Parlament Österreich

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

53. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 11. Dezember 2018

 


Stenographisches Protokoll

53. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode       Dienstag, 11. Dezember 2018

Dauer der Sitzung

Dienstag, 11. Dezember 2018: 11.00 – 22.53 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „Frauenvolksbegehren“

2. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „Don’t smoke“

3. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Symbole-Gesetz geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 246/A der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichen­ge­setz 1960), geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird

7. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gie­rung der Russischen Föderation über die gegenseitige Hilfeleistung bei Naturkatastro­phen oder technischen Katastrophen und die Zusammenarbeit bei deren Prävention

8. Punkt: Bericht über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Grenzkontrollgesetz geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung eines hohen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen (Netz- und Informationssys­tem­sicherheitsgesetz – NISG) erlassen und das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert wird

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnab­hän­giger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanz­verwaltung und der Sozialversicherung – ZPFSG)

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobilien­gesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 2

13. Punkt: Bericht über den Antrag 513/A der Abgeordneten Peter Haubner, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabak­monopolgesetz geändert wird

14. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Tabaksteuergesetz 1995 (TabStG) geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitu­tionen (IFI-Beitragsgesetz 2018)

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert wird

18. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten König­reich von Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und von Veräußerungsgewinnen samt Protokoll

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 24

Ordnungsrufe ..............................................................................................  154, 154, 154

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Jörg Leichtfried, Dr. Walter Rosenkranz, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES und Mag. Bruno Rossmann gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Volksbegehren „Frauenvolksbegehren“ in erste Lesung zu nehmen – Annahme ...........................  50, 50

Antrag August Wöginger, Mag. Jörg Leichtfried, Dr. Walter Rosenkranz, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES und Mag. Bruno Rossmann gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Volksbegehren „Don’t smoke“ in erste Lesung zu nehmen – Annahme ..............................................................................  50, 50

Antrag August Wöginger, Mag. Jörg Leichtfried, Dr. Walter Rosenkranz, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES und Mag. Bruno Rossmann gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“ in erste Lesung zu nehmen – Annahme ...................................  50, 50

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG                    51

Aktuelle Stunde (14.)

Thema: „Ein Jahr Regierung: Rechtsruck und soziale Kälte“ ............................... 25

RednerInnen:

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 25

Bundeskanzler Sebastian Kurz ............................................................................ ..... 27

August Wöginger .................................................................................................... ..... 30

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ..... 31

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 33


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 3

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ......................................................................... ..... 34

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ..... 36

Karl Nehammer, MSc .............................................................................................. ..... 38

Mag. Muna Duzdar .................................................................................................. ..... 39

Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. ............................................................................ ..... 41

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ..... 43

Dr. Alfred J. Noll ..................................................................................................... ..... 44

Vizekanzler Heinz-Christian Strache ................................................................... ..... 45

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ............................................................................ ..... 47

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 24

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................................................................  48, 71, 87, 97

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Christian Hafenecker, MA .................................................. 49

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke“ (514/A)(E) .......................................... 101

Begründung: Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc .......................................................... 103

Staatssekretär MMag. DDr. Hubert Fuchs ............................................................... 106

Debatte:

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 109

Mag. Andreas Schieder (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 110

Johann Singer ......................................................................................................... ... 111

Hermann Brückl, MA .............................................................................................. ... 113

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 114

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 117

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ........................................................................... ... 119

Mag. Michaela Steinacker ...................................................................................... ... 120

Erwin Angerer ......................................................................................................... ... 123

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ... 124

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 126

Andreas Kollross .................................................................................................... ... 128

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 129

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 130

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ... 132

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 133

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (tatsächliche Berichtigung) ................................. 135

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 135

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unechte USt-Befreiung Geschäftsraummiete“ – Ableh­nung ............................  116, 138

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 514/A(E) ............................... 137


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 4

Verhandlungen

1. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „Frauenvolksbegehren“ (433 d.B.) ................ 51

RednerInnen:

Barbara Krenn ......................................................................................................... ..... 51

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ..... 52

Carmen Schimanek ...................................................................................................... 54

Claudia Gamon, MSc (WU) .......................................................................................... 55

Stephanie Cox, BA ................................................................................................. ..... 57

Christoph Stark ....................................................................................................... ..... 58

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ..... 60

Dr. Jessi Lintl .......................................................................................................... ..... 61

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................... 61

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................ ..... 63

Nurten Yılmaz .......................................................................................................... ..... 64

Sandra Wassermann .............................................................................................. ..... 65

Petra Bayr, MA MLS ..................................................................................................... 66

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ..... 67

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ ..... 68

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ............................................................................ ..... 69

Zuweisung des Volksbegehrens 433 d.B. an den Gleichbehandlungsausschuss ......... 71

2. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „Don’t smoke“ (434 d.B.) ............................... 71

RednerInnen:

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ..... 71

Philip Kucher ........................................................................................................... ..... 72

Peter Wurm .............................................................................................................. ..... 75

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ......................................................................... ..... 76

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ..... 78

Claudia Plakolm ...................................................................................................... ..... 79

Dietmar Keck ........................................................................................................... ..... 80

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ..... 82

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 84

Eva Maria Holzleitner, BSc .................................................................................... ..... 85

Mag. Karin Greiner ................................................................................................. ..... 86

Zuweisung des Volksbegehrens 434 d.B. an den Gesundheitsausschuss .................... 87

3. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“ (435 d.B.) ..... 87

RednerInnen:

Karl Nehammer, MSc .............................................................................................. ..... 87

Mag. Thomas Drozda ............................................................................................. ..... 88

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ..... 90

Claudia Gamon, MSc (WU) .......................................................................................... 91

Dr. Alfred J. Noll ..................................................................................................... ..... 92

Mag. Peter Weidinger ............................................................................................. ..... 93

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ..... 9


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 5

4

Hans-Jörg Jenewein, MA ....................................................................................... ..... 95

Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ..... 96

Zuweisung des Volksbegehrens 435 d.B. an den Verfassungsausschuss .................... 97

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie-rungsvorlage (377 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Symbole-Gesetz geändert wird (419 d.B.) ....................... 97

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 246/A der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichengesetz 1960), geän­dert wird (420 d.B.) ........................................................................................................................ 98

RednerInnen:

Sabine Schatz ......................................................................................................... ..... 98

Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ..... 99

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ... 100

Werner Amon, MBA ................................................................................................ ... 138

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................. 139

Bundesminister Herbert Kickl ............................................................................... ... 140

David Lasar .............................................................................................................. ... 143

Dr. Peter Pilz ........................................................................................................... ... 143

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 144

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 146

Hans-Jörg Jenewein, MA ....................................................................................... ... 147

Annahme des Gesetzentwurfes in 419 d.B. ................................................................. 147

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 420 d.B. ...................................................... 147

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungs­vorlage (379 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geän­dert wird (421 d.B.) ................. 148

RednerInnen:

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................. 148

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 149

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 150

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 151

Dr. Stephanie Krisper ............................................................................................. ... 152

Mag. Günther Kumpitsch ....................................................................................... ... 153

Ing. Maurice Androsch ........................................................................................... ... 155

Karl Mahrer, BA ...................................................................................................... ... 156

Bundesminister Herbert Kickl ............................................................................... ... 157

Hannes Amesbauer, BA ......................................................................................... ... 159

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 160

Annahme des Gesetzentwurfes in 421 d.B. ................................................................. 161

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 421 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Abnahme der Jagdkarte bei Verhängung eines vorläufigen Waffenverbotes“ (E 39)                     161

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (256 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Öster­reich und der Regierung der Russischen Föderation über die gegenseitige Hilfeleistung bei Naturkatastrophen oder technischen Katastrophen und die Zu­sammenarbeit bei deren Prävention (423 d.B.) ........................................................... 162

RednerInnen:

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................... 162

Christian Ries ............................................................................................................. 163


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 6

Dr. Stephanie Krisper ............................................................................................. ... 164

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 165

Bundesminister Herbert Kickl ............................................................................... ... 166

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................. 167

Genehmigung des Staatsvertrages in 423 d.B. ........................................................... 168

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Grenz­kontrollgesetz geändert wird (424 d.B.) ....................................................... 168

RednerInnen:

Rudolf Plessl ......................................................................................................  168, 176

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 170

Dr. Stephanie Krisper ............................................................................................. ... 170

Werner Amon, MBA ................................................................................................ ... 172

Mag. Günther Kumpitsch ....................................................................................... ... 172

Karl Mahrer, BA ...................................................................................................... ... 173

Bundesminister Herbert Kickl ............................................................................... ... 174

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 175

Annahme des Gesetzentwurfes in 424 d.B. ................................................................. 176

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 424 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Einsatz von Grenzkontrollassistenten“ (E 40) ........................................................................... 177

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (380 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 ge­ändert wird (422 d.B.) ............. 177

RednerInnen:

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 177

Konrad Antoni ......................................................................................................... ... 178

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. ... 179

Staatssekretärin Mag. Karoline Edtstadler .......................................................... ... 180

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 182

Gabriela Schwarz ................................................................................................... ... 183

Annahme des Gesetzentwurfes in 422 d.B. ................................................................. 184

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (369 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewähr­leistung eines hohen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen (Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz – NISG) erlassen und das Tele­kommunikationsgesetz 2003 geändert wird (418 d.B.) ................................................ 184

RednerInnen:

David Lasar .............................................................................................................. ... 184

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ... 185

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................ ... 186

Staatssekretärin Mag. Karoline Edtstadler .......................................................... ... 187

Annahme des Gesetzentwurfes in 418 d.B. ................................................................. 189

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (328 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Einkommensteuergesetz 1988, das


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 7

Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorga­ni­satio­nen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung – ZPFSG) (425 d.B.) ................... 189

RednerInnen:

Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. ... 189

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 190

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 192

Hermann Brückl, MA .............................................................................................. ... 195

Staatssekretär MMag. DDr. Hubert Fuchs ........................................................... ... 197

Doris Margreiter ...................................................................................................... ... 198

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ... 200

Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. ... 200

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 202

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lohnabhängige Abgaben: Gemeinsame Prüf- und Einhebe­stelle gemäß Regierungsprogramm“ – Ablehnung ..............................................................................................................................  193, 203

Annahme des Gesetzentwurfes in 425 d.B. ................................................................. 203

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (367 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobiliengesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (426 d.B.) ...................................................................................................................... 203

RednerInnen:

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ ... 203

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ... 204

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 206

Hermann Brückl, MA .............................................................................................. ... 208

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 208

Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger ...................................................... ... 213

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ......................................................................... ... 215

Annahme des Gesetzentwurfes in 426 d.B. ................................................................. 215

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 513/A der Abgeord­neten Peter Haubner, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopolgesetz geändert wird (428 d.B.) .............................................................................................................. 216

14. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Tabaksteuergesetz 1995 (TabStG) geändert wird (429 d.B.) ....................... 216

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (382 d.B.): Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2018) (427 d.B.)          ............................................................................................................................. 216

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (368 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (430 d.B.) ..................................... 216

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (370 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert wird (431 d.B.) ........................................ 217


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 8

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (326 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und von Veräußerungsgewinnen samt Protokoll (432 d.B.) ......................... 217

RednerInnen:

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ............................................................................ ... 217

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 218

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 219

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 222

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 223

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 224

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................... 228

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 228

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ ... 229

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ... 230

Erwin Angerer ......................................................................................................... ... 231

Ing. Klaus Lindinger, BSc ...................................................................................... ... 232

Carmen Schimanek ................................................................................................ ... 232

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „aufgabenorientierter Finanzausgleich“ – Ablehnung ..........................................  220, 235

Annahme der fünf Gesetzentwürfe in 428, 429, 427, 430 und 431 d.B. ..................... 233

Genehmigung des Staatsvertrages in 432 d.B. ........................................................... 235

Eingebracht wurden

Volksbegehren .............................................................................................................. 49

433: Volksbegehren „Frauenvolksbegehren“

434: Volksbegehren „Don’t smoke“

435: Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“

Petitionen ...................................................................................................................... 49

Petition betreffend „Für echte Qualität im Straßenverkehr!“ (Ordnungs­num­mer 13) (überreicht vom Abgeordneten Mario Lindner)

Petition betreffend „Prüfung der Möglichkeit und Konsequenzen der Entkrimina­lisierung von Assistiertem Suizid“ (Ordnungsnummer 14) (überreicht vom Abge­ord­neten Michael Bernhard)

Bürgerinitiative ............................................................................................................. 49

Bürgerinitiative betreffend „#FAIRÄNDERN Bessere Chancen für schwangere Frauen und für ihre Kinder“ (Ordnungsnummer 54)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 49

436: Beitrittsprotokoll zum Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kolumbien und Peru andererseits betreffend den Beitritt Ecuadors


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 9

441: Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und Kolumbien und Peru andererseits

448: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird

449: Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (30. StVO-Novelle)

Berichte ......................................................................................................................... 49

Vorlage 32 BA: Monatserfolg Oktober 2018; BM f. Finanzen

Vorlage 33 BA: Bericht gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2018; BM f. Finanzen

III-215: Bericht betreffend EU-Finanzbericht 2016 - Reihe BUND 2018/61; Rech­nungs­hof

III-217: Bericht betreffend Weinmarketing; Follow-up-Überprüfung - Reihe BUND 2018/62; Rechnungshof

III-220: Bericht betreffend Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Bereich Grundwasser im Weinviertel; Follow-up-Überprüfung - Reihe BUND 2018/63; Rech­nungshof

III-221: Bericht betreffend Ausgewählte Steuerungsbereiche in der Krankenver­sicherung; Follow-up-Überprüfung - Reihe BUND 2018/64; Rechnungshof

III-222: Bericht betreffend Rolle des Bundes in der österreichischen Kranken­anstaltenplanung; Follow-up-Überprüfung - Reihe BUND 2018/65; Rechnungshof

III-224: Bericht über die Aktivitäten der AMA-Marketing GesmbH (Geschäfts­jahr 2017) aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 8. Juli 2014 (29/E XXV.GP); BM f. Nachhaltigkeit und Tourismus

III-225: Bericht betreffend Ticket-Vertriebssystem der ÖBB-Personenver­kehr AG - Reihe BUND 2018/66; Rechnungshof

Anträge der Abgeordneten

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke (514/A)(E)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und ver­wandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz - TNRSG) geändert wird (515/A)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Maklergesetz 1996, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 107/2017 wie folgt geändert wird (516/A)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliches Grundver­mö­gen vor etwaiger Privatisierung prioritär anderen Gebietskörperschaften anbieten (517/A)(E)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 10

Anfragen der Abgeordneten

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Personalisierte Arbeitsmarktbetreuung“ durch das AMS und Algorithmus zur Segmentierung von beim AMS vorgemerkten Arbeitsuchenden (2340/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesregierung betreffend Verhandlungen über den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation (ePrivacy-Reform) (2341/J)

Nurten Yılmaz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Pyrotechnik bei Sportveranstaltungen in Österreich (2342/J)

Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vergabeskandal rund um eine Kam­pagne der ehemaligen Verkehrsministerin Doris Bures gegen Alkohol am Steuer (2343/J)

Birgit Silvia Sandler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Einsparungen und Kürzungen bei Familienberatungs­stellen (2344/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Evaluierung des Symbole-Gesetzes (2345/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend rein männlich besetzte Experten­gruppen (2346/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2347/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2348/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2349/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2350/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2351/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2352/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2353/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2354/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2355/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 11

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2356/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffent­lichen Dienst und Sport betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2357/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2358/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend in der Türkei inhaftierte österreichische Staatsange­hörige (2359/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend rein männlich besetzte Expertengruppen (2360/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Folgeanfrage: Rolle der Kommandos im Öster­reichischen Bundesheer bei Assistenzeinsätzen (2361/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Rückzahlungen des Kindergelds (2362/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend die Einsetzung eines Generalsekretärs und umfangreiche Organi­sationsänderungen im Ressort - Folgeanfrage zu 248/J vom 5.2.2018 (2363/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Kindergeldrückzahlungen selbstständig Erwerbstätiger (2364/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Auswirkungen des Brexits auf Limited, PLC und LLP (2365/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Betriebsübergaben ermöglichen (2366/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die Heimopferrente von Kirchenmissbrauchsopfern (2367/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Hebesätze für die Krankenversicherung zu hoch angesetzt und in der Folge auch die Bundesausfallhaftung an die Pensionsversicherung? (2368/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Hebesätze für die Kran­kenversicherung zu hoch angesetzt und in der Folge auch die Bundesausfallhaftung an die Pensionsversicherung? (2369/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Folgeanfrage: Absage der Ergebnis­präsentation bzgl. Evaluierung B-KJHG 2013 (2370/J)

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend die Waldbrände in der kurdischen Region Dersim/Tunceli, Türkei (2371/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 12

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend die Waldbrände in der kurdischen Region Dersim/Tunceli, Türkei (2372/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend weiterführende Klärung des rechtlichen Umfeldes für Kryptowährungen und Blockchain (2373/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend weiterführende Klärung des recht­lichen Umfeldes für Kryptowährungen und Blockchain (2374/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weiterführende Klärung des rechtlichen Umfeldes für Krypto­währungen und Blockchain (2375/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Förderungen für Besuchs­cafes (2376/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend seitens des BMFFJ ausge­schüttete Förderungen und Subventionen (2377/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend den OSZE-Endbericht zu den vorgezogenen National­ratswahlen vom 15. Oktober 2017 und die Umsetzung der Empfehlungen aus diesem Bericht (2378/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Prüfung der Handlungspflicht der Bundes­regie­rung“ (2379/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Kunstrückgabe Bundesmuseen“ (2380/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Afrika Forum der Österreichischen Ratspräsident­schaft und Auslandskatastrophenfonds (2381/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Outsourcing in der Sicherheitsverwaltung (2382/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Unterbringung von minderjährigen AsylwerberInnen in Drasenhofen (2383/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Unterbringung von minder­jährigen AsylwerberInnen in Drasenhofen (2384/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend die fehlende „Finanzierung aus einer Hand“ und die negativen Versorgungs-Folgen am Beispiel der „LifeVest“ (2385/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „deutsche Rechtsextremisten, gegen die ein Haftbefehl in Deutschland vorliegt, auf der Flucht - Auswirkungen aus Österreich“ (2386/J)


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Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Entwicklung der Forschungsprämie (2387/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler be­treffend Folgeanfrage: Stabsstelle Think Austria (2388/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Verdacht der Geschenk­annah­men von Mitgliedern der Bundesregierung in Verbindung mit der Familie Glock (2389/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Kontakte zwischen BM Hartinger-Klein und der Familie Glock (2390/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Reform des BVT (2391/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffent­lichen Dienst und Sport betreffend Teilnahme an der Veranstaltung „Horses & Stars“ des Ehepaars Glock (2392/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Familie Glock & Austria Control – Aufsichtsrats­besetzung mit schiefer Optik (2393/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bun­desministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Evaluierung des Kinderbe­treu­ungsgeld-Kontos (2394/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Digitalisierung in Landwirtschaft und Touris­mus (2395/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend in Zusammenhang mit der Regierungsvorlage zum ÖBAG-Gesetz 2018 (367 d.B.), mit dem die Rechtsform des Beteiligungsvehikels des Bundes geändert und weitere Unternehmen in Staatseigentum an die neue Beteiligungsverwaltungs-AG übertragen werden soll (2396/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schließung von Bundesbetreuungseinrichtungen (2397/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Autonomes Fahren, selbstfahrende Autos und öffentliche Verkehrsmittel in Österreich (2398/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Einsatz von Bodycams im Justizvollzug (2399/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung EU-Aufnahme­richtlinie (2400/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Betäubungslose Ferkel­kastration (2401/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 14

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Stand der Dinge in der unendlichen Geschichte „Ideenschmiede“ (2402/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Induktionsphase (2403/J)

Birgit Silvia Sandler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Container vor dem ehemaligen Baumax-Gebäude in Leoben (2404/J)

Birgit Silvia Sandler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Stilllegung und Nachnutzung des Haus Steinhaus am Semmering (2405/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Ladung des Sachverständigen MMag. Dr. Gerd Konezny als Auskunftsperson in den Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ (2406/J)

*****

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Natio­nalrates betreffend Veranstaltung „Krampus, Nikolo und Co – Geschichte eines Brauchtums“ im Palais Epstein (22/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1744/AB zu 1765/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (1745/AB zu 1731/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1746/AB zu 1733/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (1747/AB zu 1729/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1748/AB zu 1726/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (1749/AB zu 1732/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1750/AB zu 1727/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (1751/AB zu 1728/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 15

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ord­neten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (1752/AB zu 1725/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (1753/AB zu 1755/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen (1754/AB zu 1735/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (1755/AB zu 1745/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (1756/AB zu 1754/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1757/AB zu 1774/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (1758/AB zu 1743/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (1759/AB zu 1744/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1760/AB zu 1761/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1761/AB zu 1783/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (1762/AB zu 1746/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1763/AB zu 1784/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen (1764/AB zu 1748/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1765/AB zu 1776/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1766/AB zu 1782/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Renate Gruber, Kolleginnen und Kollegen (1767/AB zu 1763/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (1768/AB zu 1780/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen (1769/AB zu 1785/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (1770/AB zu 1781/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 16

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1771/AB zu 1764/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1772/AB zu 1772/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (1773/AB zu 1767/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1774/AB zu 1759/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen (1775/AB zu 1740/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Knes, Kolleginnen und Kollegen (1776/AB zu 1758/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1777/AB zu 1777/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1778/AB zu 1737/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen (1779/AB zu 1741/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (1780/AB zu 1752/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (1781/AB zu 1753/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen (1782/AB zu 1747/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1783/AB zu 1736/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (1784/AB zu 1738/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen (1785/AB zu 1739/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (1786/AB zu 1742/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (1787/AB zu 1750/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 17

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Kovacevic, Kolleginnen und Kollegen (1788/AB zu 1757/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1789/AB zu 1760/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (1790/AB zu 1766/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1791/AB zu 1768/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1792/AB zu 1770/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (1793/AB zu 1773/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (1794/AB zu 1775/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Elisabeth Feichtinger, BEd, Kolleginnen und Kollegen (1795/AB zu 1751/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Renate Gruber, Kolleginnen und Kollegen (1796/AB zu 1762/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1797/AB zu 1778/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1798/AB zu 1789/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1799/AB zu 1790/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1800/AB zu 1787/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (1801/AB zu 1791/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kolle­gen (1802/AB zu 1793/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1803/AB zu 1794/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (1804/AB zu 1792/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1805/AB zu 1807/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 18

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1806/AB zu 1802/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (1807/AB zu 1796/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1808/AB zu 1906/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1809/AB zu 1798/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1810/AB zu 1903/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1811/AB zu 1833/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (1812/AB zu 2089/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1813/AB zu 1862/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1814/AB zu 2194/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1815/AB zu 1797/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1816/AB zu 1795/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1817/AB zu 1803/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1818/AB zu 1812/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1819/AB zu 1811/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1820/AB zu 1805/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1821/AB zu 1806/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1822/AB zu 1804/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 19

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1823/AB zu 1799/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1824/AB zu 1810/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1825/AB zu 1801/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1826/AB zu 1814/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1827/AB zu 1808/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1828/AB zu 1800/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1829/AB zu 1813/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (1830/AB zu 1815/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1831/AB zu 1818/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1832/AB zu 1817/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1833/AB zu 1830/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1834/AB zu 1816/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (1835/AB zu 1828/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1836/AB zu 1820/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen (1837/AB zu 1823/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (1838/AB zu 1825/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1839/AB zu 1819/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (1840/AB zu 1832/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolle­ginnen und Kollegen (1841/AB zu 1826/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 20

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1842/AB zu 1831/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (1843/AB zu 1824/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1844/AB zu 1827/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1845/AB zu 1829/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (1846/AB zu 1822/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (1847/AB zu 1834/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (1848/AB zu 1837/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1849/AB zu 1867/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1850/AB zu 1840/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1851/AB zu 1839/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1852/AB zu 1841/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1853/AB zu 1872/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1854/AB zu 1864/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1855/AB zu 1873/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Jörg Leichtfried, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (1856/AB zu 2157/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (1857/AB zu 2302/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (1858/AB zu 2118/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 21

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (1859/AB zu 2093/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1860/AB zu 1869/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (1861/AB zu 1856/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1862/AB zu 1863/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1863/AB zu 1870/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1864/AB zu 1861/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1865/AB zu 1868/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1866/AB zu 1844/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1867/AB zu 1845/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1868/AB zu 1871/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen (1869/AB zu 1855/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1870/AB zu 1857/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1871/AB zu 1847/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1872/AB zu 1846/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1873/AB zu 1860/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (1874/AB zu 2040/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (1875/AB zu 1987/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1876/AB zu 1897/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 22

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (1877/AB zu 1858/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (1878/AB zu 1835/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1879/AB zu 1859/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1880/AB zu 1842/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1881/AB zu 1866/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1882/AB zu 1843/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1883/AB zu 1947/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1884/AB zu 1848/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1885/AB zu 1850/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1886/AB zu 1849/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (1887/AB zu 1836/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (1888/AB zu 1865/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1889/AB zu 1854/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1890/AB zu 1876/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1891/AB zu 1901/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen (1892/AB zu 2078/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (1893/AB zu 2013/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (1894/AB zu 2016/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (1895/AB zu 2019/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 23

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1896/AB zu 1877/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (1897/AB zu 1980/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1898/AB zu 1908/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1899/AB zu 1879/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1900/AB zu 1907/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (1901/AB zu 1902/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (1902/AB zu 2174/J)


 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 24

11.00.31Beginn der Sitzung: 11.00 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritte Präsidentin Anneliese Kitzmüller.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Sitzung ist eröffnet. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Ich darf Sie herzlich begrüßen, auch unsere Gäste auf der Galerie und zu Hause an den Fernsehgeräten. Die Amtlichen Protokolle der 49. und der 50. Sitzung vom 21. November 2018 sowie der 51. und der 52. Sitzung vom 22. November 2018 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Angela Baumgartner, Walter Bacher, Irene Hochstetter-Lackner, Wolfgang Knes, Mario Lindner, Josef Muchitsch, Rainer Wimmer, Dr. Dagmar Belakowitsch, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Andrea Michaela Schartel und Mag. Philipp Schrangl.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt folgende Vertretungen genannt:

für den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser,

für die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Karin Kneissl den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer und

für den Bundesminister für Landesverteidigung Mario Kunasek den Bundesminister für Inneres Herbert Kickl.

Ferner darf ich bekannt geben, dass sich Mitglieder der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten.

Die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß wird deshalb vom Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger,

die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck vom Vizekanzler, Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Heinz-Christian Strache,

der Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Ger­not Blümel, MBA vom Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger sowie

die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger vom Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser vertreten.

*****

Ich darf auch bekannt geben, dass die Sitzung wie üblich von ORF 2 bis 13 Uhr live und von ORF III in voller Länge, ab 19.15 Uhr zeitversetzt, übertragen wird.

 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 25

11.02.14Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Ein Jahr Regierung: Rechtsruck und soziale Kälte“

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rossmann. Ich darf ihm das Wort erteilen. – 10 Minuten Redezeit stehen Ihnen zur Verfügung. (Ruf bei der FPÖ: Kein gutes Omen!)


11.02.26

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Herr Kanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ja, die Inszenierung der Politik der Regierung ist gut (demonstrativer Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP), aber die Inszenierung verdeckt freilich die Inhalte (Ah-Rufe bei der FPÖ), und es ist daher Zeit, einen kritischen Blick auf die Inhalte zu werfen und von der Selbst­ver­liebtheit der Eigendarstellung abzulenken.

Fünf Befunde kennzeichnen die Politik des letzten Jahres.

Befund eins: brutale Entmachtungen von Arbeitnehmern und ihren Vertretungen, Um­färbung der Republik, Parteibuchwirtschaft, Postenschacher. (Ruf bei der FPÖ: Das ist eine Selbstkritik!) Lassen Sie mich das an einigen Beispielen festmachen:

Kassenreform: Im Rahmen der Kassenreform ist es zu einer brutalen Umfärbung des Verwaltungsrates gekommen, und zwar durch Aushebelung und Entmachtung der Selbstverwaltung. De facto übernehmen die Arbeitgeber in einer Selbstverwaltung die Macht. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren von FPÖ und ÖVP, hat es nicht einmal in der Zeit des Austrofaschismus gegeben. (Beifall bei JETZT. Hallo-Rufe bei der FPÖ.) – Da war das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern 2 : 1, jetzt ist es 1 : 1. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Ruf bei der FPÖ: Nein!)

Zweiter Punkt: Arbeitszeitgesetz, 12-Stunden-Tag, 60-Stunden-Woche vorbei an den Betriebsräten, AUVA, Entmachtung von Arbeitnehmervertretungen, brutale Umfärbun­gen durch Infrastrukturminister Hofer im ÖBB-Aufsichtsrat, nach dem Motto: Rot raus, Blau und Türkis rein! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Bei der Oesterreichischen Nationalbank: Postenschacher der Sonderklasse, nach dem Motto: Rot raus, Türkis und Blau rein! Wir erinnern uns an das SMS von Vizekanzler Strache, der sich Sorgen machte, dass er beim Postenschacher in der Oesterreichi­schen Nationalbank benachteiligt werden könnte. – Was für eine Schande für dieses Land! (Beifall bei JETZT sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Die Generalsekretäre in den Ressorts werden mit Sondervollmachten ausgestattet, zunächst sogar ohne Ausschreibung. Heute behandeln wir die Neukonstruktion der österreichischen Staatsholding. Wer soll dort installiert werden? Generalsekretär Thomas Schmid aus dem Finanzministerium. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Und was zeigt der BVT-Untersuchungsausschuss? Da zeigt sich, dass es um die Übernahme der Macht durch die FPÖ geht, begleitet von Parteibuchwirtschaft und Säuberungen.

Das, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, nennen Sie: Regieren Neu! Ich finde, das ist ein Skandal. (Beifall bei JETZT.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 26

Befund zwei: Diese Regierung arbeitet systematisch an einer Zweidrittelgesellschaft. Es geht ihr nicht um Gerechtigkeit, nicht um die neue Gerechtigkeit. Es geht ihr nicht um die Teilhabe aller am Reichtum dieses Landes. Das untere Einkommensdrittel ver­liert weiter, fällt immer weiter zurück. Es wird schamlos von unten nach oben um­verteilt. (Abg. Neubauer: Ja Sie haben ja ...!)

Das gilt auch für ein Herzstück Ihrer Maßnahmen, den Familienbonus, der das untere Einkommensdrittel benachteiligt und zugunsten des mittleren und des oberen Einkom­mensdrittels umverteilt.

Wie erklären Sie sich, dass Kinder von einem Großteil des unteren Einkommensdrittels einen Kindermehrbetrag von lediglich bis zu 250 Euro bekommen, während das obere und das mittlere Einkommensdrittel einen Familienbonus von bis zu 1 500 Euro be­kommen? Ist ein Kind des unteren Einkommensdrittels nur ein Sechstel dessen wert, was ein Kind des mittleren und des oberen Einkommensdrittels wert ist?

Es geht aber weiter – Arbeitslosenversicherungsbeiträge: Nein, Herr Kanzler, das untere Einkommensdrittel wird dadurch weitgehend nicht entlastet. Das, was Sie immer behaupten, ist schlicht falsch, denn Menschen bis zu einem Bruttoeinkommen von 1 380 Euro zahlten schon bisher keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge.

Es geht weiter: Die Indexierung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland – nebenbei bemerkt gefährdet das auch die Aufrechterhaltung der 24-Stunden-Pflege.

Werfen wir einen Blick auf die Budgets 2018 und 2019! Das Generalziel ist das Nulldefizit  kein gesellschaftspolitisch wichtiges Ziel. Das gesellschaftspolitisch rele­vante Ziel wäre nicht null Defizit, sondern null Armut, aber bei den unteren Einkommen, in der Integration, bei den Pflichtschulen kürzen Sie. Sie streichen die Aktion 20 000, und Sie kürzen die Mittel für die Arbeitsmarktförderung.

Es geht aber weiter mit der Mindestsicherung Neu, die Sie kürzlich präsentiert haben. Auch da kommt es zu Kürzungen für Asylberechtigte, wenn sie nicht ausreichend Deutsch sprechen. Gleichzeitig kürzen Sie aber die Mittel für diese Programme. Erklä­ren Sie uns und den Zusehern einmal, wie jemand von 563 Euro im Monat leben soll! Für Frau Ministerin Hartinger reichen ja überhaupt 150 Euro zum Leben, also das ist ja schon wirklich ein Skandal.

Im Rahmen der Mindestsicherung kommt es auch zu Kürzungen für Kinder, und das, meine Damen und Herren, sind Frontalangriffe auf Arme, auf Arbeitslose und auf Migranten unter dem Vorwand, die Zuwanderung ins Sozialsystem zu stoppen. Jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ: Was haben denn die Armen verbrochen, dass sie von Ihnen so schäbig behandelt werden?

Ich gebe Ihnen die Antwort: Sie betreiben eine Sündenbockpolitik, die nicht darauf aus ist, Lösungen zu finden, sondern von den Problemen lebt, und problematisiert werden regelmäßig Migranten und Flüchtlinge. Arme werden gegen andere Arme ausgespielt, Inländer gegen Ausländer. (Abg. Gudenus: Das machen Sie!) – Ja, Herr Gudenus, was hat denn die Sozialministerin bei der Präsentation der Mindestsicherung Neu gesagt? – Österreicher zuerst! (demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der FPÖ), das war ihre Devise. (Abg. Gudenus: Wer sind denn unsere Wähler? Österreicher! Staats­bürger!)

Schämen Sie sich dafür, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Abg. Neubauer: Warum sollen wir uns da schämen? Unglaublich!) Hass und Feindbilder innerhalb der Gesellschaft, das ist der Motor dieser Koalition. Dass Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, den kleinen Mann prellen, und zwar permanent, das ist Ihnen anschei­nend egal, aber es stehen weitere Frontalangriffe gegen das untere Einkommensdrittel bevor: Die Notstandshilfe soll in das Arbeitslosengeld integriert werden, und wer aus


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dem Arbeitslosengeld rausfällt, kommt direkt in die Mindestsicherung mit Vermögens­anrechnung. (Abg. Rosenkranz: Woher wissen Sie das? Haben Sie das aus der Kristallkugel im Prater?) Diese Vermögensanrechnung hat, Herr Kollege Rosenkranz (Abg. Rosenkranz: Kristallkugel im Prater?), die Wirkung einer Vermögensteuer für die Mittelschicht, und angesichts der Tatsache, dass die wirklich Reichen in diesem Lande, die Milliardäre, weder eine Vermögensteuer noch eine Erbschaftssteuer zahlen, ist das in der Tat ein Skandal.

Ja, soziale Kälte hat in dieses Land Einzug gehalten – eine Schande für ein reiches Land wie Österreich! (Abg. Hauser: ... alle beherbergen?)

Der dritte Befund: Klientel und Großspender werden schamlos bedient. Einige Bei­spiele: mit dem 12-Stunden-Tag werden die Autoindustrie und die Hotellerie bedient, Senkung der Mehrwertsteuer, die Grunderwerbsteuer für Investoren wird abgeschafft, wenn Grundstücke über Holdingkonstruktionen verkauft werden, und die geplante KöSt-Senkung von 25 auf 20 Prozent ist ein Geschenk an die Großindustrie – ein Milliardengeschenk an die Großindustrie und ein Millionengeschenk an den Großspen­der Stefan Pierer von der KTM.

Befund vier: Wo gibt es Totalversagen? – Totalversagen gibt es bei der Bekämpfung der Armut, Totalversagen gibt es aber auch im Klimaschutz. Die österreichische Prä­sidentschaft wurde gestern in Katowice für ihr Verhalten und ihre Verhandlungen im Zusammenhang mit der Emissionsreduktion von Pkws, der Förderung von Kohle und deren Verlängerung bis 2035 geadelt (Rufe bei SPÖ und FPÖ: „Geadelt“?) – Fossil des Tages; das kennzeichnet die Klimaschutzpolitik dieser Regierung. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Befund fünf: Diese Regierung hat den Rechtspopulismus und den Rechtsextremismus in Europa salonfähig gemacht. Auf die politischen Diskriminierungen habe ich bereits hingewiesen. Das Überwachungspaket, die Ablehnung des Migrationspaktes, die BVT-Affäre, die Angriffe auf die Pressefreiheit aus dem Innenministerium, die Achse der Willigen, die der Herr Kanzler in Berlin anlässlich einer Pressekonferenz mit Horst Seehofer heraufbeschworen hat, die gute Freundschaft zu suspekten Figuren in Europa wie Orbán, wie Salvini, wie Kaczyński – das ist ein Beleg dafür und das sollte Ihnen zu denken geben. (Abg. Rosenkranz: Das ist unerhört! Das ist nicht ohne!)

Aber lassen wir ausländische Medien sprechen: Das „Handelsblatt“ stellte kürzlich fest, Österreich ist nach rechts gedriftet. Ja, ich stimme zu. Vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Gudenus: Von links in die Mitte ist auch nach rechts!)

11.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schüler des Bernoulligymnasiums herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. – Bitte.


11.13.00

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Vor allem aber geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rossmann, für die Möglichkeit, nach einem Jahr ein Stück weit Bilanz über die Arbeit der Bundesregierung zu ziehen und noch einmal zusam­menzufassen, welche Richtungsentscheidungen wir in diesem Jahr getroffen haben.

Ich darf vielleicht mit einem Blick zurück auf den 15. Oktober beginnen: Der 15. Okto­ber war in Österreich nicht nur ein Wahltag, da fiel nicht nur eine Wahlentscheidung, sondern auch eine Richtungsentscheidung. Die Menschen in Österreich haben am


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15. Oktober für Veränderung gestimmt, und sie haben für ein neues politisches System, für einen neuen Umgang einer Regierung miteinander und für eine andere Art der Politik gestimmt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Die Menschen in Österreich haben ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass sie den Streit satthaben und eine Regierung wollen, die zusammenarbeitet. Die Menschen in Österreich haben zum Ausdruck gebracht, dass sie sich ein Aufbrechen der Strukturen wünschen und eine Politik, die auch wieder dafür sorgt, dass den Menschen, die arbeiten gehen, mehr zum Leben bleibt.

Wir haben uns nach dem 15. Oktober schnell an die Arbeit gemacht, eine Regierung zu bilden, und haben, als andere Staaten wie Deutschland, die vor uns gewählt haben, noch verhandelt haben, bereits gearbeitet; wir haben bereits 100 Tage gearbeitet, als dort schließlich eine Regierungsbildung möglich war. Wir als Bundesregierung haben also vor einem Jahr die Arbeit aufgenommen und setzen seither genau das um, was wir im Wahlkampf versprochen haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Herr Rossmann, es wundert mich nicht, dass Ihnen das missfällt, weil Ihre Partei schon im Wahlkampf eine ganz andere Linie für Österreich vertreten hat, und es wundert mich nicht, dass es Ihnen jetzt ein Jahr nach Regierungsbildung – wir setzen genau das um, was wir angekündigt und versprochen haben – noch immer missfällt. Das ist für uns jedoch nur ein Beweis dafür, dass wir sehr genau das abarbeiten, was wir uns vorgenommen haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Zwischenruf des Abg. Zinggl.)

Ich sage Ihnen voller Freude ein Jahr nach Regierungsbildung: Österreich steht heute gut da. Blicken wir uns in der Europäischen Union um: Wir haben in Deutschland eine Phase der politischen Ungewissheit in der Koalition von CDU und Sozialdemokratie. Wir erleben in Italien, dass eine massive Überschuldung stattfindet, die Italien, aber vielleicht auch die Eurozone gefährden könnte. Es gibt Staaten in der Europäischen Union, gegen die gerade ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren läuft. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Und in Frankreich brennen Autos, und gewaltbereite Linke und Rechte versuchen, die Champs-Élysées zu zerstören.

Wir erleben ein schwieriges Umfeld in vielen anderen europäischen Staaten, und ich bin stolz darauf, Ihnen heute mitteilen zu können, dass Österreich gut dasteht und die Entwicklung in unserem Land eine höchst positive ist. Ich danke Ihnen für die Möglichkeit der inhaltlichen Auseinandersetzung und möchte, weil Sie fünf Punkte aufgelistet haben, zu diesen fünf Punkten Stellung nehmen.

Beginnen wir bei der Schuldenpolitik: Nach über 60 Jahren Schuldenpolitik in Öster­reich wurde die Schuldenpolitik in unserem Land beendet. Wir werden im nächsten Jahr endlich keine neuen Schulden mehr machen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Zwi­schenrufe der Abgeordneten Drozda und Rossmann.)

Es sind gerade die sozial Schwachen, die langfristig davon profitieren. Schauen wir in Länder, die Schuldenpolitik betrieben haben! Wo wurden in Griechenland Kürzungen notwendig? – Bei Familien, bei sozial Schwachen, bei Menschen, die in einer gesundheitlich schwierigen Situation sind, und bei den Pensionistinnen und Pensionisten. Schuldenpolitik zu betreiben ist langfristig das Unsozialste, was ein Staat tun kann. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zweitens, Entlastung: Wen haben wir in diesem ersten Jahr entlastet? Kleine Ein­kommen und Familien, und ich halte das für vollkommen richtig. Wir haben mit dem Familienbonus eine Maßnahme beschlossen, die arbeitenden Menschen bis zu 1 500 Euro Entlastung pro Kind bringt. Wir haben mit der ersten Entlastungsmaß­nah­me, die wir schon im Jänner beschlossen haben, sichergestellt, dass Beziehern von kleinen Einkommen – unter 1 950 Euro brutto – jedes Monat mehr zum Leben bleibt.


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(Abg. Rossmann: Falsch!) Es ist erst ein erster Schritt, aber es ist ein wichtiger Schritt, damit arbeitenden Menschen wieder mehr zum Leben bleibt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Dritter Punkt, Reform der Sozialversicherungsträger: Das ist eine Reform, die seit Jahrzehnten eingefordert wurde, eine Reform, die sich viele Regierungen vorge­nommen haben, eine Reform, die in mehreren Regierungsprogrammen gestanden ist, ganz gleich, welche Konstellation gerade in der Regierung war. Was gefehlt hat, waren der Mut und die Entschlossenheit, diese auch gegen Widerstände durchzusetzen.

Ich bedanke mich bei allen, die diese Reform, die dazu führt, dass die Struktur schlanker wird und am Ende des Tages mehr bei den Patientinnen und Patienten überbleiben wird, möglich gemacht haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Abg. Meinl-Reisinger: Das stimmt nicht! Abg. Loacker: Die Versicherten werden nichts davon merken, sagt der Wöginger!)

Viertens, die Reform der Mindestsicherung: Wir haben wahrscheinlich ein unterschied­liches Weltbild. Meine Meinung ist: Menschen in Österreich sollten die Möglichkeit haben, selbst ihren Beitrag zu leisten. Menschen in Österreich sollten nicht in staat­licher Abhängigkeit gehalten werden, sondern jeder sollte dabei unterstützt werden, die Kraft zu haben, für sich selbst und für seine Familie zu sorgen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Wir wollen keine staatliche Abhän­gigkeit, sondern wir wollen Armut dadurch bekämpfen, dass wir die Menschen unter­stützen, in die Arbeit zu kommen und selbst für sich sorgen zu können. Sozial ist nicht, was in Abhängigkeit hält, sozial ist, was stark macht. (Abg. Kucharowits: Was machen Sie mit den Kindern?)

Ich garantiere Ihnen, dass diese Reform der Mindestsicherung nicht nur mehr für Menschen bringt, die unsere Hilfe wirklich brauchen – AlleinerzieherInnen, Menschen mit Behinderungen –, sondern dass sie vor allem dazu führt, dass die Arbeitslosigkeit zurückgehen wird und wieder mehr Menschen in unserem Land am Arbeitsmarkt teilhaben werden, für sich selbst sorgen können und in einer Familie leben werden, in der nicht die Kinder die Einzigen sind, die in der Früh aufstehen. Das ist eine wirklich soziale Politik. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Fünfter Punkt: Wir haben ein Wirtschaftswachstum von 3 Prozent – und sind damit innerhalb der Europäischen Union an der Spitze –, eine Arbeitslosigkeit, die im Vergleich zum Vorjahr stark zurückgeht, und: Die positive Entwicklung kommt bei den Menschen an! Die ersten Lohnabschlüsse zeigen, dass es die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, die ab dem nächsten Jahr von diesem Wachstum profitieren werden. Mit der Pensionserhöhung, die diese Bundesregierung beschlossen hat, er­halten die BezieherInnen kleiner Pensionen deutlich mehr als unter den sozialdemo­kratisch geführten Vorgängerregierungen. Das ist die Politik dieser Bundesregierung! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Schellhorn und Vogl.)

Ich danke für die Möglichkeit, dass wir uns mit den Inhalten unserer Arbeit auseinan­dersetzen und das eine oder andere zurechtrücken können, was hier falsch behauptet wird.

Gestatten Sie mir ein letztes Wort zum Stil: Wenn Sie vom Austrofaschismus sprechen, dann spalten Sie unsere Gesellschaft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Keck.) Ich bitte Sie – und ich glaube, da gibt es für die nächsten Jahre durchaus Luft nach oben –, stets die inhaltliche Debatte zu suchen; das ist wichtig für eine Demokratie. Ich finde es auch bereichernd, dass es unterschiedliche Zugänge gibt und die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit haben, zu entscheiden, welchen Zugang sie für richtig erachten, aber ich würde Sie ersuchen, stets respektvoll im Ton zu bleiben. Eine inhaltliche Debatte ist in einer Demokratie notwendig. Ein Herabwürdigen


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von anderen, ein Spalten der Gesellschaft oder ein Nichtakzeptieren von demo­kratischen Wahlentscheidungen tut unserem Land gewiss nicht gut. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Jarolim: Also dass man eine Präsidentschaft so versemmelt, ist schon ...!)

11.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Wöginger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


11.22.23

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rossmann, man kann inhaltlich unterschiedlicher Meinung sein, aber eigentlich bin ich dankbar dafür, dass wir nach einem Jahr dieser gewählten bürgerlichen Bun­des­regierung heute hier im Parlament Bilanz legen können, nämlich eine sehr erfolgreiche Bilanz. Was ich entschieden zurückweise, ist, dass Sie uns ständig mit dem Austrofaschismus der Dreißigerjahre vergleichen. Wir sind gewählte Mandatare, direkt vom Volk gewählte Abgeordnete mit einer bürgerlichen Mehrheit in diesem Hause, und das haben Sie auch zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Schieder: Das war damals eh auch so!)

Die Bilanz lässt sich sehen: Von dem, was Sie im Titel der Aktuellen Stunde schreiben, ist ja genau das Gegenteil der Fall. Es ist notwendig, die Bevölkerung auch auf­zuklären. Ich nenne drei Punkte, die in der Sozialpolitik aus meiner Sicht Meilensteine sind:

Das ist der Familienbonus Plus, mit bis zu 1 500 Euro pro Jahr pro Kind. Der tritt mit 1. Jänner in Kraft, und wir sind gerade dabei, ausreichend zu informieren. Wir haben auch eine Broschüre gestaltet (die genannte Broschüre in die Höhe haltend), mit Fragen und Antworten zum Familienbonus. (Abg. Leichtfried: Wer hat das gezahlt?) Ich bitte wirklich darum, es so zu nehmen, wie es ist: Es ist die größte steuerliche Entlastung für Familien mit Kindern, die es jemals in Österreich gegeben hat, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Stimmt nicht!)

Zweiter Punkt: Wir haben die Bezieher niedriger Einkommen - - (Abg. Jarolim: Sie sollten bei der Wahrheit bleiben!) – Herr Kollege Jarolim, Ihnen hilft das Schreien nicht, dadurch gehen die Umfragewerte auch nicht in die Höhe; sie bleiben leider, wo sie sind. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rossmann: Das ist ein respektvoller Umgang mit den anderen? – Abg. Jarolim: Bei der Wahrheit bleiben!)

Die steuerliche Entlastung der Bezieher niedriger Einkommen war die erste Maßnah­me, die wir beschlossen haben; das ist seit Juli in Kraft. Wissen Sie, das ist eigentlich eine Diskriminierung jener arbeitenden Menschen, die in diesem Land weniger verdienen. (Abg. Jarolim: Eine Verhöhnung der Mittelschicht ist das! – Abg. Lausch: Da schreit er schon wieder, der Jarolim!) Wir haben gesagt, die entlasten wir zuerst. Für Menschen, die 1 500 oder 1 600 Euro brutto im Monat verdienen – die liegen uns am Herzen –, sind diese 300 Euro pro Jahr sehr viel Geld. Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein, meine Damen und Herren! Das ist der Grundsatz dieser neuen Art von Politik. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Der dritte Bereich: Wir haben eine höhere Pensionsanpassung als in den letzten Jah­ren beschlossen. (Abg. Rossmann: Das ist inflations...!) Wir haben unten mehr gegeben und oben sind wir mit einem Sockelbetrag weitergefahren. Insgesamt gibt es 1 Milliarde Euro für unsere Pensionistinnen und Pensionisten, weil sie, die unser Land aufgebaut haben, es sich verdient haben.


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In dieser Regierung wird Sozialpolitik großgeschrieben, das ist eine soziale Bundes­regierung. Auch die Abgeordneten der Regierungsfraktionen setzen das hier im Parla­ment um. Das ist vielleicht der Unterschied zu früher: Das, was wir uns ausgemacht haben, setzen wir auch um, und das akzeptieren, respektieren und wertschätzen die Menschen in unserem Land, meine Damen und Herren. Das ist die Realität. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir sind auch mutig genug, jene Punkte und Themen aufzugreifen, die in der Vergangenheit liegen geblieben sind. (Abg. Greiner: Warum erst jetzt?) Nehmen wir die Sozialversicherungsreform her: Ich bin seit 16 Jahren in diesem Haus, und ich glaube, sie ist in jedem Regierungsprogramm gestanden, aber niemals haben wir uns durchringen können, weil wir irgendwo bei einer Fachgewerkschaft oder bei der Arbeiterkammer hängen geblieben sind (Abg. Rosenkranz: Da kommt ja der Herr Rossmann auch her!) und es letzten Endes nicht zustande gebracht haben, eine Sozialversicherungsstrukturreform durchzuführen. Diese Strukturreform wird den Patientinnen und Patienten am Ende des Tages mehr Geld bringen. (Abg. Wittmann: Bei der Wahrheit bleiben!) Wir wollen letzten Endes mehr Geld für die Patientinnen und Patienten und in der Struktur Einsparungen erzielen. – Das ist unser Ansatz, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Margreiter: Ja, genau!)

