabe von Artikel und Datum.

29. Wann wurde im Kurier seit Amtsantritt der Bundesregierung bezüglich in Ihren Zu­ständigkeitsbereich fallender Sachverhalte faktenwidrig berichtet? Bitte um Angabe von Artikel und Datum.

30. Wurde auch in anderen als den drei im Schreiben genannten Medien fakten-widrig berichtet? Wenn ja, in welchen?

31. Wie treffen Sie die Unterscheidung zwischen "kritischen Medien" und anderen Me­dien? Was sind die Kriterien?

32. In dem Schreiben ist festgehalten, dass die Zusammenarbeit mit Medien zu begrü­ßen ist, wenn u.a. die Themen vom BMI bestimmt und Berichte freigegeben werden können. Sind daraus folgend aus Sicht des Ministeriums Medien dann unkritisch, wenn das BMI die Hoheit darüber hat, was über das Ministerium und nachgeordnete Dienst­stellen berichtet wird?

33. In dem Schreiben wird behauptet, dass Journalist_innen Vertreter_innen des In­nenministeriums bzw. der Polizei "gegeneinander ausgespielt" hätten. Wann und sei­tens welchem Mediums war das der Fall? Bitte um jeweilige Angabe von Medium, Arti­kel und Datum.

34. Das BMI und die Landespolizeidirektionen erteilen in der Regel Auskunft über Fak­ten und Tatsachen. Inwiefern ist es daher möglich, dass Vertreter_innen des Innenmi-


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nisteriums bzw. der Polizei aufgrund der gegebenen Auskünfte "gegeneinander ausge­spielt" werden?

35. Laut Stellungnahme des BMI vom 24.09.2018 "ist es das Recht und sogar die Pflicht aller Medien, die Arbeit der Polizei, des Innenministeriums und auch des Innen­ministers kritisch zu beleuchten". In dem gegenständlichen Schreiben wird hingegen ausgeführt, dass Journalist_innen Exklusivbegleitungen o.ä. nur noch zu ermöglichen sind, wenn die Aussicht auf eine neutrale oder positive Berichterstattung besteht. Wie wird durch die vorgeschlagene Vorgangsweise eine ausgewogene und kritische Be­richterstattung durch unterschiedliche Medien gewährleistet?

36. Wie oft durften seit Ihrem Amtsantritt Medienvertreter_innen bei Polizeistreifen mit­fahren? Bitte um Aufschlüsselung nach Medium und Landespolizeidirektion.

37. Wie oft waren seit Ihrem Amtsantritt Medienvertreter_innen bei Hintergrundgesprä­chen anwesend? Bitte um Aufschlüsselung nach Medium und Landespolizeidirektion.

38. In einer Stellungnahme des BMI vom 24.09.2018 wird behauptet, "dass der Ver­dacht der Voreingenommenheit gegenüber gewissen Medien durchaus nicht aus der Luft gegriffen ist". Inwiefern können Sie die behauptete Voreingenommenheit gewisser Medien belegen?

39. Nach welchen Kriterien bestimmt das BMI, ob eine Medienberichterstattung vor-eingenommen ist?

40. Das gegenständliche Schreiben des BMI führt das Auskunftspflichtgesetz, so-wie dazugehörige Judikatur dazu an. Ist Ihnen bewusst, dass sich Medien nicht nur auf das Auskunftspflichtgesetz stützen können, sondern das Recht auf Informationsbeschaf­fung durch Medien auch verfassungsrechtlich garantiert ist (u.a. Art 10 EMRK)?

41. Ist es übliche Praxis, dass das BMI mit dem Verweis auf das Auskunftspflichtgesetz Medienanfragen erst nach acht Woche beantwortet?

42. Ist Ihnen der Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 23. Mai 2016 über die Zusammenarbeit mit den Medien (Medienerlass) bekannt?

43. Gibt es Bestrebungen, die Zusammenarbeit mit Medien, wie das BMVRDJ zu ge­stalten?

44. Im Medienerlass des Justizministeriums ist festgelegt, dass „auf die Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe oder auf persönliche Merkmale (Hautfarbe etc.)“ nur dann hingewiesen werden soll, „wenn dies für das Verständnis des berich­teten Vorgangs unbedingt notwendig ist“. Fühlt sich das BMI an diesen Grundsatz ge­bunden?

45. Ist Ihnen der rechtliche Unterschied zwischen "Verdächtigte_r", "Beschuldigte_r", "Angeklagte_r" und "Verurteilte_r" bewusst?

46. In dem Schreiben ersucht das Innenministerium, dass "die Staatsbürgerschaft einer mutmaßlichen Täterin bzw. eines mutmaßlichen Täters" sowie bei Fremden der "Auf­enthaltsstatus, bzw. ob es sich um eine Asylwerberin bzw. einen Asylwerber handelt" in den Aussendungen zu benennen ist. Ist damit ein_e "Verdächtigte_r", "Beschuldigte_r" und "Angeklagte_r" gemeint?

47. Inwiefern ist das Ersuchen des Innenministeriums, "die Staatsbürgerschaft einer mutmaßlichen Täterin bzw. eines mutmaßlichen Täters" sowie bei Fremden der "Auf­enthaltsstatus, bzw. ob es sich um eine Asylwerberin bzw. einen Asylwerber handelt" in den Aussendungen zu benennen, mit den Schutzpflichten im Sinne des §§ 7 und 7a MedienG, § 1 DSG vereinbar?

48. Was für einen Einfluss hat die Veröffentlichung der Staatsbürgerschaft und des Aufenthaltsstatus der mutmaßlichen Täterin bzw. des mutmaßlichen Täters auf die Auf­klärung des Delikts?


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49. Die Statistik Austria veröffentlicht jährlich einen Bericht über die Staatsangehörig­keit aller Verurteilten von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung. Inwiefern trägt die einzelfallbezogene Herausgabe von Informatio­nen über Staatsbürgerschaft und Aufenthaltsstatus dazu bei ein ausgewogenes Bild über die Herkunft der Täter der Öffentlichkeit zu vermitteln?

50. Wie soll durch eine "proaktive" Kommunikation von Sexualdelikten in der Öffentlich­keit der Opferschutz gewährleistet werden?

51. Warum bezieht sich die Empfehlung für eine "proaktive" Aussendung nur auf Se­xualdelikte in der Öffentlichkeit?

52. Inwiefern ist die Handlungsempfehlung des Innenministeriums, Sexualdelikte "pro­aktiv" zu veröffentlichen, mit den Schutzpflichten im Sinne des §§ 7 und 7a MedienG,
§ 1 DSG, die neben dem Opferschutz auch die Verhinderung einer medialen Vorverur­teilung des/der Tatverdächtigen gewährleisten sollen, vereinbar?

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf dem Begründer und ersten Fragesteller das Wort erteilen. – Bitte, Herr Abgeordneter Scherak.


15.16.02

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Wir haben ja in den letzten Monaten seit der Angelobung der schwarz-blauen Regierung immer wieder Situationen erleben müssen, die einigerma­ßen irritierend waren, die einigermaßen erschreckend waren und die einigermaßen be­unruhigend waren. (Rufe bei der FPÖ: Na, na, na! Abg. Zanger: Auffassungsvermö­gen!) Jedes Mal, wenn man eine solche Situation erlebt hat, hat man sich als Beobach­ter irgendwie überlegt, ob es noch schlimmer gehen kann, und jedes Mal, wenn man sich überlegt hat, ob es noch schlimmer gehen kann, haben Sie – oder hat jemand von Ihnen – noch eins draufgelegt.

In vielen dieser Situationen hat das Innenministerium mit Ihnen an der Spitze, Herr Bundesminister, eine nicht unwesentliche Rolle gespielt – eine nicht unwesentliche Rolle dann, wenn es um den Verlust des Vertrauens in die demokratischen Institu­tionen in Österreich geht, eine nicht unwesentliche Rolle, wenn es um die Einschrän­kung der Grund- und Freiheitsrechte der Österreicherinnen und Österreicher geht (Abg. Belakowitsch: Blödsinn! Das Gegenteil ist der Fall!), wenn es um die Gefähr­dung der Rechtsstaatlichkeit geht oder wenn es um die Aushöhlung oder die vermeint­liche Aushöhlung der Gewaltenteilung geht.

Immer wieder waren es entweder Sie selbst, Herr Innenminister, oder es war Ihr Ge­neralsekretär oder – seit Neuestem – ein Mitarbeiter Ihres Ministeriums. Deswegen, muss ich zugeben, hat es mich jetzt auch nicht verwundert, dass es zum wiederholten Male Sie beziehungsweise Ihr Ministerium waren, die uns Anlass zu, würde ich einmal sagen, mehr als berechtigter Kritik gegeben haben.

Was uns aber schon verwundert hat, war der Anlass, den Sie uns gegeben haben, und was uns noch mehr verwundert hat, war in diesem Fall die Tragweite der Grenzüber­schreitung, die in den letzten zwei Tagen aus Ihrem Ministerium gekommen ist. Ja, Herr Innenminister, ich habe Ihre Aussendung gestern Abend gelesen, in der Sie sich durchgerungen haben, sich ein bisschen davon zu distanzieren, was in diesem Mail gekommen ist. Ich sage Ihnen aber ganz ehrlich  und ich glaube, wir können ehrlich zueinander sein –: Wenn Sie 24 Stunden dazu brauchen, sich ein Bekenntnis zur Pres­sefreiheit abzuringen, dann wundern Sie sich nicht, dass Ihnen in diesem Staat nie­mand mehr glaubt. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. Abg. Belakowitsch: Mil­lionen aber schon!)


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Ich sage Ihnen auch: Wenn Sie als Bundesminister dieser Republik 24 Stunden dazu brauchen, um Interesse am Weiterbestehen der Grund- und Freiheitsrechte zu zeigen, dann sollten Sie sich vielleicht auch einmal selbst infrage stellen und sich fragen, ob Sie sich überhaupt selbst noch glauben, wenn Sie Aussendungen machen. (Abg. Lausch: Die Bevölkerung steht hinter dem Innenminister, nur die paar NEOS nicht, aber das sind nicht viele!)

Herr Bundesminister, ich habe es schon gesagt: Immer wenn etwas passiert ist, haben wir eigentlich geglaubt, dass es nicht mehr schlimmer gehen kann, und wir waren dann jedes Mal aufs Neue überrascht – und, wie gesagt, in dieser Tragweite ein weiteres Mal.

Aus dem Innenministerium unter Ihrer Führung ist ein E-Mail an die Kommunikations­chefs der Landespolizeidirektionen gekommen, in dem ein Frontalangriff auf die Pres­sefreiheit geritten wurde und in dem vorgeschlagen wurde, dass gegenüber kriti­schen – zu kritischen aus Ihrer Sicht – Medien in Zukunft Informationen beschränkt werden sollen. (Abg. Zanger: Aber geh! – Zwischenrufe der Abgeordneten Belako­witsch und Schimanek.)

Damit nicht genug, ist auch dazu aufgefordert worden, dass in Zukunft die Staatsbür­gerschaft beziehungsweise der Aufenthaltstitel von verdächtigen Personen bewusst (Abg. Belakowitsch: Das ist der Wunsch der Bevölkerung!) genannt wird. Es wurde auch dazu aufgerufen, dass über Sexualdelikte, insbesondere dann, wenn zwischen Täter und Opfer keine Verbindung besteht, proaktiv informiert werden soll und dass der Opferschutz in Wirklichkeit eher außen vor gelassen werden soll. (Abg. Gudenus: Das stimmt ja gar nicht! – Abg. Belakowitsch: Wo steht das?)

Sie haben das Mail offensichtlich nicht gelesen, Herr Kollege Gudenus! Ich werde es Ihnen nachher noch einmal genau zitieren. Schauen Sie sich das an! Ich komme nach­her im Detail, damit auch die FPÖ-Fraktion weiß, worum es geht, zu den Fragen des Opferschutzes. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. Abg. Gudenus: Der Opfer­schutz wird betont! Der wird betont! Das ist ja unglaublich!)

Für alle, die da schon beim Dazwischenbrüllen sind: Auf die Frage, ob der Innenmi­nister dafür verantwortlich ist, sage ich Ihnen gleich: Selbstverständlich ist der Innenmi­nister verantwortlich dafür. Der Innenminister ist Chef seines Ministeriums (Zwischenruf des Abg. Gudenus), und alles, was in seinem Ministerium passiert, liegt natürlich
in seiner Verantwortung. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Zwischenruf der
Abg. Belakowitsch.)

Wir haben dann aufgrund dieses Schreibens angekündigt, dass wir eine Dringliche An­frage an den Innenminister einbringen werden, und siehe da: Es hat nur 1 Stunde ge­dauert, bis wieder ein Schreiben aus dem Innenministerium kam, in dem drinstand, dass sich der Innenminister bei dieser Sitzung von seiner Staatssekretärin vertreten lassen will. (Abg. Belakowitsch: Ja, haben Sie es nicht gelesen? – Abg. Wurm: Sind beide da!) – Schauen Sie, Frau Kollegin Belakowitsch, ich weiß nicht, welches Schrei­ben Sie lesen. Im ersten Schreiben aus dem Ministerium stand drin (Abg. Gudenus: Sie können nicht lesen anscheinend!), dass sich der Herr Bundesminister die gesamte Sitzung heute von seiner Staatssekretärin vertreten lassen (Zwischenrufe der Abge­ordneten Belakowitsch und Steger – Ruf bei der FPÖ: Das stimmt ja gar nicht!) und nicht seiner verfassungsrechtlichen Aufgabe nachkommen will, nämlich dem Parlament hinsichtlich dieser Vorwürfe Rede und Antwort zu stehen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Zwischenruf des Abg. Haider. – Abg. Schieder: Hört! Hört!)

Ich gebe zu, dass nur eine Stunde später (anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen) der Herr Bundesminister offensichtlich doch draufgekommen ist, dass es seine Aufgabe ist, hier ins Parlament zu kommen


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und sich hier unseren Fragen zu stellen und entsprechend auch Rede und Antwort zu stehen.

Ich weiß nicht, warum Sie den Kopf schütteln, Herr Kollege Rosenkranz! (Abg. Rosen­kranz – auf Bundesminister Kickl deutend –: Da sitzt er!) Sie bekommen offensichtlich andere Schreiben als ich; ich bringe es Ihnen nachher. Das erste Mail aus dem In­nenministerium, 1 Stunde, nachdem wir angekündigt haben, dass wir eine Dringliche Anfrage machen, lautete: Der Herr Bundesminister lässt sich heute für die gesamte Nationalratssitzung entschuldigen. – Das war das erste Mail; dass er jetzt hier ist, ist darauf zurückzuführen, dass ein Druck in der Öffentlichkeit aufgebaut wurde (Abg. Ro­senkranz: Na, hör auf! – Widerspruch bei der FPÖ – Abg. Rosenkranz: Nimm dich nicht zu wichtig! Nimm dich nicht zu wichtig!) und er plötzlich der Meinung ist, dass er doch hier Rede und Antwort stehen muss. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Herr Bundesminister, auch wenn Sie diese Distanzierung – und die habe ich ja gestern schon angesprochen – ausgeschickt haben, die einigermaßen klein und sehr zurück­haltend war: Ich sage Ihnen, das ändert an der grundsätzlichen Problematik schlicht­weg gar nichts. Das ändert nichts daran, dass Sie die Verantwortung dafür haben, was in Ihrem Ressort passiert, das ändert nichts an dem Schaden, der durch Ihr Ressort bereits entstanden ist, und das ändert auch nichts daran, dass hinter diesem Schaden natürlich ein System steht. Es ist nämlich das System, dass man zuerst einmal ausrei­tet und den Medien Angst macht (Abg. Rosenkranz: Die fürchten sich auch!), dass man versucht, den Medien klarzumachen, dass ihnen, wenn sie nicht das machen, was man ihnen sagt, entsprechende Informationen vorenthalten werden. (Ah-Rufe bei der FPÖ.) Dieses System hat einen Namen, es ist das System Viktor Orbán, der es in Un­garn genauso gemacht hat: zuerst die Medien unter Druck setzen, um sie einzu­schüchtern, dann ein bisschen zurückrudern und den Schaden natürlich bewusst in Kauf nehmen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Zwischenrufe der Abgeordne­ten Höbart und Lugar.)

Kommen wir zu den Details, damit die FPÖ-Fraktion auch weiß, was in diesem Schrei­ben gestanden ist! Es wird zuerst in diesem Schreiben ersucht, dass in Zukunft die Staatsbürgerschaft eines mutmaßlichen Täters, einer mutmaßlichen Täterin in einer Aussendung der Landespolizeidirektion benannt werden soll. (Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der FPÖ.) Es soll auch in Zukunft bei Fremden so sein, dass deren Auf­enthaltsstatus genannt wird (Abg. Belakowitsch: Ja, das ist wichtig!) und dass dazu­gesagt werden soll, ob es sich um eine Asylwerberin oder einen Asylwerber handelt. (Abg. Zanger: Umfassende Information!) Es wird weiters angeführt, dass diese Sprach­regelung auch in Interviews umgesetzt werden soll. (Abg. Rosenkranz: Damit endlich mit der Mär aufgeräumt wird ...!)

Herr Bundesminister, zu dieser Aufforderung aus dem Mail hat es in Ihrer Pseudodis­tanzierung überhaupt kein Wort gegeben, das heißt, ich muss davon ausgehen, dass Sie das gutheißen, so wie Ihre Kollegen in Ihrer ehemaligen Parlamentsfraktion, dass Sie diese Ideen teilen und dass das auch weiter so gilt.

Ich frage Sie einmal ganz im Ernst: Was wollen Sie damit erreichen? (Abg. Höbart: Die Wahrheit ist zumutbar!) Ist Ihnen überhaupt bewusst, dass Menschen, die einer Straftat verdächtig sind, nicht gleichzusetzen sind mit denen, die von einem Gericht verurteilt wurden? Ist Ihnen so etwas überhaupt bewusst? Kennen Sie das Grundrecht auf Un­schuldsvermutung (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Neubauer), dass man nicht Menschen, die einer Tat verdächtig sind, in der Öffentlichkeit an­prangert? (Abg. Rosenkranz: Ihre Medien sollen sich das hinter die Ohren schrei­ben!) – Ich glaube, ehrlich gesagt, nicht. Ich glaube, das Einzige, was Sie damit errei­chen wollen, ist, Menschen gegeneinander aufzuhetzen und diese Gesellschaft in Ös-


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terreich zu spalten. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Des Weiteren – man glaubt ja, es geht nicht schlimmer – wurden die Landespolizeidi­rektionen in Bezug auf Sexualdelikte in diesem Mail aufgefordert, dass in Zukunft vor allem bei Taten, die in der Öffentlichkeit begangen wurden, oder Taten, bei denen „be­sondere Modi Operandi“, wie in diesem Schreiben steht, angewendet wurden, oder dann, wenn zwischen Tätern und Opfern keine Verbindung besteht, „proaktiv“ Aussen­dungen gemacht werden sollen. Auch dahin gehend gab es von Ihrer Seite absolut keine Distanzierung, keine Äußerung, und deswegen muss ich auch in dem Zusam­menhang (Abg. Rosenkranz: Interessiert Sie das alles nicht, was in diesem Staat zu­geht?) davon ausgehen, dass Sie dahinterstehen und dass Sie das gutheißen und dass das auch weiterhin so gilt.

Jetzt frage ich Sie wirklich etwas ganz im Ernst (Abg. Gudenus: Täterschutz ist das! – Abg. Höbart: Täterschutz!): Was für einen Unterschied macht es, wo ein Sexualdelikt begangen wurde? Wieso ist es aus Ihrer Sicht relevant, wo ein Sexualdelikt begangen wurde, und wieso soll nur dann über Sexualdelikte eine Aussendung gemacht werden, wenn es in der Öffentlichkeit passiert? – Herr Bundesminister, es ist eine vollkommen absurde Idee, dass es irgendeinen Vorteil gäbe, wenn Sie dann Aussendungen ma­chen, wenn Sexualdelikte in der Öffentlichkeit begangen wurden. (Abg. Rosenkranz: Das ist Ihre Einzelmeinung! – Zwischenruf des Abg. Gudenus.)

Noch viel heftiger ist es – und das ist das, was Sie offensichtlich nicht glauben, was man aber erkennt, wenn man die Passage zu Ende liest –, wenn es um den Opfer­schutz geht. Da steht zwar drinnen, dass der Opferschutz zwar ein „heikles Thema“ ist, man aber „dennoch“ solche Aussendungen machen soll. – Ich sage Ihnen etwas, Herr Bundesminister: Ich halte das für unglaublich, ich halte das (Abg. Höbart: Sie schüt­zen die Täter!) für eine unglaubliche Frechheit, dass für einen Bundesminister der Re­publik Österreich der Opferschutz offensichtlich nur so lange relevant ist, solange er Ih­ren propagandistischen Aussendungen, solange er Ihrer Parteipolitik nicht im Wege steht. Ich halte das für unerträglich. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Was dem Fass den Boden ausschlägt, ist, wenn man weiterliest, Folgendes – auch davon haben Sie sich übrigens nicht distanziert –, ich zitiere wörtlich: „Wenn es sich um eine [...] familieninterne Tat handelt, oder opfer-, bzw. datenschutzrechtliche Be­denken bestehen, so kann selbstverständlich nach wie vor von einer Veröffentlichung abgesehen werden.“

Herr Bundesminister, das ist unglaublich. Was geht in Ihrem Ministerium eigentlich vor? Wissen Sie, was das bedeutet? – Das heißt, dass aus opfer- oder datenschutz­rechtlichen Gründen davon abgesehen werden kann, und ich bin überzeugt davon, dass sowohl Ihre Mitarbeiter im Ministerium als auch Sie an und für sich den Gesetzen verpflichtet sind und dass von einer Aussendung nicht abgesehen werden kann, son­dern dass Sie davon absehen müssen (Abg. Lausch: Jessas!), wenn opferschutz­rechtliche und datenschutzrechtliche Gründe dem entgegenstehen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Es ist schlichtweg unzulässig und nicht rechtmäßig, wenn Sie trotzdem eine Aussen­dung machen. Wenn Ihr Sprecher aussendet, man kann unter Umständen davon ab­sehen, dann ist das nichts anderes als eine Verhöhnung der Opfer, und in Wirklichkeit sollte der Opferschutz oberste Priorität für einen Bundesminister dieser Republik ha­ben.

Es geht dann natürlich noch weiter, und jetzt kommen wir zu dem Teil, in dem das autokratische Denken von Ihren Mitarbeitern - - (Abg. Rosenkranz: Ich würde eher schon den Zeitpunkt dort ansetzen, wo es gar kein Opfer gibt, nämlich in der Präven­tion, die würde ich noch ...!) – Ich bin auch sehr für Prävention, Herr Kollege Rosen-


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kranz, aber es geht schon auch darum, dass man den Opferschutz weiterhin ernst nimmt und nicht Aussendungen macht, nur damit Sie Ihre billige Parteipropaganda ma­chen können! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Es geht dann weiter, und das ist dann der Punkt, an dem wir zu dem autokratischen Denken kommen, das offensichtlich bei einigen Mitarbeitern in Ihrem Haus vorliegt. Da geht es nämlich um den Zugang zur Pressefreiheit und zur liberalen Demokratie an sich. Ich zitiere wieder wörtlich aus dem entsprechenden Schreiben: „Leider wird wie eh und je seitens gewisser Medien (z.B.: Standard, Falter), sowie neuerdings auch sei­tens des Kuriers, eine sehr einseitige und negative Berichterstattung über das BMI bzw. die Polizei betrieben. Mittlerweile zählen keine Fakten und Erklärungen mehr, bzw. werden diese einfach ignoriert, da der jeweilige Artikel jedenfalls negativ wird, wie zahlreiche Artikel in jüngster Vergangenheit zeigen.“

Ein paar Zeilen später kommt Folgendes – ich zitiere wörtlich –: „Ansonsten erlaube ich mir vorzuschlagen, die Kommunikation mit diesen Medien auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken“ (Abg. Belakowitsch: Ja und? ... Wo ist das Problem?) „und ihnen nicht noch Zuckerl, wie beispielsweise Exklusivbegleitungen zu ermöglichen, es sei denn, ihr seht darin einen echten Mehrwert, bzw. die Möglichkeit einer neutralen oder gar positiven Berichterstattung.“

Herr Bundesminister, was für ein gestörtes Verhältnis haben Ihre Mitarbeiter eigentlich zur Pressefreiheit? (Ruf bei der FPÖ: Wieso? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Was für ein gestörtes Verhältnis haben sie, wenn sie solche Aussendungen machen? (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Ich frage Sie ganz ehrlich: Glauben Sie wirklich, dass es zulässig ist, dass in Zukunft Ihr Ministerium darüber entscheidet, mit welchen von ihm willkürlich ausgewählten Me­dien kommuniziert wird? (Abg. Stefan: Ich habe geglaubt, Sie haben das studiert! Ich habe geglaubt, Sie wissen, was Pressefreiheit ist! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das Hauptproblem an der ganzen Sache ist, es geht nicht nur um die Medien, die hier drin angesprochen wurden. (Ruf bei der FPÖ: Scherak weiß nicht, was Pressefreiheit ist! Nicht genügend!) Das Problem ist, dass hier alle Medien in Verruf geraten (Abg. Belakowitsch: Schwache Rede!) und dass das für alle Medien ein Problem ist, denn das, was Sie den Medien mit diesem Schreiben signalisieren, ist Folgendes: Entweder ihr spurt und schreibt das, was wir haben wollen, oder wir schneiden euch in Zukunft einfach von den notwendigen Informationen ab. (Abg. Steger: Nicht von den notwen­digen ...!) Das ist das, was Sie hier allen Medien in Österreich signalisieren, dass nur noch dann Informationen weitergegeben werden, wenn ordentlich berichtet wird, so, wie Innenminister Kickl sich das wünscht. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeord­neten von SPÖ und Liste Pilz.)

Ich habe es schon gesagt: Es ändert auch die halbherzige Entschuldigung nichts, weil der Schaden schon längst angerichtet ist, weil der Einschüchterungsversuch gegen­über den Medien schon längst da ist (Heiterkeit bei der FPÖ – Abg. Höbart: Die armen unabhängigen Medien!) und sich Medien natürlich in Zukunft überlegen werden, was sie schreiben (Abg. Haider: Beim „Standard“, genau! – Abg. Höbart: Die unabhängi­gen Journalisten!), weil sie ganz genau wissen, dass sie, wenn sie etwas schreiben, was Ihnen nicht gefällt, in Zukunft nicht mehr die notwendigen Informationen bekom­men. Man kann sich in dem Zusammenhang nur bei den unabhängigen Journalisten in Österreich bedanken, die weiterhin klar Widerstand gegen solche Frontalangriffe auf die Pressefreiheit leisten. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Ruf bei der FPÖ: Was kriegst du bezahlt für den Blödsinn?)

Noch skurriler und unerträglicher wird es dann, wenn man sich die Verteidigungs­schreiben anschaut, die aus Ihrem Ministerium gekommen sind. (Ruf bei der FPÖ: ...


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Journalisten von Haselsteiner für die NEOS inseriert! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) In einer Ihrer ersten Aussendun­gen aus dem Ministerium wurde auf das Auskunftspflichtgesetz verwiesen und es wur­de quasi gesagt: Na ja, wenn man sonst keine Informationen mehr kriegt, dann kann man sich eh nach dem Auskunftspflichtgesetz entsprechende Informationen holen.

Herr Bundesminister, ich sage Ihnen ehrlich: Entweder haben sich Ihre Mitarbeiter in dem Zusammenhang mit den Rechtsgrundlagen nicht so richtig auseinandergesetzt, was ich grundsätzlich nicht glaube, oder Sie wollen uns schlichtweg am Schmäh hal­ten, denn wenn Sie wissen, dass das Auskunftspflichtgesetz an und für sich normiert, dass sich jede Österreicherin, jeder Österreicher an eine Behörde wenden kann, um Informationen über behördliches Handeln zu bekommen – wenn dem nicht gerade eine Verschwiegenheitspflicht entgegensteht –, und dass das mit der Freiheit der Presse und der Ausübung der Pressefreiheit so gut wie gar nichts zu tun hat, dann müssten Sie sich eigentlich für solche Aussendungen schämen. (Beifall bei NEOS und Liste Pilz sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie glauben ja nicht ernsthaft, dass die Antwort gegenüber einem unabhängigen Jour­nalisten, der vielleicht einmal etwas schreibt, was Ihnen nicht gefällt, sein kann: Ach, ist total in Ordnung, ich gebe dir in Zukunft keine Informationen, aber du kannst eh nach dem Auskunftspflichtgesetz anfragen; du wartest halt acht Wochen darauf, dass du In­formationen bekommst. – Also wenn Sie so einen Bezug zu freier Presse haben, dann wundert mich wirklich gar nichts mehr. (Abg. Gudenus: Das ist ja unfassbar, der Typ!) – Kollege Gudenus kommt offensichtlich wieder nicht mit bei dem, was ich sage; Sie werden nachher die Möglichkeit haben, sich zu Wort zu melden. (Lebhafte Heiter­keit und Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Wissen Sie, was das ist? – Eine Aussendung, die in dieser Art und Weise einem unab­hängigen Journalisten entgegengebracht wird, ist nichts anderes als eine Verhöhnung von jeder Journalistin und jedem Journalisten in Österreich. (Die Abgeordneten Bela­kowitsch und Rosenkranz: Nein, nicht von jedem!) Ich sage Ihnen etwas: Unabhän­gige Medien sind ein unverzichtbarer Bestandteil in einer funktionierenden Demokratie. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Sie erfüllen die Aufgabe eines Public Watchdog und sind generell die vierte Macht im Staat. Dementsprechend ist es unglaublich, wenn Sie dieser staatspolitischen Verant­wortung, die Medien in einem Land haben, entgegensetzen, dass dann, wenn Medien etwas berichten, was Ihnen nicht gefällt, man sich eh nach dem Auskunftspflichtgesetz mit einer achtwöchigen Frist weiterhin an eine Behörde wenden kann und dann acht Wochen später, wenn das Ganze überhaupt kein Thema mehr ist, eventuell eine Ant­wort bekommt.

In Ihrem Verteidigungsschreiben aus Ihrem Ministerium ist dann festgehalten worden: Na ja, das war ja eh keine Weisung und auch keine Leitlinie zur Medienarbeit. – Ich frage Sie, Herr Bundesminister, was soll denn so etwas sonst sein? Ich habe mir an­geschaut, wie Ihr Ressortsprecher da die Dinge formuliert: Er ersucht in seinem Schrei­ben, er lädt dazu ein, er ersucht, die Sprachregelung umzusetzen, er regt an, er bittet, er schlägt vor. – Herr Bundesminister, was glauben Sie, was die Mitarbeiter Ihrer Lan­despolizeidirektionen machen, wenn sie so ein Mail kriegen? Glauben Sie, sie igno­rieren es einfach und denken sich: Ach lustig, da kommt wieder ein Mail aus dem In­nenministerium, ich pfeife doch darauf, ich lese es nicht, ich schmeiße es weg!? – Das kann ja nicht Ihr Ernst sein!

Wie ernst nehmen Sie sich, wie ernst nehmen Sie Ihr Ministerium, wenn E-Mails Ihrer Mitarbeiter seit Neuestem offensichtlich vollkommen irrelevant sind? Es werden Dinge ausgeschickt und die Antwort darauf ist: Hat eh keinen Weisungscharakter, ist eh keine Leitlinie, wir schicken das offensichtlich zum Spaß aus. – Das halte ich für einen be-


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denklichen Zustand, wenn das Ihre Herangehensweise an solche Dinge ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich frage Sie weiter: Wie oft passiert denn so etwas bei Ihnen im Ministerium? Werden oft E-Mails von Ihren Mitarbeitern verschickt, die irrelevant sind und an die man sich eh nicht halten muss? Also wie unterscheiden Mitarbeiter in Ihrem Ressort, was gerade relevant ist und was nicht? Muss ich mich daran halten, muss ich mich nicht daran hal­ten? – Ich glaube, dass das einem Ministerium an und für sich so nicht würdig ist.

Das BMI hat in einer weiteren Reaktion auf die Vorwürfe noch nachgelegt, und ich zi­tiere wörtlich – und das ist schon einigermaßen heftig in diesem ganzen Zusammen­hang –: „Dass der Verdacht der Voreingenommenheit gegenüber gewissen Medien durchaus nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt sich übrigens auch anhand der aktuellen Berichterstattung“.

Herr Bundesminister, gratuliere: Sie haben es nicht nur geschafft, diesen Vorwurf, dass Sie etwas gegen Ihrer Meinung nach nicht so unvoreingenommene Medien haben, nicht zu entkräften, Sie haben ihn auch noch unterstrichen, weil Sie genau in dem Zu­sammenhang wieder gesagt haben, dass die Medien, die nicht das schreiben, was in Ihr Bild passt, natürlich weiter voreingenommen sind. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Steger.) Das heißt, Sie unterstreichen auch noch das, was vorher gesagt wurde, Sie unterstreichen das, was in diesem Schreiben drin war, und Sie ha­ben sich nicht davon distanziert, sondern das Ganze mit dieser Aussendung in Wirk­lichkeit auch noch gutgeheißen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister, was mich auch noch interessieren würde, was wir Sie auch fra­gen, ist, was überhaupt die Konsequenz aus dieser ganzen Sache ist. Sie haben ges­tern in Ihrer Aussendung gesagt, Sie hatten ein Gespräch mit dem zuständigen Mitar­beiter. Also ich sage Ihnen etwas (Abg. Rosenkranz: Das ist die Achtsamkeit, die Kol­lege Strolz immer einfordert!): Wenn in einem Ministerium ein Mitarbeiter ist, der ein of­fensichtlich gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit hat, und die Konsequenz daraus ist, dass es ein Gespräch gibt, halte ich das für zu wenig. Ich würde mir von Ihnen ernst­haft erwarten, dass Sie einmal klarstellen, was von diesen Dingen jetzt gilt, ob irgend­etwas davon gilt, ob dieses absurde E-Mail offiziell von Ihnen zurückgenommen wird oder wie Sie weiterhin diesbezüglich vorgehen werden.

Herr Bundesminister, wenn Sie glauben, dass so ein Gespräch als einzige Reaktion reicht, dann gehe ich aufgrund Ihrer halbherzigen Entschuldigung davon aus, dass Sie eine ernsthafte Gefahr für die Presse- und Medienfreiheit in Österreich sind. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Heiterkeit bei der FPÖ.)

Dann gehe ich davon aus, dass Sie eine Gefahr für unser aller Freiheit in Österreich sind, und, Herr Bundesminister, ich gehe davon aus, dass Sie mit Ihrer Vorgehens­weise eine Gefahr für die Demokratie an sich in Österreich sind. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Höbart: Maria, bitte!)

Das, was Sie hier machen, das kennen wir aus Ländern wie Polen, wie Ungarn und aus vielen anderen autokratischen Staaten. (Abg. Amesbauer: „Autokratische Staa­ten“? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dieser Weg zu einer illiberalen Demokra­tie, das ist das, was die Herren Trump, Salvini, Orbán wollen, das ist das, was Frau Le Pen will, und das ist offensichtlich auch das, was ein gewisser Herbert Kickl haben will. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Ruf bei der FPÖ: Salvini ist eh gut! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, so ein Weg hat in einem liberalen Österreich schlichtweg nichts verloren, und genauso wenig hat ein Innenminister, der solche illiberalen Ideen verbrei­tet, verteidigt oder sie auch nur zulässt beziehungsweise ihnen unter Umständen, so wie Sie es offensichtlich tun, auch noch zustimmt, in Österreich schlichtweg nichts ver-


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loren. Herr Bundesminister, treten Sie endlich zurück! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Lis­te Pilz. – Abg. Höbart: Sehr, sehr schwach!)

15.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Frau Abgeordneter Belakowitsch das Wort. – Bitte.


15.36.22

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Scherak hat in seiner Rede eben behauptet, es hätte ein Mail beziehungsweise eine Mitteilung aus dem BMI gegeben, dass der Herr Bundesminister nicht an der heutigen Debatte teilnehmen möchte. – Das ist absolut unrichtig.

Herr Kollege Scherak, Sie selbst haben das auf Twitter gepostet, daher müssten Sie wissen: Diese Mitteilung kam aus dem Bundeskanzleramt, nicht aus dem BMI, und sie war nicht richtig. (Heiterkeit bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.) Das ist eine Unschärfe ge­wesen, da wurde nämlich etwas vergessen. Von Anfang an war klar, dass Herr Bun­desminister Kickl sich nur für die Rechnungshofdebatte vertreten lassen wird. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Rädler. – Abg. Lausch: Wie kann dem Scherak so ein Feh­ler passieren? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

15.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich bitten? Ich glaube, es ist gut, wenn wir wieder Ruhe einkehren lassen, damit wir allen Argumenten Raum geben. – Bitte. (Un­ruhe im Saal.) Meine Herren Abgeordnete! (Der Präsident gibt das Glockenzeichen.)

Der Bundesminister hat das Wort. – Bitte.


15.37.36

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Ich bin froh, dass wir heute über diese Dinge diskutieren können, dass wir uns vielleicht auch einmal darüber verständigen können, was denn tatsächlich Pressefreiheit ist, denn ich habe manchmal das Gefühl, wenn Sie über Pressefreiheit reden, dann reden Sie über alles Mögliche, nur nicht über Pressefreiheit, Herr Scherak. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, dass das auch einmal ein wichtiger Aspekt der Debatte ist. Sie haben sich zwar sehr darum bemüht, hier in einer Art Drama-Queen-Inszenierung in die Fußstap­fen Ihres jetzt ausscheidenden Vorgängers zu steigen, ganz hat es nicht gereicht. Sie sollten mit Herrn Strolz vielleicht gemeinsam in Zukunft ein paar Bäume umarmen. Ich empfehle den Baum der Erkenntnis (Abg. Scherak: Herr Präsident!), Herr Scherak, den Baum der Erkenntnis! (Beifall bei der FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte, solche Äußerungen zu unterlassen. – Bitte.


Bundesminister für Inneres Herbert Kickl (fortsetzend): Wissen Sie (Abg. Knes: Ei­nes Ministers nicht würdig! – Zwischenruf des Abg. Stefan), ich bin sehr, sehr froh da­rüber, dass Sie genau das angesprochen haben, zu dem es jetzt auch die tatsächliche Berichtigung gegeben hat, weil es sehr schön eine Methode aufzeigt.

Ich habe ja gestern, genauso wie Sie, in großen Schlagzeilen gelesen (Unruhe im Saal – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), dass ich heute zur Beantwortung dieser Dringlichen Anfrage nicht hier im Parlament sein werde. Sie haben das gelesen, ich habe das gelesen, dass ich auf der Flucht bin – also Flüchtlinge gibt es hier herinnen schon welche, das sind Immunitätsflüchtlinge, die sitzen dort (in Richtung Liste Pilz deutend), auf dieser Seite des Plenums. (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und Liste Pilz.) Ich habe gelesen, dass ich das Parlament ...



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte alle Redner, auch den Herrn Minister, die Würde dieses Hauses zu wahren. Ich bitte darum. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)


Bundesminister für Inneres Herbert Kickl (fortsetzend): Ich habe gelesen, dass ich das Parlament gröblich missachte. Ich habe mir zwei dieser Meldungen herausge­schrieben, die eine war: „Kickl kneift und geht auf Tauchstation“ – das war eine große Schlagzeile; die zweite war: „Kickl will sich selbst nicht stellen“.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, so weit die Behauptungen und das, was medial vertreten wurde, und die Tatsache ist, dass ich heute hier stehe und Ihren Fra­gen auch eine entsprechende Antwort gebe. (Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, was das eigentlich Interessante daran ist? – Dass es immer genau so vor­gesehen war – immer genau so vorgesehen! (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Ein einziger Anruf in unserem Ministerium jener Journalisten, die das geschrieben haben, hätte gereicht, um diesen Sachverhalt aufzuklären. Wir wären unserer Auskunftspflicht total gerne nachgekommen, um dieses Missverständnis aufzuklären, allerdings ist die­ser Anruf nicht erfolgt. Ich sage Ihnen das, denn: Hätte man dort angerufen, hätte man nebenher den Punkt 2 des Ehrenkodex für die österreichische Presse erfüllt, und die­ser Punkt lautet in der Überschrift: „2. Genauigkeit“. Das ist etwas, wozu sich die Pres­se selbst verpflichtet hat. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie, Herr Scherak, stellen sich hierher und behaupten jetzt einige Zeit später Dinge, die nicht mehr relevant sind, denn gestern am Abend selbst hat es noch eine Aussendung über die APA gegeben: „Verbindungsdienst im Kanzleramt meldete irrtümlich Kickl-Ent­schuldigung für Dringliche Anfrage der NEOS“. – Was hat also das Innenministerium gemeldet, was habe ich dazu beigetragen, dass Sie sagen können, dass ich mich vor dieser Veranstaltung drücken wollte? – Gar nichts! (Beifall bei der FPÖ.) Sie hören aber nicht auf, weiter die Unwahrheit zu behaupten, und das ist ein Skandal, Herr Scherak! Das ist ein Skandal. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Haider: Scherak soll sich entschuldigen! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Das ist der Punkt, wie hier auch vorgegangen wird. Das ist in gewisser Weise symp­tomatisch, weil man die Dinge dann eben so darstellt, wie sie gut ins Bild passen. Das ist halt dem einen oder anderen lieber als ein Innenminister, der sich dann hier herstellt und tatsächlich die Debatte mit Ihnen in aller Offenheit führt. (Zwischenruf der Abg. Kuntzl.) Ich hoffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf diese persönliche Anmerkung meinen Ausführungen vorausschicken und Sie leiten daraus nicht wieder einen Angriff auf die Medienfreiheit in diesem Land ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, dass wir trotz vieler Unterschiede in inhaltlichen Positionen – das ergibt sich schlicht und ergreifend aus der Tatsache, dass Sie eine Oppositionsrolle einnehmen und wir Regierungsarbeit ma­chen und dass es viele Unterschiede in einzelnen Positionen inhaltlicher Art gibt – doch, davon gehe ich aus, das eine oder andere grundsätzlich miteinander gemein ha­ben, und ich denke, dass beim Herausstreichen dieser Gemeinsamkeiten das klare Be­kenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und daraus abgeleitet selbstverständlich auch zur Pressefreiheit ganz, ganz wichtig ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich teile diese Ihre Haltung und ich hoffe, Sie teilen meine Haltung umgekehrt ebenso.

Das ist auch der Grund dafür, dass sich weder gestern irgendjemand hinstellen musste noch heute irgendjemand hier herstellen muss und zur Verteidigung der Pressefreiheit und der Meinungsfreiheit ausrücken muss, die angeblich von mir oder von Mitarbeitern meines Hauses infrage gestellt wird. Ich sage Ihnen eines: Weder die Pressefreiheit noch die Medienfreiheit werden von irgendeiner staatlichen Institution, von irgendeinem


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Vertreter dieser Bundesregierung oder einem seiner Mitarbeiter in Zweifel gezogen oder infrage gestellt. Das gilt auch für das Bundesministerium für Inneres; das möchte ich gleich am Beginn der Debatte mit aller Klarheit hervorstreichen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich war selbst lange Zeit in Opposition, Herr Kollege Scherak, und ich habe auch ein gewisses Verständnis dafür, dass dann, wenn man irgendwie nicht recht vom Fleck kommt und wenn es in anderen Parteien drunter und drüber geht, weil man nicht weiß, wer auf wen folgt und wer welche Position einnimmt, ein gewisser oppositioneller Modus einsetzt, ein gewisser oppositioneller Impuls entsteht, kleine Dinge möglichst groß aufzuplustern, ein Gespenst an die Wand zu malen, das man dann bekämpft – und je größer das Gespenst ist, desto größer scheint dann derjenige zu sein, der es bekämpft. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Das ist der Modus, mit dem Sie arbeiten. Das Problem dabei ist, dass das mit Sein sehr wenig zu tun hat, dass aber der Schein eine sehr, sehr wichtige Komponente in Ihrer Darstellung spielt. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Differenz von Sein und Schein ist, glaube ich, auch ein guter Aufhänger für die gesamte Diskussion, die wir hier führen (Zwischenruf des Abg. Schieder): Denn wenn jetzt behauptet wird, es gäbe einen Maulkorb, es gäbe eine Infosperre, es gäbe einen Medienboykott oder, so wie ich heute gehört habe, es gäbe einen Frontalangriff auf die Pressefreiheit, so ist das alles Schein, was Sie hier behaupten, und hat mit dem Sein überhaupt nichts zu tun. (Beifall bei der FPÖ.) Es ist genauso falsch wie Ihre Ein­gangsbehauptung, dass ich gestern gesagt habe, ich komme nicht hierher, um mich der Diskussion mit Ihnen zu stellen. (Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS.) Es ist genau die gleiche Qualität in diesen beiden Aussagen.

Die Vorwürfe, meine sehr geehrten Damen und Herren, stimmen aus mehrerlei Hin­sicht nicht.

Erstens: Das Mail, das zitiert wird, ist ein Schreiben des Ressortsprechers an seine Kolleginnen und Kollegen, aber es ist keine Weisung an die Landespolizeidirektionen. (Zwischenruf des Abg. Strolz. – Oh-Rufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Es ist keine Weisung. Ich sage Ihnen eines dazu: Glauben Sie denn wirklich, dass Beamte nur in Form von Weisungen miteinander kommunizieren? – Wie weltfremd ist denn so etwas, bitte?! Das ist doch unglaublich, ja, unglaublich. (Beifall bei der FPÖ.) Es kann auch gar keine Weisung sein, weil dieser Mitarbeiter in einer Funktion ist, aufgrund derer er gar keine Weisungen erteilen kann (Ruf bei der SPÖ: Umso ärger!), und alle Empfänger dieses Mails wissen das ganz genau. Das ist kleines Beamteneinmaleins, Herr Abgeordneter Scherak, das man zwar ignorieren kann, aber durch die Ignoranz wird Ihre Behauptung nicht richtiger. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Scherak.)

Der zweite Punkt: Weil man mir immer wieder sagt, ich würde mich hier abputzen wol­len oder ich distanzierte mich von einem Mitarbeiter, muss ich schon eines richtigstel­len: In den Medien ist gestanden, es ist irgendein Geheimpapier, Kickls Geheimpapier, Kickls Boykott oder irgendetwas, und auch jetzt, in der zweiten Zeile Ihrer Begründung steht wiederum drinnen, dass es ein Schreiben meines Kabinetts ist. – Das ist schlicht und ergreifend falsch, was hier behauptet wird! Das ist es nicht. Glauben Sie wirklich, dass ich als Ressortverantwortlicher tatsächlich weiß, wer von den 6 000 Mitarbeitern, die ich in etwa in der Zentralstelle habe, wann wem welches Mail mit welchem Inhalt schickt? Wie realitätsfremd ist denn so etwas, Herr Scherak, was Sie hier behaup­ten? – Absolut realitätsfremd! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich glaube, dass jeder, der so etwas behauptet, noch für keinen einzigen Tag irgendeine Position in einem ähnlichen Apparat eingenommen hat, sonst wäre das schlicht und ergreifend nicht möglich.


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Jetzt zum dritten Punkt, zum eigentlich zentralen Punkt, da geht es um die Frage des Inhalts: Es findet sich inhaltlich in diesem circa fünf Seiten langen Text kein einziges Wort in Richtung einer Informationssperre, in Richtung eines Boykotts, wie Sie das im­mer wieder behaupten. Keiner dieser Begriffe kommt darin vor. (Abg. Strolz: Sie müs­sen zwischen den Zeilen lesen!) Wissen Sie, was darin vorkommt? – Darin kommt ei­nes vor, nämlich ein eindeutiger Verweis auf die Notwendigkeit der Erfüllung der recht­lich vorgesehenen Auskunftspflicht – das ist es, was da drinnen vorkommt, das steht drinnen –, und zwar gegenüber allen Medien, auch jenen, die als kritische bezeichnet werden, und selbstverständlich gegenüber der interessierten Öffentlichkeit, was Ihnen offensichtlich weniger gefällt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Lausch: So ist es!)

Lesen Sie den Text durch, lesen Sie ihn durch, lesen Sie ihn sinnerfassend durch, dann werden Sie draufkommen, dass das, was da drinnen steht, das Gegenteil von Zensur ist. (Haha-Rufe bei den NEOS.) Es ist das Gegenteil von Zensur, denn es ist der Verweis auf die Einhaltung der Verpflichtung nach der Auskunftspflicht, die wir ha­ben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe natürlich mit dem Mitarbeiter gesprochen – selbstverständlich, das macht man in solch einer Situation –, und ich habe ihm auch gesagt, dass diese Formulierun­gen nicht meine Zustimmung finden. Er hat das auch eingesehen. Ich habe ihm auch gesagt, warum. – Weil er mit dieser Formulierung ein Tor aufgemacht hat, das genau diesen Missinterpretationen, die Sie hier tätigen, Raum gibt. Das ist der Fehler in der ganzen Angelegenheit, das ist der Vorwurf, den man ihm machen kann. Das ist unser Teil der Verantwortung, das ist die Seite der Medaille, die uns gehört. Aus dieser Mög­lichkeit dann aber tatsächlich das Unterstellen der bösen Absicht zu machen und die Missinterpretation vorzunehmen, das ist die Verantwortung anderer. Diese Interpreta­tion, der Rechtsstaat sei in Gefahr, dieses Aufplustern, das Ausrufen des Staatsnot­standes, des Angriffs auf die Medienfreiheit, das ist auf Ihrem Mist gewachsen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, und entbehrt jedweden Tatsa­chensubstrats! (Beifall bei der FPÖ.)

Diejenigen, die das machen, die diese Art der Interpretation und der Verzerrung vor­nehmen, sind dieselben, die mir vor Kurzem unterstellt haben, mit bewaffneten Trup­pen das BVT gestürmt zu haben, dort irgendwelche Daten gestohlen zu haben. Es sind dieselben, die gesagt haben, dass ich dort einen Putsch durchgeführt habe. Es sind dieselben, die noch bis zum heutigen Tag gesagt haben, dass ich das Parlament miss­achte, weil ich jetzt angeblich nicht hier stehen werde, und es sind dieselben, die im­mer wieder behaupten, dass die Abschiebungen, die wir vornehmen, brutal und un­menschlich sind. Ich könnte Ihnen jetzt auch 52 Punkte aufzählen, alles Dinge, die ei­nes gemeinsam haben: dass sie schlicht und ergreifend nicht stimmen! Sie passen in Ihr Konzept, aber es sind keine Tatsachen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, dass Sie irgendwie selber nicht ganz genau wissen, was Sie wollen, denn jetzt wird es nämlich wirklich paradox, wenn man Ihrer weiteren Argumentation folgt. Zum einen werfen Sie uns vor, dass wir eine angebliche Informationssperre, einen Boykott der Medien ausrufen, die Pressefreiheit gefährden, wo wir doch eigentlich nur sagen: Bitte informiert nach den gesetzlichen Rahmenbedingungen! Das ist die eine Seite. Und wenn es darum geht, dass wir die Information vermehren, dass wir mehr Transparenz haben wollen, nämlich wenn es zum Beispiel um die Frage der Nationa­lität von Straftätern, von Verdächtigen und von Verurteilten geht, wenn es um die Frage von Sexualstraftaten geht, dann werfen Sie uns plötzlich vor, dass wir zu viel Informa­tion nach draußen geben. Das ist eine seltsame Diskrepanz in der Argumentation, die Sie mir einmal erklären müssen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Also auf der einen Seite werfen Sie uns Zensur vor und auf der anderen Seite wollen Sie die Zensur. Das ist ein seltsamer Widerspruch, den Sie nicht auflösen können. Ich verstehe es nicht und ich glaube, dass es auch die Bevölkerung nicht versteht (Abg. Höbart: Die Opposition versteht sich schon selbst nicht mehr!), dass Sie hier offen­sichtlich diesen Kurs fahren, dass Sie glauben, dass wahrscheinlich die richtige Infor­mationspolitik einer Behörde im Zusammenhang mit Straftaten, etwa mit Sexualdelik­ten, so ungefähr in der Methode besteht, dass man so informiert, wie man über die Köl­ner Silvesternacht informiert hat. (Rufe bei der FPÖ: Ja, genau! – Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Ich halte die Berichter­stattung über diese Kölner Silvesternacht für ein unglückliches Kapitel der Medienge­schichte, das sehr, sehr viel Schaden angerichtet hat. In dem Moment, in dem wir transparent vorgehen wollen und diese Informationen auch zur Verfügung stellen wol­len, tun wir das Gegenteil davon, das Gegenteil von Vertuschen und Verharmlosen, was viel zu lange in diesem Land betrieben worden ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, weil Sie eines bei der ganzen Diskussion immer ver­gessen: Wenn wir diese Informationen – und wenn Sie das Mail gelesen haben, haben Sie gesehen, dass da ein ausführlicher juristischer Anhang inklusive Höchstgerichtsbe­zug et cetera dabei ist – unter Erfüllung der Auflagen des Persönlichkeitsschutzes hi­nausgeben, dann geben wir sie den Medien, Herr Scherak! Dann geben wir sie den Medien, und die Medien entscheiden dann darüber, was sie mit diesen Informationen machen. Die Medien entscheiden in ihren Redaktionssitzungen, ob sie diese Dinge publizieren oder ob sie sie nicht publizieren. (Abg. Rosenkranz: Das heißt Pressefrei­heit!) Das ist die vollkommene Freiheit der Medien, das ist die Pressefreiheit, von der Sie immer reden. Es ist dann die Verantwortung der Medien, ihren Lesern zu erklären, ob sie diese Seite der Wahrheit oder jene Seite der Wahrheit, einen Teil oder die um­fassende Information nach draußen geben. Das dürfen Sie, bitte, nicht vergessen! (Bei­fall bei der FPÖ.)

