Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung, 25. Oktober 2018 / Seite 117

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Herzlich willkommen, Frau Außenministerin! Sehr verehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne jetzt nicht mit der Dunkelroten oder Dunkel­gelben Karte, die die Außenministerin vor Kurzem dem saudischen Botschafter gezeigt hat, sondern ich beginne mit etwas Ernsterem, nämlich der Situation im Jemen. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Nicht nur der „Süddeutschen Zeitung“, sondern auch Berichten von UN-Experten ent­nehmen wir, dass bedingt durch den Bürgerkrieg im Jemen derzeit etwa 14 Millionen Menschen vor einer Hungerkatastrophe stehen. Möglicherweise – gemessen an der Bevölkerungszahl – steht Jemen vor einer der größten humanitären Katastrophen zumindest der letzten 50 Jahre. Es gibt Verantwortliche, politisch Verantwortliche für diese Katastrophe, und diese politisch Verantwortlichen sitzen nur zum geringsten Teil im Jemen, sie sitzen zum größten Teil in Riad, aber mitunter sitzen sie auch in einigen Hauptstädten Europas und Nordamerikas. Darum geht es in der jetzigen Situation.

Die Außenministerin hat heute Früh im Rahmen einer Anfragebeantwortung erklärt, nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs im Jemen habe das Ministerium sofort sicher­gestellt, dass es keine Kriegsmaterialexporte in die Region, insbesondere an die Waffenlieferanten Saudi-Arabien und Abu Dhabi, gebe. – Das ist nachweislich falsch!

Im März 2015 ist dieser Krieg ausgebrochen, im Frühsommer 2015 bin ich von Experten des Außenministeriums hier im Parlament darauf aufmerksam gemacht worden, dass noch eine Exportgenehmigung über Hunderttausende Granaten nach Abu Dhabi – und damit mitten ins Kriegsgebiet, nach Jemen – aufrecht ist. Ich habe dann den damaligen Außenminister im Außenpolitischen Ausschuss gefragt (Abg. Plessl: Wer war das?): Wie ist das möglich, dass es eine aufrechte österreichische Exportgenehmigung für Granaten mitten ins Kriegsgebiet Jemen über Abu Dhabi gibt? Er hat seine Beamten gefragt und seine Beamten haben gesagt – und dann hat es auch er wiederholt –: Das ist schon erklärlich, Herr Abgeordneter, wir haben angenommen, es handelt sich nur um einen Luftkrieg, und sind selbst überrascht, dass daraus ein Bodenkrieg geworden ist.

Das heißt, solange es nur einen Luftkrieg gegeben hätte, hätten Außenminister und Innenministerin grünes Licht aus Wien gegeben, weiter Rüstungsgüter – Hundert­tausende Stück! – mitten in eines der schlimmsten Kriegsgebiete der Welt zu liefern. Der Name des Außenministers, der uns das damals im Außenpolitischen Ausschuss erklärt hat, ist Sebastian Kurz – und er hat einen zweiten Satz dazugesagt. Er hat sich an mich gewandt und gesagt: Herr Abgeordneter, wir werden als Österreichische Volkspartei mit Sicherheit keinen Anträgen zustimmen, in denen steht, es soll ein Waf­fenexportembargo in die Region geben, denn wir stehen für freie Märkte – Punkt! Dabei ist es auch geblieben.

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, Sie haben heute die Möglichkeit, uns und den Menschen in dieser Republik zu zeigen, ob Sie dazugelernt haben, ob Sie jetzt bereit sind, mit uns gemeinsam über einen Beschluss des Nationalrates ein Waffenembargo zu verhängen, oder ob Sie nach wie vor der Rüstungsindustrie in Österreich Hintertüren, schwarze, türkise, blaue Hintertüren offen lassen wollen. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Na, was ist aus Österreich nach Saudi-Arabien und nach Jemen gekommen? – 285 379 Granaten, 101 500 Stück Munition – alles in die Vereinigten Arabischen Emi­rate und direkt weiter in den Krieg. Nach Saudi-Arabien: 10 636 Maschinenpistolen, 22 105 Granaten. Und jetzt sage ich Ihnen den Unterschied: Im Fall Abu Dhabi ging es um Kriegswaffen für den Bürgerkrieg im Jemen, im Fall Saudi-Arabien ist es immer um schwere Waffen für den Einsatz gegen Demonstranten und Demonstrantinnen gegan­gen.

 


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