Zur Mindestsicherung auch ein ganz offenes Wort: Die Mindestsicherung, die wir jetzt in Begutachtung geschickt haben, ist ein Akt der Gerechtigkeit. Wie erklären Sie der Bezieherin einer Mindestpension, die hier in Wien, in Favoriten, lebt und mit 863 Euro auskommen muss, dass ein Asylberechtigter, der neben ihr einzieht – es ist in Ordnung, dass er dableiben kann, dass er einzieht und dass er auch versorgt wird –, genauso viel Geld wie sie bekommt? (Zwischenrufe der Abgeordneten Keck und Klaus Uwe Feichtinger.) Wie erklären Sie das der Bezieherin einer Mindestpension, die ihr ganzes Leben lang hier gelebt, wahrscheinlich auch zum Teil gearbeitet hat und Kinder großgezogen hat? Das kann man nicht erklären, meine Damen und Herren, daher bringen wir auch diesen Gesetzentwurf für eine Reform der Mindestsicherung ein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Margreiter.)

Und noch einmal: Wir haben eine gute soziale Absicherung, insbesondere für Allein­erziehende und für Menschen mit Beeinträchtigung, die in der Mindestsicherung mehr bekommen werden. Was wir aber wollen, ist, dass die Menschen in die Arbeitswelt zurückkehren; die Mindestsicherung muss das Sprungbrett zurück in die Arbeitswelt sein, meine Damen und Herren.

Drei wichtige Themen sind in Vorbereitung: Wir widmen uns im kommenden Jahr einer weiteren Steuerentlastung, einem Pflegepaket und der Frage der Digitalisierung. (Abg. Meinl-Reisinger: Dazu müssen Sie einmal verstehen, was das überhaupt ist!) Diese Bundesregierung arbeitet für die Menschen in diesem Land, und das wird sie auch in Zukunft tun. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Haubner: So schaut’s aus!)

11.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Leichtfried ist zu Wort gemel­det. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Der nächste Theaterdonner! Oje!)


11.28.04

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Diese Regierung (Abg. Höbart: Ist sehr gut, macht ihre Arbeit hervorragend!) feiert ein Jahr im Amt und lässt sich abfeiern. Das Tragische und Traurige ist, dass nur einige wenige mitfeiern.


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Herr Bundeskanzler, Sie haben gesagt, Sie haben Dinge versprochen – ja, Sie haben Ihren Wahlkampffinanziers Dinge versprochen, und die sind die Einzigen, die nach diesem Jahr einen Grund zu feiern haben. Das muss man Ihnen auch einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ.) Fast alle anderen haben keinen Grund zu feiern, denn: Was haben Sie mit diesem Land gemacht? (Abg. Hauser: Es auf die Überholspur ge­bracht!) – Sie haben es unsozialer, undemokratischer, ungesünder und unmoralischer gemacht. (Abg. Lugar: Unsozialistischer gemacht!) Das war Ihre Jahresleistung, Herr Kurz, und darauf können Sie sich wirklich etwas einbilden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Land ist unsozialer geworden, unsozialer für die, die jeden Tag aufstehen müssen, die jeden Tag hart arbeiten müssen, die schwierige Berufe haben – das sind in Wahrheit die, die den Reichtum dieses Landes, mit dem Sie sich jetzt gebrüstet haben, geschaffen haben. Denen haben Sie, hat Ihre Koalition in Wahrheit den Kampf angesagt – 12-Stunden-Tag, 60-Stunden-Woche bei gleichzeitiger Ausschaltung der Betriebsrätinnen und Betriebsräte, Abschaffung der Entschädigung für Lehrlinge über 18 Jahre, das unfaire Zerschlagen der Gebietskrankenkassen, Abschaffung der Not­standshilfe –, und jetzt schaffen Sie sogar noch eine Businessclass für Reiche in Krankenhäusern. Damit haben Sie das Land eindeutig unsozialer gemacht! (Beifall bei der SPÖ.)

Und Sie haben dieses Land undemokratischer gemacht (Abg. Wöginger: Genau!): Der österreichische Nationalrat, die Herzkammer unserer Demokratie, ist ein unglaublich sensibles Instrument, auf das man achtgeben muss. Für Sie ist er ausschließlich ein Instrument, um Ihre unsoziale Machtpolitik durchzusetzen: Usancen sind nicht mehr wichtig, Begutachtungsfristen gibt es kaum noch, unzuständige Ausschüsse werden betraut, Volksbegehren mit insgesamt 1,6 Millionen Unterschriften sind Ihnen egal. Herr Kurz, ich bin froh, dass Sie heute da sind, sonst ist Ihnen dieses Hohe Haus ja genauso egal – da Sie nie herkommen –; das muss man auch einmal dazusagen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić. – Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Sie haben dieses Land undemokratischer gemacht (Zwischenruf des Abg. Wöginger) – werden Sie nicht nervös, Herr Kollege – und Sie haben dieses Land ungesünder gemacht: Im Jahr 2017 starben 1029 Menschen am Passivrauchen. Heute ist der 11. Dezember, wenn man das hochrechnet, sind es wieder 970; und wenn es nach Ihnen geht, wird es im Jahr 2019 wieder so sein, geschätzte Damen und Herren, es werden wieder 1029 Menschen am Passivrauchen sterben. (Abg. Kitzmüller: Das werden Sie doch selber nicht glauben, was Sie da sagen!) Sie haben den Willen von 900 000 Menschen ignoriert, die gegen dieses Gesetz, das das Rauchen in Gasthäusern erlaubt, unterschrieben haben. Sie tragen auch die Verantwortung für die weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit.

Sie haben dieses Land eindeutig ungesünder gemacht, und das ist Ihre Verantwortung und Ihre Schuld, geschätzte Damen und Herren (Abg. Neubauer: Wollen Sie sagen, dass die alle in der Gastro gestorben sind? Das ist das Letzte!), da können Sie sich nicht herausreden. (Beifall bei der SPÖ.)

Und Sie haben dieses Land unmoralischer gemacht. Wenn eine Partei – und jetzt rede ich von Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei – das Wahlkampfkostenlimit um 3 Millionen Euro überschreitet und dann keinen Genierer hat, ungefähr dieselbe Summe für eine Wahl einzuklagen, die sie selbst verursacht hat, dann ist das nicht nur unmoralisch, sondern auch unanständig. Dafür können Sie sich schämen! (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Abg. Neubauer: Sie wissen ja nicht einmal mehr wie man Moral schreibt! – Abg. Deimek: Bitte, wer hat es verursacht? – Abg. Höbart: Kennen Sie die Erkenntnis vom VfGH? – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Sind Sie die Rechtsinstanz?)


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Sie haben das Land unsozialer, undemokratischer, ungesünder und unmoralischer gemacht. Durch Sie ist es kälter geworden in Österreich, und das ist kein Grund zum Feiern, nein, das ist ein Tag zum Trauern. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Abg. Neubauer: Das war ja eine schlechte Rede!)

11.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Rosenkranz. – Bitte.


11.33.06

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Na ja, an sich hätte ich es mir jetzt auch wirklich leicht machen und die Verdienste dieser Bun­desregierung im ersten Jahr entsprechend auflisten können. Das werden vielleicht auch noch andere tun. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) – Jetzt hören Sie doch endlich einmal auf, Kollege! Sie waren gerade mit einer schwachen Rede dran, die Sie mit Zwischenrufen auch nicht mehr verbessern können; das geht nicht mehr, Chance vertan. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

So: Was alles ist in Gefahr? – Die Demokratie ist in Gefahr. Glaubt das irgendjemand außer Sie in Ihrer selbstgebastelten Blase, in der Sie sich am Abend zusammensetzen und darüber diskutieren, ob jetzt eher Marxismus, Trotzkismus oder Leninismus besser ist? Sie leben doch nicht mehr wirklich dort, wo die Menschen sind. Lassen Sie sich doch nicht von Ihren Gewerkschaftsfunktionären von der Arbeitswelt erzählen, sondern von denen, die tatsächlich arbeiten; dann bekommen Sie die richtige Antwort auf die Frage, was gut für dieses Land ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Lösen Sie sich davon, in dieser Blase zu leben! Warum können im demokratischen Spektrum weltanschaulich links orientierte Menschen – das ist vollkommen in Ord­nung – einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass es auch Mehrheiten abseits linker Weltanschauung gibt? Das ist doch etwas Normales in einer Demokratie! – Für Sie aber nicht, für Sie kann nur der Linke allein Demokrat sein. Das, wie Sie hier agieren, lehne ich ab und weise ich auf das Schärfste zurück! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Betreffend Ihren Unterton, was die Opfer des Passivrauchens betrifft: Dieser Bundes­regierung und der Mehrheit in diesem Haus statistische Zahlen unterzujubeln und sie als Mörder darzustellen, ist eigentlich schandhaft von Ihnen. Entschuldigen Sie sich dafür! (Abg. Meinl-Reisinger: Aber es ist ein Faktum, dass Menschen sterben!)

Etwas anderes, das Sie angesprochen haben – zur Klage, die die FPÖ angestrengt hat –: Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob wir in einem Rechtsstaat leben, oder nicht? Hat die Freiheitliche Partei Österreichs in Österreich noch Rechte oder sind wir nur mehr Bürger zweiter, dritter, zehnter Klasse, die man Ihrer Meinung nach am besten einsperren oder von Wahlen ausschließen sollte? – Nein!

Ich sage Ihnen eines: Die Republik Österreich, sprich bei Wahlen die Behörden, haben der FPÖ einen Schaden zugefügt. Es gibt in dieser Republik das Recht, durch unabhängige - - (Abg. Drozda: Drehen Sie sich um! Drehen Sie sich um zum Nationalratspräsidenten!) – Mah, der Herr Drozda! Überlegen Sie sich einmal, was rechtlich gut ist, wenn man bei Ihnen die Bilder abhängt! (Abg. Drozda: Es wurde alles geprüft!) Sie reden von Schamlosigkeit und rufen jetzt auch noch dazwischen. Das sind mir die Richtigen: Sie sprechen von Schamlosigkeit, wenn es um das Eigentum der Republik Österreich geht! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich sage Ihnen auch noch etwas anderes, das für Sie zum Problem werden wird: Ob der FPÖ etwas zusteht oder nicht, wird eine Instanz entscheiden, die nicht hier herinnen im Parlament und auch nicht auf der Regierungsbank sitzt. (Zwischenruf des


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Abg. Noll.) Das werden bis zur letzten Instanz unabhängige Gerichte entscheiden. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber Sie könnten auch nicht klagen!) Darauf, dass wir in Österreich eine unabhängige Rechtsprechung haben, sind wir Freiheitliche sehr stolz. Wenn man bedenkt, was Sie sagen – wann man nicht klagen soll oder Ähnliches –, dann bin ich mir nicht so sicher, ob das in Ihren Händen so gut aufgehoben wäre; in den Händen dieser Regierungsparteien ist es das auf jeden Fall. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Jetzt noch ein paar Punkte zu Herrn Rossmann selbst: Mir wird Ihre Welt jetzt auch ein bisschen klarer. Es ist nämlich nicht meine Parallelwelt, die Sie da aufzügeln. Sie sagen eines: Wissen Sie, was diese FPÖ gesagt hat? – Österreich zuerst! Ja, Herr Rossmann, das war ein Wahlslogan von uns, und deswegen sind wir gewählt worden. Das ist nämlich auch ein Punkt in einer Demokratie: gewählt zu werden. Oder, was haben Sie gestern in der Pressekonferenz gesagt? – Diese Bundesregierung, die hat nur eines vor, nämlich ihre Wähler zu halten und den Stimmenanteil auszubauen. – Also wirklich unerhört! (Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP.)

Mir wird es langsam klar: Wenn Sie nach 5, 6 Prozent beim letzten Mal in den Mei­nungsumfragen jetzt bei 2 Prozent liegen, dann wird Ihr Politmodell der Wäh­ler­vertreibung ganz deutlich. Ich als Demokrat sage Ihnen eines: Mir ist es wichtig, dass die Menschen meine Partei wählen oder nicht wählen. (Abg. Rossmann: Mit wie viel Prozent sind Sie gewählt worden?) Und wenn Sie noch etwas wissen wollen: Wir machen in erster Linie Politik, um von den Bürgern gewählt zu werden, und nicht, um nicht gewählt zu werden. Das ist ein Punkt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte.


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (fortsetzend): Mein Schlusssatz: Diese Bun­desregierung arbeitet für die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher. Den Befund – eins, zwei, drei, vier, zehn; was Sie erwähnt haben –, den wahren Befund darüber, was die Menschen von dieser Regierung halten, wird es bei der nächsten Nationalratswahl geben, und dann schauen Sie ein bisschen älter aus. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Martin Graf: Walter, ein bisschen älter geht nicht mehr!)

11.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich begrüße die Schülerinnen und Schüler – 60 an der Zahl – der Neuen Mittelschule Graz-Webling ganz herzlich!

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Meinl-Reisinger. – Bitte.


11.39.01

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer!

Es wird Sie nicht verwundern, dass unsere Bilanz von einem Jahr Regierung, einem Jahr wieder Schwarz-Blau anders ausfällt als die Bilanz, die der Herr Bundeskanzler oder auch der Klubobmann der FPÖ hier präsentiert haben; wiewohl das eigentlich keine Bilanz war, die Sie präsentiert haben, sondern eine persönliche Abrechnung mit der SPÖ. Das könnten Sie eigentlich auch im Pausenhof machen. (Abg. Rosenkranz: Kein Neid, dass ich Sie nicht erwähnt habe! Kommt beim nächsten Mal! – Abg. Gudenus: Das ist auch eine Bilanz!)

Ich glaube, dass dieses Regierungsprogramm über weite Strecken auf Populismus aufgebaut ist. Das sieht man, wenn man jeden Tag die Zeitungen aufmacht und die Schlagzeilen anschaut. Das sieht man an der Art und Weise, wie Sie Politik machen, und das hat man heute auch – und darauf werde ich noch zu sprechen kommen – vor


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allem bei der Wortmeldung von Herrn Klubobmann Wöginger sehr, sehr deutlich gemerkt. (Abg. Wöginger: Was hat Ihnen nicht gepasst?)

Sie haben völlig recht, Sie sind hier angetreten und haben gesagt: Veränderung, Reformen! (Abg. Wöginger: Ja, genau!) In Wahrheit ist die Bilanz aber sehr mager (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger) – und das wissen Sie –, sehr, sehr mager! Sie haben sich heute hier wiederum mit fremden Federn geschmückt – und auch das wissen Sie. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und JETZT. – Widerspruch bei der FPÖ.)

Dass die Arbeitslosigkeit niedrig ist, dass die Einnahmen sprudeln und dass damit sozusagen auch der Grundstock für ein mögliches Nulldefizit gelegt worden ist, das ist nicht Ihr Verdienst. (Heiterkeit und Widerspruch bei der ÖVP.) Das wissen Sie, das ist primär der Verdienst der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich, der Unternehmerinnen und Unternehmer, die Jobs schaffen, die Wertschöpfung schaffen (Beifall bei den NEOS – Zwischenrufe bei der ÖVP) – auch aufgrund von Maßnahmen, die nicht in Ihrer Regierungsbilanz zu finden sind. (Abg. Rosenkranz: Das passt jetzt mit dem Rossmann nicht wirklich zusammen!) Folgendes ist auch eine Aussage, die im Zuge der Budgetsitzungen getätigt wurde: Auch ein Hydrant hätte dieses Budget machen können! – und auch das wissen Sie. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ. – Widerspruch bei ÖVP und FPÖ.)

Sie haben einige Reformen auf den Weg gebracht – das ist durchaus richtig –, ein paar wurden nur angekündigt – auch dazu werde ich noch sprechen –, einige stehen ja diese Woche noch zur Diskussion. Etwas, das sich durchzieht – und da gebe ich Kolle­gen Leichtfried schon recht –, ist, dass es eine Missachtung des Parlamentarismus war (Abg. Wöginger: Ah geh!), und zwar mit kurzen Begutachtungen und dem Motto: Wir fahren über Expertinnen und Experten drüber, wir reden nicht mit der Opposition! – Das ist eine Abgehobenheit par excellence, die in ganz vielen Bereichen dazu geführt hat, dass Sie schlechte Gesetze vorlegen, schlechte Gesetze, die zu Rechts­unsicher­heit führen. Das geschah zum Beispiel beim 12-Stunden-Tag, bei der Arbeitszeit­flexibilisierung, die wir immer begrüßt und eingefordert haben, weil die Flexibilisierung von Arbeitnehmerseite und Unternehmerseite gefordert wird. Was Sie auf den Tisch gelegt haben, hat aber zu Rechtsunsicherheit geführt – und das wissen Sie. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Rossmann und Steger.)

Das Zweite, was wir gesehen haben – das werden wir die Woche noch diskutieren und da gebe ich Kollegen Rossmann völlig recht –: Umfärben ist keine Reform! Wenn es sozusagen heißt: Rote Funktionäre raus! – (in die Hände klatschend) mag sein, dass man dafür in den eigenen Reihen Beifall kriegt –, und dann: Türkise und Blaue hinein!, ist das bei Weitem keine Reform. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Das ist aber etwas, das sich wie ein türkis-blauer Faden durch die letzten Monate durchzieht: Par­tei­politik, Machtpolitik par excellence. Es war nicht besser unter der SPÖ, aber es ist jetzt unter Ihnen auch nicht besser. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT. – Abg. Wöginger: Mit Ihnen werden wir es noch erfahren! – Ruf bei der FPÖ: Blendendes Wortspiel!)

Scheinaktivität, rasender Stillstand möchte ich das nennen. Wir bekommen Woche für Woche Problemaufsätze, Punktationen in den Ministerrat. (Abg. Rosenkranz: Da hat die Opposition nichts zu tun!) Problemaufriss ist – wir werden morgen das Thema Bildung und Schule diskutieren – sozusagen immer ein Teil der Aufgabenstellung bei Aufsätzen in der Schule, da muss ich sagen: Note sehr gut. Das Problem haben Sie sehr oft erkannt, zum Beispiel im Pflegebereich oder in anderen Bereichen, aber die Lösungen haben Sie nicht auf den Tisch gelegt. (Abg. Wöginger: Die kommen!) Die Lösungen haben Sie nicht auf den Tisch gelegt.


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Hören Sie auf, die Menschen mit Punktationen für blöd zu verkaufen (Abg. Wöginger: Jetzt geht es wieder zu langsam!), und bringen Sie endlich echte Lösungen! Das wäre wesentlich. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT. – Widerspruch bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Nebelgranaten produzieren Sie zugunsten von Schlagzeilen. Wenn man dann wirklich konstruktive Gegenvorschläge macht und sagt, bringen wir es gemeinsam in die Umsetzung (Abg. Wöginger: Erst zu schnell, dann zu langsam!), dann sind Sie nicht mehr dabei, weil das ja Ihren populistischen Zugang und den Zugang zur Schlagzeile in irgendeiner Form gefährden könnte. (Abg. Wöginger: Bäume umarmen können wir noch nicht!)

Schauen wir einmal auf die Aussage, die immer wieder getätigt wurde: Österreich hat ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem. Wir wissen, dass bei all diesen Dingen, die angegangen wurden – und es sind wenige –, nichts wirklich Budgetwirk­sames passiert ist; es ist ausgabenseitig keine echte Reform auf den Weg gebracht worden. Wo sind die großen Zukunftsfragen, die Ihnen jeder nennen kann? Auch die Europäische Kommission weist immer wieder zu Recht darauf hin, dass wir bei­spielsweise endlich für generationengerechte Pensionen sorgen müssen.

Das greifen Sie nicht an, weil das ja wieder Ihr eigenes Klientel beträfe. Das passt nicht zum Populismus. Apropos Populismus – mir geht leider die Redezeit aus, denn ich könnte noch viel dazu sagen (Abg. Wöginger: Wir aber auch!) –: Was ich gesehen habe, ist, dass Sie Nationalismus und Populismus die Tür geöffnet haben. Rasen, Rauchen und Rassismus – die Politik der FPÖ ist salonfähig geworden. (Beifall bei NEOS und JETZT sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist Ihr Verdienst, Sie haben die Tür zu diesen Positionen geöffnet und machen sie salonfähig. Das ist wirklich ein schwerer, schwerer Fehler, denn damit spalten Sie die Gesellschaft. (Abg. Wöginger: Das war jetzt nicht Populismus?!)

Herr Kollege Wöginger, Sie haben vorher, finde ich, sehr schön dargelegt, worum es Ihnen geht. Es geht Ihnen quasi darum: Unser Geld für unsere Leut‘! – Das ist jetzt offensichtlich auch in der ÖVP angekommen, die christlich-sozialen Wurzeln wurden komplett ausgerissen. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte.


Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (fortsetzend): Ja, der Schlusssatz: Wir haben einen Rechtsstaat. Der Rechtsstaat sieht vor, wenn es eine Mindestsiche­rung gibt, dass die auch alle bekommen. Dieses Ausspielen von Mindestpen­sionistIn­nen und Asylberechtigten ist einfach nur billig und populistisch. Schämen Sie sich! (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT. – Abg. Wöginger: Liberales Forum oder Wirt­schaft? – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Das ist die Wahrheit!)

11.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


11.44.42

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte KollegInnen! Liebe Mitbürgerin­nen und Mitbürger! Österreich ist eine Insel der Seligen. Das war einer der für mich einprägsamsten Sätze von Ihnen, Herr Bundeskanzler, gesprochen auf der gemein­samen Pressekonferenz mit Heinz-Christian Strache, der wiederum im Rahmen dieser Pressekonferenz eine gefühlte Ewigkeit über Partnerschaft, Paarlauf, papierene Hochzeit referierte und sich sichtlich um etwas Liebe in der Koalition bemühte, die ihm


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konsequent vorenthalten worden ist. Vielleicht haben Sie es ja gesehen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

Warum ist dieses Bild einer Insel der Seligen so aufschlussreich? – Es zeigt, wie diese Bundesregierung denkt: relativ einfach und mit Konsequenzen für jeden von uns. Auf der einen Seite gibt es also die Insel, das Gute, das Beschützenswerte, aber auch das Begrenzte und das Abgegrenzte; eine Insel der Seligen, die von außen bedroht wird und gegen diese Bedrohung abgeschottet, verteidigt werden muss. Das ist eigentlich ein ganz einfaches Bild. Und solange man sich auf der richtigen Seite wähnt, hat man auf dieser Insel auch ein ganz gutes Auskommen.

Es gibt aber zwei Probleme in diesem Zusammenhang: Das erste wäre, diese Insel wandert, denn je nach politischer Windrichtung verschieben sich die Grenzen dahin gehend, wer unterstützt wird, wer Unterstützung findet und wer nicht; das bedeutet, wer mitgemeint ist und wer auf der Außenseiterseite steht.

Herr Bundeskanzler Kurz, Sie haben gesagt, Sie werden abarbeiten, was Sie sich vorgenommen haben. Ich möchte Sie an die Debatte im Zuge des Wahlkampfs und an die Situation der immer noch fehlenden Unterhaltsgarantie für Alleinerziehende in diesem Land erinnern. Als Sie auf die Stimmen von rund 250 000 AlleinerzieherInnen, also auf die Stimmen von 250 000 alleinerziehenden Menschen angewiesen waren – noch vor der Wahl –, haben Sie natürlich versprochen, diesen Menschen unter die Arme zu greifen, da waren sie Teil Ihrer Insel, jetzt nicht mehr. Den Betroffenen steht aber in ihrer Situation, von Armut betroffen, vielfach das Wasser bis zum Hals.

Denken wir an ein weiteres Beispiel, nämlich den Familienbonus. Sie haben Folgendes versprochen: Alle Kinder und alle Familien sollen profitieren. Im Wahlprospekt war die Insel der Seligen für alle offen. In der Realität schaut es heute aber so aus, dass Sie nur jene einladen, die auch das nötige Kleingeld dazu haben. Wie wir heute wissen, sind rund 500 000 Kinder in Österreich in der Situation, dass sie entweder überhaupt nicht vom Familienbonus profitieren oder nur den Kindermehrbetrag von 250 Euro im Jahr anstatt den von Ihnen propagierten 1 500 Euro pro Kind erhalten werden – ent­weder nichts oder eben diesen geringen Kindermehrbetrag. Das betrifft eine halbe Million Kinder in diesem Land.

Und wie schaut es bei der Mindestsicherung, der letzten Rettungsinsel Österreichs, aus, da die Notstandshilfe ja auch eine gewisse unsichere Zukunft hat? – 324 000 Kin­der leben in Österreich aktuell bereits unter der Armutsschwelle. Sie gehen her, streichen die Mindestsicherung genau für diese Gruppe, nämlich für die Kinder, zusammen. Doch im nächsten Atemzug spricht Ihre Ministerin, Frau Ministerin Hartinger-Klein, davon, dass durch die Reform der Mindestsicherung die Kinderarmut in Österreich nun abgeschafft und erfolgreich bekämpft worden zu sein scheint. Das ist aber nicht so, denn wenn in der aktuellen Situation, obwohl pro Kind mehr an Mindestsicherung zur Unterstützung geleistet worden ist, 300 000 Kinder in Armut leben, dann wird sich all das mit einer Senkung auf 25 Prozent oder gar 5 Prozent dieses Betrages weiter verschärfen. (Beifall bei JETZT sowie der Abg. Friedl.)

Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, im Rahmen der Diskussion zur Mindestsicherung sagen, Sie wollen Menschen nicht in staatlicher Abhängigkeit halten, dann frage ich Sie aber, warum Sie die Mittel für die Ausbildungsgarantie bis zum 25. Lebensjahr zusammenstreichen. Kein einziger Cent ist 2019 dafür vorgesehen. Im letzten Jahr waren es rund 12 000 Jugendliche und junge Menschen, die damit eine Ausbildung über den Pflichtschulabschluss hinaus nachholen konnten. Die Mittel wurden einfach gestrichen. Sie halten diese Menschen weiterhin in der Mindestsicherung!

Zum Arbeitszeitgesetz gab es ebenfalls eine große Debatte. Der 12-Stunden-Tag sollte für alle Vorteile bringen. Ja, so ist es auch gekommen, nämlich für jene, die freiwillig


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sagen, sie wollen nicht 12 Stunden arbeiten. Die können es sich jetzt aussuchen, sie können 12 Stunden ablehnen und sich freiwillig einen neuen Job suchen. Die Arbeit­geberseite auf der anderen Seite kann natürlich ruhig ihre Füße in den Sand stecken. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das alles ist nur ein kleiner Auszug der Ungerechtigkeiten, es waren noch viele, viele Themen mehr, die wir aktuell im Rahmen der Reden gehört haben.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte!


Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (fortsetzend): Zum Schluss erläutere ich vielleicht noch das zweite Problem, das ich ebenfalls am Anfang ange­sprochen habe: Österreich ist keine Insel, wir sind maximal ein Boot – und genau in diesem Boot sitzen wir alle gemeinsam. Deshalb ersuche ich Sie, liebe Mitglieder dieser Bundesregierung, liebe VertreterInnen der Fraktionen: Machen Sie es im nächsten Jahr besser, hören Sie auf, auf die Schwachen hinzutreten und vor Ihren Spendern zu buckeln!


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz!


Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (fortsetzend): Die kommen auch ohne Ihre Unterstützung aus, aber die 300 000 Kinder in Armut nicht. – Vielen Dank! (Beifall bei JETZT. – Abg. Martin Graf: Dann müsst ihr halt im Boot mitrudern, und zwar nicht in die andere Richtung!)

11.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Nehammer ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


11.50.35

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten zu Hause! Man muss sich wirklich bei der Liste JETZT, ehemals PILZ, bedanken, dass sie uns die Chance gibt, Bilanz zu ziehen, die Chance gibt, darauf hinzuweisen, dass diese Bundesregierung drei große Schwerpunkte gesetzt hat.

Einer war, die Menschen zu entlasten. Der Familienbonus, der ab 1.1.2019 in Kraft tritt, ist genau so eine Entlastungmaßnahme, die die Menschen trifft, die es am drin­gendsten brauchen, nämlich Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die den Mut haben, eine Familie zu gründen und Verantwortung für diese Gesellschaft zu übernehmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Eine der ersten Maßnahmen dieser Bundesregierung war es, Menschen zu entlasten, die die Entlastung dringend brauchen. Das sind – auch, wenn Sie es nicht gerne hören wollen, Herr Rossmann – mit der Reduzierung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages gerade für die Menschen, die unter 1 948 € brutto verdienen, 300 € mehr im Jahr. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Höbart.)

Neue soziale Gerechtigkeit war unser Thema. Ja, wir haben die Mindestsicherung reformiert, gemeinsam mit den Ländern ist eine Einigung erzielt worden; und diese Mindestsicherung ist zielgerichtet und damit sozialer als die Mindestsicherung davor. Wir entlasten alleinerziehende Mütter dadurch, dass sie mehr als vorher bekommen. Wir entlasten pflegebedürftige Menschen, indem sie mehr als vorher bekommen. Und wir entlasten Menschen, die eine ganz herausfordernde Lebenssituation haben (Zwi­schenruf des Abg. Wittmann), die die Herausforderung haben, behinderte Menschen zu betreuen oder selbst behindert zu sein. Genau die entlasten wir auch durch die


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Reform der Mindestsicherung. Das ist unser Verständnis, das Verständnis dieser Bun­desregierung von neuer sozialer Gerechtigkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Auch wenn Sie es nicht hören wollen: Dazu zählt auch die Pensionserhöhung mit 2,6 Prozent für Menschen, die wenig Pension erhalten; dazu gehört auch die schon erwähnte Sozialversicherungsreform, damit die Patientinnen, die Patienten, die Versichertengemeinschaft mehr Leistung zur Verfügung hat. (Abg. Meinl-Reisinger: Das stimmt aber nicht! Das wäre ja super! – Zwischenruf bei der SPÖ.) Dafür sage ich ein großes Danke an die Verantwortlichen in der Bundesregierung, Danke an unseren Koalitionspartner, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen, um Österreich eine neue soziale Gerechtigkeit zu geben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Danke Bundesregierung!)

Nichts geht aber – das haben wir heute schon vonseiten der NEOS gehört – ohne eine funktionierende Wirtschaft, und die Wirtschaft ist auch die, die durch die Arbeits­zeitflexibilisierung die Chance hat, neue Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig bestehende Arbeitsplätze zu sichern. Die Tourismusbranche, ein wichtiger Arbeitgeber in unserem Land, wurde entlastet. Das ist unser Verständnis davon, Wirtschaftspolitik zu machen, die das Ziel hat, Arbeitsplätze zu schaffen, denn Arbeitsplätze sichern Wohlstand in diesem Land! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Jetzt habe ich auch die Gelegenheit, Bilanz über das Agieren der Opposition zu ziehen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Reflektieren wir ein wenig gemeinsam darüber: Wo findet sich die SPÖ? – Sinnsuchend, eskalierend – auch heute wieder –: Zwischenrufe von Jarolim, „Austrofaschismus“-Bezeichnungen (Abg. Höbart: Unfass­bar!), Pflastersteine, Grabkerzen. All das ist euer Verständnis vom alten Stil der Politik. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe kein Anzeichen davon gefunden, dass es da eine Erneuerung gibt. Der Höhepunkt, Frau Parteivorsitzende – verzeihen Sie, dass ich es anspreche! –, ist es aber, zu akzeptieren, dass Ihre Jugendorganisation sich mit Gewalttätern in Frankreich solidarisiert – das Posting ist auf Facebook nachzulesen, sehr spannend. Das halte ich für einen echten Skandal! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Höbart: Unglaublich!)

Das sind Linksextreme, Rechtsextreme; da findet Körperverletzung, Eigentumsbeschä­digung statt. Das hat in einer Demokratie, egal wo auf dieser Welt, keinen Platz. Eine Solidarisierung ist fehl am Platz. Ihre Worte dazu habe ich aber vermisst. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Rendi-Wagner und Loacker.)

Ein letzter Satz noch zu den NEOS und zur Liste JETZT: Die NEOS werden mehr Liberales Forum als neu – warum auch immer –, die neue Obfrau sucht einen neuen Weg. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Die Liste JETZT sollte jetzt die Chance ergreifen, um den moralisch Schuldigen, Herrn Abgeordneten Pilz, endlich auszu­schließen. – Danke! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Duzdar. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Was soll sie jetzt noch sagen? – Abg. Duzdar – auf dem Weg zum Rednerpult –: Einiges! – Ruf bei der FPÖ: Tatsächlich? – Abg. Duzdar – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja! – Abg. Wöginger: Zusammengeräumt in der Hütten! – Abg. Höbart: Vielleicht findet sie Worte zu den Afghanenmorden!)


11.55.37

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen auf der Galerie! Ja, ein Jahr schwarz-blaue Regierung: Es gäbe hier


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noch sehr vieles zu kritisieren, aber lassen Sie mich als Energiesprecherin eingangs auf die unsoziale schwarz-blaue Politik im Klima- und Energiebereich eingehen.

Ziehen wir Bilanz: Was hat diese Bundesregierung für die Menschen und für die Umwelt getan? (Ruf bei der SPÖ: Nichts!) – Meine Antwort ist: Es hat sehr viele Ankündigungen und Überschriften gegeben. Neulich hat Ministerin Köstinger in einem Radiointerview gesagt: Für mich ist Klimaschutz die größte und wichtigste Aufgabe in meinem Ressort. – Die Realität zeigt aber genau das Gegenteil: In Wirklichkeit wird eine Politik für bestimmte Interessengruppen und eben nicht für den Klimaschutz gemacht. Der Klimaschutz ist das Stiefkind! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Wie sonst lässt es sich erklären, dass es knapp vier Monate gedauert hat, bis sich die Umweltministerin kritisch zu Tempo 140 geäußert hat? Wo bleibt der kritische Kom­mentar der Umweltministerin zu Heinz-Christian Straches Aussage im „Standard“ in der vergangenen Woche, mit der der Vizekanzler unserer Republik die von Menschen gemachte Klimakrise leugnet? Das sind doch bitte Trump-Verhältnisse mitten in Österreich! (Abg. Wöginger: Jetzt kommt sie mit dem auch noch daher! – Widerspruch bei der FPÖ.) Und da frage ich mich: Wie kann die Umweltministerin dazu schweigen?

Sie kämpft nicht für den Klimaschutz, und sie ist meiner Meinung nach eine Schwei­geministerin. (Abg. Wöginger: So ein Blödsinn!) Lieber ist es der Ministerin, jeden Tag gegen die Bundeshauptstadt Wien zu kämpfen oder sie zu bekämpfen. (Abg. Wöginger: Dann kennst du die Elli wirklich nicht!) Das zeigt doch bitte das beste Beispiel, nämlich die Verlegung des Umweltbundesamtes. Das ist eine vollkommen unsinnige Maßnahme, mit der 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus ihrem Arbeits­umfeld herausgerissen werden und jetzt jeden Tag nach Klosterneuburg pendeln müssen. Der ganze Spaß kostet 40 Millionen Euro – und so etwas soll ökologisch sein? (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Sie hetzen Stadt gegen Land und Land gegen Stadt auf und vertuschen dabei, dass es eigentlich um Reich gegen Arm geht und dass Sie auf der Seite der Reichen (Zwi­schenruf des Abg. Wöginger), auf der Seite der Großindustrie und auf der Seite der Großargrarindustrie stehen. (Abg. Rosenkranz: Auf der Seite von Österreich!)

Ich frage Sie: Wer bezahlt eigentlich die Energiewende? Und wer profitiert von der Energiewende? – Das sind doch die entscheidenden Fragen, denn es kann ja nicht sein, dass letztlich die Finanzierung der Energiewende nur auf die privaten Haushalte abgewälzt wird und sich die Industrie von der solidarischen Finanzierung verabschiedet. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Ich frage Sie: Was hat eine GemeindebaubewohnerIn in Meidling davon (Abg. Neubauer: Peter Pilz zum Beispiel!), wenn über ihre Stromrechnung die Photo­voltaik­anlage eines Einfamilienhauses bezahlt wird? (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Das kann es wohl nicht sein. Nicht nur die Reichen sollen Smarthomes, Photovoltaik­anlagen, Elektroautos haben, sondern alle müssen die Möglichkeit haben, von diesen Technologien zu profitieren! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, sind verantwortlich dafür, dass es eine Energiewende im Sinne der Menschen und keine Umverteilung von Milliarden hin zu Großindustrie und Großagrarindustrie gibt. (Abg. Wöginger: Das ist eine kommunistische Rede!) So unsozial wie Ihre Umwelt- und Energiepolitik ist, so unsozial ist Ihre gesamte Politik, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir erleben in Wirklichkeit (Abg. Höbart: Diesen Kalauer kann niemand mehr hören!), dass der Staat zulasten der Mehrheit der Bevölkerung umgebaut wird. Das untere Drittel der EinkommensbezieherInnen wird stärker belastet – bei diesen werden Kürzungen vor-


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genommen (Abg. Höbart: Wir haben entlastet!) –, während das obere Drittel der EinkommensbezieherInnen entlastet wird. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren (Abg. Wöginger: Sie haben einen marxistischen Redenschreiber!), führt in unserer Gesellschaft zu einer größeren Kluft zwischen Arm und Reich.

Auch wenn Sie das niemals zugeben werden, auch wenn Sie etwas anderes vor­täuschen, so ist eines klar: Sie versuchen unter dem Deckmantel der Migration und des Ausländerthemas in Wirklichkeit den Sozialstaat zu zerschlagen. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen, wir feiern in diesem Jahr 100 Jahre Republik: Schön, dass diese Bundes­regierung von einer Gedenkveranstaltung zur nächsten gepilgert ist (Ruf bei der FPÖ: Hättet ja mitgehen können!) und schöne Worte von sich gegeben hat.

Herr Bundeskanzler, Sie sind heute hier, ich möchte Ihnen ganz offen etwas sagen: Ich empfinde es als Hohn, wenn in einem Land wie Österreich seit der Regierungsbildung 46 rechtsextreme Einzelfälle aufgetaucht sind, an denen FPÖ-Funktionäre beteiligt waren (Abg. Höbart: Ja!) und Sie dazu schweigen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte!


Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (fortsetzend): Ich frage mich, Herr Bundeskanzler, was Sie aus der Geschichte gelernt haben. – Nichts, denn sonst würden Sie dazu nicht schweigen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höbart: Das war der Griff in die unterste Mottenkiste! – Ruf: Das war die Wahrheit!)

12.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gudenus. – Bitte.


12.01.14

Abgeordneter Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (FPÖ): Herr Präsident! Verehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Kurz zur Aufklärung für die Zuseher vor den Fernsehgeräten und hier im Saal: Meine Vor­rednerin kommt aus der Weltfremde, aus der SPÖ Wien; dies nur zur Erklärung. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Dort ist die Weltfremde zu Hause, dort lernt man solche Reden zu schreiben, zu formulieren. Dies nur zur Erklärung, damit jeder weiß: Das ist nicht der Normalfall, sondern das sind Einzelfälle – aber bei der SPÖ ist man sich nie ganz sicher. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich meine 5 Minuten mit einer Danksagung beginnen. Meine Danksagung gilt vor allem den Wählern: Ein Jahr nach der Regierungsbildung, ein Jahr nach dem 15. Oktober, wie der Herr Bundeskanzler schon gesagt hat, möchte ich nochmal meinen Dank an die Wähler ausdrücken, die es ermöglicht haben, dass diese beiden Parteien, Türkis und Blau, zueinandergefunden haben, um das beste Programm für Österreich umzusetzen. Seit einem Jahr setzen wir es Schritt für Schritt um und lassen uns nicht davon abbringen, dieses Programm die nächsten vier Jahre und vielleicht sogar darüber hinaus weiter umzusetzen. – Danke sehr an den Wähler. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Leichtfried und Plessl.)

Der nächste Dank gilt der Bundesregierung selbst, der nächste Dank gilt Bundes­kanzler Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache und allen Ministern und Staats­sekretären, dass sie genau dieses Regierungsprogramm, das genau den Nerv der Zeit trifft, das die richtigen Änderungen vorsieht und genau das vorsieht, was Österreich voranbringt, Woche für Woche und Tag für Tag umsetzen. – Danke sehr, liebe Regierungsmannschaft. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Einen herzlichen Dank auch an den Koalitionspartner, weil es auch für die Wähler, für die Österreicherinnen und Österreicher, erfrischend ist, zu sehen, dass nicht mehr gestritten wird, sondern dass gearbeitet wird, dass umgesetzt wird, dass Prozesse in Gang gesetzt werden, dass Ideen umgesetzt werden, dass Österreich nach vorne gebracht wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das ist gut so. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Schieder und Scherak.)

Im Titel der Aktuellen Stunde ist die Rede von Rechtsruck: Wenn sich eine Regierung mit einem roten Bundeskanzler – es gab ja drei, Gusenbauer, Faymann und Kern (Abg. Schieder: Kreisky, Sinowatz ...!) – sehr links befunden hat und man dann in die Mitte rückt, in die Normalität rückt, dann kann man aus deren Perspektive vielleicht von einem Rechtsruck sprechen. Ich spreche aber nicht von Rechtsruck, ich spreche davon, dass diese Regierung sich vorne befindet, sich in der Zukunft befindet – im Gegensatz zur Opposition, die in der Vergangenheit lebt. Auch das merken die Wähler, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Die Wähler merken auch, dass da Tag für Tag eine gescheite Politik geliefert wird, eine Politik mit Herz, Hirn und Hausverstand. (Abg. Schieder: Und was war Ihr Beitrag?) Die Wähler merken auch, dass da gearbeitet wird, während im Gegensatz dazu Vertreter der Oppositionsparteien bei Donnerstagsdemos den Verkehr blockieren. Dabei werden auch Geschäftsleute bei der Arbeit gestört, diese haben dadurch weniger Kundschaft und müssen Geschäftseinbußen in Kauf nehmen. Das geht hin bis zu einem Feuer am Dach des Infrastrukturministeriums; es wird also auch Gewalt ausgeübt. Das ist nicht die Politik, die Wählerinnen und Wähler sich wünschen. Wir machen das Gegenteil, wir bringen Österreich voran. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Titel der Aktuellen Stunde ist weiters zu lesen: soziale Kälte. – Ich frage mich wirklich: Was ist denn Ihr Modell von einem sozialen Gedanken, Herr Rossmann oder Herr Leichtfried? (Abg. Rossmann: Null Armut, ...!) – Null Armut, ja, null Armut! Wer hat denn die Armut in den letzten Jahren angehäuft? – Ein roter Bundeskanzler und ein roter Bürgermeister in Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren. Armut pro­duzieren und noch mehr Arbeit importieren, das ist Ihr Konzept. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und dann kommen Sie her und sagen, Sie wollen die Armut bekämpfen. Jemand, der Armut produziert und noch mehr Armut importiert, kann nicht hergehen und sagen, dass er Armut bekämpft. Das passt nicht zusammen! Ja, Herr Leichtfried, Sie impor­tieren Armut. (Abg. Leichtfried: Nein! Sie provozieren!) Sie haben in den letzten Jahren unter einem Herrn Kern und einem Herrn Faymann gezeigt, dass Sie Armut importieren, nämlich Armut gezielt importieren. Das neue Modell der Mindestsicherung wird genau dem einen Riegel vorschieben, sodass eben nicht mehr Leute ins Land kommen und sich in die soziale Hängematte legen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Leichtfried, Sie haben gesagt, wir haben Österreich ungesünder gemacht. Sie haben gesagt, es werden durch unsere Politik Tote verursacht. Das ist ein schwer­wiegender Vorwurf. (Abg. Schieder: Ja, ist aber wahr!) Diese Bundesregierung hat sichergestellt, dass Eigenverantwortung großgeschrieben wird und hat den Nicht­raucherschutz (Abg. Rendi-Wagner: Passivraucherschutz!) noch einige Stufen höher­gestellt als er vorher war.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte.



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Abgeordneter Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Mit dem gleichen Gedanken könnte ich jetzt hergehen und sagen – was ich nicht tue, ich könnte es aber mit Ihrem Gedanken –, die Tote der letzten Tage, die vom Asyl­werber erstochen wurde, wäre Folge Ihrer Politik. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist so schäbig! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das tue ich aber nicht! Aber eines ist klar: Sie haben mit Ihrer Politik auch Kriminalität importiert, und diese Bundesregierung räumt damit auf, und das ist gut so, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der Övp. – Abg. Höbart: Das ist importierte Gewalt!)

12.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte.


12.06.55

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Nach dieser Dankes­euphorie des Herrn Mag. Gudenus ist es vielleicht ganz gut, das Bild ein bissel zurechtzurücken. Ich möchte mit einem Erlebnis beginnen, das ich einige Tage nach Amtsantritt der neuen Regierung gehabt habe. Da bin ich in Wien in der Innenstadt gegangen und es haben mich unabhängig voneinander zwei Damen auf der Straße angesprochen (Abg. Höbart: Den Schmäh kennen wir schon!), und beide haben das Gleiche gesagt. Sie haben gesagt: Wir sind so froh, dass wir jetzt eine Regierung haben, die nicht streitet. – Das war sicher eine Erwartung, die viele Österreicherinnen und Österreicher in diese neue Bundesregierung gesetzt haben. (Abg. Höbart: Und wir haben sie nicht enttäuscht!) Und die Erwartung wurde erfüllt, es wird nicht gestritten, jedenfalls nicht öffentlich.

Aber: Was ist die Kehrseite der Medaille? Die Kehrseite der Medaille ist, dass auch über große Vorhaben nicht diskutiert wird, dass Begutachtungsverfahren, wann immer es geht, vermieden werden. Das Ergebnis sind Gesetze, die man besser so nicht eingebracht und schon gar nicht beschlossen hätte. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Es ist daher ein hoher Preis, den wir für diese Art von Politik, für diesen neuen Stil zahlen. Das sieht man ganz besonders bei Gesetzen wie das zum 12-Stunden-Arbeitstag, das verschiedene Gruppen der Gesellschaft ganz unterschiedlich betrifft. Gerade da wäre eine Diskussion notwendig, da müssten die Menschen gehört werden und es müsste versucht werden, unter Einbindung der Opposition eine Lösung zu finden, mit der die Menschen leben können.

Doch das scheut diese Regierung, und sie ist sogar bereit, der Koalitionsharmonie die eigenen Grundsätze zu opfern. Ich kann mir vorstellen, dass es für manche von Ihnen, meine Damen und Herren der ÖVP, schon schwer war, als Sie dem Rauchverbot in der Gastronomie zustimmen mussten. (Ruf bei der FPÖ: Das ist wie in einer Ehe!) Und ich kann mir vorstellen, meine Damen und Herren der FPÖ, dass Sie geschluckt haben, als Sie aufgestanden sind, um der Arbeitszeitflexibilisierung zuzustimmen (Abg. Gudenus: Das nennt sich Koalition! – Abg. Haubner: Das werden Sie merken, wenn Sie in der Regierung sind! – Abg. Kitzmüller – in Richtung Abg. Haubner –: Die wird’s nie merken! – Abg. Wöginger: Das ist wie daheim, da ...!), denn die betrifft ja vor allem ihr Klientel.

Sie versuchen, Ihre Anhänger bei der Stange zu halten, indem Sie Flüchtlinge angrei­fen, Asylwerber angreifen, Migranten angreifen. (Ruf bei der FPÖ: Die greifen andere an!) Das ist etwas, von dem ich hoffe, dass die ÖVP schlucken muss (Abg. Rosenkranz: Diese Regierung hat keine Schluckimpfungen!), denn bisher war sie ja


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nicht als Partei bekannt, die diese Linie vertritt. Das war immer die FPÖ, die hat darauf immer eine Art Monopol gehabt.

Aber das ist nicht alles: Wir erleben dadurch eine Unkultur der Ausgrenzung und des Pauschalverdachts. Das ist auch ein Ergebnis von diesem einen Jahr Regierung. (Zwischenruf des Abg. Mölzer.) Das richtet sich gegen Gruppen der Gesellschaft, die dableiben werden – die gehen nicht weg! (Abg. Rosenkranz: Ja!) Viele von ihnen sind österreichische Staatsbürger (Ruf: Dann sollen sie sich auch so benehmen!), unsere Kinder und Enkelkinder müssen mit ihnen hier leben. (Abg. Rosenkranz: Ja!)

Die große Herausforderung ist daher: Wie schaffen wir es, dass die Menschen in unserem Land friedlich zusammenleben? Wie schaffen wir es, dass Menschen ihr Leben selber in die Hand nehmen können und ihr Leben gestalten können? Wie schaffen wir es, dass ein jeder in diesem Land eine Chance hat? – Das sind die ganz großen Herausforderungen, und dazu hat diese Regierung in diesem Jahr nichts geliefert. Wir haben keine Vorschläge, wie den Herausforderungen im Bildungssystem begegnet wird. (Abg. Rosenkranz: Falsch!) Die Einführung der Ziffernnoten (Abg. Rosenkranz: Geh’ bitte! Das ist Schmerz! Schmerz!), das Sitzenbleiben in der Volksschule, ist ja doch wohl noch keine Antwort darauf. Das sind Probleme, die gelöst werden müssen. (Abg. Rosenkranz: Sehr gut als Ziffer!)

Stellt man daher dieser Regierung heute ein Zeugnis aus und berücksichtigt dabei die großen Herausforderungen (Abg. Wöginger: Was kriegen wir, einen Dreier?), dann ist es kein gutes Zeugnis. (Abg. Rosenkranz: Aber bitte keine Ziffernnote jetzt!) Für mich ist es ein Armutszeugnis, dass Österreich nach diesem einen Jahr im rechtsnationalen Eck steht. – Und das haben Sie verursacht! (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Cox.)

12.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich begrüße den Präsidenten der Ärztekammer recht herzlich im Parlament und erteile Abgeordnetem Noll das Wort. – Bitte.


12.12.29

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Für eine Bilanz ist es natürlich viel zu früh, insofern gebe ich dem Herrn Bundeskanzler recht: Wenn man etwas beginnt, dann kann man nicht schon vor dem Ende sagen, wie es ausgegangen ist. – Das ist aber schon das Einzige, wo wir wirklich vollinhaltlich übereinstimmen. (Abg. Rosenkranz: Aber immerhin!)

Ich will mir erlauben, auch wenn es in diesem Haus nicht wirklich en vogue ist, zwei Schritte zurückzutreten. Ich halte diese Regierung und auch die Regierungsfraktionen insgesamt für in kolossalem Maße perspektivlos – perspektivlos im Hinblick auf die Herausforderungen, die die Zeit an uns stellt, ideenlos im Hinblick auf die Aufgaben, die uns tatsächlich von technologischen, wirtschaftlichen, politischen und internatio­nalen Entwicklungen aufgenötigt werden – und möchte zwei, drei Dinge benennen, die ich für charakteristisch erachte, wenn es darum geht, einen Maßstab an diese Regierung anzulegen.