Opferschutz ist mir auch ganz, ganz wichtig, inwiefern aber der Opferschutz nicht ge­währleistet sein soll, wenn man die Nationalität eines Sexualstraftäters sozusagen mit in die Information hineingibt, das müssen Sie mir einmal erklären, denn das erschließt sich niemandem, außer denjenigen, die glauben, sie müssen über eine verfehlte Zu­wanderungspolitik und deren negative Konsequenzen die ewige Tuchent spannen! Ich glaube, dass das der falsche Weg ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf ersuchen, die Fragen zu beantworten. Die Redezeit ist schon weit fortgeschritten.


Bundesminister für Inneres Herbert Kickl (fortsetzend): Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Scherak, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition: Das, was wir hier tun, ist das Gegenteil von Zensur. Es ist das Erfüllen eines Transparenzbedürf­nisses der Bevölkerung. Die Menschen haben ein Recht auf umfassende Information. Wir bieten es den Medien an, die Entscheidung liegt in der Hand der Medien, es ist ihre Freiheit. Unsere entsprechenden Richtlinien im Haus werden vor diesem Hintergrund, auch weil es um andere Unschärfen geht, überarbeitet. Das ist im Übrigen der eigent­liche Kern dieses Schreibens, aus dem Sie sich immer auf ein paar Sätze kaprizieren.

Ich komme damit zur Beantwortung Ihrer 52 Fragen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zur Frage 1:

Der Ressortsprecher des BMI, Christoph Pölzl.


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Zur Frage 2:

Nein, für das Schreiben gab es von niemandem einen Auftrag.

Zur Frage 3:

Nein.

Zu den Fragen 4 bis 6:

Ein Plan, dieses Schreiben zu verfassen, war mir, der Frau Staatssekretärin und dem Herrn Generalsekretär nicht bekannt. Ich selbst, die Frau Staatssekretärin und der Herr Generalsekretär haben am 24.9.2018 von der Existenz dieses Schreibens erfahren.

Zur Frage 7:

Am 19.9.2018, um 14.17 Uhr.

Zur Frage 8:

An die Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der neun Landespolizeidirektionen beziehungs­weise deren Vertreter in zwei Bundesländern.

Zur Frage 9:

Es gibt dazu keinen kabinettsinternen Ablauf, weil Verwaltungsabläufe durch die Sek­tionen und nachgeordneten Behörden des BMI selbständig und eigenverantwortlich er­ledigt werden.

Zur Frage 10:

Nein.

a.: Nein.

b. und c.: Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten selbstverantwortlich im je­weiligen Bereich.

d.: Wie in allen anderen Bereichen gibt es auch in der Kommunikation Vorgaben für die tägliche Arbeit, in diesem Fall insbesondere den Erlass für die interne und externe Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Inneres und der nachgeordneten Behörden und Dienststellen.

Zur Frage 11:

Als Innenminister wird mir sämtliches dienstliche Verhalten der Beamtinnen und Beam­ten des BMI zugerechnet; auch dann, wenn ich nichts davon weiß oder der Vorgangs­weise nicht zustimme.

Zur Frage 12:

Gemäß Geschäftseinteilung des BMI vom 1. Juli 2018 ist die Abteilung I/5, Kommuni­kation, für die Koordination und Wahrnehmung der internen und externen Kommunika­tion und Öffentlichkeitsarbeit des Innenressorts einschließlich Koordination der Kom­munikationsteams auf Landesebene zuständig. Der Ressortsprecher kann daher dies­bezüglich keine Weisung erteilen.

Zur Frage 13:

Wie bereits in der Frage 12 ausgeführt, erteilte der Ressortsprecher keine Weisungen an andere Verantwortliche im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Grundsätzlich können Wei­sungen aber sowohl mündlich als auch schriftlich erteilt werden. Es gibt diesbezüglich keine Formvorschriften.

Zur Frage 14:

Dadurch, dass dem Absender keine Weisungsbefugnis zukommt.


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Zur Frage 15:

Keine.

Zur Frage 16:

Der Erlass für Öffentlichkeitsarbeit enthält diesbezügliche Vorgaben, dennoch waren Fragen offen. Aus diesem Anlass werden jetzt neue Richtlinien erarbeitet.

Zur Frage 17:

Ich gehe davon aus, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in meinem Haus regel­mäßig über die Umsetzung der sie jeweils betreffenden Arbeiten austauschen.

a.: Im Detail liegen dazu keine Informationen vor. Die Kommunikation meiner Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit kann und soll auch nicht überwacht werden. Wichtig ist, dass sie auf Grundlagen der Gesetze erfolgt.

b.: Zu befolgen sind nur Weisungen.

Zur Frage 18:

Nein.

Zur Frage 19:

Nein.

Zur Frage 20:

Ich habe bereits persönlich ein klärendes Gespräch mit dem Ressortsprecher geführt. Ich habe vermittelt, dass die Pressefreiheit unantastbar und ein wesentlicher Grund­pfeiler einer demokratischen Gesellschaft und mir daher ein vertrauensvoller Umgang mit allen Medien wichtig ist.

Zur Frage 21:

Die Adressatinnen und Adressaten des gegenständlichen Schreibens kennen die Er­lasslage im BMI; einige haben sich auch bereits in diesem Sinn öffentlich geäußert. Natürlich haben zudem die Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der neun Landespolizeidirek­tionen Kenntnis von meiner öffentlichen Stellungnahme erhalten. Außerdem hat der Präsidialchef meines Ressorts alle Leiter der Öffentlichkeitsarbeit in den Bundeslän­dern bereits zu einer Besprechung ins BMI eingeladen, um noch einmal im Detail auf die geltende Erlasslage hinzuweisen.

Zur Frage 22:

Aufgrund meines Gesprächs mit dem Ressortsprecher hatte ich den Eindruck, dass es ihm um einen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen zu Fragen ging, die sich auf­grund der täglichen Medienarbeit ergeben hatten.

Zur Frage 23:

Ich habe den Ressortsprecher über seine Kompetenzen sowie die Erlasslage zur Öf­fentlichkeitsarbeit des BMI belehrt, wie auch der zuständige Präsidialsektionschef im BMI.

Zur Frage 24:

Grundsätzlich ist mir wichtig, dass über alle mein Haus betreffenden Themen sachge­recht und dann kommuniziert wird, wenn es dafür entsprechende Grundlagen gibt.

Zu den Fragen 25 bis 30:

Die Basis für die Ausführungen des Ressortsprechers bilden, wie bereits erwähnt, des­sen persönlichen dienstlichen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Medien seit Ju-


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ni 2018. Diese Erfahrungen sind mir naturgemäß nicht bekannt. Darüber hinaus würde es sich um Meinungen und Einschätzungen handeln, die nicht dem parlamentarischen Interpellationsrecht unterliegen. Sollten diese Wahrnehmungen den Tatsachen ent­sprechen, wähle ich den Zugang, diesen mit den betroffenen Medien im Diskurs abzu­arbeiten. Eine öffentliche Abhandlung entspricht nicht meinem Amtsverständnis von vertrauensvoller Zusammenarbeit.

Zur Frage 31:

Gar nicht.

Zur Frage 32:

Das BMI hat grundsätzlich nie die Hoheit über die redaktionelle Berichterstattung von Medien.

Zur Frage 33:

Ich sehe es nicht als meine Aufgabe im Rahmen der Vollziehung an, die Berichterstat­tung in Medien zu bewerten. Zur subjektiven Wahrnehmung des Ressortsprechers ha­be ich ihn, wie bereits erwähnt, entsprechend belehrt und ihn darauf hingewiesen, wel­chen Wert die Pressefreiheit in einer Demokratie hat und wie wichtig mir daher ein ent­sprechender Umgang mit allen Medien ist.

Zur Frage 34:

Es ist nicht meine Aufgabe, im Rahmen der Vollziehung die Arbeit von Medien zu be­werten.

Zur Frage 35:

Ich habe bereits ausgeführt, dass mir ein vertrauensvoller, professioneller Umgang mit allen Medien wichtig ist.

Zur Frage 36:

Darüber werden keine Aufzeichnungen geführt. Derartige Entscheidungen werden von den Landespolizeidirektionen eigenständig getroffen.

Zur Frage 37:

Darüber werden keine Aufzeichnungen geführt. Hintergrundgespräche mit Journalisten gehören jedoch zum Alltagsgeschäft von Kommunikationsmitarbeitern.

Zur Frage 38:

Dass der Verdacht der Voreingenommenheit in gewissen Fällen durchaus nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt sich etwa anhand der aktuellen Berichterstattung. Bereits durch die Betitelung im „Kurier“: „Geheimpapier: Kickls brisante Medienkontrolle“, oder im „Standard“: „Innenminister Kickl greift die Medienfreiheit frontal an“, wird der falsche Eindruck erweckt, diese Empfehlungen würden persönlich von mir stammen oder seien in meinem Auftrag geschrieben worden. Tatsächlich war ich weder Auftraggeber noch Empfänger der in Rede stehenden Mail, ebenso wenig wie ein Mitglied aus meinem Kabinett.

Zur Frage 39:

Diesbezügliche Kriterien gibt es nicht.

Zur Frage 40:

Selbstverständlich. Fakt ist aber auch, dass die Auskunftspflichtgesetze – eines als Bundesgesetz für die Behörden des Bundes und die von den Landtagen beschlosse­nen Gesetze der einzelnen Bundesländer – dieses Grundrecht konkretisieren und so­mit das durchsetzbare, subjektive Recht auf Auskunftserteilung sicherstellen.


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Zur Frage 41:

Nein.

Zur Frage 42:

Ja.

Zu den Fragen 43 und 44:

Grundsätzlich gibt es im BMI und im Justizministerium eine sehr ähnliche Erlasslage. Im Zuge der Erstellung beider Erlässe gab es auch einen Austausch zwischen den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Im BMI gilt natürlich der eigene Erlass zur Öffentlichkeitsarbeit.

Zur Frage 45:

Ja.

Zur Frage 46:

Wie schon angeführt, hat das Schreiben keinen Weisungscharakter. Die Frage spielt daher für den Vollzug keine Rolle.

Zu den Fragen 47, 50, 51 und 52:

Im Vorfeld von Medienarbeit ist in jedem Einzelfall deren Wirkung auf die Öffentlichkeit und insbesondere zu prüfen, ob Interessen und Gefühle von Opfern und Angehörigen Betroffener und der Schutz ihrer Privatsphäre angemessen berücksichtigt werden. Das ist im geltenden Erlass zur Öffentlichkeitsarbeit des BMI so festgelegt.

Demgemäß sind im Vorfeld und bei der Medienarbeit insbesondere folgende Punkte zu beachten: die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Auskunftspflicht, die Erfordernisse des Datenschutzes, die Wahrung von Urheber- und Bildnisschutzregelungen und die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit.

Was Frage 51 betrifft, so hatte in diesem speziellen Fall der Ressortsprecher zudem den Eindruck einer unterschiedlichen Handhabung bei der Öffentlichkeitsarbeit und wollte diese entsprechend ansprechen.

Zur Frage 48:

Das kann nicht generell, sondern nur im Einzelfall beurteilt werden.

Zur Frage 49:

Grundsätzlich trägt Transparenz zu einem realitätsnahen Bild bei. Daran besteht so­wohl vonseiten der Bevölkerung als auch der Medien ein berechtigtes Interesse. Ich darf etwa an die Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit der deutschen Polizei nach der Sil­vesternacht in Köln 2015 erinnern. Zitat: „Ausgelassene Stimmung – Feiern weitge­hend friedlich“. – Zitatende. So lautete die Überschrift der Mitteilung, die die Kölner Poli­zei am Neujahrsmorgen 2016 verschickte.

„Der Spiegel“ bewertete dies wie folgt – Zitat –: „Das Problem war nur, dass die Silves­ternacht in der Domstadt alles andere als friedlich verlaufen war. Hunderte Frauen sol­len teilweise massiv sexuell bedrängt und genötigt worden sein, als tatverdächtig gel­ten vor allem Flüchtlinge aus Nordafrika. Die Empörung war gewaltig, die Pressemel­dung hatte enorme Folgen.“ – Zitatende. Plötzlich sei man die Lügenpolizei gewesen, klagte ein Beamter.

Wir im Innenministerium befinden uns wie auch die Medien in einem Spannungsfeld zwischen Aufklärung und Verantwortung. Da den optimalen Weg zu gehen, sehen wir als Kernaufgabe unserer Kommunikation, und wir werden versuchen, dem künftig noch


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besser gerecht zu werden. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Ein Mann, ein Wort! Das war großartig!)

16.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kris­per. – Bitte.


16.04.13

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Minister! Ich darf (Abg. Zanger: Zur Rede gratulieren!) mit einem Zitat beginnen, an das mich die heuti­ge Thematik erinnert. Ein aufgebrachter Oppositionspolitiker sagte einst in einem Ap­pell an die Medien, die vierte Macht im Staat: Eigentlich hätten sie die Mächtigen in diesem Land zu kontrollieren und nicht Auftragsarbeit und nicht Söldnertum im Auftrag der Mächtigen gegen die Opposition und gegen die eigene Bevölkerung zu betreiben. – Zitatende. (Abg. Höbart: Das hat er nicht verdient!)

Wissen Sie, wer das gewesen ist, Herr Minister? – Das waren Sie: Rede zum Bundes­parteitag der FPÖ, März 2017. (Abg. Gudenus: Ui! Gut aufgedeckt!) Und heute stehe ich hier als Oppositionspolitikerin und bin aufgebracht, und das nicht nur, weil Sie sich jetzt, da Sie zu den Mächtigen gehören, offenbar wie eine Fahne im Wind gedreht ha­ben. Was sind Sie für ein Minister? (Abg. Belakowitsch: Ein sehr guter!) Dass es Ih­nen nicht um die Sicherheit in diesem Lande geht, ist seit Ihrer sicherheitspolitisch sinn­losen, aber teuren Passion für Polizeipferde klar, die aus heutiger Sicht das geringste Übel an Ihnen ist. (Abg. Stefan: Mein Gott! Das ist Populismus der übelsten Sorte! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Wir haben einen riesigen BVT-Skandal aufzuklären. Ihr Generalsekretär orchestriert jenseits seiner Kompetenzen ein Strafverfahren am Ende von vielen Handlungen aus Ihrem Kabinett heraus. Unter Ihrem Generalsekretär steht ein massiv geschwächtes Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Auf der Strecke blieb bei Ihrem Spielchen die Sicherheit Österreichs. Auch da wollen Sie von nichts gewusst haben.

Jetzt kommt dieses Schreiben an die Öffentlichkeit. Wieder heißt es, Sie hätten nichts gewusst, nichts angeordnet. Sie haben es heute wieder betont. (Abg. Belakowitsch: Ja und?) Herr Innenminister, entweder geben Sie den Auftrag zu etwas oder wissen von etwas, was aus Ihrem Haus an Angriffen auf den Rechtsstaat, an Angriffen auf die freien Medien passiert, dann sind Sie klar ein Sicherheitsrisiko, oder, was Sie heute wieder behauptet haben, Sie wissen nicht, was in Ihrem Haus vorgeht (Zwischenruf des Abg. Stefan– und ich spreche nicht von einem von Tausenden Beamten, wie Sie vorhin gemeint haben, sondern das kam von Ihrem Ressortsprecher, einem Ihrer engs­ten Mitarbeiter –, dann sind auch Sie in Ihrer Rolle falsch und auch ein Sicherheitsrisiko.

Ich glaube ja, dass sich gerade an solchen Beispielen Ihre wahre politische Absicht zeigt. (Abg. Rosenkranz: Das ist eine Glaubensfrage!) Wie mein Kollege Scherak schon gesagt hat, haben Sie 24 Stunden gebraucht, um sich von dem Schreiben zu distanzieren. Erst da schafften Sie es, zu formulieren, dass die Pressefreiheit auch für Sie unantastbar sei. Wem wollen Sie eigentlich etwas vormachen? Sie sind ja mittler­weile ein Wolf im Wolfspelz. Es geht Ihnen offensichtlich um Macht, um Kontrolle, um Einschränkung von allem, das Ihnen irgendwie unangenehm ist. Dazu gehören auch die demokratischen Rechte und die Freiheit unserer Gesellschaft.

Was sonst wollen Sie damit bezwecken, wenn Sie kritische Medien boykottieren, aus dem Diskurs ausschließen wollen? – Das ist nicht nur unsere Interpretation, denn ich möchte bemerken, dass sich auch unser Schweigekanzler zu Wort gemeldet hat und auch unser Bundespräsident. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)


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In dem Schreiben aus Ihrem Ressort werden die kritischen Medien ja auch diffamiert. Es wird darin behauptet, mittlerweile zählen keine Fakten und Erklärungen mehr bezie­hungsweise werden diese einfach ignoriert. Sie haben in der Beantwortung unserer Fragen in keiner Weise argumentieren können, inwiefern die kritischen Medien fakten­widrig berichten würden. Ungeachtet dessen, was Sie für Fakten halten und was nicht, ist die Pressefreiheit in der Verfassung verankert. Was stört Sie an dieser Pressefrei­heit? Was bedrängt Sie denn so an der Demokratie? (Abg. Gudenus: Man kann Me­dienberichte schon kritisieren! Das geht schon! Die Freiheit haben wir schon!)

Ich möchte Sie alle noch an Folgendes erinnern: Diese Bundesregierung, FPÖ wie ÖVP, hat wiederholt und völlig zu Recht den Umgang der Türkei mit kritischen Journa­listen verurteilt. Vizekanzler Strache selbst hat EU-Sanktionen gegen die Türkei gefor­dert, eben weil diese so gegen kritische Journalisten vorgeht, wie es hier anfangen könnte. (Ruf bei der FPÖ: ..., das ist ja unerhört!) Matthias Strolz hat heute in seiner Abschiedsrede gesagt: Demokratie kann auch langsam sterben, wenn man nicht auf­passt. – Und wir werden aufpassen, jeden Schritt verfolgen, dass dies nicht passiert. Das könnte ein erster Schritt sein.

Das bringt mich zu den Kollegen von der ÖVP – Sie tun ja immer so, als ginge Sie das alles nichts an. Man hat ja mit irgendjemandem koalieren müssen, und die FPÖ kam billig. Sie können sich hier nicht mehr länger aus der Mitverantwortung stehlen. Sie sind Steigbügelhalter in einem gefährlichen Spiel und der Beihilfe schuldig bei allem, was hier passiert. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) Dem Abwesenheitskanzler muss ich sagen, das ist sein Innenminister. Wie lange will er noch tatenlos zusehen und schwei­gen? Ja, ich weiß, er hat etwas gesagt, aber nur eine Sache: „Jede Einschränkung von Pressefreiheit ist nicht akzeptabel.“

Das bringt mich zu einem anderen Punkt: Weder er noch Sie, Herr Innenminister, ha­ben sich, auch heute in Ihrer Beantwortung nicht, vom Aufruf zur propagandistischen Manipulation distanziert, der in Ihrem Schreiben enthalten ist. (Abg. Rosenkranz: Aber nur zwischen den Zeilen! ... in dicken, fetten Lettern!) Es kommt in diesem Schreiben zur Anweisung, man möge möglichst bei den Delikten die Staatsbürgerschaft und den Aufenthaltsstatus des Täters immer dazusagen, offenbar besonders, wenn es um Aus­länder geht. (Abg. Belakowitsch: Das wünschen sich die Menschen draußen!)

Dazu sagt der Kriminalsoziologie Reinhard Kreissl, es handle sich um einen Versuch, Berichterstattung strategisch zu steuern, um Vorurteile und falsche Einstellungen zu verstärken. (Abg. Rosenkranz: Darum ist verschleiern besser!) Und das ist das, was Sie tun. Sie wollen eben nicht eine ausgewogene Berichterstattung, wie es in diesem Schreiben behauptet wird, nach objektiven Kriterien, sondern setzen ganz bewusst Schwerpunkte in Ihrem Sinne.

Nennen wir das Kind beim Namen! Es soll zukünftig vor allem über vermeintliche Straf­taten von Ausländern und Asylwerbern medial berichtet werden und damit die Stim­mung im Lande durch gezielte Manipulation massiv beeinflusst werden. (Abg. Rosen­kranz: Aber das wird dann bei den Medien selbst liegen, wenn sie das dann ...!) Sie hetzen die Menschen gegeneinander auf. Und warum tun Sie das? (Ruf bei der FPÖ: Das ist ja unfassbar!) – Weil Sie und Ihre Gesinnungsgenossen genau davon leben: von Angst und Zwietracht, die Sie selbst gesät haben.

Das Ziel Ihrer Propaganda ist die Spaltung der Gesellschaft. Ihre Partei lebt vom Feindbild (Abg. Rosenkranz: Genau! Das machen Sie nämlich auch!) – das kann wechseln. Man ist für die Macht, für die Ideologie elastisch. Aber der Asylwerber und der Fremde ist ein Dauerbrenner. Man wechselt halt nur von den alten Feindbildern der Rechten zu antimuslimisch. Für Sie ist das leicht. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Als Innenminister lassen Sie sich nicht die Chance entgehen, das Feindbild durch gezielte Medienarbeit zu nähren. (Abg. Rosenkranz: ... der Rechten das Feindbild, mit dem Sie


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spalten!) Jetzt sitzen Sie an den Informationen und haben die Möglichkeit dazu. Sie nehmen damit ganz bewusst in Kauf, dass Alltagsrassismus weiter fortschreitet.

Was kann noch passieren, wenn Sie die Geister, die Sie hier rufen, nicht mehr unter Kontrolle haben? Was ist, wenn es Delikte oder sogar Ausschreitungen gegen die von Ihnen ausgesonderten Gruppen gibt? Sie sprechen immer von Köln. Wir haben gerade Chemnitz erlebt. (Zwischenruf des Abg. Herbert.) Wer ist dann verantwortlich? Wird dann auch prioritär berichtet?

Der zweite Punkt – in Ihrem Schreiben heißt es weiter –: „Sexualdelikte sind aus Opfer­schutzgründen ein heikles Thema,“ aber trotzdem soll versucht werden, „vor allem Ta­ten die in der Öffentlichkeit begangen werden [...], mit erheblicher Gewalteinwirkung oder Nötigung [...] proaktiv“ zu berichten. – Ich bin dankbar dafür, dass die Pressestelle der Polizeidirektion Wien bereits hinreichend klarmachte, wie gefährlich die avisierte Vorgangsweise aus der Perspektive des Opferschutzes ist sowie dass in rund 80 Pro­zent der Fälle eine Täter-Opfer-Beziehung besteht. Dass durch die stärkere Berichter­stattung über Sexualverbrechen die Kriminalität völlig verzerrt dargestellt wird, zeigt ein Blick in die Verurteilungsstatistik (Abg. Lugar: Der Minister hat es gerade erklärt!), nach der Delikte gegen die sexuelle Integrität auch zahlenmäßig abgeschlagen an ach­ter Stelle rangieren. (Abg. Rosenkranz: Gott sei Dank! Gott sei Dank an achter Stelle! Mir wäre zwölfte oder vierzehnte lieber!)

Herr Minister! In Ihren Reden und der Beantwortung der Fragen haben Sie wiederholt gezeigt, dass sich Ihre Wahrheit nicht an Fakten orientiert, sondern an Machtgier. Wis­sen Sie: Ich habe vor nicht allzu langer Zeit – so wie viele hier wahrscheinlich – bei allen inhaltlichen Differenzen gedacht, Sie sind ein Stratege, ein gewiefter Politiker, aber ich habe mich getäuscht. Egal, ob es der Versuch war, mit der Brechstange im BVT die Macht zu übernehmen, ob Sie eine Kabinettsmitarbeiterin in den BVT-Unter­suchungsausschuss einschleusen oder dieses Schreiben aus Ihrem Ressort: Alles war durchsichtig und ungeschickt – zwei Adjektive, die für mich Ihr bisheriges Wirken als Minister treffend beschreiben.

Haben Sie wirklich gedacht, Sie kommen damit durch? Herr Minister! Wir erwischen Sie jedes Mal. Darauf können Sie sich auch in Zukunft verlassen (Abg. Rosenkranz: Ui!) – egal, wie viele Nachhilfestunden in Rechtsstaatdemagogie Sie bei Ihren Freun­den in Ungarn oder Russland noch nehmen. Wir NEOS und ich persönlich lehnen Ihre Ideologie ab. Sie betreiben Politik ohne Respekt für die Menschen und ohne Verstand. (Abg. Stefan: Wie ist das mit der Würde des Hauses?) Aber hier kommt die optimis­tische Botschaft, nicht für Sie, sondern für die Bürgerinnen und Bürger, für uns alle: Es wird Ihnen nicht gelingen, die Demokratie in diesem Land auszuhebeln. Sie überschät­zen sich und unterschätzen die Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Liste Pilz.)

Herr Minister! Die Bevölkerung vertraut Ihnen mehrheitlich nicht mehr. Wie denn auch angesichts Ihrer Aktionen? Ihre Politik hat in unserer Demokratie keinen Platz.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (fortsetzend): Daher stelle ich mit Kollegen Droz­da, Kolleginnen und Kollegen folgenden Antrag:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kol­legen

betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 148

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art 74 Abs 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall bei NEOS und SPÖ.)

16.14

Misstrauensantrag

gem. § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kol­legen

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage betreffend „Frontalangriff des Innenministeriums auf die Pressefreiheit“

Begründung

Am 24. September 2018 wurde bekannt, dass der Ressortsprecher des Bundesminis­teriums für Inneres ein E-Mail mit Handlungsempfehlungen an alle Landespolizeidirek­tionen geschickt hat. In dem Schreiben weist der Sprecher des Innenministeriums da­rauf hin, dass „gewisse Medien“, wie zum Beispiel die Wochenzeitung „Falter“ und die Tageszeitungen „Der Standard“ und „Kurier“, eine „sehr einseitige und negative Be­richterstattung über das BMI bzw. die Polizei" betreiben. Diese „kritischen Medien“ würden Fakten und Erklärungen einfach ignorieren. Weiter heißt es in dem E-Mail, dass „die Kommunikation mit diesen Medien auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß“ beschränkt werden soll. Es sollen ihnen keine „Zuckerl, wie beispielsweise Exklu­sivbegleitungen“ ermöglicht werden, es sei denn es ist eine „neutrale oder gar positive Berichterstattung“ zu erwarten.

Diese Handlungsempfehlungen im Schreiben des Innenministeriums sind ein fron-taler Angriff auf die Pressefreiheit. Wenn kritischen Medien Informationen vorenthalten wer­den und Hintergrundinformationen oder Exklusivberichterstattungen nur unkritischen oder wohlgesonnenen Medien zukommen sollen, dann ist das eine Verletzung der ver­fassungsrechtlich garantierten Medienfreiheit. Wenn manche Medien beim Zugang zu Informationen bevorzugt, andere hingegen bewusst benachteiligt werden, verstößt das zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Die Medien- und Pressefreiheit und das darin enthalten Recht der Medien und der Be­völkerung auf Zugang zu Informationen ist ein Grundpfeiler unserer liberalen Demo­kratie. Um die Medienvielfalt und das Recht der Bürger_innen auf ein pluralistisches In­formationsangebot zu gewährleisten, ist es essentiell, dass jede_r Jour-nalist_in die gleichen Möglichkeiten hat, auf Informationen von staatlichen Organen zugreifen zu können, und die öffentlichen Stellen ihrer Pflicht, die Medien oh-ne unsachliche Diffe­renzierung umfassend zu informieren, nachkommen.

Darüber hinaus wurde im Schreiben aus dem Innenministerium auch angeregt, in poli­zeilichen Aussendungen künftig generell die Staatsbürgerschaft und den Aufenthalts­status von Tatverdächtigen zu nennen und Sexualdelikte proaktiv zu kommunizieren, sofern es sich um keine familieninterne Tat handelt. Bislang wurde aus Opferschutz-


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gründen über Sexualdelikte nur zurückhaltend informiert, um eine Traumatisierung des Opfers durch eine breitflächige Berichterstattung zu verhindern. Eine Nennung der Her­kunft des Täters sollte bisher laut einem Erlass des Justizministeriums nur dann erfol­gen, „wenn dies für das Verständnis des berichteten Vorgangs unbedingt notwendig ist“. Wieso von diesen Prinzipien abgegangen werden soll, ist nicht nachvollziehbar. Ein Innenminister, der den Fokus der Berichterstattung bewusst steuern will, um Res­sentiments zu schüren und die Gesellschaft mit seiner Propaganda zu spalten, ist ein untragbares Sicherheitsrisiko für Österreich.

Ein derartiges Schreiben hätte nie vom Ressortsprecher des Innenministeriums ausge­sendet werden dürfen. Ein Minister, der unter seiner Führung einen derartigen Angriff auf die Pressefreiheit zulässt, ist nicht mehr tragbar. Nach dem Bekanntwerden des Schreibens in der Öffentlichkeit versuchte das BMI in einer Aus-sendung zwar zu be­schwichtigen, das Schreiben habe keinen verbindlichen Charakter, betonte jedoch er­neut die Voreingenommenheit gewisser Medien. Erst etwa 24 Stunden später dis­tanzierte sich Herbert Kickl selbst in einer Aussendung halbherzig von manchen im Schreiben seines Ressortsprechers gewählten Formulierungen. Der Innenminister ver­absäumte es jedoch sowohl gegenüber der Öffentlichkeit als auch gegenüber den Ad­ressat_innen des Schreibens und allen anderen an seine Weisungen gebundenen Dienststellen, die problematischen Punkte des Schreibens unverzüglich richtigzustel­len. Der Schaden für die Pressefreiheit ist damit bereits angerichtet. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass Innenminister Herbert Kickl eine Gefahr für die liberale Demokratie in Österreich ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art 74 Abs 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht ‑ ‑ (Abg. Neubauer: Normal gehört hier ein Ordnungsruf! – Ruf bei der FPÖ: Eine Frechheit ist das! – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.) – Der Antrag ist ausrei­chend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.


16.15.17

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Pressefreiheit ist einer der Grundpfeiler unserer liberalen Demokratie. Und dabei bleibt es auch, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Sie ist Bestandteil der Menschenrechtskonvention. Und diese ist Bestandteil unserer Bundesverfassung. Und auch dabei bleibt es, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Zum Dritten: Der Herr Bundeskanzler, geschätzte Kollegin Krisper, hat gestern nicht nur einen Satz gesagt, sondern er hat gesagt – und ich zitiere –: „Für einen freien und unabhängigen Journalismus im Land tragen besonders Parteien und Regierungsinsti-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 150

tutionen sowie öffentliche Einrichtungen eine hohe Verantwortung. Jede Einschrän­kung von Pressefreiheit ist nicht akzeptabel.“

Ich denke, das ist mit den Aussagen des Herrn Bundespräsidenten, gemeinsam ge­nommen, ein sehr, sehr klares Bekenntnis der Staatsspitze. (Zwischenruf des Abg. Knes.)

Ich möchte auch ausdrücklich begrüßen, dass Herr Bundesminister Kickl bereits ges­tern klargestellt hat, dass es zu keiner Einschränkung der Pressefreiheit kommt, dass das für ihn undenkbar ist und dass die Leitlinien für die Kommunikation im Innenminis­terium – ich nehme an, das war ja Ausfluss eben auch dieses Schreibens – überar­beitet werden. – Das begrüßen wir. Ich möchte das ausdrücklich festhalten, meine Da­men und Herren.

Ich möchte aber auch sagen, dass es nicht so ist, dass Angriffe auf die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit bei anderen Fraktionen so ganz unbekannt sind. Ja, ich erin­nere an Herrn Bundeskanzler Kern (Abg. Belakowitsch: Wer war das?), der erst im letzten Jahr wegen eines kritischen Beitrags im ORF den ORF für eine gewisse Zeit boykottiert hat, meine Damen und Herren. (Ruf bei der FPÖ: Richtig!) Oder: Er hat im Wahlkampf 2017 gegenüber einer Tageszeitung einen Inserate- und Interviewboykott verhängt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Knes.) Auch das ist ganz interessant. Also: Wer selbst im Glashaus sitzt, soll nicht unbedingt mit Steinen werfen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Dass die Liste Pilz am Wahlabend den ORF von ihrer Wahlparty ausgeschlossen hat, war jetzt vielleicht für die Öffentlichkeit kein großer Informationsnachteil. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Aber ich meine, die große Freiheit gegenüber der Presse war das auch nicht, Herr Kollege Pilz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich denke, dass man mit diesen Punkten, die heute zur Debatte stehen, nicht spielen darf. Wir alle erleben immer wieder, auch uns gegenüber, gegenüber einzelnen Perso­nen, Abgeordneten, Regierungsmitgliedern kritische Artikel – Artikel, die oft schmerz­haft sind, die wehtun. Aber, meine Damen und Herren, das müssen wir in einer Demo­kratie aushalten. Das ist das Wesen eines freien Landes. Dafür muss man eintreten, da darf man nicht wackeln, im Idealfall in keiner Sekunde, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, Herr Innenminister – das möchte ich auch sagen –, wenn Sie sagen, Sie haben – und es ist die Einordnung ein bisschen schwer – von diesem Rundmail nichts gewusst – im Mail selbst steht „diese Sprachregelung“ –, ich habe keinen Zweifel daran, dass Sie nichts davon gewusst haben.

Das haben Sie auch deutlich gemacht, und wenn Sie sich den Mitarbeiter kommen lassen und die Dinge klarlegen, dann ist das an sich auch erledigt. Die Frage ist immer, welche Konsequenzen es gibt, wenn solche Dinge passieren. Sie sind ja nicht gerade bekannt dafür, dass Sie im Ressort zimperlich mit Personen umgehen, die sich nicht an die Vorgaben halten. Die Frage, welche Konsequenzen es da gibt, stellt sich also bei so einem heiklen Mail – und das ist natürlich schon ein heikles Mail, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Liste Pilz.)

Letzter Satz: Nachdem der Herr Bundesminister gestern alles klargestellt hat, den Mit­arbeiter zu einem Gespräch bestellt hat und wir auch von entsprechenden Konsequen­zen und neuen Leitlinien ausgehen – wie auch der Herr Bundeskanzler betont hat, dass das erforderlich ist –, haben wir keinen Grund – das sage ich auch in aller Deut­lichkeit –, dem Herrn Bundesminister heute das Vertrauen zu versagen. (Ruf: Ab wann? Ab wann ist das ...?) Wir werden daher dem Misstrauensantrag nicht die Zu­stimmung geben, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Überraschung!)


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Aber ich möchte mit Bertolt Brecht sagen: „Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird.“ – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Droz­da. – Bitte.


16.21.35

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich habe da jetzt eine sehr interessante Rede des Kollegen Amon gehört. Interessant waren nicht nur die Rede und deren Inhalt, sondern auch, dass die Applausordnung, die es im Haus in Form einer stillen Übereinkunft gibt, diesmal nicht so richtig funktioniert hat. Am Anfang deiner Rede, lieber Werner Amon, hatte ich nämlich den Eindruck, dass du mein Redemanuskript hattest. (Abg. Stefan: Wollten Sie nicht über den Kern reden?)

Du hast dann dazwischen einmal davon gesprochen, dass du nicht wackeln sollst und dass wir nicht wackeln sollen. Ein bisschen hast du gewackelt, aber in der Sache selbst hattest du natürlich vollkommen recht mit deiner Analyse und auch mit deiner Analyse, was die Vorgangsweise und was das Vertrauen betrifft. (Abg. Belakowitsch: Was den Christian Kern betrifft!)

Ich muss sagen, das steht im Inhalt und in der Überlegung und im Duktus in einem ziemlichen Gegensatz sozusagen zu dem, was der Herr Innenminister da heute wieder gezeigt hat, denn, ehrlich gesagt, wenn Sie da erzählen von Schein und Sein und von oppositionellen Methoden, dann muss ich angesichts dessen, was Werner Amon hier gesagt hat, schon darauf hinweisen, dass er bekanntlich kein Oppositionspolitiker ist. Wenn Sie sich den Pressespiegel der letzten Tage anschauen – und ich muss sagen: Kompliment, Sie haben es immerhin in die deutsche „Tagesschau“ geschafft! –, dann sehen Sie, es schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ - - (Abg. Rosenkranz: Also die „Süd­deutsche“ ist jetzt kein wirkliches Wunder, muss ich sagen! Wunder schauen anders aus, Kollege Drozda!) Nein, Kollege Rosenkranz, aber ein Oppositionsmedium ist es auch wieder nicht. (Abg. Rosenkranz: Also die „Süddeutsche Zeitung“ als Wunder zu bezeichnen in einer solchen Sache?!)

Halten Sie es aus, wenn ich kurz daraus vorlese? – Zitat:

„Die Nachrichten aus Österreich zeigen wieder einmal, dass die Regierungspartei FPÖ am Abbau der liberalen, pluralistischen Demokratie arbeitet [...]“. (Abg. Rosenkranz: Also wenn es die „Süddeutsche“ schreibt! Wenn es die „Süddeutsche“ schreibt!)

Die „Welt“ steht Ihnen vielleicht ideologisch näher. Vielleicht geht es mit der „Welt“ leichter. Die „Welt“ schreibt:

„Zwar halten Kenner der Parteienlandschaft Innenminister Kickl für den heimlichen Kommunikationsstrategen der FPÖ,“ – I wonder why – „ja sogar das eigentliche Mas­termind der Partei. Doch in der Causa der Pölzl-Mail heißt es ausdrücklich, es handele sich dabei weder um eine Weisung noch um ein Schreiben, das im Auftrag oder auch nur im Wissen des Innenministers“ erfolgt ist.

Seltsam, muss ich sagen, an sich seltsam (Abg. Martin Graf: Die „Süddeutsche Zei­tung“ hat auch gesagt, dass der ... ein Spion ist!), denn ehrlich gesagt, ich meine, man muss sich das schon einmal vergegenwärtigen, was in dieser sogenannten Handlungs­anweisung drinsteht. Und: Was heißt denn Handlungsanweisung? Darin ist der Begriff Weisung, wenn ich es nicht ganz missverstehe, impliziert.

Es heißt darin relativ weinerlich – ich zitiere –:

„Leider wird seit eh und je seitens gewisser Medien“ – und dann kommt die Beispiel­liste der schlechten und der bösen Medien – „(zum Beispiel ,Standard‘, ,Falter‘) sowie


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neuerdings auch seitens des ,Kurier‘ eine sehr einseitige und negative Berichterstat­tung über das BMI und die Polizei betrieben.“ (Ruf bei der FPÖ: Das hat die SPÖ ge­macht, schreibt der Herr Unterberger!)

Dann kommt der Satz, den wir alle kennen und der zu einer traurigen Berühmtheit ge­langt ist:

„Ansonsten erlaube ich mir“ – im besten Beamtendeutsch, wie ich hinzufüge – „vorzu­schlagen, die Kommunikation mit diesen Medien auf das nötigste [...] Maß zu be­schränken und ihnen nicht noch Zuckerln wie beispielsweise Exklusivbegleitungen zu ermöglichen …“ (Bundesminister Kickl: Jetzt haben Sie was ausgelassen!)

Ich habe ausgelassen: „(rechtlich vorgesehene)“ Maß. – Vollkommen richtig, ja (Ah?-Rufe bei der FPÖ), aber das ändert nichts an der grundsätzlichen Zielrichtung dieser Handlungsanweisung. (Abg. Wurm: Das ... objektiver Journalismus?! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Aber es steht ja auch drinnen – und jetzt lasse ich sicher nichts aus –, wie man mit den Braven umgeht und was die Braven zu erwarten haben. Bei den Braven ist das ganz einfach – ich zitiere –:

„Jede Folge wird abgenommen und geht erst nach positiver Abnahme auf Sendung.“ – Das ist eine ordentliche Pressepolitik und eine ordentliche Medienpolitik nach Ihren Vorstellungen. Ist das so? (Bundesminister Kickl: Ich glaube, Sie kennen sich nicht aus!) – „Es handelt sich dabei um imagefördernde Öffentlichkeitsarbeit, bei der die Themen im Studio von uns bestimmt werden können.“

Das ist Ihr Verständnis und kein anderes (Ruf: Sie verstehen das nicht! Sie haben kein Verständnis!), und Sie haben es schwarz auf weiß zu Papier gebracht! (Beifall bei Ab­geordneten der SPÖ. – Abg. Jenewein: Die SPÖ hat jetzt aber auch nicht geschlossen applaudiert!)

Aber ich möchte vielleicht abseits dessen ein bisschen zum Grundsätzlichen kommen. Ich meine, Sie haben – und darauf sind Sie ja mächtig stolz und das betonen Sie bei jeder Gelegenheit – bei Ihrer Angelobung einen Eid auf die Republik geleistet. Ich erin­nere daran, dass es einige grundlegende Rechte gibt, die ein Fundament dieser Re­publik sind. Dazu gehören die Vereins- und Versammlungsfreiheit und – ganz beson­ders wichtig für eine Demokratie, in der konkurrierende Meinungen um Zustimmung werben – die Pressefreiheit. (Abg. Martin Graf: Das gilt aber für alle Parteien! – Ruf bei der FPÖ: Das gilt auch für die SPÖ!)

Für den Großteil unserer Abgeordneten ist das nichts Neues. Im Gegenteil, für die meisten, die hier im Hohen Haus sind und hier arbeiten, für sie und für uns sind diese Freiheiten stets präsent. Für Sie, sehr geehrter Herr Innenminister, scheint das nicht so zu sein. Klar ist für uns alle – so wie wir hier sitzen und wie wir ein Grundverständnis haben, das nicht auf dem Embedded Journalism beruht, bei dem die Braven das Zu­ckerbrot und die anderen die Peitsche bekommen –, dass jede Einschränkung der Pressefreiheit ein Angriff auf unsere demokratische Republik ist (Abg. Rosenkranz: Wie schaut es dann aus mit Ihrer Kritik an Förderungen für missliebige Medien?), und Sie werden bei diesem Angriff auf die demokratische Republik mit unserer strikten Gegnerschaft rechnen können – so wie bisher. (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Herr Innenminister! Sie haben eines der höchsten und wichtigsten Ämter dieser Republik übernommen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist der Grund!) Sie haben 24 Stunden gebraucht, um sich von dem, was Sie nicht gewusst haben wollen, zu distanzieren. Sie haben aber nicht nur 24 Stunden gebraucht, sondern Sie haben auch einen Einwand der Staats- und der Regierungsspitze gebraucht. Ich frage mich wirklich, wes Geistes Kind diese Menschen sind, die solche Dinge zu Papier bringen, solche Sachen überle-


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gen und ein Medienverständnis haben, das dem entspricht, was in diesen sogenannten Handlungsanweisungen artikuliert wird, von denen Sie behaupten, sie wären keine Weisungen. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie der Abg. Zadić.)

16.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gude­nus. – Bitte.


16.28.13

Abgeordneter Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Verehrte Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist schwer, auf die vorhergegangenen Ausführungen einzugehen (Ruf bei den NEOS: Das glaube ich!), die hier von einer hilflosen Opposition aneinandergereiht wurden. Herr Scherak sitzt hier in den Reihen und lacht – er kann jetzt anscheinend wieder lachen. Sie haben nämlich heute anscheinend einen schlechten Tag gehabt, Herr Scherak, ei­nen sehr schlechten Tag. Sie sind ja bekannt als Grundrechtsexperte, stellen sich im­mer so als Rechtsexperte dar – das sind Sie auch, denn Sie haben das studiert –, aber Ihre Aussagen haben überhaupt nichts damit zu tun (Ruf bei der SPÖ: Für was sind Sie Experte?), und irgendwie lassen sie tief blicken und zeigen, dass Sie anscheinend von der Materie nicht so viel Ahnung haben, wie Sie immer vorgeben.

Sie sagen, die Pressefreiheit wird eingeschränkt. – Die Pressefreiheit einzuschränken heißt, Zensur auszuüben, Herr Scherak! Wenn jemand die Pressefreiheit einschränken will, dann wird von staatlicher Seite Zensur ausgeübt. Es liegt aber in der freien Ent­scheidung einer jeden Institution, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten für sich zu bestimmen, was man von sich gibt oder auch nicht. Ganz einfach!

Ein einfaches Beispiel auch seitens der Abgeordneten: Wenn uns „Der Standard“ wo­chenlang nachläuft mit der Aufforderung, bekannt zu geben, wer von uns Waffen be­sitzt und wer nicht, dann müssen wir das nicht bekannt geben. Das müssen wir nicht! Das ist aber auch keine Einschränkung der Pressefreiheit! Es liegt in unserem Ermes­sen, bekannt zu geben, ob wir sagen wollen, ob wir welche haben oder nicht. Es liegt in der Freiheit des Einzelnen, das bekannt zu geben. (Abg. Rosenkranz: Auch Abge­ordnete haben Freiheiten!) Das ist aber keine Einschränkung der Pressefreiheit, Herr Scherak! Ich darf Sie daher bitten, vielleicht ein bisschen mehr über diese Materie nach­zulesen, um zu wissen, was das wirklich bedeutet. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Das müssten Sie als Experte eigentlich wissen. Aber das kann man alles nachholen, Herr Scherak! Sie haben Zeit genug, keine Frage. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Zweiter Punkt: Die Medien dürfen berichten – das ist Pressefreiheit –, aber wir dürfen auch die Berichte der Medien kritisieren! Das ist wirklich möglich! Die Medien sind nicht sakrosankt – nein, sind sie nicht. (Abg. Rosenkranz: Beim Herrn Scherak schon!) Auch das sind Einrichtungen, die kritikfähig sein müssen und sich auch der Kritik stellen müssen! Auch das gehört zu einem demokratischen Diskurs, meine sehr geehrten Da­men und Herren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Und ja, natürlich – wir wiederholen es heute zum x-ten Mal –, die Pressefreiheit ist un­antastbar und muss unantastbar sein. Sie ist Bestandteil unserer Verfassung, der Men­schenrechte, und das ist gut so – aber all das, was Sie hier vorwerfen, ist kein Eingriff in die Pressefreiheit! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und noch etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren: Da können Sie noch so vie­le Misstrauensanträge gegen den Herrn Innenminister stellen – das ist ja schon ein al­tes Ritual der Opposition, zumindest in den letzten Monaten, eben weil er der erfolg­reichste Innenminister Österreichs ist (Beifall bei der FPÖ – Heiterkeit der Abgeordne-


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ten Scherak und Schellhorn), eben weil er es ist –, das Vertrauen in den Innenminis­ter seitens der Bevölkerung ist ungebrochen! Das Vertrauen ist ungebrochen, weil er eben Maßnahmen setzt, um die Bevölkerung zu schützen, und das ist gut so, meine Damen und Herren. Das macht Innenminister Kickl! (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir jetzt kurz zu den Details dieses E-Mails, gehen wir sie kurz der Reihe nach durch: Das E-Mail des Innenministeriums wird mit dem Satz eingeleitet, dass in der Kommunikation „im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten“ – Herr Drozda, das ha­ben Sie uns verschwiegen: der rechtlichen Möglichkeiten! – „größtmögliche Transpa­renz an den Tag gelegt werden soll“.

Was macht eine Tageszeitung daraus, aber auch die NEOS in ihrer Dringlichen Anfra­ge? – Die Schlagzeile: „Innenminister Kickl greift die Medienfreiheit frontal an“. Ich wie­derhole den Satz: In der Kommunikation sollte „im Rahmen der rechtlichen Möglichkei­ten größtmögliche Transparenz an den Tag gelegt werden“. – Unfassbar! Da sieht man, dass das, was die NEOS hier im Titel der Dringlichen Anfrage erwähnen, was aber auch Tageszeitungen geschrieben haben, genau das Gegenteil davon ist!

Es wird darum ersucht, dass die Staatsbürgerschaft von Tätern künftig veröffentlicht wird. – Ja Gott sei Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau das brau­chen wir! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, genau das brauchen wir. Da brauchen wir endlich die Wahrheit. Die Wahrheit ist zumutbar! Warum? – Die Staatsbürgerschaft soll veröffentlicht werden. Auch Österrei­cher können übrigens Täter sein – ja, das kommt auch noch vor; noch. Wenn wir in die Gefängnisse schauen, dann wissen wir ganz genau, wie es mit der Staatsbürgerschaft ausschaut: Mehr als 50 Prozent in den Gefängnissen haben keine österreichische Staatsbürgerschaft; Migrationshintergrund haben mehr als 80 Prozent.

Wir würden es auch gerne bei den Tatverdächtigen wissen, weil ich denke, die Bevöl­kerung hat ein Recht darauf. Vor allem vor dem Hintergrund dieser verantwortungslo­sen Massenzuwanderung unter der SPÖ, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, haben die Menschen ein Recht darauf, zu wissen, was die Auswirkungen und die Kon­sequenzen davon sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ja, das müssen wir wissen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie wollen das natürlich nicht. Das wollen genau die Vertreter der Massenzuwande­rung und der offenen Grenzen nicht. Die Willkommensklatscher wollen natürlich nicht, dass die Menschen wissen, dass natürlich der Anteil der Vergewaltigungen und der Sexualdelikte seit drei Jahren um mehrere hundert Prozent explodiert ist. Das wollen sie natürlich nicht, dass die Menschen das wissen, ganz klar. Sie wollen auch nicht, dass die Menschen wissen, dass der Anteil der Asylwerber unter den Tatverdächtigen natürlich in den letzten drei Jahren explodiert ist. Die Menschen haben ein Recht da­rauf, das zu wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und dafür sorgen wir! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nächster Punkt: Man sieht auch, dass in diesem E-Mail, das ein Mail unter Mitarbei­tern, unter Beamten zum Austausch des Informationsstandes war, der Opferschutz und natürlich der Datenschutz hochgehalten wird, dies eben vor dem Hintergrund einer größtmöglichen Transparenz sowie eines vorhandenen berechtigten Interesses seitens der Bevölkerung und seitens der Medien. Es wird sehr verantwortungsvoll formuliert und umgegangen, indem hier der Datenschutz hochgehalten wird und natürlich auch der Opferschutz hochgehalten wird. Und natürlich wird auch der Täterschutz hochge­halten, denn ich wüsste nicht, wie es, wenn die Staatsbürgerschaft angegeben wird, einen Rückschluss auf einen einzelnen individuellen Täter geben sollte. Das gibt es nicht. Auch hier wird natürlich das Individuum des Täters vor Veröffentlichung ge­schützt, aber ich sage auch eines: Der Opferschutz sollte an erster Stelle stehen und


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nicht der Täterschutz. Auch das halten wir hoch. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Bravoruf bei der FPÖ.)

Damit kommen wir zum skandalösen Abschnitt betreffend die kritischen Medien: Es müsste doch eigentlich ein Lob in Richtung der Medien sein, wenn sie als kritisch be­zeichnet werden! Eigentlich würde das jedes Medium für sich in Anspruch nehmen: Wir sind ein kritisches Medium. – Anscheinend wollen das manche Medien nicht, sie wollen nicht so tituliert werden. Ein Medium sollte ja kritisch sein! Ich wüsste nicht, was daran schlecht ist. Das ist eigentlich auch sehr entlarvend, was da seitens einiger Medienver­treter gedacht wird.

Und dann wird natürlich eine neutrale Berichterstattung eingefordert. Eine wichtige Sa­che: eine neutrale Berichterstattung, die eingefordert wird.

Noch ein Satz, der interessant ist, nämlich wie hier die Medien oder manche Medien mit dieser neutralen Berichterstattung umgehen. Da steht zum Beispiel im „Standard“: „Innenminister Kickl greift die Medienfreiheit frontal an“. Weiters steht im „Standard“, dass Journalisten als „,linkslinke Auftragsschreiber‘ [...] denunziert werden“. – Das steht in diesem Artikel oder im E-Mail mit keinem Wort drin! (Abg. Rosenkranz: Das steht alles zwischen den Zeilen!) Daran sieht man schon, wie eben hier die Medienbe­richterstattung vieles dazudichtet (Abg. Rosenkranz: Die lesen ja alle zwischen den Zeilen! Da steht es fett gedruckt! Mit geheimer Tinte wird es geschrieben!), zwischen den Zeilen dazudichtet und wie hier wertend eingegriffen wird und in Wirklichkeit die Leser nicht richtig informiert werden.

Ein Satz noch zur SPÖ: Es wurde hier Herr Kern mit seiner Mediensperre erwähnt, und ich darf das hier kurz zum Besten geben – Zitat aus einem Mail aus dem Dezem­ber 2016 –: „Absage der Neujahrs-ZIB2[...]“, „Kein Besuch der Pressestunde“, „Alterna­tiv dazu: massiver Ausbau der Präsenz im Privat-TV“.

