11.51

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Menschenrechtssituation in der Türkei ver­schlech­tert sich von Jahr zu Jahr. Die klassischen Menschenrechte, die Rechte von Journalistinnen und Journalisten werden immer mehr unterhöhlt. Es werden die Rechte von Minderheiten und einzelnen Volksgruppen immer mehr ausgehöhlt. Es sitzen zig Abgeordnete, obwohl sie gewählt sind und sich nichts haben zuschulden kommen lassen, im Gefängnis, oft weil sie kurdischer Herkunft sind und das Regime Erdoğan auch einen bösen, brutalen Feldzug gegen das kurdische Volk führt.

Das alles sind schon Punkte genug, die zeigen, dass man mit der Türkei sehr kritisch umgehen muss, und aufgrund derer daher auch klar ist: Diese Türkei, mit dieser politischen Richtung und mit diesem Regime an der Spitze, ist sicherlich kein Staat, der die europäischen Werte achtet, und daher auch ein Staat, bei dem man zunehmend darüber diskutieren muss, ob er überhaupt in den Europarat passt, aber er passt sicherlich nicht in die Europäische Union.

Des Weiteren sind auch einige Österreicher inzwischen von der Türkei an der Einreise gehindert worden, festgenommen worden, in Polizeigewahrsam genommen worden, unter Hausarrest gestellt worden. Auch das können wir nicht dulden und hinnehmen, dass unsere eigenen Staatsbürger von einem anderen Land einfach so eingesperrt werden, obwohl sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen. Dagegen müssen wir aufstehen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abge­ordneten Krisper und Zadić.)

Das Zweite, was ich auch noch erwähnen möchte: Seit 2. Oktober beschäftigen wir uns auch mit den Vorkommnissen im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul, wo ein saudi-arabischer Journalist, der für die „Washington Post“ schreibt, zuerst verschwunden ist, wobei lange nicht klar war, was mit ihm passiert ist, und jetzt stellt sich immer deutlicher heraus, dass er bestialisch ermordet wurde und seine Leiche weggeschafft wurde.

All diese Vorkommnisse kann man nicht vertuschen und wegspielen. Da kann man auch nicht zur Tagesordnung übergehen. Da kann man auch nicht so tun, als wäre ein­fach nichts passiert – was sehr viele Staaten auf der Welt, so wie der amerikanische Präsident, ja anfangs versucht haben. Was wir fordern – und ich darf am Schluss meiner Ausführungen auch noch zwei Anträge dazu einbringen –, ist eine echte Aufklärung, die diese Bezeichnung auch verdient, dessen, was passiert ist, durch die Vereinten Nationen. Die Verantwortlichen müssen vor Gericht gestellt werden, aber es sind auch die politisch Verantwortlichen zu belangen. Wir fordern auch eine Konvention der Vereinten Nationen, die weltweit den Schutz der Rechte von Journalisten garan­tiert – sowohl in der Türkei als auch in Saudi-Arabien als auch in vielen anderen Ländern, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie des Abg. Dönmez.)

Wir dürfen auch nicht wegschauen, wenn es darum geht, wie viel schmutziges Geld mit Saudi-Arabien verdient wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin! Werte KollegInnen von den Regierungsparteien! Daher ist es doch selbstverständlich, müsste es selbstverständlich sein, dass wir einen Stopp aller Waffenexporte in dieses Saudi-Arabien jetzt hier beschließen! Es kann doch nicht sein, dass wir Waffen an die Schlächter von Men­schen­rechten und Menschen, an Saudi-Arabien liefern! Das ist nicht die gute österreichische Politik der Vergangenheit. Dazu müssen wir klar Nein sagen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Krisper, Zadić und Dönmez.)

Und der letzte Punkt dazu: Das Saudi-Zentrum in Wien, wo Österreich Mitglied ist, das sich angeblich für Frieden, Menschenrechte und Dialog einsetzt, entspricht dem gar nicht. (Abg. Belakowitsch: Das habt ihr ja mitbeschlossen, dass das kommt!) Was in den letzten Jahren passiert ist, macht nur eines klar: Wir müssen dieses Zentrum schließen und als Österreich austreten.

Daher bringe ich zwei Entschließungsanträge ein, einerseits folgenden: 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Schließung des KAICIID“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres wird aufgefordert, rasch die notwendigen Schritte für eine Schließung des König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) einzuleiten.“

*****

Der zweite Entschließungsantrag, den ich einbringen darf:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend „die Ermordung von Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in der Türkei“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert,

weiterhin für vollständige Aufklärung des Mordes an Jamal Khashoggi einzutreten und daher eine Untersuchung durch die Vereinten Nationen zu fordern;

mit Nachdruck dafür einzutreten, dass die Verantwortlichen für den Mord vor Gericht gestellt werden;

in der EU für einen sofortigen vollständigen Stopp von Waffenexporten nach Saudi-Arabien einzutreten;

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, Initiativen für eine UNO-Konvention zum weltweiten Schutz der Rechte von Journalisten zu setzen.“

*****

(Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Krisper, Zadić und Dönmez.)