Was sehen wir, wenn wir tatsächlich vorurteilsfrei in die Welt blicken? Wir sehen einen ungehinderten Prozess der Monetarisierung aller Lebensbereiche. Nur mehr das, was Geld verspricht, nur mehr der- oder diejenige, die Geld hat, zählt etwas; wer kein Geld hat, zählt nichts mehr. Wir sehen einen unentwegten Prozess nationaler und inter­nationaler Kommerzialisierung aller Lebensbereiche. Nur mehr das, was sich ver­kaufen lässt, was über den Markt vermittelbar ist, nur diejenigen Werte, für die es einen Preis gibt, ungeachtet dessen, ob sie einen Wert haben oder nicht, werden hochgelobt,


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werden erzeugt, werden promotet und verdienen Anerkennung. Das gilt insbesondere auch und vor allen Dingen im Bereich der Medien. Was sich nicht verkaufen lässt, das zählt nicht mehr, und was wir loben, ist nur noch das, was einen Abnehmer gefunden hat.

Dann gibt es auch einen Prozess, der zunehmend mehr Leute trifft, gerade auch in diesem Land, nämlich einen Prozess der Prekarisierung aller Lebensbereiche. Die Menschen verlieren die Zuversicht, dass sie für sich selber eine Lebensperspektive entwickeln können, dass sie durch ihre berufliche Ausbildung für den Verlauf ihres Lebens, aber auch für den Verlauf des Lebens ihrer Kinder etwas sichern können. Das alles findet vor einem Prozess der Digitalisierung, der Automatisierung und der Robotisierung statt. (Abg. Haubner: In meinem Wahlbezirk schaut es anders aus, das sag’ ich dir ganz ehrlich!)

Und für all diese Bereiche, um die wir uns hier im Haus kümmern sollten, ist kein Platz, darüber wird nicht diskutiert. (Beifall bei JETZT.) Nichts davon ist Gegenstand öffent­licher Debatte im Hohen Haus, sondern wir haben hier im Haus – und ich reduziere es jetzt auf ein sicher überspitztes, aber, wie ich meine, insgesamt ganz signifikantes Maß – nur die Aufgabe, die von der Regierung erlassenen Dekrete mit dem Män­telchen der Gesetzlichkeit zu versehen; sonst machen wir hier in diesem Haus kaum etwas.

Mich wundert es ja, dass insbesondere die konservativen Parteien nicht gegen die Prozesse, die in diesem Land abgehen, Sturm laufen. Zum Beispiel die zunehmende Vernachlässigung ländlicher Lebensbereiche: Wir entkernen die Dörfer, die Gemein­den quasi menschlich und wirtschaftlich und machen sie nur mehr zu Schlafstätten derjenigen, die irgendwohin pendeln, um einem Job nachzugehen (Abg. Hauser: Deswegen haben wir das generelle Rauchverbot gekippt!), aber nicht mehr die Möglichkeit haben, tatsächlich ihre normale und übliche Lebenswelt als ihre Heimat zu empfinden, weil es dort keinen Greißler, keinen Frisör, keinen Elektriker und sonst auch nichts mehr gibt. Und diese Regierung tut hier weiter. (Beifall bei JETZT. – Abg. Winzig: Blödsinn!)

Auf einen Punkt dessen, was Herr Kollege Rosenkranz gesagt hat, möchte ich schon noch eingehen: Diese besondere Betonung der Rechtsstaatlichkeit kann man ja nicht aus den Bekundungen ablesen, sondern aus dem, was tatsächlich in diesem Land besteht. Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag hat die Veranlassung, auf die tatsächliche Situation in diesem Land aufmerksam zu machen. Wir lassen die österreichische Bevölkerung die Justiz mit 117 Prozent überfinanzieren und nehmen dieses Geld ein, um ganz andere Budgetposten zu bedienen. Wir haben in Österreich eine Situation, dass auf 100 000 Einwohner im internationalen Vergleich 11,7 Staats­anwälte, in Österreich aber nur 4,1 Staatsanwälte kommen. Tatsächlich sehen wir im Justizbereich einen zwar sehr sprechfreudigen Justizminister, dieser wird aber nichts­destotrotz budgetär ausgehungert.

Ich komme zum letzten Satz: Ich meine – wir werden heute noch auf den Bereich ORF und auf anderes zurückkommen –: Bei den grundsätzlichen Problemen in diesem Land sagt sich die Regierung: Wir sind bereit, alles zu ändern, wenn es nur gleich bleibt. – Und das ist zu wenig. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Leichtfried.)

12.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Vizekanzler Strache. – Bitte.


12.18.03

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport, Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die


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Überschrift der heutigen Aktuellen Stunde könnte man durchaus auch umtexten und man könnte sagen: Ein Jahr Regierung – Normalität, die endlich auch erkannt wird, Probleme, die man erkennt und anpackt, und Entlastung für arbeitende Menschen, Familien und Pensionisten.

Oder sie könnte auch folgendermaßen lauten: Ihr Wunsch ist es, einen Linksruck im Land vorzunehmen, mehr Zuwanderung und die Belastungen weiter fortzusetzen, die in den letzten 13 Jahren der Vorgängerregierung stattgefunden hat. Das ist durchaus eine Frage der jeweiligen Deutung. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Noll.)

Herr Rossmann, wenn ich mir aber all Ihre Vorwürfe von heute noch einmal vor Augen führe, dann wundere ich mich einfach, denn das hat nichts mit der Realität zu tun, das hat nichts mit politischen Realitäten zu tun, sondern mit Ihrer Weltanschauung, Ihrer Gesinnung. Und ja, wir machen keine Politik für Sie, Herr Rossmann, auch nicht für den „Falter“ oder für sonstige Linksideologen; dazu stehe ich. Das ist auch unsere Position. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.)

Schauen wir uns die Fakten an, denn heute wurde viel gesprochen und von einigen Oppositionsabgeordneten wurde schon vieles zum Besten gegeben: Frau Meinl-Reisinger hat gesagt, auch ein Hydrant hätte dieses Budget zustande gebracht, keine neuen Schulden mehr auf die Rücken unserer Kinder zu laden. – Na ja, da wundere ich mich, denn in den letzten Jahrzehnten unter sozialistischen Kanzlern hat es die SPÖ immer geschafft, neue Schulden zu machen und mehr Geld auszugeben als eingenommen wurde. (Abg. Meinl-Reisinger: ÖVP-Finanzminister! – Abg. Scherak: ÖVP-Finanzminister! – Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Die Finanzminister waren alle von der ÖVP!)

Das ist sehr wohl ein Paradigmenwechsel, den wir sicherstellen, nämlich erstmals seit 1954 nicht mehr Geld auszugeben als wir einnehmen. Das bedeutet soziale Verant­wortung. Wir wollen nicht auf dem Rücken unserer Kinder weiter Schulden aufbauen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da geht es um Fairness und auch Gerechtigkeit. Da geht es darum, mehr Sicherheit zu schaffen, Fairness und Gerechtigkeit in diesem Land sicherzustellen, Effizienzstei­ge­rungen in den Systemen, Verschlankung der Verwaltung. Überall dort packen wir an, und ja, da können wir heute, nach einem Jahr, eine erfreuliche Bilanz präsentieren. Wir haben nicht umsonst eine äußerst breite Zustimmung der Bevölkerung. Warum? – Weil wir konsequent bei den arbeitenden Menschen ansetzen: Arbeitende Menschen sollen endlich mehr Lohn erhalten und sollen entlastet und nicht so wie bisher unter sozialis­tischen politischen Vorstellungen permanent mit Steuerbelastungen und zusätzlichen Gebühren belastet werden. Nein, wir entlasten die Arbeitnehmer, das ist unser An­spruch, wir entlasten die Familien, die Pensionisten sollen mehr bekommen, da das gerecht und fair ist, und wir forcieren nicht die Massenzuwanderung in unser Sozial­system, wie es die Sozialisten all die Jahre gemacht haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Und ja, dank uns gibt es die höchste Pensionserhöhung der letzten sechs Jahre, mit einem Plus von 2 bis 2,6 Prozent für die Pensionisten im Bereich der Inflationsanpas­sung. Ja, wir stehen dazu, dass ab 2020 endlich auch die Mindestpension eingeführt werden soll, mit 1 200 Euro, und dass die Bezieher kleiner Pensionen eine ordentliche Anhebung erfahren, weil sie es verdient haben – unter Sozialisten all die Jahre undenkbar, wenn man zurückdenkt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ja, wir stehen dazu, die Familien mit der größten Familiensteuerentlastung der Zweiten Republik zu entlasten. Und wenn sich dann heute Abgeordnete herausstellen und sagen: Aber jene, die keine Steuern zahlen, erhalten nur 750 Euro pro Jahr und pro


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Kind!, dann muss ich sagen: Neben der Familienbeihilfe und neben dem Kindergeld bekommen geringfügig Beschäftigte, die keine Steuern zahlen, zusätzlich 750 Euro pro Jahr und Kind, und jene, die Steuern zahlen, bis zu 1 500 Euro. (Abg. Rossmann: 250 Euro! Kennen Sie nicht einmal Ihr eigenes Gesetz?) – Die haben ja bisher schon 500 bekommen, in Zukunft bekommen sie 750, und das ist fair und gerecht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Und ja, bei einer Steuerentlastung ist es normal, dass man bei den Steuersenkungen ansetzen muss, und wenn jemand keine Steuern zahlt, wird das schwer sein. Wir denken aber darüber hinaus mit und haben bei den Arbeitslosenversiche­rungsbeiträ­gen sehr wohl Sorge dafür getragen, dass in Zukunft bis 1 600 Euro Monatsbrutto­ver­dienst keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge gezahlt werden und es bis 1 900 Euro eine Reduktion gibt. (Abg. Rossmann: 250 Euro!) Damit wird dafür gesorgt, dass die niedrigen Einkommensschichten mehr bekommen. Ich weiß schon, Herr Rossmann, denen täten Sie am liebsten das Geld aus der Tasche ziehen, um wieder Zuwanderung über die Mindestsicherung zu finanzieren. Genau dort setzen wir aber an: Sie haben in den letzten Jahren Anreize für eine Zuwanderung in die Mindestsicherung geschaffen, was dazu geführt hat, dass heute über 50 Prozent der Mindestsicherungsbezieher Zuwanderer sind; viele haben nicht einmal eine Stunde gearbeitet – das ist doch nicht fair! Das ist nicht fair, genau diese Anreize gehören abgestellt, und genau das tun wir, da wir im Interesse all jener, die gearbeitet und ins System eingezahlt haben, Verantwortung tragen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich komme zum Schlusssatz: Ja, wir sorgen auch dafür, dass die Notstandshilfe ein Teil des Systems bleibt und nicht abgeschafft wird, auch wenn Sie immer die Unwahr­heit sagen, und wir stehen auch dazu, dass es richtig war, zum UN-Migrationspakt Nein zu sagen. Unter Ihnen hätte es natürlich eine Zustimmung gegeben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich begrüße ganz herzlich die Schülerinnen und Schüler der Landesberufsschule Hartberg bei uns im Hohen Haus. – Herzlich willkom­men! (Allgemeiner Beifall.)

Als letzte Rednerin dazu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bißmann. – Bitte.


12.24.06

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Prä­sident! Geschätzte Damen und Herren! Bürgerinnen und Bürger! Herr Bundes­kanzler, schön, dass Sie heute hier sind! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Staats­sekretärin! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde „Ein Jahr Regierung: Rechtsruck und soziale Kälte“ – ist das wirklich so? Die Antwort auf diese Frage gibt Ihnen nun Ali. (Die Rednerin stellt eine Handpuppe auf das Rednerpult, die einen roten Fes auf dem Kopf hat, einen Schnurrbart trägt, mit einem schwarzen Anzug und einem weißen Hemd bekleidet ist und eine Fahne mit dem österreichischen Bundesadler hält).

Ali ist ein echter Österreicher. Indem ich jetzt seine Geschichte erzähle, bekommen Sie eine Antwort. Viele von Ihnen kennen ihn schon flüchtig aus dem als rassistisch kritisierten e-card-Video der FPÖ. Doch wer ist dieser Mann? Was hat er erlebt? Was treibt ihn nach Österreich? Wie ist er so als Mensch?

Lernen wir ihn gemeinsam kennen: Im Jahr 1964 folgte Ali dem Ruf aus Mitteleuropa nach Gastarbeitern in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und seine Familie. (Abg. Deimek: Die Türken kamen später!) Mit 20 Jahren ließ er alles hinter sich und kam mit nur einem Koffer in der Hand nach Österreich. Von seiner Familie blieb ihm einzig und allein ein Schwarzweißfoto, das er immer bei sich in der Brusttasche am


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Herzen trug. Ali begann schon am ersten Tag in Österreich, in der Fabrik zu arbeiten. Er wusste, es würden schwierige Zeiten auf ihn zukommen – und sie waren auch schwierig: Er war alleine und hatte niemanden. Am Anfang sprach er kein Wort Deutsch, hatte nicht einmal ein Dach über dem Kopf, und er verbrachte viele Tage, Wochen und Monate damit, körperliche Schwerstarbeit zu verrichten, mit deren Folgen er heute noch zu leben hat – in Sehnsucht nach seiner Familie. Bei der heutigen Debatte um Migration und Ausländer werden diese Geschichten nie erzählt. Warum auch? Es ist doch einfacher, Ali als Sozialschmarotzer hinzustellen und damit Kürzungen im Sozialbereich zu rechtfertigen.

Ein paar Jahre nach seiner Ankunft kam es dann zum lang ersehnten Familiennach­zug. Gemeinsam mit seiner Frau Ayşe lebte Ali mit seinen Kindern zu fünft in einer 40-Quadratmeter-Substandard-Schimmel-Wohnung, ohne Bad, mit WC und Waschbecken am Gang. Die in Österreich zur Welt gekommenen Kinder, der Sohn Mustafa, die Tochter Emine, lernten schnell, was es heißt, Dolmetscherkinder zu sein. Sie mussten die ganze Zeit für die Eltern und die ganze Familie übersetzen. Und sie wuchsen nicht wie viele ihrer SchulkollegInnen in Wohlstand auf.

Heute, da Emine und Mustafa ÄrztInnen sind, Beamte, Angestellte, werden sie vom rechten Flügel in diesem Land kriminalisiert, aufgrund einer ominösen Liste, auf der auch Alis Name steht, werden beschuldigt, neben der österreichischen auch die türkische Staatsbürgerschaft zu besitzen, und werden somit als rechtschaffene steuer­zahlende StaatsbürgerInnen grundlos unter Generalverdacht gestellt. Sie müssen jetzt beweisen, dass sie keine türkischen Staatsbürger sind, sonst droht ihnen nämlich der Verlust von all dem, was sie sich in Österreich aufgebaut haben. Ihre gesamte Existenz ist damit bedroht. (Abg. Deimek: Das ist gut so!)

Hören Sie auf, diese Gesellschaft zu spalten, hören Sie auf, die Alis und Alfreds, die Jasmins und Jasemins gegeneinander auszuspielen, denn sie sind es, die da draußen Nachbarn sind, die im Schulhof miteinander spielen, die in den Klassen gemeinsam lernen, die in den Sozialräumen miteinander plaudern und lachen und die auf den Baustellen täglich ihr Brot teilen! Die soziale Kälte im Land spürt nicht nur Ali, die spürt auch die pensionierte Sabine, die spüren wir alle, jeder Einzelne. (Abg. Rosenkranz: Er kriegt sicher auch die 2 bis 2,6 Prozent Pensionserhöhung!

Ich bedanke mich bei Muhammed Yüksek für diese Geschichte und bei Sherif aus Favoriten für diese schöne Ali-Puppe. Es liegt an uns allen in diesem Land, Menschen wie Ali endlich die verdiente Wertschätzung und Anerkennung zu gewähren und nicht eine Hexenjagd auf rechtschaffene Staatsbürger, österreichische Staatsbürger aus­zurufen. Wo sind die christlich-sozialen Werte geblieben? Wo ist die soziale Wärme, die jeder Mensch braucht? Ich spüre viel zu viel neoliberale Kälte, ich spüre Aus­grenzung und Spaltung. Um, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, Irmgard Griss zu zitieren: Die großen Fragen sind doch die: Wie können wir den Zusammenhalt aller Menschen, die in diesem Land leben, stärken? (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und JETZT.)

12.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet, die Debatte ist damit geschlossen.

12.29.20 Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2340/J bis 2406/J

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates:

22/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 1744/AB bis 1902/AB

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (448 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (30. StVO-Novelle) (449 d.B.)

4. Volksbegehren:

Volksbegehren „Frauenvolksbegehren“ (433 d.B.)

Volksbegehren „Don’t smoke“ (434 d.B.)

Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren" (435 d.B.)

Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs.4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Oktober 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 32 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2018 (Vorlage 33 BA)

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Staatsanwaltschaft St. Pölten, GZ. 11 St 81/18h -3, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Christian Hafenecker, MA

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 13 betreffend „Für echte Qualität im Straßenverkehr!“, überreicht vom Abgeordneten Mario Lindner

Petition Nr. 14 betreffend „Prüfung der Möglichkeit und Konsequenzen der Entkrimina­lisierung von Assistiertem Suizid“, überreicht vom Abgeordneten Michael Bernhard

Bürgerinitiative Nr. 54 betreffend „#FAIRÄNDERN Bessere Chancen für schwangere Frauen und für ihre Kinder“

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Beitrittsprotokoll zum


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Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kolumbien und Peru andererseits betreffend den Beitritt Ecuadors (436 d.B.)

Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kolumbien und Peru andererseits (441 d.B.)

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend EU-Finanzbericht 2016 - Reihe BUND 2018/61 (III-215 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Weinmarketing; Follow–up–Überprüfung - Reihe BUND 2018/62 (III-217 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Bereich Grundwasser im Weinviertel; Follow–up–Überprüfung - Reihe BUND 2018/63 (III-220 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Ausgewählte Steuerungsbereiche in der Krankenversicherung; Follow–up–Überprüfung - Reihe BUND 2018/64 (III-221 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Rolle des Bundes in der österreichischen Krankenanstaltenplanung; Follow–up–Überprüfung - Reihe BUND 2018/65 (III-222 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Ticket–Vertriebssystem der ÖBB–Personen­verkehr AG - Reihe BUND 2018/66 (III-225 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus über die Aktivitäten der AMA-Marketing GesmbH (Geschäftsjahr 2017) aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 8. Juli 2014 (29/E XXV.GP) (III-224 d.B.)

*****

Anträge gemäß § 69 Abs. 3 GOG


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es liegt mir ein Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, das Frauenvolksbegehren in erste Lesung zu nehmen.

Ich darf die Damen und Herren, die dem Antrag zustimmen, um ein Zeichen bitten. – Das ist einstimmig.

Weiters liegt mir ein Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, das Volks­begehren Don’t smoke in erste Lesung zu nehmen. – Gleiches Stimmverhalten, das ist einstimmig.

Gilt das auch dafür, das Volksbegehren ORF ohne Zwangsgebühren in erste Lesung zu nehmen? – Das ist ebenso einstimmig.

Damit finden die ersten Lesungen sogleich in dieser Sitzung statt.

Ankündigung eines Dringlichen Antrages


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Klub der SPÖ hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 514/A(E) der Abgeordneten


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Dr. Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Mehr­wertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Durchführung des Dringlichen Antrages frühes­tens drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung, also um 15.30 Uhr, erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 4 und 5 sowie 13 bis 18 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwände? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde vereinbart, die Dauer der Debatten mit 8 „Wiener Stunden“ festzusetzen. Dem­entsprechend entfallen auf die ÖVP 148, auf die SPÖ und die FPÖ jeweils 132 sowie auf NEOS und JETZT je 44 Minuten Redezeit.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 22 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit pro Beitrag auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Redezeiten.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

*****

Wir gehen damit in die Tagesordnung ein.

12.31.451. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „Frauenvolksbegehren“ (433 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Barbara Krenn. – Bitte.


12.32.16

Abgeordnete Barbara Krenn (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Zuschauer vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frauen haben sich immer für Gleichberechtigung, Chancengleichheit, Zusammenhalt und Frie­den eingesetzt. Aus langjähriger Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen als Unter­neh­merin, Politikerin, Frau, Mutter, aber auch als Frau mit Handicap weiß ich, es gibt wirklich noch viel zu tun.

Mir ist auch klar, dass wir nicht immer die gleichen ideologischen Zugänge haben. Wir Frauen sitzen hier im Parlament, um für all die Frauen da draußen, in unserem Bundesland das Beste zu erreichen. Rund um den 8. März, am Weltfrauentag, ist immer alles eitel Wonne, da halten wir zusammen – aber wie schaut es eigentlich wirklich aus? Wo ist die Toleranz dem eigenen Geschlecht gegenüber? Seien wir nicht so kritisch und stehen wir uns vor allem nicht selbst im Weg! Eines muss ich schon


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sagen: Da haben uns die Männer etwas voraus, denn wenn es um die Sache geht, meine Damen, dann halten sie zusammen.

Diskutieren wir alles aus, sprechen wir uns über alles aus! Bei diesem Frauen­volks­begehren bin ich mit vielem einverstanden, aber leider nicht mit allem. Wir werden dieses wichtige Volksbegehren, das knapp 500 000 Wahlberechtigte unterstützt haben, selbstverständlich ordentlich in den Fachausschüssen diskutieren. Wir werden aber auch die Punkte, die in unserem Regierungsprogramm stehen, gemeinsam Punkt für Punkt abarbeiten, im Interesse unserer Frauen und Mädchen. Solange uns die Menschlichkeit verbindet, ist es wirklich ganz egal, was uns trennt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek ist zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.35.17

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Leider haben Bun­deskanzler, Vizekanzler und die Frau Staatssekretärin, die sich ja in einer großen Gruppe mit dem Strafrecht beschäftigt, fast fluchtartig diesen Plenarsaal verlassen. Das tut mir persönlich leid. Ich weiß zwar wie Sie alle und auch die Zuseherinnen und Zuseher, dass es bei der Präsentation in einer ersten Lesung nicht üblich ist beziehungsweise nicht sein muss, dass auch Regierungsmitglieder anwesend sind, aber man wäre es der fast halben Million Österreicherinnen und Österreicher, aber auch den UnterstützerInnen der anderen Volksbegehren, die ebenfalls von einer großen Zahl an Bürgerinnen- und Bürgern unterstützt wurden, schon schuldig gewesen, dass sich die Regierungsmitglieder – und ich spreche jetzt gar nicht von der Frau Frauenministerin, die auch nicht da ist – angehört hätten, was wir heute hier zu sagen haben. Schade. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Ich möchte natürlich auch die Menschlichkeit in den Vordergrund stellen und mir ge­meinsam mit Ihnen menschliche Schicksale vor Augen führen. Im Einzelhandel zum Beispiel sind 70 Prozent der Beschäftigten Frauen, und gerade die Situation der Han­delsangestellten – sehr viele Frauen in diesem Bereich sind teilzeitbeschäftigt – mag von vielen nicht bemerkt werden, wenn man einkaufen geht, wenn man Weihnachts­besorgungen macht. Es ist aber für Frauen, vor allem für Frauen, die vielleicht nur eine Teilzeitbeschäftigung angeboten bekommen haben, die selbstverständlich auch vom 12-Stunden-Tag – denn der wirkt sich auch auf Teilzeitstunden aus – betroffen sind, nicht einfach, dass die Kollektivvertragsverhandlungen noch nicht zu Ende sind. Das ist auf der einen Seite eine Chance, auf der anderen Seite kann ich nur sagen: vollste Unterstützung für die Gewerkschaften, die sich sehr bemühen, die Situation der Handelsangestellten zu verbessern und über 3 Prozent Gehaltserhöhung zu erstreiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, der Herr Präsident begrüßt immer Gäste. Ich finde das großartig. Ich begrüße jetzt an dieser Stelle die Aktivistinnen und Aktivisten des Frauenvolksbegehrens sehr herzlich bei uns und freue mich, dass Sie heute zuhören. (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.) Vor allem auch ein riesiges Dankeschön an diese Aktivistinnen und Aktivisten, die uns auch motiviert haben – und ich hoffe, einige von Ihnen auch motiviert haben –, uns mit diesen neuen Forderungen auseinander­zu­setzen, und die einfach artikuliert haben, was ihre Forderungen sind. 

Das Frauenvolksbegehren haben fast eine halbe Million Österreicherinnen und Öster­reicher unterschrieben – schon vor der Eintragungswoche hat es 250 000 Unter­stüt-


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zungs­erklärungen bekommen –, es ist eines der größten Bürgerinnen- und Bürger­beteiligungsprojekte im Frauenbereich.

Es geht nicht nur, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – es sind jetzt leider gar nicht so viele von den Regierungsfraktionen hier; leider haben auch viele Frauen den Saal verlassen (Abg. Zarits  in Richtung Sitzreihen der SPÖ deutend : Bei euch auch!) –, darum – der Bundeskanzler hat es angesprochen, unsere Weltbilder sind unter­schied­lich –, ob man – das Weltbild mancher ÖVP-Frauen besteht einzig und allein in dieser Sorge – Au-pair-Personal steuerlich absetzen kann. Das ist nicht mein Weltbild. Das ist vielleicht ein Teil, der in Ihren Reihen und in Ihren Schichten von Bedeutung ist, aber ich glaube, dass es genauso darum geht (Abg. Rosenkranz: Was soll denn diese ausländerfeindliche Note?), sich den Alleinerziehenden zu widmen und zu schauen, wie die einen Monat lang über die Runden kommen, mit keinem hohen Gehalt und ohne Kinderbetreuung. (Beifall bei der SPÖ.)

Es entspricht auch nicht unserem Weltbild, um auch die FPÖ-Frauen hereinzuholen, dass es hier Politikerinnen gibt, die meinen, dass Frauenhäuser Ehen zerstören wür­den, wenn eine Frau ins Frauenhaus flüchten muss. Auch das ist nicht unser Weltbild, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie uns ganz kurz zurückblicken! Es war noch nie in der Geschichte der Frauenpolitik so, dass Mittel gekürzt wurden. – Nein! Das Budget war immer ein kleines, und wir haben immer versucht, mit Querfinanzierungen alles aufrechtzuer­hal­ten, was Frauen benötigen, wenn sie Hilfe brauchen, wenn sie Hilfe anonym und gratis benötigen. Diese Frauenministerin, die wir jetzt haben, verschiebt Gelder von einem Topf in den anderen; sie fehlen dann in dem einen Topf und reichen in dem anderen Topf gerade einmal dazu, dass der Betrieb aufrechterhalten werden kann.

Ich glaube, dass die Österreicherinnen und Österreicher, die dieses Frauenvolks­begehren 2.0 unterschrieben haben, damit rechnen können, ja, müssen, dass wir uns zumindest drei Mal im ersten Halbjahr 2019 mit diesen neuen Forderungen aus­ei­nandersetzen werden, und zwar nicht in einem einzigen Ausschuss, wie ein Vor­schlag auch schon gelautet hat. Wir lassen nicht zu, dass man diese neuen Forde­rungen in irgendeiner Schublade verräumt. Wir wollen – und das sind wir den Unter­zeichnern schuldig – diese neuen Forderungen so diskutieren, dass den Frauen das Bild vermittelt wird, dass wir es ernst nehmen, dass wir in diesem Hohen Haus mit diesen Forderungen demokratisch umgehen und dass wir den guten Willen zeigen, für diejenigen, die es bitter nötig haben, auch Verbesserungen vorzunehmen. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

100 Jahre Frauenwahlrecht haben wir schon begangen, und wir können noch das ganze nächste Jahr dazu nützen, es zu begehen. Die Kollegin vor mir hat schon beschworen: Wir Frauen, wir wollen und sollen doch zusammenhalten!, und das jetzt ist ein Aufruf für die halbe Million, die dieses Frauenvolksbegehren unterstützt haben: Seien wir hier in diesem Hohen Haus doch bereit, dass wir bis Mai – wir haben vier Monate Zeit – die Forderungen hier diskutieren und das eine oder andere in Umsetzung bringen; gerne auch das, was noch im Regierungsprogramm steht, denn es ist noch nichts umgesetzt worden, was Frauenangelegenheiten betrifft.

Wir haben noch keine einzige Verbesserung beschließen können, die den Frauen wirklich hilft. Wenn Sie den Familienbonus auch noch hundertmal erwähnen, es bleibt dabei, in der Regel kassieren ihn die Männer, und die Frauen müssen sich darum streiten, ob sie die Hälfte bekommen. (Abg. Zarits: Stimmt ja nicht!) Das passiert nicht automatisch, Sie müssen es genau lesen. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Zwischenruf der Abg. Winzig.)


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Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um unterschiedliche Einkommen – Sie als Unternehmerin werden hoffentlich gut zahlen –, es geht um die Hälfte aller Plätze in politischen Funktionen, die Frauen brauchen. Wir haben es geschafft, aber es fehlt noch einiges. Es geht darum, dass Frauen Respekt erwarten dürfen und Wertschät­zung erwarten können. (Abg. Rosenkranz: Auch in Tirol!) Es geht um bezahlte und unbezahlte Arbeit, darum, dass sie besser und gerechter verteilt wird. Und es geht um die Gesundheit von Frauen. (Abg. Rosenkranz: Auch grüne Landesräte in Tirol haben sich Respekt verdient!) Es geht darum, dass Frauen sich den Respekt verdient haben, über ihren eigenen Körper bestimmen zu können, wie sie wollen, und nicht, wie es ihnen irgendein Gesetz vorzuschreiben gedenkt.

Ich glaube, dass das wichtige Bereiche sind, die wir in den nächsten vier Monaten – und ich appelliere wirklich an alle Parteien hier in diesem Hohen Haus – in drei eigenen Sitzungen des Gleichbehandlungsausschusses mit Expertinnen und Experten, mit den Aktivistinnen und Aktivisten des Frauenvolksbegehrens, mit Vereinen, mit Frauen­organi­sationen abhandeln werden, denn die sind tagtäglich mit Frauen zusammen, die Hilfe benötigen, und die wissen wirklich, was Frauen dringend brauchen. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

12.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Schimanek ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


12.44.02

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer! Frau Kollegin Heinisch-Hosek! Wir haben eigentlich schon ver­einbart, dass wir dieses Frauenvolksbegehren auch in den Ausschüssen intensiv dis­kutieren werden. Soweit mir bekannt ist, sind schon zwei Termine fixiert, und ich glaube, wir werden auch inhaltlich sehr gut darüber diskutieren können. Sie haben schon angesprochen, es haben dieses Volksbegehren knapp 482 000 Personen unterschrieben, aber ich glaube kaum, dass inhaltlich alle genau verstanden haben, was sie unterschrieben haben, weil ja auch sehr viele Forderungen darin versteckt worden sind. (Abg. Loacker: Wollen Sie sagen, die Frauen wären nicht klug genug? Wollen Sie sagen, die Frauen würden das nicht verstehen?) – Na bitte! Nein, Herr Loacker, Sie brauchen sich nicht aufzuregen, ich werde es Ihnen jetzt erklären, in aller Ruhe, wirklich!

Es sind viele Forderungen auch versteckt verpackt worden; so zum Beispiel die For­derung nach der queeren Pädagogik, die im Vorschlag aus dem vergangenen Jahr noch klar dringestanden ist und jetzt im Verbot von stereotypen Darstellungen in Schule und Kindergarten enthalten ist. Natürlich ist das jetzt anders verpackt. Für all jene, die nicht wissen, was queere Pädagogik bedeutet, erkläre ich es gerne noch einmal. Die queere Pädagogik umfasst die Theorie, dass wir nicht Frauen und Männer sind, weil wir als solche geboren sind, sondern weil wir dazu erzogen worden sind. Und solche Theorien, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben weder in Schulen noch in Kindergärten und schon gar nicht in einem Frauenvolksbegehren etwas verloren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ein weiterer Punkt, der mir nicht gefällt – Sie sind inhaltlich leider auch nicht darauf eingegangen –, ist die Forderung nach dem Rechtsanspruch für Kinder auf einen qualitätsvollen, ganztägigen, kostenlosen, hochwertigen Betreuungsplatz nach Ablauf der Mutterschutzfrist. Das heißt, die Initiatoren fordern einen Rechtsanspruch für Kinder ab der achten Lebenswoche. (Zwischenruf der Abg. Friedl.) Seid mir bitte nicht böse, aber das ist viel zu weitgreifend! Das möchte ich nicht. (Abg. Heinisch-Hosek:


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Sie müssen ja nicht!) Außerdem gibt es diesen Rechtsanspruch auf liebevolle Be­treu­ung in Österreich schon – und der heißt: Mutter und Vater. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin auch nicht allein mit meiner Kritik. „Die Presse“ hat vergangenes Jahr, am 12. Juni, getitelt: „Allerdings finden sich auf der langen Liste der Forderungen auch einige, die irgendwo zwischen unrealistisch und weltfremd pendeln.“

Und weiter: „Das umstrittene Thema ,Gratisverhütungsmittel‘, zum Beispiel. Dass dieser Punkt im selben Atemzug genannt wird wie gleicher Lohn für gleiche Arbeit, ist auch ein Indiz dafür, dass es den Initiatorinnen an Gefühl für Relationen mangelt.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist es: Viele gute Punkte, die dieses Frauenvolksbegehren beinhaltet – auch den Gewaltschutz; das ist mir persönlich ein sehr, sehr wichtiges Thema –, in einem Atemzug mit Abtreibung auf Krankenschein zu nennen, das kann ich nicht unterstützen, und deshalb werde ich mich auch gegen dieses Volksbegehren aussprechen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Gamon ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


12.47.57

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Carmen, ich habe natürlich etwas vorbereitet, aber ich werde jetzt stattdessen auf das, was du gesagt hast, replizieren, weil es notwendig ist.

Ganz grundsätzlich möchte ich den Initiatorinnen und Initiatoren dafür danken, dass sie dieses Volksbegehren gestartet haben. Es ist hinlänglich bekannt, dass ich auch nicht alle Forderungen unterstützt habe, aber die Intention, die dahintergestanden ist, und auch das, was erreicht wurde, nämlich dass wir alle hier jetzt auch wieder intensiv über das Thema Gleichbehandlung, über das Thema Frauenpolitik diskutieren, dagegen, Carmen, hast du, glaube ich, auch nichts. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT.)

Also fangen wir einmal so an: Es ist grundsätzlich positiv, dass wir darüber reden. Gehen wir jetzt auch auf ein paar Punkte ein! Und anstatt nur zu sagen, was einem nicht passt, möchte ich die Gelegenheit auch nutzen, zu sagen, was ich gut finde und was ich unterstützen würde, weil das ja normalerweise für uns Frauensprecherinnen auch ein Ansatz ist, um überparteilich zu gemeinsamen Anträgen, zu Punkten, in denen wir uns immer wieder einigen können, zu kommen.

Ich finde da natürlich ein bisschen eine Querschnittmaterie zu dem, was du jetzt gerade gesagt hast, Carmen. Queere Pädagogik, nicht „quere“, wie du gesagt hast: Worum geht es da? – Es geht darum, dass man auch bei Kindern schon darauf achtet. Ich glaube nicht, dass jetzt jemand hier behaupten würde, dass man nichts anerziehen kann, vor allem nicht im ÖVP- und FPÖ-Sektor, sonst würde eure Theorie, dass es so wahnsinnig wichtig ist, dass unbedingt die Eltern die Kinder erziehen, weil das so anders ist, ja auch irgendwie ins Leere führen, dann würde diese Logik auch nicht stimmen. (Abg. Rosenkranz: Nein, nein, nein!) Das ist nämlich sehr wichtig, was man im Kindergarten mitkriegt, was man in einer Kinderbetreuungsstätte mitkriegt. (Beifall bei den NEOS.)

Auch was man von den Eltern mitkriegt, ist wahnsinnig wichtig, und da geht es eben darum – und das ist das Thema Kulturwandel –, dass wir unseren Kindern Stereotype, die über Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende auch von einer patriarchalen Kultur


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geprägt worden sind, nicht mitgeben. Ich glaube, ich war damals in der Volksschule das einzige Mädchen, das nicht stricken konnte und danach im Gymnasium das Fach Technisches Werken gewählt hat, weil ich damit mehr anfangen konnte. Das war damals noch sehr unüblich. (Abg. Schimanek: Das ist ja schon lange nicht mehr wahr!)

Das sind Stereotype, die wir unseren Kindern mitgeben. Da wird vorgegeben, dass Mädchen vielleicht nicht technisch begabt wären, dass Buben keine Mädchensachen machen sollen und so weiter. (Abg. Rosenkranz: Ist das jetzt noch immer so?) Es geht um dieses Thema. Ist das jetzt noch immer so? – Herr Klubobmann Rosenkranz, Sie wären schockiert, was es jetzt immer noch gibt! (Abg. Rosenkranz: Jetzt aber schon weniger!) Aber vielleicht nehme ich Sie einmal mit, damit Sie mit Kindern sprechen. (Abg. Rosenkranz: Jetzt gibt es schon weniger!) – Na ja, Sie hätten jedenfalls nichts dafür getan, dass es jetzt weniger ist, aber ich sage Ihnen, das gibt es noch, und da gibt es auch evidente Studien dazu. (Abg. Rosenkranz: Na sicher, aber Gott sei Dank immer weniger – auch ohne Sie!)

Betreuungsplätze, qualitätsvolle Betreuungsplätze und ein Rechtsanspruch auf Betreu­ung auch für kleine Kinder, warum ist das so wichtig? – Weil wir eben gleichen Lohn für gleiche Arbeit wollen, und das geht nur, wenn wir Männern und Frauen dieselben Möglichkeiten geben, arbeiten zu gehen, auch wenn sie Kinder haben. Das ist diese Wahlfreiheit, die wir meinen: die Freiheit, auch arbeiten gehen zu können, und die Frei­heit, überhaupt diese Entscheidung treffen zu können. Damit ich diese Entscheidung überhaupt treffen kann, brauche ich die Möglichkeit eines Kinderbetreuungsplatzes, Männer genauso wie Frauen. Da spielt auch die Karenz rein. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.) Das ist ganz essenziell für Gleichbehandlung, das ist ganz essenziell für Gleichbehandlung auch am Arbeitsmarkt.

Ein letzter Punkt, weil mir das immer ein wahnsinnig wichtiges Anliegen ist - - (Abg. Schimanek: Sie wollen dann ein acht Wochen altes Baby ganztägig fremdbetreuen lassen?!) – Auch ein acht Wochen altes Kind hat einen Vater, glaube ich, oder, Carmen? Gehören nicht meistens zwei zum Kinderkriegen? Ich glaube, die Kinder haben immer zwei Elternteile. (Abg. Rosenkranz: Das ist ein typisches Stereotyp von Ihnen! Mittlerweile kriegt man Kinder auch ohne Zeugungsakt! Adoption nennt man das! – Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Rosenkranz: Das geht schon mittlerweile! Wo lebt denn die?!)

Kommen wir zum letzten Punkt: Verhütung, Schwangerschaftsabbruch. Es ist mir im­mer ein wichtiges Thema gewesen, darüber zu reden, denn das größte Problem bei diesem Thema sind Stigmen, das größte Problem bei diesem Thema ist, dass wir nicht darüber reden können, dass es hier im Saal gewisse Männer gibt, denen es alles zusammenzieht, wenn ich das Wort Vagina ausspreche. Das ist das Grundproblem, das wir hier haben: dass wir nicht über das Thema Schwangerschaftsabbruch reden können, dass wir nicht über das Thema Verhütung reden können. Es geht um sexuelle Selbstbestimmung.

Ich nehme an, Herr Klubobmann Rosenkranz, dass Sie mir zustimmen, dass jeder Schwangerschaftsabbruch einer zu viel ist. Was muss man dagegen tun? (Abg. Rosenkranz: Na?) – Niederschwelligen, einfachen Zugang zu Verhütungsmitteln schaffen, ermöglichen (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT), Aufklärung in den Schulen, queere Pädagogik in den Kinderbetreuungseinrichtungen. Das muss man tun, wenn man Schwangerschaftsabbrüche verhindern soll. (Abg. Rosenkranz: Nicht nur!) Was Sie tun, ist: Sie negieren, dass Menschen nun einmal Sex haben (Abg. Rosenkranz: Was gibt’s noch? Da gibt es noch andere Sachen!), auch junge Menschen, auch Jugendliche. Und man stelle sich vor, ich glaube, sogar Kinder von Abgeordneten werden wahrscheinlich Sex haben.


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Das ist eine Realität, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Wenn wir wollen, dass junge Frauen ihre reproduktiven Rechte wahrnehmen können, dann müssen wir uns für diese Dinge einsetzen und müssen endlich anfangen, hier darüber zu reden. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

12.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Cox. – Bitte. (Abg. Rosenkranz: Die Frau Gamon spricht sicher auch schon mit ihren Kindern darüber! – Abg. Meinl-Reisinger: ... keine hat!)


12.53.30

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein Willkommen an die Damen und Herren auf der Galerie! Herr Rosenkranz, wenn wir jetzt schon einmal über die Realität sprechen: Es ist einfach so! (Abg. Rosenkranz: Was ist denn schon wieder?!) Was Frau Kollegin Gamon gesagt hat, ist Realität. Sie brauchen da jetzt nicht herumzudiskutieren, es ist einfach so. (Abg. Rosenkranz: Ja eh! Gar nicht! Reden Sie! Ich möchte Ihnen zuhören!)

Frau Schimanek! Warum ist das alles in ein Paket gepackt? Warum gibt es dieses Volksbegehren? – Es ist einfach so, dass wir da viele Baustellen haben. Es ist so, dass wir sehr viele Baustellen haben, die wir gleichzeitig angehen müssen, und nicht nach­einander sagen können: Okay, gut, gleichen Lohn für gleiche Arbeit gibt es nicht – das machen wir morgen! Im Moment ist sexuelle Selbstbestimmung für manche ein Fremdwort – das machen wir übermorgen! – Nein, das muss heute passieren, das muss jetzt passieren! All diese Themen, die darin angesprochen wurden, müssen wir heute angehen, deswegen ist das ein Paket.

Fast eine halbe Million Menschen haben ihre Stimme erhoben. Das sind viele Stimmen von Frauen und Männern, die sich hinter diese Forderungen stellen. Und, Frau Schimanek, ich kann Ihnen Ihre Befürchtung nehmen, ich glaube, es ist auch ein bisschen arrogant, zu sagen, dass diese Personen nicht verstehen, was da drinsteckt. (Abg. Schimanek: Nicht alle gewusst haben, habe ich gesagt!) – Inhaltlich nicht verstanden haben, was sie unterschreiben, das haben Sie gesagt, und ich glaube, das ist nicht ganz fair, wenn Sie das dieser halben Million Menschen vorwerfen. (Beifall bei JETZT, SPÖ und NEOS.)

Genau diese Stimmen dürfen nicht ignoriert werden, diese Stimmen behandeln wir hier im Plenum als ersten Schritt, dann in den Ausschüssen und dann auch wieder hier. Es wird darum gehen, dass wir nicht sagen können, was jetzt oft von den anderen Fraktionen kam: Nein, ich kann nicht hinter allen Forderungen stehen! Das werden wir dann sehen. Wir werden etliche Anträge zu den einzelnen Punkten einbringen und wir werden dann schauen, ob Sie noch immer sagen: Wir stehen nicht dahinter!

Da geht es um etwas! Es geht, wie meine Kolleginnen zuvor bereits gesagt haben, darum, dass wir nicht nur Frauen stärken, sondern wir erheben unsere Stimmen, wie das Frauenvolksbegehren gesagt hat, für unsere Großmütter und Mütter, für uns, für unsere Kinder und Enkelkinder, für all jene, die uns nachkommen, und wir sind stark. Meine Damen und Herren, es ist ganz, ganz wichtig, dass wir hier gemeinsam stark sind, weil wir die Zukunft gemeinsam gestalten. Vor allem jene von Ihnen, die Sie hier immer wieder den Begriff Volk für sich reklamieren, sollten dieses Volk auch ernst nehmen, wenn es sich politisch zu Wort meldet. Und das passiert genau hier beim Frauenvolksbegehren.

Um noch einen weiteren Punkt herauszunehmen: Es gibt eine Forderung, die mir sehr wichtig ist, nämlich eine gesetzliche Verankerung einer geschlechtersensiblen Aus­bildung aller PädagogInnen. Es ist ganz, ganz wichtig, gerade wenn es um den Bereich


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der Informatik, der Mathematik geht, um den Mint-Bereich, wie er genannt wird – da sind Frauen unterrepräsentiert. Wir leben in einem digitalen Zeitalter, daher ist es extrem wichtig, dass Frauen auch mitprogrammieren, mitbestimmen, denn Maschinen und Computer werden unsere Zukunft sehr stark mitbestimmen, und daher ist es ganz, ganz wichtig, dass in diesem Bereich mehr Frauen vertreten sind. Das beginnt aber schon in der Schule, dass wir die Mädchen dafür sensibilisieren.

Es gab vor Kurzem einen Artikel im „Standard“, dass laut einer Studie neun von zehn Schülerinnen berichten, dass ihnen von einem Technikstudium abgeraten wird. – Das darf im Jahr 2018 nicht die Realität sein, dass Frauen, dass Mädchen sagen – und das sind 90 Prozent –, eher nur etwas Sozial-Kommunikatives oder Frauenspezifisches studieren zu wollen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir Frauen und junge Mädchen ermutigen, in einen Bereich zu gehen, der bis jetzt Männerdomäne war. Es ist ganz, ganz wichtig, sie dazu zu ermutigen. Und ja, das ist auch in dem Frauen­volksbegehren verpackt, denn da geht es um gendersensible Sprache, da geht es um Schritte, die wir bereits im Bildungssystem verankern müssen. (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

Es ist auch ganz wichtig, dass man das auf einer wirtschaftlichen Ebene betrachtet, weil es ja ein wichtiger Punkt nicht nur für manche Fraktionen, sondern für uns alle ist. Würden wir zum Beispiel im Mint-Bereich mehr Frauen fördern und würden wir erreichen, dass dort mehr Frauen vertreten sind, was würde passieren? – Nicht nur, dass wir auf mehr Talent zugreifen könnten, auf mehr Kompetenz, auf mehr Wissen, es wäre laut einer Studie der Europäischen Union auch so, dass man bis 2050 auf EU-Ebene das BIP um 3 Prozent erhöhen könnte. Es handelt sich um 610 Milliarden Euro bis 2050, und das ist eine Summe, die man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen muss. Wenn wir jetzt anfangen, in diesem Bereich Frauen zu fördern, wirkt sich das dermaßen auf unsere Wirtschaft aus – das kann man nicht leugnen –, dazu muss man aber jetzt im Bildungssystem ansetzen.

Genau das ist im Frauenvolksbegehren als nur eine der vielen Forderungen verpackt, und deswegen habe ich es auch unterstützt und werde es auch weiterhin unterstützen. Es beinhaltet viele Forderungen, zum Beispiel Stereotypen in Medien und Werbung. Das ist ein riesiges Problem, was wir in diesem Bereich für Stereotypen haben.

Ebenso: Gender Pay Gap. – Das ist kein Fremdwort, das ist Realität.

Weiters: Gewalt an Frauen. – Das ist auch Realität.

Genau das alles müssen wir jetzt anpacken; es ist Zeit. Das sind große Baustellen, und all diese Baustellen müssen wir gleichzeitig angehen. Deswegen werden wir dieses Frauenvolksbegehren auch weiter behandeln, und deswegen ist das jetzt erst der Anfang. (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

12.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Chris­toph Stark. – Bitte.


12.59.17

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Gäste auf der Galerie und zu Hause! Wir schreiben das Gedenkjahr, in dem wir vieler Dinge gedenken, die vor vielen Jahren passiert sind; unter anderem auch dessen, dass die Bezirkshauptmannschaften vor 150 Jahren ins Leben gerufen wurden. Gestern war eine dieser Gedenkveranstaltungen in der Bezirkshauptmann­schaft Weiz, und dort wurde unter anderem die Frage gestellt: Wie viel Staat braucht der Mensch? Wie viel Verwaltung braucht der Mensch? (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)


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Der renommierte Universitätsprofessor Manfred Prisching hat daraufhin gemeint, es gibt viele, viele Länder mit weniger Staat, dort gibt es aber auch keine Volksbegehren, und er möchte eigentlich nicht in solchen Staaten leben. Ich sage dazu, ich bin froh, hier leben zu können, wo es Initiatorinnen und Initiatoren gibt, die solche Volks­begeh­ren ins Leben rufen, und wo es auch zu einer demokratischen Meinungsäußerung kommen darf. Wir leben hier sehr gerne. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Volksbegehren: Das Volksbegehren ist eine Initiative, die das Ziel hat, Frauen­rechte zu stärken und Anliegen für Frauen ganz generell einzufordern. Diese Ziele sind natürlich zu unterstützen. Ich bin froh, dass es diese Initiative gibt, und ich bin froh, dass wir darüber diskutieren, aber es gibt auch kritische Punkte, die man in einer Demokratie ebenso erwähnen darf, wie zum Beispiel den 30-Stunden-Tag oder andere Dinge. (Abg. Leichtfried: -Woche, nicht -Tag! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Natürlich sind Themen wie Gewaltprävention und Verkleinern der Lohnschere zu unter­stützen, gar keine Frage. Aber jetzt zu sagen, es bestehe Stillstand, das, meine Damen und Herren, kann ich nicht teilen. Es gibt immer Luft nach oben, aber Stillstand? (Abg. Heinisch-Hosek: Ist Rückschritt!) Es hat sich in der Zweiten Republik sehr viel entwickelt und gesellschaftlich unheimlich viel getan, und ein Volksbegehren eignet sich natürlich gut dafür, daran zu erinnern, nicht aufzuhören – nicht aufzuhören, für ein gutes Miteinander zu kämpfen, nicht aufzuhören, Menschen mit Respekt zu behandeln, nicht aufzuhören, Achtsamkeit im Umgang miteinander zu pflegen. Und ich appelliere: Fangen wir doch heute mit diesem respektvollen Umgang an! Fangen wir doch gleich am Beginn dieser drei Plenartage an, uns respektvoll zu begegnen! Zum Beispiel, Kollege Rossmann: Lassen Sie doch einfach einmal Ihre Faschismuskeule daheim! Der Winter ist eine gute Zeit, um sie im Kachelofen zu verheizen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Reden Sie zum Thema, bitte!)

