Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung, 26. September 2018 / Seite 100

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Was lange währt, wird endlich gut! Insofern war die Begutachtung und alles, was Kolle­gin Becher ausgeführt hat, natürlich richtig. Aber, Frau Kollegin, bei aller Wertschät­zung: Das, was Sie jetzt hier gesagt haben, ist ein Anwendungsbereich, den es mit die­sem Gesetz ja überhaupt nicht gibt, denn die Wohnbaugenossenschaften sind explizit von der Anwendung dieses Spaltungsgesetzes ausgenommen. Daher war Ihre Rede nicht wirklich ein sachlicher Beitrag zu dem, was für die Genossenschaften in Öster­reich jetzt tatsächlich möglich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich Ihnen sagen, was wir nun endlich machen können, wenn wir diese unsachliche Gesetzeslücke, die es mit der nicht vorhandenen Möglichkeit, Genossenschaften zu spalten, gab, nun schließen, wa­rum das jetzt so wichtig ist und was wir damit tun. Und lassen Sie mich vielleicht für all jene, für die die Genossenschaft eine nicht ganz gängige Kapitalgesellschaft ist, ein­fach einmal sagen, was es denn ist.

Das Gesetz beschreibt Genossenschaften als „Personenvereinigungen mit Rechtsper­sönlichkeit von nicht geschlossener Mitgliederzahl, die im Wesentlichen“ – und das ist ganz entscheidend – „der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder dienen“. Idee und Sinn der Genossenschaft ist es schlichtweg – ganz wichtig! –: mitein­ander mehr erreichen. Das haben Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch als Wegbereiter der Genossenschaft in der neuen, heutigen Form zum Grund­prinzip gemacht: Wo die Dinge für den Einzelnen zu groß sind, wirken viele zusammen und stemmen gemeinsam das, was ein Einzelner nicht erledigen kann.

Beispiele sind – und das ist jetzt sicher keine Themenverfehlung –: Gemüse, das ich habe, kann ich nicht allein vertreiben. Wir schließen uns zu einer Vertriebsgenossen­schaft zusammen. Oder: Ich bin Landwirt und kann mir einen Mähdrescher allein nicht leisten, daher wird sowohl die Beschaffung als auch die Benutzung dieses Mähdre­schers gemeinschaftlich im Maschinenring organisiert. Oder: Ich habe keinen Zugang zu einem Kredit, daher gründe ich oder beteilige ich mich an einer Bank, wie es Raiff­eisen und auch die Volksbankengruppe äußerst erfolgreich in und für Österreich tun. Oder: Ich habe keine Wohnung, also trete ich bei oder gründe eine Wohnbaugenos­senschaft, damit diese Genossenschaft für mich das Haus baut.

Auch wenn dieses Spaltungsgesetz, ich sage es noch einmal, definitiv für die Wohn­baugenossenschaften nicht anwendbar ist, weil wir das Vermögensbindungsprinzip unbedingt schützen wollten und sicherstellen, dass das nicht umgangen werden kann, so sage ich trotzdem: Von der Idee her ist auch eine Wohnbaugenossenschaft selbst­verständlich eine Genossenschaft.

Fakt ist, die Genossenschafter sind gleichzeitig Eigentümer und Nutzer. Das Wesen der Genossenschaft ist dadurch geprägt, dass man nicht um jeden Preis eine Rendite erzielen will, sondern dass man auf lange Sicht natürlich ertragreich sein will, aber die Leistungen für die Mitglieder in den Vordergrund stellt.

Daher: Wir schließen heute diese Gesetzeslücke. Ich nehme mit großer Begeisterung zur Kenntnis, dass nunmehr auch die SPÖ diesem Gesetzentwurf zustimmt. Ich glau­be, das ist gut und richtig, denn es macht Sinn. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Wir können in Zukunft einzelne Unternehmensbereiche einer Genossenschaft, wie zum Beispiel die IT oder den Einkauf, herausspalten oder es können auch regionale Stand­orte herausgetrennt werden.

Wichtig war für uns, dass durch die Begutachtung noch wesentliche Punkte eingeflos­sen sind. Zum Gläubigerschutz wurden die Rechte des Revisors erweitert, und Mitglie­dern, die mit einer Spaltung nicht einverstanden sind, wurde das Recht eingeräumt, der einen oder der anderen Genossenschaft angehören zu können.

 


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