Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung, 25. Oktober 2018 / Seite 124

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haben das ausführlich im Außenpolitischen Ausschuss besprochen. Wir haben auch festgestellt, dass sich die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien zusehends ver­schlechtert. Die Behörden schränken die Rechte auf Meinungsfreiheit ein, Regierungs­kritiker werden in unfairen Gerichtsverfahren mit ganz hohen Gefängnisstrafen abgeur­teilt, Folter und andere Misshandlungen stehen an der Tagesordnung, und nicht zuletzt gibt es auch die häufigen, ja, unzähligen Anwendungen von Todesstrafe oder Hinrich­tung.

Eines darf man aber nicht vergessen: Saudi-Arabien führt derzeit zwei Kriege, den einen im eigenen Land und den zweiten in Jemen. Wir hören aber von dem Krieg in Jemen viel zu wenig. Wir hören kaum etwas davon. Es ist ein vergessener, es ist eigentlich schon fast ein unsichtbarer Krieg. Warum? – Weil in Jemen keine Bericht­erstatter zugelassen sind, weil es sich auch um einen Stellvertreterkrieg handelt, weil auf der einen Seite Saudi-Arabien auch logistisch von den USA, aber auch von Groß­britannien unterstützt wird und auf der anderen Seite die Rebellen in Jemen stehen, die vom Iran unterstützt werden.

Meine Damen und Herren, in Jemen ereignet sich gerade die größte humanitäre Katastrophe des 21. Jahrhunderts. 8,5 Millionen Menschen wissen nicht, wo sie die nächste Mahlzeit hernehmen werden. Bis Ende des Jahres könnten es weitere 10 Millionen werden. Alle 10 Minuten, meine Damen und Herren, stirbt in Jemen ein Kind unter fünf Jahren. Anfang August dieses Jahres wurde ein Schulbus von einer saudischen Bombe getroffen. 51 Menschen sind dabei gestorben. Das waren keine Rebellen, 40 davon waren Kinder.

Ja, Sie haben 1 Million Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds gespendet, aber wenn man sich anschaut, wie viele Personen hungern, dann kommt man auf 7 Cent pro hungerndem Menschen. Das ist viel zu wenig. Wir brauchen da einfach mehr. (Bei­fall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen aber auch vor Augen führen, wie wir in Europa mit dieser Katastro­phe und mit diesen Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien umgehen. Wir ver­ur­teilen die Menschenrechtsverletzungen immer und immer wieder, aber wir tun trotz­dem nichts, was das Leid verhindern würde. Wir exportieren nämlich weiterhin Waffen nach Saudi-Arabien. Saudi-Arabien ist der zweitgrößte Waffenimporteur der Welt. Europäische Länder und die USA sind die größten Waffenexportländer und für über 98 Prozent der Waffenexporte nach Saudi-Arabien verantwortlich. Da müssen wir uns – Europa und die USA – in die Pflicht nehmen.

Bis Anfang 2016 haben auch wir Kriegsmaterial an Saudi-Arabien verschickt und in die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert. Insbesondere Exporte aus den Vereinigten Arabischen Emiraten finden sich in den Kriegsgebieten in Jemen, seit Jahren kommen in Jemen österreichische Sturmgewehre und Granaten zum Einsatz, aber auch in Saudi-Arabien finden wir österreichische Gewehrgranaten und österreichische Pisto­len, die gegen das eigene Volk, gegen die friedlichen Demonstranten eingesetzt wer­den.

In der heutigen Fragestunde, Frau Ministerin, haben Sie erklärt, dass mit Ende 2015, also Anfang 2016 keine Genehmigungen mehr erteilt wurden, weiter Kriegsmaterial nach Saudi-Arabien zu schicken. Wir dürfen aber nicht übersehen, dass das, nur weil kein Kriegsmaterial exportiert wird, noch lange nicht heißt, dass keine Waffen exportiert werden. Es gibt nämlich Waffenexporte, die nicht der Kontrolle des Kriegsmaterial­ge­setzes unterliegen: Scharfschützengewehre, Pistolen von Glock und deren Munitionen und andere halbautomatische zivile Waffen. Diese Waffen fallen nicht unter das Kriegs­materialgesetz und können – ohne explizit als Kriegsmaterial bezeichnet zu werden – exportiert werden; diese Waffen fallen unter das Außenwirtschaftsgesetz. Hin und


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