Zur Forderung der Quote, meine Damen und Herren: Ich erinnere hier an den 21. Oktober, den Tag der Entscheidung im Palais Niederösterreich. Können Sie sich erinnern: Da war gegenüber dieses Bild der damaligen Bundesversammlung – lauter Männer. Es hat sich in dieser Zeit unheimlich viel getan, und die Realität sieht doch so aus, dass die Tore für die Kommunalpolitik zum Beispiel weit offen stehen. Ich bin dankbar für jede Frau, die sich für die Kommunalpolitik interessiert, sie ist herzlich willkommen, aber bitte üben wir doch keinen Zwang aus, um eine Quote herbeizuführen! Das ist kontraproduktiv und ist auch in der Realität wirklich schwer machbar. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Sie haben es nicht verstanden!)

Zum Zweiten, der schrittweisen Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstunden: Bitte, was hat das generell mit Gleichstellung zu tun? Du bist eine Frau, also musst du weniger arbeiten! Das ist ja kein Signal! (Abg. Heinisch-Hosek: Das gilt auch für Männer!) Das ist kein Signal für die Frauen und auch kein Signal für die Unter­nehmerinnen. Deshalb glaube ich, dass wir bestmögliche Rahmenbedingungen für Unternehmen brauchen, damit sie flexible Arbeitszeiten und unterschiedliche Arbeits­zeitmodelle für Frauen anbieten können. (Abg. Heinisch-Hosek: Das gilt auch für Männer!) Das ist eher gefragt als eine 30-Stunden-Woche.

Und zum Schluss zum Rechtsanspruch auf eine kostenlose, hochwertige Betreuung für jedes Kind bis zum 14. Lebensjahr: Meine Damen und Herren, wissen wir tatsächlich, was da dahinter steht? Wissen wir, welchen Rahmen es dafür braucht? Unsere Kindergärten sind heute schon unglaublich gefordert mit dem, was wir jetzt anbieten. Die Anforderungen an die Pädagoginnen und Pädagogen sind enorm: die Sprach­probleme, die Gruppengrößen, die Kinder haben heute mehr Förderbedarf denn je. (Abg. Heinisch-Hosek: Mehr Geld!) Das jetzt auf viel mehr Kinder auszuweiten, das


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kann unser System derzeit nicht leisten, und daher warne ich davor, diesen Punkt zu forcieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine auch, meine Damen und Herren, dass wir in einer modernen Gesellschaft leben, mit Männern und Frauen und deren Unterschiedlichkeiten, die ja von beiden Seiten wahrgenommen werden wollen. Ich bin froh, dass es das Volksbegehren gibt. Wie gesagt, ich sehe einige Dinge kritisch, und das muss in einer Demokratie genauso Platz haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.04


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried. – Bitte.


13.04.17

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte ZuschauerInnen! Fast eine halbe Million Österreicher und Österreicherinnen haben das Frauenvolksbegehren unterschrieben. Das ist eine enorme Beteiligung und eine enorme Leistung derer, die organisatorisch hinter diesem Begehren gestanden sind. Es ist aber auch ein starkes, unglaublich starkes frauen­politisches Zeichen. Die Menschen in Österreich wünschen sich hundertprozentige Gleichstellung. Es ist auch ein Thema, das weiter brennt.

Als bekannt wurde, dass ich heute hier zu diesem Thema sprechen darf, hat mir eine junge Frau auf Twitter geschrieben: Ich finde einfach, Frauen in diesem Land haben es verdient, dass ihre Anliegen angehört und ernst genommen werden, in einer Politik, die von Männern dominiert ist. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit wäre ein Anfang oder absolute Transparenz, was Gehälter betrifft. Andere Länder schaffen das auch.

Geschätzte Damen und Herren, ich glaube, das ist wesentlich: Eine gerechtere Arbeitswelt ist etwas, das wir alle gemeinsam brauchen. Und es ist Tatsache, dass Österreich noch immer unglaublich hohe Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen hat, und deshalb ist es insbesondere wichtig, dass wir alle gemeinsam die Gewerkschaft bei ihrem Kampf um mehr Lohn für Menschen, die im Handel tätig sind, unterstützen, dass wir gegen diese Unterschiede auftreten. (Beifall bei der SPÖ.) Diese Unterschiede müssen beseitigt werden. Es ist höchste Zeit für volle Lohntransparenz. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das muss Realität werden.

Es muss aber auch die Macht gerecht geteilt werden. Die Hälfte aller Plätze in Entscheidungsfunktionen in Politik und Wirtschaft muss von Frauen besetzt werden, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es muss auch die Arbeit selbst gerecht verteilt werden. Bezahlte und unbezahlte Arbeit muss in Zukunft zwischen Frauen und Männern gleichmäßig verteilt werden. Das ist auch etwas, das meines Erachtens geändert gehört.

Geschätzte Damen und Herren, es gibt unglaublich viel zu tun, für gleiche Teilhabe, Respekt und Wertschätzung. In Österreich leben 300 000 Alleinerziehende mit ihren Kindern. 90 Prozent davon sind Frauen, davon ist jede zweite Frau armutsgefährdet – wir leben im Jahr 2018 in Österreich –, das ist eine Schande! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Es geht darum, Armut zu bekämpfen. Alleinerziehende und ihre Kinder brauchen viel mehr Unterstützung. Besonders wichtig ist eine Unterhaltsgarantie.

Es muss auch endlich echte Wahlfreiheit möglich sein. Selbstverständlich, Herr Kollege Stark von der ÖVP: Wir brauchen einen Rechtsanspruch auf kostenlose und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung. (Abg. Schimanek: Ab der achten Woche?!) Wenn sich


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ein Land wie Österreich das nicht leisten kann, ist es genauso eine Schande, ge­schätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin den InitiatorInnen des Frauenvolksbegehrens sehr dankbar. Sie haben dazu beigetragen, wachzurütteln und aufzuzeigen, dass sich in Österreich einiges in die falsche Richtung bewegt. Sie wissen, was zu tun ist, geschätzte Damen und Herren, Sie wissen, was notwendig ist. Und ich kann Ihnen eines sagen: Auch wenn Sie vielleicht verhindern wollen, dass es geschieht, die Frauen in diesem Land lassen sich auch von Ihnen nicht aufhalten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten von JETZT. – Bravoruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

13.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Dr.in Jessi Lintl. – Bitte.


13.08.22

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Text dieses Frauenvolksbegehrens ist ein Wünsch-dir-was-Programm. Es ist ein rein propagandistisches Begehren, das bei einer Verwirklichung aller Slogans Milliarden kosten würde. Wirtschaftliche Anliegen stehen im Mittelpunkt der an die Bundesregierung gerichteten Forderungen: eine 50-Prozent-Frauenquote, 1 750 Euro Mindestlohn für alle Branchen, die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn­ausgleich, ein Rechtsanspruch auf kostenlose Kinderbetreuung. Wer das alles bezah­len soll? – Natürlich die männerdominierte, unternehmerisch tätige Ausbeuterklasse, das ist auch klar. (Abg. Heinisch-Hosek: Der Familienbonus kostet auch viel Geld!)

Wobei: Bei der Frauenquote wurde sicherlich nicht an Bauarbeiter, Müllmänner oder Wehrpflichtige gedacht, sondern eher an wirtschaftliche Führungspositionen, die hohe Einkommen versprechen. Und das ist eine reine Rosinenpickerei. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte noch ein Thema herausgreifen: die Forderung, die Normalarbeitszeit auf 30 Stunden zu verkürzen. Das kann sich bei vollem Lohnausgleich nicht ausgehen. Es ist ein absolutes Retrokonzept, und man fühlt sich zurückversetzt in die Siebzigerjahre, als das das erste Mal gefordert wurde. (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist ja unglaublich!)

Eine Arbeitszeitverkürzung bei gleichem Lohn verteuert den Faktor Arbeit massiv. Über 93 Prozent aller Betriebe in Österreich beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiter. Für diese Klein- und Mittelbetriebe würde der gesetzlich verpflichtende Lohnausgleich die Lohnkosten um 33 Prozent erhöhen, und das wäre existenzbedrohend. Dabei gibt es gerade jetzt dank der erfolgreichen Unternehmen in Österreich so viele Arbeits­plätze wie nie. Noch nie war unser Sozialstaat so nachhaltig abgesichert wie jetzt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Damit unser Land wirtschaftlich so erfolgreich bleiben kann, benötigen Unternehmen und Arbeitnehmer, sowohl Frauen als auch Männer, einen zeitgemäßen, fairen Rah­men und keine Retroforderungen. Eine Senkung der Normalarbeitszeit auf 30 Stunden ist dafür sicher kein adäquates Mittel. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen 60 Stunden!)

13.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Dr.in Alma Zadić. – Bitte.


13.11.20

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Eine halbe Million Menschen hat das Frauen­volksbegehren unterzeichnet. Eine halbe Million Menschen hat sich zu einem Pro-


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gramm bekannt, das echte Chancengerechtigkeit für alle Bevölkerungsgruppen bieten soll. Das Frauenvolksbegehren beinhaltet viele Maßnahmen, mit denen allen eine Chance gegeben werden soll: Frauen, sozial Schwachen, Minderheiten.

Ich möchte Ihnen eines in Erinnerung rufen: Unser Staat und seine Organe haben das Volk zu repräsentieren. Und wenn ich mir diesen Staat und seine Organe anschaue, dann fehlen mir wesentliche Teile unserer Gesellschaft. Frauen machen 50 Prozent unserer Gesellschaft aus (Abg. Gudenus: Und 500 000 haben unterschrieben!), und wenn ich in diesen Raum schaue, sehe ich nicht 50 Prozent Frauen. Menschen mit Migrationshintergrund machen 21 Prozent unserer Gesellschaft aus, und wenn ich mich in diesem Raum hier umschaue, dann kann ich die Menschen, die nicht in diesem Land geboren sind, an einer Hand abzählen. Aber auch die LGBT-Community ist deutlich unterrepräsentiert.

Warum empfinde ich das als so wichtig? – Erstens, und das habe ich schon erwähnt, weil nach der Verfassung die Organe dieses Staates das Volk zu repräsentieren haben. Entscheidungen können nur dann für alle getroffen werden, wenn diejenigen, die die Entscheidung treffen, auch die Lebensrealitäten jener Menschen kennen, die sie repräsentieren. (Beifall bei JETZT.) Und das ist nicht der Fall, wenn mehrheitlich Männer über das tägliche Leben entscheiden. Ich meine nicht, dass Frauen in Füh­rungs­positionen der Politik die besseren Entscheidungen treffen oder besser qualifiziert sind, aber was Frauen in Führungspositionen und in die Politik mitbringen, ist ein anderer Blickwinkel, der ihre, meine Lebensrealität abbildet.

Das gilt nicht nur für die Politik, sondern das gilt auch für die Wirtschaft. Die Realität schaut in Österreich aber leider anders aus. In Österreich gibt es derzeit nur 7,5 Pro­zent Bürgermeisterinnen. In Vorständen und Aufsichtsräten kommen auf jede Frau neun Männer. In den 20 österreichischen Topunternehmen finden sich 72 Vorstands­mitglieder, unter ihnen gibt es sechs Personen, die Peter heißen, fünf Personen, die Franz heißen, fünf, die Wolfgang heißen, und fünf, die Andreas heißen, aber es gibt lediglich vier Frauen. (Abg. Yılmaz: Wie heißen die? – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Ihre Namen weiß ich jetzt leider nicht auswendig.

Und woran liegt das? – Es liegt mit Sicherheit nicht daran, dass Frauen für Führungs­positionen nicht geeignet sind. Da brauchen wir nur in unsere osteuropäischen Nach­barländer zu schauen, denn deren Frauenanteil in Führungspositionen ist wesentlich höher als der in Österreich. Es hat viel damit zu tun, dass es notwendig wäre, endlich Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Frauen tatsächlich die Wahl haben, ob sie arbeiten wollen oder nicht (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ), dass Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass Frauen einen gerechten Anteil an Geld, an Arbeit und an der Macht in Österreich bekommen. (Abg. Leichtfried: So ist es!)

Teilhabe, Respekt und Wertschätzung sind einige der zentralen Forderungen des Frauenvolksbegehrens, nämlich für Frauen und für alle Bevölkerungsgruppen.

Sie können jetzt handeln. Jetzt gilt es, Forderungen, Anträge einzubringen, und Sie können damit anfangen, das Versprechen umzusetzen, das alle Parteien vor der Wahl abgegeben haben. Da geht es nämlich um 250 000 alleinerziehende Mütter und 50 000 alleinerziehende Väter – die sind von Armut betroffen, und denen müssen wir mit einer Unterhaltsgarantie unter die Arme greifen. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Helfen wir jetzt, bekennen wir uns zu den Werten und den Forderungen des Frauen­volksbegehrens! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.16



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Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller ist die nächste Rednerin. – Bitte.


13.16.32

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuschaue­rinnen! Aber vor allem: Liebe Initiatorinnen und Initiatoren des Frauenvolksbegehrens! Als Erstes möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Initiative ganz herzlich bedanken und mich auch bei all jenen bedanken, die dieses Frauenvolksbegehren mit ihrer Unter­schrift unterstützt haben.

Als Politikerin, die sich schon sehr lange mit Frauenthemen auseinandersetzt, teile ich die Meinung aller meiner KollegInnen, und zwar, dass wir sehr froh sind, wenn die Themen Frauen und Gleichbehandlung und Teilhabe von Frauen auf die Tagesord­nung kommen und intensiv diskutiert werden. Darüber freuen wir uns alle. Ich hoffe aber, dass Sie auch ein gewisses Verständnis dafür haben, dass nicht alle Dinge, die Sie in Ihr Volksbegehren hineingeschrieben haben, von uns allen gleich gesehen werden. Es wird in nächster Zeit also sicher ein differenzierter Diskurs stattfinden.

Eingangs möchte ich noch gerne erklären, warum die Frau Bundesministerin heute nicht da ist. Es kam ja der Vorwurf von Kollegin Heinisch-Hosek, dass sie sich keine Zeit genommen hat. Vielleicht hat Kollegin Heinisch-Hosek auch ein Stück weit in Zweifel gezogen, dass die Frau Ministerin Interesse an der heutigen Debatte hat. Ich möchte klarstellen, dass die Frau Ministerin heute in Straßburg ist, und zwar in ihrer Funktion als Ratspräsidentin, was das Frauen- und Gleichbehandlungsministerium betrifft. (Abg. Leichtfried: Ich glaube nicht ...!)  Sie können sich gerne noch einmal zu Wort melden, Herr Leichtfried, wenn Sie wollen, aber ich möchte jetzt erklären - - (Abg. Leichtfried: Präsidentin ist sie nicht!) – Sie hat den Vorsitz im Rat der Frauen- und Gleichstellungsminister inne (Abg. Leichtfried: Das meinte ich!), und da ist sie die Präsidentin. Okay? Können wir uns darauf einigen? – Herr Leichtfried war lange in der EU, er legt immer sehr großen Wert darauf (Abg. Leichtfried: Dass alles seine Ordnung hat!), dass alles ganz korrekt tituliert wird und dass alles seine Ordnung hat, genau.

Ich möchte auch noch betonen, dass die Frau Ministerin schon während der Rats­präsidentschaft Österreichs eine Konferenz über Gender Equality durchgeführt hat. So etwas hat schon sehr lange nicht mehr stattgefunden. Es gab auch ein Treffen der Gleichstellungsministerinnen, auch das hat schon lange nicht mehr stattgefunden. Man sieht also: Das Thema ist ihr sehr wichtig.

Jetzt möchte ich noch gerne auf die Kritik der Kolleginnen eingehen, wonach die Frauenpolitik in Österreich zurzeit eine Baustelle wäre und es deswegen unbedingt dieses Frauenvolksbegehren gebraucht hat. Dazu muss ich schon sagen, dass das eine Baustelle ist, die uns eine rote Regierung hinterlassen hat, denn in den letzten Jahren waren die dafür zuständigen Ministerinnen alle rot und nicht schwarz und nicht blau. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn man also schon von einer Baustelle redet, dann sind wir sicher nicht alleine daran schuld oder müssen dafür die Verantwortung übernehmen, sondern es sind natürlich die roten Kolleginnen und Kollegen mit an Bord. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Frau Heinisch-Hosek davon spricht und dreimal, in drei verschiedenen Sätzen, Respekt für Frauen in der Behandlung und in ihrer sexuellen Integrität einfordert, dann möchte ich schon einmal ansprechen, dass sie einen Kollegen in Innsbruck hat, Herrn Dornauer, der sich zweimal wirklich (Abg. Heinisch-Hosek: Ich habe ihn aufge­fordert ...!) einen großen Fauxpas in seiner Ausdrucksweise erlaubt hat (Abg. Heinisch-Hosek: Ja!), der unterstellt, dass Sexismus bei der Empfängerin entsteht. Er ist immer


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noch der große Kandidat (Abg. Heinisch-Hosek: Ich habe ihn mehrmals aufgefordert!) für den Parteivorsitz in Tirol und ist noch nicht zurückgetreten, obwohl sie es selber schon gefordert hat. Also ich würde bitten, dass Sie vielleicht in Ihren eigenen Reihen mit dem Aufräumen anfangen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zu den Themen: Es gibt sehr viele Themen in dem Frauenvolksbegehren, die wir sehr, sehr ähnlich sehen, und wir freuen uns da, wie gesagt, auch schon auf die Diskussion. Es gibt auch viele Themen, die schon im Regierungsprogramm verankert worden sind und derzeit auch abgehandelt werden, da gehört zum Beispiel auch das Thema Unterhaltsvorschuss dazu. Da gibt es eine Arbeitsgruppe in den Ministerien (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Friedl, Heinisch-Hosek und Kucharowits), in der daran gearbeitet wird. Da gehört auch der Gleichbehandlungsbericht dazu. Sie wissen genau, dass die vier Gleichbehandlungsberichte, die es in Österreich gibt, gerade zusammen­geführt werden sollen. Also es gibt einige Themen, bei denen wir sicher d’accord sind und bei denen wir sicher auch in den Ausschüssen Übereinstimmung finden.

Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass noch andere Themen in dem Frauen­volks­begehren vorgekommen wären, zum Beispiel das Thema Gendermedizin, zum Beispiel das Thema Menschenhandel und Prostitution – wie geht es den Frauen (Abg. Heinisch-Hosek: Asylgründe! Asylgründe!) bei uns, die als Prostituierte gequält und versklavt werden? (Abg. Heinisch-Hosek: Sind drinnen! Sind drinnen!) – und zum Beispiel auch das Thema Abbruchstatistik.

Ich glaube, niemand von uns hat etwas dagegen, über reproduktive Medizin zu dis­kutieren, aber ich glaube, man sollte auch die andere Seite sehen und die reproduk­tiven Rechte der Frauen natürlich anerkennen, aber für uns ist auch wichtig, dass diese Kinder, die gerade im Entstehen sind, Rechte haben, und die wollen wir ebenfalls vertreten. (Abg. Heinisch-Hosek: Frauenrechte!)

Wir freuen uns also auf eine spannende Diskussion. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Angerer und Schimanek.)

13.22


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte.


13.22.17

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher und vor allem Aktivistinnen und Aktivisten, falls Sie noch da sind – jawohl! Es freut mich sehr, dass Sie der Diskussion beiwohnen. Von den Reden her haben Sie gemerkt, wer wo steht: versöhnliche Töne von der Frauensprecherin der ÖVP – das freut mich sehr – in ihrer Rede, dass sie gesprächsbereit sind und so weiter.

FPÖ: Ja (Abg. Schimanek: Was? Ich bin auch gesprächsbereit!), Frau Kollegin Schimanek, Sie erdulden nicht einmal das Wort Töchter in der Bundeshymne (Abg. Lausch: Das ist der große Wurf, oder was?), deswegen erwarte ich mir eigentlich nicht wirklich viel außer Diskussionen.

Hier (auf die Reihen der Opposition weisend) sitzen jene Abgeordneten, die dieses Frauenvolksbegehren unterstützt haben und unterstützen werden. Man muss nicht alles gleich umsetzen. Suchen Sie sich jene Forderungen aus, zu denen Sie sagen: Das und das machen wir!, und an den anderen arbeiten wir. – Es kommt aber nichts! (Abg. Schimanek: Wir diskutieren ja noch, das weißt du ganz genau! Na geh!) Wir unterstützen es und möchten die Diskussion und möchten auch, dass eine halbe Million Menschen, Frauen und Männer, Österreicherinnen und Österreicher, die unter-


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schrieben haben, auch von Ihnen ernst genommen werden, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Wie sieht die Situation weltweit aus? – Mehr als die Hälfte der Bevölkerung, global gesehen, sind Frauen. Wie ist das Einkommen, weltweit gesehen? – 90 Prozent Män­ner, 10 Prozent Frauen. Wie ist das Vermögen, global gesehen? – 99 Prozent Männer, 1 Prozent Frauen.

In Österreich ist es nicht so tragisch, da haben wir ja auch über hundert Jahre Sozialdemokratie, da haben wir unseren Beitrag geleistet, damit das nicht so arg ist. Nichtsdestotrotz – nach wie vor sind mehr als die Hälfte der Bevölkerung Frauen – gilt, was das Einkommen betrifft: 60 Prozent Männer, 40 Prozent Frauen. – Ich finde, das ist nicht gerecht. Ich hoffe, Sie finden das auch nicht gerecht. Wie ist das Vermögen verteilt? – Fast zwei Drittel des Vermögens in Österreich besitzen Männer, fast ein Drittel Frauen. Das ist auch nicht gerecht.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand sagt, das ist okay, deswegen erwarte ich mir, dass Sie das Frauenvolksbegehren unterstützen, ernst nehmen und es auch Schritt für Schritt umsetzen. Es sind so viele Punkte, die machbar sind, und zwar sofort – gehen wir es an! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Es ist schade, dass da (auf die Reihen von ÖVP und FPÖ weisend) fast keiner sitzt.

13.25


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Sandra Wassermann ist die nächste Rednerin. – Bitte.


13.25.48

Abgeordnete Sandra Wassermann (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbür­ger! Jede Form der direkten Demokratie ist für mich grundsätzlich absolut be­grüßenswert. Es ist mir auch ein persönliches Anliegen, dass wir heute über die Frauengleichbehandlung im Parlament diskutieren. Ja, wir Frauen haben viele Stärken, und wir arbeiten auch in vielen lebensentscheidenden Bereichen mit, in der Erziehung, in der Bildung, in der Wirtschaft, aber auch bei vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Ich hatte zu Beginn des Jahres die Freude, mich mit einer Initiatorin des Frauen­volksbegehrens auszutauschen, und wir haben persönlich geredet und diskutiert. Schon damals war mir klar, dass eine Unterschrift für mich nicht infrage kommt. Auf dem fünfseitigen Thesenpapier steht meiner Meinung nach zum Teil viel Willkürliches, aber es steht auch viel drin, was bereits in Umsetzung ist. Einige Beispiele daraus möchte ich ansprechen.

Das Volksbegehren fordert die Schaffung von Beratungsstellen zu Sexualität und Schwangerschaftsberatung. – Im Regierungsprogramm wird bereits umgesetzt: der Ausbau von Sexualprävention und die Integration von Frauen. (Abg. Heinisch-Hosek – erheitert –: Sexualprävention!)

Das Volksbegehren fordert das Angebot und die Durchführung von Schwanger­schafts­abbrüchen in allen öffentlichen Krankenanstalten. – Im Regierungsprogramm wird umgesetzt: die Stärkung der Frauengesundheit und eine bessere Unterstützung von Schwangeren. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Wechseln wir jetzt auch noch kurz zum Wirtschaftsbereich, der mir persönlich ganz wichtig ist. Das Volksbegehren fordert eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden unter Beibehaltung gleicher Bezüge. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie machen 60! 60! 60 Stun­den!) – Im Regierungsprogramm wird umgesetzt: die Rahmenbedingungen für eine


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bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte Sie alle, die da so zu den Befürworterinnen gehören, nur einmal fragen: Liebe Befürworterinnen, wie soll sich das denn ausgehen – und das frage ich mich als Unternehmerin –, wenn ich 40 Stunden bezahlen muss und 30 Stunden Arbeitskraft erhalte? Jeder Unternehmer mit sozialer Kompetenz wird im Sinne einer Familien­stärkung handeln. Wenn eine Mutter oder alleinerziehende Frau einen Dienstplan­wunsch oder Urlaubswunsch hat, dann wird man dem selbstverständlich auch nach­kommen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Alltag vieler tüchtiger Frauen, Mütter und auch Alleinerzieherinnen stellt oftmals eine große Herausforderung dar, und vor ihnen allen ziehe ich persönlich meinen Hut. Unterstützen wir also gemeinsam alle Frauen, Mädchen (Zwischenruf der Abg. Kucharowits) und denken wir heute schon an die nächsten Generationen, um ihnen in Zukunft bei der Umsetzung (Zwischenruf der Abg. Friedl) ihrer individuellen Lebensmodelle die richtigen Rahmenbedingungen zu geben. Starke Frauen stärken Frauen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Oje, oje!)

13.28


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte.


13.28.43

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitstrei­terinnen und Mitstreiter – hallo! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich jetzt kurz zusammenfasse, was von den Regierungsparteien zum Frauenvolksbegehren gesagt worden ist, dann ist das zum Ersten: Die halbe Million Leute haben eigentlich eh nicht so genau gewusst, was sie unterschrieben haben, es war vor allem Propaganda und es war Willkür! (Abg. Heinisch-Hosek: Ja! Ja!)

Zum Zweiten: Wir sollten weiterhin an den Rollenstereotypen festhalten, weil Frauen eh nur Mitarbeiterinnen und Mitbeitragende sind, und Mutter, Vater, Kind ist einfach die in Österreich vollkommen übliche Familienform, also weiter so.

Und zum Dritten: Wir haben kein Geld für Rosinenpickerei!

Wissen Sie, meine Damen und Herren, Geschlechtergleichberechtigung ist keine Schönwetterpolitik, ist keine Hochkonjunkturpolitik. (Beifall bei der SPÖ.) Geschlechter­gleichberechtigung ist kein Sahnehäubchen irgendwo drauf, sondern ist eine grund­legende Politik der Fairness und eine grundlegende Politik der Menschenrechte.

Ich möchte auf zwei Punkte des Frauenvolksbegehrens eingehen, die mir thematisch sehr wichtig sind, nämlich einerseits den Gewaltschutz und andererseits die Frage von sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechten.

Beim Gewaltschutz höre ich seit einem Jahr alle möglichen Schalmeientöne und davon, wie wunderbar nicht alles werden wird und dass es Arbeitsgruppen gibt und dass am Ersatz von Dingen gearbeitet wird, die abgeschafft worden sind, die früher gut funktioniert haben. Alleine: Gekommen ist noch nichts! Das Einzige, was passiert ist, ist, dass Gewaltschutzeinrichtungen die Mittel gestrichen worden sind, dass Familien­beratungsstellen die Mittel gestrichen worden sind, dass es einfach weniger Möglich­keiten für Frauen gibt, sich zu erkundigen oder Hilfe zu kriegen.

Das ist nicht die Gewaltschutzpolitik – auch wenn noch so viel beschworen wird, wie wichtig sie nicht ist –, die ich mir vorstelle. Als Sozialdemokratin sehe ich die Welt ein bisschen anders, und ich weiß, dass man Frauen auch mit finanziellen Mitteln dabei


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unterstützen muss, zu ihrem Recht zu kommen. Da haben Sie vollkommen versagt! (Beifall bei der SPÖ.)

Das zweite Thema ist, dass jeder Mensch ganz allein für sich entscheiden können muss, wann er wo wie mit wem Sex hat oder nicht und wann er wo mit wem wie viele Kinder in welchem Abstand hat. Das ist ein Menschenrecht. Sexuelle und reproduktive Rechte sind grundlegende Menschenrechte, und wenn ich Frauen und Männern die Möglichkeit geben will, diese Menschenrechte auch genießen zu können, dann muss ich zum Beispiel denen, die es sich nicht leisten können, die Möglichkeit geben, auf eine Art und Weise zu Verhütungsmitteln zu kommen, die niederschwellig und leistbar ist.

Wir wissen aus dem Verhütungsreport, dass der häufigste Grund für nicht verwendete sichere Verhütungsmittel die Kostenfrage ist, dass Leute sie sich nicht leisten können oder dass sie sich nicht gut auskennen, dass sie einfach nicht wissen, wie sie richtig angewendet werden. Darum ist auch sexuelle Bildung in der Schule so eine unglaublich wichtige Sache, die gar nicht früh genug beginnen kann, im Rahmen derer man wirklich ansetzen muss und für die die Grundlagen eigentlich da sind.

Ganz zum Schluss, weil der Schwangerschaftsabbruch auch einige Male ange­sprochen worden ist: Ja, das Frauenvolksbegehren fordert einen gratis Schwanger­schaftsabbruch, und es fordert, dass dieser in allen öffentlichen Spitälern in Österreich durchzuführen ist. Hören wir doch bitte endlich damit auf, das als Schmuddelthema zu behandeln! Die Fristenlösung ist in Österreich geltendes Recht (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT), und wenn wir wollen, dass Frauen auch zu ihrem Recht kommen, dann können wir keine Politik verfolgen, wie sie bis vor Kurzem in Irland der Fall gewesen ist, als Irinnen, die eine Abtreibung brauchten und selbst über ihren Körper bestimmen wollten, nach Großbritannien fahren mussten.

Es kann doch nicht sein, dass Frauen aus Tirol und Vorarlberg in den Osten Österreichs pilgern müssen! Es muss endlich möglich sein, dass Frauen überall in dieser Republik dazu kommen, dass sie selbstbestimmt darüber entscheiden können, wann sie wie viele Kinder haben! Und ja: Verhütung ist die wesentlich bessere Möglichkeit als Abtreibung, keine Frage, aber dazu muss (Abg. Steinacker: Gott sei Dank weiß sie wenigstens das, wenn sie schon sonst ...!) – das ist auch schon gesagt worden – auch etwas getan werden und nicht nur groß gesprochen werden. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.32


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Edith Mühlberghuber ist die nächste Rednerin. – Bitte.


13.33.07

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Unter der Bezeichnung Frauenvolksbegehren überschlagen sich die Forderungen, und was da alles so drinnen ist, möchte ich jetzt nur mit einigen Beispielen aus der langen Liste benennen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Es wird an erster Stelle die Quote in Wirtschaft und Politik (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!), in Vertretungskörpern, auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene für Männer und Frauen gefordert. Wenn die Quote nicht erfüllt wird, dann wird es wirksame Sanktionen geben; welche, ist nicht genauer beschrieben. Eine Quotenregelung heißt, den Platz oder die Stelle nur wegen des Geschlechts zu bekommen, unabhängig von der Liste und von der Leistung, der Qualifikation. Eine 50-Prozent-Quote, wie sie dort als Maßzahl gefordert wird, ist absolut falsch. Es ist absurd, und diese mit Zwang


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durchzusetzen, führt zu massiven Problemen. (Abg. Friedl: Wer sagt das? Wer sagt das? – Abg. Heinisch-Hosek: Wer sagt das?)

Nächstes Beispiel, Frau Kollegin: Rechtsanspruch auf kostenlose Betreuung für jedes Kind bis zum 14. Lebensjahr (Abg. Heinisch-Hosek: Das wäre schön!), unabhängig vom Wohnort und Alter des Kindes. – Das heißt, Kinderbetreuung weg von den Eltern, der Staat soll es übernehmen, die Kinder sollen den Eltern nicht mehr zur Last fallen, der Staat soll sich darum kümmern. (Abg. Heinisch-Hosek: Was heißt zur Last fallen?!) Im Klartext, Frau Kollegin, heißt es, die Kinder sollen verstaatlicht werden (Abg. Heinisch-Hosek: So ein Unsinn!), es ist egal, was es kostet. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nächstes Beispiel: Soziale und wirtschaftliche Maßnahmen, die eklatante Lohnunter­schiede zwischen verschiedenen Arbeitsmarktsegmenten, Branchen und betrieblichen Hierarchien eindämmen und zu ausgewogenen Geschlechterverhältnissen in allen Branchen, auf allen Ebenen führen. (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, Arbeitsbewertung! Schon einmal etwas gehört davon?!) – Das heißt, Frau Kollegin, man will gleich viele Männer wie Frauen in allen Berufen herbeiführen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Männer sollen zum Beispiel als Friseurin oder als Kosmetikerin tätig sein, und die Friseurin und die Kosmetikerin sollen zum Beispiel im Straßenbau oder als Dachdecker tätig sein. (Ruf bei der SPÖ: Warum nicht?! – Widerspruch bei SPÖ, NEOS und JETZT. – Zwischenrufe der Abgeordneten Bayr, Friedl, Heinisch-Hosek und Meinl-Reisinger.) So ist es da beschrieben, und ob die Frauen und Männer damit einverstanden sind, bezweifle ich. Also bei dieser Forderung fehlt wirklich jede Menge Hausverstand! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nächstes Beispiel: Volle Kostenübernahme von Schwangerschaftstests, Verhütungs­mitteln, die eine ärztliche Untersuchung und Beratung voraussetzen, sowie von Schwangerschaftsabbrüchen durch Krankenkassen. – Das heißt wieder: ein Schwan­ger­schaftsabbruch auf Krankenschein (Abg. Heinisch-Hosek: Ganz genau!), und das macht mich, Frau Kollegin, besonders fassungslos. (Abg. Heinisch-Hosek: Ehrlich? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das war jetzt nur ein kleiner Auszug von den vielen, vielen Beispielen, die es gibt.

Zusammengefasst: Erreicht werden soll mit dem Volksbegehren Wahlfreiheit und Chancengleichheit für Frauen und Männer. (Abg. Heinisch-Hosek: Ich freue mich schon auf die Diskussion mit Ihnen!) Das wäre ja wirklich ein guter Ansatz (Abg. Jarolim: Bitte bei der Wahrheit bleiben!), aber ich denke, mit diesen Forderungen hat das Frauenvolksbegehren jede Chance, ernst genommen zu werden, vertan. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Jarolim: Also wenn wir das gewusst hätten, hätten wir natürlich ganz anders gearbeitet! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

13.37


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Selma Yildirim. – Bitte.


13.37.03

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte AktivistInnen! Stellvertretend möchte ich hier Lena Jäger, die oben auf der Galerie sitzt, ganz herzlich begrüßen und mich stellvertretend bei den 481 959 unterzeichnenden Personen ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Zugleich möchte ich mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, was Sie von meiner Vorrednerin hören mussten – das ist wirklich grenzwertig. Es tut mir sehr leid, und ich werde versuchen, auf einige Punkte einzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, viele von Ihnen haben sicher schon das Zitat gehört: „Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen“. – Wenn wir Archive durchstöbern, lesen wir, dass bereits vor 100 Jahren – stellen Sie sich vor! – die Frauen gemeinsam mit den Gewerkschaften die Forderung erhoben: gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit.

Schauen Sie sich an, wie oft wir das jedes Jahr wieder fordern müssen! (Abg. Neubauer: Warum haben Sie das nicht gemacht die letzten 10 Jahre?!) Und wissen Sie, warum? – Da verweise ich auf einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner von FPÖ und ÖVP, weil da das Frauenbild, das Rollenbild der Frau noch im vorigen Jahrhundert, in den 1950er-Jahren hängen geblieben ist. Das ist unser Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Nein, ist es nicht!)

Trauen Sie sich, haben Sie die Gnade, schauen Sie sich nordische Länder an! Schauen Sie sich Länder an, wo die Zahl der Kinder viel größer ist! Fragen Sie, hinterfragen Sie, warum das so ist! – Weil es eine Kinderbetreuungsmöglichkeit gibt, weil es umfassend ermöglicht wird, dass Frauen, die jetzt so gut ausgebildet sind wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte, legitimerweise ihren Platz in der Gesell­schaft suchen, legitimerweise sagen: Wir wollen für unsere Arbeit genauso viel, den gleichen Lohn bekommen wie unser Kollege, der im gleichen Büro hockt und am Nebentisch sitzt.

Das sind die Probleme und das ist das, was viele der AktivistInnen auf der Straße zu hören bekommen haben, als sie das Frauenvolksbegehren beworben haben. Da ist es oft darum gegangen, dass sich ältere Frauen über geringe Pensionen beklagt haben; und warum? – Weil ihnen immer noch diese Rolle in der Gesellschaft zugeschrieben wird: Du bleibst zu Hause, pflegst, du wirst versorgt! – Nur geht diese Geschichte nicht auf, sehr geehrte Damen und Herren. Wie viele Frauen leben in Altersarmut, nicht zuletzt, weil Schwarz-Blau einst – 2002  den Frauen die besten 15 Jahre (Abg. Hauser: Warum haben Sie das nicht geändert, bitte?!) genommen hat, indem ihnen die lebenslange Durchrechnung aufgebürdet wurde! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben Altersarmut erzeugt, Sie haben es zu verantworten. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Kommen Sie endlich im 21. Jahrhundert an! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei den vielen engagierten Frauen und Männern bedanken, die es uns ermöglichen, heute darüber zu reden – aber reden wir bitte ernsthaft und seriös und verabschieden wir uns von diesen komischen Ideologien, die wirklich, wirklich überholt sind! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Das war eine Anklage an Hundstorfer und Stöger!)

13.40


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Bißmann. – Bitte.


13.40.34

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Prä­sidentin! Geschätzte Damen und Herren! Bürgerinnen und Bürger! Auch von meiner Seite: Liebe Lena Jäger, deinem Team und allen Ehrenamtlichen herzliche Gratulation zu diesem Volksbegehren, das in der zweiten Auflage ein Riesenerfolg war! 282 000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner stehen für den letzten Schritt in Richtung einer gleichberechtigten Gesellschaft, Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann ein, was zum Ergebnis hat, dass es allen besser geht.

Ich möchte auf folgende Forderung eingehen: „schrittweise Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei variablem Lohn- und Personalausgleich“. – Das ist eine


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zeitgemäße Forderung, die von der aktuellen Regierungspolitik konterkariert wird; mit der 60-Stunden-Woche haben wir Österreich ins vorige Jahrhundert zurückkatapultiert. Im Zuge der Digitalisierung erleben wir, dass die Märkte nicht wachsen, sondern effizienter werden. Wir können davon ausgehen, dass in zehn bis 20 Jahren sehr viele Berufe durch Roboter, künstliche Intelligenz, Automatisierung und Computerpro­gram­me ersetzt werden. Die Zukunftsforschung spricht von 40 bis 60 Prozent Verlust an Arbeitsplätzen aufgrund dieser Entwicklung.

Dazu kommt, dass Frauen heute immer noch zwei Drittel der unbezahlten Sorge- und Hausarbeit stemmen, und daher werden sie sehr oft in zeitlich befristete und niedrig entlohnte Teilzeitarbeit gedrängt. Rund ein Drittel dieser Frauen sind heute armuts­gefährdet. Fair und familienfreundlich sind solche Arbeitsverhältnisse für niemanden und auch sind sie volkswirtschaftlich kaum mehr zu argumentieren. Wir müssen diese Entwicklungen ernst nehmen – Digitalisierung, Automatisierung – und eine progressive Arbeitspolitik und zukunftsorientierte Arbeitsmodelle in Symbiose mit der Digitalisierung entwickeln. Das bedingungslose Grundeinkommen ist daher keine Frage von Prä­ferenzen und Optionen, sondern eine zwangsläufige Konsequenz.

Was hat das mit Frauen zu tun? – Viel. Dazu ein passendes Zitat von Herrn Mathis Hampel (Abg. Lasar: Wer ist das?), Wissenschaftsforscher aus Wien: Wenn in einer Gesellschaft mit Grundeinkommen alle mehr Möglichkeiten haben, dann haben die, die heute am wenigsten Möglichkeiten haben, am meisten davon, und das sind eben sehr oft Frauen. – Zitatende. Außerdem, und das ist ein sehr stark unterschätzter Aspekt: Wenn wir die Teilhabe an Wohlstand und Macht zwischen Frauen und Männern gleich verteilen, dann kommen wir in den wichtigen, essenziellen Zukunftsfragen wie soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz viel schneller voran.

Dass es beim Klimawandel nicht bloß um den CO2-Fußabdruck geht, hat Papst Franziskus in seiner Klimaenzyklika genannten Enzyklika „Laudato si“ erkannt. Auf 200 Seiten erwähnt er CO2 fünf Mal, Klima zwölf Mal, Würde 25 Mal und Armut 59 Mal. Der Papst stellt die Verteilungsfrage und verknüpft den Klimawandel mit sozialer Gleichstellung – und damit sind wir wieder bei der 30-Stunden-Woche und dem Frauenvolksbegehren.

Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen wäre finanziell abgegoltene Arbeit abge­schafft und ein Arbeiten und Leben in Würde für alle ermöglicht. Wer schlecht behan­delt wird, wer keinen Sinn in seiner Erwerbstätigkeit findet, der arbeitet ungern, und daraus leiten sich die meisten sozialen Probleme ab. Das Grundeinkommen befreit zugleich die Politik von der Doktrin, der Geiselhaft der Vollbeschäftigung um jeden Preis, denn der Zwang der Vollbeschäftigung bringt uns Titel wie Fossil of the Day in Kattowitz ein. Dieser Negativpreis wird während der Weltklimakonferenz täglich an Länder verliehen, die sich in den Verhandlungen kontraproduktiv verhalten.

Wenn wir es schaffen, die Zeichen der Zeit richtig zu deuten, dann fragen wir uns nicht, wie wir den Klimawandel am besten bekämpfen können, sondern wir fragen uns: Was kann der Klimawandel für uns tun? Er kann nämlich nicht weniger als den positiven Wandel zu unser aller Gunsten auf allen Ebenen ermöglichen.

Die Angst um das Erwerbseinkommen behindert einen effektiven Klimaschutz, die Angst um das Erwerbseinkommen bedroht sozialen Frieden und behindert jede Art von Entwicklung in einer Gesellschaft. Eine Regierung, die ihrer Bevölkerung kein existenz­sicherndes Einkommen sichern kann, bekommt Gelbwesten als Antwort. Damit Österreich nicht Frankreich wird, brauchen wir mittelfristig das bedingungslose Grund­ein­kommen und auf dem Weg dorthin die Arbeitszeitverkürzung und die 30-Stunden-Woche (Zwischenruf bei der ÖVP); davon profitieren nämlich alle im Land (Zwischenruf


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der Abg. Steinacker), nicht nur die Frauen. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und JETZT.)

13.45

13.45.57


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise das Frauenvolksbegehren 433 der Beilagen dem Gleichbehandlungs­aus­schuss zu.

13.46.092. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „Don’t smoke“ (434 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 2. Tagesordnungspunkt.

Wir gehen gleich in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.46.26

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Zum Thema Don’t-smoke-Volksbegehren: Es sind 880 000 Unter­schrif­ten zusammengekommen; so etwas muss man ernst nehmen, und wir werden das auch ordentlich ausdiskutieren. Wir sind ja heute in der ersten Lesung, und es wird dann wohl auch dem Gesundheitsausschuss zugewiesen.

Ich hoffe, dass nicht nur – wie es in der Vergangenheit der Fall war, wenn wir hier diskutiert haben – schwarz-weiß gemalt wird, dass nicht nur polarisiert wird, sondern dass man sich wirklich anschaut, welches Nichtraucherschutzgesetz Österreich im internationalen Vergleich hat. Wir liegen mit unserem Nichtraucherschutzgesetz in Österreich im Mittelfeld Europas, das heißt, wir haben nicht das strengste Gesetz, aber auch nicht das weichste Gesetz. Jeder, der da jetzt aggressiv dagegen vorgeht, tut so, als wäre Österreich der Aschenbecher Europas. Das ist einfach nicht richtig (Abg. Meinl-Reisinger: Doch!), das ist einfach nicht wahr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich bringe einfach nur ein paar Beispiele, etwa Italien. Zum Beispiel sagt man, in Italien sei das Rauchen sowieso verpönt und überall verboten. Sogar Italien hat Ausnahme­bestimmungen wie Österreich. Jeder Gewerbebetrieb, jeder Gastronomiebetrieb in Italien kann, wenn er will, einen Raucherbereich einrichten, mit der Vorschrift einer elffachen Umluftmenge in diesem Raum. Das kann man in Italien machen. Warum wird das aber nicht gemacht? – Weil in Italien die klimatischen Bedingungen ganz anders sind als in Österreich und viele Betriebe sagen: Das tue ich mir nicht an, das mache ich nicht!

Wie ist es in Österreich? – Es gibt ein paar Ausnahmebestimmungen, wo noch geraucht werden darf. Auch in jenen Lokalen, in denen noch geraucht werden darf, gibt es diese Ausnahmebestimmungen und die gewerbliche Auflage einer sieben- bis achtfachen Umluftmenge, das heißt, um 30 Prozent mehr als in Lokalen, in denen nicht geraucht wird.

Baden-Württemberg in Deutschland hat die gleichen Ausnahmebestimmungen wie wir hier in Österreich. Die sind aber noch liberaler: In Baden-Württemberg darf man sogar


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in jeder Diskothek rauchen, was bei uns verboten ist. In Berlin darf in jedem Lokal bis 50 Quadratmeter rauchen, wer das dort machen möchte.

Wie schaut das bei uns in Österreich aus? – Wir haben diese Ausnahmebestim­mun­gen auch. Ich glaube, wir sind mündige Bürger, und die Gastronomie und die Hotellerie stellen sich auf die Bedürfnisse des Gastes ein. (Abg. Jarolim: Krebsbedürfnis!) Bitte gehen wir mit offenen Augen durchs Land, in die Hotellerie und in die Gastronomie, und schauen wir uns einmal an, wo man überhaupt noch rauchen darf! In circa 10 Prozent der österreichischen Gastronomie- und Hotelleriebetriebe – Iststand – darf man noch rauchen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

SPÖ, NEOS und auch die Liste Pilz – wie sie jetzt heißt, weiß ich nicht (Rufe bei SPÖ und FPÖ: JETZT! JETZT! – Zwischenruf des Abg. Rossmann) – treten für das vorher­gehende Gesetz ein. Soll ich Ihnen einmal sagen, welche Ausnahmebestimmungen es da gibt? – Dort steht drinnen, dass in jedem Hotelleriebetrieb eine Raucherlounge installiert werden kann, was auch genützt wird. Da würde sich auch mit eurem Vorschlag in Zukunft nichts ändern – nur für die Gastronomie ist es komplett verboten. Für die Gastronomie gibt es aber auch Ausnahmebestimmungen.

Von den Folgerednern wird wahrscheinlich kommen, dass das Rauchen schädlich ist. – Das wissen wir alle, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren, aber ich verwehre mich gegen eines: dass die Gastronomie für die Krankheiten, die durch das Rauchen entstehen, verantwortlich ist. (Beifall des Abg. Riemer. – Abg. Kucher: Nein, die Politik ist verantwortlich!) Seid einmal wirklich ehrlich: Wer hat denn das Rauchen in der Gastronomie gelernt?! Jeder Raucher hier herinnen weiß, wo er das Rauchen gelernt hat: nicht in der Gastronomie! Diese Regierung hat auch das Jugendschutzgesetz verschärft: Unter 18-Jährige dürfen in keinen Raucherbereich mehr hineingehen, unter 18-Jährige dürfen keine Zigaretten kaufen.

Wie gesagt, ich glaube, wir sind mündige Bürger; und noch einmal: Wir haben nicht das schärfste Gesetz, wir haben nicht das weichste Gesetz, aber bleiben wir bitte bei der Wahrheit: Wir haben ein strenges Nichtraucherschutzgesetz mit verschärften Aufla­gen des Jugendschutzgesetzes, mit dem wir uns im Mittelfeld der Europäischen Union befinden. Bitte bleiben wir bei der Wahrheit, wenn wir sachlich diskutieren wollen! Ich hoffe, dass wenigstens im Gesundheitsausschuss Sachlichkeit herrscht, unter Aus­schluss der Öffentlichkeit – hier sind meine Worte wahrscheinlich umsonst. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte.


13.52.13

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Leere Regierungsbank! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in den letzten Monaten wie viele von Ihnen wirklich viele, viele beeindruckende Menschen kennengelernt, die davon über­zeugt waren, dass sie mit ihrer Stimme und mit ihrem Einsatz etwas für den Nicht­raucherschutz in Österreich bewegen können, die überzeugt waren, dass Fakten, dass Argumente etwas ändern, wenn es um Menschenleben geht, dass die Politik ihrer Verantwortung nachkommen wird. Das ist leider hier im Parlament nicht passiert. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich habe zum Beispiel im Gesundheitsausschuss Professor Zielinski kennengelernt, der viele, viele Einzelschicksale geschildert hat, die Gefahren des Rauchens geschil­dert hat, aber vor allem auch die Gefahren des Passivrauchens. Er hat von einem Wiener Gastronomenehepaar erzählt, die beide Nichtraucher waren; innerhalb eines Jahres sind der Mann und die Frau gestorben und innerhalb desselben Jahres ist zum


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Schluss auch der Hund gestorben – alle an Lungenkarzinomen. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.) Das sind Dinge, die uns berichtet worden sind.

Wir haben einen Arbeitsmediziner kennengelernt, der sich die Mühe gemacht hat, uns Abgeordneten immer wieder E-Mails zu schreiben und Informationen zuzuschicken; er hat auch alle Studien, die es dazu gibt, gesammelt und für uns aufbereitet, weil er gedacht hat, wenn es Fakten gibt, dann werden wir unsere Meinung ändern. Er hat zum Beispiel gesagt, dass in Nichtraucherbereichen von Lokalen die Schadstoff­belas­tung derartig hoch ist, dass sie durchaus auch gesundheitsgefährdend ist. Eltern, die zum Beispiel mit ihrem Kind dort sind, glauben, sie sind im Nichtraucherbereich in Sicherheit – das Gegenteil ist der Fall, dazu gibt es auch Studien.

Der Präsident der Ärztekammer, den ich schon gesehen habe und den ich begrüßen möchte, hat darauf hingewiesen, wie hoch auch die Feinstaubkonzentration ist. Das, was auf der Straße verboten wäre, wo alle Alarm schreien würden, ist in Gasthäusern bis zu zehnfach, 20-fach überschritten, in Diskotheken sogar 80-mal so hoch.

Es hat Angehörige gegeben – was mir ganz nahegegangen ist –, die Familienmit­glieder verloren haben, die uns gebeten haben: Kämpft weiter für den Nichtraucher­schutz! Und es gibt in Österreich 900 000 Menschen, die sich gedacht haben, wenn sie aufstehen, wenn sie zum Gemeindeamt gehen, dann wird ihre Meinung doch von der Politik gehört werden, dann wird man den Respekt haben, diesen Willen der Bevöl­kerung aufzugreifen. – Diesen Respekt merkt man heute (auf die leere Regierungs­bank weisend): Kurz und Strache sind nicht einmal da. Das ist der Respekt! Ihr redet groß von direkter Demokratie (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Meinl-Reisinger), und Kurz und Strache haben angesichts von 900 000 Men­schen in Österreich, die unterschrieben haben, nicht einmal den Respekt, sich dieser Diskussion zu stellen – weil die Fakten auch egal sind.

