Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung, 25. Oktober 2018 / Seite 118

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Die 22 105 österreichischen Gewehrgranaten, die von einer oberösterreichischen Tochterfirma von Rheinmetall geliefert worden sind, sind etwa (mit den Händen die Ausmaße deutend) so lange und so dicke Gewehrgranaten, in deren Spitze mehrere Hundert Stahlkugeln aufbewahrt sind. Die werden in Demonstrationen hineinge­schos­sen, damit man mit einer Gewehrgranate gleich zehn, 20, 30, 50 Menschen schwer verletzen oder töten kann. Fünf Tote sind nach dem Einsatz dieser Gewehrgranaten – gut und international durch Fotos dokumentiert – nach einer Demonstration tot auf einer Straße einer saudi-arabischen Stadt liegen geblieben, Dutzende mehr waren verletzt. Der Außenminister hat nichts gewusst, die Innenministerin hat nichts gewusst – aber es war ein gutes Geschäft. (Abg. Neubauer: Der Pilz hat es gewusst!)

So, und darüber reden wir! Wir reden darüber, was Saudi-Arabien nicht nur mit Waf­fenexporten macht, sondern wie Saudi-Arabien mit Waffen umgeht und wie es mit Menschen umgeht – und das ist der wichtigere Punkt. Sie wissen ganz genau, wie das Regime in Riad beschaffen ist, was das Regime in Riad vorhat und wie das Regime in Riad mit der eigenen Bevölkerung umgeht.

Jetzt mache ich einen großen Sprung, Frau Außenministerin, zum Internationalen Dialogzentrum in Wien, zum König-Abdullah-Zentrum. Frau Außenministerin, haben Sie uns heute Vormittag wirklich allen Ernstes gesagt, Sie möchten endlich wissen, was in diesem Zentrum los ist? – Sie sind einer der drei Partner dieses Zentrums, und Sie erklären uns hier allen Ernstes, dass die österreichische Bundesregierung seit 2015 fragt, was in diesem Zentrum los ist, Sie erklären uns allen Ernstes, Sie kriegen keine Antwort, und Sie erklären uns allen Ernstes, dass Sie jetzt aber endlich eine Antwort wollen. Sie als eine der drei Partnernationen – und Sie sind die politische Ver­treterin – und als diejenige, die für das Amtssitzübereinkommen in Wien steht, wissen nicht, was dort passiert.

Sie wissen doch wohl wenigstens, was in Riad passiert. Und Sie wissen, wie wichtig es für Riad ist, diese Scheinfront des Dialogs, diese Scheindialoge, diese Schein­einbin­dungen in der ganzen Welt außerhalb von Riad, außerhalb von Saudi-Arabien auf­recht­zuerhalten.

Dafür, wofür man in Saudi-Arabien gesteinigt oder geköpft wird, wird man in Wien von denselben Herrschaften hinter verschlossenen Türen zum Dialog eingeladen. Nur seit Istanbul hat sich etwas geändert: Wenn man dort eine Einladung oder eine Vorladung in eine diplomatische Einrichtung bekommt, dann muss es nicht immer um Dialog gehen, dann kommt man vielleicht ganz anders raus. Ich erspare Ihnen und uns die Details, das ist ja alles öffentlich bekannt.

Was ist jetzt die Antwort der Republik Österreich? – Na, da sind Sie dann plötzlich große Europäer und Europäerinnen (mit verstellter Stimme): Wir brauchen eine europäische Antwort, wir müssen auf Europa warten, erst wenn Brüssel etwas tut, können wir etwas tun. – Das stimmt doch nicht, Frau Außenministerin! Überall macht diese Regierung nationale Alleingänge, nur wenn sie einmal das Schlimmste verhin­dern soll, dann muss alles europäisch sein, dann geht nichts mehr österreichisch. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Wenn sie einmal Verantwortung übernehmen soll – gegen Folter, gegen politischen Mord, gegen religiösen Extremismus –, dann ist die Regierung so europäisch, dass ihr alle Hände gebunden sind. So geht das nicht, Frau Außenministerin! Das ist politisch vollkommen verantwortungslos. Ich fordere Sie auf, ein erstes Mal in Ihrer politischen Laufbahn Verantwortung zu übernehmen (Heiterkeit bei der FPÖ – Zwischenrufe der Abgeordneten Bösch und Schimanek), und zwar die Verantwortung dafür, dass es eine klare österreichische Position gegen das saudische Terrorregime gibt. Das ist Ihre Verantwortung, Frau Außenministerin! Und diese Verantwortung vermissen wir. (Beifall


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