Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung, 16. November 2018 / Seite 37

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das, was dieses Land in den letzten Jahrzehnten stark gemacht hat, haben Sie über Bord geschmissen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen, es gibt einen Grund, warum Österreich unter den wirtschaftlich erfolg­reichsten Ländern Europas und der Welt ist: Es ist die einfache Erkenntnis der Zweiten Republik, die sich bewährt hat, nämlich dass es für alle in diesem Land, für die Unter­nehmer auf der einen Seite und für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf der anderen Seite, besser ist, wenn man nicht auf Kosten der anderen kurzfristige Vorteile, kurzfristigen Benefit für eine Gruppe sucht, sondern gemeinsam eine Lösung findet, von der alle profitieren, bei der es keine Verlierer gibt. Genau das war der Weg der letzten Jahrzehnte, der uns stark gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ.)

In all den Reden zum Thema 100 Jahre Republik betonen wir, dass die große Stärke immer war, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen und einen vernünftigen Dialog über alle politischen Lager hinweg und auch zwischen Arbeitgebern und Arbeit­nehmern zu pflegen. Genau diese Prinzipien und auch die Sozialpartnerschaft, die in diesen Jahrzehnten zu einem österreichischen Erfolgsmodell geworden ist, um das uns viele Länder beneiden, haben Sie einfach ignoriert. Mit Ihrer Politik wird dieser Weg des Gemeinsamen, der Weg des Dialogs Stück für Stück verlassen; und es sind große Schritte, mit denen dieser Weg verlassen wird. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Deshalb haben sehr viele in diesem Land so wie ich auch die Art und Weise, wie Sie als Regierung dieses Gesetz ohne Einbindung der Sozialpartner (Abg. Winzig: Die Sozialpartner waren jahrelang eingebunden!), ohne Begutachtung hier im Nationalrat förmlich durchgepeitscht haben, als wirklich falsch empfunden. Die Regierung hat offenbar nicht den Mut gehabt, das Gesetz im Vorfeld mit den Sozialpartnern zu diskutieren, sie hat offenbar nicht den Mut gehabt, mit den anderen Fraktionen hier im Nationalrat darüber zu sprechen, und sie hat offenbar auch nicht den Mut gehabt, mit den einschlägigen Arbeitsexpertinnen und -experten darüber zu diskutieren. (Abg. Haubner: Fragen Sie Ihre Kollegen, wie es wirklich war in der Sozialpartnerschaft!)

Vermutlich sind Sie hier und heute noch stolz darauf, wie schnell Sie das über unser aller Köpfe hinweg durchgezogen haben. Wahrscheinlich bezeichnen Sie persönlich das auch noch als Zeichen Ihrer Stärke. In Wahrheit, sehr geehrte Damen und Herren, ist es aber ein Zeichen von Schwäche, ein Zeichen dafür, dass Sie selbst kein Vertrauen in das haben, was Sie hier vor zwei Monaten beschlossen haben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Sie haben sich nicht einmal getraut, darüber zu diskutieren!

Ihnen fehlte der Mut, sich zu erklären, wie der 12-Stunden-Tag von einer – ich zitiere – asozialen leistungsfeindlichen Idee – ja, das waren Sie, sehr geehrte Damen und Herren der FPÖ, Ihr heutiger Vizekanzler, der vom 12-Stunden-Tag als „asoziale leis­tungsfeindliche Idee“ sprach – über Nacht plötzlich zu etwas werden konnte, was sich die ArbeitnehmerInnen angeblich sehnlichst wünschen.

Sie von der ÖVP sagen immer, es werde umgesetzt, was im Wahlkampf versprochen wurde (Abg. Rädler: Na, na!), und ich frage mich, wo genau der 12-Stunden-Tag in Ihrem Wahlprogramm steht. (Abg. Rädler: Na, na!) Wann hat Sebastian Kurz das vor der Wahl angekündigt? (Abg. Winzig: Im Plan A steht’s!) – In seinem Wahlprogramm ist wohl von flexibler Arbeitszeit die Rede, aber nicht vom 12-Stunden-Tag. (Abg. Rosenkranz: Das ist ja Ihre Diktion! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und ich zitiere aus Ihrem Wahlprogramm, sehr geehrte Damen und Herren der ÖVP: „Das bedeutet für uns keine Erhöhung der regulären Arbeitszeit und auch keinen ‚12-Stunden-Tag‘ als neue Regelarbeitszeit, sondern einfach eine betrieblich einvernehmliche und flexiblere Gestaltung sowohl im Sinne der persönlichen und familiären Planung der Arbeitneh-


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