Der Einzige, der in diesem Punkt ehrlich war – das muss man offen sagen –, war H.-C. Strache; ich weiß nur nicht, ob er ehrlich war (Abg. Lasar: ... ist immer ehrlich, bitte!) oder ob er das Thema kognitiv einfach nicht ganz verstanden hat. Er hat nämlich gesagt, in Wahrheit gehe es nicht um den Nichtraucherschutz, sondern es gehe um seinen Schweinsbraten; das war für ihn das Thema. Er hat gesagt: Wo kommen wir denn da hin, wenn auf einmal das Rauchen in Lokalen verboten ist? (Zwischenruf bei der FPÖ.) Dann wird irgendwann einmal auch der Schweinsbraten des Herrn Strache verboten werden!

Jetzt weiß ich persönlich nicht, wie Herr Strache den Schweinsbraten isst und ob er das nicht ganz verstanden hat; normalerweise mit Messer und Gabel und jeder isst etwas für sich, der eine isst den Schweinsbraten, der andere die Käsnudeln, was auch immer. Es ist nicht so, dass dann ein Kellner hergeht und sagt: Herr Strache, darf ich einmal kosten, Herr Vizekanzler, ob es wohl genehm ist? Also wenn er den Schweinsbraten isst, dann isst er ihn alleine, im Normalfall nicht auch der Kellner im Lokal. (Abg. Neubauer: Das ist so dämlich ...!) Mir ist es noch nie passiert, dass da vom Teller gekostet wird. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen in den Gasthäusern ist, ob Sie einen Vorkoster haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Unterschied zum Rauchen ist aber: Wenn ich mir eine Zigarette anzünde, sind auch die Leute, die nicht rauchen, betroffen, und Passivrauchen ist schwerstens krebserregend; die Zahlen sind ja auch bekannt. Herr Strache redet dann aber von der Freiheit, weil ihm nichts anderes einfällt, die Fakten sind ihm ja völlig egal. No na net ist das eine Freiheitsbeschränkung, die wir ganz bewusst in Kauf nehmen, weil es uns darum geht, dass es allen Menschen in Österreich gut geht, und weil wir vor allem Menschen schützen wollen, die sich nicht selbst schützen können. Da geht es um Kinder, da geht es um Menschen, die in der Gastronomie arbeiten.


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Es gibt auch andere Beispiele. Irgendwann wird Herr Strache munter werden und sagen: Ja, um Gottes willen, da werden wir beim Autofahren am Ende einen Gurt vorschreiben, einen Gurt, weil der Menschenleben rettet; das ist doch eine Einschrän­kung! (Abg. Schimanek: Philip, ich habe gedacht, du wirst nie persönlich!) Oder: Ich darf nimmer mit 200 km/h durchs Ortsgebiet rasen, eine Einschränkung! – Ja, weil es vielleicht Kinder gibt, die aus dem Kindergarten oder aus der Volksschule rausgehen; also bei Gefährdung anderer Menschen muss man das Ganze einschränken. Das alles sind Dinge, die auch gesetzlich geregelt sind, das ist eine politische Fragestellung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Vielleicht wird sogar irgendwann einmal Landwirtschaftsministerin Köstinger munter und sagt dann – ich weiß nicht –: Wir könnten Glyphosat verbieten, dieser Dreck hat in Lebensmitteln nichts verloren!, aber das ist dann eher ein Thema der ÖVP.

Es ist eine Aufgabe der Politik, den Schutz der Bevölkerung an die erste Stelle zu stellen. Das ist unsere Aufgabe, und das können wir heute auch gemeinsam be­schließen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und weil es im Zusammenhang mit der Freiheit oft heißt, die Menschen, die in der Gastronomie arbeiten, sollen sich halt einen anderen Job suchen: Das ist so weit weg von der Lebensrealität! Es gibt viele Menschen – ob man es glauben möchte oder nicht, wir alle tun uns da leicht, zu reden –, die abhängig davon sind, weil sie eine Familie ernähren möchten, weil sie eine Wohnung bezahlen müssen; und es ist nicht so leiwand und lustig, einfach zu kündigen und sich zu sagen, dass man schon einen neuen Job finden wird, gerade wenn man in einer Region lebt, in der es vielleicht eine höhere Arbeitslosigkeit gibt. Das ist so lebensfremd, was ihr diesen Menschen sagt, dass man sie vor die Wahl stellt und sagt: Entweder arbeitet ihr im Raucherlokal oder ihr geht halt stempeln oder habt keinen Job mehr! – Das ist doch bitte nicht die Lösung im Rahmen einer Gesundheitspolitik, für die wir verantwortlich wären! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Hör auf! ... Unsinn! – Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Einen Punkt möchte ich noch bringen: Die ÖVP wird sich in dieser Frage ja vielleicht leichter tun; seit Sebastian Kurz tut ihr euch ja leichter, ihr könnt ja jede Meinung zumindest einmal vertreten (Zwischenruf bei der ÖVP), am nächsten Tag habt ihr wieder eine andere Meinung. Das kennen wir ja schon: Ihr wart einmal für den Nichtraucherschutz, dann seid ihr wieder dagegen – also für euch kann es ja gar kein Problem sein (Zwischenruf der Abg. Jachs), wieder einmal anders abzustimmen. Von euch erwartet ja niemand, dass ihr eine Linie oder einen geraden Weg geht, ihr könnt eh machen, was ihr wollt (weitere Zwischenrufe bei der ÖVP); das hat ja Sebastian Kurz sozusagen mit der neuen Volkspartei ermöglicht.

Ich bitte euch aber wirklich: Wenn man Mut auf Plakate schreibt, dann habt den Mut und stimmt für das Richtige! Stimmt für den Schutz von Menschen! Man kann Menschen mit diesen Maßnahmen für den Nichtraucherschutz retten. Und wenn ihr zu feig seid, diese Entscheidung selbst zu treffen, dann lasst wenigstens die Bevölkerung entscheiden, lasst in Österreich eine Volksabstimmung zu, oder habt selbst wenigstens den Mut und sagt: Wir geben unseren Irrtum zu, unseren Fehler zu und wir gehen in der Gesundheitspolitik gemeinsam mit einem guten Beispiel voran und machen das, was überfällig wäre, zum Schutz der Bevölkerung! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und JETZT. – Abg. Jarolim: Freie Fahrt für den Krebs, das ist offenbar die Devise! – Abg. Neubauer: ... die andere!)

13.58


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.



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13.58.29

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseher zu Hause! Ja, wieder eine Raucherdebatte; wir diskutieren heute das Volksbegehren Don’t smoke mit knapp 880 000 Unterschriften (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger) – 881 000 Unterschriften.

Vielleicht vorab: Selbstverständlich ist direkte Demokratie – Volksbefragungen, Volks­begehren, Volksabstimmungen – ein sehr wichtiges Instrument. Man sieht aber an diesem Don’t-smoke-Volksbegehren auch, wo die Gefahren liegen. Ich möchte zwei Dinge kurz erwähnen, die man schon dazusagen muss: Ich glaube, es geht einfach darum, wenn man über solche Themen irgendwann auch das Volk entscheiden lässt, dann sollte es nicht politisch beeinflusst werden. Dieses Don’t-smoke-Volksbegehren war ganz klassisch – von der SPÖ sehr stark getragen – ein Antiregierungs­volks­begehren. Das ist einmal die erste Geschichte. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischen­ruf des Abg. Scherak. – Abg. Meinl-Reisinger: Meinen Sie das ernst, was Sie da sagen?!)

Die zweite Geschichte – man sollte auch von der Schweiz lernen –: Man sollte dann sachlich informieren und nicht Propaganda betreiben. Bei diesem Don’t-smoke-Volks­begehren wurde eben fast ausschließlich Propaganda betrieben und nicht sachlich informiert. (Abg. Meinl-Reisinger: Es ist ja gar nicht so schlimm!) Das möchte ich nur vorwegschicken.

Kommen wir zu den Fakten! Noch einmal: Es hat mich auch erschüttert und es ist ja auch schon der Titel des Don’t-smoke-Volksbegehrens falsch: Es geht ja nicht darum, dass wir das Rauchen wieder erlauben. Wir haben seit über zehn Jahren ein totales, absolutes Rauchverbot in Österreich. Das haben wir, das wurde 2015 noch einmal verstärkt. Mittlerweile haben wir eines der strengsten Nichtraucherschutzgesetze, die es weltweit überhaupt gibt; alles relativ transparent. (Abg. Meinl-Reisinger: Wo?)

Ich mache es noch einmal, weil ich es ja immer mache (ein mehrseitiges Schriftstück in die Höhe haltend), ich zeige es noch einmal her: Knapp 30 Seiten wurden 2015 beschlossen, und entgegen der Propaganda sind die im Mai auch in Kraft getreten. Ich wiederhole das immer wieder: Das ist seit Mai 2018 in Kraft. Da hat man die Bevölkerung, auch diese 880 000 Menschen, einfach falsch informiert. Das, was die Regierung gemacht hat, sind diese knapp eineinhalb Seiten (ein Schriftstück in die Höhe haltend), ich zeige es noch einmal her. Da geht es primär ganz klar darum, einen Kinder- und Jugendschutz zu implementieren, und den hat diese Regierung durch­gesetzt: Unter 18 Jahren gibt es kein Rauchen mehr, weder Zigarettenverkauf noch Aufenthalt in Raucherlokalen ist erlaubt.

Was wir aber sehr wohl gemacht haben – und dazu stehe ich auch zu 100 Prozent –, ist, diesen Freiraum in der Gastronomie bei ganz spezifischen Voraussetzungen auch weiterhin aufrechtzuerhalten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Bravoruf bei der ÖVP.)

Ich sage es auch noch einmal ganz deutlich, es ist heute schon erwähnt worden: Über 90 Prozent der kompletten Gastronomie und Hotellerie in Österreich sind bereits rauch­frei. Sollten Sie Raucher in Ihren Reihen haben, dann gehen Sie einmal in Wien spazieren! Bis Sie auf ein Lokal treffen, in dem Sie überhaupt noch einen Raucher­bereich finden, gehen Sie kilometerweit!

Dieses Thema – das ist auch die Wahrheit –, diese Geschichte läuft sich tot, weil die Realität die Menschen mittlerweile eingeholt hat. (Zwischenruf des Abg. Keck.) Es ist für die Leute draußen kein Thema mehr, weil sie genau das erlebt haben, was wir auch prophezeit haben, nämlich dass viele Gastronomen und Hoteliers von sich aus die


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Entscheidung getroffen haben: Ich mache ein Nichtraucherhotel, einen Nichtraucher­gastronomiebetrieb. – Das heißt, das Thema hat sich totgelaufen. Es ist auch heute kaum Emotion in dieser Diskussion.

Ich will das nicht allzu lange ausführen. Ich möchte mit einem Zitat schließen, das ich vor vielen Jahren hier beziehungsweise drüben im alten Haus schon einmal vorgelesen habe, weil es, glaube ich, sehr gut auch eine Philosophie trifft, die uns als Frei­heitlichen sehr wichtig ist. Der berühmte Journalist Gansterer hat einmal eine Glosse geschrieben, die ich kurz vorlesen möchte, und dann schließe ich auch schon.

Gansterer schreibt: „Die derzeitige Wirtshaus-Belastung und drohende Wirtshaus-Vernichtung ist eine Abfackelung jener Heiterkeit, die das Altertum als Grundlage der Zukunftszuversicht sah. Die Brände werden nicht von schöpferisch tätigen Menschen gelegt, sondern von fiebrigen Missionaren. Wie einst ihre religiösen Vorbilder in Afrika kennen sie kein Augenmaß. Sie machen keine Gefangenen. Bekenne oder stirb! Sie zerstören auch den erstklassigen, österreichischen Tabak-Kompromiss: freie Wahl, räumliche Trennung für Nichtraucher und Raucher, in die viele Wirte ihr ganzes Geld investierten. Die Missionare nützen sogar den Dienst von Denunzianten, ohne Auf­schrei der Politiker. Vieles läuft unter dem Deckmantel ‚Gesundheit‘. Die Wichtig­macher suchen den Wahn eines risikolosen, ewigen Lebens und schaffen eines, in dem die Lebenden die Toten beneiden.“ – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Klubvorsitzende Mag.a Beate Meinl-Reisinger. – Bitte. (Abg. Lasar – in Richtung Abg. Meinl-Reisinger, die sich mit einer großen, mit geschreddertem Papier gefüllten Plastikbox, auf der die Zahl „881 692“ zu lesen ist, in Richtung Rednerpult begibt –: Geh, tragt ihr das vor, das ist zu schwer vielleicht! – Ruf bei der ÖVP: Wird ja immer lustiger heute!)


14.03.59

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Der Herr Kollege hat ja gerade eben gesagt (die mit geschreddertem Papier gefüllte Plastikbox neben das Rednerpult stellend), es ist zu wenig Emotion drin: Dann bringe ich eben ein bissl Emotion rein, und vielleicht auch ein paar Fakten, denn, ehrlich gesagt, was ich bis jetzt gehört habe, ist reichlich faktenbefreit gewesen.

Zunächst einmal: Der Kampagne für dieses Volksbegehren Don’t smoke zu unter­stellen, dass sie parteipolitisch getrieben gewesen wäre und faktenbefreit durchgeführt worden wäre, ist ein Schlag ins Gesicht der Ärzteschaft, die zu Recht auf die Gefahren des Rauchens hinweist. (Abg. Jarolim: Das ist ein Wahnsinn!) Es ist, ehrlich gesagt, Ihrer Fraktion gar nicht würdig, so zu argumentieren. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie der Abg. Holzinger-Vogtenhuber. – Abg. Neubauer: Dann müssen wir das öster­reich­weit verbieten! – Abg. Lasar: Aber haben Sie das schon einmal im Rathaus auch gesagt?)

Ich möchte heute zwei Punkte besprechen. (Abg. Lasar: Haben Sie das im Rathaus auch gesagt?) – Kann ich bitte meine Rede halten, Herr Kollege? – Vielen Dank. (Abg. Lasar: Dann müssen Sie das im Rathaus auch sagen!) Der erste Punkt betrifft die Frage: Warum brauchen wir einen schärferen Nichtraucherschutz? Sie wissen das und Sie kennen die Zahlen, und trotzdem stellen Sie sich faktenbefreit hierher und erklären, wir hätten angeblich eine der strengsten Nichtraucherschutzregelungen in ganz Europa. (Abg. Wurm: Weltweit!) Sie verwehren sich dagegen, dass wir die Zuschrei­bung bekommen, der Aschenbecher Europas zu sein. Sie wissen, wie in Österreich die Zahlen betreffend junge Menschen, die zu rauchen beginnen, ausschauen. Sie wissen, dass jährlich etwa 14 000 Menschen an den Folgen des Rauchens zugrunde gehen –


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sie gehen elendiglich zugrunde, werte Kolleginnen und Kollegen! Das sind alles Fakten, die Sie kennen, die Sie hier aber vom Tisch wischen. Offensichtlich sind das Fakten, die Ihnen nicht – ich weiß nicht – heftig genug sind oder die nicht in Ihr Konzept passen.

Herr Kollege Obernosterer, was ich empörend finde: Es macht niemand die Gastro­nomie dafür verantwortlich, dass Menschen zu rauchen beginnen. Ich mache aber sehr wohl die Politik und da insbesondere die ÖVP dafür verantwortlich, die sozusagen einen Retourgang in Richtung Rasen, Rauchen und Rassismus eingelegt hat, um dieses Thema zugunsten der Freiheitlichen Partei wieder aufzumachen, mit der man sich in ein Bett gelegt hat – in ein ungesundes Bett, wie ich sagen möchte. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT.)

Ja, ich habe hier auch ein ganz persönliches Anliegen: Ich habe als Jugendliche zu rauchen begonnen, und es war ein sehr, sehr harter Kampf. Ich glaube, es gibt genügend Menschen, die Ihnen erzählen können, wie schwer es ist, wieder aufzuhören. Es ist einfach nicht leicht; und da hat natürlich auch dazugehört, dass man unterwegs ist, dass man in Lokalen sitzt, dass man zu rauchen beginnt, weil andere rundherum rauchen.

Ich habe zwei Kinder, ich habe bald ein drittes Kind. Ich habe wirklich die Hoffnung, dass wir in Österreich in puncto Nichtraucherschutz und einer Politik, die unsere jungen Menschen wirklich schützt, mehr Schritte machen, als Sie das bis jetzt getan haben.

Jetzt zu einem zweiten Punkt: Es geht um die Frage der direkten Demokratie, der Mitbestimmung. Ich war vorher entsetzt, als zum Thema Frauenvolksbegehren quasi ausgerichtet wurde, dass diese knapp 423 000 Menschen – glaube ich, ich weiß es nicht mehr auswendig –, die das unterzeichnet haben, quasi nicht alles gelesen hätten. Sie unterstellen also quasi eine Art Unfähigkeit, den Text wirklich gelesen zu haben!

Hierzu waren es sogar noch mehr (auf die neben dem Rednerpult abgestellte Plastik­box weisend): 881 692 Menschen haben dieses Volksbegehren unterschrieben und wollten damit ein klares Zeichen für stärkeren Nichtraucherschutz und dafür, dass das Rauchen in der Gastronomie untersagt wird, setzen. Unterstellen Sie diesen Men­schen auch, dass sie das nicht gelesen hätten? Unterstellen Sie diesen Menschen, dass sie irgendwie die Freiheit des Einzelnen unnötig einschränken würden? Oder was ist das eigentlich?

881 692 Menschen sind aufgestanden und haben gesagt: Wir wollen schärfere Regeln! – Die Regierung sagt aber: Pech gehabt! Wir nehmen direkte Demokratie zwar sehr ernst, wir bekennen in jeder Sonntagsrede, wie wichtig direkte Demokratie ist – insbesondere die Freiheitliche Partei –, aber wir haben in unser Regierungsprogramm 900 000 hineingeschrieben, und ihr habt das nicht erreicht, also geht euch brausen! (Zwischenruf des Abg. Lasar.)

Entschuldigung, was ist denn das für eine Einstellung? Direkte Demokratie ist doch kein Schönwetterprogramm (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ), bei dem man auf ein Regierungsprogramm, das ja das Papier nicht wert ist, auf dem es geschrieben steht, weil es noch nicht einmal beschlossen ist, verweisen kann! (Ruf bei der ÖVP: Eine Wutbürgerin!)

Springen Sie über Ihren Schatten und lassen Sie eine Volksabstimmung zu, wenn Sie sich drübertrauen! (Abg. Lasar: 900 000!) Sie sind aber offensichtlich aneinander gefesselt, da sich die ÖVP bei diesem Thema in der blauen Springschnur verheddert hat. Sie könnten sich ja sogar entfesseln, indem Sie sagen: Lassen wir das Volk wirk­lich darüber abstimmen! – Stattdessen haben Sie diesen 881 692 Menschen ausge-


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rich­tet (die mit geschreddertem Papier gefüllte Plastikbox auf das Rednerpult stellend): Wir schreddern euer Anliegen! Das ist das, was wir als Regierungsparteien machen! Ihr könnt euch brausen gehen, wir kübeln das!

Ich übergebe das jetzt dem Klubobmann der ÖVP, der nicht da ist, in der Hoffnung, dass er sich besinnt. – Danke. (Beifall bei NEOS und JETZT sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger stellt die mit geschreddertem Papier gefüllte Plastik­box auf den Sitzplatz des Abg. Wöginger. – Ruf bei der ÖVP: Das können Sie ruhig behalten! – Abg. Martin Graf: Das ist ein verbotener Bestechungsversuch! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

14.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


14.08.52

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Wie man sehen kann, ist die Debatte sehr wohl emotional. Auch wenn sich Kollege Wurm diesen Fakt gewünscht hat, ist er jetzt leider nicht mehr hier, um auch die diesbezüglichen Argumente zu hören.

Die Diskussion über das Volksbegehren haben wir hier schon mehrfach geführt, wir haben sie im Gesundheitsausschuss schon mehrfach geführt. Warum müssen wir uns überhaupt mit dieser Debatte auseinandersetzen? – Vor einigen Jahren war ein Zustand erreicht, angesichts dessen wir stolz behaupten konnten, dass wir einen hohen Grad an Schutz und gute Arbeitsschutzbestimmungen für die Menschen, die im Tourismus und in der Gastronomie tätig sind, geschaffen haben. All das ist in den Koalitionsverhandlungen – ein Hin und Her, ich bekomme das, der Koalitionspartner bekommt das – ausgetauscht worden. Schlussendlich stehen wir heute vor einer Situation, in der sich mitunter auch viele KollegInnen der Volkspartei, der türkisen Fraktion, fragen müssen, warum sie all das mittragen müssen, warum sie all diesen Menschen, nämlich den 881 692 Menschen, sagen müssen, dass ihr Anliegen nicht gerechtfertigt ist. Also: Warum ertragen Sie das? Warum ertragen Sie diese Situation? Lösen Sie sie doch auf!

Wir haben gerade darüber debattiert, wie gesundheitsschädlich diese Regelungen sind. Herr Kollege Wurm stellt sich hier heraus und sagt, jeder sei für seine eigene Gesundheit verantwortlich. – Ich stimme ihm voll und ganz zu, denn der Staat hat insofern nur mit Jugendschutzbestimmungen zu regeln, ab wann jemand zu rauchen beginnt. Wenn es aber um dritte Personen geht, wenn es um Personen geht, die durch ihre tägliche Arbeit, durch ihren Beruf diesem Passivrauchen, diesen Bedingungen ausgesetzt sind, dann ist das keine freie Entscheidung mehr, dann ist genau diese Person nicht mehr in der Lage, für die eigene Gesundheit selbst verantwortlich zu zeichnen. Wenn ich Arbeitnehmer in der Gastronomie bin und diesen Job eventuell sogar gerne mache (Abg. Winzig: „Eventuell sogar gerne mache“  was soll das heißen, „eventuell sogar gerne mache“?!) und nicht wechseln will, dann will ich ja genau in diesem Bereich tätig sein und nicht durch Nichtraucherschutzbestimmungen, die gekippt werden, in meiner Gesundheit gefährdet werden. Ich verstehe nicht, warum dieses Argument nicht nachvollziehbar ist!

Ich finde trotzdem, dass ein ganz, ganz wichtiger Punkt bei diesem Volksbegehren die Debatte selbst gewesen ist, weil sich so viele Menschen mit diesem Thema auseinan­dergesetzt haben. Landauf, landab ist über Nichtraucherschutz debattiert worden,


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landauf, landab haben sich die Menschen die Köpfe über Arbeitnehmerschutz in der Gastronomie, über Arbeitnehmerschutz im Tourismus zerbrochen.

Wir selbst haben in der letzten Sitzung des Arbeits- und Sozialausschusses ein neues Gesetz behandelt, nämlich die Novelle zum Landarbeitsgesetz, und da steht unter anderem festgeschrieben, dass das Rauchen an Arbeitsstätten künftig grundsätzlich verboten ist, wenn im Betrieb auch nur ein Nichtraucher beschäftigt ist.

Die in der Gastronomie, im Tourismusbereich tätigen Personen sind nicht alle selbst­verständlich Raucher. Warum gilt diese Regelung, die wir in anderen Gesetzen schaffen, für die Gastronomie, für den Tourismusbereich nicht? Warum sind Sie nicht bereit, diese Regelungen zu übernehmen, im Sinne des Nichtraucherschutzes, im Sinne des Gesundheitsschutzes für alle Beschäftigten in diesem Land? (Beifall bei JETZT.)

Das Volksbegehren Don’t smoke ist das sechsterfolgreichste Volksbegehren dieser Re­publik. Ich glaube nicht, dass eine subjektiv gewählte Stufe, die Sie mit 900 000 Un­terschriften festschreiben, einen derartig hohen Wert haben kann, dass man damit 881 692 Unterschriften einfach so vom Tisch wischen kann. (Abg. Mölzer: ... den Kollegen von den Grünen!)

Es hat in der letzten Legislaturperiode eine breite Debatte und auch eine parla­mentarische Enquete dazu gegeben, wie man die direkte Demokratie in Österreich ausgestalten, ausbauen möchte. Selbst die Kollegen von der FPÖ – die Kollegen von der ÖVP waren bei diesem Minderheitsbericht nicht dabei – haben sich dazu bekannt, dass es, wenn sich 10 Prozent der Bevölkerung, nämlich 650 000 Menschen, bei einem Volksbegehren für ein Thema wie dieses, das nun hier auf dem Tisch liegt, aussprechen, dazu führen soll, dass automatisch eine Volksabstimmung abgehalten wird. Warum stehen Sie zu diesem damaligen Bekenntnis nicht mehr? Es geht mir nicht ein, es ist nicht nachvollziehbar! (Zwischenrufe der Abgeordneten Kassegger und Steger.)

Ich bitte Sie wirklich darum: Wir als Opposition würden diesen Volksentscheid ermög­lichen. Die entsprechenden Anträge haben wir als Oppositionsfraktionen eingebracht, Sie müssten den Weg nur gehen – parlamentarisch sauber, alles korrekt. Sie müssten ihn nur gehen. Sie könnten diesen innerkoalitionären Konflikt, der über das Rauchen besteht, mit einem Schlag beenden, wenn Sie der Bevölkerung nur erlauben würden, über dieses Thema abzustimmen. Ich bin mir ganz sicher, dass die Bevölkerung Bescheid weiß, einerseits was die Gesundheit der Beschäftigten betrifft, wie es um diese bestellt ist, wie sie dieser Thematik gegenübertreten wollen, und andererseits wie die Profitinteressen einiger weniger Unternehmer, die Sie hier als Fraktion der Freiheitlichen vertreten, dementsprechend zu bewerten sind.

Ich bitte Sie noch einmal: Haben Sie keine Angst vor der Fähigkeit der Bevölkerung, der Bürgerinnen und Bürger, selbst Entscheidungen zu treffen! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

14.14


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Claudia Plakolm. – Bitte.


14.14.34

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier im Hohen Haus schon sehr viel und intensiv über das Thema Rauchen diskutiert, und das ist auch gut so, weil es ein wichtiges Thema ist. Das zeigt besonders auch das Volksbegehren Don’t smoke.


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Einen Punkt vernachlässigen wir in der Debatte aber immer besonders, nämlich den Jugendschutz. Statistiken zeigen, dass in Österreich die erste Zigarette mit circa zwölf Jahren geraucht wird. Es ist noch nicht so lange her, dass ich selbst in dem Alter war. Der Reihe nach haben die Jungen im Freundeskreis zu rauchen begonnen und die erste Zigarette ausprobiert – die einen früher, bevor sie 16 Jahre alt waren, die an­deren später. Oft bleibt es nicht beim Probieren; Jugendliche entwickeln sich wesent­lich anders als Erwachsene, so auch im Abhängigkeitsverhalten: Jugendliche sind we­sentlich anfälliger für Abhängigkeiten und Süchte.

Je höher das Rauchereinstiegsalter ist, desto leichter kann man auch aufhören. Darum heben wir das Schutzalter beim Rauchen auf 18 Jahre. Die beste Prävention gegen jede Suchterkrankung ist zweifelsohne, den Einstieg zu vermeiden. Alle anderen Maß­nahmen sind wenig erfolgversprechend und ein späterer Ausstieg ist einfach schwie­riger. Rauchen ist schädlich für die Gesundheit, das wissen wir alle, aber insbesondere ist Rauchen schädlich für Kinder und Jugendliche, die sich mitten in der Entwicklung befinden. Daher sind diese zwei Jahre, die man sie länger vor Nikotin schützt, ganz, ganz wichtig.

Aus der Statistik wissen wir: Wer vor dem 18. Lebensjahr nicht mit dem Rauchen beginnt, bleibt in den meisten Fällen ein Nichtraucher. Österreich ist eines der letzten EU-Länder, in dem man Rauchen für unter 18-Jährige noch erlaubt hat. Österreich ist auch eines der EU-Länder, in denen die meisten jungen Menschen rauchen. (Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Manche sagen dann: Na ja, das bringt ja dann nichts, denn schon jetzt rauchen Jugendliche unter 16 Jahren, obwohl sie es nicht dürften! Was bringt dann die Anhebung auf 18 Jahre überhaupt? – Internationale Studien zeigen allerdings, dass es sehr wohl eine Wirkung hat, wenn man das Schutzalter anhebt; es gibt einen Rück­gang bei jugendlichen Rauchern. Das ist ja auch logisch, weil viele ihre Zigaretten in jungen Jahren aus dem Freundeskreis haben, von den Älteren, die schon einen ent­sprechenden Ausweis haben. Das wird in Zukunft zumindest erschwert. Natürlich wird es weiterhin Jugendliche geben, die, bevor sie 18 Jahre alt sind, rauchen. – So realis­tisch bin ich, das ist ganz klar.

Eingangs habe ich aber gesagt, dass in Österreich mit circa zwölf Jahren die erste Zigarette geraucht wird. Wenn wir dieses faktische Alter durch die Anhebung des ge­setzlichen Schutzalters auch um zwei Jahre anheben können, dann gelingt ein großer Schritt zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Viele hier, insbesondere meine Kollegen als Jugendsprecher, stehen für einen einheit­lichen Jugendschutz in Österreich anstatt neun unterschiedlicher Landesgesetze. Un­sere Bundesländer haben sich zu einem gemeinsamen Weg bekannt und setzen auch nach und nach den Raucherschutz bis 18 Jahre um. Dieser Aspekt wird in der Raucherdebatte oft vernachlässigt, obwohl es genau diese Maßnahmen sind, die zum Schutz unserer Jugend sind, einen großen Fortschritt bringen und langfristig die Zahl der Süchtigen reduzieren werden. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.17


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


14.18.07

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Liebe Kollegin Plakolm, wir haben in diesem Haus nicht nur über den Nichtraucherschutz diskutiert, wir haben auch Beschlüsse gefasst. Wir haben einen guten Beschluss gefasst, nur leider ist dieser Beschluss aufgrund der Wendehalspolitik Ihrer Fraktion umgedreht und der Nichtraucherschutz wieder verändert worden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren, wir haben es schon gehört: 881 000 Menschen haben dieses Don’t-smoke-Volksbegehren unterschrieben. 881 000 Menschen wollen, dass es Gesundheit am Arbeitsplatz gibt, im Speziellen in der Gastronomie; sie wollen, dass die Gastronomie den Stellenwert erhält, wie ihn alle andere Bereiche haben, in denen es Gott sei Dank keine solche Ausnahme gibt, wie sie von dieser Regierung beschlos­sen wurde.

Erschreckend ist es für mich, wenn Kollege Wurm herauskommt und sagt, aufgrund von Fakemeldungen, die die Opposition gemacht hat, hätten 881 000 Menschen nicht gewusst, was sie da unterschreiben. – Lieber Kollege Wurm, 881 000 Menschen sind auf die Gemeindeämter gegangen, haben dort ihre Unterschrift geleistet, weil sie wollen, dass sich in der Gastronomie etwas ändert, weil sie wollen, dass Gesundheit in Österreich großgeschrieben wird!

Meine Damen und Herren, ich war jahrzehntelang selbst Raucher, ich war ein sehr starker Raucher. Mittlerweile bin ich das zweite Jahrzehnt Nichtraucher. Ich weiß, was ich als Raucher den Menschen, die nicht geraucht haben, angetan habe. Ich kenne beide Seiten sehr genau. Ich bin kein militanter Nichtraucher, wie es viele gibt, aber ich weiß, was man als Raucher den Nichtrauchern antut. Eines ist dabei klar: Wenn ich rauche, dann ist mir klar, dass ich mir selbst durch diesen Rauch schade. Es darf aber nicht sein, dass aufgrund dieses Lasters, das ein Raucher hat, auch andere gesund­heitlich in Mitleidenschaft gezogen werden, meine Damen und Herren! Das wollen wir in Österreich nicht! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Die Regierung hat mit der Aufhebung des generellen Rauchverbots in der Gastronomie genau das getan: Es werden Menschen gesundheitlich belastet, die das einfach nicht wollen. Das passiert in der Gastronomie.

Vor allem in Bezug auf die Belastung  am Arbeitsplatz scheint es so zu sein, als ob die Regierung auf dem Niveau von vor 30 Jahren stehen geblieben ist, was den Arbeit­nehmerschutz in der Gastronomie angeht. Frau Kollegin Holzinger-Vogtenhuber hat es schon gesagt: In allen anderen Bereichen gibt es das nicht. Ein einziger Nichtraucher in einem Betrieb reicht, dass dort nicht mehr geraucht werden darf. Das besagt das Arbeitnehmerschutzgesetz.

Ich kann es Ihnen aus der Stahlindustrie sagen. Wenn es dort eine Belastung gibt, ist solch ein Vorgehen, wie es in der Gastronomie passiert, undenkbar. Es ist undenkbar, dass es für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Belastungen durch Staub, Schmutz oder andere Ursachen gibt, denn da gibt es entsprechende Schutzmaßnahmen wie Schutzmasken, Filter und so weiter. Dort wird alles von den Unternehmen und von den Betriebsräten unternommen, dass die Arbeitnehmer, deren höchstes Gut die Ge­sundheit ist, auch wirklich geschützt werden. Durch Ihre Maßnahmen, durch die Maß­nahmen vonseiten der Regierung passiert das nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Insgesamt sind jetzt 881 000 Unterschriften von Menschen zusammengekommen, die das generelle Rauchverbot fordern. Wer glaubt, dass diese Regierung das Signal der Bevölkerung zum Anlass nimmt, ihre falsche Politik zu überdenken, der irrt aber ganz, ganz gewaltig. Im Gegenteil, für mich ist durch die Redebeiträge, die ich heute von den Regierungsfraktionen gehört habe, vollkommen klar, dass Ihnen dieser ersichtliche Volkswille, diese 881 000 Menschen vollkommen egal sind. 

Direkte Demokratie – Fehlanzeige; das hat es bei der FPÖ früher alles gegeben. Als sie noch in der Opposition war, hat es Ansagen gegeben, 250 000 Unterschriften müssen zu einer verpflichtenden Volksabstimmung führen. Kaum in der Regierung  na, nicht einmal mehr 881 000 Unterschriften. Alles weg, alles vergessen, ihr wollt das nicht mehr. Ihr habt auf 900 000 Unterschriften erhöht. Hätte man 900 000 geschafft,


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wäre die nächste Stufe bei euch eine Million gewesen. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Ihr wollt keine Demokratie haben. Ihr fürchtet euch vor einer Volksabstimmung (Rufe bei der FPÖ: Na, na!), weil ihr merkt, dass sie nicht zu euren Gunsten ausgehen wird, dass ihr falsch liegt. Ihr sagt immer, ihr seid demokratisch, aber ihr fürchtet das Volk, wenn es darum geht, hier etwas zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann euch aber noch etwas sagen: Auch Furcht ist ein Gegner, bei dem man untergeht. Ihr werdet euch weiter fürchten, ihr werdet untergehen. Ich kann nur eines sagen: Ihr als Regierung macht in dieser Situation nichts. Die ÖVP ist schon bei der Änderung des Gesetzes umgefallen. Es wäre notwendig, hier eine Maßnahme zu setzen, dieses Rauchverbot in der Gastronomie wieder einzuführen. Das heißt: Stim­men Sie einer verbindlichen Volksabstimmung zu! Zeigen Sie, dass Sie wirklich direkte Demokratie wollen! Zeigen Sie, dass Ihnen die Meinung des Volkes nicht egal ist! Zeigen Sie, dass Ihnen die 881 000 Stimmen nicht egal sind und stimmen Sie einer direkten Volksabstimmung zu! (Beifall bei der SPÖ.)

14.22


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. – Bitte.


14.23.01

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer! Herr Kollege Keck, Sie wissen ganz genau, dass wir das Demokratiepaket in dieser Legislaturperiode noch umsetzen werden, dass wir uns im Zuge der Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP darauf geeinigt haben. Das Regieren zweier Parteien, die ähnlich stark sind, ist immer ein Kompromiss. Das war früher so, das wird in Zukunft so sein und das ist auch heute so. Das sind zwei Partner, die zusammenfinden und gemeinsam das Beste für Österreich versuchen, und das war ein vernünftiger Kompromiss. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Keck: Das ist kein Kompromiss!)

Was eint uns heute? – Rauchen ist ungesund. Niemand stellt das außer Frage. Wir haben sogar den Nichtraucherschutz verstärkt. Wir sind nicht umgefallen, wir haben mehr gemacht. Sie wissen ganz genau, dass wir die Jugendschutzbestimmungen aus­ge­weitet haben. Sie wissen ganz genau, dass Rauchen in Autos, wenn Minderjährige mitfahren, verboten ist. Sie wissen, dass unter 18-Jährige in Lokalen nicht mehr rauchen dürfen. Das ist zusätzlich zur bestehenden Regelung, die wir fortgeführt haben, dass es eine Wahlfreiheit gibt, dazugekommen. Also: Wir haben das Rauchen erschwert, wir haben den Nichtraucherschutz massiv ausgebaut. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Keck, wenn Sie jetzt hergehen und sagen, wir forcieren, dass Personen, die nicht rauchen wollen, in Mitleidenschaft gezogen werden, dann erklären Sie mir bitte, worin dann der Unterschied besteht, wenn eine Person aus einem Nichtraucher­lokal hinausgeht, vor die Tür geht, sich dort eine Zigarette anzündet, auf der Straße raucht? Auch dort gehen Passanten vorbei. Auch dort gibt es – unter Anführungs­zeichen – „Mitraucher“. Wo ist der Unterschied? – Sie zwingen die Personen, die rauchen wollen, auf die Straße, mit der Konsequenz, dass es eine zusätzliche – das ist selbstverständlich eine Nebenerscheinung – Lärmbelästigung gibt, wobei es genügend Anrainer gibt, die sagen: Das wollen wir nicht! (Zwischenruf des Abg. Keck.)

Aber Sie sind in Ihrer Haltung inkonsequent, vollkommen inkonsequent. Sagen Sie den Österreicherinnen und Österreichern, dass Sie das Rauchen generell verbieten wollen – nicht nur jetzt über eine Scheindebatte über Rauchen in Lokalen und Be­trieben. Sagen Sie es! Dann weiß der Österreicher, was er an Ihnen hat, was er be-


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kommt, wenn er Sie wählt. Sie müssen konsequent sein, Sie dürfen nicht immer auf halber Strecke stehen bleiben.

Von uns ist zu sagen: Wir waren konsequent. Wir haben vor der Wahl gesagt, wir wollen Wahlfreiheit. Diese Wahlfreiheit wird umgesetzt. Sie wissen, in 90 Prozent der Hotels, der Betriebe wird nicht mehr geraucht. In Restaurants und Kaffeehäusern, in mittlerweile 75 Prozent der Kaffeehäuser, wird nicht geraucht. Glauben Sie mir: Niemand von der Freiheitlichen Partei zwingt irgendeine Person, zu rauchen. (Heiter­keit bei Abgeordneten der SPÖ.) Das wissen Sie. Wir zwingen auch keinen Unter­nehmer, zu sagen, in meinem Lokal muss geraucht werden. Das Gegenteil ist der Fall: Die Unternehmer entscheiden, ob sie aus ihrem Lokal ein Raucherlokal machen wollen oder nicht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wieso treffen sie diese Entscheidung? – Weil der Konsument das so haben will. Gehen Sie doch einmal hinaus in die Ortschaften! Schauen Sie sich die Betriebe an! Wo wird denn noch geraucht? In einem Gasthaus nach der Messe, da findet Kommunikation statt. Wieso gestattet dort der Wirt das Rauchen? – Weil die Leute das eben so haben wollen. Akzeptieren Sie doch bitte auch einmal die Wahlfreiheit der Gastronomen! Wenn ein Gastronom der Meinung ist, dass das Rauchen für sein Geschäft schädlich ist, dann wird er das Lokal zusperren. So ist es.

Deswegen haben wir uns vor der Nationalratswahl für die Wahlfreiheit in der Gastro­nomie entschieden, die sowieso in der letzten Legislaturperiode massiv gebeutelt wurde, massiv belastet wurde, sodass viele Betriebe nicht einmal mehr einen mög­lichen Nachfolger dazu motivieren konnten, den Betrieb fortzuführen, weil so massiv viele Belastungen auf die Hotellerie, auf die Gastronomie niedergeprasselt sind.

Ich darf das nur in aller Kürze wiederholen, was Sie da gemeinsam in dieser Branche angerichtet haben. Sie haben die Abschreibungsdauer auf 40 Jahre verlängert, für Mitarbeiterwohnungen auf 67 Jahre. Sie haben den Beherbergungssteuersatz von 10 auf 13 Prozent hinaufgesetzt – das haben wir Gott sei Dank wieder reduziert, aber nicht nur für die Hotels, sondern für alle 40 000 Betriebe, vom privaten Vermieter bis hin zu den Hotels. Sie stellen das immer sehr verknappt dar und sagen, diese Reduktion war eine Maßnahme für die Großen. Das stimmt nicht! Das war eine Maßnahme, die wir gesetzt haben, für alle Beherberger.

Ich darf an die Registrierkassenverordnung erinnern, an das Chaos bei deren Ein­führung. Ich darf generell an den Bürokratiewahnsinn erinnern, an die Allergenverord­nung zum Beispiel, die die Wirte zum Schwitzen gebracht hat. Ich darf an den Fachkräftemangel erinnern, an die nicht gesenkten Lohnnebenkosten bis hin zur geplanten Einführung des generellen Rauchverbots. Das war ein Belastungspaket, das die Branche nicht mehr erduldet hat und nicht mehr erdulden konnte. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es haben deswegen viele die Freiheitliche Partei gewählt, weil wir für die Wahlfreiheit der Hotellerie und Gastronomie waren und weil wir es den Menschen selbstver­ständlich freistellen, ob sie rauchen oder nicht rauchen. Unterm Strich wissen wir alle, dass Rauchen schädlich ist. Deswegen haben wir auch zukünftig mehr für die Prä­vention zu tun und darauf zu schauen, dass nicht mehr in jungen Jahren, wie bereits ausgeführt, mit dem Rauchen begonnen wird. Die totale Bevormundung wollen wir aber nicht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.29


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 84

14.29.30

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! (Der Redner stellt das auf einem Tablett befindliche Modell einer Raucherlunge auf das Rednerpult. – Abg. Höbart: Ist das deine Lunge, Gerald? – Abg. Klinger: Ist das eine Raucherlunge oder eine Passivraucherlunge?) Hohes Haus! Ich darf Ihnen hier eine Raucherlunge präsentieren. Ich begrüße auch die Gesundheitsministerin, die sich diese Debatte sicher im Fernsehen anschaut, wenn sie sich schon nicht ins Plenum traut.

Hohes Haus! Die größte Errungenschaft dieser Bundesregierung ist, dass sie das Rauchverbot in der Gastronomie gekübelt hat. Die zweitgrößte Errungenschaft ist, dass jetzt 880 000 Unterschriften eines Volksbegehrens ignoriert werden.

Wenn man sich die Fakten anschaute – ich weiß, die hören Sie nicht gerne –, dann sähe man im OECD-Bericht „Health at a Glance“, dass Österreich in ganz vielen ge­sund­heitsrelevanten Bereichen zu den Schlusslichtern, zu den absoluten Schluss­lichtern zählt. Zum einen haben wir eine besonders hohe Raucherquote im OECD-Vergleich, zum anderen haben wir einen niedrigen Anteil an gesunden Lebensjahren an der gesamten Lebensspanne. Die Österreicher sind häufiger krank als die Bürger anderer OECD-Länder und wir haben einen besonders hohen Anteil an Asthma- und COPD-Fällen.

Wir wissen auch, dass in Österreich die Zahl der meisten Krebsarten rückläufig ist, aber beim Lungenkrebs (das Modell der Raucherlunge in die Höhe haltend) ist es nicht so. Nur, dass Sie ein richtiges Gefühl dafür bekommen: Das hier ist keine Lunge eines schweren Rauchers, das ist so eine klassische Passivraucherlunge, wo man ein bisschen etwas von dem mitkosten darf, was die Gäste im Lokal so konsumieren.

Nun, die einfachste und die billigste Art der Prävention wäre gewesen, das Rauch­verbot in der Gastronomie bestehen zu lassen. Das hätte nichts gekostet, die Zahl der Herzinfarkte wäre schlagartig zurückgegangen, die Zahl der Schlaganfälle wäre sofort zurückgegangen. Mittelfristig wären die Fälle von Atemwegserkrankungen und Lungenkrebs zurückgegangen, aber das alles wollten Sie nicht.

Von da drüben (in Richtung ÖVP) wird dann immer eingewendet: Das ist aber nicht liberal, was du da sagst, das ist nicht liberal. – Ja, die Kommentare höre ich schon, aber wer hier noch gegen ein Rauchverbot ist, der ist kein Liberaler, sondern ein dumpfer Dogmatiker. Ein eiserner Liberaler weiß, dass es für ein geordnetes Zusam­menleben vernünftige Regeln braucht, aber diese vernünftigen Regeln haben Sie aus dem Gesetz gekippt. Die gehören dort wieder hinein. (Beifall bei den NEOS.)

Sie verweigern den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Gastronomie den Schutz, den jeder andere Arbeitnehmer hat, und das ist sachlich nicht gerechtfertigt. Sie setzen diese Menschen gesundheitlichen Risiken aus, die nicht sein müssten. Sie leisten mit Ihrer Politik einen Beitrag dazu, dass mehr Menschen rauchen, Sie leisten einen Beitrag dazu, dass mehr Menschen in gesundheitsschädlichem Umfeld arbeiten müssen und dass mehr Menschen passiv rauchen, nämlich passiv rauchen müssen und nicht darüber entscheiden können.

Sie leisten einen Beitrag dazu, dass mehr Menschen mit einer solchen Lunge (das Modell der Raucherlunge in die Höhe haltend) herumgehen müssen. Ich erspare Ihnen diesen Anblick nicht, weil ich glaube, es ist notwendig, das ein bisschen anschaulich zu machen, damit Sie sich Ihre Entscheidung nicht so leicht machen, wie Sie es in den letzten Tagen, Wochen und Monaten getan haben.

Noch Folgendes dazu: Die Tabaksteuer wird normalerweise jedes Jahr ein bisschen erhöht. Genau in diesem Jahr ist im Gesetz keine Erhöhung der Tabaksteuer ent-


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halten. Jetzt lese ich Ihnen vor, was die Weltgesundheitsorganisation sagt. Sie sagt nämlich, das wirksamste Mittel ist der Preis: „Increasing the price of tobacco through higher taxes is the single most effective way to encourage tobacco users to quit and prevent children from starting to smoke“. 

Ihnen sind diese Lungen egal (abermals das Modell der Raucherlunge in die Höhe haltend), Ihnen sind die Menschen egal und Ihnen sind die Bürgerinnen und Bürger egal, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben. Ihnen geht es nur um Ihre Tschick­politik! (Beifall bei den NEOS.)

14.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.


14.33.30

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Ich glaube, eines muss man noch vorab klarstellen, und zwar: Der Jugendschutz alleine ist hier nicht das Allheilmittel. Rauchen ab 18 Jahren, ja, okay, das ist ein Schritt, aber das ist nicht das Allheilmittel dafür, dass junge Menschen in Österreich nicht zu rauchen beginnen, das muss man schon ganz klar festhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Vor allem fehlt uns da ein wichtiger Punkt: die Prävention und die Aufklärung, aber dazu komme ich ohnehin später noch.

Das Volksbegehren Don’t smoke, das Kippen des Rauchverbots im letzten Jahr, ist ein sehr brisantes Thema. Wir haben das alle mitgekriegt, wöchentlich, tagtäglich beinahe. In Wahrheit ist es ein sehr rückschrittliches Verhalten, das Österreich da an den Tag legt. In vielen Ländern der EU ist es bereits Usus, in der Gastronomie nicht mehr zu rauchen. Irland war das erste Land, das dieses Rauchverbot in der Gastronomie eingeführt hat – im Jahr 2004 – und ist da Vorbild gewesen; für Österreich im Jahr 2018 leider nicht.

Knapp 900 000 Unterzeichner haben sich in Österreich für das Rauchverbot in der Gastronomie ausgesprochen, eigentlich ein wahrlich großer Zuspruch der Bevöl­kerung, und der wird einfach ignoriert; vom Einknicken bei der direkten Demokratie möchte ich an dieser Stelle gar nicht reden.

Dieser Rückschritt ist eigentlich zum Nachteil einer Gruppe der Gesamtbevölkerung Österreichs, er geht nämlich vor allem zulasten der Kleinsten in unserer Gesellschaft, die oftmals wehrlos dem Passivrauchen ausgesetzt sind. Gerade in jungen Jahren richtet natürlich auch Passivrauchen gesundheitlich besonders viel Schaden an, das muss man auch klarstellen. Genau diese Gruppe gehört aber eigentlich besonders geschützt.

20 Prozent der österreichischen Jugendlichen rauchen täglich, mehr als in anderen europäischen Ländern. Das ist eine Bilanz, die sich ohne ein flächendeckendes Rauchverbot in der Gastronomie nicht ändern wird. Die Tobacco Control Scale, ein Werkzeug, das Maßnahmen im Bereich des Tabakkonsums festhält, besagt, dass Österreich bei Maßnahmen und bei der Umsetzung wirksamer Strategien der Tabak­kontrolle auf dem letzten Platz liegt. Da zählen Rauchverbote dazu, aber eben auch Informationskampagnen und Entwöhnungsangebote.

Diverse Analysen von Psychologinnen und Psychologen bestätigen auch: Jugendliche leiden beim Fortgehen unter Gruppenzwang. Beim Gruppenzwang ist es natürlich auch schwierig, dem blauen Dunst zu entsagen, wenn in der Gastronomie nach wie vor geraucht werden darf.


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Ein Punkt noch – er ist ohnehin schon angesprochen worden –: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch die Lehrlinge in der Gastronomie leiden unter der Aufhebung des Rauchverbots. Oftmals kann man sich nicht aussuchen, wer die Dienstgeberin oder der Dienstgeber ist. In manchen Gemeinden gibt es nur mehr einen Gasthof, eine Wirtin oder einen Wirten. Für die Lehrlinge ist es auch nicht so einfach, sich eine neue Lehrstelle zu suchen und neu zu beginnen. Diese Menschen, diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind aber tagtäglich nach wie vor dieser hohen gesundheitlichen Belastung ausgesetzt. Das ist jetzt Faktum.

