Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung, 16. November 2018 / Seite 70

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Etwa 157.500 Personen haben im vergangenen Jahr Notstandshilfe bezogen, darunter auch viele Menschen mit Behinderung.2 Gemäß Regierungsprogramm (S. 143) folgt beim Arbeitslosengeld eine „degressive Gestaltung der Leistungshöhe mit klarem zeit­lichen Verlauf und Integration der Notstandshilfe.“ Erläuterungen seitens der Regierung zu diesem etwas kryptisch formulierten Vorhaben waren von Beginn an wider­sprüchlich.

Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz soll es die Notstandshilfe nicht mehr geben und wer keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr hat, landet in der Mindestsicherung.3 Dort wartet nach geltendem Recht der staatliche Zugriff auf Vermögen (Ersparnisse, Auto, Eigenheim via Grundbucheintrag). Diesen argumentierte Kurz am 18.12.2017 wie folgt: „Wenn jemand Vermögen hat und nicht arbeiten geht, dann kann es nicht die Aufgabe der Allgemeinheit sein, ihn zu erhalten.“4 Sozialministerin Hartinger-Klein bestätigte am 02.01.2018: „Die Notstandshilfe wird in dem Sinn abgeschafft und geht in die Arbeitslose auf“, dementierte jedoch den sich daraus ergebenden Vermö­gens­zugriff.5 Am 05.01.2018 meldete sich jedoch Bundeskanzler Sebastian Kurz wieder zu Wort und meinte: „Die Notstandshilfe wird es in der derzeitigen Form nicht mehr geben. Und die Mindestsicherung steht all jenen offen, die keinen Anspruch auf Arbeits­losengeld haben oder deren Anspruch auf Arbeitslosengeld ausgelaufen ist.“6 Zum dort durchaus wartenden Vermögenszugriff ergänzt Verkehrsminister Hofer am 10.01.2018: „Es wird Fälle geben, wo dieser Zugriff auch fair und gerecht ist.“7

Eben dieser Verkehrsminister Norbert Hofer dementierte wiederum kürzlich mediale Ge­rüchte darüber, dass die FPÖ den Widerstand gegen die Abschaffung der Not­standshilfe zugunsten eines Ausstiegs aus dem Migrationspakt aufgegeben haben soll.8 Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, die im April des Jahres auf die Frage nach der Abschaffung der Notstandshilfe noch immer antwortete: „Das ist Vorgabe des Regierungsprogramms“9, behauptet sogar: „Die FPÖ und ich garantieren, dass die Notstandshilfe als Versicherungsleistung bleiben wird.“10 Diese Position steht nicht nur im (wenn auch erfreulichen) Widerspruch zu ihren eigenen Ankündigungen Anfang des Jahres, sondern wartet vor allem auch noch auf Bestätigung des Koalitionspartners.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Sozialministerin, soll sicherstellen, dass die Notstandshilfe als Versicherungsleistung ohne staatlichen Ver­mögenszugriff erhalten bleibt.

1 Siehe z.B. Wiener Zeitung, 04.11.2018, Weblink: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/999766_12-Stunden-Tag-Neue-Sanktionen.html

2 Siehe z.B. Wiener Zeitung, 12.11.2018, Weblink: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/1001627_Wird-nicht-komplett-abgeschafft.html

3 Siehe z.B. Der Standard, 07.01.2018, Weblink: https://derstandard.at/2000071623806/167-000-waeren-von-Abschaffung-der-Notstandshilfe-betroffen; Kurier, 08.01.2018, Weblink: https://kurier.at/politik/inland/was-kommt-auf-oesterreichs-arbeitslose-zu/305.541.203; Die Presse, 10.01.2018, Weblink: https://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5511093/Weniger-AMSGeld-nach-90-Tagen

 


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