All das wurde seitens des Bundeskanzlers Kern in Auftrag gegeben, weil er mit der Berichterstattung des ORF nicht zufrieden war. All das ist schwarz auf weiß ersichtlich! (Abg. Rosenkranz: Das steht nicht einmal zwischen den Zeilen, das steht sogar richtig dort!) Die Vertreter der SPÖ stellen sich also hier heraus und predigen in Wirklichkeit etwas, was sie für sich selbst nicht in Anspruch nehmen können. Sie treten hier als Moralapostel auf, verstoßen in Wirklichkeit aber selbst gegen die Medienfreiheit – was Herbert Kickl nie gemacht hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, nämlich an keiner Stelle! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Deswegen: Lassen wir die Kirche im Dorf, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird noch mehr solcher substanzlosen Angriffe geben – das wissen wir jetzt schon –, aber Sie werden merken: Der Herr Innenminister ist einer, der steht, einer, der umsetzt und für die Sicherheit der Menschen weiterhin da ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

16.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pilz. – Bitte. (Abg. Höbart: Der Onkel Alpbach! – Ruf bei der FPÖ: Die SPÖ geht hoffentlich raus jetzt, oder? – Abg. Gudenus – in Richtung des sich mit einer Tafel zum Red­nerpult begebenden Abg. Pilz –: Haben Sie ein Grapsch-Foto mitgebracht? – Rufe: Wie­so geht die SPÖ nicht raus jetzt? Warum bleibt die SPÖ sitzen? Was ist mit der SPÖ? Aussi gehn! – Weitere Zwischenrufe.)


16.37.46

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme es mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis, dass ich gleich mit einem angemesse­nen freiheitlichen Krawall begrüßt werde. (Abg. Höbart: Onkel Alpbach!) Kein Pro­blem, aber kommen wir einmal zur Sache und zum Grundsätzlichen, Herr Bundesmi-


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nister, bevor ich versuche, mit Ihnen Details dieses Mails zu besprechen. (Heiterkeit des Abg. Rosenkranz.)

Überall in Europa passiert, wenn die extreme Rechte in Regierungen kommt, egal ob das in Rom, in Budapest oder in Wien ist, dasselbe. Sie hat drei Ziele (Abg. Gudenus: Haben Sie wieder einen Magenpilz aufgerissen?): Das erste Ziel ist die Übernahme des Sicherheitsapparates und hier vor allem des Geheimdienstes, weil er für sie ge­fährlich ist. Das zweite Ziel ist der Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz. Das dritte Ziel ist der Angriff auf die Unabhängigkeit der Medien und der Presse.

All das ist derzeit in Österreich im Gange. (Ruf: Geh bitte!) All das verfolgen wir im Parlament – nicht nur in der Opposition, sondern auch viele Kolleginnen und Kollegen in der Volkspartei – mit Sorge. All das sind Gründe für parlamentarische Untersuchun­gen (Abg. Rosenkranz: Kollege Pilz, am Heldenplatz sind auch gerade die Marsmen­schen gelandet!), und all das sind Gründe, dass sich die Vertreterinnen und Vertreter nicht nur der Medien und der Justiz zur Wehr setzen. – Das ist das Erste. (Ruf bei der FPÖ: Stellen Sie sich den Gerichten!)

Das ist keine Selbstverständlichkeit. Ich habe im Untersuchungsausschuss Ihren Oberst Preiszler gefragt: Können Sie sich vorstellen, dass unter der Führung eines dschiha­distischen Polizeiobersts eine Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz stattfindet? Können Sie sich vorstellen, dass unter der Führung eines linksextremen Obersts im Verfassungsschutz eine Hausdurchsuchung durchgeführt wird? – Oberst Preiszler hat mich verständnislos angelacht, bis zur dritten Frage: Warum ist es dann aber möglich, dass unter der Führung eines rechtsextremen Obersts, der wahrscheinlich selbst vom Verfassungsschutz beobachtet wird, im Verfassungsschutz eine politisch motivierte Hausdurchsuchung stattfindet? (Abg. Martin Graf: Schlimm wird es, wenn man die ei­gene Propaganda zu glauben beginnt!)

Damit komme ich kurz zur Justiz und dann gleich zu den Medien. – Das Ganze, die Machtübernahme der extremen Rechten in Bundesregierungen funktioniert nur, wenn es genau diese Kontrollmöglichkeiten gibt, und da sind unabhängige und kritische Me­dien ein ganz, ganz großes und entscheidendes Hindernis. Deshalb hat es dieses Mail gegeben. Und es hilft kein Herumreden: Dieses Mail (der Redner hält Ausdrucke in die Höhe) des Kabinettspressesprechers Pölzl ist eine Weisung (Abg. Rosenkranz: „Kabi­nettspressesprecher“ ist falsch!), und weil diese Weisung von einem Kabinettsmitarbei­ter erteilt worden ist, ist diese Weisung rechtlich eine Ministerweisung. (Abg. Gudenus: Der hat keine Ahnung, der Pilz!)

Ich habe heute mit zwei Juristen aus der Rechtssektion des Innenministeriums gespro­chen (Abg. Rosenkranz: Aha!), und die haben mir bestätigt: Ja, sie sehen das auch als Ministerweisung. (Abg. Gudenus: Anonym, oder?) Wir werden das durch berufene Juristinnen und Juristen klären lassen müssen (Abg. Gudenus: Ja, ja, Dr. Pilz!), und wenn es notwendig ist, das wird mein Klubkollege Alfred Noll noch genauer erläutern, wird auch zu klären sein, ob hier ein strafrechtlich relevanter Tatbestand vorliegt. Ich schließe das, um das ganz vorsichtig zu formulieren, derzeit nicht aus.

Was ist mit dieser Ministerweisung beabsichtigt worden? – Ich komme zu einem Schlüs­selbegriff, und der heißt „Exklusivbegleitungen“. Das ist kein Escortservice (Abg. Gu­denus: Sind wir lustig auch heute? – Abg. Belakowitsch: Das ist Ihre Welt!), sondern das ist etwas anderes. Ich lese es Ihnen vor:

„Ansonsten erlaube ich mir vorzuschlagen, die Kommunikation mit diesen Medien“ – also den nicht regierungsnahen und der Regierung folgenden Medien, insbesondere „Kurier“, „Standard“ und „Falter“ – „auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu be­schränken und ihnen nicht noch Zuckerl, wie beispielsweise Exklusivbegleitungen zu ermöglichen, es sei denn, ihr seht darin einen echten Mehrwert bzw. die Möglichkeit einer neutralen oder gar positiven Berichterstattung.“


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Das heißt, in einer Ministerweisung steht drinnen (Ruf: Das ist keine Weisung! – Abg. Steger: Das sind so anonyme Quellen?!): „Exklusivbegleitungen“, wahrscheinlich zu Wega-Schießübungen, wie es manchmal vorkommt (Abg. Rosenkranz: Ich glaube, das sind immer die inneren Stimmen, die Sie hören! – Ruf: Geh, hör auf jetzt!), zu Ver­haftungen von Asylwerbern oder Asylwerberinnen und, und, und. (Abg. Steger: Ano­nyme Quellen!) Exklusivbegleitungen bei Polizeieinsätzen werden als Zuckerl verteilt (Abg. Rosenkranz: Jetzt erscheinen dem Herrn Pilz die Sektionschefs schon im Traum!) für linientreue Journalisten und Journalistinnen. Das Entscheidende ist, dass (auf die Ausdrucke weisend) hier drinnen bereits die Gegenleistung steht. Keine Kickl-Leistung ohne Gegenleistung, und die Gegenleistung steht hier: neutrale oder positive Berichter­stattung.

Wenn Sie heute in der Früh oder in den letzten Tagen Zeitungen – nicht ganz großfor­matige Zeitungen – aufgeschlagen haben, sind Ihnen Artikel aufgefallen, in denen steht, dass das einer der besten Innenminister aller Zeiten ist (Ruf bei der FPÖ: Na schauen Sie sich um!), dass er völlig zu Unrecht beschuldigt wird, dass sich eigentlich die Oppo­sition schuldig macht, weil sie im Verfassungsschutz etwas aufklären will, was längst aufgeklärt ist, und dass das keine Machtübernahme, sondern die Verfolgung eines die­ser Verfolgung hilflos gegenüberstehenden Innenministers ist? Lesen Sie so etwas (Ruf: Freie Medien!) und lesen Sie dann, wie Journalisten dieses Zuschnitts wieder live von Wega-Schießübungen berichten, von Verhaftungen, von Blaulichteinsätzen? – Das ist Geschäft und Gegengeschäft, und das hat in einem Ministerium nichts verloren! (Bei­fall bei der Liste Pilz. – Zwischenruf des Abg. Gudenus. – Abg. Rädler: Kein Applaus!)

Das heißt gleichzeitig, dass alle, die nicht mitmachen, die nicht ins Kickl-Geschäftsmo­dell passen, ausgeschlossen werden und einen Nachteil haben. Sie haben einen wirt­schaftlichen und journalistischen Nachteil, weil sie über vieles (Abg. Steger: Bitte kriti­sieren Sie endlich das Sperren ... von Facebook!), was im Bereich konkreter Sicher­heitspolitik passiert, nicht berichten können, von der Berichterstattung ausgeschlossen sind. Das hat Folgen, und das wird sich jede Redaktion überlegen.

Damit komme ich zum nächsten Punkt (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steger), und es ist schade, dass die Fragen in der Dringlichen Anfrage in diesem Punkt nicht ganz präzise waren. Ich hätte gerne gefragt, wie es so etwas gibt, dass betreffend einen Fernsehsender – ich sage es hier in aller Deutlichkeit, ich habe größten Respekt vor der journalistischen Arbeit der Kolleginnen und Kollegen bei ATV, und ich glaube, dass es ihnen nicht recht ist und nicht recht sein kann, was in diesem Mail steht – und be­züglich einer behaupteten Vereinbarung hier steht, dass diese mit einem Fernsehsen­der geschlossen worden ist, dass es „Live PD – die österreichische Polizei Samstag abends im ATV“ geben soll.

Und dann steht da weiters: „Jede Folge wird abgenommen und geht erst nach positiver Abnahme auf Sendung. Es handelt sich dabei um imagefördernde Öffentlichkeitsarbeit, bei der die Themen im Studio von uns bestimmt werden können.“

Dann folgt die grundsätzliche Einteilung: Donnerstag und Freitag: Begleitung Wega; Montag und Dienstag: Begleitung Landesverkehrsabteilung, abwechselnd Tirol, Salz­burg, Niederösterreich; Mittwoch: Tatortgruppe oder Bereitschaftseinheit Oberöster­reich, Steiermark; Donnerstag: Abnahme in der Landespolizeidirektion Wien.

Das heißt, die Beamten kriegen bei ihren Einsätzen gleich mit: Da ist das Fernsehen dabei: Bitte schön, Action, wir müssen etwas herzeigen! Wir bestimmen den Studio­gast, wir bestimmen das Thema, und am Donnerstag wird in der Landespolizeidirektion Wien abgenommen.

Herr Minister Kickl, ich möchte wissen: Wer genau nimmt ab? Wie wird abgenommen und wie schaut das aus? (Abg. Gudenus: Sagt derjenige, der sich in Amtshandlungen


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einmischt! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Es ist ja immer hinter Ihrem Rü­cken, wenn dann ein Wiener Polizeibeamter sagt: Nein, das geht nicht auf Sendung, sondern wir hätten statt dieser Szene lieber ein Ministerinterview. – Ist das Abnahme, so funktioniert das? Das ist Pressefreiheit? So stellen Sie sich Pressefreiheit vor? – Das ist Gängelung, das ist Anfüttern, das ist Drangsalieren und das ist versuchtes Gleichschalten der Presse! (Abg. Rosenkranz: Anfüttern ist schon der Vorwurf einer strafbaren Handlung, aber das ist ja diesem Gauner da wurscht!)

Ich sage noch eines dazu, weil KollegInnen von den NEOS und von der SPÖ hier un­absichtlich einen falschen Eindruck miterweckt haben: Der Minister hat heute keine Er­klärung zur Pressefreiheit abgegeben, er hat eine Erklärung dazu abgegeben, dass oh­nehin alles passt!

Ich sage Ihnen eines: Es gibt (eine Tafel in die Höhe haltend) ganzseitige Inserate des Innenministeriums. Diese ganzseitigen Inserate erklären, was wir tun sollen, wenn es einmal ganz gefährlich wird. (Zwischenruf des Abg. Rosenkranz.) Da heißt es: „Wenn es möglich ist, flüchte ich. Ich lasse meine persönlichen Sachen zurück, weil diese mich behindern können.“ – Das haben Sie schon hinter sich, speziell in der BVT-Ge­schichte.

Beim zweiten Punkt heißt es verstecken: „Wenn flüchten unmöglich ist, verstecke ich mich. Ich verriegle und blockiere Türen, stelle mein Handy lautlos“ (Abg. Rosenkranz: Aber leider können manche Frauen mit Ihnen nicht aus dem Lift aussteigen! – Ruf: Das Taferl sollten Sie ...! – Ruf: Machen Sie sich nicht lächerlich!), „schalte die Vibra­tionsfunktion aus und verhalte mich leise.“ – Auch das haben Sie, speziell bei der Af­färe BVT, längst hinter sich. (Abg. Gudenus: Die Frauen können Sie nur anrufen, wenn Sie da sind!)

Und es stimmt, Sie sind heute im Parlament, weil Sie bereits bei Stufe drei sind: Letzte Konsequenz: Verteidigen! (Zwischenruf des Abg. Gudenus.) „Wenn flüchten sowie verstecken nicht möglich sind, ich noch nicht in Sicherheit bin, also die Gefahr gegen mich noch andauert, dann verteidige ich mich, als letzte Konsequenz.“

Es fehlt nur ein Kästchen, nämlich das Kästchen Nummer vier, und das heißt Rücktritt. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ.) Die letzte Konsequenz, Herr Bundesminister, - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte das Schlusswort! Sie sind schon eine Mi­nute über der Redezeit.


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Sie sind geflüchtet, Sie haben sich ver­steckt, Sie sind dabei, sich ein letztes Mal zu verteidigen. (Ruf: Sie kennen das schon!) Die nächste Station kommt demnächst, möglichst bald: Ihr Rücktritt, Herr Kickl, als In­nenminister. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz. – Abg. Hafenecker: Sagt der Gastritis-Flüchtling Pilz! – Abg. Martin Graf: Marxisten-Grapscher!)

16.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Frau Abgeordnete Belakowitsch zu Wort. – Bitte.


16.48.40

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Abgeordneter Pilz hat in seiner Rede gerade eben vom Kabinettssprecher Pölzl gesprochen. – Das ist unrichtig. Herr Pölzl ist nicht Sprecher des Kabinetts, er ist auch nicht Mitglied des Kabinetts, sondern er ist der Ministeriumssprecher.

Des Weiteren hat Herr Abgeordneter Pilz von einer Weisung gesprochen. – Auch das ist unrichtig. Ich berichtige tatsächlich: Herr Ministeriumssprecher Pölzl ist nicht zu ei­ner Weisung berechtigt, es kann sich daher nicht um eine Weisung handeln.


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Ich berichtige weiter tatsächlich: Herr Abgeordneter Pilz hat in seiner Rede auch von einer Ministerweisung gesprochen. – Auch das ist unrichtig. Im Übrigen handelt es sich hier nicht um eine Weisung, sondern um ein E-Mail des Ministeriumssprechers Pölzl.

Herr Abgeordneter Pilz, es wäre ein Leichtes gewesen, das richtig zu sagen, denn hät­ten Sie dem Herrn Minister zugehört, hätten Sie das gewusst. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Das ist intellektuell natürlich eine Herausforderung!)

16.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte Herrn Abgeordneten Graf, den Ausdruck zurückzunehmen. Ich bitte, den Zwischenruf zurückzunehmen. (Rufe: Welchen? – Ruf: Was hat er gesagt? – Abg. Rosenkranz: Das haben wir gar nicht gehört! – Abg. Martin Graf: Ich nehme ihn zurück!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.


16.50.07

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist jetzt 30 Jahre her, dass Francis Fukuyama gedacht hat, dass wir uns mit diesem Blöd­sinn eigentlich nicht mehr beschäftigen müssen. Damals hat er gesagt, die Faschisten hat man im Zweiten Weltkrieg besiegt, der Kommunismus war gerade implodiert und das mit China würde sich schon noch irgendwie von selbst regeln.

Er sinnierte auch von einer „common ideological heritage of mankind“, die liberale De­mokratie, und gegen Ende seines ursprünglichen Artikels, der danach zu einem Buch wurde, war er fast schon traurig, denn wie fühlt es sich an, wenn man nichts mehr hat, wofür man kämpfen muss? Wie wird es sich denn anfühlen, wenn die liberale Demo­kratie sich überall durchgesetzt hat? Ist es dann eigentlich nicht fast schon traurig, wenn man für Demokratie keinen Mut mehr braucht? (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) – Ja, genau, ich weiß, man kann darüber lachen. Er hat sich seitdem auch ge­dacht: Huch, es ist noch genügend Arbeit übrig! Man braucht noch genügend Mut, sich für die Demokratie einzusetzen. Er hat heuer auch noch einmal ein Buch darüber ge­schrieben.

Ich möchte etwas zu den Ausführungen des Herrn Gudenus sagen: Sie haben unzu­längliche Vergleiche gemacht, weil Sie gemeint haben, Pressefreiheit, das ist ja quasi, wie wenn ich eine Anfrage vom „Standard“ bekomme zu einer Privatsache und die dann nicht beantworte. – Das ist nicht dasselbe, denn hier geht es um offizielle Infor­mationen, die das Ministerium ausgibt (Abg. Gudenus: „Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten“, das steht drin! „Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten“! Sie haben es gelesen, oder?), und das ist nicht dasselbe, wie wenn Sie eine Anfrage vom „Stan­dard“ bekommen, ob Sie Waffen besitzen. (Abg. Gudenus: „Im Rahmen der rechtli­chen Möglichkeiten“!) Sie haben einen Vergleich gemacht, der einfach nicht gepasst hat, weil das nicht dasselbe ist. Es geht nicht darum!

Es geht auch nicht darum, ob Christian Kern gern mit dem Boulevard gesprochen hat oder nicht, es geht hier um Informationen, die das Innenministerium zu seiner offiziel­len Arbeit herausgibt. (Abg. Rosenkranz: Der Bundeskanzler! – Abg. Belakowitsch: Der Bundeskanzler!) Das ist etwas ganz anderes, und das wissen Sie selbst auch. (Abg. Rosenkranz: Ach so, der Bundeskanzler! Das ist der Portier am Ballhausplatz, oder was glauben Sie? – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ich möchte jetzt aber noch einmal auf das zurückkommen, was Sie alle gesagt haben, nämlich dass es hier nicht um die Pressefreiheit geht, sondern um etwas ganz ande­res, das sei kein Angriff auf die Pressefreiheit – oder wie der Herr Innenminister ge­meint hat: eigentlich war es das genaue Gegenteil. (Abg. Rosenkranz: Ist es ja auch!)


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Aber wovon hat denn der jetzige Bundeskanzler gesprochen, wovon hat denn der Bun­despräsident gesprochen? (Abg. Gudenus: Prinzipiell die Pressefreiheit, die hochzu­halten ist!) – Ah, prinzipiell?! Ah so, das sollte man jeden Tag zum Frühstück einmal betonen, denn sonst könnten es die Leute vergessen?! Es hat eigentlich gar keinen wirklichen Grund dafür gegeben. Es ist ihnen einfach gerade so eingefallen! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.) Sie wurden in New York danach gefragt und haben sich gedacht: Ein guter Tag, etwas zur Pressefreiheit zu sagen!, aber eigentlich gab es gar keinen Grund dafür. (Abg. Gudenus: Wenn er doch gefragt wird!)

Ich frage mich ja auch schon, wann endlich auch hier Donald Trump wirklich ankommt und man anfängt, gescheit zu sagen, was geht. Die linken Mainstream-Medien? – Das geht einfach nicht! Die erfinden ständig Dinge wie, dass es Angriffe auf die Pressefrei­heit gäbe, dabei hat das ja gar nicht stattgefunden, und der Bundeskanzler hat es sich einfach zum Hobby gemacht, heute zum Frühstück zur Verteidigung der Pressefreiheit einen Aufsatz zu schreiben.

Hätte die FPÖ beim Vorbild und dem ÖVP-Parteifreund Orbán aber gut aufgepasst, hätten Sie auch gewusst, dass es taktisch unklug ist, so etwas mit einer Ratspräsident­schaft zusammenkommen zu lassen. Ungarn hat das 2011 versucht: Es gab einen massiven internationalen Aufschrei, und die Regierung musste letzten Endes – das kann man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen! – ein bisschen zurückrudern. Sei­ne, also Orbáns, Liste der kritischen Medien oder der fiesen Auslandskorrespondenten hat er erst dann veröffentlicht, als die Medien schon längst unter Kontrolle waren. Das ist etwas, was erst im Nachhinein passiert ist.

Was kommt jetzt aber von der ÖVP? – Das ist eigentlich auch ein bisschen ein Sich-Abputzen: Die anderen sind schuld! – Es mag schon stimmen, dass es nicht Ihr Minis­ter ist, aber es ist schon Ihr Koalitionspartner.

Das ist etwas, auf das man auch erst nach zehn Monaten in einer Koalition drauf­kommt: Ach, das sind die? – Eine späte Erkenntnis, aber doch! Und wie heute auch schon online in Diskussionen auf Twitter dargestellt worden ist, ist das ja auch etwas, was Alltag ist und im Übrigen auch ein schwieriger Umgang, den auch zum Beispiel der Bundeskanzler hat, weil von diversen Medien, die beispielsweise auch in dieser
E-Mail genannt wurden, berichtet wurde, dass es immer wieder Presseveranstaltungen gibt, die einen exklusiven Charakter haben, wo die üblichen verdächtigen Medien zufäl­lig nicht eingeladen waren, oder sie haben im Nachhinein davon erfahren, dass Dinge stattgefunden haben, wo auch offizielle Informationen - - (Abg. Rosenkranz: Haben Sie schon etwas von Exklusivinterviews gehört?) – Nein, das waren Pressetermine! (Abg. Rosenkranz: Nein? Ach so, davon haben Sie noch nichts gehört! Das wollte ich nur wissen!) Es ging um Pressetermine, wo offizielle Informationen herausgegeben wur­den, wo ganz gezielt gewisse Medien nicht eingeladen waren (Abg. Gudenus: Sapper­lot!), andere aber schon. Wir wissen ja, dass es natürlich - - (Abg. Rosenkranz: Wir haben sogar manchmal welche eingeladen, und die sind gar nicht gekommen! Das ist ja eigentlich auch unerhört!) Es tut mir sehr leid, wenn manche nicht zu Ihrer Presse­konferenz kommen, Herr Rosenkranz! Ich möchte mich dafür bei Ihnen wirklich ent­schuldigen. Das ist ja wirklich frech! Ja, das stimmt, dagegen sollte man etwas tun. (Abg. Rosenkranz: Genau! Man sollte eigentlich die Medien verpflichten, dass sie kommen, weil nur so können sie wahrheitsgemäß berichten!)

Im Übrigen hat das BMI im ersten Halbjahr 2018 mehr als 1,6 Millionen Euro für Insera­te ausgegeben, und ein Teil davon ist auch an rechte alternative Medien gegangen – das ist neu. Das ist neu! Es ist an gewisse Medien natürlich nicht gegangen, das muss ich jetzt auch nicht weiter erwähnen, aber das, was daran wahrlich schlimm ist, ist, dass dabei gar keine rote Linie überschritten wurde, denn: Die rote Linie hat sich schon längst verschoben! Die rote Linie ist seit Antritt, seit Angelobung dieser Bundesregie-


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rung weit nach rechts gegangen. Die rote Linie ist nicht mehr dieselbe, die sie vorher war, und das ist das, was uns wirklich Angst machen sollte. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Übrigen musste jetzt auch Othmar Karas auf Twitter hinausgeschickt werden, um zu warnen – Zitat –: Das Verhalten „würde [...] den europäischen Werten und der Rechts­staatlichkeit widersprechen“ und „würde [...] dem Ansehen der Bundesregierung scha­den“, wenn es denn so wäre. – Ja, hallo, liebe ÖVP?! Bitte wacht auf! Wir sind mitten in der Ratspräsidentschaft, der Schaden ist schon längst passiert! Unsere internationale Reputation hat schon Schaden davon genommen. Hier hat kein „würde“ Platz, hier braucht es schon längst keinen Konjunktiv mehr: Wir befinden uns jetzt aktuell in dieser Situation, wo wir international wieder einmal berühmt geworden sind, ohne es in die­sem Fall wirklich sein zu wollen.

„Wo fing das an und wann? Was hat dich irritiert?“ ÖVP, „was hat dich bloß so rui­niert?“ – Die ÖVP war einmal eine Europapartei, sie war einmal eine Partei der Rechts­staatlichkeit, und ich denke, wir haben Ihnen viel zu verdanken, auch betreffend den Mitaufbau der Zweiten Republik, aber Danke zu sagen für diese Koalitionsregierung, die Sie initiiert haben, für die FPÖ-Minister, die Sie in die Regierung geholt haben? Wir werden uns in der Nachbetrachtung sicher noch lange anschauen müssen, welchen Schaden die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Pressefreiheit in Österreich davon genommen haben. (Beifall bei NEOS und Liste Pilz sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Stein­acker zu Wort. – Bitte.


16.57.29

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Wir beschäftigen uns heute mit dem Thema der Pressefreiheit. Lassen Sie mich einmal kurz die Grundlagen beleuchten und die Gründe, warum die Pressefreiheit denn so wichtig ist.

Wir haben eine Grundlage im Artikel 10 der EMRK und wir haben den Artikel 13 des Staatsgrundgesetzes, in dem die Freiheit der Meinungsäußerung grundlegend als ver­fassungsgesetzlich gewährleistetes Recht geschützt ist, also ein Grundrecht.

Diese Freiheit der Meinungsäußerung ist ein tragender Pfeiler unseres Staates, unse­rer Demokratie und der Gesellschaft, und sie umfasst nicht nur die Freiheit, die Mei­nung zu äußern, sondern auch die Freiheit, Informationen und Meinungen ungehindert beziehen zu können.

Die Pressefreiheit garantiert, dass Bürgerinnen und Bürger diese Freiheiten auch wirk­sam ausüben können.

Wir müssen diese Rechte wehrhaft schützen und verteidigen. Grundrechte bedeuten grundsätzlich nicht nur Freiheiten im Staat, sondern auch immer Freiheiten der Bürge­rinnen und Bürger vom Staat. In diesem Sinn hat auch unser Bundeskanzler Sebastian Kurz gestern eindeutig sofort ganz klar Folgendes festgehalten – ich darf zitieren –:

„Die Ausgrenzung oder der Boykott von ausgewählten Medien darf in Österreich nicht stattfinden. Das gilt für die Kommunikationsverantwortlichen aller Ministerien und öf­fentlichen Einrichtungen.“

„Für einen freien und unabhängigen Journalismus im Land tragen besonders Parteien und Regierungsinstitutionen sowie öffentliche Einrichtungen eine hohe Verantwortung. Jede Einschränkung von Pressefreiheit ist nicht akzeptabel.“


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Ich darf ganz grundsätzlich weiter ausführen: Unsere Verfassung kennt drei Staatsge­walten: die Exekutive, also die Ministerien und die Verwaltungsorgane unserer Repu­blik, die Legislative, das sind wir hier als Gesetzgeber im Parlament und in den Land­tagen, und die Judikative, die Organe der Rechtsprechung, also die Gerichte.

Lassen Sie mich nunmehr die besondere Rolle der Medien beleuchten: Medien werden oftmals als die vierte Gewalt im Staat bezeichnet, und sie erfüllen meiner Meinung nach eine unverzichtbare Aufgabe in der Demokratie. Sie sind es, die informieren, die der öffentlichen Meinung Raum geben, und sie sind ein Public Watchdog, der das staatliche Handeln kontrolliert. Sie können so politisches Geschehen in unserem Land sehr maßgeblich beeinflussen, daher kommt ihnen ganz besondere Verantwortung in der objektiven Berichterstattung und in der Information zu.

Die Journalistinnen und Journalisten sind gefordert, dieser Verantwortung auch nach­zukommen. Wir leben von dem Pluralismus in der Demokratie, dem Pluralismus in der Berichterstattung und dem Zugang der Medien zu Informationen, und daher ist ganz klar, dass das Vorziehen einzelner Medien und die Zensur beziehungsweise Ein­schränkung anderer vor allem durch staatliche Institutionen abzulehnen ist. Vor allem staatliche Institutionen und auch Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, müssen grundsätzlich Kritik aushalten.

Ich denke, da sind wir uns alle einig: Das E-Mail des Ministeriums hätte nicht ge­schrieben werden dürfen. Der Herr Bundesminister hat aber bereits gestern klarge­macht, dass er dieses E-Mail nicht kennt, dass er gegen eine Einschränkung der Pres­sefreiheit ist und dass die Richtlinien diesbezüglich auch umgehend überarbeitet wer­den. Da nehmen wir ihn beim Wort, er ist uns ja auch entsprechend verantwortlich.

Ich möchte aber zu einem weiteren Punkt kommen: Polizeiliche Informationen können sehr heikel sein. Genauso wie das Innenministerium bei der Herausgabe von Informa­tionen eine besondere Verantwortung trägt, so tragen die Medien die Verantwortung, die Bevölkerung nicht durch einseitige Berichterstattung oder verzerrte Darstellung zu verunsichern oder Ängste zu schüren. Der Satz, es gilt die Unschuldsvermutung, darf keinesfalls eine bloß dazugestellte leere Worthülse sein.

Wir leben in einem sicheren Rechtsstaat, unsere Polizei und unsere Justiz leisten her­vorragende Arbeit; aber auch dann, wenn jemand eine Straftat verübt hat und die Vo­raussetzungen für eine Verurteilung vorliegen, spielen weder Herkunft noch Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, sexuelle Orientierung, politische oder sonstige Weltanschau­ung eine Rolle. Es darf keine Unterteilung in gute und schlechte Straftäter geben.

Eines steht für mich unbestritten fest: Dieses eine E-Mail, das geschrieben wurde – der Autor hat ja mittlerweile seinen Fehler eingesehen –, kann definitiv die Grundfesten un­serer Demokratie nicht erschüttern. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Frau Abgeordnete Belakowitsch vorhin mehrfach Herrn Kollegen Pilz berichtigen musste – völlig richtig, was Sie gesagt haben! –, dann darf ich in einem Appell an alle dazu nur sagen: Wir haben das Glück, in einer gesunden pluralistischen Demokratie zu leben, in der die Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist. Daher ersuche ich Sie alle – hier im Hohen Haus, aber auch und vor allem die Mitbürgerinnen und Mitbürger –: Wir ha­ben die Möglichkeit, vielfältige Informationen zu beziehen, uns eine auf Fakten basierte Meinung zu bilden und nicht unhinterfragt alles für bare Münze zu nehmen, auch nicht Aussagen von Abgeordneten, die unter dem Schutz der Immunität sagen, was sie wol­len. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


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17.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. An­drea Kuntzl. – Bitte.


17.02.55

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Selbst­verständlich will jeder, der politisch arbeitet, ein politisches Amt innehat, seine Arbeit in der Öffentlichkeit in einem möglichst positiven Licht darstellen. Warum also die Aufre­gung über das, was jetzt passiert ist?

Dieses Mail, das schon mehrfach dargestellt wurde, geht über dieses Verhalten weit, sehr weit hinaus. Dieses Mail ist nämlich schlicht und einfach nichts anderes als ein Leitfaden zur Manipulation mit dem Ziel, die öffentliche Wahrnehmung über Vorgänge in diesem Land zu verzerren, bewusst die öffentliche Wahrnehmung zu verzerren. Herr Minister, damit zeigt sich einmal mehr, dass Sie im Umgang mit dem Rechtsstaat nicht trittfest sind. Das ist das Problem. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Da geht es jetzt nicht mehr um die Darstellung, Repräsentation der Anliegen Ihrer Par­tei. Sie sind jetzt Bundesminister, es geht um weitaus mehr. (Abg. Rosenkranz: Lu­penreine Rechtsstaatlichkeit beim Herrn Innenminister!) Daher geht es in der Debatte, die wir heute über dieses Verhalten führen (Zwischenruf des Abg. Lausch), auch um weitaus mehr als um die normalen parteipolitischen Differenzen, die wir hier in diesem Haus austragen. (Ruf bei der ÖVP: Die kennt ihr ja zur Genüge!)

Es geht um weitaus mehr, es geht – und das wurde mit Recht heute schon gesagt – um die Grundfesten unserer Demokratie; diese – da stimme ich meiner Vorrednerin zu – sind noch nicht gefährdet, die bröckeln noch nicht ab, die brechen noch nicht zu­sammen; dazu sind sie zum Glück zu stabil. (Abg. Rosenkranz: Und der Innenminister schaut drauf, dass es so bleibt!) Aber: Es gibt die vielen kleinen Schritte dorthin, und wir müssen rechtzeitig sagen: Halt, Schluss damit! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Sie daran erinnern, was schon alles passiert ist. Ich darf an die rechtswidrige Razzia im BVT erinnern (Ruf: Das wird der Ausschuss klären!), bei der es auch darum gegangen ist, eine Stelle auszuräumen, die rechtsextremistische Umtriebe in diesem Land zu beobachten hat. (Abg. Rosenkranz: Wer hat denn die angeordnet, die Haus­durchsuchung? Der Innenminister?) – Ja, wer hat die angeordnet? (Abg. Rosenkranz: Na wer hat die angeordnet?) – Das ist wieder das typische Verhalten (Abg. Rosen­kranz: Bleiben Sie bei der Wahrheit! – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Steger), etwas zu machen und sofort auf jemanden - - (Abg. Rosenkranz: Bleiben Sie einmal bei den Fakten! Wer hat die Hausdurchsuchung angeordnet, der Innenmi­nister oder ein Richter?) – Also bitte! Das ist wieder das typische Verhalten, etwas zu machen und sofort auf jemanden anderen abzuschieben. Das ist nicht nur rechtsstaat­lich bedenklich, das ist auch schlicht und einfach feig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ro­senkranz: Gewaltenteilung ist nicht abschieben! Das ist Gewaltenteilung! Reden Sie einmal mit einem Verfassungsrichter! Erkundigen Sie sich einmal dort! Unerhört! – Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Wir haben einen Untersuchungsausschuss, der Herr Minister schickt in den Raum, in dem die Journalisten arbeiten, Leute seines Büros, um die Journalisten bei ihrer Arbeit zu beobachten. (Abg. Rosenkranz: Mit einem Presse- -, das ist eine Journalistin so­gar! Es ist unerhört!) Für Polizeinachwuchs wird mit Inseraten in rechtsextremen Zei­tungen geworben; damit macht er zwei Dinge: Es gibt Inserate, Geld für rechtsextreme Zeitungen, und Leute mit diesem Gedankengut werden für unsere Polizei angeworben. (Abg. Rosenkranz: Ist das nicht Pressefreiheit?) – Also bitte! (Abg. Rosenkranz: Was ist mit diesen Medien? Gilt Pressefreiheit nicht für sie?) Es gibt eine Inszenierung von Flüchtlingsströmen an der Grenze um 500 000 Euro (Abg. Rosenkranz: Gilt dort keine Pressefreiheit? Jetzt sind Sie entlarvt!), Polizeischüler verkleiden sich als Flüchtlinge, und es wird so getan, als gäbe es eine Gefahr, die es gar nicht gibt. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)


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So, was ist jetzt mit dem E-Mail, über das wir heute diskutieren, passiert? (Abg. Ro­senkranz: Das ist das, was der Demokrat der Linken nicht erträgt ...!) – Herr Kollege Rosenkranz, sind Sie wieder beruhigt, können wir weiterreden? (Abg. Rosenkranz: Na, unerhört, was Sie da von sich geben! Gewaltenteilung, das sind ja Fremdworte für Sie!) – Ja, Sie können nachher reden.

Was ist passiert? – Ein enger Mitarbeiter des Herrn Ministers hat dieses Mail geschrie­ben, und der – und das ist jetzt das Interessante – wollte ihm sicher nicht schaden. Der wollte ihm überhaupt nicht schaden, sondern der hat schlicht und einfach Ihre Arbeit unterstützen wollen, und zwar in Ihrer Logik unterstützen wollen. (Ruf bei der FPÖ: Was Sie alles wissen!) Der hat, davon gehe ich aus, einfach niedergeschrieben (Abg. Belakowitsch: Wenn Sie davon ausgehen, wird’s wohl so sein, oder?!), was er hört, was er sieht, was er beobachtet und wie sein Chef seines Wissens denkt. In diesem E-Mail ist schlicht und einfach niedergeschrieben, Herr Bundesminister, wie Sie denken und wie Sie arbeiten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Belakowitsch: Er hat es ja nicht geschrieben!)

Herr Kollege Amon, ich bin bei Ihnen, dieses Verhalten braucht Konsequenzen, aber nicht dem Mitarbeiter gegenüber – ja, mit diesem ist ein Gespräch geführt worden –; hier geht es um die politische Verantwortung, Herr Kollege Amon, das wissen Sie ganz genau. Man stelle sich nur Herrn Minister Kickl in seiner Abgeordnetenzeit vor, wenn ein Minister einer anderen Partei jetzt da sitzen würde, wie sehr er politische Verant­wortung und Konsequenzen einfordern würde – ganz massiv. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Wir haben ein Lippenbekenntnis zur Pressefreiheit gehört, das ist mir nicht genug. Herr Bundeskanzler Kurz hat mit Recht gesagt, man solle diese Regierung an den Taten messen. Das wollen wir auch tun. (Abg. Jenewein: Sie wurden ja auch an den Taten gemessen, darum sind Sie abgewählt worden!) In der europäischen Öffentlichkeit gibt es große Sorge über Entwicklungen in Österreich, dass wir uns in Richtung Orbánisie­rung entwickeln.

Ich, meine Damen und Herren, kenne viele Kollegen in der ÖVP schon länger, und auf die setze ich noch immer. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie beziehungsweise Ihre Abgeordneten haben im Europäischen Parlament für das Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn gestimmt. Ich weiß, dass viele von Ihnen diese Entwicklungen mit einem sehr mulmigen Gefühl beobachten. Sie werden heute dem Misstrauensantrag nicht zu­stimmen, aber Sie wissen, das schadet dem Ansehen Österreichs, das schadet dem Ansehen Ihrer Regierung. Wie lange, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, schauen Sie dem noch zu? Handeln Sie! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Ruf bei der FPÖ: Die ÖVP wird so lange zuschauen, solange sie damit Wahlen gewinnt! – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

17.09


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte.


17.09.25

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Kollege Pilz, vielen Dank dafür, dass Sie noch einmal Werbung für die ausgezeichnete Kampagne des Innenministeriums gemacht haben! (Beifall bei der FPÖ.) Vielen Dank dafür, dass Sie das so groß ausge­druckt haben und die ganze Zeit für die Kamera neben Ihr Gesicht gehalten haben, denn damit haben Sie noch einmal allen Frauen in diesem Land klargemacht, was die richtige Reaktion ist, wenn sie Ihnen irgendwo in einer dunklen Gasse begegnen soll­ten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition! Ich habe in meinem Leben noch nie eine dermaßen große mediale und absurde Hetzkampagne der Opposition gegen


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eine einzelne Person erlebt wie in den letzten Monaten. Das ist mittlerweile der vierte Misstrauensantrag, der von Ihnen gegen Herbert Kickl eingebracht wird (Zwischenrufe bei der SPÖ) – und einer haltloser und absurder als der andere, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie sehr müssen Sie eigentlich von Ihrem ideologischen Hass verblendet sein? (Abg. Rosenkranz: ... Verzweiflung!) Wie sehr muss Ihnen die hervorragende Arbeit unseres Innenministers im Bereich des Asyls und der Zuwanderung sauer aufstoßen? Wie sehr muss es wehtun, dass da ein Blauer sitzt, der Ihnen jeden Tag durch seine Arbeit zeigt, wie es richtig geht, wie diese Arbeit richtig gemacht wird? (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was Sie hier tun, hat überhaupt nichts mit seriöser Oppositionsarbeit zu tun. Bei allem Verständnis für kritische Opposition – ich war selber in der Opposition –: Auf so ein Niveau (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Scherak) hätten wir uns mit Sicherheit niemals herabgelassen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Loacker: Auf so ein Niveau hätten Sie einen Felgeaufschwung ma­chen müssen!)

Frau Kollegin Krisper von den NEOS, Sie stellen sich da hin und beten in Ihrer Rede, nachdem der Minister Ihnen bereits Antworten gegeben hat, dasselbe herunter wie Ihr Kollege Scherak, ohne Ihre Rede auch nur irgendwie an die Antworten zu adaptieren. Ihnen geht es überhaupt nicht um Wahrheit, Ihnen geht es überhaupt nicht um Aufklä­rung. Aber das machen Sie ja im BVT-U-Ausschuss genauso, da ignorieren Sie auch vollkommen, was die Zeugen sagen, und beten das runter (Zwischenrufe bei der SPÖ), was Sie seit Monaten vorbereitet haben. – Kein Interesse an Wahrheit, kein Interesse an Aufklärung, das ist Ihre Oppositionsarbeit! Das ist eine Schande! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kommen wir aber zu diesem Misstrauensantrag. Von diesem Misstrauensantrag, ge­nauso wie von dieser Dringlichen Anfrage, ist die Begründung in so vielen Punkten ein­fach grundlegend falsch. Zuerst behaupten Sie, der Innenminister hätte es geschrie­ben – vollkommen falsch. Sie behaupten, es hätte eine Weisung gegeben. (Zwischen­ruf bei der SPÖ.) – Ja da nützen auch die anonymen Quellen von Pilz nicht, es war keine Weisung (Abg. Rosenkranz: Erscheinungen im Traum!), auch das müssen Sie akzeptieren! Sie stellen sich hin und behaupten, der Innenminister wollte Zensur und wollte Informationen einschränken, Sie sprechen von Boykott oder Informationssperre oder Sonstigem – wieder falsch.

In diesem seitenlangen Schreiben, aus dem Sie einzelne Sätze aus dem Zusammen­hang reißen, werden zahlreiche aktuelle Themen angesprochen. Es sollen zum Bei­spiel einheitliche Leitlinien für die Medienarbeit erstellt werden – eine sinnvolle Aktion. Im Wesentlichen geht es in diesem Schreiben darum, für mehr Information (Zwischen­ruf bei der SPÖ), für mehr Transparenz und für mehr Aufklärung zu sorgen – im Ge­gensatz zu dem, was Sie hier behaupten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es soll zum Beispiel die Nationalität ausländischer Tatverdächtiger genannt werden. Ich weiß schon, das stört Sie, ich weiß schon, das passt nicht in Ihr ideologisches Welt­bild, ich weiß schon, das gefällt Ihnen alles nicht, aber diese Partei, dieser Innenminis­ter wird das alles nicht totschweigen. Er sorgt für Transparenz, und das ist auch in die­sem Zusammenhang richtig. Es ist vollkommen absurd, dass Sie auf der einen Seite die Zensur kritisieren und genau da die Zensur leben wollen. Das ist einfach absurd, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auf eines möchte ich auch hinweisen: Das, was Sie hier sagen, zeugt auch von einer unglaublichen Doppelmoral. Ausgerechnet die SPÖ stellt sich hier hin und redet von Zensur. Sie – aber das betrifft jetzt nicht nur die SPÖ – reden ständig davon, dass In-


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terviews in aus Ihrer Sicht rechten Medien verboten werden sollten oder dass man das nicht machen sollte. Sie reden ständig davon, dass man rechte Medien sowieso verbie­ten sollte. Sie reden – genauso wie der „Standard“ – davon, dass man in rechten Me­dien et cetera nicht inserieren sollte. – Da ist das mit der Pressefreiheit vollkommen egal. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Wenn es Ihnen ideologisch nicht ins Weltbild passt, ist Zensur für Sie vollkommen in Ordnung. Das ist eine totale Doppelmoral. (Bei­fall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und noch etwas zur Doppelmoral: Wo war der Aufschrei der SPÖ, als sich Kern gewei­gert hat, der Zeitung „Österreich“ noch Interviews zu geben, nachdem diese ihn als „Prinzessin“ bezeichnet hat? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wo war der Aufschrei, als im Dezember 2016 der damalige Kommunikationschef von Bundeskanzler Kern nach der Blamage beim ORF-„Bürgerforum“ vorgeschlagen hat, den ORF total zu boykottieren, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ? – Das ist eine totale Doppelmoral. (Ru­fe bei FPÖ und ÖVP: „Mumpitz“!)

Abgesehen davon, Herr Klubobmann Gudenus hat es Ihnen bereits erklärt, ist das, was Sie behaupten, auch noch juristisch falsch. Also es ist faktisch falsch, es ist inhalt­lich falsch, und es ist juristisch falsch – kurz gesagt: eine Schande für dieses Hohe Haus. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Jarolim: Vielleicht kann man die Missverständnisse der Kollegin aufklären!)

17.15


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Dr.in Alma Zadić. – Bitte. (Abg. Zadić tritt mit einem Parlamentssackerl ans Red­nerpult und stellt es neben diesem ab.)


17.15.29

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Ich hätte mir nie gedacht, dass wir hier eine Debatte über die Pressefreiheit führen müssen. Ich hätte es mir auch nie gedacht, dass wir eine Debatte darüber führen müssen, wie Sie, Herr Innenminister, die Berichterstat­tung in Österreich lenken wollen.

Als Sie angelobt wurden, haben wir gewusst, dass Sie das Mastermind hinter bekann­ten FPÖ-Slogans wie „Daham statt Islam“ und weiteren hetzerischen Aussagen sind. Wir alle haben aber gehofft, dass Sie Ihr Amt als Minister gewissenhaft ausüben wer­den, unsere Gesetze und unsere Verfassung achten werden; aber immer und immer wieder wird uns das Gegenteil vorgeführt. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Diese Woche hat uns ein E-Mail Ihres Ministeriumssprechers erreicht, das wirklich auf eine beispielhafte Art und Weise vor Augen führt, wie weit Sie zu gehen bereit sind, wie weit Sie unsere Gesetze und unser Staatsgrundgesetz zu missachten bereit sind und wie weit Sie das gerade noch Zulässige verwenden wollen, um weiterhin Ihre hetzeri­sche Politik zu betreiben. „Wer Medien in gute und schlechte einteilt, handelt wie ein Autokrat, nicht wie ein demokratisch gewählter Politiker“ (Zwischenruf der Abg. Bela­kowitsch), das hat heute bereits der Präsident der Vereinigung Europäischer Journa­listen gesagt.

Ein großer Vordenker und französischer Philosoph, Voltaire, hat es bereits vor 200 Jah­ren gesagt und formuliert (Zwischenruf des Abg. Gudenus): „Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht“ (Rufe bei der FPÖ: Ja! Richtig! – Abg. Höbart: Bravo!), „welches man ihm nicht nehmen könnte, oh­ne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben.“ (Ja-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Höbart: Gilt für alle!) Ein Innenminister, der dieses Zitat nicht beherzigt, ist eine ernsthafte Be­drohung für unsere offene Gesellschaft. (Zwischenruf des Abg. Gudenus. – Abg. Bela­kowitsch: Gilt aber für alle!)


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Herr Innenminister, offenbar orientieren Sie sich – wenn man sich die Vorgänge der letzten Monate und der letzten Wochen anschaut – immer stärker an Ungarn oder an Polen. (Abg. Gudenus: EU-Länder übrigens! – Ruf: Das sind die großen Vorbilder!)

Einen Punkt möchte ich hier noch bringen, und zwar möchte ich auf den Punkt einge­hen, in dem es um Ihre vermeintliche Nichtweisung ging, dass in den polizeilichen Presseaussendungen vermehrt die Staatsbürgerschaft der Täter oder der Verdächti­gen genannt werden soll und auch verstärkt die Sexualdelikte veröffentlicht werden sollen. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Sie die tatsächlichen Ursachen von Ge­walt bekämpfen, auf Panikmache lieber verzichten und mehr Geld in die Hand nehmen sollten, um für Opfer zu sorgen, in Opferschutzzentren zu investieren und für Gewalt­prävention zu sorgen. (Beifall bei der Liste Pilz sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Jenewein: In der Liste Pilz!)

Stattdessen nehmen Sie lieber Geld in die Hand und führen sinnlose Grenzschutz­übungen durch (Abg. Gudenus: „Sinnlose“!? – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch – Abg. Höbart: Das haben wir 2015 gesehen, ob das sinnlos war oder nicht!) oder ste­cken das Geld in die vorhin gezeigten antiterroristischen Verhaltensregeln. Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass 80 Prozent der sexuellen Übergriffe im eigenen Haus­halt passieren. (Abg. Belakowitsch: Schon lange nicht mehr! – Ruf bei der FPÖ: Und in Alpbach!) – 80 Prozent! Was tun Sie, um diese Frauen zu schützen? (Abg. Belako­witsch: Was tun Sie? – Abg. Höbart: Da kann uns der Onkel Alpbach etwas darüber erzählen!) Der Herr Innenminister hat das nötige Geld und auch das Mandat, diese Frauen zu schützen. (Abg. Jenewein: Auch die in Alpbach!)

Wenn es um die Nennung der Staatsbürgerschaft geht, dann stelle ich mir schon die Frage, was es Ihnen denn bringt, wenn die Staatsbürgerschaft genannt wird. Gewalt ist Gewalt, Herr Innenminister, es ist egal, von wem sie begangen wird.

Was Sie damit beabsichtigen, ist klare Hetze und Spaltung. Es geht Ihnen um eine ver­suchte Manipulation und Lenkung der Berichterstattung. Es geht Ihnen schlicht und ergreifend um das Schüren von Vorurteilen. (Abg. Gudenus: Immer die gleiche Leier! Das ist unglaublich!)

Ihr beispielloser Angriff auf die Pressefreiheit letzte Woche hat mich dazu veranlasst, Ihnen heute zwei Geschenke zu machen. (Abg. Jenewein: Da wird er sich sicher freuen, der Herr Minister! – Die Rednerin ergreift das beim Rednerpult abgestellte Sa­ckerl und entnimmt diesem einen Antrag.) Zum einen habe ich hier einen Misstrauens­antrag. (Abg. Belakowitsch: Den haben wir schon! Wie viele noch? Doppelt hält bes­ser!) Wir bringen hier einen weiteren Misstrauensantrag ein, weil es uns wichtig ist, zu zeigen, wie schlimm wir das finden. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Gudenus: Wie schlimm? Ziemlich schlimm! – Abg. Stefan: Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie schlimm?)

Deswegen bringe ich hier folgenden Antrag ein:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres“

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****


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Das zweite Geschenk, das ich Ihnen heute mitbringen möchte, ist die aktuellste Ausga­be der österreichischen Bundesverfassung. (Die Rednerin nimmt ein mit einer roten Schleife versehenes Buch mit dem Titel „Kodex des österreichischen Rechts – Verfas­sungsrecht 2017/18“ aus dem Sackerl. – Abg. Gudenus: Das können Sie dem Sche­rak einmal geben!) Ich habe Ihnen darin natürlich auch das Staatsgrundgesetz mar­kiert, insbesondere Artikel 13, und möchte Ihnen dies heute überreichen, damit Sie viel­leicht noch einmal nachlesen, was in unserer Bundesverfassung steht. – Vielen Dank. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Aber nicht anfüttern, gell!)

17.21

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

gemäß § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Peter Pilz, Alma Zadic

Freundinnen und Freunde

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage betreffend

„Frontalangriff des Innenministeriums auf die Pressefreiheit“

Begründung

Der Pressesprecher des Innenministers hat – wie Kurier und Standard berichten – ein Mail an die „lieben L1-Leiter“ – die Polizei-Pressesprecher in den Bundesländern – ver­sandt. Darin erklärt er, wie in Zukunft „gute“ Medien gut und „schlechte“ Medien schlecht zu behandeln seien.

Bereits am Abend des 24. September 2018 sah sich der Leiter der Kommunikations­abteilung des Innenministers gezwungen, von der politischen Verantwortung des Minis­ters abzulenken und ihn in Schutz zu nehmen:

„Dem Schreiben wohnt in vielen Passagen die Absicht inne, einen einheitlicheren Auf­tritt der Polizei und des Innenministeriums in bestimmten Bereichen der Medienarbeit anzuregen.

Tatsächlich war der Innenminister weder Auftraggeber noch Empfänger dieser Mittei­lung – ebenso wenig wie Mitglieder aus dem Kabinett des BMI.“

Die uns vorliegende Kopie des Mails belegt einen bisher unbekannten Umgang des BMI mit missliebigen Medien und einen neuen Grad der Orbanisierung Österreichs durch den Innenminister.