Ich bin gespannt: Das Thema liegt jetzt beim Verfassungsgerichtshof. Letzte Woche hat es eine öffentliche Anhörung dazu gegeben. Mehrere AntragstellerInnen wollen, dass RaucherInnenbereiche in der Gastronomie verboten werden, darunter auch eine mutige 16-jährige Frau aus Wien, der ich hier absolut meinen Respekt und meine Unterstützung aussprechen will. Ich finde es wirklich toll, dass dieser Einsatz für das Rauchverbot nicht aufhört.

Noch einmal: Ein Punkt wäre halt neben dem Rauchverbot wirklich ganz wichtig, und zwar die Prävention und die Aufklärung. Es ist wesentlich, dass man vorher aufzeigt, wieso Rauchen schädlich ist und was Rauchen mit Menschen anstellt, damit die Menschen auch nach dem 18. Lebensjahr, nachdem es ja offiziell legal ist, nicht damit anfangen. Ohne Aufklärung und Prävention ist ein Verbot alleine auch ein bisschen zahnlos und schafft nicht das entsprechende Bewusstsein. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe ÖVP! Liebe FPÖ! Nehmt die direkte Demokratie und die zahlreichen Unter­schriften für das Volksbegehren bitte ernst – gerade für die Kinder und Jugendlichen in Österreich ein Fortschritt statt ein Rückschritt zum Wohle der Gesundheit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

14.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Mag.a Karin Greiner. – Bitte.


14.38.16

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde jetzt schon recht ausführlich über das Thema Nichtraucherschutz, insbesondere in Gastrobetrieben, diskutiert. Ich greife abschließend einen Punkt auf, der in puncto Nichtraucherschutz eine sehr hohe Relevanz hat. Da geht es um den Schutz von Nichtrauchern und vor allem von Kindern auf Kinder­spielplätzen.

Viele meiner Vorredner, und zwar durch alle Fraktionen hindurch, haben betont, wie wichtig Prävention ist, wie wichtig es ist, gerade Kinder und Jugendliche zu schützen. Viele von Ihnen werden diese Problematik vielleicht auch aus Ihrer Tätigkeit in der Kommunalpolitik kennen. Eltern beklagen sich, dass auf Spielplätzen geraucht wird, Kinder klagen darüber. Die Kommunen, auch die Länder sind mit der Situation nicht zufrieden, weil sie in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung keine Handhabe dagegen haben.

Aus diesem Grund bringen wir von der sozialdemokratischen Fraktion einen Initiativ­antrag ein, damit das bestehende Bundesgesetz dahin gehend geändert wird, ein Rauchverbot auf Spielplätzen auch wirklich gesetzlich festzuschreiben. Somit kann eine Gesetzeslücke gefüllt werden. Dieser Antrag sollte dem Gesundheitsausschuss zugewiesen werden und in weiterer Folge auch hier im Plenum zu einer Debatte führen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich ersuche Sie alle um breite Unterstützung dieses Initiativantrags, damit das bestehende Gesetz geändert werden kann, damit ein Rauch-


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verbot auf Spielplätzen auch Faktum und bundesgesetzlich geregelt ist. Halten wir die Spielplätze rauchfrei, im Sinne der Gesundheit unserer Jüngsten! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

14.40

14.40.12


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise das Volksbegehren Don’t smoke, 434 d.B., dem Gesundheitsausschuss zu.

14.40.273. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“ (435 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Karl Nehammer. – Sie sind am Wort.


14.40.47

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Volksbegehren sind ein wichtiges Instrument der direkten Demokratie, und ich finde, auch diese heutigen Debatten über alle drei Volksbegehren zeigen das wieder durch die Leidenschaft und Intensität, mit welcher sie geführt werden.

Gerade auch bei diesem Volksbegehren gegen die ORF-Gebühren ist festzustellen, dass auch da dem Initiator zu gratulieren ist: Über 320 000 Unterschriften heißt 320 000 Menschen, die sich für ein Anliegen einsetzen. Wenn man alle drei Volksbe­gehren nimmt – und die Gratulation gilt den Initiatorinnen und Initiatoren aller drei Volksbegehren –, dann bestärkt das die Bundesregierung in ihrem Vorhaben, die direkte Demokratie mit dem Demokratiepaket 2022 zu stärken.

Gestatten Sie mir nur eine Replik auf das vorher Gesagte bezüglich der Grenze von 900 000 Unterschriften, ab der es dann eine verpflichtende Volksabstimmung geben soll: Repräsentative Demokratie lebt von Limits, denn es gibt auch ein Limit für Parteien, um hier im Hohen Haus vertreten zu sein, es gibt Limits, um nach einer geschlagenen Nationalratswahl ein Mandat zu erreichen. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger. – Abg. Schieder: Wahlkampfkosten! – Abg. Leichtfried: Ach ja, Wahlkampfkosten! – Ruf bei der FPÖ: Die Sorgen habt ihr nicht! ... Gewerkschaft!) Das Entscheidende ist, dass es, wenn man die direkte Demokratie stärkt, natürlich zulasten der repräsentativen Demokratie geht. Das ist ein schwerer Eingriff in unsere Ver­fassung. Es ist ein richtiger Eingriff in unsere Verfassung, aber er gehört gut vor­bereitet, gut überlegt und gut ausgeführt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Nun zum Thema selbst: Medienminister Gernot Blümel leitet einen Prozess zur Reform der Medienlandschaft in Österreich, zur Reform des ORF (Abg. Drozda: Einen län­geren Prozess!), und ich möchte diesbezüglich – auch wenn es jetzt der Medien­sprecher der SPÖ anders interpretiert, so sage ich das als Vertreter der Regierungs­parteien – ein großes Danke für die Zusammenarbeit sagen. Gernot Blümel bindet alle Mediensprecherinnen und Mediensprecher in diese Arbeit ein, und ich glaube, es ist eine wertvolle Arbeit.

Wir wollen eine vielfältige Medienlandschaft in Österreich erhalten, wir wollen den Wettbewerb stärken und fördern, und gleichzeitig haben wir die Verantwortung, den


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österreichischen Content, den österreichischen Inhalt im ORF zu sichern. Das ist schwer genug bei einem großen Konkurrenten, wie ihn die Bundesrepublik Deutsch­land für uns im deutschsprachigen Raum darstellt.

Daher gilt es, gemeinsam eine gesamthafte Lösung anzustreben, sich nicht in Detail­lösungen zu verlieren und vor allem jetzt nicht über das Geld für den ORF zu reden, wenn wir zuerst noch über die Aufgaben des ORF sprechen müssen, wenn wir über das reden müssen, was den ORF auszeichnet und gleichzeitig verpflichtet, nämlich diese Medienvielfalt in Österreich durch Kooperation mit den Privaten zu gewähr­leis­ten. Die Signale sind ermutigend: Auch die Privaten sehen heute ihre Rolle gegenüber dem ORF anders. Die totale Konkurrenz ist eine Geschichte von gestern und die Zusammenarbeit steht im Vordergrund.

Ich lade Sie alle ein, auch die Vertreter der Opposition, gemeinsam an diesem Programm zu arbeiten, und freue mich auf diese gemeinsame Arbeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.44


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Thomas Drozda. – Bitte.


14.44.23

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diesen Appell zur Gemeinsamkeit kenne ich: Den kenne ich aus den Schlag­zeilen, den kenne ich aus den Ausschüssen, nur endet er immer dann, wenn es konkret wird, und wenn es konkret wird, wird verschoben, vertagt, und dann ist es vorbei mit der Gemeinsamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zinggl.)

Die Wahrheit ist, ich habe Gernot Blümel, als er sein Amt angetreten hat, angeboten, ihn in sinnvollen Fragen zu unterstützen. Er hat ein einziges Mal das Gespräch in Medienangelegenheiten gesucht – in Kulturangelegenheiten übrigens überhaupt nicht; da weiß er offensichtlich alles. Ansonsten, muss ich sagen, gab es keine weitere Diskussion.

Er hat eine teure Medienenquete veranstaltet, die interessant war – da war das Who’s who der europäischen Medienlandschaft hier –, aber seit einem Jahr herrscht Still­stand, und das in einer Zeit, in der die Digitalisierung diesen Markt – wie alle anderen Märkte – radikal verändert. (Zwischenruf der Abg. Winzig.)

Insofern muss man sagen, dass die Frage, wofür es überhaupt einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, in Zeiten von Video on Demand, Netflix, Amazon Prime und so weiter natürlich zu stellen ist. Die Frage müssen wir uns als Vertreter der Öster­reicherinnen und Österreicher, als jene, die deren Interessen wahrzunehmen haben, stellen. Um die Frage vernünftig und nach vorn zu beantworten, müssen wir wohl auch die Lehren aus der vergangenen Entwicklung ziehen.

Warum gibt es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk? – Weil sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs das britische Modell der Radio- und TV-Anstalten, die sich selbst und damit allen Bewohnerinnen und Bewohnern eines Landes gehören, durchgesetzt hat. Das war die Antwort auf den Staatsfunk und auf die Volksempfänger, und es war die Antwort auf Propaganda und Verhetzung.

Wer nicht sicher war, ob das so gut, richtig und gescheit ist, der hat es spätestens beim Prager Frühling gewusst. Es war die Stimme des Österreichischen Rundfunks, der sich widersetzt hat: eine Stimme gegen die Tyrannei und gegen den Staatsfunk, und es ist sozusagen Legende, wie gut der ORF damals gearbeitet hat und wie wichtig es ist, einen unabhängigen Rundfunk zu haben. (Beifall bei der SPÖ.) Alle VertreterInnen der


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politischen Grundhaltung und der Idee der liberalen Demokratie werden diese Idee unterstützen.

Dass das Internet die Märkte radikal verändert, dass die Digitalisierung alles verändert, ist keine Frage, und wir müssen genauso zur Kenntnis nehmen, dass sich das Medien­verhalten ändert. Während die Altersgruppe der über 60-Jährigen zu 97 Prozent ihre Inhalte über lineares Fernsehen konsumiert, wenn wir von Bewegtbild sprechen, sind es bei den 14- bis 29-Jährigen nur mehr 66 Prozent, und beim laufenden TV-Pro­gramm ist das Verhältnis 92 zu 48 Prozent.

Weniger als die Hälfte des Bewegtbildcontents kommt bei den Jungen über das laufende TV-Programm, bereits 10 Prozent über YouTube. Und während man in den Achtzigerjahren am Samstagabend noch in trauter Runde vor dem TV-Gerät saß, heißt Fernsehen für junge Menschen heute, auf öffentlichen Plätzen, in ihren Zimmern, in der U-Bahn am Handy zu streamen.

Wenn wir also wollen, dass unsere Werte die mediale Revolution nicht nur überdauern, sondern auch mitgestalten, müssen wir uns zu diesem System bekennen, und das bedeutet, an die Grundsätze der Gründung zu erinnern, die da wären:

Erstens, die Unabhängigkeit bei der Finanzierung ist sicherzustellen. Die Finanzierung aus dem Budget ist ebenso abzulehnen wie eine reine Contentförderung von Public-Value-Inhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens, nur eine Finanzierung über Gebühren sichert die Unabhängigkeit des ORF bestmöglich. Nach dem Vorbild Großbritanniens ist nach meiner Überzeugung jeden­falls die Streaminglücke zu schließen. Selbstverständlich – da teile ich die Ansicht von Karl Nehammer, was an sich selten der Fall ist; man wird es ihm vielleicht ausrichten, wenn er wiederkommt (Zwischenrufe bei der ÖVP) – muss aber der öffentlich-rechtliche Auftrag neu definiert werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss täglich seine Legitimation unter Beweis stellen. Sport und qualitätsvolle Unterhaltung gehören ebenso dazu wie Kunst, Kultur und Information.

Wir brauchen, und das wissen wir ebenfalls alle, auch eine umfassende Digitalisie­rungsstrategie für den ORF. Er muss Anschluss betreffend die Bedürfnisse junger Menschen finden, muss auf allen Plattformen auffindbar sein. Gemeinsam mit Privat­anbietern ist eine Contentplattform zu entwickeln, und die 7-Tage-Catch-up-Regelung ist aufzuheben.

Die journalistische Qualität und Unabhängigkeit muss weiter einer effektiven Selbst­kontrolle, einer Kontrolle durch den Stiftungsrat, aber auch durch die Medienbehörde unterliegen.

Und – längst fällig aus meiner Sicht – es braucht einheitliche GIS-Beiträge für ganz Österreich. Es ist nicht einzusehen, dass in einem Land von der Größe Österreichs unterschiedlichste GIS-Gebühren bezahlt werden.

Ich möchte mit den Worten einer wichtigen Proponentin des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und der liberalen Demokratie schließen, die ich vor zwei Tagen auf Ö1 gehört habe, kurz vor dem „Journal“. Es ist die mittlerweile 90 Jahre alte, aber ewig junge, intelligente und inspirierende Ágnes Heller, die ungarische Philosophin und Holocaustüberlebende. Sie hat in dieser Sendung gesagt – ich zitiere 

„Demokratie ist kein natürlicher Zustand, [...] Demokratie ist eine Erfindung der modernen Menschen, umso mehr muss sie gehütet werden. Denn Gefahren“ gibt „es genug.“ – Eine Budgetfinanzierung wie in Ungarn ist eine solche Gefahr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

14.50



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 90

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wendelin Mölzer. – Bitte.


14.51.03

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie! Werte Zuseher vor den TV-Bildschirmen – hof­fent­lich alles brave GIS-Zahler! Dieses gegenständliche Volksbegehren hat über 300.000 Un­terschriften, Unterstützer gefunden, und das ohne große mediale Unterstützung – logischerweise wurde dem Volksbegehren die Unterstützung vom ORF versagt.

Auch ich habe dieses Volksbegehren unterzeichnet, weil ich durchaus Verständnis für dieses Anliegen, einen ORF ohne Zwangsgebühren, habe. Warum habe ich das? – Zum einen bin ich doch der Meinung, dass Zwangsgebühren immer so etwas Un­freiheitliches sind, was mir als Person beziehungsweise meiner politischen Einstellung grundsätzlich widerstrebt. – Das kennen wir natürlich auch aus anderen Bereichen – Stichwort Zwangsmitgliedschaften in diversen Kammern und dergleichen –, aber in dem Fall, beim ORF, ist es meines Erachtens auch absolut zu hinterfragen.

Warum ist das so? – Es gibt natürlich Ausnahmen, warum man eine solche Zwangs­gebühr einheben kann. Den Ausführungen meiner Vorredner kann ich natürlich in vielen Teilen dort oder da zustimmen. Wenn ich einen Sender, ein Medium habe, das objektiv einen öffentlich-rechtlichen Auftrag, einen Bildungsauftrag, einen Kulturauftrag erfüllt, dann kann ich durchaus erwägen, dieses auch mit Zwangsgebühren zu stützen. Wenn es aber so ist – und das zeigt ja die Realität auf, wahrscheinlich deswegen auch diese vielen Unterstützer; und ich nehme an, dass es noch viele Menschen darüber hinaus gibt, die das nicht gerne zahlen oder das nicht verstehen –, dass dieser öffentlich-rechtliche Auftrag nur unzureichend erfüllt wird, dann muss man wirklich hinterfragen, wie das mit diesem ORF weitergehen soll.

Wird er erfüllt? – Wir sind uns, glaube ich, alle einig: nur beschränkt; Kulturauftrag, Bildungsauftrag, auch im Informationsbereich: absolut nur beschränkt. Natürlich gibt es positive Beispiele, die möchte ich an dieser Stelle auch nennen. Es gibt beispielsweise die Länderradios, die sehr viel Qualität produzieren, ORF III ist sicher kein schlechter Sender, aber das ist halt alles zu wenig, wenn man sich dann die sozusagen großen Kanäle des ORF anschaut, nämlich ORF eins und Ö3, die zunehmend kommer­zialisiert sind, die zunehmend in einem Wettbewerb mitmachen, in dem sie eigentlich nichts verloren haben. Diesen Wettbewerb haben sie auch schon verloren, denn die Zahlen des Kollegen Drozda stimmen natürlich: In den Lebensrealitäten nicht nur der Jungen – ich glaube, das zieht sich immer weiter in unsere Gesellschaft – verzichtet man zusehends auf das öffentlich-rechtliche Angebot, ist bei Streamingdiensten zu Hause, und das ist eine Entwicklung, der man natürlich entsprechend Rechnung tragen muss.

Ein weiteres Problem, warum viele Menschen in unserem Lande diese Gebühren nicht gerne entrichten wollen, ist natürlich die parteipolitische Komponente der ganzen Sache. Zum einen wissen wir natürlich, dass der ORF in den vergangenen Jahrzehn­ten immer wieder rein parteipolitisch besetzt worden ist, und zum anderen, und dafür gibt es ja auch genügend Beispiele, ist er natürlich in seiner Berichterstattung fallweise tendenziös beziehungsweise nicht wirklich objektiv – ein Umstand, der natürlich auch nicht dazu beiträgt, dass jemand gerne für diesen öffentlichen Rundfunk bezahlt.

Veränderung muss also her, da sind wir uns einig. – Was den öffentlich-rechtlichen Auftrag betrifft, wird einiges neu zu definieren sein, aber es wäre schön, wenn dann zumindest das, was wir jetzt am Papier hätten, einmal erfüllt wäre; davon sind wir weit entfernt. Es muss also eine Strukturreform geben. Wir haben die Einladung des Kollegen Nehammer natürlich schon längst angenommen. Wir werden konstruktiv


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daran arbeiten, dass wir da eine Verbesserung zustande bringen und dass die Men­schen dann vielleicht wieder lieber GIS-Gebühren bezahlen. Ich hoffe diesbezüglich einmal das Beste. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.54


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Claudia Gamon zu Wort. – Bitte.


14.54.29

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Jetzt haben wir über zwei Volksbegehren geredet, da hat man gesagt: Ja, schauen wir einmal, und überhaupt, und das nehmen wir alles nicht so genau!, aber beim Thema ORF gibt es jetzt dringenden Handlungsbedarf in der Medien­politik. – Nicht, dass ich da nicht zustimmen würde – es gibt dringenden Handlungsbedarf –, aber in diesem letzten Jahr der Regierung ist einfach noch nicht viel gekommen. Es ist relativ viel angekündigt worden, aber passiert ist nicht viel.

Der ORF ist ein Thema, das natürlich viele Menschen bewegt, nicht nur, weil man GIS zahlen muss, sondern auch, weil es auch immer wieder von uns selber aufgebracht wird. Wir reden oft darüber, auch weil uns der öffentlich-rechtliche Rundfunk wichtig ist, weil die Medien eine wichtige Säule der Demokratie sind. Und jene 320 000 Menschen, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben, haben es auch verdient, dass wir uns wieder einmal ernsthaft mit Medienpolitik beschäftigen.

Seit den Ankündigungen im Regierungsprogramm im Dezember 2017 – da stehen ja durchaus auch medienpolitisch vernünftige Dinge drinnen – ist nichts passiert. Das einzig sichtbare Thema, das auch von der Regierung nach vorne gebracht worden ist, war die Überarbeitung der Verordnung zu den Fernsehexklusivrechten, in der es ja grob gesagt darum ging, wie wichtig es ist, Männerfußball im Free-TV zu haben. – Es gibt natürlich viele Fans hier, aber das sollte noch kein Anlass sein, dass das das Top-Medienthema ist.

Im September wurde angekündigt, dass diese Schutzliste überarbeitet wird, jetzt, Ende November, wurde angekündigt, dass Gespräche mit Stakeholdern stattfinden werden, und ich nehme an, im Frühjahr können wir uns dann auf die Pressekonferenz freuen, in der verlautbart wird, dass es einen Termin gibt, um mit Stakeholdern zu sprechen. – Angesichts des doch radikalen Wandels in der Medienlandschaft bin ich nicht beson­ders beruhigt, dass der Medienminister mit so einem Tempo vorangeht. Das ist popu­lis­tische Entertainmentplanwirtschaft, wenn überhaupt, aber keine Antwort auf Medien­wandel oder Digitalisierung.

Ich möchte daran erinnern, dass Sie in Ihrem Regierungsprogramm ja auch über Digital- und Medienkompetenz in den Lehrplänen reden, darüber, wie man den öffentlich-rechtlichen Auftrag weiterentwickeln kann, wie man faire Rahmenbedingun­gen schaffen kann; aber das Einzige, was wir gehört haben, ist, dass auch Vertreter der FPÖ immer wieder mit deplatzierten Wortmeldungen in Bezug auf Journalistinnen und Journalisten im ORF aufgefallen sind. Wir hatten das Mailing oder diesen Brief, der von Minister Kickl oder aus seinem Kabinett gekommen ist, was den Umgang mit kritischen Medien betrifft, Generalsekretär Vilimsky hat ausrichten lassen, welche Moderatorin man bei kritischen Fragen zu entlassen hätte, und dann war natürlich noch diese komische Reaktion auf die Ausstrahlung des Films „Er ist wieder da“ und die darauf folgende Diskussion. Und – Barbra Streisand lässt grüßen – ich glaube, viele haben sich den Film jetzt erst recht angeschaut; ich glaube nicht, dass das die Intention der FPÖ in dieser Debatte war.


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Wie gesagt, 320 000 Menschen haben dieses Volksbegehren unterschrieben. Ich glaube, die Regierung ist da, wie auch bei den zwei anderen Volksbegehren, in der Pflicht, Antworten auf diese Fragen zu liefern. Es ist auch so, dass Sie, werte Regierung, gesagt haben, dass Sie sich auch verpflichtet fühlen, für die Menschen zu sprechen, deshalb erwarte ich mir, dass in der Medienpolitik endlich auch wirklich etwas passiert. (Beifall bei den NEOS.)

14.57


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Alfred Noll. – Bitte.


14.57.57

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ja, 300 000 Unterschriften sind ein Zeichen, und ich bin mir auch sicher, so wie Kollege Mölzer das gesagt hat, es gibt noch sehr viel mehr Leute in diesem Land, die mit dem ORF unzufrieden sind.

Ich stimme auch Kollegin Gamon zu: Hier wurde ein Jahr lang nichts gemacht. Die Medienenquete war sehr groß, sie war sehr vielfältig, sie hat aber – ich habe Herrn Minister Blümel in der Aussprache im Verfassungsausschuss dazu gefragt – für ihn nur eines gebracht, nämlich dass ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Österreich aufgrund der Marktbedingungen öffentliche Unterstützung braucht. – Puh, das haben wir vorher auch schon gewusst.

Tatsächlich ist programmatisch, also was die Struktur des ORF betrifft, medienpolitisch gar nichts weitergegangen, und die erste Frage wäre doch, allgemein – nicht nur im stillen Kämmerlein – darüber zu diskutieren: Wozu brauchen wir einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk und was soll dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk leisten? Über das hinaus, was im ORF-Gesetz bis jetzt schon im § 4 als Programmauftrag enthalten ist, ist hier vonseiten der Regierungsfraktionen und auch von der Regierung bis jetzt nichts gekommen.

Gleichzeitig droht dem ORF nach Auskunft der Redakteure – Sie müssen sich nur die Erklärung der Redakteure von vor gut einem Monat durchlesen – ein interner Zerfall. Es wird an allen Ecken und Enden gespart, aber nicht dort, wo es notwendig ist, weil es da Beschränkungen gibt, die der ORF nicht kurzfristig aufheben kann. Es wird beim Programm gespart. Da bin ich bei Kollegen Nehammer: Wir müssen etwas tun, damit wir für das Geld, das die Leute bezahlen, mehr Programm bekommen – und es muss mehr bei der Technik und bei der Struktur gespart werden.

Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich zu stärken heißt zunächst einmal, dem ORF zu helfen, alte, verkrustete Strukturen zu überwinden. Ich glaube, das ist auch eine Gemeinsamkeit, die wir alle hier im Haus haben sollten. Tatsächlich sehen wir aber eine Umfärbung im ORF vonstattengehen, und die Bestellung von Herrn Kollegen Steger – der von Rundfunkpolitik ungefähr so viel Ahnung hat wie ich vom Liegenschaftsrecht von Botswana, nämlich gar keine – als Stiftungsratsvorsitzenden ist ein deutliches Zeichen, wohin die Reise hier gehen soll.

Wir sollten den Stiftungsrat verknappen, wir müssen ihn kleiner machen, wir müssen ihn aber tatsächlich aus der politischen Kuratel der jeweils Regierenden befreien. Die SPÖ hat hier viel gutzumachen, weil sie in vergangenen Jahrzehnten wenig dazu geleistet hat, dass da irgendetwas weitergeht.

Deshalb: Diskussion über die Zukunft des ORF – ja, gerne, nur sollte man sie auch mit aufgeklapptem Visier führen. Mein Verdacht ist ja nicht, dass Gernot Blümel nicht gescheit genug wäre, hier für sich selbst Perspektiven zu entwickeln, er hat ein Dilemma für die Regierungsparteien: Sie wissen nämlich ganz genau, ein schwacher


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ORF lässt sich nicht mehr so gut als Regierungsposaune verwenden, ein starker ORF tendiert aber dazu, unabhängig von der Regierung zu sein. Aus diesem Schisma hat er programmatisch noch nicht herausgefunden. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Wenn wir diskutieren, dann müssen wir deshalb auch darüber diskutieren: Wer soll denn die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF überwachen? Wer ist der Wächter über die Erfüllung dieses öffentlich-rechtlichen Auftrages? – Solange wir diese Watchdogrolle nicht in die Hand einer unabhängigen, von politischen, wirt­schaftlichen und sonstigen Abhängigkeiten befreiten Redaktion legen, wird der ORF immer nur das Vehikel regierungspolitischer Sehnsüchte bleiben. Diesen Schritt zu gehen ist hoch an der Zeit, ich bin nur skeptisch, dass die Regierungsfraktionen diesen Schritt wirklich gehen werden. (Beifall bei JETZT.)

Wenn ich hier etwas höre, werde ich der Letzte sein, der dies nicht anerkennt. Wir haben als einzige politische Partei in den Stiftungsrat jemanden entsendet, der gänz­lich frei von jedem Verdacht ist, dass er unser politischer Vasall wäre. (Beifall bei JETZT.) Im Stiftungsrat ist Kompetenz gefragt und nicht politische Büttelmäßigkeit, wie es über Jahrzehnte hinweg gehandhabt wurde. (Abg. Martin Graf: Wie heißt die?)

Herr Kollege Graf, wenn Sie Frau Professorin Fengler nicht kennen, dann sollten Sie bei der weiteren Diskussion nicht mitreden! (Beifall bei JETZT. – Abg. Noll  auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Medienwissenschaftlerin! – Abg. Martin Graf: Ich habe nicht gewusst, dass ihr die entsendet habt!)

15.02


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Weidinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


15.02.34

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst darf man den Initiatoren ganz herzlich gra­tulieren zu über 320 000 Unterschriften für ein demokratie- und gesellschafts­poli­tisch wichtiges Anliegen, nämlich wie sich der ORF als solcher in Zukunft weiterentwickeln soll. Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung und dann natürlich auch Anmerkungen zu verschiedenen Aussagen meiner Vorredner.

Vorneweg, meine Damen und Herren: Diese Bundesregierung arbeitet zukunftsge­rich­tet und arbeitet daran, dass vor allem die Pressefreiheit in Österreich nicht nur groß­geschrieben wird, sondern auch geschützt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

So haben wir ganz klar bei der Datenschutz-Grundverordnung eine Ausnahme ge­macht, nämlich dass redaktionelle und journalistische Tätigkeiten davon nicht umfasst sind, gerade um den Journalismus und die redaktionelle Freiheit in Österreich auch in Zukunft sicherzustellen und weiterzuentwickeln.

Wenn die Bundesregierung mit dem zuständigen Herrn Minister im Medienbereich hier einen klaren Schritt setzt und einen Prozess aufsetzt, um diese Thematik in der Gesamtheit zu betrachten, dann ist das vollkommen richtig. So wurde schon zu Beginn dieses Jahres ein Bürgerbeteiligungsprozess über das Bundeskanzleramt eröffnet, bei dem man den Österreicherinnen und Österreichern die Möglichkeit gegeben hat, ihre Rückmeldungen einzubringen, wie sich der ORF entwickeln soll.

Der nächste Schritt war dann die Medienenquete, die hier ja auch von allen Seiten als sehr, sehr positiv gewertet wurde. Auch von der zuständigen Justizkommissarin Jourová, die auch daran teilgenommen hat, hat es ein klares Statement gegeben, dass


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das ein positiver, wichtiger Schritt ist, wie in Österreich mit Medienpolitik als Teil der Kulturpolitik besonders verantwortungsvoll umgegangen wird.

Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir hier einen Prozess aufsetzen, der sich eben nicht im typischen Klein-Klein bewegt, wie wir es in Österreich früher gewohnt waren – dass es nämlich sofort darum geht, wer jetzt wie viel Geld bekommt und wer in welchem Gremium welchen Sitz bekommt –, einen Schritt zurück machen und das Thema gesamtheitlich betrachten, dann ist das vollkommen richtig.

Wir befinden uns in Zeiten der Veränderung – mit der Digitalisierung, mit neuen Geschäftsmodellen –, und ich möchte da Gerhard Zeiler zitieren, der es so formuliert hat: Heute sind die TV-Stationen die Warenlager für die großen Internetgiganten, die sich dort aus dem Repertoire bedienen. – Es werden jetzt auch Disney und noch andere in diesen Bereich einsteigen, und das Programm wird vielfältiger werden. Ich selbst, meine Damen und Herren, habe in meiner Kindheit noch den „Knight Rider“ um 18.30 Uhr geschaut. Wenn ich eine Folge versäumt habe, habe ich in der Schule gefragt: Du, wie ist es denn ausgegangen? – Meistens gut, aber ich hätte es gerne selbst gesehen. Ich musste eine Woche auf die nächste Folge warten.

Heute, mit Video-on-Demand, kannst du das am Handy, am Laptop überall schauen. Deswegen glaube ich auch, dass es ein guter Punkt ist – und das war auch ein Ergebnis der Medienenquete –, sich genau anzuschauen, wie der öffentlich-rechtliche Auftrag auch von der BBC, der weltweit erfolgreichsten Institution in diesem Bereich, gelebt wird. Dort gibt es zehn Millionen Zugriffe auf die Internetplattform, die dort offen, gemeinsam auch mit Privaten betrieben wird. Ich glaube, dass es ein wichtiger Punkt ist, dass wir in Zukunft diesen Weg gehen, um noch mehr österreichischen Content regionalisiert, national und international weiter zu einer Erfolgsgeschichte zu machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.06


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Kuntzl zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


15.06.21

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn rund 250 000 Leute in Österreich ein Volksbegehren unterschreiben, dann zählt dieses Volksbegehren zwar nicht zu den großen, erfolgreichen Volksbegehren in unserem Land, man muss sich aber trotzdem die Frage stellen: Warum machen das so viele Leute?

Ich habe mir die Frage gestellt, welches Bild diese Leute vor Augen hatten, als sie für die Abschaffung der ORF-Gebühren unterschrieben haben, und ich würde es so ein­schätzen, dass es den meisten dieser Unterzeichner und Unterzeichnerinnen nicht darum gegangen ist, den ORF quasi in die Luft zu sprengen, sondern dass es eher darum gegangen ist, das Angebot zwar weiter zu haben, weiter zu konsumieren, aber die Gebühren nicht mehr zahlen zu müssen, was ein nicht unverständlicher Zugang ist.

Wenn man das Bild vor Augen hat: Streichen wir die Gebühren ersatzlos, und es wird schon halbwegs gut weitergehen!, dann muss man dem entgegnen, und das ist aus der Debatte hier auch hervorgekommen, dass das nicht der Realität entsprechen wird, dass ein Angebot, wie der ORF es hat, nicht annähernd aufrechtzuerhalten sein wird ohne die entsprechende finanzielle Basis, die jetzt zu einem Gutteil aus den Gebühren geleistet wird.

Wenn das Bild ein anderes war, nämlich nicht gebühren-, sondern aus dem Budget finanziert, muss man dazu sagen: Das wird ja auch aus Steuermitteln finanziert, also man zahlt es ja dann auch. Man spürt es nicht so direkt, das ist richtig, aber es gibt


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einen wesentlichen Unterschied, auf den ich aufmerksam machen möchte, nämlich dass die Gebühren in der heutigen Form die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherstellen – im Gegensatz zu einem Modell, bei dem die Medienanstalt einem Auftraggeber, einem Eigentümer verpflichtet wäre. Jetzt ist der ORF der Allge­meinheit verpflichtet und nicht einem Eigentümer, und man stelle sich vor, wie sich die Dinge entwickeln würden, würde der ORF, die ORF-Führung mit der Regierung, mit Vertretern der Regierung ihr jährliches Budget verhandeln müssen. Man kann sich das vorstellen. Jetzt ist es so, dass einmal die eine Partei ein bissel unzufrieden ist über die Berichterstattung, einmal die andere Partei, aber dann, glaube ich, kämen auch deutliche Wünsche bei Budgetverhandlungen zum Vorschein.

Ich glaube, ein wesentlicher Grund war der Wunsch nach Entlastung von einer Gebühr, den ich durchaus nachvollziehen kann, aber ich würde vorschlagen – und das wäre der Appell an die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen –: Denken wir über andere Formen der wirksamen finanziellen Entlastung in unserem Land nach, wie zum Beispiel eine Steuerreform für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, wie zum Beispiel eine Entlastung bei den Wohnkosten, Mietkosten! Wir werden heute dazu einen Antrag stellen, wie man das ganz konkret machen könnte. Da ist es wichtig, dass die Gewerkschaften jetzt für höhere Löhne kämpfen, sich einsetzen und verhandeln.

Also meine Conclusio: Eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ja, aber eine, die ihn stärkt! Das ist gerade in Zeiten von Fake News besonders wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

15.09


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Jenewein. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


15.09.54

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Innenminister, der für dieses Thema nicht zuständig ist, aber trotzdem auf der Regierungsbank sitzt! Natürlich braucht der ORF eine Reform, und das haben ja jetzt auch quer durch alle Parteien unisono alle festgestellt. Natürlich braucht der ORF eine Reform an Haupt und Gliedern. Das heißt aber nicht, dass der ORF zerschlagen werden soll. Wer das glaubt, der wird dafür bei uns keine Unterstützung finden.

Natürlich ist die Struktur des ORF nicht mehr zeitgemäß. Man darf ja nicht vergessen, wir haben ein Milliardenunternehmen – das Budget im heurigen Jahr beträgt fast 1 Milliarde Euro –, und das Ganze wird mit einer Alleingeschäftsführung verwaltet. Da haben wir halt die Konzepte der 1960er-Jahre im Jahr 2018, und mit diesen Konzepten der 1960er-Jahre werden – diesen Eindruck hat man halt leider Gottes oft – seit geraumer Zeit am Küniglberg Medienpolitik und Medien gemacht, und dabei ist man nicht immer sehr erfolgreich.

Zumindest für die Zukunft wird man nicht erfolgreich sein, denn ein wesentlicher Punkt, und das zieht sich eigentlich wie ein roter Faden quer durch alle politischen Felder, war natürlich die voranschreitende Digitalisierung in den letzten zehn, zwölf, 15 Jahren, aber die hat man mehr oder weniger verschlafen.

Man hat bis heute keine Antworten darauf gefunden, wie man mit den Mediengiganten von Netflix, von Amazon Prime, von Apple TV und so weiter umgehen kann, wie man mit diesen umgehen soll. Hier sieht man bei der momentanen ORF-Führung einiger­maßen eine Konfusion, und es wäre dringlichst angeraten, da entgegenzuwirken. Ich möchte jetzt die Zahlen nicht noch einmal wiederholen, die haben meine Vorredner schon genannt, aber wenn wir davon ausgehen, dass bei den unter 30-Jährigen über


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60 Prozent der Konsumation heute nicht mehr am Fernsehgerät, am Fernsehschirm stattfindet, sondern auf den mobilen Endgeräten, dann zeigt das, dass man mit dem linearen Fernsehen, von dem hier landläufig noch gesprochen wird, wahrscheinlich nicht mehr die Probleme der Zukunft wird lösen können, von denen wir eigentlich sprechen.

Natürlich braucht der ORF viel Geld, das ist keine Frage. Ob das immer richtig und ordentlich aufgewandt wird, ob damit immer richtig umgegangen wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Kritik ist laut, dass der ORF viel zu viel Geld für Eigenwerbung verbraucht. Die Kritik ist laut, dass viele der Sportrechte, der Serienrechte, der Film­rechte zu überhöhten Preisen auf dem Markt gekauft werden. Ob sie dann verwendet werden oder nicht, steht auf einem anderen Blatt.

Ein wesentlicher Kritikpunkt ist sicherlich auch die Fußball-Bundesliga, wo man die Fernsehrechte nicht mehr erwerben konnte, die jetzt bei einem Pay-TV-Anbieter geparkt sind, und daran knüpft sich natürlich der nächste Kritikpunkt, denn wenn sich heute jemand die Österreichische Fußball-Bundesliga anschauen möchte, dann ist er zuerst gezwungen, GIS-Gebühr zu zahlen, und in weiterer Folge, die Gebühr des Pay-TV-Anbieters zu zahlen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist keine so große Problematik, wenn es keine GIS-Gebühr mehr gibt. Ich weiß schon, die Vertreter der Opposition sprechen hier gerne davon, dass man damit eine Abhängigkeit von der jeweiligen Regierung schafft. Andere Staaten in Europa aber haben das geschafft: Die Niederlande haben es geschafft, Dänemark hat es geschafft, Schweden schafft mit 1.1.2019 die Gebühr ab, Spanien, Portugal, Luxemburg und Belgien haben ihre Gebühren schon abge­schafft.

Meiner Meinung nach muss auch die GIS-Gebühr abgeschafft werden, und die FPÖ wird dafür kämpfen, dass diese auch abgeschafft wird. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Prinz und Taschner.)

15.13


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Fürst. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


15.13.51

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ansatz jeder vernünftigen Medienpolitik – und das ist ja auch ein Anliegen des gegenständlichen Volksbegeh­rens – kann nur sein, einen qualitativ hochwertigen und unabhängigen Journalismus zu fördern, auch im ORF. Die Journalisten müssen ihre Aufgabe erfüllen können, die darin besteht, Kontrolle und Kritik gegenüber den Mächtigen auszuüben und faktengetreu zu informieren. Die Meinungsbildung müssen sie dann den Sehern und Lesern überlassen.

Als ich im Publikumsrat des ORF war und dort die völlig verzerrte Flüchtlingsbericht­erstattung im September 2015 kritisierte, erhielt ich als Auskunft dazu, dass man ja keine Ängste schüren wollte und keine Vorurteile bestätigen wollte – das heißt unaus­gesprochen, man konnte daher die wahren Bilder nicht senden.

Das hat mit seriösem Journalismus und der Erfüllung des öffentlichen Auftrags, wozu der ORF ja gesetzlich angehalten ist, nichts zu tun. Die Journalisten können sich nicht um die Ängste oder um die Vorurteile kümmern, sondern sie haben einfach zu berich­ten und zu senden, was ist – und nicht die Fakten zurechtzubiegen, damit dann das


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Gewünschte herauskommt –, und sie dürfen nicht Politik machen, auch nicht in den sozialen Medien, und nicht manipulieren und emotionalisieren, sondern müssen ein­fach objektiv und unabhängig berichten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wollen mit dem neuen ORF-Gesetz auch möglichst viel Public Value fördern – der soll online, offline, überall dort, wo die Konsumenten sitzen, möglichst ohne Be­schränkungen gesendet werden. Dies ist ein so hohes Gut, dass hier auch, wenn der öffentlich-rechtliche Auftrag wirklich erfüllt wird, dieser Eingriff in den freien Wettbewerb und die privilegierte finanzielle Absicherung gerechtfertigt sind. Wird der Auftrag nicht erfüllt, ist dies aber nicht der Fall.

Ein guter Ansatz wäre einmal, dass man den Journalisten nicht schon auf den ersten Blick die eigene politische Weltanschauung ansieht. Die ist nämlich bei der Bericht­erstattung völlig uninteressant oder auch beim Anbieten von Kunst und Kultur und Bildung, wozu der ORF ja auch gesetzlich verpflichtet ist. Kunst und Kultur ist ja einer der Schlüssel zur Glückseligkeit des Menschen, aber nicht nur linke Kultur und Kunst, sondern es soll ein ausgewogenes Verhältnis sein, das hier angeboten wird.

Der ORF hat in den letzten Jahren einiges an Marktanteil verloren. Es ist zu einer Vertrauenskrise gekommen, und die öffentliche und die veröffentlichte Meinung sind auseinandergedriftet. Wir wollen dem ORF helfen, wieder mehr Public Value zu sen­den, diese Schere wieder zu schließen und die Marktanteile auch wieder auszu­bauen.

Er muss sich natürlich auch der neuen Konkurrenz in der Onlinewelt stellen und lernen, dort zu bestehen. Es gibt nicht mehr nur die verordnete Informationspolitik, sondern es wird auf allen Ebenen diskutiert und kommuniziert.

Konkret für den ORF: Bitte kritische Distanz zu allen Parteien, nicht nur zur FPÖ – das ist schwer, aber es geht –, und ein aktuelles Anliegen wäre auch noch, bei der Ein­ladung von Experten diese bitte nicht nur aus dem Linksaußenspektrum zu rekru­tieren – wie man zum Beispiel Herrn Cohn-Bendit als Experten zum Migrationspakt eingeladen hat (Heiterkeit des Abg. Neubauer), der sich selbst als anarchistischen Marxisten bezeichnet (Abg. Schieder: Das ist ein Widerspruch, übrigens! Das gibt es nicht! Das ist ein ideologischer Blödsinn! – Abg. Rosenkranz: Aber wenn er es selber sagt!) und uns hier dann als dumm bezeichnet, weil wir aus dem Migrationspakt aussteigen.

Das erfüllt den öffentlich-rechtlichen Auftrag nicht ganz, aber wir sind guten Mutes, dass es mit dem neuen ORF-Gesetz besser wird. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.18

15.18.02


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Ich schließe somit die Debatte.

Ich weise das Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“, 435 der Beilagen, dem Verfassungsausschuss zu.

15.18.154. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vor­lage (377 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Symbole-Gesetz geändert wird (419 d.B.)


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5. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 246/A der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichengesetz 1960), geändert wird (420 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


15.18.56

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Jedes Jahr Mitte Mai findet im Kärntner Bleiburg das sogenannte Ustascha-Treffen statt, wo sich ungefähr 10 000 bis 30 000 Teilnehmer – im Jahr 2015 – versammeln, um dort dem kroatischen NDH-Staat zu huldigen. Als Veranstalter dieses Treffens tritt der Bleiburger Ehrenzug auf, dem vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands klar eine geschichtsverfälschende und revisionistische Tendenz zugeschrieben wird.

Im ORF-„Report“ zu diesem Ustascha-Treffen im Jahr 2017 hat ein Teilnehmer bei einem Interview ganz klar Hitler verherrlicht und das Naziregime entsprechend ver­herrlicht.

Da diese Veranstaltung als kirchliche Veranstaltung mit Prozession angemeldet wird und nicht als Veranstaltung nach dem Veranstaltungsgesetz oder als Kundgebung nach dem Versammlungsgesetz – was beides auf diese Veranstaltung zutreffen wür­de –, gibt es eine Menge Punkte, von denen die Veranstalter profitieren. So können zum Beispiel Sprüche und Parolen auf Transparenten ungehindert transportiert wer­den, so können Ustascha-Symbole ungehindert getragen werden, so werden lautstark Ustascha-Lieder gesungen und der in Kroatien verbotene Ustascha-Gruß wird immer wieder vor Ort gezeigt.

Das alles kann eben unter dem Schutz dieser kirchlichen Veranstaltung stattfinden. Das macht auch deutlich, dass wir dringend Maßnahmen brauchen, um dieser Lage Herr zu werden und direkt gegen diese Symbole eingreifen und gegen das Prä­sentieren und Tragen dieser Symbole vorgehen zu können.

Das Abzeichengesetz von 1960 stellt das Tragen und Zurschaustellen von Abzeichen, Uniformen und Uniformteilen der in Österreich durch das Verbotsgesetz verbotenen Organisationen quasi unter Strafe und verbietet diese. Unser Antrag zum Abzeichen­gesetz soll diesen Antrag um ausländische Organisationen, die mit diesen verbotenen Organisationen organisatorisch und inhaltlich zusammengearbeitet haben, erweitern und Uniformen, Abzeichen und dergleichen von diesen Organisationen mitumfassen. Das würde zum einen heißen, dass wir konkrete Maßnahmen und Handhabe hätten, um gegen die Ustascha vorzugehen; das umschließt aber in dem Fall auch zum Bei­spiel die ungarischen Pfeilkreuzler, die spanischen Franco-Faschisten oder die italien­ischen Mussolini-Faschisten.

Nun zum Symbole-Gesetz: Wir begrüßen prinzipiell, dass auch die Ustascha im Symbole-Gesetz erwähnt ist. Wir finden es gut und richtig, dass man Maßnahmen ergreifen will, um gegen Organisationen und Gruppierungen wie gegen die Grauen Wölfe oder die Muslimbruderschaft vorzugehen.


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Allerdings, und das zeigen ja auch die Stellungnahmen, die zu diesem Gesetz eingelangt sind – an vorderster Stelle die der Bundesarbeitskammer –, ist für uns nicht erklärlich, wie diese Auflistung der Organisationen, um die das Symbole-Gesetz erweitert werden soll, zustande gekommen ist. Sie erscheint einfach willkürlich. Man kann nicht feststellen, welche Grenzen gezogen worden sind. Das haben wir auch im Innenausschuss angesprochen, Herr Innenminister. Sie haben uns als Antwort auf diese Frage auf den Unterausschuss verwiesen. Dieser findet allerdings erst nächste Woche statt, und wir können sozusagen nicht orten, aus welchem Grund Sie jetzt konkret diese Organisationen aufgelistet haben und andere nicht. Es gehen uns kon­kret Organisationen ab. Was ist mit den rechtsextremen Identitären? Was ist mit den Staatsverweigerern? Was ist mit der Partei des Volkes? Warum finden sich diese zum Beispiel nicht auf dieser Liste? (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Was wir auch noch nicht einschätzen können, weil diese Auflistung offenbar auch noch nicht vorliegt, ist, um welche Symbole es denn konkret geht. Welche Symbole und welche Gesten sollen konkret aufgelistet werden? Dazu können oder konnten Sie uns auch noch keine entsprechende Auskunft erteilen. Zu bedenken ist auch, dass, sobald diese Organisationen ihre Symbole ändern, dieses Gesetz oder die Verordnung zu diesem Gesetz auch ständig erweitert und abgeändert werden muss.

Das Symbole-Gesetz wurde 2015 beschlossen, um gegen den Islamischen Staat und Al Kaida vorzugehen. Wir haben auch gefragt, ob es schon eine Evaluierung gibt und ob man sagen kann, ob dieses Gesetz entsprechend wirksam ist. Sie haben gesagt, diese Evaluierung wird erst nach fünf Jahren, also im Jahr 2020, stattfinden. Ich habe ein bisschen die Befürchtung, es könnte sich rein um ein symbolhaftes Symbole-Gesetz handeln, weil es in der Umsetzung und Exekution wahrscheinlich schwierig wird. Auch das haben wir in unterschiedlichen Stellungnahmen so entgegenge­nom­men.

All diese Gründe und vor allem die Willkürlichkeit dieser Auflistung bringen uns dazu, dass wir heute diesem Symbole-Gesetz nicht zustimmen können, weil wir eben diese Willkürlichkeit in dieser Auflistung erkennen. Ob es letztendlich wirkt, werden wir nächstes Jahr Mitte Mai sehen. Dann wird sich nämlich zeigen, ob das Ustascha-Treffen in der Form, wie es jetzt stattgefunden hat, auch 2019 stattfinden wird oder ob das Symbole-Gesetz als konkrete Maßnahme wirkt. – In diesem Sinne herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

15.24


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte, Frau Abgeordnete.


15.24.29

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen hier eine Ausweitung des Verbots von extremistischen politischen Symbolen, wie es derzeit nur für die Zeichen des IS und der Al Kaida gilt. Es kommt jetzt nicht nur das Symbol der kroatischen faschistischen Ustascha, wie die Frau Kollegin jetzt gemeint hat, hinzu, sondern es kommen noch eine ganze Reihe von anderen Symbolen hinzu, die funda­mentalistische Gruppierungen verwenden, zum Beispiel die palästinensische islamis­tische Hamas, die separatistische marxistische PKK, die sunnitisch-islamis­tische Muslimbruderschaft oder eben auch die türkisch-nationalistischen Grauen Wölfe.

Es kommen dann noch weitere Gruppierungen dazu, die noch durch einen EU-Akt definiert werden. Welche Zeichen und Darstellungen genau verboten werden, wird dann in der Durchführungsverordnung festgelegt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 100

Der Telos der Regelung liegt jedenfalls darin, die Verbreitung von Gedankengut zu verhindern, das im Widerspruch zu den Grundwerten Österreichs steht. Es geht vor allem darum, die Verbreitung von Symbolen zu verhindern, die gewaltunterstützend wirken, die gewaltverherrlichend wirken und deren Absicht darin besteht, den Zielen des radikalen Islams oder anderer gewaltbereiter Ideologien zum Durchbruch zu verhelfen. Mit einem Wort: Es geht hier um verfassungsfeindliche Tätigkeiten.

Das Ganze ist natürlich nicht ein einziger Baustein und wird die ganzen Integrations­probleme nicht lösen, das ist klar. So war der Vorwurf der Opposition auch im Aus­schuss. Es ist ein Baustein, ein Mosaikstein im Kampf vor allen Dingen gegen den radikalen Islam und ein Schritt gegen die Errichtung von gefährlichen intoleranten Parallelgesellschaften.

Laut den NEOS, laut Opposition – das wird wahrscheinlich jetzt auch von Ihnen kommen – gibt es auch keine Erkenntnisse darüber, dass Verbote geeignet sind, ideologische Einstellungen zu ändern – natürlich nicht, aber man darf die Wirkung von Symbolen nicht unterschätzen. Politische Symbole waren immer schon ein Mittel und ein Hebel, um politische Ideen und politisches Gedankengut unter die Leute zu bringen und ein bestimmtes politisches Wollen einzupflanzen und eine politische Idee zu ver­tiefen und zu verbreitern. Man bedient sich da eines Zeichens, eines Symbols mit starker multiplizierender Wirkung und löst Emotionen bei den Menschen aus, die diese Symbole verstehen. Hinter dem Symbol steht ja immer eine inhaltliche Botschaft, ein Gedankengebilde, das dann zu einem gewissen verschworenen Kreis führt. Wenn zum Beispiel türkische Politiker im Ausland – also hier bei uns – ihren Landsmännern gewisse Zeichen zeigen, dann übermitteln sie hier eine Botschaft. Diese besteht in aller Regel nicht darin, dass sie sich hier bei uns integrieren sollen.