11.57

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schieder, Dr. Scherak, MA,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Maßnahmen zur Schließung des KAICIID

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5: Bericht des Außenpolitischen Aus­schus­ses über den Antrag 398/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Andreas Schieder, Mag. Roman Haider, Claudia Gamon, MSc (WU), Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle politische Situation in der Türkei (322 d.B.)

Die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien ist mit der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi in der türkischen Hauptstadt Istanbul erneut in den Fokus der internationalen Gemeinschaft gerückt. Amnesty International beschreibt Saudi-Arabien als „Königreich der Grausamkeit“. Insbesondere seit dem Aufstieg von Mohammend bin Salman zum Kronprinzen käme es routinemäßig zu Verfolgung von JournalistIn­nen, AkademikerInnen, MenschenrechtlerInnen, uvm. Folter und erniedrigende Be­handlung seien in Saudi-Arabien an der Tagesordnung. Das Land zählt außerdem zu jenen Ländern mit den meisten vollzogenen Todesurteilen.

Die aggressive Intervention Saudi-Arabiens im Krieg im Jemen, die im Land laut den Vereinten Nationen zu einer humanitären Katastrophe geführt hat, ist laut Analysten zu einem wesentlichen Teil auf religiöse Konflikte, insbesondere mit dem Iran, zurück­zuführen. Aktuell sind 13 Mio. EinwohnerInnen des Jemen vom Hungertod bedroht. Auf Grund von Blockaden durch saudische Streitkräfte ist es den Hilfskräften zum Teil unmöglich, Hilfe- und Schutzsuchende mit Nahrungsmitteln zu versorgen.

Umso unverständlicher ist es, dass Österreich weiterhin dem König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) in Wien eine Vielzahl an Vorrechten und Privilegien einräumt. Auch wenn die Zielsetzung des Zen­trums lobenswert ist, so fehlt es Saudi-Arabien als Geldgeber des Zentrums an Glaub­würdigkeit, um tatsächlich zum interreligiösen Dialog beizutragen. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass das KAICIID für Saudi-Arabien als PR-Maßnahme und Feigenblatt dient.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres wird aufgefordert, rasch die notwendigen Schritte für eine Schließung des König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) einzuleiten.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schieder, Dr. Stephanie Krisper

Kolleginnen und Kollegen

betreffend die Ermordung von Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in der Türkei

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5: Bericht des Außenpolitischen Aus­schus­ses üb er den Antrag 398/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Andreas Schieder, Mag. Roman Haider, Claudia Gamon, MSc (WU), Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle politische Situation in der Türkei (322 d.B.)

Der saudi-arabische Journalist Jamal Khashoggi lebte seit mehr als einem Jahr im selbst gewählten US-Exil und schrieb unter anderem für die Zeitung „Washington Post“ regierungskritische Artikel über Saudi-Arabien. Am 2. Oktober 2018 besuchte er das saudi-arabische Konsulat in Istanbul um Papiere für seine Hochzeit abzuholen und verschwand.

Immer mehr verdichteten sich Hinweise, dass er im Konsulat ermordet worden war. Die Regierung Saudi-Arabiens hatte zunächst jede Kenntnis von der Tötung des Jour­nalisten im Konsulat bestritten und erst am vergangenen Wochenende seinen Tod ein­ge­räumt. Die offizielle Darstellung lautete, Khashoggi sei im Zuge eines Streits getötet worden. Diese Darstellung stieß international auf große Skepsis.

Der türkische Präsident Erdogan hingegen wirft Saudi-Arabien vor, den regierungs­kritischen Journalisten Jamal Khashoggi grausam getötet zu haben. Es gebe starke Anzeichen dafür, dass die Tötung Tage im Voraus geplant gewesen sei.

Die Europäische Union, die USA und eine Vielzahl anderer Staaten haben Aufklärung von Saudi-Arabien gefordert.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

weiterhin für vollständige Aufklärung des Mordes an Jamal Khashoggi einzutreten und daher eine Untersuchung durch die Vereinten Nationen zu fordern;

mit Nachdruck dafür einzutreten, dass die Verantwortlichen für den Mord vor Gericht gestellt werden;

in der EU für einen sofortigen vollständigen Stopp von Waffenexporten nach Saudi-Arabien einzutreten;

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, Initiativen für eine UNO-Konvention zum weltweiten Schutz der Rechte von Journalisten zu setzen.

*****

Präsidentin Doris Bures: Beide Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka. – Bitte, Herr Abgeord­neter.