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrats das Vertrauen versagt.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Misstrauensantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht dann auch zur Abstimmung.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr.in Irmgard Griss. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 169

17.21.57

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Je länger die Debatte dauert, desto mehr verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass es zwei Mails gibt: ein Mail, das der Herr Innenminister und die Abgeordneten der FPÖ kennen, und ein Mail, das der Herr Bundespräsident (Abg. Belakowitsch: Das keiner kennt!), der Herr Bundeskanzler und die Abgeordne­ten von ÖVP, SPÖ, NEOS und Liste Pilz kennen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Anders lässt sich das nicht erklären. (Abg. Gudenus: Ein Scheinmail!)

Als ich von diesem Mail erfahren habe, konnte ich das zuerst gar nicht glauben. (Abg. Gudenus: Nein!) Ich hätte nicht gedacht, was alles in Österreich geht oder was man glaubt, was in Österreich geht, und ich kann mir das nur mit einer Mischung aus (Abg. Gudenus: Zwei Mails!) Unverfrorenheit und Unbedarftheit erklären. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Wer hat denn das zweite geschrieben?)

Unverfrorenheit: Das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit, das ist eine Form der Zensur, denn Zensur besteht darin, einem Medium zu sagen: Das darfst du nicht schreiben! (Abg. Höbart: Wo steht das? Wo steht das, bitte?), Zensur ist aber genauso auch, wenn man einem Medium bestimmte Informationen vorenthält (Beifall bei NEOS und SPÖ), wenn man als öffentliche Stelle bestimmte Informationen bestimmten Medien gar nicht gibt. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Hier ist aber dann noch etwas dazugekommen. (Abg. Stefan: Jetzt ist ein drittes Mail aufgetaucht, das Griss-Mail!) Es geht ja nicht nur um die braven Medien und die weniger braven Medien – mir tut nur ATV leid, denn das ist ein Kompliment, das die da bekommen haben, also man kann der Sendung nur viel Glück wünschen –, sondern es ist auch diese Konzentration auf bestimmte Straftaten, über die besonders und mit be­sonderen Details berichtet werden soll. (Abg. Höbart: „Konzentration auf bestimmte Straftaten“ – würde das jemand anderer sagen, wäre es schon wieder ganz schlimm und ganz böse!) Dazu schreiben manche in Kommentaren: Wir sehen, wohin die Reise geht. – Meine Antwort dazu ist: Ich finde das gar nicht. Wir sind schon angekommen! (Abg. Gudenus: Willkommen in der Realität!) Wir sind nicht mehr auf der Reise, son­dern wir haben schon ein Klima der Angst, der Ausgrenzung und der Antipathie gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Höbart: Gehen Sie in Pension! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Dazu eine Geschichte, die ganz unglaublich klingt: Eine burgenländische Gemeinde macht eine Fahrt nach Auschwitz, und da fährt ein junger Asylbewerber mit, ein Mus­lim. Er sieht dort die Verbrennungsöfen und sagt dann zu dem, der die Reise orga­nisiert hat: Glaubst du, dass uns auch so etwas drohen könnte? – Das müssen Sie sich einmal vorstellen, das ist hier passiert! (Abg. Belakowitsch: Bitte, jetzt reicht es aber! Sie sollten sich schämen! – Abg. Gudenus: Das ist lächerlich, Frau Griss! – Abg. Lausch: Lernen Sie Geschichte! – Abg. Höbart: Das ist beschämend! Schämen Sie sich! – Abg. Rädler: Schämen Sie sich! – Ruf bei der FPÖ: Für das gehört Ihnen ein Ordnungsruf! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es ist auch, anders als der Herr Bundeskanzler gemeint hat, nicht die Fortsetzung des immer Gleichen. (Abg. Belakowitsch: Unfassbar, bitte!) Es hat eine neue - - (Abg. Lausch: Lernen Sie Geschichte!) – Die Geschichte ist tatsächlich passiert. Ich kann ja nur wiedergeben, was passiert ist. Sie können das ignorieren, aber es ist passiert. (Abg. Lausch: Das ist unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Suchen Sie die Ursache dafür, dass solche Einstellungen entstehen können! (Abg. Belakowitsch: Merken Sie eigentlich, was Sie tun? Sie verharmlosen!)

Es ist nicht die Fortsetzung des immer Gleichen. (Abg. Höbart: Jeden Tag Messerste­chereien mit Toten! Das ist die Wahrheit! – Abg. Rädler: So alt und noch so links sein!) Natürlich versuchen Politiker, versucht die Regierung mit Inseraten, das Wohlwollen


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der Medien zu kaufen – das geschah in der Vergangenheit und das geschieht auch jetzt –, aber diese Art der Beeinflussung ist eine neue Dimension, die man da erreicht hat. (Abg. Höbart: Das ist keine Beeinflussung, das sind Fakten! – Abg. Gudenus: So etwas war OGH-Richterin! – Abg. Belakowitsch: Jetzt weißt du, wie die Justiz bei­einander ist!)

Ich habe das immer als Hysterie empfunden, wenn man gesagt hat, die schwarz-blaue Koalition wird das Klima in Österreich völlig verändern (Abg. Haider: Schämen Sie sich! – Abg. Rädler: Schlusswort!), aber ich muss jetzt sagen, das ist nicht so weit her­geholt. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.) Ich hoffe nur, dass wir, ich und Sie alle, nicht eines Tages sagen müssen: „Denk ich an“ Österreich „in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“ Wir sind auf einem gefährlichen Weg. – Danke. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Rosenkranz: Das ist eine Beleidigung der Zeitung „Österreich“! – Abg. Haider: Schämen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

17.26

17.26.37*****


Präsidentin Doris Bures: Ich erteile Herrn Klubobmann Gudenus für den Zwischen­ruf: Lächerlich sind Sie, Frau Abgeordnete!, einen Ordnungsruf. (Beifall bei Abgeord­neten von SPÖ, NEOS und Liste Pilz. – Abg. Gudenus: Danke, Frau Präsidentin! Gerne!)

*****

Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeordnetem Karl Nehammer das Wort. – Herr Abge­ordneter, bitte. (Abg. Belakowitsch: Es ist sowieso alles lächerlich! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen schon das Wort erteilt. – Bitte.


17.27.06

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatsse­kretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Verzeihen Sie, dass ich vorhin noch ein wenig gebraucht habe, Frau Präsidentin, aber das Bild, das Frau Kollegin Griss gezeichnet hat, ist überschießend, es ist verzerrend. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Kollegin Griss, gerade Sie in Ihrer Richterverantwortung wissen ganz genau um die Macht der Worte. Im Altgriechischen gibt es ein Sprichwort, das heißt: Die Zunge ist oft schärfer als ein Schwert. Wenn Sie hier mit Behauptungen und Geschichten Szenarien zeichnen, die die Verbrechen des Nationalsozialismus relativieren (Abg. Lausch: Unfassbar! Unfassbar!), dann nützt das Ihrer Argumentation nicht, sondern Sie richten damit am Bewusstsein gegenüber der Vergangenheit einen Schaden an. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Als Mediensprecher der neuen Volkspartei ist mir eines ganz wichtig: Heute hier in der Sitzung war von allen eines ganz klar zu hören – von allen, die hier gesprochen haben, von allen hier vertretenen Parteien –: ein klares Bekenntnis zur Pressefreiheit. Die Pressefreiheit ist ein Grundpfeiler einer liberalen Demokratie. Das eint uns alle, wie wir hier sitzen, und das ist ein positives Bekenntnis in dieser Diskussion. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Der Anlass, das E-Mail, hat genau zu den Reaktionen geführt, die notwendig und rich­tig waren. Es gab eine Klarstellung des Bundeskanzlers, der gesagt hat: Ausgrenzung von Medien kommt nicht infrage. Es gab eine Klarstellung des Medienministers, der


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das verstärkt hat und gemeinsam mit der restlichen Bundesregierung sehr viel tut, da­mit Österreich hinsichtlich Pressefreiheit sogar eine Vorreiterrolle übernimmt, auch das sollte man erwähnen, denn: Man hat die Redaktionen aus der Datenschutz-Grundver­ordnung herausgenommen, um die Pressefreiheit zu fördern. Man ist dazu überge­gangen, die Digitalsteuer neu zu diskutieren, damit mehr Meinungsfreiheit unter den Medien herrscht. Das tut diese Bundesregierung, und das ist wichtig für das Thema Pressefreiheit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Jetzt könnte man der Meinung sein, das ist nicht genug. Der Herr Bundesminister für Inneres hat heute klar Stellung genommen (Abg. Leichtfried: Ja!), hat sich ausführlich den Fragen gewidmet. (Abg. Leichtfried: Ja, das überhaupt!) Der Mitarbeiter, der das Mail verfasst hat, hat sich dafür auch öffentlich entschuldigt. – So weit, so gut aus mei­ner Sicht. So weit, so gut für die Volkspartei. So weit, so gut auch für den Bundespräsi­denten.

Wenn Sie von der SPÖ aber jetzt hier mit Krokodilstränen die Meinungs- und Presse­freiheit so heraufbeschwören, dann gestatten Sie mir doch auch einen Blick in die neu­ere Geschichte. Da gibt es nämlich ganz interessante Einblicke, die man dann gewinnt.

Ich weiß nicht, ob die Damen und Herren hier auf der Galerie oder zu Hause vor den Fernsehgeräten gewusst haben, dass seit dem Jahr 2007 der Bruder des derzeitigen Generaldirektors Wrabetz des ORF, des mächtigen ORF, nämlich mächtig in der Mei­nungsbildung, immer in Kabinetten von SPÖ-Bundeskanzlern gedient hat. – Ist das die Distanz, die man haben sollte? (Abg. Kuntzl: Was soll das? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Stellen Sie sich so ein Szenario bei unserer Bundesregierung vor! Da würden Sie genauso und auch noch lauter schreien! Aber dazu höre ich nichts, das ist für Sie selbstverständlich! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Da bleibt so­gar der Zwischenruf beim Jarolim stecken!)

Aber einen tiefen Einblick, wie ernst Sie es meinen, Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, gibt auch der E-Mail-Verkehr aus dem Jahr 2016 zwischen Tal Silberstein und dem Kommunikationschef der SPÖ. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Kennen Sie die Cousine vom Herrn Kickl?) Das, was Frau Kollegin Steger schon angesprochen hat: Der Bundeskanzler außer Dienst, jetzt Abgeordneter Kern war damals mit dem „Bürgerforum“ des ORF unzufrieden. Dann hat man sich beraten, was man tun kann – und man möchte gar nicht glauben, was in dem E-Mail alles drinnen steht. Mit klaren Konsequenzen droht man dem ORF, mit Interviewentzug. (Ruf bei der SPÖ: Schreien Sie nicht so!) – Ja, da werde ich wirklich laut, denn Doppelbödigkeit ist das Übelste in der Demokratie, und die beweisen Sie in diesem Fall. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Damit man sich auch die Tonalität vergegenwärtigen kann: Unter dem Titel „Weiterer Umgang mit dem ORF nach Bürgerforum“ ist „eine schärfere Gangart“ gegen den ORF angesagt: Absage des Neujahrs-ZIB2-Interviews, keine „Pressestunde“. Wir machen all das nicht, um „Verhaltensänderungen“ zu produzieren, und die produzieren wir „nur durch Konsequenz“. Dafür fördern wir mehr die Privaten. (Abg. Höbart: SPÖ, zuhören! „Schärfere Gangart“!)

Das ist Ihr offenes Verhältnis zum Thema Medienfreiheit, Pressefreiheit? Sie stellen sich hier heraus und klagen an? Mit welchem Recht? – Ich höre nichts. (Abg. Höbart: SPÖ, wir hören nichts!) Das ist alles nachweislich, tatsächlich passiert! – Ein eigenar­tiges Verständnis zum Thema Pressefreiheit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Als es Ihnen unangenehm war, dass die Tal-Silberstein-Affäre in die Öffentlichkeit ge­kommen ist, haben Sie schnell dazu Stellung genommen, aber Sie haben gleichzeitig auch die Medien, die damals die Tal-Silberstein-Affäre aufgedeckt haben, von dieser Pressekonferenz ausgeschlossen. Das ist das Verhältnis der SPÖ zu den Medien. Und Sie stellen sich heraus und klagen an? – Ja, Kollege Schieder schüttelt wieder den


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Kopf, er muss sich halt mit den Vorgängen in seiner eigenen Partei konfrontieren. (Abg. Rädler: Darum musste er gehen! – Ruf bei der FPÖ: Der Schieder hat ja nichts mehr zu sagen!)

Aber gestatten Sie mir auch noch ein Wort zu Dr. Pilz, der sich hier herausgestellt und auch wieder Anklage geführt hat. Wissen Sie, was ich mir immer wieder denke, Herr Kollege Pilz, wenn ich Sie da draußen sehe? – Wie schmerzbefreit müssen Sie eigent­lich sein?! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wie schmerzbefreit müssen Sie sein, wenn Sie sich hier mit einem Inserat herausstellen, das das Innenministerium publiziert, um Men­schen zu schützen? Ich glaube, Sie denken keine Sekunde daran, dass die Opfer Ihrer sexuellen Übergriffe diese Parlamentsdebatte verfolgen, das sehen und all das, was auf der Tafel steht, nicht machen konnten. Und Sie stellen sich hier heraus und klagen wieder an?! (Abg. Rauch: Doppelbödig! Doppelzüngig!) Welches Selbstbild haben Sie von sich selbst, um sich für sich selbst das Recht herauszunehmen, zu moralisieren? – Aus meiner Sicht geht sich das nicht aus. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Aber Pressefreiheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist tatsächlich ein erns­tes Thema – und wir haben es auch in Europa, wir haben es sogar in der Europäischen Union. In der Slowakei wurde ein Journalist ermordet, auf Malta eine Journalistin. In Rumänien, sozialdemokratisch regiert, wird auf Journalistinnen und Journalisten einge­prügelt. (Ruf bei der FPÖ: Ui!) Da müssen wir uns wirklich Sorgen machen und für die Pressefreiheit in Europa kämpfen. Das sind wirkliche Probleme. (Zwischenruf der Abg. Kuntzl. – Abg. Jarolim: Ungarn! Orbán und Kurz!) – Ich weiß, dass Ihnen das unan­genehm ist, aber Sie werden erst dann glaubhaft, wenn Sie sich genau diesem Pro­blem stellen und diese Vorkommnisse genauso attackieren.

Gestatten Sie mir auch noch ein Wort zum neuen Bundesgeschäftsführer, ehemaligen Medienminister Drozda! Ich gratuliere Ihnen erstens zur neuen Aufgabe (Abg. Drozda: Danke!), freue mich auf unsere gemeinsame Zusammenarbeit. Sie selbst waren aber einer derjenigen, die Bundeskanzler außer Dienst, jetzt Abgeordneten Kern dazu er­muntert und unterstützt haben, das Pressefoyer abzuschaffen. Sie wollten dann statt­dessen Debriefings einführen – Sie können sich sicher noch daran erinnern –, bis zu dem großen Protest der Journalistinnen- und Journalistengewerkschaft. Das ist also Ihr Verständnis von Medienfreiheit. – Diese Bundesregierung hat das Pressefoyer wieder eingeführt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Aber stellen wir das Einende über das Trennende: Heute in der Sitzung war immer wie­der die Rede davon, und zwar von Vertretern und Vertreterinnen aller Parteien, dass die Pressefreiheit für uns ein ganz wichtiges Gut ist. Nehmen wir das gemeinsam an und kämpfen wir dafür in Österreich und vor allem auch in Europa weiter! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.36

*****


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung von Herrn Klubobmann Zinggl vor. – Bitte.


17.36.56

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Ab­geordneter Nehammer hat Herrn Abgeordneten Pilz soeben des sexuellen Übergriffs bezichtigt. Das ist ein strafrechtlich relevantes Verhalten. Wir wissen, wie die entspre­chenden Anzeigen und die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft ausgegangen sind.

Ich ersuche Sie, Frau Präsidentin, dafür einen Ordnungsruf zu erteilen. Das ist außer­dem eine Verleumdung, und wir haben in der Präsidiale diesbezüglich ganz eindeutige


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Worte gefunden. Also ich ersuche Sie, das dementsprechend zu ahnden. – Danke. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ein Maulkorb für die Abgeordneten!)

17.37


Präsidentin Doris Bures: Gibt es zur Geschäftsordnung noch eine Wortmeldung? – Das ist nicht der Fall.

Herr Klubobmann, Sie haben erstens einmal recht, dass wir in der Präsidialkonferenz darüber eine Debatte geführt haben, dass Vorwürfe strafrechtlich relevanter Vorkomm­nisse nicht der Würde des Hauses entsprechen. Ich werde mir das Protokoll kommen lassen, um mir genau anzusehen, ob es ein konkreter Vorwurf an einen Abgeordneten dieses Hauses war, der nicht zutrifft, und werde dann die Entscheidung treffen.

*****

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Angela Lueger. – Bitte. (Abg. Hö­bart: Was wollen Sie jetzt eigentlich noch sagen? Ein bissel was über den Silberstein?)


17.38.13

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder auf der Re­gierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Keine Angst, mir wird schon etwas ein­fallen. (Abg. Höbart: ORF-Zensur!)

Erster Punkt, Herr Nehammer: Zu dem, was Sie vorhin gebracht haben, möchte ich Sie fragen: Gibt es eine Sippenhaftung? Wie lässt sich das dann damit vereinbaren, dass im Stiftungsrat des ORF Herr Steger sitzt und die Tochter im Nationalrat? Wie lässt sich das vereinbaren? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steger. Genau, das war aber seine Idee. Das war seine Idee. Ich wollte Sie nur daran erinnern, dass es seine Idee war. (Zwischenruf der Abg. Steger.)

So, jetzt möchte ich aber zum eigentlichen Thema zurückkommen, es geht um dieses Mail des Ressortsprechers, das er an alle Landespolizeidirektionen ausgeschickt hat. Das ist keine Weisung, wie wir auch in der Beantwortung gehört haben, aber nichts­destotrotz bringt es ein paar sehr interessante Dinge mit sich.

Noch einmal zurückkommend auf diese Zusammenarbeit mit ATV: die Serie mit dem Arbeitstitel „Live PD“, die ja mit Jänner nächsten Jahres gestartet werden soll. Hier steht: „Zusätzlich zu den polizeilichen Einsätzen kommt ein Studiogast des BMI oder der Polizei vor. Jede Folge wird abgenommen und geht erst nach positiver Abnahme auf Sendung.“

Das ist Ihre Vorstellung von Wahrnehmung, und dagegen wehrt sich ATV ganz massiv. ATV schreibt in seiner Stellungnahme, dass die redaktionelle Hoheit ausschließlich bei ATV liegt: „Auch bei dieser geplanten Sendung wird sich daran nichts ändern, auch wenn es womöglich MitarbeiterInnen des Innenministeriums vielleicht gerne anders ge­staltet hätten. Im Falle eines versuchten redaktionellen Eingriffs, würde ATV die Pro­duktion einstellen.“

Das ist also eine ganz klare Abgrenzung. (Abg. Rosenkranz: Das heißt Pressefrei­heit!)

Wenn ich jetzt weiterschaue – da kommen wir noch einmal zur Staatsbürgerschaft und zum Aufenthaltsstatus –, schreiben Sie: „Zudem gegebenenfalls bei einer/einem Frem­den deren/dessen Aufenthaltsstatus, bzw. ob es sich um eine Asylwerberin bzw. einen Asylwerber handelt. Dieses Vorgehen wird in der Regel aus einer datenschutzrechtli­chen Betrachtung heraus möglich sein.“

Ich finde das sehr spannend. Heute in der Früh im Ö1-„Morgenjournal“ hat sich der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl zu Wort gemeldet, der gemeint hat, es gehe um die


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Tat und nicht um den Täter. Meine sehr geehrten Damen und Herren, er zieht daraus folgenden Schluss (Abg. Rosenkranz: Aber es wird schon immer noch der Täter ver­urteilt, zum Beispiel!): dass sehr wohl versucht wird, die Berichterstattung strategisch zu steuern, um Vorurteile in der Bevölkerung weiter zu schüren.

Ich darf zu den Sexualdelikten kommen, diesbezüglich steht ein besonders perfider Satz drinnen: „Wenn es sich um eine reine familieninterne Tat handelt, oder opfer- bzw. da­tenschutzrechtliche Bedenken bestehen, so kann selbstverständlich nach wie vor von einer Veröffentlichung abgesehen werden.“

Meine KollegInnen haben es vorhin erwähnt: 80 Prozent der sexuellen Übergriffe fin­den im familiären Umkreis statt. Aber was kann man von einer Partei erwarten, die das so angeht, die meint, dass Frauenhäuser Ehen zerstören? Ich kann nur unterstützen: Herr Minister, Sie haben in Ihrem Ministerium Geld zur Verfügung, mit dem Sie dafür sorgen sollten, dass es ausreichend gute Polizeiinspektionen gibt, dass es Schutzaus­rüstungen gibt, und, und, und. (Abg. Neubauer: Alles, was ihr nicht gemacht habt!) – Ja, alles, was wir nicht gemacht haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir den letz­ten Innenminister gestellt haben, Herr Kollege! (Abg. Neubauer: In der Regierung wart ihr aber schon! Wart ihr in der Regierung? – Abg. Belakowitsch: Ihr wart in der Regie­rung!) – Oh, so ist es auf einmal. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, was mich erschüttert, ist, dass wirklich jede einzelne Zeile dieses Papiers ein au­toritäres Staatsbewusstsein ausstrahlt, das Ängste schürt und Diskriminierung stützt. Pressefreiheit – das kann man hier nur noch einmal betonen – ist ein von der Verfas­sung garantiertes Grundrecht. Und davon gehen wir nicht ab.

Reden wir noch über das Thema Wahrheit, und das ist mir ein sehr wichtiger Punkt: Herr Minister, Sie haben heute gesagt, es war immer vorgesehen, dass Sie hierher­kommen. Mir liegt ein Schreiben des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes vor, das gestern um 12.11 Uhr geschickt wurde, mit dem Inhalt, dass Sie durch die Frau Staatssekretärin vertreten werden. (Abg. Leichtfried: Aha! – Abg. Rosenkranz: Ja, beim Rechnungshof!) – Nein, nein, nicht beim Rechnungshof, das stimmt so nicht.

Es kam dann um 13.55 Uhr die APA-Meldung, dass der Herr Bundesminister nicht kommen möchte und dass er kneift. Komischerweise kam dann um 14.04 Uhr wieder vom Verbindungsdienst des Bundeskanzleramtes - - (Abg. Gudenus: Die sind superin­teressant, diese E-Mails!) – Superinteressant, natürlich, da sehen wir nämlich, wie Sie mit der Wahrheit umgehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Zanger: Die Wahrheit ist, dass er da ist!) Da sehen wir, wie Sie mit der Wahrheit umgehen. (Abg. Zanger: Wichtig ist, dass er hier ist!) Ja, genau.

Sie spalten die Gesellschaft. Sie spalten die Gesellschaft in die einen und in die an­deren, und die anderen sind bei Ihnen immer die Bösen, und das lassen wir hier in Ös­terreich nicht zu. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Bela­kowitsch: Na dann! Da sind wir froh! – Abg. Haider: Ihr spaltet die Gesellschaft! 2015 habt ihr die Gesellschaft gespalten! – Zwischenruf des Abg. Zanger.) Das ist demo­kratiegefährdend und das ist schädigend für Österreich in Österreich und im Ausland.

Da sich die Frau Staatssekretärin gestern distanziert hat, der Herr Bundespräsident distanziert hat und der Herr Bundeskanzler distanziert hat, verlange ich vom Herrn Bundeskanzler, den Worten Taten folgen zu lassen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der NEOS. – Abg. Belakowitsch: ... da sind wir froh!)

17.44


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Lugar. – Bitte.


17.45.01

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (FPÖ): Zuerst mache ich eine Berichtigung, obwohl ich an und für sich für eine Rede herausgekommen bin: Was die Kollegin jetzt gesagt


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hat, entspricht natürlich nicht den Tatsachen. Der Herr Minister hat es ohnehin schon erklärt, aber sie hat anscheinend nicht aufgepasst. Einige bei der SPÖ sind anschei­nend nicht in der Lage, der Debatte zu folgen, denn er hat mehrfach erklärt, dass es ein Irrtum war, dass das Kanzleramt irrtümlich gesagt hat, er werde nicht hier sein. Das Innenministerium hat nie etwas anderes gesagt, und es gibt auch vom Kanzleramt eine offizielle APA-Aussendung, in der genau das drinnen steht. (Abg. Jarolim: Bleiben Sie bei der Wahrheit!) Wenn Sie lesen könnten und wenn Sie lesen wollten, dann hätten Sie das auch zur Kenntnis genommen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Genau das ist das Problem: Es geht Ihnen nur um Polemik, es geht Ihnen nicht um die Sache. Und deshalb versuche ich jetzt, die Sache etwas sachlicher anzugehen. (Abg. Leichtfried: Ja, genau! – Abg. Noll: Das glaube ich ...!)

Deswegen ist die Frage nicht, worum es heute hier geht. Es geht nicht um die Mei­nungsfreiheit, um die Pressefreiheit, denn wenn jemand Angst um die Meinungs- und Pressefreiheit hat, muss er nur auf die Homepage des Parlaments gehen und einmal nachlesen, was das überhaupt bedeutet, dann sieht er, dass die niemals in Gefahr war oder in Gefahr ist. Es geht um etwas ganz anderes, nämlich darum, dass die Vorgän­gerregierung die Medien mit 180 Millionen Euro pro Jahr alimentiert hat, dass die Me­dien in Österreich von diesen Zuwendungen auch abhängig waren. Und es geht da­rum, dass diese Bundesregierung diese Zuwendungen massiv zurückgefahren hat, manche Ministerien sogar bis auf 20 Prozent. Das heißt, es fließt viel weniger Geld, als es früher, unter der Vorgängerregierung, geflossen ist. Das ist das Problem.

Wir haben diese Zahlungen nicht deshalb reduziert, weil wir den Medien etwas Böses wollen, nein. Die Vorgängerregierung ist nach dem Prinzip vorgegangen, das Erzählte reicht, und hat es mit Inseraten aufgepeppt. Wir sagen, nur das Erreichte zählt, und deshalb brauchen wir keine Inserate, denn wir leisten etwas für dieses Land. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Deshalb brauchen wir die freundliche Berichterstattung nicht mit Inseraten zu beeinflussen, so wie das vergangene Regie­rungen nachweislich getan haben.

Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel der „Standard“ von den Vorgängerregierungen 5,5 Millionen Euro pro Jahr kassiert hat und jetzt natürlich genauso wie alle anderen von weniger Geldflüssen betroffen ist, dann kann man verstehen, warum der „Stan­dard“ auch heute wieder alle möglichen Fantasien schreibt. Lesen Sie einmal bei Rau­scher nach, der jetzt schon davon träumt, dass Frau Rendi-Wagner mit fliegenden Fah­nen zur ÖVP überläuft und gleich einen Regierungschange macht! (Abg. Plessl: ... auch länger gebraucht! – Ruf bei der SPÖ: Ja, ja! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und das wird nicht nur gewünscht (neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ), nein, nein, es wird nicht nur von Herrn Rauscher vom „Standard“ gewünscht, nein, sondern auch damit begründet, dass Herr Kickl staatsstreichartige Politik im Innenministerium be­treibt. (Abg. Leichtfried: Ja eh!) So etwas schreibt der „Standard“!

Lesen Sie im heutigen „Standard“ nach, was über diese Debatte hier verzapft wird, le­sen Sie einmal nach, was da alles drinnen steht! Herr Scherak wird den halben Artikel lang durchgeschalten, bis dann einmal der Herr Innenminister zu Wort kommt, und dann wird mit allen möglichen Unterstellungen gearbeitet. Was ich ganz besonders in­teressant finde, ist: Der Herr Minister hat mehrfach darauf hingewiesen, dass er keine Weisung gegeben hat, und im „Standard“ steht nicht, dass der Herr Minister das mehrfach gesagt hat, aber es steht drinnen, er hat es mehrfach behauptet. Er hat eine Behauptung aufgestellt – wir alle wissen, was das heißt, wenn man eine Behauptung aufstellt: Das kann auch gelogen sein. Mit solchen Mitteln wird beim „Standard“ gear­beitet.


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Da frage ich mich: Ist das Pressefreiheit? Müssen wir das verteidigen? Müssen wir es verteidigen, wenn einzelne Medien nicht im Sinne der Pressefreiheit eine Information an die Bürger geben, dass sich die Bürger eine Meinung bilden können, nein, wenn sie diese Meinung sogar vorgeben? Ist es Pressefreiheit, wenn sie diese Meinung dem Bürger sogar aufzwingen? (Abg. Scherak: Was redest du da eigentlich?)

Der „Standard“ hat vor einiger Zeit in einem Artikel geschrieben, dass es ein Skandal sei, dass der Innenminister für eine Bewerbungsaktion des Innenministeriums um 23 000 Euro ein Inserat schaltet, und sagt dann, dass dieses Medium ja ein rechtes Medium ist. Begründet wird das so, dass dieses Medium, der „Wochenblick“, Handlun­gen des Innenministers gut gefunden hat. Deswegen ist es ein rechtes Medium und deshalb darf es keine Unterstützung bekommen beziehungsweise keine Inserate. (Abg. Schieder: Unterstützung?)

So weit sind wir! So weit sind wir, aber das ist nicht Pressefreiheit, und das müssen wir auch nicht verteidigen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Was wir verteidigen müssen, ist, und das steht ja auch in diesem E-Mail drinnen - - Haben Sie das E-Mail einmal gelesen? Wissen Sie, was da drinnen steht? – Man wünscht sich eine unabhängige Berichterstattung (Abg. Vogl: Positiv unabhängig!), das wünscht man sich. (Abg. Loacker: Das E-Mail ist Ihrer Meinung nach eh okay?) Ist das zu viel verlangt?

Ich weiß, bei Ihnen gab es das nicht, es war immer eine linksgerichtete Propaganda, die durchgeschaltet wurde. – Wir wollen nur eine unabhängige Berichterstattung. Das wollen wir, mehr wollen wir nicht, und ich glaube, das ist nicht zu viel verlangt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Al­fred Noll. – Bitte.


17.50.38

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Dass ich mit Herrn Kickl nicht mehr gut Freund werde, das wird man wissen; das ist auch nichts Besonderes. Ich halte ihn mit Pouvoir des Bundeskanzlers für den Teilchenbeschleuniger der Orbánisierung in Österreich. Es ist sein politisches Recht, das zu tun. Ich halte ihn nach dem knappen Jahr, in dem er im Amt ist, auch insgesamt für die Inkarnation einer antidemokratischen Gesinnung. Das ist die politische Auseinandersetzung, die wir hier führen. Letztlich wird bei den Wahlen entschieden werden, ob das in diesem Land Erfolg haben wird oder nicht. (Abg. Rädler: Da seid ihr nicht mehr dabei!)

Zwei Punkte allerdings gehen weit über diese politische Auseinandersetzung hinaus. Erstens: Offenkundig hat Herr Kickl keine zutreffende Vorstellung davon, was ein mo­nokratisches Organ in der Bundesvollziehung ist. Das zeigt alles, was in den letzten Monaten vorgekommen ist, sei es die BVT-Durchsuchung, sei es die rechtswidrige Suspendierung von Gridling (Abg. Jenewein: Wer hat die durchgeführt?), sei es jetzt dieser Bürokratenchat, der angeblich nur eine Anregung und quasi ein Gespräch unter Beamten war. Die Antwort von Herrn Kickl ist immer dieselbe: Es war jemand anderer, ich war es nicht. – Das ist die stehende Phrase. Immer redet er sich auf etwas anderes aus.

Ich muss Ihnen gestehen, ich bin da ziemlich altmodisch, für mich als Chef wäre das nie infrage gekommen, mich hinter Mitarbeitern zu verstecken, Mitarbeiter vorzuschi­cken und zu sagen: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts! (Beifall bei der Liste Pilz sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Belakowitsch: Wer hat die Sus­pendierung durchgeführt?) – Das ist das Erste.


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Das Zweite, was sehr auffällig ist, ist diese Sache mit der Weisung. Jetzt habe ich das ja nicht nur studiert, habe nicht nur die Venia Legendi für öffentliches Recht, habe nicht nur ein paar Professoren für öffentliches Recht und Mitglieder unserer Höchstgerichte gefragt, sondern verfolge seit gut 30 Jahren auch die einschlägige Rechtsprechung dazu, was als Weisung zu werten ist und was nicht. (Abg. Steger: Jetzt kennen wir die Quelle vom Bericht!) Selbstverständlich ist das glasklar eine Weisung, die da erteilt wurde. Frau Belakowitsch, das ist keine Frage der Tatsachenbehauptung, wie Sie fälschlich gemeint haben, das ist eine Frage der rechtlichen Würdigung. (Abg. Lausch: Ja eh, genau!)

Wenn das eine Weisung ist, woran es wenig Zweifel gibt, dann ist auch ganz klar, was Inhalt dieser Weisung ist, und da tröstet einen auch nicht die hermeneutische Barm­herzigkeit, mit der die Regierungsfraktionen hier an die Lektüre gehen. Dort steht ganz klar drinnen: Es sind manche zu bevorzugen, denen ist ein Zuckerl zu geben, und an­dere sind zu benachteiligen. Und was, wenn nicht das – dass in bewusster Schädi­gungsabsicht die Befugnis der Zutreffenden überschritten wird, und das in diesem Fall sehr wohl auch wissentlich –, ist Inhalt des § 302 StGB? (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das heißt, ich sehe nicht nur einen Angriff auf die Pressefreiheit – das ist das, was aus diesem Schreiben implizit hervorleuchtet –, noch viel mehr sehe ich in Tateinheit mit dem, was unsere Bundesregierung insgesamt macht, durchaus eine Verhinderung der Informationsfreiheit. Wir haben seit 1979 eine Empfehlung des Europarates, dass die Mitglieder des Europarates endlich ein Informationsfreiheitsgesetz nach dem Muster Schwedens und der USA machen sollten. Auch die SPÖ hat sich nicht wirklich ent­schieden darangemacht. Jetzt ist das eine ganz entschiedene Facette bei der Blo­ckade von Informationsfreiheit.

Zwei Worte noch zur Frage der Stigmatisierung oder der beabsichtigten Stigmatisie­rung von Mitgliedern anderer Nationalitäten und von bestimmten Tatverdächtigen: Viel fehlt nicht mehr, dass man der Polizei die Brandeisen austeilt, damit man den Tat­verdächtigen etwas auf die Stirn brennt, um sie zu stigmatisieren. Da wird, genauso wie Reinhard Kreissl das gestern und heute in Interviews schon gesagt hat, versucht, grassierende Vorurteile zu bestärken, zu evozieren und in der Bevölkerung zu ver­breiten.

Kollege Nehammer und auch Kollege Gudenus haben gesagt, dass das Ergebnis der Befragung von Herrn Kickl ein überzeugendes Bekenntnis zur Presse- und Meinungs­freiheit ist. – Ja, so habe ich das auch gehört. Jetzt könnte man sagen, damit ist ja al­les klar – ich höre die Worte wohl, allein mir fehlt der Glaube. Wer zunächst rechts­widrig einen Generalsekretär beschäftigt, um dann nachträglich und rückwirkend das Ausschreibungsgesetz zu ändern, wer Gridling rechtswidrig suspendiert, um dann vom Gericht die Auskunft zu erhalten, dass es rechtswidrig war, wer nichts darüber weiß, dass sein Ressortsprecher eine derartige Gesinnung hat und solche Mails hinaus­schickt, dem nehme ich dieses Bekenntnis zur Presse- und Meinungsfreiheit einfach nicht ab.

Ich glaube, das Misstrauen, das sich in den Misstrauensanträgen zeigt, ist berechtigt, zumal der Innenminister Rechtsstaatlichkeit bisher immer nur in dem Umfang in Erfah­rung gebracht hat, in dem ihn seine wahlwerbende Hetzerei vor strafrechtlicher Verant­wortung gerade noch geschützt hat. (Abg. Neubauer: Herr Pilz ...!)

Wenn man sich die Reaktionen des Auslands anschaut – nicht nur auf dieses Vor­kommnis, sondern auch auf die BVT-Sache und auf alles andere, was Herr Kickl bisher geleistet hat –, dann sieht man meines Erachtens, dass der kleinste Innenminister die-


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ser Republik bisher den größten Schaden für diese Republik provoziert hat. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz. – Abg. Jenewein: Der war nicht gut!)

17.56


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abge­ordnete Dr.in Belakowitsch zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.


17.56.51

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Kollege Noll, sehr geehrter Herr Universitätsprofessor! Sie haben in Ihrer Rede behauptet, es handle sich bei diesem E-Mail um eine Weisung. Ich mache Sie darauf aufmerksam – auch im Hinblick auf Ihre Lehrtätigkeit, nehmen Sie das bitte mit –, es handelt sich bei diesem Mail nicht um eine Weisung. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Wer sagt das? – Ruf bei der SPÖ: Wozu ist er dann Minister, wenn er ...?)

Des Weiteren, Herr Abgeordneter Noll, haben Sie hier behauptet, Herr Bundesminister Kickl hätte Herrn Gridling suspendiert. – Das ist unrichtig. Herr Gridling wurde von der weisungsfreien Disziplinarkonferenz suspendiert. (Abg. Noll: Es war immer wer ande­rer, aber nie der Kickl!)

Und im Übrigen haben wir uns in der Präsidialkonferenz auch schon einmal darauf ge­einigt, nicht auf die Körpergröße von anderen Abgeordneten oder Ministern hinzupe­cken. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.57


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Rosenkranz: Zur Geschäftsordnung!) – Ich habe das Wort jetzt Herrn Abgeordnetem Loacker erteilt, nach seinen Ausführun­gen können wir eine Geschäftsordnungsdebatte beginnen. (Abg. Rosenkranz: Sie kön­nen schon das Protokoll von Herrn Noll anfordern!) – Bitte, Herr Abgeordneter Loacker.


17.58.05

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Zur Frage, was eine Weisung ist: Also die §§ 44 und 45 im Beamten-Dienstrechtsgesetz regeln die Pflichten von Beamten und ihren Vorgesetzten, und dazu gibt es ein Skriptum vom BMÖDS – Kollege Lausch kann es sicher auswendig aufsagen, ich muss es vorlesen –, in dem steht (Abg. Lausch: Ich hätte es eh gesagt!):

„Öffentlich Bedienstete haben Vorgesetzte zu unterstützen und ihre Weisungen zu be­folgen (Gehorsamspflicht).

Weisungen sind einseitig bindende Anordnungen, die die Arbeitspflichten öffentlich Be­diensteter im Einzelfall konkretisieren. Sie müssen nicht als ,Weisung‘ oder ,Befehl‘ be­zeichnet werden,“ – sie müssen auch nicht nummeriert sein, Kollege Lausch – „ihr bin­dender Charakter muss aber für den Empfänger erkennbar sein (im Unterschied zB zur bloßen Mitteilung einer Rechtsmeinung).“ – Ums Mitteilen einer Rechtsmeinung ist es da nicht gegangen. (Abg. Belakowitsch: Aber der Herr Pölzl kann Weisungen ertei­len?!)

„Vorgesetzte sind jene Organwalter, die mit der Dienst- und/oder Fachaufsicht über Be­diensteten betraut sind.“ Das Ministerium ist eine monokratische Behörde, und wenn aus dem Ministerium etwas an die Dienststelle kommt, dann ist das subjektiv wahrzu­nehmen, als wäre es eine Weisung.

Da gehen jetzt die Verteidigungslinien ein bisschen auseinander. Es gibt jene bei Ih­nen, die sagen: Was regt ihr euch so auf? Das war ja gar keine Weisung, das war ja bloß eine E-Mail, alles nicht so schlimm. Dann gibt es aber die anderen, die sagen: Ja,


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er hat sich eh entschuldigt (Abg. Jenewein: Er hat sich nicht entschuldigt, er hat es klargestellt! Das ist ein Unterschied!), der Minister hat eh gesagt, er ist für die Presse­freiheit, der Herr Bundespräsident hat auch gesagt, ihm reiche diese Klarstellung. Also gibt es auch solche, die sagen, es hat eine Klarstellung gegeben, weil es offensichtlich eine Klarstellung gebraucht hat und dieser Mitarbeiter ja offensichtlich auch zurechtge­wiesen werden musste. Also vielleicht war doch nicht alles so super. Es sagen also der Bundespräsident und Kanzler Kurz, dass das nicht so super war, Othmar Karas sagt, das schadet dem Ansehen der Regierung in Europa (Abg. Stefan: Oh! – Abg. Gu­denus: Ist das der Neos-Kandidat?), und Abgeordnete Steinacker hat gesagt, das
E-Mail hätte nicht geschrieben werden dürfen.

Kollege Nehammer vertritt eine andere Verteidigungslinie, er sagt: Ja, aber die SPÖ hat ja auch! – Also das ist ganz billig, das gleicht dem Kind, das mit einem Fünfer aus der Schule nach Hause kommt und sagt: Mama, die anderen haben auch einen Fünfer! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es ist keine Rechtfertigung, wenn jemand sich daneben­benimmt, dass ein anderer den Fehler auch macht!

Man muss noch eine Qualität unterscheiden. Es ist ein Unterschied, ob die Liste Pilz als Verein oder als Partei sagt: Ich lasse dich nicht auf meine Party kommen!, das ist nämlich ihr Bier, ob sie das will oder nicht, ein Ministerium repräsentiert aber die Re­publik Österreich und kann sich nicht wie ein Verein beliebig aussuchen, wem es Infor­mation gewährt oder nicht. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Gudenus: Im Rahmen der gesetzlich gegebenen Möglichkeiten! – Abg. Stefan: Wer sagt denn das? Im ge­setzlichen Rahmen!)

Und dann noch: Der Herr Bundesminister hat gesagt, es gibt ohnedies keine Informa­tionssperre. – Oh, danke! Es gibt zwischen Schwarz und Weiß einfach Schattierungen. Und ja, Sie haben keine Informationssperre für Medien verordnet, aber Sie haben eben gesagt, Sie haben durch diesen Mitarbeiter sagen lassen, man soll nicht mit allen gleich umgehen und man soll abwägen, wem man was und wie sagt, und damit ist die Grenze bereits überschritten. Man muss keine Informationssperre verhängen, damit es zu viel ist, das beginnt schon früher, und dieses Überschreiten wird nicht zugegeben, insbesondere nicht von diesem mittleren Block. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

18.01

*****


Präsidentin Doris Bures: Zur Geschäftsordnung, Herr Klubobmann Dr. Rosenkranz. – Bitte.


18.01.36

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Als Klubob­mann dieses mittleren Blocks, wie ihn Herr Loacker bezeichnet hat, beziehe ich mich auf die Rede, die Herr Kollege Noll gehalten hat. Ganz zum Schluss hat er eine Bemer­kung gemacht, und es ist einfach unerträglich und in diesem Haus auch unzulässig, und das ist durchaus bekannt, dass man betreffend Namen, Körperlichkeiten oder Ähn­liches nicht einmal in irgendeiner Form Scherz treiben soll. Schauen Sie sich dieses Bonmot, diese versuchte Intellektualität, die Kollege Noll zum Besten gegeben hat, an, Frau Präsidentin! Diese Schlussbemerkung von Kollegen Noll verdient jedenfalls einen Ordnungsruf. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.02


Präsidentin Doris Bures: Gibt es zur Geschäftsordnung sonst noch eine Wortmel­dung? – Das ist nicht der Fall.

Herr Klubobmann, verunglimpfende Formulierungen Personen gegenüber lösen einen Ordnungsruf aus, und ich werde mir das Protokoll holen lassen, weil es natürlich um die genaue Formulierung geht.


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Ich bitte darum, mir das Protokoll dieser Aussage des Herrn Abgeordneten Dr. Noll zu bringen. Es steht ja jedem Mitglied des Hauses frei, so einen Ordnungsruf zu verlan­gen. Ich werde mir das im Protokoll ansehen und dann eine Entscheidung treffen.

*****

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Peter Wittmann. – Bitte.


18.03.00

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich beginne meine Rede mit dem 26. Juni 2018. Am 26. Juni sind Sie im „Report“ auf­getreten und haben Folgendes gesagt – das hat niemand anderer gesagt als Sie selbst, um das gleich vorwegzuschicken, also können Sie sich auf niemanden ausre­den –: „Dort, wo nämlich Verunsicherung betrieben wird, das ist nicht das Innenminis­terium, das ist auch nicht die Justiz, sondern das sind selbsternannte Aufdecker, [...] gewisse Medien, die sich jeden Tag darum bemühen, irgendwelche Dinge, die als ge­heim eingestuft sind, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, in die Öf­fentlichkeit zu bringen und dort irgendwelche, ja, sagen wir mal, sehr [...] unvollständi­gen Darstellungen des tatsächlichen Sachverhalts zu geben“.

Dann haben Sie über die BVT-Affäre gesprochen, und dann haben Sie, im Zuge der Hausdurchsuchungen, noch hinzugefügt, „dass auch Medien teilweise [...] im Fokus des Interesses“ sind. (Abg. Schieder: Hört, hört! – Abg. Gudenus: Die sind nicht sa­krosankt!) Das haben Sie am 26. Juni 2018 im „Report“ gesagt. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

Da gab es einen Riesenaufschrei bei den Chefredakteuren. Alle haben sich zu Wort gemeldet und haben das als implizite Drohung verstanden. Jetzt sind wir einen Schritt weiter, jetzt nennen Sie diese Medien, die gewissen Medien – vom 26. Juni 2018 – sind der „Standard, der „Falter“ und der „Kurier“. Das geht eindeutig aus Ihrer Weisung hervor. (Abg. Gudenus: Welche Weisung?) Die Geisteshaltung gegenüber der Pres­sefreiheit ist es, die Geisteshaltung ist es, die nicht stimmt. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz. – Abg. Stefan: Haltung ist gut!)

Das macht es so gefährlich, weil das Ihre implizite Haltung gegenüber der Presse­freiheit ist. Sie sind auf die Verfassung vereidigt und nicht auf Ihre Haltung! Diese haben Sie zu befolgen und nicht immer wieder weitere, darüber hinausgehende Schrit­te zu machen, um sich dann zu entschuldigen und sie zurückzunehmen, um dann wieder weitere Schritte machen zu können. Und wenn, dann waren es andere – das ist keine Entschuldigung! Es ist Ihre Haltung, die diese Republik vor ein Problem stellt. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz. – Ruf bei der FPÖ: Haltung! – Abg. Stefan: Ich bin so froh, dass wir einen Minister haben, der eine Haltung hat!)

Kommen wir ein bisschen zum BVT. Dort ist es ja dasselbe: Sie reizen den Rechts­staat aus bis zum Gehtnichtmehr und geben dann irgendwelche Antworten, dass ande­re dafür verantwortlich sind. Sie wollten eine schwarze Seilschaft im Innenministerium mit der blauen Kavallerie aushebeln. Sie haben das gewollt, niemand anderer! Nie­mand anderer wollte diese schwarze Seilschaft beseitigen. Mich wundert es ja, dass ich Sobotka verteidigen muss, denn so schlimm war er auch nicht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Das ist doch alles eine Haltung; und es kommt nicht von ungefähr, dass genau in Ihrem Ministerrat, im Ministerrat für Inneres auf europäischer Ebene ein rechter Recke die übrigen Minister vorführt – mit einer Aufnahme, mit einer Provokation eines ande­ren Ministers. Das ist eine Vorsitzführung, die eigentlich jämmerlich ist und auch eines


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Innenministers der Republik Österreich nicht würdig. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

Das ist natürlich alles in Ihrer Haltung begründet. Die Rechten dürfen alles: Sie dürfen filmen, andere Minister bloßstellen. Das ist alles normal. Sie führen Österreich mit die­ser Haltung international vor. Tun Sie doch dieser Republik einen Gefallen und gehen Sie von selbst! Das ist doch nicht mehr tragbar, was Sie da machen! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Gudenus: Die Wähler wählen und nicht Sie!)

Es ist ganz einfach so, dass Sie Innenminister nicht können, und das müssen Sie ein­mal einsehen. Sie können es nicht! (Abg. Belakowitsch: Wenn Sie es sagen!) Viel­leicht heuern Sie mit einer Pferdenummer irgendwo in einem Zirkus an, aber Sie kön­nen Innenminister nicht, Sie können das nicht, und das sollte man jetzt endlich - - (Abg. Rosenkranz: Sehr wohl kann er es! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich verstehe die Aufregung, aber ich will noch auf die Ausführungen des Kollegen Amon zu sprechen kommen. Ich bewundere ihn für das Zitat: „Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird.“ Das war die Drohung, die der Bun­deskanzler Ihnen über Amon ausgerichtet hat: Jetzt ist dann bald Schluss! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Ich finde, die Worte, die er dafür gefunden hat, hervorragend. Kollege Amon, ich schät­ze Ihre Reden überhaupt sehr, aber dieses Zitat so zu bringen, im Auftrag des Bun­deskanzlers Kickl jetzt einmal auszurichten, dass es das letzte Mal war, das finde ich wirklich herrlich. Das finde ich ja wirklich traumhaft, dass man innerhalb der Koalition mittlerweile draufgekommen ist, dass er nicht mehr tragbar ist, und man ihm das in den Worten Bertolt Brechts ausrichten lässt. (Abg. Gudenus: Das hätten Sie wohl gerne!) Das ist ein besonderes Zuckerl!

Also tun Sie dieser Republik einen Gefallen und gehen Sie von selbst! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

18.08

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Martha Bißmann. – Bitte.


18.09.05

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsi­dentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Es ist ja bekannt, dass ich einen Teil meiner Redezeit für Wortmeldungen aus der Bevölkerung zur Ver­fügung stelle. (Abg. Belakowitsch: Bitte nicht!) Es gibt auch jetzt zur laufenden Debat­te Wortmeldungen, und eine möchte ich vorlesen, und zwar jene von David S. aus Ti­rol. (Abg. Gudenus: Dr. Sommer, oder wie?)

Zur Dringlichen Anfrage betreffend „Frontalangriff des Innenministeriums auf die Pres­sefreiheit“ (Abg. Rosenkranz: Darf ich Ihnen auch einmal ein E-Mail schreiben?): Hier haben die FPÖ und ihre rechten Freunde in Europa schon gute Arbeit geleistet. Spä­testens jetzt sollten wir als österreichisches Volk aufwachen und sagen, dass hier eine Grenze überschritten wurde. Matthias Strolz hat es bereits richtig gesagt: Wer unsere Pressefreiheit einschränken will, der schränkt auch unsere Freiheit ein. (Ruf bei der FPÖ: Ist er von den NEOS?) Dass der Herr Innenminister wie immer nichts gewusst haben will und sich in die altbekannte Opferrolle flüchtet, ist beschämend und des Am­tes nicht würdig. Nach diversen Skandalen ist er für mich als Wähler jedenfalls spätes­tens jetzt rücktrittsreif. – Zitatende. (Abg. Belakowitsch: Er hat ihn sicherlich gewählt! – Abg. Rosenkranz: Hat er ihn gewählt?)

Warum habe ich nicht den vollen Namen dieses jungen Herrn genannt? – Weil er mir vor wenigen Minuten eine Nachricht geschrieben und mich gebeten hat, seinen Namen


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nicht zu nennen, mit folgender Begründung: Ich habe übrigens ein wenig Angst (Abg. Gudenus: Ui!), wenn mein voller Name genannt wird. In einem Land, in dem eine FPÖ in der Regierung sitzt und die Bevölkerung durchaus gespalten ist, habe ich da starkes Bauchweh. Bei Kritik an jeder anderen Partei wäre mir das egal, aber die FPÖ ist einfach radikal und viele der Wähler auch. – Zitatende. (Abg. Rosenkranz: Der dürfte ihn nicht gewählt haben!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das erfüllt mich wirklich mit großer Sorge. (Zwischen­ruf der Abg. Belakowitsch.) Lassen wir das doch einmal sacken! Die Worte dieses jungen Mannes aus Tirol bestätigen, was Kollegin Irmgard Griss in ihrer Rede vorhin aufgezeigt hat: Dass sich die Stimmung in diesem Land durch Schwarz-Blau ver­schlechtert hat (Ruf bei der FPÖ: Verbessert!), ist leider keine Hysterie. (Beifall bei Ab­geordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Gudenus: Gut vorgelesen! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

18.11


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hans-Jörg Jene­wein. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.11.25

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Al­so diese Debatte, bei der es am Anfang eigentlich so ausgesehen hat, als würde sich die Opposition jetzt langsam fangen, als hätte man endlich ein Herzensthema gefun­den, hat sich gegen Ende dann wieder in Nebel aufgelöst. Den absoluten Tiefpunkt – und das möchte ich schon auch in dieser Klarheit sagen – hat Frau Kollegin Griss heu­te hier abgeliefert. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Scherak: Danke!)

Eines sage ich Ihnen auch: Das Letzte, was dieses Haus braucht, und das Letzte, was diese Debatte braucht, sind Nazivergleiche, und dagegen verwahre ich mich und dage­gen sollte sich auch dieses Haus verwahren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Kollege Wittmann hat ein bissl Unterhaltungswert in die Debatte reingebracht, dafür kann man sich durchaus bedanken. Es war zumindest nicht mehr so langweilig wie der Rest, der von der Opposition – teilweise Vorlesungsübungen, die da abgehalten wur­den – gebracht wurde.

