Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 37

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konsequent vorenthalten worden ist. Vielleicht haben Sie es ja gesehen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

Warum ist dieses Bild einer Insel der Seligen so aufschlussreich? – Es zeigt, wie diese Bundesregierung denkt: relativ einfach und mit Konsequenzen für jeden von uns. Auf der einen Seite gibt es also die Insel, das Gute, das Beschützenswerte, aber auch das Begrenzte und das Abgegrenzte; eine Insel der Seligen, die von außen bedroht wird und gegen diese Bedrohung abgeschottet, verteidigt werden muss. Das ist eigentlich ein ganz einfaches Bild. Und solange man sich auf der richtigen Seite wähnt, hat man auf dieser Insel auch ein ganz gutes Auskommen.

Es gibt aber zwei Probleme in diesem Zusammenhang: Das erste wäre, diese Insel wandert, denn je nach politischer Windrichtung verschieben sich die Grenzen dahin gehend, wer unterstützt wird, wer Unterstützung findet und wer nicht; das bedeutet, wer mitgemeint ist und wer auf der Außenseiterseite steht.

Herr Bundeskanzler Kurz, Sie haben gesagt, Sie werden abarbeiten, was Sie sich vorgenommen haben. Ich möchte Sie an die Debatte im Zuge des Wahlkampfs und an die Situation der immer noch fehlenden Unterhaltsgarantie für Alleinerziehende in diesem Land erinnern. Als Sie auf die Stimmen von rund 250 000 AlleinerzieherInnen, also auf die Stimmen von 250 000 alleinerziehenden Menschen angewiesen waren – noch vor der Wahl –, haben Sie natürlich versprochen, diesen Menschen unter die Arme zu greifen, da waren sie Teil Ihrer Insel, jetzt nicht mehr. Den Betroffenen steht aber in ihrer Situation, von Armut betroffen, vielfach das Wasser bis zum Hals.

Denken wir an ein weiteres Beispiel, nämlich den Familienbonus. Sie haben Folgendes versprochen: Alle Kinder und alle Familien sollen profitieren. Im Wahlprospekt war die Insel der Seligen für alle offen. In der Realität schaut es heute aber so aus, dass Sie nur jene einladen, die auch das nötige Kleingeld dazu haben. Wie wir heute wissen, sind rund 500 000 Kinder in Österreich in der Situation, dass sie entweder überhaupt nicht vom Familienbonus profitieren oder nur den Kindermehrbetrag von 250 Euro im Jahr anstatt den von Ihnen propagierten 1 500 Euro pro Kind erhalten werden – ent­weder nichts oder eben diesen geringen Kindermehrbetrag. Das betrifft eine halbe Million Kinder in diesem Land.

Und wie schaut es bei der Mindestsicherung, der letzten Rettungsinsel Österreichs, aus, da die Notstandshilfe ja auch eine gewisse unsichere Zukunft hat? – 324 000 Kin­der leben in Österreich aktuell bereits unter der Armutsschwelle. Sie gehen her, streichen die Mindestsicherung genau für diese Gruppe, nämlich für die Kinder, zusammen. Doch im nächsten Atemzug spricht Ihre Ministerin, Frau Ministerin Hartinger-Klein, davon, dass durch die Reform der Mindestsicherung die Kinderarmut in Österreich nun abgeschafft und erfolgreich bekämpft worden zu sein scheint. Das ist aber nicht so, denn wenn in der aktuellen Situation, obwohl pro Kind mehr an Mindestsicherung zur Unterstützung geleistet worden ist, 300 000 Kinder in Armut leben, dann wird sich all das mit einer Senkung auf 25 Prozent oder gar 5 Prozent dieses Betrages weiter verschärfen. (Beifall bei JETZT sowie der Abg. Friedl.)

Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, im Rahmen der Diskussion zur Mindestsicherung sagen, Sie wollen Menschen nicht in staatlicher Abhängigkeit halten, dann frage ich Sie aber, warum Sie die Mittel für die Ausbildungsgarantie bis zum 25. Lebensjahr zusammenstreichen. Kein einziger Cent ist 2019 dafür vorgesehen. Im letzten Jahr waren es rund 12 000 Jugendliche und junge Menschen, die damit eine Ausbildung über den Pflichtschulabschluss hinaus nachholen konnten. Die Mittel wurden einfach gestrichen. Sie halten diese Menschen weiterhin in der Mindestsicherung!

Zum Arbeitszeitgesetz gab es ebenfalls eine große Debatte. Der 12-Stunden-Tag sollte für alle Vorteile bringen. Ja, so ist es auch gekommen, nämlich für jene, die freiwillig


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