Wir sind daher aufgerufen, Symbole zu bekämpfen, die unserer Politik und unserer Gesellschaft entgegenwirken. Auch diesbezüglich kam wieder der Vorwurf, dass eben Symbolpolitik nur symbolhaft und daher wirkungslos ist. Das ist nicht der Fall, das beweisen die tägliche Politik und die Weltpolitik laufend. Zum Beispiel darf ich nur an das Selfie von Bundeskanzlerin Merkel mit einem Syrer erinnern, das ging in alle Welt. Dies war ein Symbol für Millionen von Menschen aus dem afrikanischen und ara­bischen Raum, hierherzukommen, sie haben sich eingeladen gefühlt. Oder der Migrationspakt mit seiner einseitigen Darstellung, dass Migration wirklich nur eine Quelle des Wohlstands und eine Quelle der Freude ist: Das ist ein weiteres Symbol an weitere Millionen, hierherzukommen. Wir sind ja Gott sei Dank nicht dabei.

Man darf also symbolhafte Botschaften und die Verwendung von Symbolen nicht unterschätzen. Die dauerhaft hohe Zustimmung in der Bevölkerung zur Politik dieser Bundesregierung ist ein Symbol für die hohe Zufriedenheit der Menschen mit der Politik, die wir machen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.29


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir haben 15.29 Uhr. In einer Minute wird der Dringliche Antrag aufgerufen. (Abg. Scherak – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich schaffe es in einer Minute!) – Tut mir furchtbar leid. (Abg. Scherak: Ich schaffe es in einer Minute!) – Wenn Sie es in einer Minute schaffen – ich unterbreche Sie ganz strikt –, dann erteile ich Ihnen das Wort. Bitte.


15.29.25

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Es geht ganz schnell.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 101

Wir sind uns alle einig, dass es ein großes Anliegen ist, Terrorismus, terroristische Straftaten und Aufrufe zu Gewalt zu verhindern. Die Frage ist, ob dieses Symbole-Gesetz in diesem Zusammenhang etwas bringt. Herr Bundesminister, Sie haben selbst gesagt, nach fünf Jahren wird erst evaluiert. Wir wissen auch nicht, ob das letzte Symbole-Gesetz irgendeine spezial- oder generalpräventive Wirkung gezeigt hat.

Die Frage ist, wieso die Liste einigermaßen willkürlich ist. Wir haben es schon gehört: Die Identitäre Bewegung ist nicht dabei.

Außerdem gibt es genügend Straftatbestände in Österreich. Diese sollte man ent­sprechend exekutieren, darin sind wir uns auch alle einig. Die Frage ist, ob man nicht mit mehr finanziellen Mitteln für Polizei und Justiz etwas Besseres zustande brächte. Das ist ein faktisches Symbole-Gesetz. Ob es irgendeine Wirkung haben wird, wage ich sehr stark zu bezweifeln. Deswegen werden wir auch nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT.)

15.30


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Das war eine Punktlandung.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 4 bis 5 der Tages­ordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Ge­schäftsordnung jetzt – um 15.30 Uhr – stattfinden kann.

15.30.27Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke“ (514/A(E))


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen jetzt zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 514/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die vergangenen Jahre waren von steigenden Immobilienpreisen und Wohnungs­mie­ten gekennzeichnet, dabei übersteigt die Preissteigerung der Mieten die Zunahme des verfügbaren Haushaltseinkommens.1 Die Mieten stiegen in den vergangenen Jahr­zehnten zudem viel stärker als die Inflation.

Die hohen Wohnkosten sind eines der drängendsten Probleme, weil immer mehr des verfügbaren Einkommens dafür aufgewendet werden muss. Geld, das für andere Ausgaben des täglichen Lebens fehlt und auch für zusätzliche Haushaltsausgaben wie Reparaturen oder Instandhaltungen nicht zur Verfügung steht.

Seit 1998 sind die Mieten um 80% gestiegen, das ist doppelt so stark wie die Infla­tionsrate (+41%, siehe Grafik)

Familien in Innsbruck geben heute bereits bis zu 40% ihres Einkommens für die Miete aus. Die Regierung verschärft allerdings das Problem. Statt einer Mietpreisobergrenze wird es durch die geplante Erhöhung von Lagezuschlägen (siehe Regierungspro­gramm) zu massiven Preissteigerungen kommen. In Gründerzeitvierteln wird die durchschnittliche Mieterhöhung zwischen 6% und 30% ausmachen, sollten die Vorhaben aus dem Regierungsprogramm zur Umsetzung kommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 102

Quelle: Eurostat

Das Umsatzsteuersystem belastet kleine und mittlere Einkommen stärker, als hohe Einkommen. Es ist daher eine Frage der Gerechtigkeit eine Entlastung insbesondere für kleine und mittlere Einkommen zu ermöglichen.

Quelle: WIFO 2016, 792

Es wäre daher ein wichtiger Beitrag für mehr Steuergerechtigkeit und eine wirksame Mög­lichkeit der Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen, wenn die Um­satzsteuer auf Mieten entfallen würden. Nach der aktuellen Mehrwertsteuer-Richtlinie


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 103

darf Österreich für die Vermietung zu Wohnzwecken einen begünstigten Umsatz­steuersatz anwenden, sofern dieser mindestens 10% beträgt.

Auf europäischer Ebene wird gerade eine Änderung des Mehrwertsteuersystems verhandelt, ein Element ist die Einführung von mehr Flexibilität der Mitgliedstaaten be­züglich der Mehrwertsteuersätze. Im Rahmen dieser Verhandlungen muss vorgeschla­gen und dann im Ergebnis vorgesehen werden, dass Wohnungsmieten mit Null Prozent Mehrwertsteuer verrechnet werden dürfen, gleichzeitig aber der volle Vorsteuerabzug erhalten bleibt (echte Steuerbefreiung). Dadurch würden sich mehr als 1,6 Mio. Haushalte eine Monatsmiete pro Jahr sparen.

Beispiel Auswirkung Abschaffung der Mehrwertsteuer

Familie mit 2 Kindern, 100 m2, Wien Leopoldstadt, frei vermietet, Altbau.

 

Netto

Umsatzsteuer

Brutto

Ersparnis

Miete

10.647

1.065

11.712

1.065

Alle Werte in € pro Jahr

Quelle: Nettomiete: Wirtschaftskammer Österreich

Gesamtersparnis Miete: 1.065 € pro Jahr – also mehr als eine Monatsmiete

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert bei den Verhandlungen zur Reform des Mehrwertsteuersystems auf EU-Ebene sicher zu stellen, dass Woh­nungsmieten in Österreich einer echten Befreiung (0% USt mit Vorsteuerabzug) unterliegen und danach dem Nationalrat umgehend einen entsprechenden Geset­zesvorschlag zur Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke vorzulegen.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und einem Antrag­steller/einer Antragstellerin Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

1 Arbeiterkammer Wien, „Mieten in Österreich und Wien 2008-2016“, November 2017

2 Rocha-Akis et al. 2016: Umverteilung durch die öffentlichen Haushalte in Österreich

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Ich erteile nun Frau Abgeordneter Rendi-Wagner als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


15.30.56

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst in wenigen Zahlen ausdrücken, wie hoch derzeit oder mittlerweile der Anteil


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 104

der Wohnkosten, der Mietkosten am Haushaltseinkommen in Österreich in einigen Bundesländern und einigen Regionen bei uns ist.

Wenn wir uns zum Beispiel die Kosten in Tirol anschauen: Dort betragen sie mittler­weile 42 Prozent – 42 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens, die Familien für ihre Mietkosten aufbringen. In Salzburg liegt dieser Anteil bei 36 Prozent. Noch eklatanter ist es, wenn man sich das auf Bezirksebene anschaut: Im Raum Kitzbühel beträgt dieser Anteil zum Beispiel 73 Prozent vom Haushaltseinkommen. 73 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens gehen für Miete und Wohnen drauf.

Was fällt uns bei diesen Zahlen auf? – Sie zeigen, dass Wohnen in Österreich offenbar zu einem Luxus geworden ist – und das, obwohl wir wissen, dass Wohnen ein Grundbedürfnis, ein Grundrecht der Menschen ist und sein sollte.

Warum kommt es eigentlich dazu? – Wenn wir uns die letzten 20 Jahre anschauen, seit 1998, so sehen wir, dass die Inflation, die Preise in Österreich um etwa 41 Prozent gestiegen sind. Im selben Zeitraum sind die Mieten um 80 Prozent gestiegen – doppelt so hoch wie die Inflation, doppelt so hoch wie die durchschnittlichen Preise in Österreich. Das ist eine sehr eklatante Entwicklung, die wir hier im Mietbereich haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Preiserhöhung geschieht vor dem Hintergrund, dass gemeinnütziger Wohnbau und Gemeindebauten, sozialer Wohnbau diese Preise schon nach unten drücken. Wäre der soziale Wohnbau in Österreich nicht so gut ausgebaut, hätten wir hier noch eine viel stärkere Mietenentwicklung.

Das Segment privater Wohnungen hat die Mietpreise also in den letzten Jahren, in den letzten zwei Jahrzehnten dermaßen angetrieben, dass wir, ehrlich gesagt, sagen müssen, dass in einigen Regionen, in einigen Gebieten in Österreich eigentlich Woh­nen, Mieten für Normalverdiener unleistbar, eigentlich völlig unleistbar geworden sind. Eines dürfen wir dabei aber nicht vergessen – ich erwähne hier viele Zahlen, ich nenne Prozentsätze –: Hinter diesen Zahlen stecken Menschen, stecken Familien, stecken Pensionisten und Pensionistinnen, die tagtäglich vor der Frage stehen, wie sie sich das künftig noch leisten können, und die sich zu Recht fragen, warum ihre Wohnungen nicht schöner werden, nicht größer werden, und nur eines vor Augen haben, nämlich dass ihre Wohnungen immer teurer und ihre Mietpreise immer höher werden. Ja, die unendliche Suche nach halbwegs leistbaren Wohnungen oder Häusern wird für mehr und mehr Menschen in unserem Land zu einer alltäglichen Realität.

Jetzt ist die große Frage – und die Politik beobachtet das ganz genau –: Wie gehen wir damit um? Was macht die Politik in diesem Fall? Gut, man kann sich jetzt hinstellen und sagen: Das ist der freie Markt! Da kann man nichts tun, Pech gehabt! Preise steigen so, wie der Markt das eben „für uns“ regelt – für uns unter Anführungs­zeichen. – Ja, das ist die Haltung der Bundesregierung, oder vielleicht auch nicht.

Leider ist der Herr Finanzminister nicht hier, an den ich meine Aufforderung oder mein Ersuchen richte, aber der Herr Staatssekretär wird ihm das hoffentlich ausrichten (Abg. Rosenkranz: Bravo, Herr Staatssekretär!): Sehr geehrte Bundesregierung und Herr Finanzminister, senken Sie die Mieten jetzt! Sie können es, indem Sie die Mehr­wertsteuer auf Mieten abschaffen und damit 1,6 Millionen Haushalten das Leben we­sentlich erleichtern und leichter machen. Schaffen Sie damit ein Stück mehr Gerech­tigkeit in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Was aber tut die Bundesregierung? – Ja, um das zu sehen, müssten wir ins Regie­rungsprogramm schauen, und das habe ich auch gemacht. Darin verstecken sich doch


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 105

einige Ideen, die die Bundesregierung hier in den nächsten Monaten und Jahren umsetzen will. Ich will hier nur einige herausgreifen.

Im Regierungsprogramm steht unter anderem unter dem hübschen Schlagwort der marktkonformen Mieten durch ein Deregulierungspaket: Hiermit soll es zukünftig zu Zuschlägen bei Neuvermietungen kommen. – Macht das Sinn? Das macht in Wien etwa 1,36 Euro bis 3,34 Euro pro Quadratmeter Wohnung aus, also bei einer 80 Quadratmeter großen Wohnung in Wien eine Steigerung von etwa 100 bis 270 Euro Miete. Was macht die Bundesregierung? – Sie gehen den umgekehrten Weg, Sie entlasten hier nicht die Menschen während dieser Krise, sondern Sie machen Wohnen mit Ihren Vorstellungen, mit Ihren Plänen, die Sie uns ja im Regierungsprogramm be­reits angekündigt haben, teurer.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir machen Ihnen heute einen Vorschlag, ein Ange­bot an die Bundesregierung, die Menschen in Österreich sofort zu entlasten. Gehen wir dabei zum einen kurzfristige, aber auch langfristige oder mittelfristige Schritte!

Kurzfristig wollen wir, dass die Mehrwertsteuer auf Mieten gestrichen wird, abgeschafft wird. Sie wissen genau, das senkt die Mieten sofort und jetzt dauerhaft um 10 Prozent. Das gilt für 1,6 Millionen Haushalte. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, sehr geehrte Bundesregierung, wir kennen Ihre Argumente, dass jetzt angeblich der Vorsteuerabzug im Neubau etwas schwierig wird und dass sich das alles gar nicht so leicht gestaltet. Aber stimmt das auch? – Nein, es stimmt nicht. Es ist falsch. Es ist ein vorgeschobenes Argument seitens der Regierungsfraktionen, um vielmehr ihre eigene Untätigkeit, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, hier zu verbergen.

Ich sage auch: In der Politik sind wir nicht dazu da, Menschen zu erklären, was alles nicht geht. Wenn etwas schwer ist, dann haben wir im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher die Aufgabe, Lösungen zu suchen. Die Lösung liegt auf dem Tisch. Ja, worauf warten wir noch? Runter mit den Mieten, Streichung der Mehrwertsteuer auf Mieten um 10 Prozent – das macht eine Monatsmiete im Jahr für alle Familien, für 1,6 Millionen Haushalte aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir fordern Sie auf, auf europäischer Ebene in den Verhandlungen eine entsprechende Ausnahme im Neubausegment zu erwirken. Sie wissen, das ist möglich. Sie wissen, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie auf europäischer Ebene derzeit in Verhandlung ist. Es wäre nichts leichter, als dass Sie sich für Österreich einsetzen, als dass Sie das, was viele Länder in Europa hier schon erwirkt haben – nämlich eine Mehrwert­steuerbefreiung –, auch für uns im Bereich der Mieten ausverhandeln und erwirken. Das ist keine Hürde, wenn der politische Wille gegeben ist. (Zwischenruf der Abg. Winzig.)

Eines muss uns allen klar sein: Wir müssen massiv – und das ist auch wichtig – auch in den Bau neuer Wohnungen investieren. Es geht hier nicht nur um die Mieten. Wir müssen die Länder, die Gemeinden dabei unterstützen, leistbaren Wohnraum zu schaffen, und zwar nicht irgendwann, sondern rasch. Auch diesbezüglich setzt aus meiner Perspektive die Bundesregierung nicht richtige, sondern falsche Anreize. Zum Beispiel ist Ihr Plan das Streichen der Haftungsübernahme von 500 Millionen Euro für die Wohnbauinvestitionsbank. Das ist so in Ihrem Regierungsprogramm angekündigt. Damit wird das Bauen leistbaren Wohnraums nicht leichter. Damit wird es auch nicht günstiger. Nein, sehr geehrte Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall, das macht das Schaffen leistbaren Wohnraums nur noch schwieriger.

Noch ein Punkt: Kein Mensch in Österreich, auch ich nicht, versteht, warum die Makler­gebühren automatisch und zwangsläufig in Österreich – eines der wenigen Länder, wo das so ist – von den MieterInnen bezahlt werden müssen. Das Einzige, was der Makler


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für die Mieter macht, ist, einmal die Türe aufzusperren. Das war auch schon die Leistung, die ein Makler hier für Mieter geleistet hat. Aus unserer Sicht hat die Makler­gebühr vom Vermieter bezahlt zu werden beziehungsweise von dem, der den Auftrag dafür gibt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Sie wissen genau, dass das eine schlagartige Entlastung von de facto einer Monats­miete im Jahr für viele Menschen bedeuten würde, wenn die zwei Punkte, nämlich dass die Maklergebühren künftig vom Vermieter und nicht vom Mieter bezahlt werden und auch die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Miete, nicht erst in vielen Jahren, sondern rasch, innerhalb weniger Wochen beschlossen werden können.

Falls das aber alles für den einen oder anderen etwas zu sperrig ist, können wir das auch ganz klar an einem konkreten Beispiel festmachen. Vor einigen Tagen habe ich mir in einer Onlinewohnungsbörse die Inserate für Mietwohnungen genau angeschaut. Da wird eine Wohnung in Graz angeboten: drei Zimmer, 81 Quadratmeter, ordentliche Lage, aber weit entfernt von einer Luxuswohnung. Die Miete für diese Wohnung, die von dieser Onlineplattform angeboten wird, beträgt 945 Euro. Ja, wir wissen, in diese Wohnung wird wahrscheinlich in den nächsten Tagen oder Wochen eine Familie mit ein oder zwei Kindern einziehen. Wenn Sie heute unserem Antrag zustimmen, ent­lasten Sie diese Familie im ersten Jahr um rund 3 000 Euro – 3 000 Euro! –, und junge Familien in Österreich können dieses Geld mehr als gut verwenden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, es ist heute auch Ihre Entscheidung – denn wir haben uns schon dafür entschieden –, ob Sie genau diese Familie, die sich hier 3 000 Euro beim Einzug in diese Wohnung ersparen soll, unterstützen, ob Sie den Familien entgegenkommen wollen und ihnen den Start in eine neue Wohnung am Beginn ihrer Familiengründung erleichtern wollen. Wissen Sie, was diese Familie mit 3 000 Euro anfangen kann? – Sie kann sich nicht nur die Wohnung endlich leisten, sondern sie kann sich vielleicht auch die Einrichtung für das Kinder­zimmer leisten, sie kann sich vielleicht auch die Kücheneinrichtung oder die des Schlafzimmers damit kaufen.

Genau das ist der Unterschied zwischen dem Status quo und dem, was wir vor­schlagen. Wir schlagen einen substanziellen Beitrag vor, damit das Leben der Men­schen im Bereich des Wohnens und gerade bei einer neuen Wohnung sofort und nicht erst in einigen Jahren leichter wird. Gehen Sie diesen Weg mit uns gemeinsam, um den Menschen das Leben ein Stück weit leichter und auch gerechter zu machen. Im Namen aller Mieterinnen und Mieter, 1,6 Millionen Haushalte mit Kindern und Familien, ersuche ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu und stimmen Sie für die Menschen in diesem Land! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zinggl.)

15.44


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen MMag. DDr. Fuchs zu Wort ge­meldet. – Bitte schön, Herr Staatssekretär.


15.44.14

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen MMag. DDr. Hubert Fuchs: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf eingangs auf den gemeinsamen Bericht der Steuerreformkommission 2014 näher eingehen, an dem die SPÖ maßgeblich mitgewirkt hat; ich habe mir diesen Bericht heute in der Vorbereitung sehr intensiv angesehen.

In dieser Reformkommission saß als SPÖ-Vertreter unter anderen der damalige Wiener Arbeiterkammerdirektor Mag. Werner Muhm, und in dieser Steuerreformdis­kus-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 107

sion 2014 diskutierte die SPÖ damals – Sie werden es nicht glauben – auch eine Anhebung – ich betone: eine Anhebung – des Umsatzsteuersatzes auf Wohnraum­mieten von 10 auf 20 Prozent. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Das heißt, die SPÖ hat damals in Vorbereitung auf die Steuerreform ernsthaft darüber diskutiert, ob sie nicht die Umsatzsteuer auf Miete von 10 auf 20 Prozent erhöhen möchte. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Das hätte zu - -(Abg. Rendi-Wagner: Vor zehn Jahren! ... diskutieren!) – Ja, diskutieren, heute fordern Sie eine Reduktion und damals forderten Sie noch eine Verdoppelung des Mehrwertsteuersatzes. Das ist nicht wirklich glaubwürdig! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese von der SPÖ damals diskutierte Verdoppelung des Mehrwertsteuersatzes auf Wohnraummieten hätte zu einem Steuermehraufkommen von 710 Millionen Euro im Jahr geführt. Das heißt, die SPÖ hat damals offenbar ernsthaft überlegt, den Miete­rinnen und Mietern in Österreich 710 Millionen Euro an Mehrwertsteuer abzuknöpfen. Heute stellt sich die SPÖ hin und fordert die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Wohnraummieten. Das ist unglaublich! (Abg. Krainer: Es ist unwahr, was Sie behaupten!)

Auch eine unechte Umsatzsteuerbefreiung auf Wohnraummieten wurde damals in der Steuerreformkommission 2014 diskutiert, aber letzten Endes gemeinsam mit der SPÖ verworfen. Warum? – Weil sich mit dem damit verbundenen Wegfall des Vorsteuerabzugs auch die Kosten für den Wohnbau dramatisch erhöhen würden.

Trotzdem wurde von der SPÖ-Parteivorsitzenden am 24.11., am Parteitag, die Ab­schaffung der Umsatzsteuer auf Wohnraummieten gefordert. Der SPÖ war am Partei­tag offenbar gar nicht bewusst, dass durch diese unechte Umsatzsteuerbefreiung auch der Vorsteuerabzug fallen würde. (Abg. Krainer: Das ist die Unwahrheit! – Abg. Rendi-Wagner: Fake News, lesen Sie den Antrag!) Als die SPÖ dann realisierte, dass ihr Konzept mangels entsprechender fachlicher Vorbereitung ja überhaupt nicht durch­dacht war, schwenkte die SPÖ um (Abg. Leichtfried: Können Sie frei auch reden oder müssen Sie vorlesen?): Nicht der Nationalrat sollte hier eine Umsatzsteuer senken, sondern jetzt ist plötzlich in ihrer Argumentationsweise die Europäische Union unter Aufrechterhaltung des Vorsteuerabzuges am Zug. Das heißt, plötzlich soll nicht mehr der Nationalrat, sondern die Europäische Union die Mehrwertsteuer auf Wohnraum­mieten abschaffen (Zwischenruf des Abg. Krainer) und die Bundesregierung sollte ihren diesbezüglichen Einfluss in Brüssel geltend machen. Warum hat denn das damals eigentlich nicht Ihr eigener Bundeskanzler in Brüssel gemacht, als Sie noch die Gelegenheit dazu gehabt hätten? (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die SPÖ fordert also in der Opposition Maßnahmen, die sie als Kanzlerpartei nicht umsetzen wollte. Das ist nicht wirklich glaubwürdig. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Im Übrigen ist eine echte Steuerbefreiung, bei der der Vorsteuerabzug aufrecht bleibt, unionsrechtlich nicht möglich, da die Mehrwertsteuersystemrichtlinie keine ent­sprechen­de Bereicherung in diesem Bereich erlaubt. (Abg. Leichtfried: Die kann man ja ändern, wissen Sie das nicht?) – Passen Sie auf, dann kennen Sie sich aus!

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz, Frau Kollegin, von 10 Prozent ist bereits eine öster­reichische Sonderregelung, die Österreich im Zuge des EU-Beitritts 1995 ausver­handelt hat, um die bereits davor bestehende begünstigte Umsatzsteuer auf Mieten beibehalten zu können und nicht in das System der unechten Befreiung der übrigen Mitgliedstaaten folgen zu müssen.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Hinsichtlich einer Änderung der Mehrwertsteuer­system­richtlinie gilt, dass das ausschließliche Initiativrecht bei der Europäischen Kommission liegt. Das heißt, die Europäische Kommission muss hier eine entsprechende Initiative


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 108

setzen. (Abg. Leichtfried: Ist das ein Blödsinn!) Weiters gilt in Steuersachen – was Sie vielleicht nicht wissen – das Prinzip der Einstimmigkeit. Das heißt, da kann man gar nichts schnell umsetzen, wie Sie heute hier behaupten. Es gilt das Prinzip der Einstimmigkeit, und wir alle wissen, wie lange es dauert, bis in Brüssel etwas be­schlossen wird. Jedenfalls müssten auf europäischer Ebene langfristige Verhandlun­gen geführt werden, deren Ausgang nicht vorhergesehen werden kann. Keinesfalls eignet sich daher eine echte Steuerbefreiung für eine rasche und kurzfristige Entlas­tung.

Frau Kollegin Rendi-Wagner, wenn Sie mir zuhören würden, würden Sie sich aus­kennen; es nützt Ihnen nichts, wenn Sie mit Ihren Nachbarn reden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Rendi-Wagner: Ich höre immer noch zu, wem ich will!)

Wenn Frau Abgeordnete Rendi-Wagner meint, das sei kurzfristig umsetzbar, es könne rasch, innerhalb von wenigen Wochen beschlossen werden, dann muss ich sagen, sie versteht einfach nicht, wie die Entscheidungsprozesse im Parlament beziehungsweise auf der Ebene der Europäischen Union ablaufen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Leichtfried: Diese Belehrungen sind aberwitzig!)

Selbst dann, wenn Sie heute hier im Nationalrat die Abschaffung der Umsatzsteuer auf Wohnraummieten beschließen würden, was rechtlich gar nicht ginge, hätten wir da einen jährlichen Steuerausfall von 1,2 Milliarden Euro. Ich hätte mir von der SPÖ schon erwartet, dass sie bei einem Steuerausfall in dieser Größenordnung entsprechende Gegenfinanzierungsvorschläge macht; aber wir wissen ja, dass die SPÖ Steuerreformen mit neuen Steuern, neuen Schulden gegenfinanzieren möchte, die wiederum nur die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen belasten würden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Machen Sie sich aber keine Sorgen, diese Bundesregierung wird die Entlastung der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen durch die Steuerentlastungsreform 2020 sicherstellen. Im Rahmen der laufenden Vorbereitung der Steuerentlastungsreform wird eine breite und nachhaltige Entlastung von Beziehern kleiner und mittlerer Ein­kommen in erster Linie durch die Absenkung der unteren Tarifstufen sowie durch eine Abflachung der Sozialversicherungsbeiträge bewirkt werden, und zwar ohne ent­sprechende Leistungskürzung. Und natürlich werden auch im Bereich Wohnen steuer­liche Anreize geprüft, wie es im Regierungsprogramm steht, zum Beispiel ist eine Attraktivierung von Mietkaufmodellen durch eine Verkürzung des Vorsteuerberichti­gungs­zeitraumes von 20 auf zehn Jahre vorgesehen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese Koalition wird mit der Steuerentlastungsreform sämtliche Einkommensbezieher, also Arbeitnehmer, Pensionisten und auch Unternehmer, entlasten, und ich gehe davon aus, dass die SPÖ diesen Steuerentlastungsmaßnahmen zustimmen und damit eine höhere Glaubwürdigkeit an den Tag legen wird als mit ihrem heutigen Antrag. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.53


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. – Bitte schön, Frau Abgeordnete. (Abg. Deimek – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Becher –: Ziehen Sie den Antrag zurück, dann reden wir nicht mehr weiter darüber! – Abg. Becher: Sie kennen nicht die Probleme in dieser Stadt und in diesem Land! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.)



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15.53.24

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer heute eine Wohnung sucht (Abg. Haider: Das sind die Probleme, die ihr geschaffen habt!), 2018 – und wir sprechen von der Gegen­wart –, der ist wirklich nicht zu beneiden. (Beifall bei der SPÖ.) Die Preise sind so hoch wie zuvor, aber die Wohnungsgrößen gehen immer mehr zurück. (Abg. Deimek: Das sind die roten Wohnbaugenossenschaften!) Und diese Regierung hat es sich zum Ziel gesetzt, dafür zu sorgen, dass alles so bleibt, wie es ist. (Abg. Haider: Das habt ihr gemacht!) Das haben wir ja jetzt gerade gehört.

Die Wohnungssuchenden und die Mieterinnen und Mieter sind heute mit Preisen jenseits aller Schmerzgrenzen konfrontiert. LehrerInnen, PensionistInnen, PolizistIn­nen, Angestellte, ArbeiterInnen müssen einen wesentlich höheren Anteil ihres Einkom­mens dafür zahlen als noch ihre Eltern – und das ist nicht gerecht, denn harte Arbeit muss sich lohnen. Das ist nicht klug, Kaufkraft geht verloren, wir wissen, dass der Wirtschaft und der Nahversorgung diese Kaufkraft fehlt. Und das ist auch nicht in Ordnung, denn es gibt keinen Grund, dass so viele Menschen für das Nichtstun der Regierung zahlen müssen.

Von 2008 bis 2017 haben sich die Mieten am freien Wohnungsmarkt um mehr als ein Drittel verteuert. Die Bundesregierung hat eine sehr einfache Antwort auf dieses Problem: Der freie Markt wird alles regeln. Und die FPÖ sagt: Die Migration ist schuld. – Beides ist falsch und lässt sich auch durch Zahlen beweisen. (Abg. Haider: Beides stimmt! – Abg. Gudenus: Wien wächst, aber Wien baut nicht!)

Diese Mietkostensteigerung steht in keiner Relation zum Bevölkerungswachstum, und wenn Sie heute etwas bauen lassen wollen und eine Baufirma beauftragen, müssen Sie Monate warten, bis die Firma überhaupt beginnen kann, den Grund auszuheben und mit dem Arbeiten zu beginnen. Die Regierung sagt: Der freie Markt funktioniert, es wird sehr viel gebaut! – Schauen Sie ins Internet, es ist ja schon erwähnt worden, Sie werden auf dem freien Wohnungsmarkt kaum eine durchschnittliche 70-Quadratmeter-Wohnung finden, die unter 1 000 Euro kostet! So hoch sind die Preise.

Sie glauben, Sie haben den freien Markt erfunden. Tatsächlich gilt das für alle Woh­nungen, die nach 1945 gebaut wurden, denn die unterliegen keiner Mietzinsbeschrän­kung, wenn sie nicht gemeinnützig sind, sondern das sind Marktmieten, die dafür ver­langt werden – das haben Sie vergessen –, und die Politik hat da endlich gegenzu­steuern. (Beifall bei der SPÖ.)

Um beim freien Markt zu bleiben: Die ausländischen Direktinvestitionen – und die Oesterreichische Nationalbank belegt das – im Grundstücks- und Wohnungswesen sind 2017 auf über 1,3 Milliarden Euro explodiert, und das ist reines Spekulantengeld. (Beifall bei der SPÖ.) Die Oesterreichische Nationalbank belegt auch – das können Sie auch dort nachlesen –, dass in den Ballungsräumen ein 20-prozentiger Spekulations­auf­schlag verlangt wird. Wenn Sie das nicht wissen, dann schauen Sie im Internet bei der Oesterreichischen Nationalbank nach, der Fundamentalpreisindikator weist das ganz genau aus.

20 Prozent mehr werden von vielen für den Profit weniger bezahlt. Ich fordere die Regierung auf, dass sie handelt. Wir brauchen nicht mehr Wohnungen, sondern wir brauchen mehr leistbare Wohnungen. Jeder kennt die vielen Baulücken – wenn Sie durch die Stadt gehen, sehen Sie sie –, die mit sehr anspruchslosen Vorsorgewoh­nungen zugepfercht werden, die die Grundstückspreise in die Höhe treiben und das Wohnen verteuern, auch im geförderten Wohnbau. Und viele dieser ausländischen Anleger haben oft überhaupt kein Interesse daran, dass die Wohnungen bewohnt sind,


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denn auch dann, wenn sie leer stehen, bedeutet das für sie eine Wertsteigerung und zahlt sich aus. Der freie Markt funktioniert nicht und der Regierung ist das egal.

Daher braucht es dringend eine Entlastung der Mieter, die unmittelbar wirkt, die die Menschen auch spürbar entlastet. Geben Sie sich einen Ruck und senken Sie die Mehrwertsteuer auf Mieten durch eine echte Steuerbefreiung. (Abg. Gudenus: Wie wäre es mit Kommunalsteuer hinunter in Wien?) Sie haben nämlich auch Geld für Konzerne: Sie haben hier Anfang Juli die Abschaffung der Grunderwerbsteuer für die großen Konzerne beschlossen. Jeder Häuselbauer und jeder Eigentumswohnungs­besitzer muss das weiterhin zahlen. Sie haben Geld für Steuererleichterungen für Hoteliers, die jetzt mit 1. November in Kraft getreten sind. Befreien Sie die Mieterinnen und Mieter von der Mehrwertsteuer und Sie werden sehen, dass dieses Geld auch wirklich in den produktiven Teil der Wirtschaft fließt!

Es ist aber auch wichtig, dass die Menschen wissen, was und wofür sie zahlen. Und in einem modernen Mietrecht kann sich jeder ausrechnen, wie viel er für seine Wohnung zu bezahlen hat, und kann auch jeder selbst einen Vertrag aufsetzen. Falls Sie das interessiert, dann schauen Sie im Universalmietrecht der SPÖ nach, da können Sie nachlesen, wie das funktioniert.

Die Wohnungssuchenden und die Mieter haben keine Zeit. Wir haben überhöhte Mieten, und das ist die große Mittelstandsbesteuerung unserer Zeit. Greifen Sie regu­lierend ein, senken Sie die Wohnkosten und schaffen Sie die Mehrwertsteuer auf Mieten ab! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.59


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schieder zu Wort gemeldet. Ich nehme an, dass Sie sich damit auskennen, wie eine tatsächliche Berichtigung zu erfolgen hat. – Bitte schön. (Ruf bei der FPÖ: Der verhinderte Bürgermeister!)


16.00.05

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Der Herr Staatssekretär hat in seinem Redebeitrag behauptet, in der Steuerreform­kom­mission hätte seitens der SPÖ Kollege Muhm eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Mieten verlangt. – Das ist falsch.

Ich berichtige tatsächlich: Die SPÖ hat nie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Mieten verlangt, ganz im Gegenteil, sie hat auch damals schon eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Mieten zur Diskussion gestellt. Was wir aber insbesondere verlangt haben, könnten Sie mit einem Blick auf Ihre eigene Homepage, Herr Staatssekretär, auf der der Bericht der Steuerreformkommission einsehbar ist, auch richtig lesen. (Rufe bei ÖVP und FPÖ: Rede! – Tatsächliche Berichtigung! – Das ist ja schon eine Rede!) Was damals gefordert worden ist, war zum Beispiel Ab-Hof-Wein, Filmvorführungen - -


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter, das gehört jetzt nicht mehr zur tatsächlichen Berichtigung. Ich bitte Sie, zum Schlusswort zu kommen. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (fortsetzend): Ja, ist schon gut. – Es ist aber nie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Mieten gefordert worden, ganz im Gegen­teil, es findet sich auch dort die Anmerkung: „Die SPÖ ist gegen eine generelle Anhebung des ermäßigten Steuersatzes.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Staatssekretär soll das auf seiner eigenen Homepage nachlesen und in Zukunft Wahrheit sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.01



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Singer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und SPÖ. – Abg. Krainer: Fake News von der Regierungsbank! – Abg. Leichtfried: Das ist mehr als Fake News!)


16.01.37

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Wir behandeln heute mit diesem Dringlichen Antrag ein Thema, das man aus zwei Perspektiven betrachten kann, zum einen aus jener der Steuerthematik und zum anderen aus jener der wohnpolitischen Problematik. Warum? – Weil mit dem Antrag für den Wegfall der Umsatzsteuer auf Vermietung von Wohnungen das Wohnen günstiger werden soll.

Herr Staatssekretär DDr. Fuchs hat dankenswerterweise schon sehr ausführlich den steuerlichen Aspekt besprochen. Die Forderung des Antrages zielt ja jetzt auf eine echte Steuerbefreiung ab, das heißt, der Vorsteuerabzug soll aufrechtbleiben. Wie wir gehört haben, ist dieser Antrag in der Umsetzung unionssteuerrechtlich nicht möglich, da die Mehrwertsteuerrichtlinie keine echte Befreiung in diesem Bereich erlaubt. Es ist vom Herrn Staatssekretär bereits angesprochen worden (Zwischenruf des Abg. Drozda), dass wir mit diesen 10 Prozent bereits eine österreichische Sonderregelung geschaffen haben. Wenn dieser Antrag auf eine unechte Steuerbefreiung abzielt, ist es klar, dass es letztendlich zu einer Verteuerung der Mieten kommen würde, weil die Errich­tungskosten von Wohnraum entsprechend höher sein werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, irritiert hat mich bei Frau Klubobfrau Rendi-Wagner, dass sie Kitzbühel als Beispiel für die Entwicklung der Wohnkosten genannt hat. (Ruf bei der FPÖ: Weil sie keine Ahnung hat!) Das ist für mich neu. Mich interessiert insbesondere die Entwicklung der Wohnkosten zum Beispiel in Steyr, in Mödling oder in Villach. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Seit rund zehn Jahren kenne ich die Vorstellungen und die Forderungen der SPÖ zum Thema Wohnen. Mir ist nicht bekannt, dass in all diesen Jahren je die Forderung nach einem Entfall der Umsatzsteuer für das Wohnen aufgestellt wurde, und ich frage mich, warum. (Ah-Ruf bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und JETZT.) – Ich gehe davon aus, dass die SPÖ natürlich die fachliche Bewertung, die Staatssekretär DDr. Fuchs gebracht hat, kannte und daher aus gutem Grund diesen Vorschlag nicht einbrachte. (Abg. Wittmann: Weil jetzt die Mieten gestiegen sind!) – Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, weil gerade ein Zwischenruf kam, dass jetzt die Mieten gestiegen sind: Auch das ist mir neu, weil die SPÖ dieses Thema schon über viele Jahre behandelt hat und immer wieder das Argument der steigenden Mieten brachte. (Ruf bei der SPÖ: Steuer bei Mieten war immer ein Thema!) Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, in diesen zehn Jahren hätte der jeweilige SPÖ-Bundeskanzler längst diese Verhandlung mit der EU führen können (Abg. Schieder: Sie waren dagegen! Sie waren Finanzminister!), die Sie jetzt von der aktuellen Bundesregierung einfordern. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich frage mich schon, wie ernst dieser jetzige Vorschlag gemeint ist, wenn man die eigenen Möglichkeiten der Vergangenheit nicht genutzt hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Wittmann: Die Finanzminister waren immer von der ÖVP! – Abg. Wöginger: Na Gott sei Dank, sonst wär eh nix mehr da!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wissen (Abg. Wittmann: Das war immer wieder ein ÖVP-Minister!), dass es in Österreich beim Thema Wohnen viele Zuständigkeiten gibt (Ruf bei der SPÖ: Auch der Länder!), insbesondere natürlich auch die der Länder. Ich frage mich: Wie agiert die SPÖ in ihrem Wirkungsbereich, wie hat sie agiert? –


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Einige Beispiele: Wie schaut es mit der Abdeckung der Nachfrage nach Wohnraum in Wien aus? – Zu wenig Wohnraum führt natürlich zu teureren Wohnungen. Da kann sich die SPÖ entscheidend einbringen. Ein Aspekt wäre zum Beispiel, zu schauen, dass es zu einer verkürzten Verfahrensdauer in der Bauordnung oder Raumordnung kommt. Es muss im Vordergrund stehen, den Bedarf zu decken. Oder: Wie verhält sich Wien beim Thema Betriebskosten? – Es gibt immer wieder eklatante Erhöhungen der Wasser- und Kanalgebühren! Auch da könnte die SPÖ einen wesentlichen Beitrag zu mehr Leistbarkeit erbringen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Ruf bei der FPÖ: Gebüh­renhaie! – Abg. Schieder: Billiger als in allen anderen Ländern! – Ruf: Besserwisser! – Abg. Wittmann: Ahnungslos!)

Vor wenigen Wochen diskutierten wir den Bericht des Rechnungshofes über die Prüfung der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft Gesiba, einer Gesellschaft, die zu fast 100 Prozent der Gemeinde Wien gehört. Siehe da, der Rechnungshof fordert die Gesiba auf, mehr für leistbares Wohnen zu tun. Auch die soziale Treffsicherheit im Gemeindebau darf in diesem Zusammenhang angesprochen werden. Meiner Meinung nach ist das ein reiches Betätigungsfeld der SPÖ, um zu mehr leistbarem Wohnraum zu kommen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Der Herr Staatssekretär hat in seinem Statement auch die Entlastung kleiner und mitt­lerer Einkommen angesprochen. (Abg. Leichtfried: Ja, das Statement vom Staats­sekretär ...!) Er hat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der laufenden Vorbereitung der Steuerentlastungsreform eine breite und nachhaltige Entlastung der Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen in erster Linie durch die Absenkung der unteren drei Tarifstufen sowie durch eine Abflachung der Sozialversicherungsbeiträge erwirkt werden soll. Er führt aus, dass auch im Bereich Wohnen steuerliche Anreize geprüft werden. Ich freue mich sehr, dass er insbesondere auf die Attraktivierung des Miet­kaufmodells mit der Kürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes hingewiesen hat. (Abg. Schieder: Ja, über Steuern!)

Als Bautensprecher möchte ich mir noch den wohnungspolitischen Blickwinkel anschauen. Lassen Sie mich kurz ausholen: Der Grund, warum wir in den letzten Jahren mit steigenden Mietpreisen konfrontiert waren, liegt vor allem darin, dass zu wenig gebaut wurde und noch immer zu wenig gebaut wird.

Die Nachfrage nach Wohnraum steigt, das Angebot kommt mit der steigenden Nach­frage nicht mit. Steuerliche Anreize sind eine Möglichkeit, wie wir den Wohnbau weiter ankurbeln könnten. Im Regierungsprogramm finden wir mehrere steuerliche Anreize zum Beispiel für Neubau und Sanierung. Übrigens: Selbst die deutsche Regierung mit SPD-Finanzminister Olaf Scholz hat im September 2018 steuerliche Anreize für den Neubau günstiger Mietwohnungen beschlossen. Wir sind also zum Beispiel von den Forderungen der SPD in Deutschland nicht so weit weg.

Viele Punkte im Regierungsprogramm betreffen das Wohnrecht. In der Öffentlichkeit wird fast ausschließlich das Mietrecht diskutiert. Dabei darf man nicht vergessen, dass rund 600 000 Wohnungen in Österreich Wohnungen sind, die von Gemeinnützigen errichtet werden. Die Wohnungsgemeinnützigkeit ist eine wichtige Säule der österreichischen Wohnungswirtschaft. Sie hat einen bedeutenden Anteil daran, dass man in einem so wohlhabenden Land wie Österreich vergleichsweise – und das be­weisen internationale Studien – noch immer günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen kann. Selbstverständlich wollen wir, dass das auch so bleibt. Mit der Novelle zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz werden wir die Gemeinnützigkeit stärken. Inhaltlich haben wir das Thema bereits im Hohen Haus diskutiert.

Wir werden uns, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, natürlich auch dem Miet­recht widmen. Dabei haben wir einerseits Maßnahmen vereinbart, die wir noch im


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bestehenden Mietrecht umsetzen werden, und andererseits solche, für die es realisti­scherweise mehr Zeit braucht.

Wichtig ist uns jedenfalls das Miteinander von Mietern und Vermietern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, diese Bundesregierung hat sich im Bereich Wohnen viel vorgenommen. Wir wollen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht und dass Wohnraum leistbar bleibt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.10


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Brückl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


16.10.55

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Geschätzter Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Werte Abgeordnete! Die SPÖ fordert mit ihrem Dringlichen Antrag die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke, weil die Wohnkosten zu hoch sind.

Mittlerweile haben wir vom Herrn Staatssekretär gehört, dass dies einfach auch aus unionsrechtlichen Gründen nicht möglich ist. Wir haben gehört, dass der 10-prozentige Mehrwertsteuersatz ohnehin ein österreichisches Unikum darstellt, das im Zuge der Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union ausverhandelt wurde. Wir haben weiters gehört, dass eine unechte Steuerbefreiung den Wohnbau insgesamt verteuern würde, womit auch die Mieten steigen würden.

Hohes Haus, es braucht nicht immer Geld! Es geht vor allem auch darum, dass wir die vorhandenen Mittel effizient einsetzen, um auch die Mietpreise niedrig zu halten. Ich darf Ihnen als Best-Practice-Beispiel das ÖVP/FPÖ-geführte Bundesland Oberöster­reich präsentieren.

Es bescheinigen uns mittlerweile Experten, dass das oberösterreichische Wohn­bau­fördermodell als vorbildhaft anzusehen ist. So sehen wir es heute; ich möchte aber anmerken, dass dieses Ressort bis zum Jahr 2009 von SPÖ-Landesräten geführt wurde – über Jahrzehnte hinweg, mit dem Ergebnis, dass es völlig überschuldet war. Es hat sich der Spruch des ehemaligen Bundeskanzlers Adenauer bewahrheitet, der gemeint hat: „Alles, was die Sozialisten vom Geld verstehen, ist die Tatsache, dass sie es von anderen haben wollen.“ (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Seit 2009 trägt ein Freiheitlicher die Verantwortung im oberösterreichischen Wohnbau­ressort, und seither funktioniert der Wohnbau in Oberösterreich. Die Wohnungskosten wurden gesenkt, die Kosten im Wohnbau wurden gesenkt, das Budget wurde saniert, und zwar in einem derartigen Ausmaß, dass es in diesem Jahr sogar möglich war, dem SPÖ-geführten Sozialressort Gelder zur Verfügung zu stellen, weil auch da die SPÖ wiederum bewiesen hat, dass sie mit Geld nicht umgehen kann. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Der Weg zu geringeren Mietpreisen führt unumgänglich über sinnvolle Reformen, unter anderem im Baurecht, die zur Senkung der Baukosten beitragen sollen. Der Weg zu geringeren Mietpreisen führt über Deregulierungen bei Verordnun­gen und über die Verringerung von zu hohen Qualitätsansprüchen.

Wenn wir schon über zu hohe Mieten, über zu hohe Wohnkosten reden, dann reden wir doch auch darüber, wo dieses Problem am dringlichsten ist, nämlich im roten Wien – dort, wo die Sozialdemokraten an der Macht und die Bürger mit Wohn­bau­skandalen und undurchsichtigen Wohnungsverkäufen konfrontiert sind! Dort ist dieses


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Problem dringlich, weil ihr, liebe Sozialdemokraten, nicht in der Lage seid, zu be­weisen, dass ihr euren Bürgern günstige Wohnungen zur Verfügung stellt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Frau Klubobfrau, Sie haben selbst einen Vergleich angestellt, die Inflation und die Kosten miteinander verglichen und gemeint, die Kosten wären um das Doppelte gestiegen. Sie haben gemeint, diese Regierung sei untätig, Sie haben gemeint, Sie hätten die Lösungen, und gefragt, worauf wir denn warten sollen. Frau Klubobfrau, liebe Sozialdemokraten, ihr solltet vor der eigenen Türe kehren. Ich darf nur einmal aus einigen Artikeln zitieren. „Die Presse“ schreibt: „Betriebskosten in Wien deutlich über der Inflation. [...] So haben sich im Mai die Wohnungsmieten mit 3,8 Prozent gleich doppelt so stark verteuert, wie die Inflationsrate [...] Mehr als ein Drittel der Betriebs­kosten entfielen auch 2016 auf Verwaltungshonorare und Versicherungsprämien [...].“ „Der Standard“ schreibt: „Wien erhöht Gebühren für Wasser, Kanal und Müllabfuhr um 3,2 Prozent.“ – Das alles sind Maßnahmen, die dazu führen, dass der Wohnbau zu teuer ist.

Die SPÖ beschließt gesetzliche Gebührenerhöhungsautomatismen. Dazu in der „Presse“ unter dem Titel „Wasser, Müll: Wie Gemeinden ihre Bürger abzocken“: „So steckte etwa die Stadt Wien zwischen 2005 und 2007 insgesamt rund 390 Millionen Euro an Überschüssen aus den Bereichen Wasser, Kanal und Abfall in den regulären Haushalt.“ Ich frage mich: Warum haben Sie das nicht den Mietern zurückgegeben? (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Rote Abzocke!) Dann reden Sie davon, dass die Wohnungskosten zu hoch sind, liebe SPÖ. – Natürlich sind die zu hoch, wenn man so eine Politik betreibt und so fuhrwerkt!

Jetzt, Hohes Haus, soll diese Regierung alles wiedergutmachen. Dort, wo man das jedoch selber in der Hand hat, liebe SPÖ, tut man nichts, in der Hoffnung, dass es niemandem auffällt.

Abschließend: Frau Klubobfrau Rendi-Wagner, bei aller Wertschätzung, Sie waren selbst Teil einer Regierung, Sie hatten es selbst in der Hand, das zu ändern, was Sie heute einfordern. Sie haben es nicht getan, und Sie haben damit Ihre Chance vertan. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.16


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

16.16.06


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es wurde bereits zu Recht ausgeführt, dass auf euro­parechtlicher Ebene für Immobilienvermietung grundsätzlich das System der unechten Umsatzsteuerbefreiung gilt und dass die Österreicher es sich herausver­handelt haben, das Modell so beizubehalten, wie wir es heute kennen.

Was aber, glaube ich, in der Debatte noch nicht ausgeführt worden ist: Wer hat denn dieses System eingeführt, so wie wir es heute kennen, mit 20 Prozent Vorsteuerabzug und 10 Prozent Mehrwertsteuer? – Das war Bruno Kreisky, der die Idee hatte, das so zu machen. Bruno Kreisky wollte damit die Bautätigkeit stärken und die Mieten senken.

Kreisky war ja nicht in allem ein echter Sozi, also manche Dinge hat er verstanden, nämlich zum Beispiel: Wenn man 20 Prozent Vorsteuerabzug hat und 10 Prozent draufschlägt, ist es am Schluss weniger teuer. Da haben alle etwas davon. Er hat auch verstanden, dass Bautätigkeit nicht nur öffentliche Bautätigkeit sein kann, sondern eben auch private, und er wollte die damit ankurbeln. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)


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Das hat Sinn ergeben. Wenn wir jetzt diese unechte Befreiung gehabt hätten, hätte das 20 Prozent Mehrkosten für den, der das Gebäude errichtet und vermietet, bedeutet, und der, der es mietet, kann es nicht abziehen. Natürlich werden – wenn wir jetzt nicht gerade im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes sind – solche Mehrkosten auch an die Mieter weitergegeben, und am Schluss wäre es teurer, als es vorher war.