Auf eines ist Kollege Wittmann jedoch nicht eingegangen, genauso wenig wie Kollege Drozda, der ja ebenfalls Mediensprecher ist und jetzt ein neues Amt innerhalb der SPÖ innehat; Kollege Nehammer hat es schon zitiert, aber um es noch einmal in Erinnerung zu rufen: Da hat der Kommunikationschef des Bundeskanzlers – gemeint ist der da­malige Bundeskanzler Kern – ein E-Mail ausgesandt, das der APA vorliegt, und darin schreibt er interessante Geschichten zum Thema Boykott wegen des ORF-„Bürgerfo­rums“: Künftig „kein Besuch“ mehr in „der Pressestunde“. „ORF Radio sollten wir NICHT in diese Maßnahmen aufnehmen – teilen und herrschen wäre der Gedanke“. – Auch interessant: „teilen und herrschen wäre der Gedanke“. Mein absolutes Lieblingszitat aus diesem E-Mail ist dann aber: „entscheidend ist, dass wir das längerfristig durchhal­ten. Es bringt nichts, 2 Wochen rumzuzicken – Verhaltensänderungen produzieren wir nur durch Konsequenz.“

Herr Kollege Drozda, den ich ja persönlich durchaus schätze, war damals Medienmi­nister. Ich habe eigentlich nichts gehört, ich habe von keiner Dringlichen gehört, ich ha­be von keinen Misstrauensanträgen der Opposition, von den NEOS und so weiter ge­hört. Man ist einfach zur Tagesordnung übergegangen. Und heute, da nach Aussagen von Frau Griss offenbar zwei oder drei – oder ich weiß nicht, wie viele – E-Mails auf dem Tisch liegen, heute echauffiert man sich, man sieht das Abendland in Gefahr, man sieht die Demokratie im Untergang begriffen. Es ist eigentlich schändlich, was Sie aus


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dieser Debatte gemacht haben; das muss ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Aus diesem Grund möchte ich davor warnen, dass man sich dem Sturm der Entrüs­tung einfach annähert, dass man sich davon mitreißen lässt, denn die tatsächlichen Gegebenheiten und das, was tatsächlich in diesem E-Mail drinnen steht, wird natürlich von Ihnen interpretiert, und da zerreißen Sie sich den Mund darüber. (Abg. Rosen­kranz: Zwischen den Zeilen lesen sie, vor allem zwischen den Zeilen!) Tatsache ist, dass im besagten E-Mail festgehalten ist, dass alle Medien und Zeitungshäuser dieses Landes im gesetzlich dafür vorgesehenen Rahmen Informationen erhalten. Mehr ist dazu eigentlich nicht mehr zu sagen!

Schon ein wesentlicher Punkt ist aber, und erlauben Sie mir, das zu sagen, weil ich das immer wieder gerne in die Diskussion miteinbringe: Was nicht sein kann, ist, dass Medien, dass Journalisten als Unbelangbare gesehen werden. Wenn Sie mir das nicht glauben, glauben Sie es vielleicht einem De-facto-Parteifreund von Ihnen, einem Par­teifreund von Ihnen, zumindest sitzen Sie in einer gemeinsamen Fraktion im Europa­parlament. Universitätsprofessor Dr. Thomas Meyer von der Universität in Dortmund hat nämlich ein Buch mit dem Titel „Die Unbelangbaren“ geschrieben, das ich Ihnen gerne sozusagen als Nachtlektüre ans Herz legen würde. Er schreibt da nämlich ganz interessante Dinge, zum Beispiel: „Das journalistische System ist immun gegen (Selbst-)
Kri
tik. Jede Kritik kann unterdrückt, dekontextualisiert oder relativiert, mit Verweis auf die Pressefreiheit entkräftet oder als ,Medienschelte
abgetan werden.“

Gatekeeper, Anchormänner – wie auch immer Sie die bezeichnen wollen – wollen da­bei „entscheiden, was aus der unbegrenzten Fülle der Ereignisse und Veröffentlichungs­angebote [...] auf die öffentliche Bühne gelangt und in welchem Licht Ereignisse und Personen gezeigt werden“.

Genau das ist der Punkt! Und dieser Thomas Meyer ist nicht irgendjemand, sondern er sitzt in der Grundwertekommission der SPD. Vielleicht glauben Sie es ja ihm, wenn Sie es mir nicht glauben, denn mir, den Freiheitlichen, dem Innenminister wird ja gleich einmal unterstellt, wir möchten die Demokratie in diesem Land abschaffen. Wenn das Herr Thomas Meyer in seinem Buch formuliert, dann ist das auf einmal eine Selbstver­ständlichkeit, dann ist das ein Beitrag zur pluralistischen Debatte. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Mir ist klar, dass Sie diesen Innenminister kritisieren. Sie kritisieren - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen den Schlusssatz formulie­ren, denn die Redezeit Ihrer Fraktion ist ausgeschöpft; jetzt schalte ich Ihnen das Mi­krofon wieder ein.


Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (fortsetzend): Ja, ich komme zum Schluss­satz, Frau Präsidentin, wenn Sie mich ausreden lassen: Ich verstehe, dass Sie den In­nenminister kritisieren wollen, das ist mir ganz klar; er passt nicht in Ihr Weltbild. Das aber, was Sie hier aufführen, ist nichts anderes als Menschenhatz und -hetze, und ge­gen die verwahre ich mich. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.17

18.17.30


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr.in Krisper, Mag. Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres“ gemäß Art. 74 Abs. 1 des Bun­des-Verfassungsgesetzes.


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Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese auch ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens ge­genüber dem Bundesminister für Inneres“ gemäß Art. 74 Abs. 1 des Bundes-Verfas­sungsgesetzes.

Da auch dafür die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten erforder­lich ist, stelle ich diese abermals fest.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Misstrauensantrag ausspre­chen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.18.547. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 52/A(E) der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend verteilungsgerechte Budget­politik (260 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


18.19.41

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Wir diskutieren einen Antrag, der vor fast einem Jahr, es war im Dezember letzten Jahres, von mir und den Sozial­demokraten hier im Haus eingebracht wurde.

Der lautet erstens: „Die Bundesregierung wird aufgefordert bei der Umsetzung des Re­gierungsprogrammes dafür Sorge zu tragen, dass eine verteilungsgerechte Budget­politik hinsichtlich Einkommen und Vermögen das Wohl aller Einkommensgruppen be­rücksichtigt [...].“

Auf Deutsch: Bei der Umsetzung des Regierungsprogrammes soll man darauf achten, dass Bezieher niedriger Einkommen genau so wie Bezieher hoher Einkommen behan­delt werden, dass es da keine Vor- oder Nachteile für die eine oder für die andere Grup­pe gibt.

Das Zweite: dass „die notwendige Ökologisierung des Steuersystems vorgenommen“ wird. Wir alle wissen, wir stehen vor der Jahrhundertherausforderung Klimawandel, und wir wissen, dass wir unser Steuersystem daran anpassen müssen.

Das Dritte, das da steht, ist, dass „eine ungleiche Verteilung von Vermögen vermieden“ werden soll, sprich, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter auseinan­dergehen soll.

Das Vierte, das da steht, ist, dass die Steuern auf Arbeit gesenkt werden sollen, weil wir einerseits im internationalen Vergleich viel zu hohe Steuern haben und andererseits Kapital und Vermögen in Österreich deutlich geringer als in fast allen vergleichbaren Staaten besteuert sind. Das heißt, man soll da senken und moderat ausgleichen, um die Aufgaben des Staates zu finanzieren.

Diese vier Vorschläge wurden gemacht, ich habe den Beschlusstext quasi zur Gänze vorgelesen.


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Jetzt passiert Folgendes: Die Regierungsparteien beginnen offenbar nachzudenken (Beifall bei der SPÖ) und denken monatelang nach. Ich weiß gar nicht, wie oft der An­trag vertagt wurde – wir haben ihn schon öfter zur Debatte gestellt, ein-, zwei-, drei-, viermal, ich weiß es ehrlich gesagt nicht –, ohne eine inhaltliche Debatte durchzufüh­ren; wahrscheinlich hat man nachgedacht. Bei der letzten Sitzung hieß es – ebenfalls ohne Debatte –: Wir lehnen ihn ab, denn die Debatte führen wir ja eh im Plenum und es ist müßig, sie im Ausschuss zu führen, wir machen es gleich jetzt!

Ich verstehe eigentlich nicht, wie man so einen Antrag ablehnen kann, der darauf ab­zielt, dass bei der Budgetumsetzung, bei der Umsetzung des Regierungsprogrammes alle unterschiedlichen Einkommensgruppen und die Ökologisierung des Steuersystems berücksichtigt werden, dass man darauf achtet, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter auseinandergeht und dass man die Steuern und Abgaben auf Arbeit senken soll. Ich weiß nicht, wieso das heute abgelehnt wird, und bin gespannt, was aus dieser mehrmonatigen Nachdenkphase quasi herausgekommen ist.

Für die Zuschauer (ein Schriftstück in die Höhe haltend): Das ist der Beschlusstext, über den man fast ein Jahr nachdenken musste. Ich bin gespannt, was herausgekom­men ist. Wir stehen zu diesem Antrag, wir halten ihn für richtig. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.23


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Andreas Han­ger. – Bitte.


18.23.09

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Herr Kollege Krainer, es gibt einen ganz einfachen Grund, wieso wir den Antrag ablehnen: der liegt in der Be­gründung. Sie schreiben da am Anfang: „Die budgetpolitische und steuerpolitische Rich­tung der ÖVP/FPÖ Regierung beschränkt sich auf Steuergeschenke für die Konzerne, Hoteliers, Miethausbesitzer und Großgrundbesitzer.“

Herr Kollege Krainer, ich schreibe Ihnen das ins Stammbuch: Das ist klassenkämpfe­risch, das ist sachlich falsch und populistisch. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich werde auch begründen, wieso das so ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Offensichtlich haben Sie das Regierungsprogramm nicht gelesen, denn es ist das er­klärte Ziel, die Abgabenquote Richtung 40 Prozent zu senken. Wir sind ganz einfach davon überzeugt, dass weniger Steuern mehr Freiheit für den Einzelnen bedeuten, und das ist ein Wert, der uns ganz wichtig ist.

Offensichtlich waren Sie auch in den letzten Monaten ganz wenig im Hohen Haus und haben die Beschlüsse nicht mitbekommen. Ich möchte Ihnen ein paar noch einmal in Erinnerung rufen. Ich beginne einmal mehr mit dem Familienbonus Plus. Ab dem 1. Jän­ner 2019 zahlen knapp eine Million Familien in Österreich weniger Steuern, 1,6 Mil­lionen Kinder werden davon profitieren. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Ich habe mir das zum Beispiel für meinen Wahlkreis angeschaut: Im Bezirk Amstetten sind das 21 500 Familien, im Bezirk Scheibbs 7 600 Familien, in der Statutarstadt Waidhofen an der Ybbs 2 050 Familien und im Bezirk Melk 13 800 Familien.

Was für meinen Wahlkreis gilt, gilt natürlich für ganz Österreich: Das ist die größte fa­milienpolitische Entlastung, die es in der Zweiten Republik gegeben hat (Beifall bei ÖVP und FPÖ) – da kann man, glaube ich, wirklich applaudieren –, und adressiert nicht jene Zielgruppe, die Sie in Ihrem Antrag nennen.

Ein zweiter Beweis dafür, dass Ihre Begründung ganz einfach nicht stimmt, ist die Sen­kung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Die adressierte Gruppe verdient zwischen


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1 380 Euro brutto bis 1 950 Euro brutto; das sind mit Sicherheit keine Großverdiener (Zwischenruf des Abg. Loacker), das möchte ich schon auch einmal sagen, denn mit 1 600 Euro brutto durchs Leben zu gehen, das wissen wir alle, ist nicht ganz einfach. Diese Gruppe zu entlasten es geht um die Senkung der Arbeitslosenversicherungs­beiträge  ist uns ganz einfach wichtig, und das adressiert auch nicht jene Gruppe, von der Sie gesprochen haben.

Zum Dritten: Offensichtlich haben Sie auch nicht mitbekommen, dass die Regierung längst eine große Steuerreform angekündigt hat. Es geht dabei zum einen natürlich um eine Vereinfachung des Steuersystems, aber es geht auch um eine Tarifreform für alle, die Einkommensteuer zahlen, und für alle, die Lohnsteuer zahlen, denn das Ziel ist na­türlich, dass alle Österreicherinnen und Österreicher weniger Steuern zahlen. Das ist schon ein Wert, der enorm wichtig ist.

Zum Vierten – das hängt zwar nur indirekt mit der Steuerpolitik zusammen, das möchte ich schon auch dazusagen –: Wie geht die Regierung mit dem Thema Pensionserhö­hungen um? – Es braucht, glaube ich, auch einen genaueren Blick darauf. Die Be­schlussfassung im Parlament steht ja noch an, aber erstmals seit elf Jahren liegen die Pensionserhöhungen im ASVG-Bereich jetzt deutlich über der Inflationsrate. Ganz be­sonders ist dabei, dass die niedrigeren Pensionen stärker als die mittleren und die ho­hen erhöht werden; ab 1 150 Euro wird eingeschliffen, und ab der Höchstbeitrags­grundlage geht es um einen Fixbetrag, also relativ gesehen werden diese am gerings­ten erhöht. (Abg. Loacker: ... Anreiz, weniger zu arbeiten!)

Genau das ist der entscheidende Zugang: Wir müssen die niedrigen und mittleren Pen­sionen stärker erhöhen als die hohen. Ganz wichtig ist: Das Schönste an diesen Ent­lastungen ist, dass wir das ohne neue Schulden machen; das ist eigentlich das Beson­dere, das habe ich schon bei der Diskussion über den Bundesrechnungsabschluss recht interessant gefunden. Fast ein Wunder, oder?

Alle haben gesagt, 2017 hat es einen Nettofinanzierungsbedarf gegeben, trotzdem ist aber der Schuldenstand zurückgegangen. Wie geht das? – Das geht natürlich nur buchhalterisch, denn dazumal, als die Staatsbanken verstaatlicht wurden, hat man die Schulden in den Schuldenstand aufgenommen. Als dann die Erlöse über die Abbauein­heiten gekommen sind, hat man natürlich den Schuldenstand reduziert, aber ganz klar ist: Wirklich Schulden abbauen werden wir erst ab dem Jahr 2019.

Noch ein Wort zur Verteilungsgerechtigkeit: Wir bekennen uns natürlich auch zur Ver­teilungsgerechtigkeit, wir bekennen uns zur Solidarität. Faktum ist ja auch, dass 50 Pro­zent der Einkommensbezieher 90 Prozent der Einkommensteuerlast bezahlen. Klar ist auch, dass das untere Drittel der Einkommensbezieher 60 Prozent der Transfers be­kommt.

Natürlich bekennen wir uns zu einer Solidargemeinschaft, aber wir dürfen auch nie die­jenigen vergessen, die unser System tragen, die unser System finanzieren, das ist ganz wesentlich für unsere Gesellschaft. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Bruno Ross­mann. – Bitte.


18.28.13

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zu dem Antrag betreffend „verteilungsgerechte Budgetpolitik“ kann ich stehen, dem kann ich viel abgewinnen. Ich vertrete eine verteilungsgerechte Budgetpolitik, seit ich in die­sem Haus bin, und habe dazu viele Anträge eingebracht.


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Ich habe dazu viele Vorschläge gemacht, aber sie wurden von den Regierungsparteien immer wieder niedergestimmt, natürlich immer wieder auch – und das muss ich jetzt der SPÖ schon zum Vorwurf machen – von der SPÖ. Die SPÖ war zehn Jahre in Re­gierungsverantwortung und hat vieles Richtige von dem, was da drinnen steht, halt nicht umgesetzt.

Natürlich haben wir letztes Mal im Budgetausschuss eine Debatte darüber gehabt, ich habe mich in dieser Ausschusssitzung sehr stark eingesetzt. Meines Erachtens hat es seitens der Regierungsfraktionen, insbesondere von der ÖVP, ziemlich lächerliche oder falsche Argumente gegeben. Kollege Hanger, Sie haben zum Beispiel gesagt, die Arbeitslosenversicherungsbeiträge entlasten die unteren Einkommen. – Das tun sie definitiv nicht, denn die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei Gehältern bis 1 381 Euro Bruttomonatseinkommen bringt genau für jene Menschen null; das sind mehr als ein Drittel aller Einkommensbezieher. Da können Sie nicht sagen, das entlas­tet die unteren Einkommen.

Auch beim Familienbonus ist es so, dass es eine Umverteilung vom unteren Einkom­mensdrittel ins mittlere und obere Einkommensdrittel gibt. Von Verteilungsgerechtigkeit kann daher keine Spur sein.

Sie haben die Steuerreform der Regierung angekündigt: Auch da kann von Vertei­lungsgerechtigkeit keine Rede sein. Es wird betont, dass eine Tarifsenkung für die un­teren Tarifstufen gemacht werden soll, die der beiden unteren Stufen sollen gesenkt werden. Das aber bedeutet natürlich, dass die oberen Einkommen deutlich stärker ent­lastet werden als die unteren. Menschen, die gar keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen, werden nach Ihren Plänen gar nicht entlastet. Das sind immerhin 2,8 Millionen Menschen in diesem Lande.

Was mich stört, das betrifft das nächste Argument von Frau Kollegin Winzig, die ge­meint hat, es wurden jene entlastet, die bereits belastet waren. Sie argumentieren im­mer nur mit der Lohn- und Einkommensteuer, ich schaue mir aber immer alle Steuern einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge an. Frau Kollegin Winzig, wenn Sie das tun und sich anschauen, wie die Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen und -abgaben ist, dann sehen Sie, dass die unteren Einkommen mehr oder weniger gleich stark belastet sind wie die oberen Einkommen.

Wir haben in Österreich mehr oder weniger eine Flattax, das ist so, und das ergibt sich daraus, dass wir zwar ein progressives Einkommensteuersystem haben, diese Pro­gressivität wird aber durch die vielen Verbrauchssteuern, die wir in Österreich haben, und durch die Höchstbeitragsgrundlage in der Sozialversicherung abgeschliffen. Das bedeutet also nichts anderes, als dass zwar die Bezieherinnen und Bezieher der un­teren Einkommen wenig oder keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen, dafür aber sehr viele Verbrauchssteuern und Sozialversicherungsbeiträge.

Ich würde mir wünschen, dass wir hier, in diesem Hohen Haus, und auch im Budget­ausschuss endlich eine ehrliche und sachliche Debatte über diese Sachverhalte führen und auf deren Basis dann politische Entscheidungen treffen.

Ich bin überzeugt davon, dass politische Entscheidungen dann ganz anders als jetzt, da lediglich mit Vorurteilen und falschen Behauptungen argumentiert wird, ausfallen würden. Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der NEOS.)

18.32


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Her­mann Brückl. – Bitte.


18.32.42

Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsse­kretär! Geschätzte Damen und Herren dieses Hauses! Ein Budget ist in Zahlen gegos-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 188

sene Politik. Wer es lesen kann, erkennt darin auch die programmatische Ausrichtung einer Bundesregierung.

Das ist hier nichts Neues, ich verrate Ihnen hier kein Geheimnis, aber diese program­matische Ausrichtung, die die derzeitige Bundesregierung hier eingeleitet hat, ist halt einfach eine andere, als sie es noch vor einem Jahr gewesen ist, als die Sozialdemo­kraten noch an der Regierung waren.

Dass das der SPÖ nicht schmeckt, ist verständlich. Was aber nicht verständlich ist, Herr Kollege Krainer, ist Ihr Antrag, der nur so vor Polemik strotzt. Mein Vorredner, Kollege Hanger, hat bereits einiges daraus zitiert: Da ist von Steuergeschenken für Konzerne, von Steuergeschenken an Hoteliers, an die Großspender der ÖVP die Rede, und zum Abschluss der Begründung heißt es dann noch, die wesentlichen Pro­bleme der Budget- und Steuerpolitik werden indessen nicht einmal angesprochen.

Wissen Sie, was das wirklich große Budgetproblem ist, das wir in Österreich haben? – Das ist diese ganz hohe Steuer- und Abgabenquote, die wir haben. Sie, Kollege Krai­ner, haben heute in einer Rede bereits erwähnt, dass die Abgaben- und Steuerquote am höchsten unter der schwarz-blauen Regierung, der Regierung Schüssel, im Jahr 2000 war.

Ja, das stimmt, mit 43,8 Prozent war sie zum damaligen Zeitpunkt am höchsten, nur das war auch der Zeitpunkt, als die Sozialdemokraten nach drei Jahrzehnten in der Regierung in Österreich abgewählt wurden. Dafür, dass wir diese hohe Steuerquote hatten, waren Sie verantwortlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Übrigen ist die Steuerquote anschließend gesunken. Wissen Sie, wie lange? – Ge­nau so lange, bis wieder sozialdemokratische Bundeskanzler an der Macht waren. Im Jahr 2015 unter Bundeskanzler Faymann lag sie wiederum bei 43,8 Prozent. Also Sie sind durchaus für diese hohe Steuerquote, die wir im Land haben, verantwortlich.

Diese hohe Steuerquote ist auch ganz, ganz wichtig im Zusammenhang mit Ihrem An­trag, denn Sie fordern Umverteilung, und Umverteilung ist etwas, wofür wir einfach nicht stehen. Wir wollen Gerechtigkeit, aber wir wollen nicht Umverteilung, denn Um­verteilung bedeutet hohe Steuern, aber es bedeutet auch, dass die Menschen unfreier sind, dass sie sich weniger Eigentum schaffen können. Das ist aber für uns ganz wich­tig, denn Eigentum ist Ausdruck von Freiheit und gibt auch Sicherheit, vor allem im Al­ter (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP), das setzen wir voraus, das ist für uns einfach wichtig.

Dass die Bundesregierung die Menschen entlasten will, ist nichts Neues – und das wird sie auch. Ich erinnere nur an den Familienbonus, 950 000 Familien, 1,6 Millionen Kinder, bis zu 1 500 Euro im Jahr. Ich erinnere daran, dass die Mindestpensionen end­lich auf 1 200 Euro erhöht werden, wir werden die niederen Einkommen entlasten. Da liegt einfach der Unterschied zu früheren Regierungen, uns geht es, wie gesagt, um Ge­rechtigkeit und nicht um Umverteilung.

Diese Bundesregierung hat sich im Übrigen auch zum Ziel gesetzt – Sie können das im Regierungsprogramm ja nachlesen –, den Sozialstaat vor Missbrauch zu schützen. Es geht uns darum, staatliche Bevormundung zu beenden, wir wollen einfach den Bürgern und den Menschen bei uns im Land in Hinblick darauf, dass sie mehr und besser Ein­fluss darauf nehmen können, wofür sie ihr Geld ausgeben wollen, mehr Spiel- und Ge­staltungsraum lassen.

Wir stärken natürlich auch den Wirtschaftsstandort Österreich. Wir werden den Faktor Arbeit entlasten, weil wir einfach für ein zukunftsfittes Österreich stehen. Im Übrigen zielt der Antrag der SPÖ auch deswegen ins Leere, weil aus dem vor Kurzem erschie­nenen IWF-Länderbericht ganz klar Folgendes hervorgeht: Einkommensungleichheit und Armut sind in Österreich gering.


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Abschließend, liebe SPÖ, liebe Opposition: Diese türkis-blaue Regierung vollzieht ei­nen politischen Wertewandel in unserem Land, der auch in der Budget- und Finanz­politik seinen Ausdruck findet. Die Senkung der Steuer- und Abgabenquote ist etwas, das dabei ganz, ganz wichtig ist, das ganz, ganz oben auf der Agenda steht.

Wir wollen, dass die Menschen eigenverantwortlich sind, wieder mehr Eigenverantwor­tung erhalten. Wir wollen, dass die Menschen freier sind. Diese Politik – und das sage ich Ihnen hier als Freiheitlicher – ist auf Langfristigkeit ausgelegt, auch mit der klaren Ansage – das ist unser Ziel : Wir sind gekommen, um zu bleiben! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.37


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Krainer zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.37.53

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der Abgeordnete Brückl hat soeben behaup­tet, dass die Steuer- und Abgabenquote im Jahr 2000 die höchste gewesen wäre und diese von der SPÖ hinterlassen worden wäre.

Ich berichtige tatsächlich: Die Steuer- und Abgabenquote, die die SPÖ hinterlassen hat, war niedriger. 2001 – da war schon lange kein Roter mehr irgendwo in der Nähe der Regierungsbank – ist die Steuer- und Abgabenquote auf 45 Prozent gestiegen und hat den Wert von 2000 nicht einmal mehr annähernd erreicht.

Sie haben auch noch behauptet, dass sie unter Faymann im Jahr 2015 denselben Wert erreicht hätte. Da muss ich auch tatsächlich berichtigen: Da war über 1 Prozent Abstand. Den Rekord, für die höchste Steuer- und Abgabenquote, der bleibt Ihnen, als FPÖ – Grasser war damals FPÖ-Minister –, der ist in Wahrheit unerreichbar.

Das heißt, die Partei, die für hohe Steuern steht, ist die Freiheitliche Partei. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38

18.38.55*****


Präsidentin Doris Bures: Ich habe mir, wie angekündigt, das Vorläufige Stenographi­sche Protokoll kommen lassen, das mir nun vorliegt.

Ich habe als erste Wortmeldung die Aussage des Herrn Abgeordneten Karl Neham­mer, der – gerichtet an Herrn Abgeordneten Dr. Pilz – gesagt hat: „Ich glaube, Sie den­ken keine Sekunde daran, dass die Opfer Ihrer sexuellen Übergriffe diese Parlaments­debatte verfolgen, das sehen [...]“. Das ist eindeutig eine Unterstellung einer straf­rechtswidrigen Handlung, und daher erteile ich dafür einen Ordnungsruf.

Als Zweites habe ich das Protokoll über die Aussage des Herrn Abgeordneten Dr. Noll, gerichtet an den Herrn Innenminister, mit der Formulierung, „dass der kleinste Innen­minister dieser Republik bisher den größten Schaden für diese Republik provoziert hat.“ – Das ist eine persönlich verunglimpfende Formulierung. Auch dafür erteile ich ei­nen Ordnungsruf.

*****

Ich lade wirklich alle ein – jetzt haben wir wieder eine Debatte, in der sich auch alle Ab­geordneten daran halten –, dass wir darauf achten, dass wir, bei allen unterschiedli­chen Argumenten, politischen Zielsetzungen und Meinungen, die Würde des Hauses achten und einander auch respektieren.

Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Mag. DDr. Hubert Fuchs. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 190

18.40.29

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen MMag. DDr. Hubert Fuchs: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Zum Antrag ist ein­mal grundsätzlich anzumerken, dass die einleitende Feststellung im Antrag, das Regie­rungsprogramm beschränke sich auf „Steuergeschenke für die Konzerne, Hoteliers, Miethausbesitzer und Großgrundbesitzer“ zulasten von Menschen mit niedrigen Ein­kommen, nicht nachvollziehbar und auch falsch ist. Die Bundesregierung bekennt sich im Regierungsprogramm insbesondere zu einer raschen Entlastung von der Lohn- und Einkommensteuer sowie zur Entlastung von Familien im Besonderen – nachzulesen im Regierungsprogramm auf Seite 125 folgende. Das heißt, die Antragsteller haben das Regierungsprogramm nicht wirklich ernsthaft gelesen.

Erste große Schritte wurden bereits mit dem Familienbonus Plus gesetzt; wir haben es schon gehört. Ebenfalls bereits umgesetzt wurde die Senkung der Arbeitslosenversi­cherungsbeiträge für niedrige Einkommen. Wenn Herr Klubobmann Rossmann meint, diese waren früher schon bis 1 381 Euro befreit: Ja, Sie haben recht, aber wir haben hier weitere Entlastungsschritte für Einkommen bis 1 948 Euro gesetzt, und das ist ei­ne Entlastung! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Rossmann: Das sind ja keine unte­ren Einkommen!)

Der nächste Schritt wird die Steuerentlastungsreform 2020 sein. Ziel dieser Steuerent­lastungsreform ist neben einer Steuerstrukturreform eben auch eine Senkung der Steu­er- und Abgabenquote auf mindestens 40 Prozent durch eine Tarifreform, wodurch ins­besondere die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen entlastet werden. Eine Steu­erreform kann eben nur diejenigen entlasten, die vorher Einkommensteuer bezahlt ha­ben!

Wenn Sie, Herr Abgeordneter Rossmann, immer behaupten, jeder bezahlt Umsatz­steuer: Ja, Sie haben recht, aber was ist die Konsequenz? Sollten wir die Umsatzsteu­er abschaffen? Sollten wir jedem Kind eine Steuergutschrift erteilen? – Sie wissen nicht, wie man eine Steuerreform gestaltet, weil Sie auch diejenigen von der Einkom­mensteuer entlasten wollen, die keine Einkommensteuer zahlen, und das ist schlicht­weg unmöglich, ohne unser Steuersystem zu ruinieren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Rossmann.)

Weil immer die Transferleistungen angesprochen werden: Österreich ist im internatio­nalen Vergleich spitze bei den Sozialausgaben. Das zeigt auch, dass die Umverteilung in Österreich weitaus besser funktioniert als anderswo. Negativ ist aber, dass das mit einer Spitzensteuerleistung erkauft wird und auch die Leistungsbereitschaft senkt. Es ist wenig motivierend, die Höhe von Ersatzeinkommen nahezu gleich hoch zu belassen wie das auf dem Markt erzielbare Einkommen. Damit kommt es eben zu kostspieligen Verzerrungen der Anreizstrukturen.

Die Treffsicherheit der Sozialleistungen ist daher zu verbessern und zu erhöhen, und die Anstrengungen zur Eigenvorsorge müssen sich wieder lohnen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte.


18.44.12

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatsse­kretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hanger hat gesagt, es liegt an der Be­gründung, warum der Antrag abgelehnt wurde. – Dabei haben wir am 21.12., als Kolle­ge Krainer diesen Antrag eingebracht hat, gar nicht gewusst, dass Sie Maßnahmen setzen werden, die diesen Antrag auch wirklich begründen, aber wir haben es geahnt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 191

Zum Beispiel: Abschaffung der Förderung von 20 000 Arbeitsplätzen für Langzeitar­beitslose über 50 Jahre; das ist abgeschafft worden. Oder: Auslaufenlassen und Ab­schaffen von Integrationsmaßnahmen, Integration vom ersten Tag an. Das haben wir noch gar nicht gewusst! Das haben Sie mit einem Rundrufbeschluss einfach abge­schafft. Also ist dieser Antrag schon laut Begründung zu Recht eingebracht worden.

Aus den Redebeiträgen der Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien habe ich überhaupt nicht verstanden, warum Sie gegen die Ökologisierung des Steuersystems sind. Warum sind Sie es? Warum sind Sie weiterhin für die ungleiche Verteilung von Vermögen? Und: Warum sind Sie gegen die Verteilung der Steuerleistung? – Ver­ständlich ist es nicht. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Das ist ein wirklich sehr guter Antrag, und zu Ihrem Lieblingsprojekt, dem Reiche-Fa­milien-Bonus, muss man wirklich schon auch Folgendes sagen: Es führt nicht nur da­zu, dass Besserverdienerinnen und ‑verdiener einen Bonus bekommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dagegen habe ich nichts, glauben Sie mir, dagegen habe ich nichts.

Ich stelle mir aber immer wieder die Verkäuferin in der Bäckerei vor. (Abg. Haider: Jetzt haben Sie ein Herz für die Verkäuferin!) Der Besitzer der Bäckerei bekommt für zwei Kinder 3 000 Euro Bonus. (Abg. Haider: Jahrelang haben Sie sie vergessen!) Die Verkäuferin in der Bäckerei bekommt 500 Euro für zwei Kinder. Es sind zwei Kinder in der Familie der Verkäuferin und zwei Kinder in der Familie des Besitzers. (Zwischenru­fe bei der FPÖ.) Warum sind die Kinder der Verkäuferin in der Bäckerei für Sie nicht gleichwertig mit jenen des Besitzers? (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, das sind 68 Cent pro Tag, die die Verkäuferin in der Bäckerei bekommt. Für uns ist es ganz wichtig, anzumerken, dass die Verteilung insbesondere für die Kin­der wirklich sehr schmerzhaft ist. Dass Sie das so übers Herz bringen und sagen: Nein, es gibt keine Gleichheit, die Besitzer kriegen es voll ausgeschöpft, die, die am wenigs­ten verdienen, kriegen für ihre Kinder wirklich 68 Cent!, das finden wir auf keinen Fall in Ordnung.

Wir werden den Antrag adaptieren, weil wir schon wissen, was 2020 auf uns zu­kommt – der Herr Staatssekretär hat es angekündigt –, da erhoffe ich mir wirklich auch für die unteren Einkommen eine ordentliche Entlastung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.


18.47.59

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich habe nicht viel Zeit: Wenn man über verteilungsgerechte Steuerpolitik sprechen will, dann ist das jetzt, glaube ich, auch ein relativ lockerer Anlass, es vielleicht wie ein Au­toquartett zu spielen. Ich möchte Ihnen kurz die Steuereinnahmen von Juli 2017 bis Juli 2018 als Vergleich vorlesen, damit auch die Bürgerinnen und Bürger zu Hause vor den Bildschirmen wissen, worum es geht – quasi eine Zwischenbilanz –:

Lohnsteuer: 950 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,

Körperschaftsteuer: 462 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,

Kapitalertragsteuer: 268 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,

veranlagte Einkommensteuer: 265 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,

Stiftungseingangssteuer: 39,3 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,

Umsatzsteuer: 513 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,

Tabaksteuer: 25 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,


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Biersteuer: 1,5 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,

Alkoholsteuer: 5,2 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,

Schaumweinsteuer: eine halbe Million mehr als letztes Jahr,

Energieabgabe: 30,2 Millionen Euro mehr als 2017,

Mineralölsteuer: 15,4 Millionen Euro mehr als 2017,

Kraftfahrzeugsteuer: 600 000 Euro mehr als letztes Jahr,

motorbezogene Versicherungssteuer: 11,9 Millionen Euro mehr als letztes Jahr,

Versicherungssteuer: 29,5 Millionen Euro mehr,

Grunderwerbsteuer: 58 Millionen Euro mehr,

NoVA: 33 Millionen Euro mehr,

Altlastenbeitrag: 16,8 Millionen Euro mehr,

Glücksspielabgabe: 17 Millionen Euro mehr,

Kunstförderungsbeitrag: 900 000 Euro mehr und

897 Millionen Euro an Gebühren und Verwaltungsabgaben wurden auch schon einge­hoben.

Das sind Rekordeinnahmen für den Staat. Und jetzt erzählen Sie mir, warum keine Lohnnebenkostensenkung und keine Abschaffung der kalten Progression möglich sind – das wollen wir jetzt wissen! (Beifall bei den NEOS.)

18.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Stö­ger. – Bitte.


18.50.22

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer zahlt in Österreich Steuern? – Es zahlen Steu­ern: Arbeiter, Angestellte und Beamte; die, die es sich auf dem Lohnzettel nicht selber richten können, und die zahlen 80 Prozent der gesamten Steuerlast. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Wenn wir das so sehen – und selbst Schellhorn hat es deutlich gemacht –: Die Steuern fließen derzeit sehr gut! 27 Milliarden Euro an Steuern kommen an Lohnsteuer herein. 29 Milliarden Euro kommen an Umsatzsteuer herein, die wieder jene zahlen, nämlich die Arbeiter, die Angestellten und vor allem die kleinen Beamten.

Da stellt sich die Frage: Wer zahlt in Österreich keine Steuern? – Keine Steuern zahlen Vermögende oder Erbende großer Erbschaften. Die zahlen in Österreich keine Steu­ern. (Ruf bei der FPÖ: Und das nach Jahrzehnten sozialistischer Bundeskanzler, gell!) Das hat mit Gerechtigkeit ganz wenig oder gar nichts zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann gibt es einen Finanzminister, der bei der ersten Reise nach Brüssel nichts an­deres zu tun hat, als jene zu entlasten, die sich international der Steuer entziehen, nämlich die sogenannten Steuermenschen, die in Steueroasen ihre Unternehmen ha­ben (Abg. Haubner: Steuermenschen?), jene Menschen, die an dem nicht teilnehmen, was ein gesamter Staat auch braucht. Dort hat der Finanzminister den Beitrag ge­leistet, dass zum Beispiel Panama von der Liste der Steueroasen wegkommt. (Abg. Haubner: Steuermenschen sollen Steuern zahlen!)

Was heißt das: eine gerechte Steuerpolitik? – Gerechte Steuerpolitik heißt, Menschen Unterstützung zu geben, die sie ganz dringend brauchen. Kinder brauchen Unterstüt-


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zung. Wenn wir davon ausgehen, dass alle Kinder gleich viel wert sind, dann muss der Staat jedem Kind die gleiche Chance geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch dann, wenn wir wollen, dass Menschen, die Pflege und Betreuung brauchen, ent­sprechende Mittel zur Verfügung haben, müssen wir etwas tun. Daher haben wir immer gesagt, wir wollen Pflege- und Betreuungsleistungen auch über eine gerechte Steuer finanzieren, und die entsprechenden Vorschläge gemacht. Das ist gerechte Steuerpoli­tik!

Herr Abgeordneter Hanger! Wenn es nur um die ersten zwei Sätze geht, die in der Be­gründung falsch sind: Im Parlament ist es üblich, dass wir den Antrag beschließen. Wir können Folgendes tun: Wir streichen die ersten zwei Sätze der Begründung, und ihr beschließt den Antrag heute mit! – Ich fürchte nur, ihr werdet das nicht tun, weil ihr gegen eine gerechte Steuerpolitik auftretet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.53


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.


18.53.41

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Auf den Populismus dieses Antrages will ich gar nicht weiter eingehen, bin aber persönlich schon ein bisschen betroffen, wenn da steht: „Steuergeschenke für die Konzerne, Ho­teliers, Miethausbesitzer und Großgrundbesitzer.“ – Da fühle ich mich zumindest als Hotelier und Wirt einigermaßen betroffen. Da sollte sich eigentlich auch Kollege Schell­horn betroffen fühlen, denn ich glaube auch, dass wir gerade in diesem Tourismusland viel leisten, unsere Kolleginnen und Kollegen wahnsinnig viel in ihren Betrieben drau­ßen leisten. Sie dann so zu denunzieren, das finde ich arg! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn Sie dann schreiben, zahlen sollen das die Notstandshilfeempfänger und die Be­zieher der Mindestsicherung, dann sage ich: Ja, wir haben ein Problem bei der Min­destsicherung! 308 000 Österreicher beziehen Mindestsicherung, davon 175 000 allein in Wien. Das heißt, jeder neunte Wiener bezieht Mindestsicherung!

Über den Nachlass bei der Arbeitslosenversicherung und auch den Familienbonus wur­de schon gesprochen. Ich verstehe aber etwas nicht: Wenn ich heute zwei Kinder ha­be und bis 3 000 Euro brutto verdiene, dann zahle ich keine Lohn- und Einkommen­steuer mehr; aber diejenigen, die 10 000 Euro brutto verdienen, zahlen immerhin noch 7 000 Euro!

Österreich verteilt in vielen Bereichen als Sozialstaat massiv um. Da gibt es diesen Gi­ni-Koeffizienten, da sind wir in der Umverteilung besser als die Deutschen. Allein die Tatsache, dass 98 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen vom KV betroffen oder erfasst sind, zeigt, dass sie vom Mindestlohn erfasst sind. Wir sind mit der Durch­dringung des KVs in Europa die Spitze und beim Mindestlohn mit 1 500 Euro nach Lu­xemburg die Nummer eins, bei der Altersversicherung – 13,7 Prozent vom BIP – an der fünften Stelle; und das geht so weiter.

Sie glauben ja unsere Zahlen doch nicht. Dann würde ich Ihnen empfehlen, Herr Krai­ner: Nehmen Sie den internationalen Gleichheitsmonitor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln! Dieser vergleicht Länder nach deren Bedarfschancen, Leistungsre­geln und Generationsgerechtigkeit, und hier liegt Österreich auf Platz fünf.

Österreich ist also eines der sozialsten Länder auf diesem Kontinent, auf dem so­zialsten Kontinent der Welt! Sie wissen, 7 Prozent der Europäer verdienen 50 Prozent aller Sozialleistungen und konsumieren diese auch. Ich glaube schon, wir sollten von der Ideologie zur Sachlichkeit kommen.

31 Prozent, also rund 110 Milliarden Euro, ist unsere Sozialquote. Auch beim Sozial­budget liegen wir an der Spitze. Wenn man die gestiegene Lebenserwartung an-


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schaut – seit 1980 ist sie um zwölf Jahre gestiegen –, dann gibt das, denke ich, auch Zeugnis davon, dass es uns Österreichern gut geht. Ich sehe auch ein, ein leistungsfä­higer Sozialstaat ist unbestritten ein wichtiger Standortvorteil, und deshalb glaube ich, dass wir hier gut auf dem Weg sind.

Schauen wir uns aber die Aufteilung des Bruttosozialprodukts Österreichs, also der Wirtschaftsleistung, an – 370 Milliarden Euro in diesem Jahr –: 170 Milliarden Euro an Löhnen zahlen Arbeitgeber oder liefern Arbeitgeber ab, sie verrechnen das, machen das gratis – Herr Stöger, das sollten Sie vielleicht auch einmal wertschätzen! –, zahlen weitere 43 Milliarden Euro an Arbeitgeberbeiträgen. Wenn Sie die 110 Milliarden Euro dazurechnen, bleiben gerade noch 55 Milliarden Euro für den Betrieb des Staates.

Österreich – Kollege Schellhorn hat recht – hat eine der höchsten Steuer- und Abga­benquoten weltweit – das bedauern wir; der Herr Staatssekretär hat ja bereits ange­führt, dass wir das ändern wollen –, wir haben aber auch eine der höchsten Pro-Kopf-Verschuldungen in der Europäischen Union. Seien wir froh, dass wir derzeit gute Ein­nahmen haben! Damit können wir vielleicht die Schulden senken und späterhin auch eine Steuerreform machen.

Herr Krainer, Sie wollen ein Schlaraffenland. Ich glaube, wir wohnen in einem wunder­baren Schlaraffenland. Nur müssen wir daran denken, dass Österreich im globalen Kontext, in den globalen Herausforderungen der Märkte Bedingungen vorfindet, die uns auch in Konkurrenz mit viel günstigeren Kosten setzen, die andere Unternehmer rund um uns haben, bei viel schlechteren Bedingungen für Arbeitnehmer! Darauf müs­sen wir, glaube ich, schauen.

Wenn Sie auf das Eigentum losgehen, dann denke ich mir schon, dass Sie vergessen, dass in den letzten Jahrhunderten der Aufschwung Europas erst zustande gekommen ist, als es Menschen möglich war, Eigentum zu begründen. Hingegen sind all die sozia­listischen Experimente wie Gütergemeinschaften, Kommunen, Kolchosen stets ge­scheitert. Wo sozialistische Politik uns hinbringt, sehen wir derzeit in Venezuela! – Ei­nen schönen Abend! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.58


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Krainer zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.58.36

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mein Vorredner hat behauptet, 75 000 Wiener würden Mindestsicherung beziehen, und das wären 9 Prozent der Einwohner. (Abg. Hörl: 175 000!) Das geht sich rein rechnerisch nicht aus, denn dann dürfte Wien ma­ximal 815 000 Einwohner haben.

Hören Sie einfach auf mit diesem Wienbashing! Hundert Jahre Sozialdemokratie in Wien führten dazu ... (Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, das ist dann nicht mehr Teil der tatsäch­lichen Berichtigung. (Abg. Krainer: Ich habe dann noch ...!)

Haben Sie eine zweite? – Gut, dann eine weitere tatsächliche Berichtigung. – Bitte. (Abg. Gudenus: Die Genossen ziehen alle runter! – Weitere Zwischenrufe.)


Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Ja, aber Wien hat halt nun einmal mehr als 815 000 Einwohner!

So, das Zweite ist: Er hat mit seinem Schlusssatz quasi gesagt, wozu Sozialismus führt, sehe man ja. – Ich sage nur: Hundert Jahre SPÖ in Wien in allen ...

18.59



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Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals, Herr Abgeordneter. Das war natürlich kei­ne tatsächliche Berichtigung. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: 5 Minuten Rede­zeitabzug!)

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Werner Neubauer. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)


18.59.42

Abgeordneter Werner Neubauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Yılmaz hat ihre Rede im Wesentlichen dafür verwendet, einige Fragen an den anwesenden Herrn Staatssekretär zu richten. Ich möchte das beibehalten und einige Fragen an die Sozial­demokraten dieses Hauses stellen.

Sehr geehrte Damen und Herren der SPÖ, Sie haben einen Antrag zum Thema Ver­teilungsgerechtigkeit eingebracht – das ist ja recht und billig –, aber wenn man die letz­ten Jahre betrachtet und sieht, wie Sie regiert haben, fragt man sich, was Sie in dieser Regierung zum Thema Verteilungsgerechtigkeit eigentlich geleistet haben.

Dazu die erste Frage: Wie haben Sie eigentlich die Fragen, die zum Thema Einkom­mensschere zwischen Männern und Frauen aufgetaucht sind, beantwortet? – Sie ha­ben diese Frage nicht beantwortet, Sie haben diesbezüglich nichts getan. Das heißt, die Frage, die wir schon lange für geklärt hätten erklären wollen, ist immer noch offen, weil Sie, Herr Stöger – und auch Ihr Vorgänger Herr Hundstorfer –, sie als Sozialmi­nister eigentlich nicht angegangen sind.

Die Frage der Luxuspensionen ist auch ein Thema: Was haben Sie diesbezüglich ge­macht? – Sie haben es halbherzig gelöst, aber Sie haben es letztendlich nicht im Sinne einer tatsächlichen Verteilungsgerechtigkeit gelöst.

Was haben Sie für die Mindestpensionisten gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren, Genossinnen und Genossen? – Sie haben für die Mindestpensionisten in den letzten zehn Jahren nichts getan. Es hat diese Bundesregierung und die Freiheitliche Partei dafür gebraucht, dass es eine Mindestpension geben wird – nämlich ab dem nächsten Jahr, in Höhe von 1 200 Euro und für Ehepaare in Höhe von 1 500 Euro. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist eine Verteilungsgerechtigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie wir und die Bundesregierung sie uns vorstellen. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Ein anderes Beispiel ist das Thema Pflege. Was haben Sie uns im Bereich Pflege hin­terlassen, meine sehr geehrten Damen und Herren? Wo war da Ihr Sinn für Vertei­lungsgerechtigkeit? – Beim Pflegepersonal fehlen uns 7 000 Menschen, die für die Pflege notwendig wären. Sie haben im Bereich Pflege in den letzten 15 Jahren das Pflegegeld nicht an den Index angepasst, sodass Sie den Menschen mehr als 30 Pro­zent vorenthalten haben. Ist das Ihr Verdienst im Sinne einer Verteilungsgerechtigkeit? Das frage ich Sie! Das kann ja wohl nicht wirklich Ihr Ernst sein! Wenn ich dann noch daran denke, was die Herren Kollegen Hundstorfer beziehungsweise Stöger angerich­tet haben, indem man die Pflegestufeneintritte erschwert und den Schwierigkeitsgrad auch noch erhöht hat (Abg. Loacker: Bringen Sie einen Antrag ein!), dann, denke ich, ist die Rede von der sozialen Verteilungsgerechtigkeit im Bereich der Pflege nicht ge­rechtfertigt. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Taschner.)

Eine weitere Frage zum Thema der Familien – die Familien müssten Ihnen als Sozial­demokraten ja eigentlich ein Herzensanliegen gewesen sein –: Warum haben Sie Fa­milien nicht ausreichend entlastet, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Es braucht wiederum diese Bundesregierung, um die Familien Österreichs anständig zu


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entlasten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Wir werden ab Jänner 2019 pro Kind jährlich für eine Entlastung im Ausmaß von 1 500 Euro sorgen. Ich bedanke mich dafür bei der Bundesregierung und der Sozialministerin. Das ist eine Verteilungspolitik, wie wir uns das im Sinne der Gerechtigkeit vorstellen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Warum haben Sie als Sozialdemokraten die Arbeitnehmer, die kleinen Arbeitnehmer, die Ihnen ja angeblich so ein Anliegen sind, nicht entsprechend entlastet? – Ich ver­stehe das nicht. Es braucht diese Bundesregierung, um eine Entlastung der Arbeitneh­mer, der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen durch die Senkung der Arbeitslo­senversicherungsbeiträge ab Jänner 2019 sicherzustellen, meine sehr geehrten Da­men und Herren. Das ist soziale Gerechtigkeit und Verteilung, wie wir und die neue Bundesregierung uns das vorstellen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese Beispiele sollten nur zeigen, dass die Verteilungsgerechtigkeit, wie die SPÖ sich das vorstellt, nur inhaltslose Schlagworte sind. Tatsächliche, leistungsorientierte Vertei­lungsgerechtigkeit gibt es mit dieser Bundesregierung. Darauf können wir stolz sein. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.04


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Ofenauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.04.33

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es macht oft den Eindruck, als hätte sich die SPÖ Gleich­heit und Gerechtigkeit auf ihre roten Fahnen geheftet. Es ist allerdings eine oft sehr einseitige Definition von Gerechtigkeit.

Es werden dazu auch Geschichten erzählt, allerdings teilweise mit einer Wortwahl, die an das letzte Jahrhundert erinnert, wie wir in der Aktuellen Stunde schon gehört haben. Da war die Rede von Abwehrkampf, von Widerstand, von Verteilungskampf und von anderen Formen des Austragens von Interessengegensätzen. Da werden Bilder von Zuständen erzeugt, die das alles rechtfertigen sollen. Ich denke aber, das schießt weit über das Ziel hinaus. Das gefällt vielleicht SPÖ-Gewerkschaftern oder Jungsozialisten, es ist aber nicht das, was die Bevölkerung will und braucht, denn die Bevölkerung will arbeiten, will gutes Geld verdienen, will ein gutes Leben führen, will Anerkennung für ihre Leistungen und Unterstützung dann, wenn es einmal nicht so läuft. Genau das un­terstützt diese Bundesregierung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

In diesem Antrag wird eine Geschichte erzählt. Da ist die Rede von Verteilungsgerech­tigkeit. Es wird das Bild gezeichnet, dass die Regierung die Reichen reicher machen möchte, und die SPÖ stilisiert sich als Robin Hood, der den Reichen nimmt und den Armen gibt. – Das stimmt aber nicht. Das eine stimmt nicht, und das andere löst die Probleme nicht; das ist, wenn überhaupt, maximal ein moderner Klassenkampf.

Unser Ziel muss es sein, dass Arbeitsplätze geschaffen werden können, dass die Wirt­schaft gut läuft, dass die Menschen so viel verdienen können, dass sie sich ein gutes Leben leisten können, und dass jene, die das nicht können, unterstützt werden.

Es wurde bereits erwähnt – und ich möchte noch einmal darauf eingehen –, dass von dieser Regierung, von den Regierungsfraktionen, der Arbeitslosenversicherungsbeitrag reduziert wurde. Personen mit einem Einkommen bis zu 1 948 Euro brutto zahlen ei­nen geringeren Arbeitslosenversicherungsbeitrag, das hilft 620 000 Personen und bringt bis zu 310 Euro Entlastung im Jahr.

Für die Regierungsparteien gehören auch die Familien zu den Leistungsträgern, die wir mit dem Familienbonus entlasten wollen. Rund 950 000 Familien werden in Zukunft


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profitieren, wenn sie ab 2019 einen Steuerbonus von bis zu 1 500 Euro pro Kind und Jahr bekommen. Das wirkt bereits ab einem Einkommen von 1 600 Euro brutto, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Allein in meinem Wahlkreis Niederösterreich Mitte werden mehr als 50 000 Kinder durch diese Maßnahme profitieren. Für Alleinerzieher oder Alleinverdiener wurde ein Kindermehrbetrag eingeführt, um auch diese Familien mit 250 Euro jährlich zu unter­stützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine objektive Methode, um die Einkom­mensverteilung zu messen, ist der Gini-Koeffizient. Bei einem Wert von 0 herrscht totale Gleichheit, bei 1 totale Ungleichheit. In Österreich liegt dieser Wert nach den Transferleistungen, also nach Förderungen, Unterstützungen, Mietbeihilfen und so wei­ter, bei 0,27, davor bei 0,48. Österreich hat dabei in Europa einen Platz unter den Top Ten, noch vor Staaten wie Deutschland oder Frankreich.

Wenn es um die Verteilung von Vermögen geht, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann sollten wir darüber reden, wie wir den Aufbau von Vermögen erleichtern können. Da sollten wir über geringere Steuern und geringere Sozialabgaben reden, da­mit auch das gelingen und man sich selbst ein Vermögen aufbauen kann, denn das schafft mehr Freiheit, mehr Selbstbestimmung für den Einzelnen. Die Regierung hat ei­ne solche Tarifänderung und Steuerreform bereits angekündigt. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.08


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Niss. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.08.35

Abgeordnete Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Frau Präsident! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe kürzlich mit ei­nem Bekannten darüber diskutiert, was eigentlich die Daseinsberechtigung der Sozial­demokratie ist. Er meinte, es müsse jemanden geben, der dafür sorgt, dass denen ge­holfen wird, die unter die Räder kommen beziehungsweise die sich selbst nicht helfen können.

