Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung, 19. Oktober 2018 / Seite 28

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die Zahl der Asylanträge in Österreich zuletzt stark zurückgegangen: Von Jänner bis August gab es 9.337 Anträge - nur halb so viele wie in den ersten acht Monaten 2017. Eingeführt wurden die Grenzkontrollen 2015. Damals registrierte Österreich von Jänner bis August noch 46.144 Asylanträge - also fünfmal so viele wie heuer.

Walter Obwexer, Europarechtsexperte an der Universität Innsbruck, weist daraufhin, dass Mitgliedstaaten Kontrollen gemäß Schengener Grenzkodex nur vorübergehend und bis zu einer Dauer von zwei Jahren einführen dürfen und diese einmalig um 6 Monate verlängern dürfen (ORF Tirol,12.09.18). Diese Zeit ist für Österreich im Mai 2018 abgelaufen. Auch der Asyl- und Europarechtsexperte Jorrit Rijpma von der Universität Leiden nannte die zeitgleich stattfindenden deutschen Kontrollen an der Grenze zu Österreich illegal, da die Fristen im Mai 2018 ausgeschöpft waren (SZ, 23.06.18). Experten zufolge ist also sowohl Österreichs Verlängerung der Kontrollen von Mai 2018 bis November 2018, als auch die im Raum stehende neuerliche Verlängerung im November 2018 auf weitere sechs Monate, illegal.

Ein Wiederaufziehen der nationalen Grenzen im Schengenraum wirkt sich auf direktem Wege negativ auf die Wirtschaft aus. Experten gehen von hohen Kosten aus, die durch Wartezeiten an den Grenzen verursacht werden: Pönalezahlungen bei Lieferverzöge­rungen, ausbleibende Touristen und andere Hindernisse für Unternehmer, etwa die Notwendigkeit einer Personalverdoppelung z.B. bei Buschauffeuren und LKW-Fahrern, aufgrund geltender Arbeitszeitbeschränkungen. Kontrollen an den österreichischen Grenzen führen zu vermehrten Verkehrsstaus und großen Zeitverlusten für privat oder beruflich Reisende. Sie sind ein Hindernis für die Arbeitskräftemobilität und eine Behin­derung für jedes Unternehmen, das grenzüberschreitend Dienstleistungen anbietet. Die Bundesregierung verursacht diesen finanziellen Schaden entweder völlig bewusst oder mangels einer Folgenabschätzung der gesetzten Maßnahme.

Die Wirtschaftskammer bezifferte den Schaden für die Transportwirtschaft 2017 auf­grund der bisherigen Grenzkontrollen an einigen Grenzübergängen mit mindestens 3,2 Millionen Euro pro Stunde. Mehr als die Hälfte des österreichischen Wohlstands wird im Ausland erwirtschaftet, mehr als die Hälfte der österreichischen Wertschöpfung basiert auf Export. Der Großteil der österreichischen Exporte entfällt auf EU-Staaten bzw. andere Schengen-Länder. Das deutsche ifo-Institut hat er-rechnet, dass Kon­trollen an allen Schengengrenzen das Handelsvolumen um 4,25 Prozent schrumpfen lassen würden und das BIP um 790 Mio. bis 1,96 Mrd. niedriger wäre.

Negative Effekte der Grenzkontrollen und Wartezeiten an den österreichischen Gren­zen betreffen besonders den Tagestourismus. Mit 565 Staus im Sommerreiseverkehr, einem Plus von 12,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr, bilanzieren die ÖAMTC-Mobi­litätsinformationen den Sommerreiseverkehr 2018. Diesen Daten zufolge waren für beinahe 10 Prozent der Staus die Grenzkontrollen verantwortlich. Von den 97 Millionen Übernachtungen, die Nicht-Österreicher jährlich hierzulande buchen, entfallen 82 Millionen auf andere Mitgliedstaaten. Touristennächtigungen sind nach der Schengen-Erweiterung beträchtlich angestiegen und werden nun zu einem Teil Opfer der Angst­politik der Bundesregierung. In Grenzregionen leidet besonders der Schitourismus unter Rückgängen. Schätzungen für Westösterreich gehen von einem Rückgang zwi­schen 10 und 30 Prozent aus, wobei nicht alle Gebiete gleich stark betroffen sind.

Insgesamt ist durch diese neuerlich verlängerten Kontrollen an den nationalen Grenzen von einem nennenswerten Schaden für die Wirtschaft, Verkehrsbehinderungen, Schä­den an der Umwelt und einer völlig unverhältnismäßigen Einschränkung der Perso­nenfrei­zügigkeit, also einem Schaden für Österreich in vielerlei Hinsicht, auszugehen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 


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