Dass diesen Leuten geholfen werden muss, ist keine Frage, das unterschreibe ich, das unterschreibt unser Bundeskanzler, das unterschreibt wahrscheinlich jeder draußen auf der Straße. Dass aber nur die Sozialisten diesen Menschen helfen, kann ich nur verneinen; und ich finde es ehrlich gesagt unerträglich, dass Sie in der Bevölkerung ständig diesen Eindruck erwecken möchten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist nämlich diese Regierung, die in den letzten Monaten zahlreiche Maßnahmen ge­setzt hat, die genau diesen Menschen helfen sollen.

Ich denke an die Reduktion des Arbeitslosenversicherungsbeitrags, der bis zu 310 Eu­ro mehr im Jahr bringt. Ich denke an den Familienbonus, der ab dem ersten Steuereu­ro wirkt und 1,6 Millionen Kindern zugutekommt. Ich denke an die überdurchschnittli­che Pensionserhöhung vor allem für die kleinen Einkommen, die rund der Hälfte der Pensionisten zugutekommt. – Sie sollten sich ein Beispiel daran nehmen, was die Re­gierung für die Leute getan hat, vor allem, wenn man das damit vergleicht, was die Ge­nossen teilweise mit dem Steuergeld anrichten; ich denke nur an das Krankenhaus Nord. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich verstehe schon, Herr Krainer, dass die SPÖ Klientelpolitik machen muss, aber es wäre schon auch nett, wenn Sie die Wahrheit sagen, und die Wahrheit ist, dass Öster­reich im Gerechtigkeitsindex nach den skandinavischen Ländern ganz oben steht. Die Wahrheit ist nicht, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer wer-


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den, denn hinsichtlich der Einkommensverteilung sind wir in Europa, vor allem durch die vielen Transfers, die wir in Österreich haben, sehr weit vorne. Wir sind Transfer­weltmeister, und das wird auch noch ständig verbessert.

Herr Krainer, ich glaube, Sie verwechseln das Wort Gerechtigkeit sehr oft mit dem Wort Gleichheit. Gleichheit kann aber auch ungerecht sein, nämlich dann, wenn jenen, die hart dafür arbeiten, teilweise weniger Geld im Geldtascherl übrig bleibt als jenen, die nicht arbeiten (Beifall bei ÖVP und FPÖ), oder wenn denen, die Risiko und Schul­den auf sich nehmen, nicht gegönnt wird, dass das auch Gewinn bringen kann.

Glauben Sie, Herr Krainer – Sie hören mir aber, glaube ich, nicht einmal zu –, es würde irgendjemand bei uns im Unternehmen anfangen, wir würden die besten Köpfe bekom­men, wenn wir sie genau gleich behandeln wie jene, die nicht hinter dem Unternehmen stehen? Glauben Sie, es würde irgendjemanden geben, der sein Geld, seine Kreativität und seine Zeit dafür einsetzt, wenn er den ganzen Gewinn, sollte er einen erwirtschaf­ten, abgeben muss? Leistung und Verantwortung müssen entlohnt werden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Da können Sie noch so viele Mythen von mangelnder Verteilungsgerechtigkeit singen, davon wird Österreich nicht wieder an die Spitze kommen.

Zum Schluss möchte ich aber noch eines sagen: Was wirklich nicht gerecht ist, ist, Schulden zu machen – nicht für Ihre Kinder, nicht für meine Kinder, für keine der nächs­ten Generationen. Der öffentliche Schuldenrucksack in Österreich beträgt 33 200 Euro pro Einwohner, und das ist mehr als das durchschnittliche Nettoeinkommen eines Voll­zeitbeschäftigten. Um diese Ungerechtigkeit abzubauen, brauchen wir eine nachhaltige Budgetpolitik. Diese Regierung hat sich zum ersten Mal seit 54 Jahren committet, kei­ne Schulden zu machen. Das ist gerechte Budgetpolitik. Die Sozialdemokratie hat das kein einziges Mal geschafft, und ich kann Ihnen nur sagen: Nehmen Sie sich ein Bei­spiel an uns! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.12

19.12.36


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Budgetausschusses, seinen Bericht 260 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihn zur Kenntnis nehmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

19.13.008. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Polizeiliche Großeinsätze – Reihe BUND 2018/20 (III-122/266 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen jetzt zum 8. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hörl. (Der aufgerufene Abgeordnete zögert.) – Herr Abgeordneter Hörl? (Hierauf eilt Abg. Hörl im Laufschritt unter Anfeuerungsrufen und Beifall von Abgeordneten der ÖVP zum Rednerpult.) – Sehr schön!


19.13.39

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungs­hofpräsidentin! Im Rechnungshofbericht III-122 der Beilagen wurden die polizeilichen


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Großeinsätze der Jahre 2013 bis 2016 in Salzburg und Tirol untersucht. Der Grund war wahrscheinlich, dass die Kosten von 13,8 Millionen Euro auf 27 Millionen Euro und ein­mal sogar auf 50 Millionen Euro gestiegen sind. Der Hintergrund waren das Bilderberg­treffen und der G7-Gipfel in Tirol.

Kritisiert wird, dass Polizeieinheiten nicht entsprechend ausgestattet sind. Das, glaube ich, ist behoben. Der Herr Innenminister hat entsprechende Ausrüstung zur Verfügung gestellt.

Kritisiert wird auch, dass die Kosten für Fußballspiele zum Beispiel nur zum Teil ersetzt werden, also das, was innerhalb des Stadions ist, wird ersetzt, aber natürlich der Trans­port und die Begleitung der begeisterten Fans vom Bahnhof und zurück werden nicht ersetzt.

Ich denke, das ist auch eine Wertschätzung für unsere großen Sportveranstaltungen. Wenn ich mir zum Beispiel die Veranstaltung in Kitzbühel anschaue und welche Wert­schöpfung mit dem Kitzbüheler Wochenende in Verbindung steht: 71 000 Euro hat der Einsatz gekostet, 22 000 Euro wurden verrechnet. Die Wertschöpfung dieses Kitzbühe­ler Großereignisses beträgt aber 51 Millionen Euro für den Großraum Kitzbühel mit über 80 000 Besuchern in drei Tagen, einer Auslastung von 100 Prozent in der Region, 500 Millionen Fernsehkontakten und 6 500 Zeitungsartikeln nur im Monat Jänner.

Als Touristiker bin ich der Meinung, dieser Beitrag, den der Staat da leistet, ist sehr wohl gerechtfertigt. Ich glaube, wir sollten auch bei dieser Abrechnung bleiben. Es hat sich so bewährt. Es ist eine Wertschätzung für große Sportveranstaltungen, die auch Vorbildwirkung im Hinblick auf das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung haben. Es ist auch eine tolle Werbung für Österreich, wenn wir heute solche Großveranstal­tungen unterstützen. Ich denke, die Kritik des Rechnungshofes ist berechtigt, aber wir sollten trotzdem dabei bleiben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.15


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Plessl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.16.02

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rech­nungshofes! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ge­schätzte Zuseher und Zuhörer der Diskussion! Meine Ausführungen beziehen sich auf den Rechnungshofbericht betreffend Polizeiliche Großeinsätze, der im Zeitraum No­vember 2016 bis Jänner 2017 erstellt worden ist. Überprüft wurden die Landespoli­zeidirektionen Salzburg, Tirol und Wien. Es ging um Großveranstaltungen wie Fußball­spiele, Staatsbesuche und Demonstrationen in einem Zeitraum von 2013 bis 2016.

Im Rechnungshofausschuss haben wir über die 1 378 Veranstaltungen, die in diesen Jahren angefallen sind, diskutiert. Davon hatte der Rechnungshof 74 ausgewählt und näher beleuchtet. Kontrollkriterien für diese Beurteilung waren die Kosten sowie Perso­nal- und Ausrüstungseinsatz, Organisation und Abwicklung.

Die Hauptkritik des Rechnungshofes war auf drei wesentliche Punkte beschränkt. Es waren dies die kosteneffiziente Reaktion im Bereich Migration und Terrorismus, die De­ckung der Kosten von Polizeieinsätzen durch die Veranstalter sowie die Notwendigkeit von Schutzausrüstungen.

Beim letzten Punkt, den Schutzausrüstungen, hat es massive Kritik des Rechnungsho­fes an das Innenministerium gegeben. Ich möchte insbesondere die Kritik für die Lan­despolizeidirektion Wien herausstreichen. Bei der Einsatzeinheit war zum damaligen Zeitpunkt, im Überprüfungszeitraum, keine ausreichende Anzahl an Schutzausrüstun­gen, insbesondere flammhemmender Einsatzbekleidung, vorhanden. Wir haben im


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Ausschuss von der Frau Staatssekretärin schon gehört, dass dieses Manko bereits be­hoben worden ist. Gerade aber auch im weiteren Bereich, in dem ebenfalls keine per­sonenbezogene Ausrüstung vorhanden ist – das sind die sogenannten Hartplastikaus­rüstungen, die unterhalb der Schutzkleidung angezogen werden –, wäre es besser, das endlich einmal zu erledigen. Die Frau Staatssekretärin hat auch zugesagt, diesen Miss­stand im Innenministerium bis Ende 2018 endlich zu beheben, damit auch diese Schutzkleidung personenbezogen zugewiesen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch kurz einige Zahlen erwäh­nen: Von den 1 378 Großeinsätzen bezogen sich fast 1 000 Großereignisse auf Wien, und in Wien sehen wir auch, dass seit vielen Jahren ein Personalunterstand vorhanden ist.

Als Hauptkritik und Hauptgrund, warum dieser noch immer vorhanden ist, gilt die Per­sonalreduktion von minus 3 000 Polizisten in den Jahren von 2000 bis 2006. Insgesamt fehlen alleine in Wien immer noch 2 000 Polizisten und Polizistinnen. Das sind Ver­säumnisse der Vergangenheit, als wir nicht ausreichend Personal aufgenommen ha­ben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten nicht irgendwo Pferde kaufen und anderswo Geld ausgeben, sondern in Personal investieren, weil das besser wäre. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.19


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Zanger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.19.23

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Ja, Kollege Plessl, das, was Sie glauben, das besser wäre, überlassen Sie bitte uns und unserem Herrn Innenminister. Er weiß wirk­lich genau, was im Sinne der Ordnung und Sicherheit in Österreich für die Polizei am besten ist. Da brauchen wir Sie momentan gerade nicht dazu – und ich werde dann auch noch ein Beispiel bringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zuerst aber zum Rechnungshofbericht: Frau Präsidentin, herzlichen Dank dafür! Es wurde schon sehr viel daraus ausgeführt.

Zu den gestiegenen Kosten – Kollege Hörl hat es ausgeführt, sie sind zwischen 2013 und 2016 von 13,8 auf 27 Millionen Euro gestiegen –: Es steht eigentlich ganz klar und deutlich auch im Rechnungshofbericht drinnen, dass Gründe dafür unter anderem auch die Migrationslage 2015/2016 sowie die gestiegene Terrorgefahr waren.

Jetzt mache ich einen Schwenk zurück auf heute Vormittag, als die Frau EU-Abgeord­nete der SPÖ Regner hier heraußen stand und die Puma-Übung, die an der steirischen Grenze stattgefunden hat, kritisierte, wozu sie so quasi lächerlich gesagt hat (Zwi­schenruf bei der SPÖ): Da hüpfen ein paar Hundert Polizisten vor nicht vorhandenen Migrationsströmen herum. (Zwischenruf des Abg. Plessl.) Frau Abgeordnete Regner soll bitte in Brüssel bleiben, in ihrem behüteten Ställchen da draußen. Sie hat keine Ah­nung von der Realität, sie hat keine Ahnung, was sich damals in der Steiermark abge­spielt hat. Wir wären froh gewesen, hätte es zum damaligen Zeitpunkt schon eine Ein­heit gegeben, die davor geübt hätte, wie man solche Ströme abhält. – Das ist Punkt eins. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Frau Staatssekretärin hat uns auch bekannt gegeben, dass von den insgesamt 27 Empfehlungen, die der Rechnungshof ausgesprochen hat, 26 bereits umgesetzt oder teilweise umgesetzt wurden. (Abg. Wittmann: Und was kostet die Hochzeit?) Das ist also eine hervorragende Quote, da kann man sehr zufrieden sein. Man sieht, dass das ein gut geführtes Ministerium ist.


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Der Rechnungshof steht generell für Transparenz und volle Information, das fordern auch alle hier herinnen. Wenn es dann passiert, dann passt es wieder nicht, denn die­se Diskussion hatten wir bei der Dringlichen Anfrage: Volle Information an die Medien über jedes Verbrechen, das in Österreich passiert – und fertig. Was haben wir zu ver­heimlichen?

Jetzt komme ich zu etwas, das mir gerade vor ein paar Wochen passiert ist. (Zwi­schenruf bei der SPÖ.) Ich erzähle Ihnen jetzt eine Geschichte. – Hören Sie mir zu und quatschen Sie nicht ständig dazwischen, wenn Sie nicht wissen, wovon ich reden will! Sie werden es schon noch hören. (Zwischenruf der Abg. Greiner.) – Vor ein paar Wo­chen hat sich in meiner Heimatstadt Knittelfeld die Vergewaltigung einer 40-jährigen Dame zugetragen, mitten in der Nacht nach einer großen Veranstaltung. Diese Mel­dung ist erst eine Woche später in den Medien erschienen, offensichtlich weil doch der Zorn der Bevölkerung schon so groß war: Warum liest man darüber nichts? Das wird alles vertuscht! Offensichtlich dürfte der Druck zu groß geworden sein. (Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Es war dann eine gar nicht so kleine Meldung: Iraner vergewaltigt 40-jährige Knittelfel­derin. (Abg. Plessl: Was hat das mit dem Tagesordnungspunkt zu tun?)

Einen Tag später eine noch größere Meldung: Der Held des Tages war der Zeitungs­zusteller, der die Polizei verständigt hat, die Gott sei Dank gleich vor Ort war und den Täter in flagranti erwischt hat und dingfest machen konnte – das war auch ein Asylwer­ber –; so recht und gut. Es ist völlig egal, welche Nationalität er hat, es geht darum, dass solche Dinge bei uns nichts zu suchen haben. Das ist das eine, und Wertschät­zung jedem gegenüber, der Zivilcourage hat, ebenso. – Das ist heute der Stand der Dinge.

Jetzt geht es aber weiter. (Abg. Loacker: Der rote Faden fehlt!) Für mich ist jetzt nicht derjenige der Held – auch wenn er Zivilcourage bewiesen hat –, der die Polizei geholt hat, sondern für mich sind die wahren Helden die Polizistinnen und Polizeibeamten, die nicht lange gefackelt haben, sofort zugegriffen und Schlimmeres verhindert haben. Es ist aber ohnehin schon schlimm genug, es war in flagranti und es hat ohnehin gereicht.

Für mich persönlich berührend war dann Folgendes: Eine Dame kommt in meine Sprechstunde – ich habe sie vom Sehen gekannt –, setzt sich nieder und sagt zu mir: Ich bin das Opfer. – Können Sie sich vorstellen, wie mir das Ladl heruntergefallen ist? Sie hat mir dann – ich war sehr überrascht – auch ihre Erfahrungen erzählt, natürlich unter den entsprechenden Begleitumständen. Ich gestehe ein, dass ich diese Erfah­rung nicht wieder machen möchte. Es war sehr berührend, und du kriegst – jetzt sage ich es ganz steirisch – so einen Kropf dabei. Ich glaube, das könnt ihr alle verstehen. (Abg. Zinggl: Was hat das jetzt mit dem Rechnungshofbericht zu tun?)

Und für sie war es dann – das habe ich gemerkt – eine richtige Erleichterung, weil sie es mir erzählt hat: Eine Woche ist sie gesessen und hat sich nicht getraut, sich an je­manden zu wenden. Als es dann öffentlich geworden ist, hat sie sich endlich einmal mit irgendjemandem zusammensetzen und darüber reden können, abgesehen von der Hilfe, die es schon gibt – Kriseninterventionsteam und so weiter. Aber im persönlichen Umfeld hat sie sich nicht getraut – erst als es öffentlich geworden ist, obwohl ja keine Namen genannt worden sind. Für sie war es eine Erleichterung.

Sehen wir das also dann bitte auch einmal aus der Sicht des Opfers! Sie betreiben Tä­terschutz, wir wollen das Opfer schützen. Wenn wir mit solchen Aktionen, indem wir das öffentlich machen, einem Menschen helfen können, dem so etwas passiert ist, in­dem er Erleichterung erfährt, dann ist es etwas wert. (Beifall bei der FPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

19.25



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Androsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.25.36

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir sprechen jetzt ei­gentlich über den Rechnungshofbericht, der sich mit den Großeinsätzen der Polizei be­schäftigt. Herr Kollege Zanger, ich schicke nur eines voraus: Sie haben gesagt – stei­risch, sagen Sie –, Sie kriegen einen Kropf. – Ich kriege bei jedem, der irgendjeman­den vergewaltigt oder jemandem sexuelle Nöte antut, einen Kropf; ob er Österreicher oder Ausländer ist, ob er Asylwerber ist oder nicht, ist mir gleich. Wir müssen für alle da sein, die Opfer von Gewalttaten sind, und da unterscheide ich nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Das Wesentliche ist für mich aber, dass in diesem Rechnungshofbericht wichtige An­sätze enthalten sind, über die man diskutieren soll, die sich damit beschäftigen, wie diese Großeinsätze durchgeführt werden. Da lesen wir, dass es eine Reihe von Män­geln gibt, die man sich genau anschauen muss, was letzten Endes auch Aufgabe des Innenministeriums ist. Gesprochen wird von mangelnden Gefahrenberichten und Lage­berichten, die für die Beamtinnen und Beamten vor Ort wichtig sind, aber auch von der Schwierigkeit der Vorbereitung, weil wir letzten Endes neun unterschiedliche Landes­gesetze haben, die einen unterschiedlichen Zugang zu der Definition der Großveran­staltung finden, aber auch betreffend Meldefrist und dergleichen mehr. Das heißt, das ist in Wirklichkeit eine Erschwernis in der Vorbereitung. Ich weiß, dass die Gesetzge­bung in diesem Bereich Landessache ist, aber das Innenministerium ist da gefordert, einen Schulterschluss der Länder zum Wohle der Polizei herzustellen.

Ich muss unterstreichen, was Kollege Plessl gesagt hat. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Thema ist, dass wir die Polizistinnen und Polizisten dementsprechend ausrüsten. Das ist aus unserer Sicht wesentlich. Es hat im Bundesfinanzgesetz 2016 und im Rahmen­gesetz 2017 bis 2020 4,5 Millionen Euro mehr dafür gegeben, damit das Innenminis­terium entsprechend ausrüsten kann. Diese sind dort einzusetzen, das ist notwendig.

Wir müssen auch schauen, dass es Personal dafür gibt, denn in Wirklichkeit wird bei der schon sehr angespannten Personalsituation – auch in den Flächenbundesländern, nicht nur in Wien – für diese Großeinsätze Personal abgezogen und letzten Endes zum Dienst bei Großveranstaltungen zugewiesen. Dort werden Überstunden verrechnet, die dann wieder die Dienststellen selber treffen, und damit wird der Mangel an Personal in den Dienststellen noch verschärft.

Herr Kollege Zanger, seien Sie mir nicht böse, die Einheit Puma hin oder her, wir wis­sen aber auch, dass für die Einheit Puma Personal aus den vorhandenen Einheiten ge­nommen wird. Die kriegen ein anderes Pickerl drauf und sind auf einmal eine neue Einheit. Das ist ja nicht Sinn der Sache, sondern Sinn der Sache ist eine anständige Personalausrüstung, eine starke Sachausrüstung. Das ist wichtig, und dementspre­chend auch eine gemeinsame Dokumentation über alle LPDs hinweg, um evaluieren zu können und Daten zu haben, um feststellen zu können, was eigentlich notwendig ist, was an Personal notwendig ist, was an Sachaufwand notwendig ist und was auch für die Verrechnung notwendig ist, wenn man die Pauschalsätze heranzieht.

Mir ist es wichtig, dass die Kolleginnen und Kollegen draußen unterstützt werden. Mir ist es wichtig, dass der Innenminister diesen Rechnungshofbericht als Anlass nimmt, um zu handeln, um etwas zu tun und sich mit diesen Aufgaben auseinanderzusetzen.

Der Innenminister muss sich die Kritik gefallen lassen, dass er sich leider mit viel zu vielen anderen Dingen beschäftigt, mit Themen, die uns heute schon beschäftigt ha­ben, dass er seine Mitarbeiter mit unnötigen Brieffreundschaften zwischen anderen


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Mitarbeitern beschäftigt, ob das jetzt Weisungen sind oder nicht. Beschäftigen wir uns damit, was die Polizistinnen und Polizisten bei ihren Einsätzen brauchen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kassegger: Sie beschäftigen ihn, weil er stunden­lang Ihre heiße Luft anhören muss!)

19.28


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Lausch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.29.01

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Geschätzte Präsidentinnen! Frau Staatsse­kretärin! Hohes Haus! Es ist ja fast etwas komisch, wenn sich zwei sozialdemokrati­sche Abgeordnete, die selbst einmal den Polizeiberuf ausgeübt haben, hierher stellen und versuchen – das dürfte sich schon festgebrannt haben bei den Sozialdemokra­ten –, das Innenministeriumbashing weiterzuführen, aber nicht wissen oder nicht wahr­genommen haben, dass diese – übrigens sehr guten – Berichte des Rechnungshofes die Jahre 2013 bis 2016 beleuchten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Bitte, ja bitte! Und wer war Bundeskanzler in der rot geführten Bundesregierung? Sie versuchen hier, ein Kickl-Bashing weiterzuführen. Das ist eigentlich nicht mehr zu überbieten! Eine traurige Geschichte! Man muss schon den Tatsachen ins Auge sehen.

Kollege Plessl wird im Ausschuss nicht müde, immer wieder die Schutzausrüstung zu kritisieren. – Noch einmal: Der Bericht betrifft die Jahre 2013 bis 2016. Da wart ihr in der Regierung, ihr habt nichts getan! (Ruf bei der SPÖ: Wer war denn Innenminister?)

Auch die Staatssekretärin hat im Ausschuss eindeutig klargestellt, dass diese Bundes­regierung das jetzt aufarbeitet, und man ist nahe dran, dass alle Polizisten die nötige Schutzausrüstung haben. Uns ist Sicherheit wichtig, uns sind die Polizistinnen und Polizisten wichtig. Bei euch war es 2013 bis 2016 unter roter Kanzlerschaft weniger wichtig. Kollege Plessl, da hättest du viel machen können, aber da hat man nichts ge­tan. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Plessl: Aber die Pfer­de sind wichtig!)

Du kannst ja nicht immer sagen: der Innenminister – den Innenminister habt ihr schon seit 20 Jahren nicht, und es ist gut für diese Republik. Nahezu 20 Jahre stellt ihr den Innenminister nicht, und da könnt ihr nicht immer sagen: Den Innenminister haben wir nicht gestellt!, denn ihr habt aber den Bundeskanzler gestellt und ihr wart in der Bun­desregierung! (Abg. Wittmann: Erzähl das dem Sobotka!)

Nichtsdestotrotz jetzt wieder auf den Rechnungshofbericht zurückkommend: Sicherheit kostet Geld, auch polizeiliche Großeinsätze kosten Geld. Das ist anzuerkennen, sie sind auch wichtig. Wenn ich heute mit meiner Familie in ein Fußballstadion gehe, dann will ich mich dort sicher fühlen. Natürlich ist richtig, dass man gesagt hat, man muss herausstreichen, dass da sehr wenig vom Veranstalter zurückkommt. Man muss aber natürlich auch die Kirche im Dorf lassen: Nicht immer kann man sich, wie zum Beispiel bei Demonstrationen, am Veranstalter schadlos halten.

Was kann der Veranstalter dafür, wenn er eine Veranstaltung organisiert und sich dann eine Demonstration bildet und im Zuge dieser angemeldeten Demonstration aus allen Nachbarstaaten der Schwarze Block und Demonstranten herbeigekarrt werden und dann etwas angestellt wird, sodass man eine Vielzahl von Polizisten braucht? Was kann da der Veranstalter dafür? Da müsste man sich auch am Veranstalter der De­monstration schadlos halten. Es wäre eine wichtige Sache, dass man auch diese Herr­schaften – die nur herkommen, um Demonstrationen zu besuchen, um Radau zu ma­chen – einmal in die Ziehung nimmt. Da kann man nicht sagen, dass der Veranstalter alleine schuld ist.


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Sonst ist der Bericht sehr, sehr gut. Alles andere wurde schon gesagt. In diesem Sinne bedanke ich mich beim Rechnungshof und wünsche uns allen mehr Ehrlichkeit. Kol­lege Plessl und Kollege Androsch, Sie sollten die Kirche im Dorf lassen und schon sa­gen: Mea culpa, da waren wir in der Bundesregierung, und aus dieser Zeit stammen die Versäumnisse, die in diesem Rechnungshofbericht aufgezeigt werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.32


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Knes. – Bitte.


19.32.44

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsiden­tin! Frau Staatssekretärin! Kollege Lausch, ich komme nicht umhin, ich muss ehrlich sagen, es ist schade, wie du deine Redezeit verschwendest und irgendeine Geschichte erfindest. (Abg. Lausch: Das ist ja fast eine Ehre, wenn du das sagst!) Ich möchte nur daran erinnern, dass Mikl-Leitner die letzte Innenministerin gewesen ist, danach war es Herr Sobotka – und du redest da von der Sozialdemokratie –; also ich weiß nicht, wo du die letzten Jahre verbracht hast, aber sicher nicht hier im Hohen Haus. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Rechnungshof hat zu Recht darauf hinge­wiesen und drei Bundesländer auserkoren, in denen das geprüft worden ist. Wenn man das genau durchleuchtet, dann sieht man, dass die Kosten der Großeinsätze wirklich auf 27 Millionen Euro angestiegen sind. Bleiben wir wirklich bei den Großeinsätzen, vermischen wir nicht immer alles – mit G-Gipfeln und sonstigen Maßnahmen –, son­dern reden wir von Großveranstaltungen!

Da ist auch zu Recht festgestellt worden – dafür gebührt dem Rechnungshof auch wirklich ein Danke –, dass viele Länder eigene Gesetze haben. Das gehört aus unserer Sicht vereinheitlicht, damit man auch genau weiß, ab wann eine Großveranstaltung wirklich eine Großveranstaltung ist. Es kann ja nicht sein, dass irgendjemand anschafft und sagt, bei 100 Leuten ist es eine Großveranstaltung, und der Nächste sagt, bei 5 000 brauchen wir eigentlich gar nichts zu tun. Das gehört wirklich angepackt.

Das Nächste sind die Fußballspiele, das sind auch Großveranstaltungen, und es gibt auch Hochrisikospiele, wie man so schön sagt. Da geht man her und bezahlt relativ wenig zurück, nämlich nur die Spielzeit. Das kann es aber auch nicht sein, dass die Republik Österreich dafür geradesteht – während Fußballer sich eine goldene Nase verdienen – und die Polizistinnen und Polizisten letztendlich lauter Überstunden schau­feln müssen, damit sie die Sicherheit für diese Spiele überhaupt gewährleisten können. Da spielen wir auch nicht mehr mit. Das gehört angepackt, das ist auch, glaube ich, unisono die Meinung in allen Parteien.

Last, but not least: Kollege Lausch, es tut mir wirklich leid, du bist ja selbst Polizist, aber normalerweise müsstest du da herausgehen - - (Ruf bei der FPÖ: Ein Justizler! – Abg. Lausch: Alles falsch!)  Dann warst du halt ein Fast-Polizist, das ist mir doch egal! Bei Großveranstaltungen, egal in welchem Bundesland, werden aus allen Bun­desländern – und das wissen wir – Polizistinnen und Polizisten hingekarrt, um die Si­cherheit der Österreicherinnen und Österreicher zu gewährleisten, aber kein Mensch schaut auf die Schutzausrüstungen: Sind sie ordnungsgemäß gekleidet? Haben sie alles bekommen? – Nein, haben sie nicht. (Abg. Lausch: 13 bis 16 habt ihr nicht ge­schaut!)

Last, but not least kommt noch erschwerend dazu, dass jene Polizistinnen und Poli­zisten, die als Ordnungshüter zu Hause bleiben müssen, gar keine Ausrüstung haben und dann 24 oder 48 Stunden arbeiten müssen. Das ist eure Klientelpolitik! Da hört


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man von euch gar nichts mehr. Na gratuliere! (Abg. Lausch: 13 bis 16!) – Ja, bitte, ihr stellt den Innenminister, ihr habt alles, und dann sagt ihr den Polizistinnen und Poli­zisten: Wir haben vorgesorgt, in den nächsten Jahren nehmen wir 2 500 PolizistInnen auf! – Ich möchte nur daran erinnern: Unter der schwarz-blauen Regierung sind 4 800 abmontiert worden, Planstellen gestrichen worden, und die sind seither nie wieder auf­gestockt worden. Das haben wir alles vergessen! Ja, das haben wir alles vergessen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zanger: 13 Polizeidienststellen habt ihr gestrichen!) – Dann sagt ihr noch: alles vorgesorgt!

Dann kommt der Innenminister und sagt: Na ja, vielleicht haben wir die Stichschutz­westen bis Ende 2019 organisiert, zumindest in den Großstädten. Und ihr stellt euch hierher und sagt, es ist alles organisiert. Wir sind weit weg von Schutzmaßnahmen für unsere Polizistinnen und Polizisten, die diese letztendlich verdient haben. Da bitte ich wirklich das ganze Parlament, kräftig anzupacken und jene Polizistinnen und Polizisten so auszustatten, wie mittlerweile auch jeder Arbeiter in einer Fabrik ausgestattet wird, nämlich mit Schutzausrüstung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lausch: Ihr habt versagt, wir wissen das! Ihr hättet das machen können! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und SPÖ.)

19.36


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Rechnungshofpräsidentin Kraker. – Bitte, Frau Präsidentin.


19.36.45

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Debatte zeigt mir, dass das Thema des Rechnungshofberichtes ein wichtiges Thema ist, dass es unterschiedliche Positionen gibt, wir aber wissen, dass auch Empfehlungen, die der Rechnungshof in diesem Bericht ausgesprochen hat, wirk­lich aufzugreifen sind und man noch etwas tun muss. Das richte ich auch an den Ab­geordneten Hörl: Es soll nicht alles so bleiben, wie es ist, sondern wichtig ist, dass gewisse Empfehlungen, die wir hier ausgesprochen haben, dann tatsächlich auch in Angriff genommen werden.

Ein Punkt betrifft das Veranstaltungsthema: Wir haben gesagt, dass die Veranstal­tungsgesetze in den Ländern sehr unterschiedlich sind, insbesondere hinsichtlich der Klassifikation, was man unter einer Großveranstaltung versteht und welche sicherheits- und rettungstechnischen Konzepte dafür vorgelegt werden müssen. Tirol hat das ja aufgrund seiner Erfahrungen mit den Großveranstaltungen schon gemacht, aber in an­deren Ländern ist es sehr unterschiedlich. Dadurch gibt es auch für die Polizei unter­schiedliche Voraussetzungen bei der Vorbereitung dieser polizeilichen Großeinsätze, unterschiedliche Anmeldefristen et cetera. Ich denke, das ist ein Thema, das man durchaus aufgreifen könnte und bei dem man etwas regeln kann. Ich glaube, dass man dort, auch wenn die Länder zuständig sind, dennoch Einwirkungsmöglichkeiten und Koordinierungsmöglichkeiten findet, um eine einheitliche Basis herzustellen.

Zweitens haben wir gesagt, dass es sich bei Polizeieinsätzen zur Sicherung von Ver­anstaltungen und Versammlungen natürlich um eine Kernaufgabe der Polizei handelt. Wir haben auch angesprochen, inwiefern es da eine entsprechende Entwicklung gege­ben hat. Wir haben als Entwicklung einen starken Belastungsanstieg und natürlich un­terschiedliche Rahmenbedingungen und Herausforderungen festgestellt; diese haben wir auch im Rechnungshofbericht angesprochen. Dementsprechend sind auch die Kos­ten gestiegen.

Was die Veranstaltungen betrifft, haben wir auch ausgesprochen, dass die Berechnung und die Erfassung der polizeilichen Kosten von Großeinsätzen natürlich kontinuierlich erfolgen sollte. Wir wissen, wie hoch die Kosten einer Einsatzstunde für einen Polizis-


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ten sind, und dazu kommen noch Sachaufwendungen, das heißt, man kann das be­rechnen. Eine weitere Voraussetzung ist natürlich die Planbarkeit dieser Veranstaltun­gen, sodass man mehr im Regeldienst und weniger im Überstundenbereich macht.

Das alles sind die Punkte, zu denen man sich Maßnahmen überlegen könnte. Natürlich kommt auch die Schutzausrüstung hinzu. Das sind Feststellungen, die wir im Rech­nungshofbericht getroffen haben. Ich würde Sie ersuchen, die Empfehlungen auch ent­sprechend umzusetzen. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

19.39

19.39.52


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-122 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Bericht zur Kenntnis nehmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

19.40.239. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundespräsidentenwahl 2016 (Verschiebung der Wiederholung des zweiten Wahlgangs) – Reihe BUND 2018/43 (III-179/267 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.40.56

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Präsident des Rechnungs­hofes! Frau Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Bei der Bundespräsidentenwahl 2016 hat es Pannen gegeben, speziell im Zusammenhang mit den mangelhaften Wahlkarten, aber auch bei der Wahlabwicklung. Die Verschiebung der Wiederholung des zweiten Wahlgangs der Bundespräsidentenwahl im Jahr 2016 ist uns wohl allen noch gut in Erinnerung. Nicht umsonst wurde Bundespräsidenten­stichwahlwiederholungsverschiebung zum Wort des Jahres 2016 erklärt.

Der Rechnungshof hat sich dankenswerterweise – ich darf mich bedanken, Frau Prä­sident – sehr zeitnah und intensiv mit diesen Problemen auseinandergesetzt, speziell was die Wahlkarten betrifft. Die Prüfung ist von April bis Juli 2017 erfolgt und wurde mit dem Innenministerium abgewickelt.

Vier Bereiche wurden im Speziellen geprüft und unter die Lupe genommen: erstens die Aufgabenerfüllung des Ministeriums hinsichtlich der Beschaffung und Bereitstellung der Wahldrucksorten, zweitens die Unterstützung der Wahlbehörden bei der Durchführung der Wahl, drittens das Krisenmanagement nach Bekanntwerden von mangelhaften Wahlkarten sowie viertens die Vorbereitungen zur Einführung eines Zentralen Wäh­lerregisters.

Insgesamt stellte der Rechnungshof dem Innenministerium kein schlechtes Zeugnis aus, jedoch hat er eindringlich auf die Notwendigkeit eines Qualitätsmanagements und einer Qualitätssicherung hingewiesen. Es hat ja bereits im Jahre 2010 Probleme mit Wahlkuverts gegeben, damals waren auch bei der Verklebung einige Dinge mangel-


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haft. Der Rechnungshof regt daher in seinen Empfehlungen klar an, dass man zukünf­tig bei der Ausschreibung konkrete Aufgaben und Anforderungen festlegt und Quali­tätskriterien formuliert.

Insgesamt hat die Verschiebung der Wahl Kosten von 5,2 Millionen Euro verursacht und somit wurden die Gesamtkosten für die Bundespräsidentenwahl um 8 Prozent in die Höhe getrieben. Das Druckunternehmen hat freiwillig einen Ersatzbeitrag von 500 000 Euro geleistet.

Der Rechnungshof hat weiters festgestellt, dass es gerade bei den Wahlkarten – auch bei den Fristen – Verbesserungen geben muss. Es hat da sehr knappe Zeiträume ge­geben, und gerade Auslandsösterreichern war es nicht möglich, ihre Wahlkarten zeit­gerecht abzugeben, diese sind verspätet eingetroffen. Diesbezüglich regt der Rech­nungshof gesetzliche Änderungen an; das gilt im Speziellen für die Aufbewahrung von Wahlakten und ‑unterlagen.

Ein Dorn im Auge war dem Rechnungshof natürlich auch die Entschädigung der Wahl­beisitzer. Es wurden 87 Gemeinden befragt, und nur eine kleine Minderheit hat die Gebühren laut Gebührenanspruchsgesetz ausbezahlt. Einige Gemeinden zahlten auch etwas mehr als vorgesehen. Den Gemeinden entstanden durch die Verschiebung des zweiten Wahlgangs der Bundespräsidentenwahl Kosten in Höhe von 4,89 Millionen Euro, jedoch wurden diese mit rund 4,03 Millionen Euro weitgehend vom Bund abge­deckt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ausgesprochen positiv wurden vom Rechnungshof die Maßnahmen zur Unterstützung von Gemeinden und Wahlbehörden bewertet. So richtete das Innenministerium eine E-Learning-Plattform ein und entwickelte einen Leit­faden; dieser soll, angepasst an die jeweilige Wahl, fortgeführt werden. Andenken soll­te man in Zukunft auch ein Zentrales Wählerregister.

Unsere Frau Staatssekretärin ist im Ausschuss Rede und Antwort gestanden und hat positiv berichten können, dass die Empfehlungen des Rechnungshofes im Wirkungs­bereich des Innenministeriums zur Gänze umgesetzt wurden.

Abschließend kann man sagen: Man hat aus Fehlern gelernt. Der beste Beweis dafür war, dass es bei der Nationalratswahl im vergangenen Jahr zu keinerlei Problemen ge­kommen ist und diese fehlerfrei über die Bühne ging. – Vielen Dank für diesen Bericht. (Beifall bei der ÖVP.)

19.45


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Greiner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.45.26

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rech­nungshofpräsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Ich beziehe mich auch auf die Verschiebung des zweiten Wahlgangs der Bundes­präsidentenwahl; Anfang Oktober hätte er stattfinden sollen, er hat dann Anfang De­zember stattgefunden, nachdem bekannt geworden war, dass Wahlkarten schadhaft sind. Es hat ja auch schon bei der Bundespräsidentenwahl 2010 Probleme gegeben, ganz neu war das also nicht.

Was hat der Rechnungshof genau überprüft? – Unter anderem das Krisenmanagement des Bundesministeriums für Inneres. Wie ist man nach Bekanntwerden der Tatsache, dass es schadhafte Karten gibt, damit umgegangen? Die Beschaffung an sich ist ge­setzeskonform und nachvollziehbar verlaufen. Worauf jedoch zu wenig Bedacht ge­nommen wurde, war, Qualitätssicherungsmaßnahmen einzuziehen. Das heißt: Was ist bei der Produktion zu beachten und erforderlich? Wie sind Wahlkarten zu lagern? Wo­rauf muss man bei Transport und Versendung aufpassen?


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Hinlänglich bekannt sind auch Probleme in diesem Zusammenhang, die sich bei der Zustellung durch die Post AG aufgetan haben. Ich habe im Ausschuss gefragt, ob es Gespräche zwischen Post AG und Ministerium gegeben hat, um das in Zukunft vermei­den zu können. – Es finden Gespräche statt, vor allem auch im Hinblick auf die kom­mende EU-Wahl.

Daran können Sie sich bestimmt auch erinnern: Das vorzeitige Öffnen der Wahlkarten hat zu mehreren Gerichtsverhandlungen geführt, die mitunter noch laufen. Die Frage ist: Wie kann man so etwas in Zukunft wirklich ausschließen? Sowohl der Rechnungs­hof als auch die OSZE sehen einen richtigen Ansatz, nämlich eine rechtzeitige, fun­dierte Schulung der Bezirkswahlleitungen, sodass diese auch wirklich rechtzeitig mit­eingebunden sind. Dazu wurden E-Learning-Programme installiert. Wir haben im Aus­schuss gehört, dass diese auch gut angenommen werden und bereits Adaptierungen vorgenommen wurden. Ich appelliere von dieser Stelle aus wirklich an den Herrn Innen­minister, dafür Sorge zu tragen, dass diese E-Learning-Programme flächendeckend und rechtzeitig zum Einsatz kommen.

Einen kurzen Bericht gebe ich Ihnen noch über eine Enquete, die zum Thema Wahl­rechtsreform stattgefunden hat. Da kommen Anregungen der OSZE, seitens der Zivil­bevölkerung, aber auch von Expertinnen und Experten. Der OSZE ist es beispiels­weise ein Anliegen, Wahlkarten lückenlos nachverfolgen zu können. Das uneinge­schränkte Recht auf Information ist ein Anliegen.

Verständlich sind natürlich die Reformvorschläge seitens der Bevölkerung: Man möch­te mehr Transparenz und vor allem mehr Rechtssicherheit. Das ist sehr nachvollzieh­bar. Auch nachvollziehbar ist die Forderung, das Wahlergebnis bereits am Wahltag zu erfahren, das heißt inklusive Wahlkartenauszählung. Da ersuche ich wirklich, diese Diskussion im breiten Rahmen zu führen und da das rechtliche Spannungsfeld zu be­achten. Wie geht es denn einem Wahlbeisitzer, der nahezu 24 Stunden im Dienst ist und dann noch Wahlkarten auszählen muss? – Also das sollten man da unbedingt be­rücksichtigen.

Abschließend halte ich fest: Österreich verfügt über ein sehr gutes Wahlrecht, und ich darf versichern, die sozialdemokratische Fraktion steht einer Diskussion über Verbes­serungsvorschläge sehr offen gegenüber. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.48


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kainz. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.48.52

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungs­hofpräsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wahlen sind das Fundament unserer Demokratie. Das österreichische Wahlrecht beruht auf den Grundsätzen einer allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, per­sönlichen, geheimen und freien Wahl sowie auf dem Verhältniswahlprinzip.

Wie Sie alle sicher noch wissen, hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 2016 das Verfahren des zweiten Wahlgangs der Bundespräsidentenwahl vom 22. Mai 2016 auf, da es Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Briefwahlstimmen gegeben hatte. Da nach der Ausschreibung des erneuten Wahltermins bekannt wurde, dass es Mängel bei den Wahlkarten gibt, wurde der Wahltermin erneut verschoben. Somit konnte die Bundespräsidentenwahl erst am 4. Dezember 2016 stattfinden.

In der Folge überprüfte der Rechnungshof von April bis Juli 2017 im Bundesministe­rium für Inneres die Bundespräsidentenwahl 2016, insbesondere im Hinblick auf die Beschaffung und Bereitstellung der Wahldrucksorten, die Unterstützung der Wahlbe-


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hörden bei der Durchführung der Wahl, das Krisenmanagement nach Bekanntwerden von mangelhaften Wahlkarten sowie die Vorbereitungen zur Einführung eines Zentra­len Wählerregisters.

Die Gebarungsprüfung ergab, dass das Bundesministerium für Inneres die Wahldruck­sorten gesetzeskonform und nachvollziehbar bestellte und nicht schuld an den Män­geln bei der Beschaffenheit der Wahlkarten war. Künftig sollte laut Empfehlung des Rechnungshofes der Bieter aber bei der Ausschreibung bereits mit dem Angebot be­ziehungsweise vor Zuschlagserteilung möglichst konkrete Qualitätssicherungsmaßnah­men und vertiefte Qualitätsstandards vorzulegen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Dies ist nur zu begrüßen, denn nach dem Grundsatz der geheimen Wahl muss die Stimmabgabe durch den Wähler in einer Art und Weise erfolgen, dass Außenstehende, staatliche Behörden – insbesondere auch Wahlbehör­den – keine Möglichkeit haben, sich Kenntnis über die individuelle Wahlentscheidung zu verschaffen. Eine sichere und rechtskonforme Wahl können wir also nur garantie­ren, wenn wir verhindern können, dass wieder Wahlkarten aufplatzen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.51


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.51.45

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rech­nungshofes! Frau Staatssekretärin! Der Rechnungshof erstellte – zu Recht, wie ich mei­ne – einen Bericht zur Verschiebung des zweiten Wahlgangs der Bundespräsidenten­wahl 2016 und stellte fest, dass es doch etliches an Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

Ziel dieser Verbesserungsmaßnahmen kann meiner Meinung nach nur sein, dass das freie und geheime Wahlrecht für alle Wählerinnen und Wähler gewährleistet ist – auch was die Briefwahl betrifft; für diese Gruppe ist das besonders wichtig. Des Weiteren ist ein geheimes und freies Wahlrecht ein wesentlicher Eckpfeiler unserer Demokratie und darf weder gegenwärtig noch zukünftig mit Füßen getreten werden. – Kolleginnen und Kollegen, darauf müssen wir achten!

Der Rechnungshof stellte aber auch zu Recht fest, dass eine wirksame Qualitätssiche­rung vonnöten ist. Ich möchte Sie, Frau Präsidentin, fragen: Ist diese wirksame Quali­tätssicherung bei den nächsten Wahlgängen bereits gesichert? Auch stellte der Rech­nungshof fest, dass es Schulungen für Wahlbeisitzer geben soll. Ich unterstütze das vollkommen und zu hundert Prozent. Diese Schulungen für Wahlbeisitzer sollen aber meiner Meinung nach verpflichtend sein. Wenn es sich um bundesweite Wahlen han­delt, soll der Bund auch die Kosten dafür übernehmen.

Frau Staatssekretärin, Sie haben im Ausschuss gemeint, es ist eine Ehre, wenn man als Wahlbeisitzer tätig ist, und Sie haben uns auch darüber informiert, dass es laut Ge­bührenanspruchsgesetz eine Entschädigung von maximal 12,50 Euro pro Wahlbeisit­zer gibt. Nun, was die Ehre betrifft, als Wahlbeisitzer tätig zu sein, stimme ich mit Ihnen vollkommen überein, aber die Gebührenleistung von maximal 12,50 Euro pro Beisitzer ist meiner Meinung nach ein Hohn. Für diese wichtige demokratiepolitische Arbeit hät­ten sich die Beisitzer eine höhere Entschädigung verdient, nicht dieses Körberlgeld. Ich möchte daher anregen, dass das Gebührenanspruchsgesetz geändert wird und es ei­nen zeitgemäßen Kostenersatz gibt.

Auch stellte – das möchte ich abschließend noch erwähnen – der Rechnungshof fest, dass durch die Verschiebung des zweiten Wahlgangs der Bundespräsidentenwahl 2016 den Gemeinden zusätzliche Kosten von 800 000 bis 900 000 Euro entstanden sind.


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Aufgrund eines – ich möchte das so bezeichnen – Gentlemanʼs Agreement des Innen­ministeriums mit dem Druckereiunternehmen hat dieses Druckereiunternehmen als Entschädigung an das Innenministerium 500 000 Euro überwiesen. Diese 500 000 Eu­ro sollten meiner Meinung nach den Kommunen, den Gemeinden erstattet werden müssen, denn, wie vorhin bereits gesagt, die zusätzlichen Mehrkosten für die Nach­wahl betragen 800 000 bis 900 000 Euro. Frau Staatssekretärin, ich möchte Ihnen das als Denkanstoß mitgeben.

Abschließend fordere ich, das Wahlrecht insofern zu novellieren, als dass es bei bun­desweiten Wahlen verpflichtend Schulungen für Wahlbeisitzer geben soll und die Kos­ten dafür vom Bund übernommen werden. Außerdem ist die Novellierung des Gebüh­renanspruchsgesetzes, auch was die Höhe des Kostenersatzes betrifft, ein Gebot der Stunde. Darin sehe ich einen wesentlichen Beitrag im Dienste der Demokratie. Die De­mokratie ist eines der höchsten Güter, die wir haben und die wir zu verteidigen haben, Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.55


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Rechnungs­hofpräsidentin. – Bitte, Frau Präsidentin.


19.55.37

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich will nur kurz auf die mir gestellte Frage eingehen, auf die Frage der Qualitätssiche­rung. Diesbezüglich will ich noch einmal kurz hervorheben, welche Empfehlungen wir dem Bericht angeschlossen haben. Die Empfehlung des Rechnungshofes ist, dass bei zukünftigen Ausschreibungen die Bieter bereits mit dem Angebot möglichst konkrete Maßnahmen zur Sicherung der Qualität und vertiefte Qualitätsstandards vorlegen müs­sen. Weiters haben wir empfohlen, dass die Risken, die wir jetzt wahrgenommen und identifiziert haben, auch bei zukünftigen Wahlgängen verstärkt zu beachten wären.

Ursächlich waren natürlich die mangelhaften Maßnahmen zur Qualitätssicherung auch für die Verschiebung der Wahl. Wir haben positiv hervorgehoben, dass das Innenmi­nisterium bei der im März 2017 durchgeführten Neuausschreibung von Wahldrucksor­ten und bei der Vorbereitung der Nationalratswahl 2017 sehr wohl Qualitätssicherungs­maßnahmen für Produktion und Logistik einforderte und insbesondere an die Herstel­lung der Wahlkarten besondere Anforderungen stellte. Zudem forderte das BMI vom beauftragten Druckereiunternehmen neben dem Nachweis eines Qualitätssicherungs­konzepts eben auch konkrete Qualitätssicherungsmaßnamen und verfeinerte Quali­tätsstandards ein, um so etwas zu verhindern.

Was die Wahlrechtsreform betrifft, will ich mich hier im Hohen Haus nicht einmischen. Da wissen Sie besser, wie Sie das weiterentwickeln, aufgrund der Erfahrungen, die wir gemacht haben, und aufgrund der Zielsetzungen einer einwandfreien Wahlabwick­lung. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

19.57

19.57.24


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-179 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihn zur Kenntnis nehmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


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19.57.5910. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Wohlfahrtsfonds des Bundesministeriums für Inneres – Reihe BUND 2018/11 (III-94/268 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundeskriminalamt; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2018/6 (III-84/269 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen zu den Punkten 10 und 11 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kirchbaumer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.58.40

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Staatssekretärin! Werte Frau Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wissen Sie, wo für die Österreicherinnen und Österreicher das größte Gefahrenpotenzial liegt? – Opfer eines Verbrechens zu werden. Die Zeiten sind vorbei, als Verbrechen in dunklen Gassen und verrufenen Ge­genden geschahen. Mittlerweile tragen wir das Verbrechen in Form unserer Handys mit uns herum. Das Verbrechen bedroht uns jede Sekunde – zum Beispiel wenn wir nach dem Aufstehen kurz einmal auf unser Handy schauen, um die Zeit abzulesen. Wir reden natürlich von Internetkriminalität, der sogenannten Cyberkriminalität.

Leider ist vielen Menschen noch immer nicht bewusst, wie groß die Gefahr ist, selbst Opfer einer Betrugsattacke zu werden. Seit dem Jahr 2014 hat sich die Zahl der Fälle in Österreich annähernd verdoppelt, werte Kolleginnen und Kollegen – verdoppelt! Al­lein im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Delikte in meinem Heimatland Tirol um 30 Prozent an, gleichzeitig sank die Zahl der Einbruchsdiebstähle um 20 Prozent und jene der KFZ-Diebstähle um 15 Prozent. Diese Zahlen zeigen, dass sich Kriminalität in Zukunft immer mehr ins Netz verlagern wird. Die Täter sind über den ganzen Globus verteilt.

Aus diesem Grund gibt es seit Längerem das Cybercrime-Competence-Center im In­nenministerium. Dieses ist mit der Datensicherung, der Beweissicherung betraut und koordiniert nationale und internationale Ermittlungen im Bereich Onlinekriminalität. Aus diesem Grund arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Competence-Centers sehr eng mit Europol und Universitäten zusammen, um gemeinsam hochkomplizierte und komplexe Ermittlungen, etwa im Bereich der Blockchainanalyse, durchzuführen.

Ich habe früher selbst in der IT-Branche gearbeitet. Als Unternehmerin weiß ich, wie wichtig laufende Schulungen und Weiterbildungen in diesem Bereich sind. Umso mehr kann ich verstehen, dass das Wissen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Be­reich Cybercrime arbeiten, nach einem Jahr bereits veraltet ist. Der Rechnungshof kri­tisiert deshalb zu Recht, dass in diesem Bereich sehr viele Dienstzuteilungen an der Tagesordnung sind und nur wenige Planstellen geschaffen werden.

Meine Damen und Herren, wir haben es bereits im Ausschuss gehört: Ein Mitarbeiter, der länger als ein Jahr in einem bestimmten Bereich eingesetzt wird, verliert in allen anderen Bereichen den Anschluss an den aktuellen Stand der Forschung. Aus diesem Grund sind dort laufende Neuzuteilungen an der Tagesordnung.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 212

Meine Damen und Herren, ein Punkt im Bericht des Rechnungshofes bedarf unserer Aufmerksamkeit: Es gibt immer noch Probleme, geeignetes Personal für den Bereich Bekämpfung der Cyberkriminalität zu finden. Das Bundeskriminalamt steht da natürlich im Wettbewerb mit dem freien Markt. Warum? – Am freien Markt werden höhere Löhne gezahlt, was wir im Bundesministerium nicht machen. Deshalb sollten wir Sorge dafür tragen, dass in Zukunft dem Innenministerium ausreichend Mittel für die Anstellung von Fachpersonal zur Verfügung gestellt werden.

Jede und jeder von uns sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Bedrohung durch Onlinekriminalität in Zukunft immer größer wird. Dabei bemerken die Opfer oftmals nicht, dass ihre Daten angegriffen wurden.

An dieser Stelle möchte ich mich bei den Beamtinnen und Beamten des Bundeskrimi­nalamts, die hervorragende Arbeit leisten und der Onlinekriminalität entschlossen ent­gegentreten, recht herzlich bedanken. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

20.03


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Greiner zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.03.14

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Hohes Haus! Bevor ich zum Bericht inhalt­lich Stellung beziehe, erlauben Sie mir, eine Feststellung zu treffen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Offensichtlich ist es mittlerweile ein Markenzeichen der Bundesregie­rung, dass einzelne Minister nicht in den parlamentarischen Ausschüssen erscheinen und damit die Diskussion mit uns verweigern.

Ich nenne Ihnen gern einige Beispiele: Am 28. Juni haben wir im Rechnungshofaus­schuss auf Finanzminister Löger gewartet. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Es war lange zugesagt und geplant, dass er kommt, er war aber nicht da. Eindreiviertel Stunden dauerte es, bis eine Entschuldigung kam. 13.9., Budgetausschuss: Wieder fehlt Fi­nanzminister Löger. 18.9., Rechnungshofausschuss: Innenminister Kickl entzieht sich der parlamentarischen Diskussion, obwohl es um brisante Themen geht, um Themen aus seinem Ressort, um wichtige Themen der inneren Sicherheit Österreichs. Minister­verantwortung stelle ich mir anders vor. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zinggl. – Abg. Stefan: Haben Sie Humor?)

Zum Bericht: Es ist dies ein Follow-up-Bericht, die Prüfung dauert mehr als zwei Jahre. Was fällt besonders auf? – Es fällt auf, dass die Umsetzungsquote im Bundesministe­rium für Inneres erstaunlich niedrig ist. Von 19 Empfehlungen des Rechnungshofes be­treffend die Überprüfung des Bundeskriminalamts wurden lediglich drei umgesetzt, sie­ben teilweise und neun überhaupt nicht. Welche Bereiche trifft die Nichtumsetzung? – Sie trifft äußerst sensible und kritische Bereiche, nämlich Wirtschaftskriminalität und Cybercrime.

Im Bereich der Wirtschaftskriminalität konstatiert der Rechnungshof einen Personal­fehlbestand von 28 Prozent und zur Bekämpfung der Cyberkriminalität fehlen nahezu 30 Prozent Personal, nämlich 25 Prozent. Was ist passiert? – Leider seitens des In­nenministers bis dato gar nichts. Die Sollpläne im Personalplan des Bundes stimmen nicht mit den internen Organisationsplänen des Bundesministeriums überein. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.) – Ja, das ist sehr ernst, aber Sie wollen es nicht se­hen.

Wie sollen so strategisch wirklich heikle Bereiche – Wirtschaftskriminalität, Cyberkrimi­nalität, da geht es um Internetbetrug, da geht es um Finanzermittlungen – bei einem Personalfehlbestand von fast 30 Prozent strategisch gut abgedeckt werden? Der Herr Innenminister ist die Antwort bis heute schuldig geblieben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 213

Belakowitsch: Wirklich wahr? – Abg. Stefan: Ist das ein aktueller Bericht? Von wann bis wann? – Abg. Belakowitsch: 2013 bis 2016! Was hat Kickl damals gemacht? Nichts! Der Kickl ist ein Wahnsinn!)

Wie schaut es mit den Prinzipien Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit im BMI aus? – Bei den verdeckten Ermittlungen sind 50 Prozent der Bediensteten dienstzugeteilt. Nun weiß man, dass, wenn jemand dienstzugeteilt ist – es dauert weit­aus mehr als sechs Monate –, Dienstzuteilungsgebühren anfallen. Die schlagen sich im Jahr 2016 mit immerhin 111 000 Euro zu Buche. (Abg. Belakowitsch: Und 2016 hat der Kickl schon nichts gemacht!)

Einen weiteren Punkt greife ich auf, denn das war sehr aufschlussreich im Ausschuss: Da geht es um eine Grundsatzregelung für die Tätigkeit als Experten. Es ist ja super, wenn Experten und Bedienstete des Ministeriums zu internationalen Tagungen geholt werden, weil sie eben Experten sind. Allerdings sind die Entscheidungen, wer wann wohin fährt, nicht wirklich nachvollziehbar, und das führt dazu, dass einzelne Bediens­tete bis zu 20 Prozent ihrer Dienstzeit im Ausland sind, bei Expertentagungen. (Zwi­schenruf des Abg. Hafenecker. – Abg. Belakowitsch: Welche denn? Welche Minister waren’s denn?)

Auf meine Nachfrage, ob es eine Grundsatzempfehlung geben wird, eine explizite Empfehlung des Rechnungshofes, gab es einmal ausweichende Antworten, und auf ei­ne konkrete Nachfrage kam die Antwort: Nein, die wird es nicht geben.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe Ihnen zwei Beispiele für wirklich gut be­gründete Empfehlungen des Rechnungshofes, die nicht umgesetzt werden, genannt. Für zu wenig Personal und fehlende Transparenz trägt der Herr Unsicherheitsminister Kickl die Verantwortung. (Abg. Belakowitsch: Und die Minister 2016 haben nichts ge­macht!)

20.07


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Lintl zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.07.35

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekre­tärin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich beziehe mich auf den Rechnungshofbericht betreffend das Bundeskriminal­amt. Es handelt sich hier um einen Follow-up-Bericht. Der Überprüfungszeitraum war 
2015 bis Anfang 2017, und ich glaube, der Wissensstand der Kollegin Greiner endet auch 2017, denn sie hat genau den Status quo von damals genannt und nicht den heu­tigen.

In seinem Vorbericht hatte der Rechnungshof empfohlen, bei künftigen Organisations­änderungen zeitgerecht die erforderlichen Planstellen und das entsprechende Personal bereitzustellen. Die Prüfung hatte ergeben, dass zwar Planstellen vorhanden waren, diese jedoch nur durch Dienstzuteilungen von Beamten anderer Dienststellen besetzt werden konnten. Die Kritik zeigt genau das Strukturproblem auf, das durch die Ein­sparungen und Nichtnachbesetzungen von Polizeiplanstellen über die Jahre hinweg entstanden ist. Genau dieses Problem hat unsere neue Regierung sofort erkannt: Un­ter unserem Innenminister Herbert Kickl sind bereits mehr als 100 Planstellen nachbe­setzt worden. (Abg. Plessl: Das ist ja kein Personal, bitte!)

Die vom Rechnungshof erwähnten Dienstzuteilungen, die nicht als Planstellenbeset­zungen im Bericht aufgeführt werden, sind aber durchaus erklärbar. Das Know-how, das Fachwissen der Beamten wird dort eingesetzt, wo es am dringendsten gebraucht wird. Fachleute aus polizeilichen Spezialbereichen werden in Sonderkommissionen zur


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 214

Ermittlung in einem bestimmten Fall eingesetzt, aber eben nur für einen ganz bestimm­ten, beschränkten Zeitraum. Das ist ja sinnvoll und spricht durchaus für Dienstzutei­lungen.

Neue Organisationseinheiten, etwa zur Bekämpfung von Cyberkriminalität, Wirtschafts­kriminalität und Geldwäsche, wurden bereits gebildet. Sie sind Schwerpunkte in der künftigen Kriminalitätsbekämpfung. Auch sie werden, soweit das Budget es erlaubt, durch Planstellen besetzt.

Ein besonderes Projekt des Bundeskriminalamts möchte ich noch erwähnen. Ich kom­me gerade von einer Tagung des Gemeinsamen Parlamentarischen Kontrollausschus­ses zu Europol aus Brüssel. Europol als Strafverfolgungsbehörde der Europäischen Union setzt zur Bekämpfung umfangreicher krimineller und terroristischer Netzwerke ganz klare Schwerpunkte, die auch aus österreichischer Sicht interessant sind.

Es besteht eine europaweite Zusammenarbeit des Bundeskriminalamts mit Polizeiein­heiten, im Besonderen mit den Balkanstaaten. Dabei geht es vor allem um den Infor­mationsaustausch zur Bekämpfung organisierter Kriminalität, im Speziellen Drogen­handel, Menschenschlepperei, Finanzkriminalität und Terrorismus. Um diesen Aus­tausch zu bewerkstelligen, müssen aber die Computersysteme kompatibel sein, damit Daten, die gesammelt und aufbereitet werden, auch zwischen den Ländern ausge­tauscht werden können. Wenn zum Beispiel DNA-Daten eines Verdächtigen in einer Datenbank gesichert und abrufbar sind, ist das ein enormer ermittlungstechnischer Fortschritt.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Be­reich der illegalen Migration. Deshalb wurde im österreichischen Bundeskriminalamt ein internationales gemeinsames Ermittlungsbüro eingerichtet. Dieses Ermittlungsbüro beschäftigt sich mit der Bekämpfung von Schlepperei und Menschenhandel auf der Balkanroute. Auch hier wird ein rascher kriminalpolizeilicher Informationsaustausch in enger Zusammenarbeit mit Europol sichergestellt.

An dieser Stelle möchte ich allen österreichischen Polizistinnen und Polizisten, ob sie nun im Ausland tätig sind oder im Inland, ein großes Dankeschön aussprechen. Sie leisten einen enormen Beitrag dazu, dass unser Österreich noch sicherer wird. – Dan­ke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.12


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Griss zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.12.19

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Mei­ne Damen und Herren! Gestern hat hier im Plenarsaal ein Symposium stattgefunden, das vom Rechnungshof und der Volksanwaltschaft veranstaltet wurde. Es waren Mit­glieder von Rechnungshöfen aus einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wie auch Vertreter des Europäischen Rechnungshofes hier. Es war für mich beeindru­ckend, zu hören, wie großartig die Kontrolltätigkeit der Rechnungshöfe ist und wie wichtig diese Kontrolltätigkeit für eine gute öffentliche Verwaltung ist.

Auch unser Rechnungshof leistet hervorragende Arbeit. Die beiden Berichte, die jetzt debattiert werden, sind aber ein ernüchterndes Beispiel dafür, wie wenig von den Empfehlungen, die darin enthalten sind, tatsächlich umgesetzt wird.

Zum Follow-up-Bericht zum Bundeskriminalamt kann ich nur auf das verweisen, was Frau Abgeordnete Greiner schon gesagt hat: 19 Empfehlungen, drei davon voll umge­setzt, und das sind nicht die wichtigsten; die wichtigsten harren nach wie vor einer Um­setzung.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 215

Im Ausschuss konnte nicht geklärt werden, was jetzt mit der Ankündigung des Herrn Generalsekretärs im Innenministerium ist, einen Stufenplan auszuarbeiten, um die Versäumnisse der Vergangenheit aufzuholen. Wir wissen nicht, wie weit man da schon ist, dabei wären Maßnahmen extrem wichtig.

Der zweite Bericht über die Wohlfahrtsfonds im Innenministerium ist ein besonders in­teressanter Bericht. Es gibt drei Wohlfahrtsfonds, die ja eine gute Funktion haben. Es ist gut, wenn man Menschen, Beamten in Not hilft, aber eigentlich kann man nicht nachvollziehen, warum es drei sein müssen, die ja nur historisch erklärbar sind, die von 1936 bis 1954 entstanden sind. Das Schöne ist, es gibt noch immer einen Gendar­meriejubiläumsfonds, obwohl Gendarmerie und Polizei schon vor Jahren zusammen­geführt worden sind.

Der Rechnungshof hat vorgeschlagen, die Fonds zusammenzuführen und die Unter­stützungen in die Transparenzdatenbank einzuspeisen, doch hat das Innenministerium erklärt, dass es das nicht tun wird. Das ist eigentlich etwas, was man nicht nachvollzie­hen kann.

Daher, glaube ich, sollten wir überlegen, ob nicht wir hier aktiv werden sollen bei Rech­nungshofberichten, bei denen keine Bereitwilligkeit der öffentlichen Verwaltung be­steht, das umzusetzen; ob nicht der Nationalrat als das Gremium, für das der Rech­nungshof tätig wird, mittels Entschließungsanträgen dazu beitragen soll, dass diese Empfehlungen auch tatsächlich umgesetzt werden. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

20.15


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Zinggl zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.15.38

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ): Werte Präsidentin! Frau Staatsse­kretärin! Es ist schon auffällig, dass sich besonders das Innenministerium wenig um den Rechnungshof und seine Empfehlungen schert; das kann man schon feststellen. Wie wir wissen, stellt der Rechnungshof für das Parlament eigentlich zusammen, in­wieweit eingespart werden kann (Abg. Zanger: Ja, das machst jetzt nur du, ...!), wo wirtschaftliche Notwendigkeiten bestehen, wo effizient gearbeitet werden kann, aber das interessiert das Innenministerium sehr wenig. (Abg. Zanger: Also mich wundert es, dass du so wenig Wertschätzung einer Staatssekretärin, die eine Frau ist, entgegen­bringst!)

Die Kolleginnen Greiner und Griss haben es schon erwähnt: Der Innenminister ist im Ausschuss nicht da. Er ist auch heute nicht da, lässt sich von der Staatssekretärin ver­treten. Die arme Staatssekretärin hat größte Mühe, im Ausschuss zu begründen, wa­rum nur drei von 19 Empfehlungen umgesetzt wurden. Das betrifft jetzt nur das Bun­deskriminalamt.

Die Spitze der Ignoranz besteht meiner Meinung nach aber dort, wo glasklar eine Emp­fehlung vorliegt, die man eigentlich nur umsetzen kann. Ich rede jetzt vom Sozialhilfe­fonds, vom Wohlfahrtsfonds oder von der Vorsorgekasse. Damit kein Missverständnis entsteht: Natürlich sind solche Vorsorgekassen wichtig und richtig. Manchmal frage ich mich, warum ganz bestimmte Berufsgruppen die haben und andere nicht, aber das ist ein anderes Thema.

Bei der Sozialhilfekasse des Innenministeriums gibt es eine skurrile Besonderheit. Es gibt nämlich drei davon, drei idente. Die haben eine dreifache Bürokratie, haben die gleichen Ziele, haben ähnliche oder fast gleiche Strukturen mit Vorständen, Gremien und so weiter, schütten an die gleichen Notfallleidenden aus und sind entsprechend gut dotiert.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 216

Der eine Fonds heißt Gendarmeriejubiläumsfonds – die Gendarmerie, das wissen wir, ist in der Zwischenzeit die Bundespolizei –, der zweite Fonds heißt Wohlfahrtsfonds der Bundespolizei, und der dritte Fonds heißt Wohlfahrtsfonds für die Exekutive des Bundes, also auch für die Polizei.

Solche Auswüchse, werte Kolleginnen und Kollegen, kenne ich eigentlich nur aus Kaf­kas Romanen über k. u. k. Zeiten oder aus Theaterstücken von Herzmanovsky-Orlan­do. Das ist 100 Jahre her, aber es gibt sie offensichtlich noch immer. Jetzt wird es aber spooky, denn wenn der Rechnungshof sagt: Um Himmels willen, drei Töpfe, die müs­sen wir doch zu einem zusammenlegen, um effizient zu arbeiten!, dann wird das völlig ignoriert. Auf meine Frage, warum das nicht umgesetzt wird, sagen Sie, Frau Staats­sekretärin, im Ausschuss: weil diese drei Töpfe historisch zu begründen sind. – Histo­risch zu begründen, Frau Staatssekretärin, waren auch die Monarchie und der Kaiser, und trotzdem haben wir etwas geändert. Historisch zu begründen war auch die Gen­darmerie, und trotzdem, weil sie die gleichen Aufgaben wie die Polizei hatte, ist die Gendarmerie in die Polizei integriert worden – übrigens von einem ÖVP-Minister vor 13 oder 14 Jahren.

Ich weiß daher nicht, ob das wirklich eine gute Begründung ist, aber die andere Be­gründung, jene, die im Rechnungshofbericht steht, ist ja noch besser. Da entgegnet ja das Ministerium auf die Empfehlung des Rechnungshofes, dass diese drei Töpfe nicht zusammengelegt werden könnten, weil sonst die ehrenamtlichen Mitglieder auf ein Drittel schrumpfen würden, zwei Drittel hätten dann keine Beschäftigung. So viel zur Effizienz.

Dann gibt es noch fast nebenbei eine Kritik des Rechnungshofes, dass es bei der Ausschüttung dieser Fonds zu wenig Transparenz gebe, dass es keine wirklich guten Kriterien dafür gebe, wann wer was von diesen Vorsorgekassen bekommt, und dass die Begünstigten, also die Polizisten, die Gelder bekommen, nicht an die Transparenz­datenbank gemeldet würden, wiewohl das verpflichtend ist, weil es sich um öffentliche Gelder handelt.

Frau Staatssekretärin, Sie können kaum etwas dafür, weil das Ministerium einfach sagt: Interessiert uns nicht, es bleibt, wie es ist; das ist historisch begründet! So schaut es aus. – Danke sehr. (Beifall bei der Liste Pilz.)

20.20


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.20.34

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Mein Debattenbeitrag bezieht sich ebenfalls auf die Wohlfahrtsfonds des BMI, und wie Kollege Zinggl ausgeführt hat, sind das Einrichtungen, die grundsätzlich sehr zu befür­worten sind.

In jeder Organisation kann es passieren, dass Menschen unverschuldet in Not geraten, und wenn es Instrumente gibt, um möglichst rasch und vor allem auch unbürokratisch helfen zu können, dann ist das sehr wertvoll. 2015 wurden 150 Unterstützungsleistun­gen erbracht. Der Rechnungshof attestiert ja trotz der Ausschüttungen prinzipiell auch eine gute Entwicklung der Fondsvermögen, der Rechnungshof attestiert prinzipiell auch – Sie haben von ehrenamtlichen Mitarbeitern gesprochen, das muss man schon dazusagen –, dass die Fonds sehr schlank organisiert sind; in der Geschäftsführung und auch in den Aufsichtsorganen sind ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeiter tätig.

Man kann natürlich bei den Themen, die Sie angesprochen haben, Herr Kollege Zinggl, auch gegenteiliger Meinung sein. Eine Zusammenlegung führt nicht automatisch dazu,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 217

dass Systeme effizienter sind, und diese Zusammenlegung ist auch juristisch sehr, sehr aufwändig; da das ohnehin schlanke Organisationen sind, stellt sich da schon grundsätzlich die Frage, ob das Sinn macht.

Auch zur Transparenz möchte ich etwas sagen: Wenn ich mit Menschen zu tun habe, die unverschuldet in Not geraten, dann, so ist meine Wahrnehmung, gibt es auch ein Schamgefühl. Ich würde schon davor warnen, diese Themen dann transparent im In­ternet darzustellen, weil das auch dazu führen kann, dass die Menschen diese Hilfe dann gar nicht mehr in Anspruch nehmen wollen, weil es eben dieses Schamgefühl gibt.

In Summe sind das sehr wichtige und gute Einrichtungen im BMI, und ich glaube, man kann schon auch ein bisschen stolz darauf sein, dass es diese Einrichtungen gibt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Plessl.)

20.22


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Becher. – Bitte.


20.22.18

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich ganz kurz mit der Follow-up-Überprüfung des Bundeskriminalamts be­schäftigen. Meine VorrednerInnen haben ja schon einiges dazu gesagt, vor allem zur Umsetzung der Empfehlungen und zur Erfüllung der Kernaufgaben.

Ich möchte ganz kurz einen Punkt herausgreifen, den wir auch im Ausschuss bespro­chen haben, nämlich die Bedeutung der Frauen im Bundeskriminalamt beziehungs­weise deren Bedeutungslosigkeit. Das Ziel gemäß Frauenförderungsplan ist ja, den Frau­enanteil im Exekutivdienst zu erhöhen, nämlich um 0,5 Prozent bis Ende 2018. Ich glaube, man kann sagen, das ist ein nicht wirklich sehr ambitioniertes Ziel.

Im Ausschuss wurde auch die Gleichberechtigung der Frauen besprochen, die Mög­lichkeit der Postenbesetzungen. Die Auskunft – der Herr Innenminister war ja leider nicht anwesend – der Frau Staatssekretärin, die Beantwortung, die ich bekommen ha­be, war kein Ruhmesblatt für die Regierung. Meine Frage hat gelautet, welche kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen angedacht sind, um den Frauenanteil bei den Posten zu erhöhen. Die Antwort, die ich bekommen habe, war, dass es eigentlich an der Situation, an der Nichtvereinbarkeit von Familie und Beruf, an unwilligen Großel­tern, an der Kindergartensituation, am Mann, der die Frau zu Hause nicht unterstützt, scheitert, aber nicht am Postenbesetzungsplan. Ich denke, jeder kann sich selbst eine Meinung dazu bilden, was von dieser Regierungslinie zu halten ist.

Ich möchte nur ein paar Zahlen dazu nennen, um das auch zu untermauern: Es gab 2015 auf der Führungsebene der Exekutive im Bundeskriminalamt zwei Frauen. 2016 waren es noch immer zwei Frauen; und 2017, obwohl der Rechnungshof das bemän­gelt hat, trotz aller Beteuerungen, waren es unverändert wieder nur zwei Frauen, und das durchgängig – das sind 7 Prozent der Führungskräfte. Dass Frauen in diesem zentralen Sicherheitsapparat nicht angemessen vertreten sind, ohne Aussicht auf eine Verbesserung, ist eine Schande für Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.25


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.25.27

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rech­nungshofes! Frau Kollegin Greiner hat mich mit Ihrer Rede natürlich noch zu einer Wortmeldung motiviert.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 218

Zur ständigen Lamentiererei, dass ein Staatssekretär einen Minister vertritt: Frau Kolle­gin Greiner, ich weiß nicht, ob Sie es wissen oder nicht, aber das ist doch die Kern- und Hauptaufgabe eines Staatssekretärs oder einer Staatssekretärin, den zuständigen Minister, dem er oder sie zur Seite gestellt ist (Abg. Lausch: Richtig!), zu vertreten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Abgesehen davon war es in die­sem konkreten Fall schon seit ewigen Zeiten bekannt und akkordiert. Was es da noch zum Motzen und Sempern gibt, verstehe ich nicht.

Sie haben mit keinem Wort erwähnt, dass Sie ausführliche und wirklich kompetente Antworten erhalten haben. Die Antworten haben Sie auch nicht kritisiert, also wird es stimmen. Das sagen Sie nicht dazu. Wozu brauchen wir den Minister im Ausschuss, wenn wir eh eine Staatssekretärin haben, die derart kompetent und professionell agiert? (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Lausch: Das ist es!)

Für mich verwunderlich ist, dass Sie durch diese Aktion einer Frau Staatssekretärin, obwohl sie selbst eine Frau sind, die entsprechende Wertschätzung für ihre Kompe­tenz und Professionalität versagen. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Also das geht mir über­haupt nicht ein. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich gehe aber davon aus, dass das alles nur ein Ablenkungsmanöver war, denn alle Fraktionen waren vollzählig anwesend, nur die SPÖ lediglich mit der Hälfte ihrer Abge­ordneten. (Abg. Lausch: Ja, das war leider so!) Es war ein Ablenkungsmanöver. Drei Leute sind im Ausschuss gesessen, obwohl sie sechs zur Verfügung hätten. Das war es wahrscheinlich. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Noch etwas, weil wir ohnehin schon beim Thema sind: Der Rechnungshofausschuss war in den vergangenen Zeiten immer jener Ausschuss, in dem alle Parteien fraktions­übergreifend konstruktiv zusammengearbeitet haben. Das hat auch dazu geführt, dass wir gemeinsame Initiativen gesetzt haben. Ihr Kollege Elmar Mayer, der lange Rech­nungshofsprecher war, hat sich da wirklich jedes Mal konstruktiv mit eingebracht. Warum geht das jetzt auf einmal nicht mehr? Sie führen sich im Ausschuss jedes Mal auf wie die personifizierte Inquisition! (Heiterkeit der Abg. Greiner. Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich appelliere an die Frau Vorsitzende, dem ein Ende zu setzen. Es sollte unser ge­meinsames Interesse sein, dass wir in diesem Ausschuss, der einer der wenigen ist, in denen wir gemeinsam etwas weiterbringen können, das auch wieder tun können. Das sollte für die nächsten Sitzungen das Ziel sein, da wieder ein bisschen Disziplin, Ord­nung zu schaffen. Wir brauchen dort keine Inquisition, wir brauchen Konstruktivität! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.28


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.28.36

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Rechnungshofprä­sidentin! Frau Staatssekretärin! Kollege Zanger, ich glaube, manchmal sind drei, die engagiert sind, sogar besser als sechs oder sieben, die dort sitzen und nur zuhören. (Abg. Zanger: Ja, ich weiß, ihr habt eine arge Woche gehabt, stimmt!) Es wäre, glaube ich, besser, wenn man das auch ein bisschen bewerten würde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zanger: Eine harte Woche für die SPÖ!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte in meiner Rede zunächst einmal die Wohlfahrtsfonds des Innenministeriums ansprechen. Frau Präsidentin, wir haben da einen unterschiedlichen Zugang. Im Ausschuss habe ich zuerst angesprochen, dass ich für deren Beibehaltung bin, Kollege Hanger hat das auch unterstützt, und wir


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gehen da konform; heute war er zuerst dran. Warum wir diese drei Fonds weiter be­stehen lassen wollen, hat einen einfachen Grund. Erstens sind sie ein Altbestand aus den Jahren 1936 bis 1954, und die Strukturen funktionieren. Wenn man eine Reform macht, bedeutet das ja nicht, dass es besser wird, und deswegen wollen wir diese drei Fonds weiter behalten.

Ich möchte hier nur ein Beispiel bringen – die Frau Staatssekretärin hat im Ausschuss vier Beispiele gebracht –: Es geht gerade um folgenden Fonds: Wenn ein Polizeibe­amter oder eine Polizeibeamtin im Dienst verletzt worden ist, bekommt er oder sie das Grundgehalt weiter bezahlt, es werden aber zum Beispiel Überstunden, die in den ver­gangenen Monaten gemacht wurden, nicht ersetzt. Deswegen ist das für die Kollegin­nen und Kollegen, wenn sie verletzt werden, auch ein wertvoller Beitrag, wenn sie da eine Unterstützung bekommen.

Eine Frage habe ich noch zu folgendem Punkt, zu dem wir ja im Ausschuss unter­schiedlicher Meinung waren: Die Frau Präsidentin des Rechnungshofes war der Mei­nung, dass Auszahlungen aus diesem Fonds in die Transparenzdatenbank gehören. Die Frau Staatssekretärin hat für das Innenministerium gesprochen und gemeint, dass das nicht in die Transparenzdatenbank gehört, wir sollten den Finanzminister bemü­hen, weil er ja für die Transparenzdatenbank zuständig ist, dass er eine Entscheidung trifft, die dann von allen Seiten berücksichtigt wird. (Abg. Zanger: Würdest du als Be­troffener da gerne drinnen sein?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der zweite Bereich des Rechnungshofbe­richtes betrifft das Bundeskriminalamt. Die Überprüfung hat stattgefunden, und es ist in diesem Bereich ein ganz klarer Unterstand festgestellt worden, vor allem auch bei der Wirtschaftskriminalität und bei Cybercrime. Wir haben die Zahlen schon bekommen, und das Einzige, was das Innenministerium gemacht hat, ist Folgendes: Es hat zwei Reformen im Bereich der Wirtschaftsabteilung gegeben, Ende 2016 und im November 2017. Frau Kollegin Lintl, es sind nicht mehr Beamte hinversetzt worden, sondern es ist nur die Anzahl der Planposten erhöht worden; im Verhältnis ist jetzt sogar noch we­niger Personal dort. Das heißt, wir sollten endlich einmal schauen, dass ausreichend Personal zur Verfügung gestellt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch diese Belastungskennzahl – wie schwer es ist – angesprochen worden. Ich möchte nur für die Polizeidirektion Wien sagen: Sie hat 20 Prozent Personal, 40 Prozent der strafbaren Handlungen ereignen sich in Wien, und sie führt 60 Prozent der gesamten Tätigkeit der Polizei durch. Wir wissen, dass es in Wien – das habe ich schon vorher gesagt – trotzdem um 2 000 Poli­zistinnen und Polizisten zu wenig gibt. Da ist Handlungsbedarf gegeben, das muss ab­gestellt werden. Wir sollten da endlich etwas tun.

Und zum Schluss noch eines, Frau Staatssekretärin: Es wäre auch – Sie kennen die­sen Zugang – eine Abschöpfung der Bereicherung wünschenswert. Wir haben ja viel zu wenig Leute, und gerade hinsichtlich jener Menschen, die sich auf Kosten anderer bereichern, müssen wir ausreichende Ressourcen im Innenministerium und in der Jus­tiz zur Verfügung stellen, damit man ihnen das Geld, das sie sich unrechtmäßig ange­eignet haben, auch wieder wegnehmen kann. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.32


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Rechnungs­hofpräsidentin. – Bitte, Frau Präsidentin.


20.32.25

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zunächst einmal möchte ich mich auch bei der Vorsitzenden des Rechnungshofaus­schusses dafür bedanken, dass sie erwähnt hat, dass gestern hier eine wichtige Ver-


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anstaltung stattfand, nämlich zum Austausch zwischen Rechnungshöfen und Volksan­waltschaften im europäischen Kontext. Es sind wirklich sehr viele Rechnungshofpräsi­denten und auch Ombudsmänner gekommen. Das ist etwas, was es vielleicht in dieser Form noch nicht gegeben hat, dass sich die parlamentarischen Kontrollinstitutionen zu­sammentun und schauen, was sie aus den unterschiedlichen Gesichtspunkten und Auf­gabenstellungen heraus für einen Ansatz wählen können, damit Good Governance un­terstützt und der Bürgernutzen vergrößert werden kann.

Rechnungshöfe haben sich ja dazu verpflichtet, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu unterstützen und zu überprüfen, inwieweit die Staaten da vorbereitet sind und inwieweit sie sie umsetzen. Ein Nachhaltigkeitsziel, das für die Rechnungshöfe be­sonders interessant ist, ist das Ziel Nummer 16, das Effizienz, Transparenz und Re­chenschaftspflicht betrifft.

Da möchte ich jetzt wieder den Bogen zu den Berichten spannen, die heute auf der Tagesordnung stehen: Da geht es zum Ersten um die Wohlfahrtsfonds. Die Position des Rechnungshofes ist klar, sie ist einfach nachzulesen: Die Fonds sind historisch begründbar, wir haben nicht den Zweck infrage gestellt, aber die Organisation, und wir haben gesagt, es würde effizienter gehen. Es liegt jetzt an Ihnen, am Ministerium, das umzusetzen. – Was ich vielleicht auch noch sagen muss: Jene, die in den Genuss da­von kommen, stellen einen geringen Prozentsatz dar, wenn man die Anzahl der Be­diensteten des Innenministeriums betrachtet.

Der zweite Bericht betrifft die Follow-up-Überprüfung zum Thema Bundeskriminalamt. Ein wichtiger Punkt – etwas, das wir immer wieder betonen – ist die Frage: Wie werden Rechnungshofempfehlungen umgesetzt? Diese Follow-up-Überprüfung hat ein sehr unbefriedigendes Ergebnis gezeigt, nämlich dass nur knapp die Hälfte der Empfeh­lungen umgesetzt worden ist. Das heißt, da gibt es noch einiges zu tun. Wir haben das jetzt auch noch einmal in Empfehlungen formuliert, und ich bitte Sie, auch im Nachfra­geverfahren darauf zu achten, welche dieser zentralen Empfehlungen umgesetzt wer­den – von Belastungskennzahlen, die entlang der strategischen Ausrichtungen erstellt werden sollen, über Verbesserungen im Bereich der Bekämpfung der Wirtschaftskri­minalität bis hin zur Abschaffung von Sonderregelungen für internationale Projekttätig­keit. Das sind alles Punkte, die uns ganz wichtig sind, es sind viele Empfehlungen in diesem Bericht enthalten, und ich wäre sehr dankbar dafür, wenn das Hohe Haus mich unterstützt, wenn es um die Umsetzung von Empfehlungen geht. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

20.35

20.35.25


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist, schließe ich die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Wohlfahrtsfonds des Bundesminis­teriums für Inneres, III-94 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer mit dem Bericht einverstanden ist und ihn zur Kenntnis nimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig und somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Rech­nungshofausschusses, den Bericht betreffend Bundeskriminalamt, Follow-up-Überprü­fung, III-84 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme sind, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig und somit angenommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 221

20.36.2612. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staatsan­waltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ. 82
St 16/17x, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Kira Grünberg (277 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Noll. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.37.01

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich mache quasi die Aufwärmübung, bevor Kollege Fürlinger dann berichten wird, wie der Immuni­tätsausschuss das sieht. Ich sehe es nämlich ganz anders. Es geht um die Frage, ob dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft auf Auslieferung von Kollegin Grünberg stattge­geben wird oder nicht.

Ich möchte Ihnen dazu drei Dinge sagen.

Erstens: Dieses Auslieferungsersuchen, das uns hier vorliegt und das Sie hoffentlich alle ganz genau studiert haben – nicht nur die Mitglieder des Immunitätsausschusses, sondern Sie alle als Parlamentarierinnen und Parlamentarier –, ist wirklich eine über­aus seichte, überaus schleißige und in der Sache kaum zu vertretende Arbeit.

Bitte erinnern Sie sich, dass Amtsdelikte allesamt von einer sogenannten überschie­ßenden Innentendenz gezeichnet sind. Das heißt, es kommt immer darauf an, mit wel­chem Vorsatz Verdächtige etwas getan haben. Wenn Sie sich diesen Auslieferungs­antrag durchlesen, werden Sie sehen, dass die Frage des Vorsatzes, der bei all diesen Amtsdelikten, insbesondere nach § 304, § 306, § 307b StGB und so weiter, die ja gel­tend gemacht werden, von ausgesprochener Wichtigkeit für die Entscheidung darüber ist, ob es einen dringenden Tatverdacht gibt oder nicht, nicht einmal thematisiert wird!

Man müsste diesen Auslieferungsantrag so, wie er ist, einfach zurückwerfen, weil er den Erfordernissen eines solchen Antrags nicht entspricht.

Jetzt komme ich zum zweiten Punkt: Was ist dieses Haus kleinmütig, wenn es daran denkt, aufgrund eines derartigen Zettels ein Mitglied dieses Hauses strafbehördlicher Verfolgung auszusetzen? Das nächste Mal ist es jemand anderer, möglicherweise ein Justizminister, der die weisungsgebundenen Staatsanwälte anweist, irgendjemanden anzuschießen, auch wenn er weiß, dass nichts ist, weil schon irgendetwas hängen bleiben wird! Dass sich dieses Haus dieser Gefahr aussetzen will und sich nur aus Sorge, Angst oder auch antizipativer Sorge vor der medialen Darstellung dieser Sache dazu durchringt, diese Auslieferung zu beschließen, finde ich einfach dem parlamenta­rischen Ethos und der Würde dieses Hauses nicht entsprechend.

Dritter Punkt: Der Auslieferungsantrag ist ganz, ganz unpräzise in Bezug darauf, nach welchem Tatbestand überhaupt verfolgt wird.

In der Betreffzeile steht § 306 StGB, in der Erzählung, bei den Verdachtsmomenten steht einmal § 304, § 305, dann § 307a. Wir wissen gar nicht, was die Staatsanwalt­schaft da tatsächlich verfolgen wird.

Klar sind nur zwei Dinge: Das Auto, das Frau Kollegin Grünberg gegeben wurde, wurde 2015 zugesagt und erst im November 2017 übergeben. Deshalb sagt die Staatsanwaltschaft selbst, entgegen dem, was im Immunitätsausschuss von allen


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Fraktionen gesagt wurde: Da besteht der Verdacht eines politischen Zusammen­hangs – und das ist ja auch klar. Entweder es steht nicht im Zusammenhang mit einer politischen Tätigkeit, dann kommt die Tatbestandsmäßigkeit dieser Amtsdelikte gar nicht infrage; oder es steht in einem politischen Zusammenhang, dann sollten wir auch nicht ausliefern.

Ich bitte das Hohe Haus, wirklich zu bedenken, was da gemacht wird, zumal in Folge­fällen immer wieder darauf verwiesen werden wird, dass das Hohe Haus seine stän­dige Praxis der Auslieferung mit dieser Entscheidung ändert – und das nächste Mal ist es so ein Zettel, da steht nur mehr drauf: Wir wollen jemanden, gebt ihn uns! – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz sowie des Abg. Engelberg.)

20.41


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Fürlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.41.19

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Präsidium! Lieber Alfred Noll, ich teile deine Ausführungen zu Punkt 1 und zu einem guten Teil zu Punkt 3.

Um es aber auch für die Öffentlichkeit einmal klar darzulegen: Jeder von uns weiß, Kira Grünberg hatte 2015 einen furchtbaren Trainingsunfall und ist seitdem querschnittge­lähmt. Damals, meine Damen und Herren, sind die Politik, die Sporthilfe und Teile der Bevölkerung zusammengelaufen, um zu helfen. Das war eine große Schockwelle, es gab große mediale Berichte über das Schicksal der Kira Grünberg. Alle sind zusam­mengelaufen, um zu helfen, und ein Teil dieser Hilfe war, dass ein Sponsor, Private, die bei einem Charitylauf mitgelaufen sind, und der Vater gemeinsam dafür gesorgt ha­ben, dass ein Auto, das damals, 2015, symbolisch übergeben worden ist, gegeben wird, damit sich Kira Grünberg weiter fortbewegen kann.

An dieser Stelle muss ich schon festhalten, meine Damen und Herren, wenn diese Hil­fe, diese Solidarität der Gesellschaft, der Politik, des Sponsors und der Privaten in den Rang der Strafbarkeit gehoben werden soll, dann lässt mich das einigermaßen ratlos zurück. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Noll.)

Da spielt es meiner Meinung nach – im Übrigen auch rechtlich – keinerlei Rolle, dass dieses Auto 2017, irgendwann einmal, nach kompliziertesten Umbauten, übergeben worden ist.

Ich will mich nicht über die mangelnde Empathiefähigkeit oder sonstige Charakter­schwächen des Anzeigers unterhalten. Wir müssen auch eins klar sagen – du hast die Politik insgesamt angesprochen –: Wir sind hier herinnen ja immer wahnsinnig stolz darauf, dass wir Whistleblower-Boxen und was weiß ich was alles gefunden haben, dass jeder jeden irgendwie, wenn es geht, möglichst anonym, nach dem Motto: Es wird schon etwas hängen bleiben!, anpatzen kann. Ob diese Systeme so toll sind, darüber kann man nachdenken. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Genau!)

Was mich aber ratlos zurücklässt, und da treffe ich mich mit dir, Alfred Noll, ist, dass eine Strafverfolgungsbehörde, von der ich ausgehe, dass sie die rechtlichen Rahmen­bedingungen und den besonderen Teil des Strafrechts auch gelegentlich studiert hat, da irgendetwas Strafbares finden kann. Es beißt sich ja die Katze doch einigermaßen in den Schweif: 2015 war sie nicht Abgeordnete und hat das Auto bekommen. Dass die Übergabe hier noch irgendeine rechtliche Relevanz haben soll, die zu einer Strafbarkeit führt, ist aus meiner Sicht vollkommen ausgeschlossen.

Ich glaube auch, dass wir gut daran tun, einmal zu betonen, dass es gut ist, dass wir Persönlichkeiten dieser Größe und mit dieser Kopfstärke wie Kira Grünberg überhaupt für die Politik gewinnen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 223

Ich glaube, das sollten wir alle beherzigen, denn Kira Grünberg war eine große Sport­lerin, und sie musste nach diesem Unfall eine noch viel, viel größere Leistung erbrin­gen, als sie dies vor dem Unfall getan hat, und erbringt sie jeden Tag. Ich glaube, ich kann das für unseren Klub sagen: Wir sind stolz auf Kira und froh, dass wir sie da­beihaben, und wir werden auch jetzt an ihrer Seite stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Der Grund dafür, dass wir heute trotzdem, entgegen deiner Empfehlung, Alfred, sagen, wir werden mit der Feststellung, dass diese Gabe eines Autos durch einen Sponsor im Jahr 2015 nichts, aber auch gar nichts mit Politik zu tun hat, den Weg frei machen, ist, dass auch im Sinne von Kira Grünberg diese unsäglichen Vorwürfe endgültig geklärt werden sollen. Damit geben wir dem Herrn Staatsanwalt oder der Frau Staatsanwältin auch schon eine Handreichung mit, denn wenn wir in diesem Haus feststellen, dass das mit Politik nichts zu tun hat, dann kann wohl auch der Tatbestand – Stichwort Amtsträger – nicht erfüllt sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.45


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Feichtinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.45.46

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Bringen wir die Dinge doch auf den Boden dessen zurück, worüber der Immunitäts­ausschuss zu befinden hat: Der Immunitätsausschuss hat nicht darüber zu befinden, ob das Delikt verwirklicht wurde, ob dann eine allfällige Strafbarkeit – und in welchem Ausmaß – vorliegt oder nicht, sondern der Immunitätsausschuss hat darüber zu befin­den, ob es einen Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit gibt oder nicht. (Zwischen­ruf des Abg. Martin Graf.)

Da das inkriminierte Verhalten, wenn man so will, 2015 gesetzt wurde – was aus mei­ner Sicht absolut unstrittig ist – und Frau Kollegin Grünberg erst 2017 hier ins Haus eingezogen ist, liegt der Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit aus unserer Sicht nicht vor, und daher werden wir der Auslieferung zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)

20.46


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Schrangl. – Herr Abgeordneter, bitte schön.


20.47.00

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordneten! Es ist, wie mein Vorredner schon treffend aus­geführt hat, nicht unsere Aufgabe, über Frau Grünberg oder die Staatsanwaltschaft zu richten.

Herr Kollege Noll, Sie haben recht und Sie haben treffend festgestellt, dass es bei die­sem Vorwurf eben auch eine innere Tatseite gibt; aber ohne die Verfolgungsermäch­tigung, die der Immunitätsausschuss und das Hohe Haus hier heute geben, kann nicht einmal eine Beschuldigteneinvernahme gemacht werden, und deswegen kann über­haupt nicht über die innere Tatseite gesprochen werden. Da finde ich eher, dass die Staatsanwaltschaft schon gut gehandelt hat.

Unsere Aufgabe ist es, den Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit fest­zustellen. Die Übergabe für dieses Auto wurde im Jahr 2015 entschieden, und auch wenn es erst jetzt übergeben worden ist, war 2015 noch nicht absehbar – außer viel-


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leicht für Hellseher –, dass Frau Grünberg einmal in dieses Hohe Haus hier einziehen wird. Daher gibt es unserer Meinung nach ganz klar keinen Zusammenhang mit ihrer parlamentarischen Tätigkeit, und aus diesem Grund ist das Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft auf jeden Fall positiv zu bescheiden. Diese wird dann richten und darüber entscheiden, wie weiter vorgegangen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Plessl, Vogl und Scherak.)

20.48

20.48.32


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 277 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ. 82 St 16/17x, um Zustimmung zur behördli­chen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Kira Grünberg wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit der Abgeordneten zum Nationalrat Kira Grün­berg besteht.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein zustim­mendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

20.49.3013. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Einhaltung un­ternehmerischer Sozialverantwortung (Sozialverantwortungsgesetz – SZVG) er­lassen wird (324/A)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen zum 13. Tagesordnungspunkt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zunächst erteile ich dem Antragsteller, Herrn Abgeordnetem Stöger, das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.50.00

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die erste Lesung heute zu einer ganz spannenden Rechtsmaterie ist mir eine besondere Freude. Wir wollen in diesem Haus ein Sozialverantwortungs­gesetz beschließen, und ich habe dazu einen Antrag eingebracht.

Worum geht es? – Es geht darum, dass wir alle der Auffassung sind, Kinderarbeit soll­te weltweit nicht zugelassen sein. Es werden aber in Österreich Produkte vertrieben, insbesondere im Bereich von Textilien, Bekleidung und Schuhen, die mithilfe von Kin­derarbeit erzeugt werden. Es geht jetzt darum, ein Gesetz zu schaffen, damit jene, die solche Produkte in den Handel bringen, zertifiziert werden und sicherstellen müssen, dass solche Produkte nicht mithilfe von Kinderarbeit produziert werden. Wir wollen ein neues rechtsstaatliches Verfahren entwickeln, das dazu führt, die Kernnormen, nämlich ein Verbot der Kinderarbeit, auch in die Praxis umzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wollen wir dadurch erreichen, dass wir eine Verbandsklage ermöglichen, das wollen wir dadurch erreichen, dass es eine Ge­winnabschöpfung gibt, und das wollen wir dadurch erreichen, dass wir das Gebot, Kin­derarbeit zu verbieten, im internationalen Handel umsetzen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 225

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich ersuche Sie, diskutieren Sie das auch in Ihrem Klub! Ich freue mich auf eine spannende Diskussion über dieses neue Rechts­gebiet, auch im Sozialausschuss, und es würde mich sehr freuen, wenn wir es schaf­fen, in diesem Parlament eine Allparteieneinigung für die Rechte der Kinder weltweit zustande zu bringen. Eine Einladung zu dieser Diskussion spreche ich hiermit aus. (Beifall bei der SPÖ.)

20.52


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Gödl. – Herr Abgeordneter, bitte.


20.52.12

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Danke für diese Einladung und danke auch für diesen Beitrag, in dessen Rahmen wir über Zwangsarbeit und Kinderarbeit im globalen Zu­sammenhang diskutieren können. Ich denke, wir sind uns ja alle zu hundert Prozent ei­nig, dass wir alle möglichen Maßnahmen ergreifen müssen, gerade auch in demokrati­schen Staaten, damit Kinderarbeit und Zwangsarbeit so weit wie möglich beziehungs­weise gänzlich unmöglich gemacht werden.

Wir haben auch eine Verpflichtung dazu: Wir haben uns zum Beispiel zu den 17 SDGs, also den Sustainable Development Goals, verpflichtet, und das achte Ziel beschreibt eben die Punkte menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum. Diese Ziele sind unbestritten, da sind wir uns sicher einig. Die Frage ist natürlich immer: Welchen Weg können wir beschreiten? – Da wissen wir, dass es auch auf internationaler Ebene, zum Beispiel bei der ILO, bereits einige Maßnahmen gibt.

Was wir aber nicht glauben, ist, dass dieses Gesetzeswerk, das Sie einbringen, das wir selbstverständlich im Sozialausschuss diskutieren werden, ein geeigneter Hebel ist. Ich glaube sogar, dass er nicht ganz unseren Rechtsnormen entspricht, weil wir uns als Österreich, als kleines Österreich, natürlich nicht so ohne Weiteres eigene Marktbe­schränkungen geben können. Zum einen sind wir nun einmal Teil der EU, und da gibt es eben zum Beispiel den Artikel 34 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäi­schen Union, der besagt, dass wir europaweit gerade hinsichtlich des freien Warenver­kehrs gemeinsame Normen brauchen.

Es ist ja in Ihrem Antrag schon bezeichnend, Herr Stöger, dass Sie immer wieder, in manchen Passagen auf die EU-Holzhandelsverordnung verweisen – und das ist ja richtig. Warum verweisen Sie auf eine EU-Verordnung – Verordnungen im EU-Bereich sind übrigens in den Mitgliedstaaten direkt gültig und umsetzbar? – Weil Europa natür­lich an sich ein gemeinsamer Markt ist, wir vier Grundfreiheiten haben und eine davon die Warenverkehrsfreiheit ist. Das bedingt eben auch, dass eine Ware, die in einem anderen EU-Land in Verkehr gebracht wird, automatisch auch für Österreich zugelas­sen ist. Das heißt, ein Gesetzeswerk, das nur auf den österreichischen Markt abzielt, ist aus meiner Sicht, aus unserer Sicht gar nicht möglich. (Abg. Vogl: Wir dürfen kenn­zeichnen!)

Wir können das durchdiskutieren, wir werden das auch durchdiskutieren, aber es gibt eben schon allein diese Hürde, die aus europarechtlicher Perspektive gar nicht so leicht zu nehmen ist. Das ändert nichts daran, dass wir mit voller Kraft, mit allen Mit­teln, aber wahrscheinlich auf höherer Ebene, zumindest auf EU-Ebene, weitere Maß­nahmen zu treffen hätten. Wir werden das im Ausschuss aber natürlich sehr genau dis­kutieren. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.55


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Gruber. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 226

20.55.44

Abgeordnete Renate Gruber (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur zu meinem Vorredner, Abgeordnetem Ernst Gödl, sagen, dass er natürlich recht hat, aber man kann als Österreich auch einmal eine Vorreiter­rolle übernehmen, und ich glaube, dass das ganz, ganz wichtig ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gödl.)

Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, Kinderarbeit abzulehnen. Ich finde es sehr, sehr traurig, dass wir diesen Punkt heute überhaupt diskutieren müssen, denn viele Unternehmer und Unternehmerinnen haben schon Produkte in ihrem Sortiment, welche nicht durch Kinderarbeit gefertigt wurden. Ich denke, es ist für alle Unternehmer auch eine Chance, dies zu kommunizieren, denn die Konsumenten und Konsumentin­nen kaufen viel bewusster ein, und das wissen wir alle.

Kinderarbeit und Zwangsarbeit sind generell abzulehnen. Kein Mitglied dieses Hauses kann sich in Kleidung wohlfühlen, die durch Kinderarbeit oder Zwangsarbeit hergestellt wurde. Daher appelliere ich an alle Abgeordneten, diesen Antrag zu unterstützen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

20.56


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.56.55

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseher zu Hause, so Sie noch zuschauen! Herr Kollege Stöger, wenn ich jetzt bösartig und sar­kastisch wäre, würde ich fragen, warum Ex-Minister Stöger diesen Antrag nicht schon früher, in den vergangenen zehn Jahren, eingebracht hat. Ich bin aber nicht bösartig und nicht sarkastisch, und das Thema ist auch viel zu ernst, um damit zu spielen. Es ist aber schon ein bisschen sonderbar, dass wir dieses Thema heute diskutieren. Es freut mich jedoch, dass Sie in die neue Regierung so viel Hoffnung setzen, dass diese Din­ge umgesetzt werden, und grundsätzlich werden wir dieser Geschichte auch positiv ge­genüberstehen – das einmal zur Einleitung.

Worum geht es in Ihrem Antrag und bei Ihrer Idee? – Es geht im Grunde genommen darum, im Textilbereich, was Kleidung und Schuhe betrifft, wo leider Gottes in Öster­reich, aber auch im restlichen Europa generell Produkte auf dem Markt sind, die mithil­fe von Kinderarbeit oder Zwangsarbeit produziert wurden, Importeure, Vertriebsfirmen und Textilfirmen mehr oder weniger dazu zu zwingen, diese Produkte vom Markt zu nehmen. Das ist grundsätzlich eine sehr sinnvolle Idee, weil ich glaube, dass niemand hier im Saal viel Freude mit einem T-Shirt hat, das ein neunjähriges Mädchen irgendwo in Bangladesch erzeugt hat.

Es ist eine hoch ethische Frage, aber in der Grundthematik auch nicht ganz einfach zu lösen – das wissen Sie, Herr Ex-Minister Stöger –, deshalb ist es auch in Ihrer Periode nie passiert. Wir werden uns aber sicher bemühen, gemeinsam mit der ÖVP eine prak­tikable Lösung zu erzielen.

Vielleicht ist noch erwähnenswert: Bei Ihrer Idee wäre es möglich, eine Verbandsklage zu führen, über den VKI zum Beispiel, was ich auch unterstütze, weil wir den VKI auch stärken wollen. Da sind Maßnahmen möglich, Produkte vom Markt zu nehmen, aber auch Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

Der wichtigste Punkt ist meines Erachtens – und das wird nicht ganz einfach sein –, dass die Ziel- und Stoßrichtung die – ich sage es bewusst – Großkonzerne sind. Ich will jetzt keine Namen nennen, aber ich glaube, wir wissen alle, wovon wir sprechen. Es geht nicht um die kleine Boutique irgendwo in der Innenstadt oder um einen kleinen


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Importeur, sondern es geht wirklich um die großen Strukturen, die in diesem Geschäft weltweit Milliardenumsätze machen. Man wird sich aber anschauen müssen, ob das auch rechtlich alles so hält.

Einige Problemfelder sehe ich schon. Es ist natürlich wieder ein hoher administrativer Aufwand – das wollten wir mit dem Regierungsprogramm eigentlich grundsätzlich eher in die andere Richtung bewegen –, denn Sie verlangen eine Dokumentationspflicht, ei­ne Prüfpflicht; es ist also schon ein komplexer Aufwand.

Ein Riesenthema, das auch von Ihrer Seite nicht gelöst wird, ist der ganze Onlinehan­del, der gerade in diesem Bereich natürlich eine marktbeherrschende Stellung hat, der aber von diesem Gesetz überhaupt nicht betroffen wäre, was ich schon als großes Problem in der Umsetzungsphase sehen würde.

Summa summarum, wie gesagt: Die neue Regierung wird sich in diesem Bereich mit starker Unterstützung der FPÖ mit Sicherheit gegen Kinderarbeit, gegen Zwangsarbeit einsetzen. Ich freue mich auf eine spannende Diskussion und würde mich auch freuen, wenn wir es vielleicht schaffen, einen Allparteienantrag einzubringen – einen Antrag, hinter dem alle stehen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bravoruf des Abg. Lausch.)

21.00


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.00.41

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (PILZ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die ILO, die Internationale Arbeitsorganisation, hat Ende 2017 Zahlen betreffend Kinderarbeit veröffentlicht, und diese bestätigen, dass weltweit über 152 Millionen Kinder zwischen fünf und sieben Jahren arbeiten, und das täglich und unter gefährlichen und ausbeuterischen Bedingungen. Die höchste Anzahl an Kinderarbeitern findet sich in Afrika, im Pazifik und in Asien. Die Profiteure von Kin­derarbeit sind jedem bekannt: auf der einen Seite Kinderhändler und auf der anderen Seite natürlich ganze Industriezweige. Die Kinder haben natürlich auch entsprechende körperliche und seelische Schäden, gehen meist nicht zur Schule, und das hat na­türlich Auswirkungen auf das gesamte weitere Leben.

Es gilt, dem mit Vehemenz einen Riegel vorzuschieben. Ich gebe da meinen Vorred­nern auf alle Fälle recht und möchte mich auch der inhaltlichen Stoßrichtung des Antra­ges selbst anschließen.

Wir haben auf europäischer Ebene bereits allgemeine Regelungen getroffen und uns auch auf verbindliche Normen geeinigt; unter anderem auch auf die ILO-Kernarbeits­normen, in denen unter anderem auch ein Verbot von Kinderarbeit und natürlich auch von Zwangsarbeit festgeschrieben ist. Trotz allem: Ausgenommen sind Importe, und für diese Importe sollen auch Regelungen getroffen werden, nämlich dahin gehend, dass auch geklagt werden kann, wenn Unternehmen trotz allem, trotz aller Standards, die wir uns selbst auferlegt und festgeschrieben haben, Produkte, Rohstoffe importie­ren, die durch Kinderarbeit erzeugt worden sind. Das soll auch geregelt werden, und es sollen Konsequenzen, Strafen eingeführt werden.

Es gibt ein paar Punkte, die ich zum vorliegenden Initiativantrag gerne einbringen möchte; es ist schon einiges erwähnt worden. Kinderarbeit selbst konzentriert sich zum größten Teil auf den Bereich der Landwirtschaft, des Weiteren auf Dienstleistungen, und der kleinste Teil ist im Bereich der Industrie angesiedelt. Ein künftiges Gesetz darf sich deshalb nicht auf den Bereich der Textilindustrie beschränken, das heißt, nur die Bekleidungsindustrie umfassen, sondern es geht um Rohstoffgewinnung, um Rohstoff­verarbeitung, natürlich dementsprechend auch um Bekleidung, es geht um Lebensmit­tel, es geht um Elektrogeräte. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)


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Weiters müssen wir auch einen Weg finden, um den Onlinehandel zu regeln; ja, ich gebe meinem Kollegen Wurm vollkommen recht. Es braucht eine Lösung auf europäi­scher Ebene, weil wir sonst durch die aktuelle Rechtslage keinerlei Unternehmen ohne Sitz in Österreich, das Onlinehandel betreibt, erwischen. Das heißt, da muss auch eine EU-weite Regelung angedacht werden.

Abschließend – das ist auch mein Input –: Die Verbandsklage sollte auch für private Verbraucherschutzvereine ermöglicht werden, denn schlussendlich ist es egal, wer diesen Unternehmen die Konsequenzen auferlegt und schlussendlich eine Abschöp­fung des Gewinns erreicht, der durch Kinderarbeit, das heißt durch Produkte, die durch Kinderarbeit erzeugt worden sind, erzielt worden ist. Ob staatliche Verbraucherschutz­vereine oder private Verbraucherschutzvereine, das muss egal sein, es geht um das gemeinsame Ziel.

Im Bereich der Menschenrechte gibt es noch Aufholbedarf. Ich wünsche mir wirklich, dass wir eine parteienübergreifende Lösung zustande bringen. Egal, ob es schon vor zehn Jahren hätte gemacht werden können – wir können es heute machen, und des­halb würde ich sagen: Gehen wir es an! – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

21.04

21.04.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ich darf den Antrag 324/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuweisen.

21.04.0714. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz (B-VG) geändert wird sowie Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsge­setz 1975) geändert wird (167/A)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf Frau Abgeordneter Krisper das Wort erteilen. – Bitte.


21.04.41

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen! Für uns alle ist ein funktionie­render Geheim- und Nachrichtendienst essenziell. Damit er gute und beste Arbeit für Österreich und für die Sicherheit in unserem Land leistet, braucht es eine umfassende parlamentarische Kontrolle. Wir haben im Moment aber das Problem, dass es zwei Un­terausschüsse gibt – einen Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses und einen Unterausschuss des Innenausschusses, dem ich selber angehöre –, das heißt, die Abgeordneten haben jeweils nur das halbe Bild der geheim- und nachrichtendienst­lichen Tätigkeit, die in Österreich geleistet wird, deswegen unser Antrag für die Ein­richtung eines Ausschusses nach dem Vorbild des Parlamentarischen Kontrollgremi­ums des Deutschen Bundestages, der auch mehr Rechte haben soll. Dort sollen auch weniger Abgeordnete als die Mehrheit Rechte haben, und zwar soll schon ein Viertel der Abgeordneten die Möglichkeit haben, Einsicht in Unterlagen zu nehmen und auch in den Amtsräumen der Behörden Augenscheine vorzunehmen, um mehr Einblick zu bekommen.

Ebenso wichtig ist, dass schon ein Abgeordneter Anträge auf Aufklärung über die Infor­mationslage stellen kann, damit wir besser wissen, was unsere Dienste machen, wel-


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che Aufträge sie vom jeweiligen Minister bekamen und welche Maßnahmen gesetzt wurden.

Ich hoffe auf eine konstruktive Debatte im Ausschuss abseits der parlamentarischen parteipolitischen Polemik. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Lindinger. – Bitte.


21.06.14

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bei die­sem Antrag, den die Abgeordneten Krisper, Kolleginnen und Kollegen vorgelegt haben, geht es, wie gesagt, um eine Abänderung des Geschäftsordnungsgesetzes, um die Einführung eines Kontrollausschusses. Ich frage mich nur, wieso wir diesen Ausschuss brauchen, wenn wir funktionierende Fachausschüsse haben. Sie haben es angespro­chen. Es gibt bereits den Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses, es gibt bereits den Ständigen Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses, und die­se Fachausschüsse arbeiten in meinem Sinne, in unserem Sinne hervorragend und vor­bildlich.

Wie Sie auch angesprochen haben, müssen die Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit und das Verlangen von einschlägigen Auskünften und von Einsicht in die Unterlagen von den Ministern gesichert sein, dies ist aber aus unserer Sicht auch der Fall.

Ich freue mich darauf, mit Ihnen und den Kolleginnen und Kollegen im Geschäftsord­nungsausschuss gemeinsam darüber zu diskutieren, denn eines ist aus unserer Sicht ganz klar: Es muss eine lückenlose parlamentarische Kontrolle geben! – Diese werden wir auch in Zukunft vorfinden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

21.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lue­ger. – Bitte.


21.07.54

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Antrag der Frau Kollegin Krisper: Das bestehende System zeigt uns jetzt, dass die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste, speziell der Nachrichtendienste des Bundesheeres, aber auch des BVT, zweifellos sehr verbesserungsfähig ist. Allein die ersten Sitzungen des BVT-Untersuchungsausschusses haben aufgezeigt, was da für ein Mangel herrscht und dass wir in Zukunft ein noch größeres Augenmerk auf die parlamentarische Kontrolle haben müssen.

Gerade der Rechtsschutzbeauftragte hat im Bereich des staatlichen Polizeischutzes sowie in den Nachrichtendiensten im präventiven Teil eine wichtige Aufgabe, für die er sowohl die räumliche als auch die personelle Ausstattung braucht, die derzeit nicht im­mer vorhanden ist. Andererseits gibt es auch die Idee, dass wir in die nachfolgende Kontrolle des Rechtsschutzbeauftragten verstärkt eingebunden sind, dass er vielleicht Teil des Parlaments ist, damit wir zu mehr Informationen kommen. Das gehört disku­tiert, das gehört gut diskutiert.

Ich freue mich auch schon auf die Diskussion, wenn wir über dieses hoffentlich entste­hende Gesetz sprechen werden, aber die Grundlage dieser Diskussion sollte auch noch das Ergebnis des BVT-Untersuchungsausschusses sein, dadurch könnten wir noch


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 230

vieles einfließen lassen. Auf dieser Basis können wir dann aufbauen und sind auf alle Fälle positiv dabei. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

21.09

21.09.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen.

Ich darf den Antrag 167/A dem Geschäftsordnungsausschuss zuweisen.

21.10.0215. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (325/A)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 15. Tagesordnungspunkt.

Wir dürfen in die Debatte eingehen.

Herr Abgeordneter Bernhard erhält das Wort. – Bitte.


21.10.09

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Das Recht, eine Petition einzu­bringen, stammt aus dem Jahr 1867. Die Dezemberverfassung legte das damals in Ar­tikel 11 fest, und seit damals ist viel passiert. Es gab die industrielle Revolution, die Massenproduktion, die Elektrizität hat sich durchgesetzt, die Kommunikation jedweder Art, der Transport, die ganze Welt hat sich geändert, Österreich ist kein reiner Agrar­staat mehr. Was sich nicht geändert hat, ist das Petitionsrecht. Es ist das gleiche wie 1867 und besagt – vom damaligen Menschenbild ausgehend war das auch eine Revo­lution, heute ist es das nicht mehr so sehr –, dass Bürgerinnen und Bürger in diesem Land die Möglichkeit haben, gehört zu werden; nur gehört zu werden, das heißt nicht, dass sie verstanden werden. Das bedeutet nicht, dass ein Dialog stattfindet. Das be­deutet nicht, dass man einander auf Augenhöhe begegnet oder, was im 21. Jahrhun­dert ein Selbstverständnis wäre, dass man sie einbindet und auch ein Stück weit Ent­scheidungen nachvollziehbar macht.

Deswegen haben wir im Geschäftsordnungsausschuss einen Antrag eingebracht, um die Spielregeln aus dem 19. ins 21. Jahrhundert zu transferieren. Das mag aus man­cher Hinsicht vielleicht etwas banal klingen, aber es ist zwingend erforderlich, wenn wir den Menschen die Akzeptanz der Politik und die Prozesse der Politik verständlicher machen wollen. Ich halte das für einen relevanten Beitrag in dieser Legislaturperiode.

Zentrale Forderungen meines Antrages sind einerseits, dass Bürgerinitiativen künftig­hin online eingebracht werden können und es nicht mehr physisch eine Unterschrift und einen Übergabeort braucht, dass es ein Rederecht für Initiatoren und Initiatorinnen gibt, wenn 5 000 Unterschriften erreicht werden. Das bedeutet auch, dass es eben eine bestimmte Anzahl gibt, ab der man weiß, man kann als Bürger und Bürgerin dem Ab­geordneten das Thema persönlich näherbringen. Ich halte das für ein Ziel, das erreich­bar ist, aber auch für eine Grenze, die dafür sorgt, dass nicht alle Petitionen jedweder Art und rund um die Uhr im Nationalrat diskutiert werden.

Wir fordern eine verbesserte Kommunikation zwischen dem Parlament und den Bür­gerinnen und Bürgern. Auch heute ist es noch so, dass ein Serienbrief hinausgeht, wenn eine Petition erledigt worden ist, das heißt: Wir haben Ihr Anliegen gehört und er­ledigt!, aber es steht nicht drin, was diskutiert wurde, es steht nicht drin, was daraus geworden ist, es gibt keine inhaltliche Rückmeldung. Ich denke, das ist das Mindeste, was wir heute im 21. Jahrhundert erwarten dürfen.


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Wir fordern darüber hinaus eine Zusammenfassung mehrerer Bürgerinitiativen mit glei­chem Ausmaß. Als es beispielsweise um das Thema Freihandel ging, aber auch um viele andere Themen, die die Menschen in unserem Land beschäftigt haben, war es nicht möglich, alle Petitionen an einem Tisch gemeinsam zu diskutieren.

Es ist Zeit, dass wir in diesem Bereich einen Schritt vorwärts gehen, es ist seit vielen Jahren nichts passiert. Wir NEOS reden tagein, tagaus mit den Kollegen. Wir müssen diesen nächsten Schritt gehen, wir müssen endlich den Schritt schaffen, dass eine Pe­tition keine Gnade mehr ist, basierend auf einem Bürgerrecht, sondern ein Recht in diesem Hohen Haus, das jeder Bürger und jede Bürgerin aktiv in Anspruch nehmen kann. Ich bitte um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lindin­ger. – Bitte.


21.13.26

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit diesem Antrag des Kolle­gen Bernhard wird etwas vorgelegt, worauf sich die Klubs vor einiger Zeit grundsätzlich schon einmal positiv verständigt haben. Zentral muss es für uns hierbei darum gehen, die möglichen Instrumente der Einbringung der Bürger auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen. Dabei darf man aber eines sicher nicht vergessen: Es muss klar strukturierte Unterschiede zwischen Bürgerinitiativen auf der einen Seite und einem Volksbegehren auf der anderen Seite geben; so zum Beispiel die verpflichtende Anhö­rung des Erstunterzeichners – beim Volksbegehren ist sie gesetzlich festgeschrieben und bei den Bürgerinitiativen nicht unbedingt verpflichtend.

Ein weiterer Punkt ist schon angesprochen worden: Ich glaube, dass wir nur dann auf dem aktuellen Stand der Technik sein können, wenn die Bürgerinnen und Bürger die Bürgerinitiativen auch online unterzeichnen können. Dies muss mit Handysignatur, Bürgerkarte et cetera auch möglich gemacht werden. Eines ist wichtig: dass diese Ins­trumente für Wahlberechtigte in Österreich zugänglich sind.

Ich freue mich darauf, über Ihren Antrag im Geschäftsordnungsausschuss noch näher zu diskutieren, damit wir auch eine zeitgemäße Ausgestaltung der Bürgerinstrumente im Sinne der Bevölkerung Österreichs haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.


21.15.11

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Antrag liegt vor. – Danke, Michael Bernhard, für diese Initiative.

Grundsätzlich ist zu sagen, auch für unsere Fraktion gibt es darin natürlich Ansätze, denen wir auch zustimmen können; etwa wenn wir sehen, dass es in Zukunft Petitio­nen und Bürgerinitiativen auch in elektronischer Form geben soll. Ich glaube, in diesem Zeitalter, im 21. Jahrhundert, und im Zeichen der Digitalisierung 4.0 ist es höchst an der Zeit, dass unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern dieses Instrument zugänglich ge­macht wird.

Eine weitere Erleichterung wird natürlich sein, dass sich der Ausschuss ab einer gewis­sen Anzahl an Unterschriften mit dem Thema befassen muss – nicht so wie jetzt, dass etwas einfach vertagt wird und lange in der Schublade liegen bleibt. Diese Initiative kön­nen wir auch begrüßen.


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Ebenso begrüßen können wir, dass es generell für Bürgerinitiativen und Petitionen im demokratischen Österreich natürlich einen leichteren Zugang geben muss, dass sie aber auch abgearbeitet werden müssen. Das wird, glaube ich, die Schlüsselposition sein, die wir dann selbstverständlich im Ausschuss diskutieren werden. Die Einladung gilt allen Fraktionen, wirklich ernsthaft teilzunehmen.

Ich gebe dem Kollegen Bernhard durchaus recht: Es ist höchst an der Zeit, wirklich die moderne Form für Bürgerinitiativen und Petitionen einzuführen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wasser­mann. – Bitte.


21.16.46

Abgeordnete Sandra Wassermann (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses! Sehr geehrte Zuseher! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Meinungen einholen und Bürger aktivieren, Konflikte bearbeiten und Standpunkte integrieren, das ist das vorrangigste Ziel einer Bürgerbeteiligung. Mit den Menschen in Kontakt zu treten, die Sorgen und Nöte der Bürger ernst zu nehmen, dafür ist die Politik da. Die Freiheitlichen stehen seit jeher für eine bürgerfreundliche Politik. Unser Regierungsprogramm sieht den Ausbau der direkten Demokratie auch vor; insbesondere auch mit der Einführung der Volksinitiative.

Zum Antrag der Kollegen betreffend die Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes darf ich festhalten, dass jede Verbesserung zum Austausch zwischen dem Nationalrat und den Bürgern absolut begrüßenswert ist. Aus diesem Grund ist der Novellierungs­vorschlag für mehr Bürgerbeteiligung per se ein fruchtbarer Vorschlag, der ja bereits in Arbeit ist; siehe Regierungsprogramm und Arbeitsgruppe Geschäftsordnung.

In Ihrem Antrag gibt es jedoch noch etliche Fragen, die für mich offengeblieben sind. Es muss gewährleistet werden, dass nach allen technischen Möglichkeiten die digitale parlamentarische Verfahrensweise der Bürgermitsprache via Onlinepetition, wie es in Ihrem Antrag steht, missbrauchssicher geregelt wird. Ich möchte in diesem Zusam­menhang vor einer Euphorie warnen, denn der Missbrauch im Internet kann gerade in diesem sensiblen Bereich auch gefährliche Auswirkungen haben. Wir haben ja heute schon von der Bundespräsidentenwahl gehört – nicht einmal die war sicher in ihrer Umsetzung.

Aber ich möchte noch einmal zu einem konkreteren Beispiel kommen; es geht um die Bürgerbeteiligung, die ja auch die Freiheitlichen in Kärnten leben. Die Freiheitlichen in Kärnten haben eine Onlinepetition gegen den Missbrauch des Wörthersee Stadions eingebracht. Die Bürger können mitentscheiden, ob dieses umstrittene Kunstprojekt, einen Wald im Stadion zu pflanzen, auch wirklich umgesetzt werden soll oder nicht. Ja, Sie haben schon richtig gehört, die SPÖ möchte in Kärnten gerne Bäume in einem Fußballstadion pflanzen, sie möchte gerne aus einem Fußballstadion einen Wald ma­chen. (Abg. Haider: Da wundert mich gar nichts mehr! Da wundert einen gar nichts!) Allein das gibt ja schon viel zu denken, und wir möchten auch die Bürger einladen, ihre Stimme dazu abzugeben.

Ein weiterer Punkt ist auch, dass wir Freiheitlichen mittels Onlinepetitionen und vielen, vielen Bürgerunterschriften die Verstärkung der Polizeipräsenz am Klagenfurter Haupt­bahnhof gefordert haben. Ich darf unserem Innenminister Herbert Kickl noch einmal herzlich Danke sagen, der sehr unbürokratisch und rasch gehandelt hat, damit wir am Hauptbahnhof eine polizeiliche Verstärkung bekommen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Jede Bürgerbeteiligung setzt Interesse, Motivation und Engagement voraus. Ich möch­te meine abschließenden Worte aber vor allem an die engagierten Bürgerinnen und


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Bürger richten, die sich ehrenamtlich und engagiert in Bürgerräten, in Demokratiewerk­stätten, in kommunalen Planungsworkshops und Bürgerforen einbringen, und dafür ganz, ganz herzlich Danke sagen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir freuen uns auf eine spannende Diskussion im Geschäftsordnungsausschuss. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste und vorläufig letzte Rednerin dazu gelangt Frau Abgeordnete Bißmann zu Wort. – Bitte.


21.20.14

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsi­dent! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie! Unsere Aufgabe hier ist es, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu ver­treten. Aber wie soll das gehen, wenn diese Regierung Möglichkeiten der Mitsprache, die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit bekämpft? Beispiele dafür haben wir in den letzten Wochen genug erlebt; ich muss mir hier wohl nicht die Mühe machen, sämtliche Einzelfälle noch einmal zu rezitieren. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Im aktuellsten Fall hat wohl unser geschätzter Herr Innenminister ein massives Pro­blem mit der Pressefreiheit. (Abg. Hafenecker: Bitte zur Sache!) Darf das Volk nichts mehr sagen, nichts mehr hören, nicht mehr Zugang zu objektiver Berichterstattung ha­ben? (Abg. Haubner: Geschäftsordnungsgesetz!) Darf es denn überhaupt noch mitre­den, wenn es nicht gerade Wahlen gibt? – Meiner Meinung nach darf das Volk eindeu­tig zu wenig.

Werte Vertreter der Regierungsfraktionen! Ich bin der Meinung, Sie sollten sich daran erinnern, dass die Macht in einer Demokratie vom Volk ausgeht. Gerade deshalb ist die Reform des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, wie vom Kollegen Michael Bernhard vorgeschlagen, längst überfällig. Wie er auch schon erwähnt hat: Das Petitionsrecht ist verstaubt, es stammt aus der Kaiserzeit.

Kann es wirklich sein, dass die Einreichung von Petitionen oder Bürgerinitiativen über eine Internetplattform ein Reformvorschlag ist, im Jahr 2018? Lassen Sie uns das bitte schnell ändern, bevor es zu peinlich wird!

Auch das Rederecht im Parlament ab 5 000 Unterschriften für eine Petition ist doch das Mindeste, was wir engagierten BürgerInnen anbieten können. Wäre dieser Re­formvorschlag schon umgesetzt, hätten sich die Initiatoren der Petition Don’t Smoke der Österreichischen Krebshilfe mit ihren 468 000 Unterschriften schon fast hundertmal das Rederecht im Ausschuss erworben. Vielen Dank an die Österreichische Krebshilfe für ihr demokratiepolitisch und gesundheitspolitisch wichtiges Engagement!

Genau das, nämlich die Möglichkeit, den Bürgern und Bürgerinnen dieses Landes eine Stimme zu geben, ist eine der vielen Möglichkeiten, die ich als freie Abgeordnete noch habe. Ich kann es mir leisten, ohne Parteilinie, ohne Klubzwang vielen ungehörten Stimmen in diesem Land Gehör zu verschaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe davon aus, dass Sie die Verfassung respek­tieren und davon absehen, die Rechte der freien Abgeordneten zukünftig zu beschnei­den. Wertschätzen wir die Vielfalt in unserem Parlament, mit freien und klubzugehöri­gen Abgeordneten, so, wie wir die Vielfalt in Gesellschaft und Natur wertschätzen soll­ten! Lassen Sie uns in sachpolitischen Fragen parteiübergreifend kooperieren! Evo­lution ist nämlich nicht Konkurrenz, Evolution basiert auf Kooperation.

Wir müssen aufhören, uns weiter vom Schatten des Rechtspopulismus spalten zu las­sen und anfangen, wieder miteinander zu sprechen, die Stimmen unserer Wählerinnen


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und Wähler zu hören, ihre Anliegen ernst zu nehmen wie im Petitionsausschuss, die Möglichkeiten zu verbessern, gehört zu werden, teilzunehmen und endlich wieder se­riöse und produktive Politik in diesem Land zu machen. (Abg. Hafenecker: Habt ihr das vorher nicht gemacht?)

Um das zu erleichtern, unterstütze ich selbstverständlich mit meiner Stimme und mit bestem Gewissen den Initiativantrag zur Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes meines Kollegen Michael Bernhard, sobald er zur Abstimmung kommt. – Vielen Dank für deine Initiative, Michael. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

21.23

21.23.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich darf den Antrag 325/A dem Geschäftsordnungsausschuss zuweisen.

21.24.0216. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrs­ordnung 1960 (StVO) geändert wird (333/A)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält die Antragstellerin Frau Abgeordnete Bißmann. – Bitte sehr.


21.24.24

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Aller guten Dinge sind zwei, zum Schluss noch einmal.

Die Regierung will den Radverkehranteil bis 2025 verdoppeln. Das begrüßen wir sehr. (Abg. Hafenecker: Wer ist „wir“? Majestätsplural! – Abg. Belakowitsch: Wer ist „wir“? – Heiterkeit bei der FPÖ.) – Meine Wenigkeit, alle Menschen, mit denen ich so auf der Straße spreche, Radfahrerinnen, Radfahrer, Verkehrsteilnehmerinnen, Verkehrsteil­nehmer, mein Team, meine Freunde, meine Familie, viele Menschen. – Wir finden die Verdoppelung des Radverkehranteils bis 2025 richtig gut. Richtig gut! (Beifall des Abg. Bernhard.) Aber es gibt eine Regelung in der StVO, die unlogisch und nicht sinnvoll ist. Diese wollen wir ändern. Und diese „wir“, von denen ich gerade gesprochen habe, finden das auch.

Es gibt einen Initiativantrag, der diese sinnlose Regelung ändern möchte. Um dies zu veranschaulichen, haben wir im Juli einen Flashmob organisiert, an dem über 120 Rad­lerInnen teilgenommen haben. (Abg. Hafenecker: Nicht schlecht!) Ich sage jetzt, wer „wir“ ist: eine zivilgesellschaftliche Initiative, die durch meine ehemaligen Kolleginnen des Parlamentsklubs der Liste Pilz, die Radlobby Österreich und mein Team unter­stützt wurde. (Abg. Hafenecker: Super!) Ich hoffe sehr, dass wir auch zukünftig noch solche gemeinsamen Aktionen starten können.

Das Ergebnis dieses Flashmobs war ein totales Chaos: 120 RadlerInnen haben sich an das Gesetz gehalten und haben sich vorschriftsmäßig mit 10 km/h an eine Rad­fahrerüberfahrt angenähert. Das Chaos entstand eben nicht, weil Gesetze gebrochen wurden, sondern weil sich die Radfahrer an die Gesetze gehalten haben. (Abg. Hafen­ecker: Das ist schmerzbefreit!) Wenn ein Mensch ein Gesetz befolgt, behindert er den Verkehr. Das ist ein inhärenter Widerspruch! Das kann nicht im Sinne einer modernen Straßenverkehrsordnung sein. (Abg. Belakowitsch: Wenn ich bei der roten Ampel ste­henbleibe ...!)


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Aktuell ist ja die 30. Novelle der Straßenverkehrsordnung in Begutachtung. Über 30 Stel­lungnahmen sind im Parlament eingelangt, in denen größtenteils die geplanten Ände­rungen der StVO begrüßt werden, besonders die Verbesserungen in der Kindermobi­lität. Einige der EinsenderInnen inklusive der Radlobby Österreich sprechen sich dafür aus, das Altgesetz – die besagte diskriminierende 10-km/h-Regelung vor ampelfreien Radfahrerüberfahrten – zu überarbeiten. (Abg. Haubner: Schneller fahren!)

Ich zitiere Roland Romano, Sprecher der Radlobby Österreich: Zeitgemäße Verkehrs­regeln sollen logisch und nachvollziehbar sein. Die derzeitige Vorschrift von 10 km/h vor ampelfreien Radfahrerüberfahrten ist ein Sonderfall in Europa und widerspricht den sonstigen Verkehrsregeln der StVO. – Zitatende. (Abg. Haubner: Schneller oder lang­samer?)

Ein weiterer Betroffener möchte hier gerne auch zu Wort kommen: Karl Neumayr, Krankenpfleger aus Eisenstadt (Abg. Belakowitsch: Ja, ich habe es schon gesagt! Der Krankenpfleger!), fühlt sich gefrotzelt, weil er meint, dass das derzeitige Gesetz gegen eine nachhaltige Verbesserung im Straßenverkehr spreche. Er denkt, dass hier Klientelpolitik betrieben wird. – Zitatende.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Stefan Waschmann, Unternehmensberater aus Wien und ehemaliger Referent der Grünen:

Wer einen 5 km langen Fahrtweg hat und an 10 Radfahrerüberfahrten jeweils für 50 m auf 10 km/h abbremsen muss, verlängert seine Fahrtdauer um 90 Sekunden gegen­über einer Kreuzungsgeschwindigkeit von 20 km/h. Die längere der 140 km/h Teststre­cken auf Autobahnen bringt eine Zeitersparnis von 88 Sekunden für die betroffenen AutofahrerInnen. Wie wäre es mal mit einer Teststrecke für angepasste Geschwindig­keit an Radfahrerüberfahrten? Wir Radler würden uns sogar aus dem Fenster lehnen und versprechen, dass sich weder Abgas- noch Lärmniveau entlang der Radfahrer­überfahrten-Teststrecke erhöhen wird. – Zitatende. (Abg. Hafenecker: Auf der A 2?) Es liegen keine weiteren BürgerInnenwortmeldungen vor. (Abg. Belakowitsch: Gott sei Dank!)

Nicht unerwähnt lassen möchte ich noch, dass sich beim Europäischen Radgipfel, der gerade in Salzburg beendet wurde, etliche VerkehrsexpertInnen in Österreich für die Streichung dieser problematischen Regelung und ein österreichisches Radverkehrs­budget ausgesprochen haben.

Was sagen nun die Radfahrerinnen und Radfahrer Ihrer Parteien, Ihrer Fraktionen? Liebe ÖVP! Zur Umsetzung der Klimastrategie brauchen Sie die Radfahrer. Liebe FPÖ! Helfen Sie doch dem kleinen Mann! Autos dürfen schneller über die Straßen brettern, geben Sie auch Radfahrerinnen und Radfahrer angemessene Gesetze! Liebe SPÖ! Durch den Klimawandel steigen nicht nur die Extremwetterereignisse und die Hit­zeepisoden, sondern auch die Gesundheitsrisiken vor allem für ältere Menschen, chro­nisch Kranke und Menschen mit einem geringen Einkommen. Liebe Liste Pilz! Helfen Sie den Radfahrern, können Sie weiterhin glaubhaft Ökothemen vertreten. Liebe NEOS! Es gibt auch pinke Fahrräder.

Ich bitte Sie, dieses Anliegen der Radlerinnen und Radler hier in Österreich ernst zu nehmen und meinen Antrag zu unterstützen. (Abg. Belakowitsch: Radfahrer ...!)

21.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.)


21.30.16

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin Bißmann! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte


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nur darauf hinweisen, dass wir diesen Antrag bereits ausführlich im Verkehrsausschuss diskutiert haben, ihn abgelehnt haben und ihn auch hier im Plenum schon diskutiert und noch einmal abgelehnt haben, denn es geht um den Inhalt, nicht um die generelle Zuordnung, ob wir pro oder contra Fahrradverkehr sind.

Die Zunahme des Fahrradverkehrs, vor allem im urbanen Raum, ist, glaube ich, ein ganz wesentlicher Teil der Weiterentwicklung der Mobilität. Das kann aber letztendlich nicht aus sicherheitstechnischen Gründen zu Ende gehen, denn 10 km/h an der Kreu­zung sind nicht eine Frage der Geschwindigkeit für die Fahrräder, sondern letztendlich eine Frage der Verkehrssicherheit, und diese muss das oberste Ziel bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn Sie hier als Beweis für ein schlechtes Gesetz eine falsche Auslegung mit einem Flashmob – wo mit Fahrrädern eine Kreuzung blockiert wird, weil man 10 km/h schnell fährt (Beifall und Bravoruf des Abg. Hörl) – darstellen wollen, dann möchte ich Ihnen sagen: Wenn wir alle Traktoren mit Anhängern und 10 km/h-Beschränkung aus den Wienerwaldgemeinden durch Wien fahren lassen, können wir vonseiten der Landwirt­schaft eine Woche lang Wien lahmlegen – wenn wir wollen –, aber es wäre eine fehl­ausgelegte Sicht der Gesetze, die uns zur Verfügung stehen; und genauso ist es auch beim Radverkehr.

Man kann nicht Extremsituationen ausnützen, um damit eine Veränderung im Gesetz bewirken zu wollen. Das ist eine total falsche Herangehensweise an einen Bedarf, der da oder dort bestehen möge. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir haben im Tagesordnungspunkt, den wir vorher hatten, sehr viel über die Bürgerbe­teiligung gesprochen, und ich glaube, auch im Bereich Verkehr haben wir ein sehr plu­ralistisches Bild der Bürgerbeteiligung: die Stimmen des Wählers. Und wir haben auch gehört: Die Macht geht vom Volk aus.

Ich möchte Sie aber schon dazu aufrufen, auch mit den Mechanismen des Parlamen­tarismus ernsthaft umzugehen und das auch zu akzeptieren, wenn wir diese Thematik schon ausführlich diskutiert und hier mit Mehrheiten beschlossen haben – denn wenn die Macht vom Volk ausgeht, dann ist es vor allem am Wahltag so. Wenn wir uns die Oppositionsparteien ansehen, müssen wir feststellen, dass bei der SPÖ nicht mehr jener Kandidat vorne steht, der bei der Wahl vorne gestanden ist, dass bei den NEOS nicht mehr jener Kandidat vorne steht, der bei der Wahl vorne gestanden ist, dass bei den Pilzen vielleicht leider wieder jener Kandidat vorne steht, der bei der Wahl vorne gestanden ist (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ), aber Sie selbst nicht mehr dort sind.

Daher bitte ich Sie, die Institutionen des Parlaments nicht extra aufzublasen, sondern auch zu akzeptieren, wenn wir hier etwas beschließen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Stöger. – Bitte.


21.33.30

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, zum Vorredner braucht man nichts mehr zu sagen. (Abg. Belakowitsch: Er hat schon alles klar gesagt!) Er hat schon einiges ge­sagt, das mit dem Antrag nichts zu tun hat.

Was mir wichtig ist, ist folgende Frage: Wie gehen wir mit der Verstärkung des Rad­verkehrs um? Wie gehen wir damit um, dass es verschiedene Verkehrsmittelnutzer gibt und dass jeder Mensch eigentlich Fußgänger, Radfahrer, Bahnfahrer, Busfahrer und manchmal auch Autofahrer ist? – Das ist wichtig, und ich glaube, wir sollten eine Stra­ßenverkehrsordnung haben, die genau darauf hinzielt.


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Wenn man will, dass man technische Kriterien festlegt, wie man gefahrlos eine Straße überqueren, einen Gehsteig überqueren kann, dann muss es auch eine angepasste Ge­schwindigkeit geben. Ich denke, dass die bisherige 10-km/h-Regelung keine schlechte war.

Wenn es aber darum geht, Radverkehr zu stärken, dann bin ich der Erste, der dabei ist. Das braucht aber andere Instrumente. Da geht es darum, dass es Sharing-Angebo­te für Radfahrer gibt. Da geht es darum, dass Bauordnungen, Raumordnungen über­legt werden: Wie kann man Radverkehr stärken? Da geht es auch darum: Wo bringe ich das Fahrrad unter, wenn ich zum Bus, zur Bahn fahre? – Das sind an sich die wich­tigen Auseinandersetzungen, die wir führen sollten.

Ich würde die Diskussion im Verkehrsausschuss dazu nutzen, Radfahren zu stärken. Das ist wichtig. Es ist ein zukünftiger Verkehrsträger, den wir stärker brauchen. In dem Sinne freue ich mich auf diese Diskussion. (Beifall bei der SPÖ.)

21.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.


21.35.32

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Täg­lich grüßt das Murmeltier. Wir haben uns ja bereits im Juni ausführlich über diese Pro­blematik mit der 10-km/h-Annäherung an Kreuzungen auseinandergesetzt. Es hat, glaube ich, ein klares Votum dieses Hohen Hauses dazu gegeben. Ich verstehe nicht, warum dieser Antrag – damals noch mit Pilz, jetzt ohne Pilz – noch einmal eingebracht wird und warum sich jetzt etwas daran verändert haben soll.

Frau Kollegin Bißmann, wenn Ihnen jetzt ohne Fraktion fad ist und Sie nicht wissen, was Sie tun sollen, dann könnte ich Ihnen ja empfehlen: Vielleicht setzen Sie sich ein­mal für Schönwetter für Radfahrer ein, davon hätten sie wirklich etwas. Das wäre ein Antrag, den wir beim nächsten Mal sehr, sehr gerne diskutieren können.

Worum geht es jetzt im Kern der Sache? – Frau Kollegin Bißmann, ich habe es Ihnen schon letztes Mal von dieser Stelle aus erklärt. Sie wollen, dass sich Radfahrer schnel­ler als mit 10 km/h an Kreuzungen annähern können und dadurch den Verkehrsfluss der Radfahrer sozusagen verbessern. Ich habe Ihnen klipp und klar gesagt, diese Re­gelung dient dazu, dass Unfälle bei den verschiedenen Verkehren vermieden werden, und dazu, dass Radfahrer eben nicht von Autofahrern übersehen werden und das viel­leicht zu einer Kollision führt, bei der es schwere Verletzungen gibt.

Kollege Pewny wird dann vielleicht noch auf die Unfallstatistik in diesem Bereich ein­gehen. Das war in Wahrheit der Kern der Sache, über den wir vor wenigen Monaten hier diskutiert haben.

Liebe Frau Kollegin Bißmann, ich möchte Ihnen jetzt noch persönlich etwas mitgeben: Sie geißeln 182 Kollegen mit Ihren politischen Befindlichkeiten – Sie und Ihre Ex-Trup­pe, die Liste Pilz. Wir müssen alle Ausschüsse umstellen, nur damit Sie sich entspre­chend abgebildet sehen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie sind, wie Kollege Nehammer heute schon gesagt hat, ganz offensichtlich sehr schmerzbefreit und quälen uns bei jedem Tagesordnungspunkt mit Ihren Ergüssen. Frau Kollegin Bißmann, bitte konzentrieren Sie sich aufs Wesentliche! (Abg. Kuntzl: Was geht das Sie an?) Wir haben in dieser Republik wirklich sehr, sehr viele wichtige Dinge zu erledigen und zu verbessern. Wir müssen den Scherbenhaufen wegräumen, den uns die Sozialdemokraten hinterlassen haben. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Der ist groß, sehr groß!)


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Frau Kollegin Bißmann, meine Empfehlung an Sie: Nützen Sie die Zeit, die Sie jetzt von uns in Anspruch nehmen, dazu, mit Ihren 120 Radfahrerfreunden am besseren Wetter zu arbeiten, aber stehlen Sie nicht unsere Zeit! (Beifall bei der FPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

21.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.


21.38.00

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir können der Abschaffung der 10-Stundenkilometer-Regel im Stra­ßenverkehr wenig bis gar nichts abgewinnen, das Thema ist hinlänglich diskutiert und besprochen und eigentlich auch beschlossen worden.

Ich möchte darauf hinweisen, dass das Kuratorium für Verkehrssicherheit nicht müde wird, darauf hinzuweisen, dass die meisten Unfälle im Kreuzungsbereich und bei Rad­fahrerüberfahrten passieren. Davon gibt es in Wien jede Menge. Auch in Graz ist ganz offensichtlich ein Hotspot. Aktuelle Zahlen sagen, dass es dort 507 Fahrradunfälle ge­geben hat, die meisten im Kreuzungsbereich und wegen überhöhter Geschwindigkeit. Das spricht ganz klar gegen die Auflassung dieser 10-km/h-Regel. Bedenkt man, wel­che verschiedenen Arten von Fahrrädern es gibt – die E-Bikes werden immer mehr, da haben manche ein ordentliches Problem, diese zu bändigen –, ist es gescheit, dass man eine vernünftige Regelung hat. Ich denke – und das ist ausführlich behandelt –, das bestehende Gesetz ist eine gute Regelung und sollte so beibehalten bleiben.

Ich würde eher anraten, dass man im Verkehrsausschuss überlegt und ernsthaft da­rüber diskutiert, dass man das Tragen eines Helmes nicht nur bis zum 12. Lebensjahr verpflichtend macht, sondern ob man nicht bei diesen vielen Unfällen – im Jahr 2016, aus dem Jahr stammt die letzte Statistik, gab es 13 000 Verletzte – mit einer gene­rellen Helmtragepflicht für die Verkehrssicherheit und auch für die Sicherheit der Fah­rerinnen und Fahrer mehr erreichen könnte. Beim Skifahren gibt es diese Pflicht und sie hat sich bewährt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pewny. – Bitte.


21.40.01

Abgeordneter Ing. Christian Pewny (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Kollegin Bißmann, leider bist du ja meiner Einladung, die ich im Juni ausgesprochen habe, zu einer gemeinsamen Beobachtungsfahrt in meinen Betrieb zu kommen, nicht nachgekommen, sonst würdest du bereits wissen, warum aus meiner Sicht die Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung keine gute Idee ist. Ich werde versuchen, meinen Standpunkt darzulegen und zu erklären, warum wir die 10-km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung bei Radfahrerüberfahrten brauchen.

An Radfahrerüberfahrten muss immer bedacht werden, dass man gesehen werden muss, um seinen Vorrang als Radfahrer geltend machen zu können. Vor allem im Zusammenhang mit rechtsabbiegenden Fahrzeugen wäre eine Teilaufhebung des § 68 Abs. 3a mehr als gefährlich. Der Lenker kann den mit zu hoher Geschwindigkeit herannahenden Radfahrer mit dem perfektesten Spiegel-Spiegel-Schulter-Blick nicht rechtzeitig erkennen. Die dramatische Folge wäre ein Verkehrsunfall, im schlimmsten Fall sogar mit Todesfolge.

Ich darf auch den Verkehrsexperten Nosé vom Mobilitätsclub zitieren: „Daher sollte man sich langsam nähern und Blickkontakt zum Fahrzeuglenker suchen, denn je lang­samer man fährt, desto eher kann man wahrgenommen werden.“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 239

Sie meinen, Frau Kollegin Bißmann, dass wir uns einfach auf die Vernunft verlassen können und diesen Passus im Gesetz nicht brauchen oder dass dieser gar radfahrer­feindlich wäre. Die Realität zeigt uns aber leider genau das Gegenteil.

Sehr geehrte Damen und Herren, seit 2013 ist die Anzahl der Fahrradunfälle um 18 Pro­zent gestiegen. 4,7 Prozent aller Verkehrsunfälle passieren auf Radfahrerüberfahrten. 6 Prozent der tödlichen Fahrradunfälle sind auf eine zu hohe Geschwindigkeit des Rad­fahrers zurückzuführen.

Des Weiteren hat der ÖAMTC erst kürzlich in Wien Messungen auf einer Radfahrer­überfahrt durchgeführt. Da wurden 338 Radfahrer gemessen, und davon sind 89 Pro­zent viel zu schnell gewesen. Es wurde eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 19 km/h ermittelt; manche Ausreißer waren sogar mehr als 30 km/h schnell. Weiters wissen wir aus Umfragen, dass die Hälfte der Radfahrer diese 10-km/h-Regelung nicht einmal kennt.

Nicht nur aus meiner Sicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern auch aus der Sicht des Mobilitätsclubs ist es daher unabdingbar, sich an die geltenden Ver­kehrsregeln zu halten. Anstatt diesen Passus im Gesetz zu streichen, wäre es wichtig, Bewusstsein für dieses wichtige Gesetz zu schaffen.

Liebe Frau Bißmann, meine Einladung steht immer noch. Kommen Sie in meinen Be­trieb und machen wir gemeinsam eine Beobachtungsfahrt! – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.43

21.43.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Rednerliste ist erschöpft.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich darf den Antrag 333/A dem Verkehrsausschuss zuweisen.

21.43.3517. Punkt

Neuwahl des Hauptausschusses


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen somit zum 17. Punkt der Tagesord­nung. (Unruhe im Saal.) – Darf ich Sie noch kurz um Aufmerksamkeit ersuchen?

Aufgrund einer Vereinbarung in der Präsidialkonferenz infolge einer dem Präsidenten mitgeteilten Veränderung im Stärkeverhältnis der Klubs soll die Zahl der Mitglieder des Hauptausschusses mit 24 festgelegt werden.

Dies setzt gemäß § 30 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Beschlussfassung durch den Nationalrat voraus.

Ich ersuche daher die Damen und Herren, die für die Festlegung von 24 Mitgliedern für den Hauptausschuss sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Einstim­migkeit.

Demnach entfallen gemäß § 30 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf den ÖVP-Klub 8 Mit­glieder, auf den SPÖ-Klub 7 Mitglieder, auf den FPÖ-Klub 7 Mitglieder, auf den NEOS-Klub 1 Mitglied und auf den Klub Liste Pilz 1 Mitglied.

Es sind somit aufgrund der mir übermittelten Listen die nachstehenden Abgeordneten gewählt:

vom ÖVP-Klub: Werner Amon, Michael Hammer, Peter Haubner, Reinhold Lopatka, Wolfgang Sobotka, Michaela Steinacker, Georg Strasser, August Wöginger;


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 240

vom SPÖ-Klub: Doris Bures, Christian Kern, Kai Jan Krainer, Andrea Kuntzl, Jörg Leichtfried, Pamela Rendi-Wagner, Andreas Schieder;

vom FPÖ-Klub: Erwin Angerer, Dagmar Belakowitsch, Reinhard Eugen Bösch, Johann Gudenus, Anneliese Kitzmüller, Walter Rosenkranz, Petra Steger;

vom NEOS-Klub: Matthias Strolz;

vom Klub Liste Pilz: Wolfgang Zinggl.

Damit sind Wahl und Bestellung der Mitglieder des Hauptausschusses vollzogen.

21.45.0618. Punkt

Neuwahl der Ausschüsse gemäß § 32 Absatz 1 der Geschäftsordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schließlich kommen wir zu Punkt 18 der Tages­ordnung.

Entsprechend der Geschäftsordnung sind die Neuwahlen von bestehenden Ausschüs­sen durchzuführen, sobald dem Präsidenten mitgeteilte Veränderungen im Stärkever­hältnis der Klubs es erfordern.

Nach Beratung in der Präsidialkonferenz besteht Einvernehmen, folgende Ausschüsse neu zu wählen:

Ausschuss für Arbeit und Soziales,

Außenpolitischer Ausschuss,

Ausschuss für Bauten und Wohnen,

Budgetausschuss,

Ausschuss für Familie und Jugend,

Finanzausschuss,

Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung,

Geschäftsordnungsausschuss,

Gesundheitsausschuss,

Gleichbehandlungsausschuss,

Immunitätsausschuss,

Ausschuss für innere Angelegenheiten,

Justizausschuss,

Ausschuss für Konsumentenschutz,

Kulturausschuss,

Landesverteidigungsausschuss,

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft,

Ausschuss für Menschenrechte,

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen,

Rechnungshofausschuss,

Sportausschuss,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 241

Tourismusausschuss,

Umweltausschuss,

Unterrichtsausschuss,

Unvereinbarkeitsausschuss,

Verfassungsausschuss,

Verkehrsausschuss,

Volksanwaltschaftsausschuss,

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie,

Wissenschaftsausschuss.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig.

Gemäß § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung setzt der Nationalrat die Zahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder jedes Ausschusses fest.

Einvernehmlich vorgeschlagen wird, für die zuvor genannten Ausschüsse jeweils eine Zahl von 24 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern festzusetzen. Daraus ergibt sich folgen­de Aufteilung auf die Klubs: je 8 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, je 7 Mit­glieder und Ersatzmitglieder jeweils auf die SPÖ und die FPÖ sowie je 1 Mitglied und Ersatzmitglied jeweils auf die NEOS und die Liste Pilz.

Wir kommen zur Abstimmung auch über diesen Vorschlag.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Danke schön. Das ist einstimmig. Etwas Bewegung am Ende der Sitzung schadet nie.

Die Namen der von den Klubs dem Präsidenten als Mitglieder beziehungsweise Er­satzmitglieder bekannt gegebenen und damit als gewählt geltenden Abgeordneten wer­den im Stenographischen Protokoll angeführt.

*****

(Die Namen der Mitglieder und Ersatzmitglieder sowie ihre Funktionen sind im Internet unter www.parlament.gv.at – Parlament aktiv>Ausschüsse abrufbar.)

*****

Ich darf am Ende der Tagesordnung dieser Sitzung – wir haben anschließend noch ei­ne Sitzung – noch zwei persönliche Anmerkungen machen:

Ich darf den Mitgliedern des Nationalrates, die mit dieser Sitzung ausscheiden, ein herz­liches Dankeschön aussprechen, insbesondere auch dem Klubobmann der NEOS Dr. Strolz, der ein Parlamentarier der besonderen Verantwortung und des besonderen Engagements war, der die große Rede, aber auch den Beitrag in der Präsidiale sehr geschätzt hat und dementsprechend sehr viel beigetragen hat, sodass auch viele an­dere in der Replik darauf entsprechend geantwortet haben und herausgefordert wur­den. Er hat damit zu einer von einer lebenden Demokratie geprägten Stimmung beige­tragen. Herzlichen Dank! Wir werden morgen noch die Möglichkeit haben, das ausführ­licher zu besprechen. (Allgemeiner Beifall.)

Gleichfalls darf ich mich bei Abgeordnetem Katzian – aufgrund seiner besonderen Funktion jetzt in absentia, aber es wird ihm sicherlich entweder über das Fernsehen oder sonst sehr schnell über den Mundfunk ausgerichtet werden – als Präsident herz-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 242

lich für seine Beiträge bedanken, die letzten Endes immer aus dem Blickwinkel auch einer Standesvertretung, immer aus dem Blickwinkel auch seiner Aufgaben, die er au­ßerhalb des Parlaments wahrzunehmen hatte, gekommen sind.

Ich glaube, das Parlament lebt auch davon, dass man die Diskussion unterschiedlicher Standpunkte in einer sehr kultivierten Art und Weise austrägt. Es ist ihm zu wünschen, dass er in seiner Aufgabe, die er jetzt als Präsident des Gewerkschaftsbundes hat und in einer umfassenden Weise auch wahrzunehmen hat, aus dieser Tugend weiterhin entsprechend Gewinn schöpft, um auch bei allem Disput, bei aller kontroversen Dis­kussion und aller unterschiedlichen Herangehensweise zu den Inhalten das Gemeinsa­me in den Vordergrund zu stellen.

Von dieser Stelle aus ein herzliches Dankeschön für seine Beiträge, und wir wünschen ihm auch von dieser Stelle alles Gute auf seinem weiteren beruflichen Weg und für sein Wirken als Funktionär. (Allgemeiner Beifall.)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

21.49.53Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Ab­geordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 17 und 18 zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sit­zung als genehmigt gelten.

„TO-Punkt 17:              Neuwahl des Hauptausschusses

Die Zahl der Mitglieder des Hauptausschusses wird mit 24 festgesetzt. Demnach ent­fallen auf den ÖVP-Klub 8 Mitglieder, auf den SPÖ-Klub und den FPÖ-Klub je 7 Mit­glieder sowie auf den Klub von NEOS und auf den Klub der Liste Pilz je 1 Mitglied.

Aufgrund der übermittelten Listen gelten nachstehende Abgeordnete als gewählt:

vom ÖVP-Klub: Amon, Hammer, Haubner, Lopatka, Sobotka, Steinacker, Strasser, Wöginger

vom SPÖ-Klub: Bures, Kern, Krainer, Kuntzl, Leichtfried, Rendi-Wagner, Schieder

vom FPÖ-Klub: Angerer, Belakowitsch, Bösch, Gudenus, Kitzmüller, Rosenkranz, Steger

vom Klub von NEOS: Strolz

vom Klub der Liste PILZ: Zinggl

TO-Punkt 18: Neuwahl der Ausschüsse gemäß § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung

Nach Beratung in der Präsidialkonferenz besteht Einvernehmen, folgende Ausschüsse neu zu wählen:

Ausschuss für Arbeit und Soziales,

Außenpolitischer Ausschuss,

Ausschuss für Bauten und Wohnen,

Budgetausschuss,

Ausschuss für Familie und Jugend,

Finanzausschuss,

Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung,

Geschäftsordnungsausschuss,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 243

Gesundheitsausschuss,

Gleichbehandlungsausschuss,

Immunitätsausschuss,

Ausschuss für innere Angelegenheiten,

Justizausschuss,

Ausschuss für Konsumentenschutz,

Kulturausschuss,

Landesverteidigungsausschuss,

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft,

Ausschuss für Menschenrechte,

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen,

Rechnungshofausschuss,

Sportausschuss,

Tourismusausschuss,

Umweltausschuss,

Unterrichtsausschuss,

Unvereinbarkeitsausschuss,

Verfassungsausschuss,

Verkehrsausschuss,

Volksanwaltschaftsausschuss,

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie,

Wissenschaftsausschuss.

Dies wird angenommen.

Für die zuvor genannten Ausschüsse wird jeweils eine Zahl von 24 Mitgliedern und Er­satzmitgliedern festgesetzt. Es entfallen auf den ÖVP-Klub 8 Mitglieder, auf den SPÖ-Klub und den FPÖ-Klub je 7 Mitglieder sowie auf den Klub von NEOS und auf den Klub der Liste Pilz je 1 Mitglied.

Die Klubs haben die auf sie entfallenden Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder des Aus­schusses namhaft zu machen; diese gelten damit gemäß § 32 Abs. 1 GOG als ge­wählt.

Die Namen dieser Abgeordneten werden im Stenographischen Protokoll angeführt.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Diese Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäfts­ordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 244

21.52.05Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 338/A bis 403/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 21.52 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.52.33Schluss der Sitzung: 21.52 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien

Titelbild: ©Parlamentsdirektion/Johannes Zinner