Diese unechte Umsatzsteuerbefreiung für das Mieten gibt es aber in einem kleinen Rechtsbereich in Österreich schon, nämlich in der Geschäftsraummiete dann, wenn der Mieter selbst nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Das heißt, wenn ein Arzt der Mieter ist, wenn eine Versicherung der Mieter ist, wenn eine Körperschaft öffentlichen Rechts, also beispielsweise eine Gemeinde, der Mieter ist, dann gilt dieses System der unechten Befreiung, und zwar seit 2012, zwingend. Das hat genau den Verteue­rungsfaktor in dieses kleine Segment gebracht und gehört wieder heraus. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein: 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unechte USt-Befreiung Geschäftsraummiete“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche die bürokratische und nicht zweckmäßige unechte Umsatzsteuerbefreiung für Ge­schäfts­raumvermietung an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter zurücknimmt.“

*****

Dann gibt es da noch ein anderes Unwesen im österreichischen Mietrecht, hinsichtlich dessen man auch ohne großen Aufwand etwas zur Verbesserung der Mietsituation beitragen könnte, und das betrifft den Mietadel. Die verschiedenen Sonderregelungen und Überregulierungen und die in Verbindung damit großzügigen Eintrittsrechte in Mietverträge sorgen dafür, dass die Klasse der Besitzenden günstigere Mieten hat. Man kann sich das anschauen: Je länger ein Mietvertrag läuft, je länger er schon besteht, umso niedriger ist im Schnitt die Miete pro Quadratmeter. Wenn es solche Eintrittsrechte gibt, wenn also Verträge an Kinder, Enkelkinder weitergegeben werden können, dann können solche günstigen Verträge quasi in der Familie weitergegeben werden. Wer neu auf den Mietmarkt tritt – und neu auf den Mietmarkt treten eben die Jungen, die irgendwo anders hinziehen, Jungfamilien, die auf einmal größer geworden sind, wenn Nachwuchs kommt, und eine neue Wohnung brauchen –, hat den Nachteil, dass er von dem Vorteil der Weitergabe nicht profitieren kann und teurere Verträge abschließen muss.

Genau das wäre auch passiert, wenn man jetzt die Umsatzsteuer abgeschafft hätte. Es hätten nämlich die profitiert, die jetzt einen Vertrag haben. Denen wäre die Umsatz­steuer weggefallen, und für jemanden, der neu vermietet, wäre die Marktmiete zur Anwendung gekommen. Die spielt sich dann halt eben brutto ab, denn der privat nachfragende Mieter muss eben das zahlen, was er zahlen muss. Ob da eine Steuer drauf ist oder nicht, ist ihm im Grunde wurscht, bei ihm geht jeden Monat etwas weg vom Konto. Daher wäre eigentlich dann nach Ihrem Modell wieder die Klasse der Besitzenden, die mit den alten Verträgen, die begünstigte gewesen, und die neuen Mieter hätten wieder mindestens gleich viel bezahlt wie zuvor.


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Dann ist noch vorhin von Kollegen Brückl zu Recht auf die Betriebskosten hingewiesen worden: Wasser, Müll, Kanal, in Wien auch Fernwärme. Das sind Bereiche, in denen sich die öffentliche Hand ein bisschen bedient. Die Mietervereinigung – um jemand Unverdächtigen zu nennen – hat 2016 erhoben, wie hoch die Preissteigerungen in Wien waren; in diesem Bereich, bei den Betriebskosten, lagen sie bei 4 Prozent. 2016 – zur Erinnerung – lag die Inflation bei 0,9 Prozent. Was die öffentliche Hand also tun kann, um Mieten günstig zu halten, liegt zumindest im Reich der Stadt Wien schon auch ganz stark im Einflussbereich Ihrer Parteikolleginnen und -kollegen.

Dann gibt es noch ein ganz kleines Element im Versicherungsbereich, das sich der Herr Staatssekretär einmal anschauen könnte – es ist wirklich ein kleines Element. Die Versicherungen, beispielsweise eine Haushaltsversicherung, haben den normalen Ver­siche­rungssteuersatz von 11 Prozent. Viele andere Bereiche – eine private Lebens­versicherung, eine private Krankenversicherung – haben begünstigte Steuersätze. Da­von hätten die Menschen wirklich etwas, wenn man die Steuersätze auf solche Haus­haltsversicherungen, die wirklich jeder braucht, senken würde. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.21

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Unechte USt-Befreiung Geschäftsraummiete

eingebracht im Zuge der Debatte in der 53. Sitzung des Nationalrats über den Dring­lichen Antrag der Abg. Dr. Pamela Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen

Die Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten ist unecht umsatzsteuerbefreit. Der Ver­mieter kann über den Gesamtbetrag der eingehobenen Miete verfügen und muss nicht einen Teil an den Fiskus abliefern. Allerdings verliert der Vermieter dadurch seinen Vorsteuerabzug. Dieser Nachteil kann vermieden werden, wenn der Vermieter eine Option zur Steuerpflicht ausübt und in der Rechnung an den Mieter 20% Umsatzsteuer ausweist. Im Gegensatz zur Vermietung für Wohnzwecke unterliegt eine der Umsatz­steuer unterworfene Geschäftsraumvermietung nämlich dem Normalsteuersatz von 20%. Diese Option zur Steuerpflicht (ebenso die Rückkehr zur "unechten“ Steuer­befreiung) kann der Vermieter für jedes Bestandobjekt getrennt und in jedem Voran­mel­dungszeitraum vornehmen. Die Geschäftsraum-vermietung muss nicht durchge­hend das gesamte Jahr steuerfrei oder steuerpflichtig behandelt werden.

Per 1. 9. 2012 wurde allerdings die verpflichtende unechte Steuerbefreiung für Ge­schäftsraumvermietung an Mieter, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, ein­geführt:

„Der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 und Z 17 ist nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.“ (§ 6 Abs 2 vorletzter Satz UStG idF BGBl. I Nr. 22/2012)

Bei einer Vermietung an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter kann der Vermieter also nicht mehr in die umsatzsteuerpflichtige Vermietung optieren. Dadurch verliert er sein aliquot auf diese Geschäftsraumvermietung entfallendes Vorsteuerabzugsrecht. Früher geltend gemachte Vorsteuern müssen eventuell anteilig zurückgezahlt werden.


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Im Regelfall werden folgende Mieter nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sein:

•             Ärzte

•             Versicherungsunternehmen

•             Banken

•             Körperschaften öffentlichen Rechts (z.B. Gemeinden)

•             gemeinnützige Vereine und NGOs

•             Kleinunternehmer (Unternehmer mit Umsätzen bis max. € 30.000 pro Jahr, die nicht zur Regelbesteuerung optierten)

Fällt der Mieter in eine dieser Kategorien, hat der Vermieter keine andere Wahl, als das Mietobjekt ohne USt zu vermieten. Das bedingt auch den Wegfall des Vorsteuer­abzuges. Für den Vermieter bedeutet das direkte Mehrkosten in der Errichtung und Instandhaltung des Objekts. Indirekt wird der Vermieter diese Kosten über die (dement­sprechend erhöhte) Miete an den Mieter weitergeben. Die Regelung, wonach der Verzicht auf die Steuerbefreiung nur in Sonderfällen zulässig ist, stellt ein gutes Bei­spiel an Überbürokratisierung ohne Nutzen dar. Denn der Mieter zieht aus der Rege­lung keinen Nutzen (der Wegfall der 20 Prozent USt wird durch die Weitergabe der entgangenen Vorsteuer durch den Vermieter aufgehoben) und der Vermieter hat allerhöchstens einen verwaltungstechnischen Mehraufwand. Im Sinne einer zweck­mäßigen und effizienten Regulierung ist diese Regelung jedenfalls als unbrauchbar anzusehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche die bürokratische und nicht zweckmäßige unechte Umsatzsteuerbefreiung für Ge­schäfts­raumvermietung an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter zurücknimmt.“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag wurde ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zinggl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


16.22.16

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Wir sind uns doch alle einig, dass Wohnen ein Grundbedürfnis ist. Ich glaube, wir sind uns auch alle einig, dass die leistbaren Wohnungen am Markt heute Mangelware geworden sind. Jahr für Jahr steigen die Preise, und sie steigen in einem Ausmaß, unverhältnismäßig zu den Steigerungen bei den Einkommen, unver­hältnismäßig im Zusammenhang mit der Teuerung aller anderen Waren.

Was bedeutet das im Endeffekt? (Abg. Neubauer: Dass der Pilz billig wohnen kann!) – Im Endeffekt bedeutet das, dass die Menschen immer mehr arbeiten müssen, damit sie sich das Wohnen überhaupt leisten können. Die Schere zwischen Einkommen und


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leistbaren Wohnungen geht immer weiter auseinander. 37 Prozent sind es in der Zwischenzeit, die die Menschen in Österreich an Arbeitszeit und an Mitteln aus ihrem Einkommen verwenden müssen, um sich überhaupt Wohnen leisten zu können. Wenn der Klubobmann der ÖVP, Kollege Wöginger, heute – jetzt ist er gerade nicht hier – gesagt hat, wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein, dann kann ich nur darauf hinweisen: Wenn manche Menschen drei Viertel ihrer Arbeitszeit benötigen, um sich die Wohnungen leisten zu können, dann sind sie zwar nicht dumm, aber dann wurden sie von der Politik einfach im Stich gelassen. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, es ist Aufgabe jeder Regierung, sich um diesen Bereich intensiv zu kümmern. In diesem Sinne verstehe ich den Dringlichen Antrag der SPÖ: um jetzt auf die Dringlichkeit dieses Themas hinzuweisen. Ich glaube, dass die Abschaffung der Umsatzsteuer im Zusammenhang mit den Mietverträgen nicht unbedingt das optimale Mittel dafür ist. Es gibt ja auch Fachleute wie Werner Doralt, die darauf hinweisen, dass sich das nicht tatsächlich auf die Mietkosten umschlagen lässt. Bruno Rossmann wird das später auch noch einmal erläutern. Vielleicht ist auch das eine Möglichkeit – ganz ehrlich, ich kenne mich da zu wenig aus –, es gibt ja auch andere Möglichkeiten, es besteht aber auf jeden Fall Handlungsbedarf. Ich kann nicht erkennen, dass die Regierung irgendetwas im Schilde führt, irgendetwas unternehmen möchte, um diesen Vorgängen sozusagen ein Stopp als Signal zu setzen. (Beifall bei JETZT.)

Im kommenden Jahr ist da jedenfalls nichts auf der Agenda – im Gegenteil. Wir behandeln ja morgen einen Antrag, demzufolge die Wohnungen für Studenten in den Wohnheimen teurer werden sollen. Das versteht die ÖVP unter Entlastung der Be­völkerung. Ich glaube, dass die ÖVP in der Regierung nicht nur in der Vergangenheit immer wieder auf der Bremse gestanden ist, wenn es um Mietrechtsreformen gegan­gen ist, sondern auch jetzt nicht wirklich etwas in der Richtung vorhat. Dass sich die Partei des kleinen Mannes von den sozialen Agenden verabschiedet hat, seitdem sie in der Regierung ist, ist uns ohnehin schon aufgefallen. Sie unterstützen jetzt in der Re­gierungskoalition die Immobilienbranchepartei ÖVP. Wir wissen, dass jeder dritte Großspender im Wahlkampf der ÖVP aus der Immobilienbranche gekommen ist, und ich erwarte mir von dieser Fraktion und von dieser Regierung daher auf diesem Sektor leider Gottes nichts für die Mieter und Mieterinnen.

Schauen wir uns an, was die ÖVP sozusagen als Strategie vorschlägt: Eigentum ist die beste Vorsorge. Im Bautenausschuss haben einige Abgeordnete der ÖVP gemeint, es ist doch allemal gescheiter, sich eine Wohnung zu leisten, im Eigentum zu kaufen, als von Mieten abhängig zu sein. Das ist einfach nichts anderes als eine zynische Aussage, die uns alle an die ehemalige Königin von Frankreich vor der Französischen Revolution erinnert. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das Zitat ist historisch nicht belegt, aber sie hat ja angeblich den Armen gesagt, sie sollen sich doch, wenn sie sich kein Brot leisten können, Kuchen leisten. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Ich würde das jetzt umlegen: Wenn sich die Österreicher und Österreicherin­nen die Miete nicht mehr leisten können, dann sollen sie sich – wäre die Aussage der ÖVP – doch die Wohnungen kaufen!

Wir wissen, dass sehr viele überhaupt keine Perspektive in dieser Richtung haben. Das mediane Bruttoeinkommen in Österreich liegt bei 2 200 Euro. Wenn man jetzt auf Netto umrechnet und wenn man sehr, sehr sparsame Menschen im Auge hat, die sich von diesem Geld vielleicht noch 10 Prozent absparen, was ja fast schon unmöglich ist, dann müssen die hundert Jahre warten, damit sie sich eine kleine Wohnung in Wien oder in Österreich leisten können. Da gibt es also überhaupt keine Perspektive, und nicht zuletzt deswegen ist die Hälfte aller Österreicher und Österreicherinnen in einem Mietvertrag, in einem Mietverhältnis; in Wien sind es sogar 80 Prozent.


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Was kann man dagegen tun? – Ich würde einmal ansetzen und überlegen: Wie schaut es mit diesen befristeten Verträgen aus? Sind die wirklich notwendig? Die Bundes­republik Deutschland hat in der Zwischenzeit diese Gesetze wiederum zurückge­nom­men, nur in Ausnahmefällen kann dort ein befristeter Mietvertrag ausgestellt werden, nämlich bei Eigenbedarf und/oder wenn sich Umbauten oder Neubauten abzeichnen.

Was ist denn das Problem bei diesen befristeten Mietverträgen? – Das erste Problem ist, dass es eine anhaltende Unsicherheit gibt. Jeder, der einmal einen Mietvertrag gehabt hat, der auf fünf Jahre begrenzt war, weiß, dass er natürlich für die Zukunft nichts wirklich vorprogrammieren kann, noch dazu wenn sich nach fünf oder zehn Jahren auch die Mieten dann jeweils immer wieder erhöhen. Was aber das noch größere Problem ist: Niemand, der in einer solchen Wohnung wohnt, wird in diese Wohnung wirklich viel investieren. Das heißt, es leidet eigentlich die Wohnkultur in Österreich aufgrund dieser befristeten Mietverhältnisse. Ich glaube, auf diesem Sektor könnte sehr rasch eine Hilfestellung in Angriff genommen werden.

Die zweite Geschichte sind die Kurzzeitvermietungen, bekannt unter Airbnb. Wir wis­sen ja, dass vor allen Dingen in den Ballungszentren, in den großen Städten die Mietpreise auch deswegen steigen, weil Wohnraum fehlt, der durch diese kurzfristigen Vermietungen an Touristen abgezogen wurde. Das heißt, Touristen übernehmen sozusagen den Wohnraum, der eigentlich den Ortsansässigen zur Verfügung stehen könnte, und verknappen dadurch die Wohnraummöglichkeiten. Berlin, Paris, auch Barcelona arbeiten bereits daran, das zu reduzieren. Bei uns in Österreich passiert da gar nichts.

Die dritte Möglichkeit ist natürlich die Maklerprovision, wie sie von Kollegin Rendi-Wagner heute schon angesprochen worden ist. Es ist doch wirklich nicht einzusehen, dass die Makler, die ja die Arbeit für die Vermieter – und nicht für die Mieter – machen, von den Mietern bezahlt werden müssen.

Ich glaube, es gäbe noch genug Möglichkeiten, darüber nachzudenken, was man da tun kann. Machen Sie irgendetwas und sagen Sie nicht so wie Kollege Sieber: Wir werden uns auch irgendwann einmal dem Mietrecht widmen!, denn diese Sprüche kann ich überhaupt nicht mehr hören. Frau Kollegin Steinacker, ich kenne diese Sprüche im Zusammenhang mit dem Urhebervertragsrecht auch von Ihnen. Machen Sie irgendetwas, machen Sie es bitte jetzt! – Danke. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

16.30


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Feichtinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


16.30.46

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wer von Ihnen weiß, was Bettgeher sind? (Abg. Wurm: Natürlich!) Bettgeher waren Menschen, die so wenig Einkommen hatten, dass sie sich keine eigene Wohnung leisten konnten, darauf angewiesen waren, mit anderen ein Bett zu teilen. Herr Staatssekretär, geschätzte KollegInnen von den Regierungsfraktionen! In dieser Diskussion gewinne ich irgendwie den Eindruck, dass der Letzte oder die Letzte von Ihnen Kontakt mit einem Mieter hatte, als es noch Bettgeher gab. (Abg. Steinacker: Das ist weder witzig noch wahr!) – Nein, das ist nicht witzig. Wohnen, Frau Kollegin Steinacker, ist ein Grundrecht, und Wohnen hat ein leistbares Grundrecht zu sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten von JETZT.)


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Menschen, die in Österreich Kautionen und laufende Mieten nicht mehr bedienen können, sollen sich speziell nach Ansicht der ÖVP Eigentum leisten. Ja wie denn, bitte? Wie denn? Menschen, die nach Wohnungen fragen, die maximal 300 Euro bis 500 Euro kosten sollen, denn das wäre leistbar für sie, Menschen, die nach Wohnun­gen mit eingebauten Küchen fragen, weil sie sich keine neue leisten können, wenn sie einziehen – das ist Realität in Österreich! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, die Großspender der ÖVP, die sich mit dem Bundeskanzler beim Punsch­trinken ablichten lassen, sind so weit von der Lebensrealität dieser Menschen entfernt, wie weiland die Zinshauseigentümer von den Bettgehern. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Hallo!)

Die Einkommensentwicklung in Österreich hat sich bereits seit Langem von der Mietensteigerung entkoppelt – eine Entwicklung, Herr Staatssekretär, die zunehmend zu sozialen Problemen führt, zu Armut, zu sozialer Ausgrenzung und auch zu Ob­dachlosigkeit. (Abg. Neubauer: Aber der Beppo Muchitsch ...!) Es ist nun einmal ein Faktum, dass das Umsatzsteuersystem kleine und mittlere stärker als hohe Einkom­men belastet. Es wäre also eine Frage der Gerechtigkeit, gerade den Menschen im unteren Einkommensbereich im Wege steuerlicher Entlastungen mehr verfügbares Einkommen zur Verfügung zu stellen. (Abg. Wöginger: Werden wir tun!)

Die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke würde genau diesen Menschen eine Ersparnis von einer Monatsmiete pro Jahr bringen – eine Summe, die größtenteils sofort direkt in den Konsum fließen würde. Das weiß der Finanzminister, das wissen auch Sie, Herr Staatssekretär. Diese Menschen können sich diese Ersparnis nicht aufs Sparbuch legen, sondern sie werden das Geld sofort wieder ausgeben, also kommt es auch dem Staatssäckel wieder zugute. Herr Staatssekretär, Sie sind daher dringend aufgefordert, vor allem auf europäischer Ebene dafür einzutreten, dass diese Möglichkeit einer Steuersenkung Realität werden kann, und sie dann auch im nationalen Recht umzusetzen.

Wenn Sie dann an uns die Frage nach Gegenfinanzierungsvorschlägen richten, darf ich Sie im Gegenzug fragen, wann denn Sie in der letzten Gesetzgebungsperiode, als Sie noch in der Opposition waren, bei allen Ihren Forderungen jemals einen Gegen­finan­zierungsvorschlag gemacht hätten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Jedes Mal! Das kann ich noch auswendig zu jedem einzelnen sagen! – Ruf bei der SPÖ: Da können wir uns noch unterhalten! – Abg. Rosenkranz: Aber ich vernehme überrascht die Lösung auf europäischer Ebene! Da kommen die ersten Öxit-Ten­denzen bei der SPÖ!)

16.34


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steinacker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


16.34.25

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Hohes Haus! Der Dringliche Antrag der SPÖ, der die Mehrwertsteuer auf Mieten abschaffen will – die SPÖ glaubt, damit Wohnen leistbar zu machen –, ist nicht durchdacht, ineffizient und, wie wir gehört haben, nicht umsetzbar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Becher: Das sagen Sie!)

Ich bin eine, die seit über 30 Jahren in der Immobilienwirtschaft tätig ist und auch in der Gemeinnützigkeit verankert ist, meine Damen und Herren. Ich glaube, in der SPÖ gibt es keinen Menschen mehr, der einen Antrag mit Hausverstand schreibt (Abg. Becher: Erklären Sie es uns!), niemanden, der weiß, wie in der echten Wirtschaft gebaut wird,


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damit eben Mietwohnungen entstehen, und der weiß, welchen Kreislauf Immobilien­wirtschaft benötigt, damit wir tatsächlich leistbares Wohnen auf den Weg bringen. Das ist es, was abgeht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Unser Regierungsprogramm, das mittlerweile gut ein Jahr alt ist, bekennt sich nicht erst seit heute zu dem Thema leistbares Wohnen, dazu, dass Wohnen ein Grund­bedürfnis ist; das bedarf aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, einer aus­gewogenen Regelung. Wenn heute ein Antrag vorliegt, den ich ausschließlich als, ich weiß nicht, Projekt der puren Hilflosigkeit, Schnellschussprojekt, ein Projekt der Arbei­terkammer, das man halt schnell mit übernommen hat, bezeichne, dann darf ich nur sagen: Das Projekt ist, Frau Kollegin Rendi-Wagner – wie Sie wüssten, wenn Sie unserem Herrn Staatssekretär zugehört hätten, der es ja ausgeführt hat –, nicht umsetzbar und daher auch nicht zielführend. (Abg. Rendi-Wagner: Der hat etwas Falsches berichtet! – Abg. Krainer: Warum sollten wir auf den Fake-News-Staats­sekretär hören?)

Ich mache Ihnen jetzt Vorschläge, wie es gehen kann. Welchen Investitionsanreiz brauchen Unternehmer, brauchen Bund, Länder, Gemeinden, Private, damit tatsäch­lich Häuser, Wohnungen gebaut werden, die dann den Mietern zur Verfügung stehen? Eines, Frau Kollegin, können Sie mit Ihrem Antrag und kann Gott sei Dank niemand in der SPÖ aus der Welt schaffen, nämlich die Gesetze des Marktes, dass ein großes Angebot zu niedrigen Preisen führt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir brauchen daher ein zusätzliches Angebot, wir brauchen eine Pluralität, denn die Menschen in Österreich sollen doch um Gottes willen das bekommen, was sie notwendig brauchen, aber auch das, was sie wollen. Das heißt, wir haben geförderte Wohnungen, wir haben Sozialwohnungen, wir haben Reihenhäuser, wir haben Eigen­tumswohnungen, und wenn es sich jemand leisten kann und will, haben wir Luxus­wohnungen. Ja warum denn nicht? Von dieser Pluralität lebt unser Österreich, und das macht unser Österreich – auch im Wohnbereich – auch so schön und lebenswert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was ich bei der ganzen Diskussion und bei dem Zinnober, den Sie heute hier auffüh­ren, überhaupt nicht verstehe, ist: Leistbares Wohnen ist etwas, das Menschen zur Verfügung gestellt werden soll, die es brauchen. Ich habe aber von den Sozialisten mit keinem Wort den Begriff der sozialen Treffsicherheit beim Wohnen gehört – mit keinem Wort! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) Nach dem Gießkannenprinzip sollen wir 1,2 Milliarden Euro einsparen, die nicht gegenfinanziert werden können – und das trifft dann jeden. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Ich zahle gerne meine Umsatzsteuer, denn ich kann es mir auch leisten. Danke, dass ich hier arbeiten darf.

Mein Heimatbundesland Niederösterreich geht mit gutem Beispiel voran, sowohl bei der Objektförderung im gemeinnützigen Wohnbau als auch zusätzlich bei individuellen Förderungen für Menschen, die zusätzlich etwas brauchen, um zum Beispiel ein Modell des Mietkaufes realisieren zu können. Es ist nicht zynisch, wenn ich das jetzt sage, denn ich werde Ihnen auch ausführen, wie das funktionieren kann.

Ich meine, soziale Treffsicherheit heißt, den Menschen beim Start in die Selb­ständig­keit zu helfen, dann, wenn es notwendig ist, wenn Personen, die es sich nicht leisten können, eine soziale Wohnung brauchen. Wenn Menschen alt sind und nur mehr mit der Pension auskommen müssen, dann muss bei den vielen Wohnungen, die die Stadt Wien hat, die Möglichkeit gegeben sein, dass diese Menschen dann diese Wohnungen bekommen – und es soll nicht so sein, dass Menschen wie unser Kollege Pilz ein Leben lang aufgrund des Glücks-Pilz-Zufallsprinzips in einer günstigen Wohnung in


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Wien leben, bei der niemals die Miete angehoben wird, außer durch die normale Steigerung aufgrund der Valorisierung. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und NEOS. – Abg. Lugar: Der Pilz ist schuld! Jetzt wissen wir es!)

Daher glaube ich, dass es wirklich notwendig ist, Wohnungen an Menschen zu geben, die sie brauchen, und dass sie nicht nach dem Gießkannensystem verteilt werden sollten.

Woher kommen denn die hohen Kosten bei der Gesamtmiete? – Wir wissen ja, die Miete besteht aus dem Mietzins, aber natürlich auch aus den Betriebskosten und der Umsatzsteuer. Über die Umsatzsteuer diskutieren wir jetzt schon lange genug, das können wir hier nicht regeln. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Das können wir, wenn wir wollen!) Was aber die Stadt Wien regeln kann, ist, die aufgrund der überhöhten Gebühren überbordenden Betriebskosten zu reduzieren, denn das, meine Damen und Herren, ist etwas, was wirklich den Menschen zugutekäme: wenn endlich nur die tatsächlichen Gebühren eingehoben würden und man die restlichen Gebühren wieder zurückgibt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Becher: Sie wissen, dass das nicht stimmt!)

Ein Punkt noch, bevor ich zu meinen Vorschlägen zum leistbaren Wohnen komme, meine Damen und Herren: Wir sind in einer Phase der Hochkonjunktur. Die Baukosten sind hoch, wir produzieren Wohnungen, und die kosten eben noch mehr als in der Vergangenheit. Kein Mensch wird eine Wohnung bauen, wenn sie nicht in irgendeiner Form refinanzierbar ist. Daher sind Folgendes unsere Vorschläge – und daran arbeitet ja die Bundesregierung – zum leistbaren Wohnen:

Erster Punkt: Stärkung des gemeinnützigen Wohnbaus mit ausreichenden Mitteln und Zugang zu leistbaren Grundstücken, die vor allem bei der öffentlichen Hand noch vorhanden sind.

Zweiter Punkt: Mietkauf als sozial orientierter Start ins Eigentum. Meine Damen und Herren, warum schaffen wir es nicht, dass sich jeder in Österreich eine Miet­kauf­wohnung leisten kann? – Daran arbeiten wir. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Daran arbeiten unsere Bundesländer, und daran arbeiten wir mit speziellen Wohnbau­för­derungen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Mit dieser Maßnahme hat man die beste Vorsorge gegen Altersarmut, wenn man nur noch die Betriebskosten zahlen muss. Wir helfen den Menschen! Wenn, wie der Herr Staatssekretär uns heute den Hinweis gegeben hat, wahrscheinlich die Vorsteuer­rück­führungszeiträume von zwanzig wieder auf zehn Jahre verkürzt werden, dann, kann ich nur sagen, senken wir echt die Kosten für die Menschen, die nach zehn Jahren diese Wohnungen auch entsprechend kaufen. Das ist ein guter Schritt in Richtung leistbares Wohnen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ein Plädoyer für das Eigentum: Eigentum bedeutet Freiheit, und es bedeutet Denken in Generationen! Wir alle können nichts mitnehmen, aber wir können unseren Kindern und Enkelkindern unsere Wohnungen, unser Eigentum weitergeben und vererben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn wir einmal nicht mehr sind, dann haben sie die Möglichkeit, auch leistbar zu wohnen, weil wir und die Menschen in Österreich, die das tun, es unter viel Verzicht geschafft haben, sich durch ein gutes Mietkaufmodell ein Eigentum zu leisten.

Dritter Punkt: Wir werden ein transparentes Mietrecht machen – transparenter, mit sozialen Komponenten –, wir berücksichtigen aber sowohl, dass die Mieter eine ver­nünftige und transparente Miete zu zahlen haben, als auch, dass man Hauseigentümer und Investoren leben lässt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Daher: Wir können natürlich diesem Vorschlag in keinster Weise zustimmen! Wir lehnen ihn ab. Letztendlich führen eine Mietzinsobergrenze und die Abschaffung des Vorsteuerabzugs zu einer fast kommunistisch anmutenden Planwirtschaft in Österreich und zu einem Versuch auf Enteignung. (Zwischenrufe bei SPÖ und JETZT.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, diese Bundesregierung und wir werden mit guten Vorschlägen auf Sie zukommen und den Menschen in Österreich sozial treff­sicher leistbares Wohnen zur Verfügung stellen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.42


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


16.42.42

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, die Mieten steigen unbe­stritten – und die Idee der SPÖ ist die Streichung der Mehrwertsteuer auf die Mieten. Was sind aber die Ursachen dieser Mietsteigerungen?

Es ist vor allem so, und wir alle wissen das: Die Nachfrage regelt den Preis, und wir haben von der Bevölkerungszahl her explosionsartige Entwicklungen in unseren Städten. Woher kommen diese? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Es ist zum einen eine völlig unkontrollierte und verfehlte Migrationspolitik der vergangenen Jahre (Zwischenrufe bei SPÖ und JETZT), die den Druck auf die Wohnungen in den Städten erhöht hat, aber natürlich auch eine jahrzehntelange verfehlte sozialistische Zentralisierungspolitik. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Diese Zentralisierungspolitik, die man betrieben hat, hat auch noch dazu geführt, dass heute draußen im ländlichen Raum die Dörfer entvölkert werden, dass Mietwohnungen leer stehen, dass die Infrastruktur nicht mehr gebraucht wird, dass Kanal- und Was­sergebühren von den Menschen, die jetzt noch dort wohnen, bezahlt und auch finan­ziert werden müssen. Und: Diese Infrastruktur muss in den Städten wieder neu geschaffen werden! Das heißt, wir haben draußen Infrastruktur mit öffentlichen Mitteln errichtet, und hier in den Städten bauen wir eine neue Infrastruktur dazu, die wir wieder für die Leute brauchen, die in die Städte ziehen. So vernichten wir Volksvermögen.

Das wurde, meine geschätzten Damen und Herren von der SPÖ, durch Sie und JETZT – damals noch PILZ und Grüne – verursacht. Mittlerweile hat aber sogar der grüne Abgeordnete Willi in Innsbruck erkannt – der ja vor Kurzem auch in „Im Zentrum“ bemerkt hat, er ist jetzt als Bürgermeister der Stadt Innsbruck in der Realität angekommen –, dass die Mietpreise explodieren, dass er mit dem Zuzug in die Stadt Innsbruck nicht mehr zurechtkommt und dass das eine verfehlte Politik war, die da in der Vergangenheit betrieben wurde.

Wenn man etwas Positives an dem Antrag der SPÖ erkennen möchte, dann ist das Einzige, dass sie mittlerweile auf Regierungslinie eingeschwenkt ist und die Senkung von Steuern fordert. Nur, beim konkreten Vorschlag – das haben wir ja heute auch schon gehört – hat man das leider sehr populistisch auf einem Parteitag einmal hinaus­posaunt und ist dann, nachdem der Herr Staatssekretär Sie im Ausschuss darauf hingewiesen hat, draufgekommen, dass das EU-rechtlich nicht geht.

Jetzt haben Sie ja Ihren Antrag auch schon umformuliert: „Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, bei den Verhandlungen zur Reform des Mehrwert­steuer­systems auf EU-Ebene sicher zu stellen, dass Wohnungsmieten in Österreich“ auf null gesetzt werden können. Das heißt, Sie haben erkannt, dass das in Österreich gar nicht geht und dass wir die EU brauchen; was mittlerweile der Herr Staatssekretär auch wieder klargestellt hat: dass das ja nicht so einfach geht.


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Diese Einzelmaßnahme ist auch nicht das, was den Menschen hilft. Deshalb hat diese Regierung ein Bündel an Maßnahmen gesetzt – und wird auch in Zukunft noch welche setzen –, mit einer generellen Steuersenkung in Richtung 40 Prozent, dem Ausbau der Mobilität, alternativen Verkehrslösungen für den ländlichen Raum – wir müssen die Mobilität stärken, dass die Leute dort wohnen bleiben können, wo sie heute wohnen, und nicht alle in die Städte ziehen müssen –, dem Familienbonus Plus – sofort ab 1.1.2019 im Monat bis zu 125 Euro mehr am Lohnzettel (Beifall bei FPÖ und ÖVP) für jeden, der ein Kind hat, beim zweiten Kind noch einmal 125 Euro dazu, Kinder-Mehr­betrag: 250 Euro –, Steuerreform – heute schon erwähnt: 2020 werden weitere Entlas­tungen kommen –, ordentlichen Gehaltsabschlüssen, wie wir aus den Verhandlungen der letzten Tage wissen, und einer ordentlichen Pensionserhöhung für unsere Pen­sionistinnen und Pensionisten.

Das sind Maßnahmen, die diese Regierung gesetzt hat, und es werden noch viele folgen. Viele Reformen werden folgen, viele richtige Maßnahmen, die der Bevölkerung helfen, und gleichzeitig wird im System gespart. Das sind die richtigen Maßnahmen, die auch den Menschen draußen helfen, den Lebensalltag zu bestreiten.

Jetzt noch ein Wort und ein Beispiel zum Thema soziale Kälte, weil das heute mehrfach erwähnt wurde. Nehmen wir als Beispiel Kärnten, weil ich da vorne Philip Kucher sitzen sehe: 12 000 Menschen in Kärnten können sich das Heizen nicht leisten, und erst auf Druck der Freiheitlichen in Kärnten wurde im letzten Jahr der Heizkos­tenzuschuss erhöht.

Wovon reden wir? – Der große Heizkostenzuschuss: 180 Euro; für den gilt eine Ein­kom­mensgrenze bei Alleinstehenden von 863 Euro und bei Partnern von 1 294 Euro. Der kleine Heizkostenzuschuss: 110 Euro – ich rede aber vom Jahr, nicht vom Monat –; die Einkommensgrenze beträgt 1 071 Euro für Alleinstehende und 1 473 Euro für Partner. Also das ist die soziale Kälte: SPÖ in Kärnten! (Abg. Kucher: Du warst schon im Hypo-Untersuchungsausschuss! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, das ist aber nicht der Grund.

Was hat eure Regierung in Kärnten versprochen? – Sparen im System! Das war die Begründung für die Änderung der Verfassung von Kärnten: dass man Landesräte einspart. Wie viele Landesräte sind vorher in der Regierung gesessen? – Sieben. Wie viele Landesräte sitzen jetzt in der Regierung? – Sieben! Fünf rote Landesräte sitzen in Kärnten in der Regierung, das nennt ihr Sparen im System! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das Einzige, was ihr noch könnt, ist, für Versorgungsposten bis hin zum Sohn vom Herrn Landeshauptmann, dem Herrn Luca Kaiser, zu sorgen (Zwischenrufe bei der SPÖ) – das ist eure soziale Wärme –, der dann im Monat mehr Geld zur Verfügung hat als andere, die ein ganzes Jahr mit dem Geld ihre Wohnung zahlen müssen und ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Das ist eure soziale Wärme, das ist das Einzige, was ihr zusammenbringt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Liebe Frau Rendi-Wagner! Sie sollten mit gutem Beispiel vorangehen und in Ihrem System sparen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.49


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Griss. – Bitte, Frau Abgeordnete.


16.49.17

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir haben es heute schon einige Male gehört: Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Menschen, und leistbares Wohnen ist ein Menschenrecht!


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Daher ist es absolut gerechtfertigt, dass man sich überlegt: Wie kann man erreichen, dass mehr Menschen angemessene Wohnungen, leistbare Wohnungen erhalten?

Es ist allerdings – dieser Eindruck ist heute einige Male entstanden – keine neue Entwicklung, dass es schwer ist, eine leistbare Wohnung zu finden. Man muss nicht bis zu den Bettgehern zurückgehen; da ist übrigens das Buch „Hitlers Wien“ von Brigitte Hamann sehr illustrativ. Auch später, zum Beispiel in meiner Studienzeit, war es sehr schwer, ein Zimmer oder eine Wohnung zu bekommen, wenn man wenig Geld hatte und – was noch viel entscheidender war – wenn man in keiner Partei war.

Das heißt, Wohnen, leistbares Wohnen ist ein Dauerthema, mit dem sich die Politik immer wieder zu beschäftigen hat. Das Wohnen betrifft aber noch viele andere Politikfelder: die Raumordnung, die Mobilität, die Infrastruktur. Wenn man sich an­schaut, wie Österreich zersiedelt ist, dann sieht man, dass es da in der Vergangenheit nicht ausreichende Planung gegeben hat. In all diesen Bereichen muss man etwas tun, wenn Menschen leistbare Wohnungen bekommen sollen, die auch mit anderen Zielen, die der Staat haben muss, vereinbar sind. (Beifall bei den NEOS.)

Das Mietrecht ist ein kleiner Teil. Dass Österreich eine sozial durchmischte Gesell­schaft hat, ist auch dem Wohnbau zu verdanken: dass es einen sozialen Wohnbau gibt, dass es einen geförderten Wohnbau gibt, dass es Gemeindewohnungen gibt. Wien war da immer vorbildlich. Wir können froh darüber sein, dass Österreich noch keine Gated Communitys hat, wie das in anderen Ländern schon vielfach der Fall ist.

Wie kann man das erreichen? Was kann man tun? – Es sind zwar Änderungen beim Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geplant, aber die Frage ist, ob man diese Ziele wirklich erreichen wird. Ein ganz wesentlicher Schritt wäre eine Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel.

Ein wesentlicher Schritt wäre auch ein Einkommensmonitoring im Gemeindebau, bei geförderten Wohnungen. Es ist doch nicht gerecht, wenn jemand eine Wohnung zu einem nicht marktangemessenen Mietpreis hat, der sich eine marktkonforme Miete leisten könnte! Warum soll es nicht möglich sein, dass jemand, der eine solche Wohnung hat, von Zeit zu Zeit einen Einkommensnachweis vorlegen muss? – Und wenn er den Einkommensnachweis nicht vorlegt, dann wird die Miete erhöht. Das wäre ein unbürokratisches System. Dieses Geld könnte dazu verwendet werden, wieder mehr Wohnungen zu bauen, die Mittel entsprechend einzusetzen.

Das ist aber nur ein Teil. Ganz wesentlich, um mehr leistbaren Wohnraum zu haben, wäre es auch, die Vorschriften zu durchforsten, die für den geförderten Wohnbau gelten. Ganz wesentlich wäre es auch, sich zu überlegen, wie man zielgerichtet fördern kann, dass wirklich dort gebaut wird, wo Menschen auch tatsächlich eine Wohnung brauchen.

Die Bauordnungen sind ein weites Feld. Österreich leistet sich neun verschiedene Bauordnungen; auch da wäre Vereinheitlichungsbedarf gegeben.

Das Mietrecht ist nur ein kleiner Teil, das Mietrecht ist aber ein hochkomplexes System. Wenn man an einer Schraube dreht, dann können Wirkungen eintreten, die das, was man wollte, ins Gegenteil verkehren. Es wäre daher wichtig und notwendig – auch diese Regierung hat das wieder angekündigt –, das Mietrecht zu reformieren. Allerdings, seit ich als Juristin arbeite, war das immer wieder ein Thema, es ist nur bisher kaum je so gelungen, dass das Ergebnis wirklich befriedigend gewesen wäre.

Der Regierung wäre anzuraten, dieses Thema mit den besten Fachleuten anzugehen, auch Menschen einzubinden, die das wirklich betrifft; vielleicht auch einmal die Oppo­sition einzubinden – das wäre eine Premiere! Vielleicht würden da gute Ideen kommen und verwertet werden können und wäre ein Interessenausgleich möglich.


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Die Bauordnung habe ich schon erwähnt. Da wäre es ein sehr lohnenswertes Tätig­keitsfeld für den Herrn Reformminister, darauf hinzuwirken, dass die Bauordnungen in ganz Österreich vereinheitlicht werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist ja nicht einzusehen, dass zum Beispiel ein Geländer in Salzburg 1 Meter hoch sein muss, und in Kärnten genügen 90 Zentimeter. Für den Herrn Reformminister als Kärntner müsste das doch ein Anstoß sein, da etwas zu tun, weil ja so doch der Anschein entstehen könnte, Kärntner seien ganz allgemein kleiner als Salzburger, weil sie nur niedrige Geländer brauchen. (Beifall bei den NEOS.)

16.56


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rossmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.


16.56.09

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekre­tär! Hohes Haus! Es steht ja außer Frage, dass wir leistbare Wohnungen in diesem Land brauchen und dass wir zu wenige davon haben. Der Wohnungsmarkt ist ein Markt, in dem es eine große Nachfrage und zu wenig Angebot gibt, und das treibt natürlich die Preise in die Höhe. Ich habe jetzt dieser Debatte gelauscht und möchte feststellen, dass von der Regierungsseite eigentlich nicht wirklich Vorschläge gekom­men sind, wie wir auf diesem Wohnungsmarkt dazu gelangen können, ausreichend leistbare Wohnungen zur Verfügung zu haben.

Herr Staatssekretär Fuchs – jetzt ist er gerade nicht da, er geht hinaus –, von Ihnen habe ich überhaupt keine Vorschläge gehört! Von Ihnen habe ich nur Attacken gegen­über der SPÖ und Attacken dahin gehend, warum dieser Vorschlag schlecht ist, ge­hört, aber echte Vorschläge, wie wir zu leistbaren Wohnungen gelangen können, habe ich nicht gehört.

Bei Frau Kollegin Steinacker habe ich ja große Probleme gehabt. Ich meine, Eigentum ist Freiheit, ja, ja, dem kann ich schon zustimmen. Wer das Glück hat, eine Wohnung geerbt zu haben – und viele Wohnungen werden vererbt, das wissen wir aus der Vermögenserhebung der österreichischen Zentralbank –, der hat halt Glück gehabt. Wer gehört aber zu den Glücklichen im Lande? – Zu den Glücklichen im Lande ge­hören die 10 Prozent Reichsten. Die unteren 50 Prozent Vermögensbesitzer (Zwi­schenrufe bei der ÖVP), die unteren 50 Prozent verfügen über praktisch kein Ein­kommen. Schauen Sie sich einmal die Vermögensverteilungsergebnisse der OeNB-Studie an, und dann reden Sie weiter! Und hören Sie auf, den Kopf zu schütteln: So ist es! (Beifall bei JETZT.)

Diskutieren wir auf der Basis von Fakten! Und wenn Frau Kollegin Steinacker - - (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, ich weiß eh, für Sie ist bald irgendetwas kommunistisch; keine Mehrwertsteuer zu zahlen, ist schon kommunistisch. Ich werde aber noch darauf zurückkommen, warum das für die unteren Einkommensbezieher von eminenter Bedeutung ist.

Sie sagen, Sie bieten Lösungen an: Mietkaufwohnungen. – Ja, okay, aber erstens gibt es von denen wenige, und zweitens muss man natürlich über das notwendige Kleingeld verfügen, um die höheren Mieten zahlen zu können, mit denen man am Ende des Tages diese Wohnung erwerben kann.

Dann sagen Sie, Sie werden das Mietrecht novellieren und werden soziale Kompo­nen­ten einbauen. – Na ja, wann werden Sie das tun? Wo sind die Vorschläge? Wo sind denn die konkreten Vorschläge? – Von Ankündigungen allein haben die vielen Miete­rinnen und Mieter, die in teuren Wohnungen wohnen, gar nichts! (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)


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Noch eines jetzt zu den Verteilungseffekten im Bereich der Einkommen, zur Entwick­lung der Einkommen nach Einkommensklassen: Dazu ziehe ich den Einkommens­bericht des Rechnungshofes und der Statistik Austria heran. Da zeigt sich, dass die Bruttorealeinkommen der untersten 10 Prozent in den letzten Jahren um ein Drittel zurückgegangen sind. Bei den Männern haben sie sich sogar um mehr als die Hälfte reduziert.

Für die Einkommensmitte gilt, dass die Bruttorealeinkommen etwas niedriger sind, als sie vor 15 Jahren gewesen sind, und für jene über den 90 Prozent, die Bestverdie­nen­den sind sie leicht gestiegen. Vor dieser Situation muss man erkennen – darauf hat ja Frau Kollegin Rendi-Wagner hingewiesen –, dass die Mieten um 80 Prozent gestiegen sind. Jetzt frage ich Sie: Wie können sich Menschen aus dem unteren Einkommens­drittel und den unteren 10 Prozent eine Wohnung in diesem Land leisten, ohne dass sie nicht massive Einschränkungen in anderen Bereichen machen müssen? (Zwi­schen­ruf der Abg. Steinacker.)

In dem Zusammenhang ist der Vorschlag, den die SPÖ gemacht hat, zunächst und auf den ersten Blick überzeugend: Schaffen wir die Umsatzsteuer auf Mieten ab! – Auf den zweiten Blick sind damit aber natürlich eminente Probleme verbunden, denn erstens – und darauf hat ja der Herr Staatssekretär hingewiesen – bräuchte es eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie, um zu einer echten Steuerbefreiung zu gelangen. Das ist ein mühsamer Weg mit ungewissem Ausgang und garantiert nicht, dass am Ende des Tages die Mieten sinken.

Das zweite Problem ist aber Folgendes – und da muss ich Ihnen, Frau Rendi-Wagner, widersprechen (Abg. Leichtfried: Was? – Abg. Rosenkranz: Der traut sich was!) –: Die Abschaffung der Umsatzsteuer auf Mieten führt nicht zu einer dauerhaften Ent­lastung der Mieter. Das gilt allenfalls für Mieter, die in Wohnungen mit unbefristeten Mietverträgen wohnen, aber nicht für jene, die neue Mietverträge abschließen müssen, oder für jene, die in Wohnungen mit befristeten Mietverträgen wohnen – und das sind immer mehr Menschen in diesem Lande. Und für genau diese Menschen verpufft natürlich der Effekt der Abschaffung der Umsatzsteuer. Das bedeutet, wir haben es da damit zu tun, dass jene Menschen beim gegebenen Wohnungsmarkt damit rechnen müssen, dass sie bei Neumietungen mit höheren Mieten rechnen müssen, weil wir in diesem Land eben ein zu geringes Angebot an tatsächlich leistbaren Wohnungen und eine zu hohe Nachfrage haben. Genau das ist das Problem dieses Vorschlags.

Die Vermieter können natürlich in dieser Situation jeden Preis verlangen, den sie verlangen wollen. Wo landet dann dieser Mehrertrag aus den neuen Mietverhält­nis­sen? – Der landet in den Taschen der Immobilienbranche, und das ist jene Branche, die sozusagen zu den Großspendern von Sebastian Kurz gehört hat. (Heiterkeit der Abg. Winzig.)

Ja, der Vorschlag ist aufs Erste überzeugend, auf den zweiten Blick führt er aber nicht zu einer Stabilisierung des Wohnungsmarktes. Letztendlich ist er auch kein Beitrag, der ein ausreichendes Angebot an leistbaren Wohnungen garantiert.

Folgendes muss ich Ihnen schon sagen, meine Damen und Herren von der SPÖ: Wenn Sie solche Vorschläge machen, die zu einem Steuerausfall in der Größen­ord­nung von 1,2 Milliarden Euro führen, dann bin ich auch dafür, dass Sie Gegen­finanzierungsvorschläge machen. Meine Damen und Herren von der SPÖ, warum schlagen Sie als Gegenfinanzierung nicht eine Erbschaftssteuer oder Vermögensteuer mit einem Freibetrag von 500 000 Euro vor? (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Wenn es aber rasch gehen soll und die Senkung für die niedrigen und mittleren Einkommen eine dauerhafte sein soll, dann habe ich einen ganz anderen Vorschlag, der sofort wirken würde, ohne dass man in Brüssel über eine Mehrwertsteuerrichtlinie


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verhandeln muss: Senken wir die Sozialversicherungsbeiträge insbesondere für mittlere und untere Einkommen (Ah-Rufe bei der ÖVP), das hat denselben Effekt wie die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten, wirkt aber dauerhaft und für alle. (Abg. Haider: Dann hoffen wir auf Ihre Zustimmung, wenn es so weit ist!)

Wie finanzieren wir das gegen? – Das finanzieren wir gegen durch eine Besteuerung von Erbschaften von Milliardären, jedenfalls von Erbschaften der Topvermögens­inhaber, der Top 10 Prozent, mit einem Freibetrag von 500 000 Euro. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das würde ausreichen, um diesen von mir eingebrachten Vorschlag zu finanzieren und den Beziehern der unteren und mittleren Einkommen zu garantieren, dass sie das dauerhaft erreichen, was Sie mit einem mehr als fragwürdigen Vorschlag erreichen wollen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

17.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Kollross ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


17.04.56

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie und vor den Fernsehapparaten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube ja, dass wir prinzipiell so etwas wie einen Betrachtungskonsens haben, egal, welche parteipolitische Brille wir aufhaben.

Ich glaube, dass wir alle, egal, wo wir politisch zugehörig sind, gemeinsam in unseren Gemeinden, in unseren Wahlkreisen, in unseren Bundesländern die Erfahrung ge­macht haben und tagtäglich machen, dass die Mieten in vielen Bereichen eine Höhe erreicht haben, die für viele Menschen mittlerweile ganz einfach unerträglich ist.

Ich glaube auch, dass es ebenfalls einen Betrachtungskonsens zwischen allen politi­schen Parteien hier herinnen gibt, wenn wir uns die Entwicklung der letzten 20 Jahre ansehen, nämlich die Inflation auf der einen Seite und die Entwicklung der Mieten auf der anderen Seite: Es hat da eine Verdoppelung der Höhe der Mieten gegeben.

Ich glaube sogar, drittens, dass es auch einen Betrachtungskonsens gibt – auch wenn die Rednerinnen und Redner der Regierungsfraktionen hier herauskommen und eher immer über die Stadt Wien diskutieren –, dass das schon lange kein städtisches Problem und schon lange kein Stadt-Land-Gefälle mehr ist, sondern dass die hohen Mieten schon lange auch am Land angekommen sind. Wenn man sich nur den Speckgürtel rund um Wien zum Beispiel anschaut, den Bezirk Mödling, den Bezirk Baden und so weiter und so fort, dann kann man erkennen, dass da schon lange so hohe Mieten sind, dass die Leute teilweise ganz einfach nicht mehr wissen, wie sie ihr Einkommen gestalten können, damit sie sich Wohnen überhaupt noch leisten können.

Da wir am Montag 70 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte gefeiert haben, müssen wir, glaube ich, auch zur Kenntnis nehmen, dass es in diesen Menschen­rechten auch ein Recht auf Wohnen gibt und dass es in diesen Menschenrechten vor allen Dingen auch ein Recht auf leistbares Wohnen gibt.

Zu dem, was wir mittlerweile wissen, nämlich dass ein Drittel bis teilweise die Hälfte des Einkommens dafür aufgewendet werden muss, damit man sich Wohnen überhaupt noch leisten kann, muss man auch noch hinzufügen, dass es zusätzlich vor allen Dingen auch ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe geben muss. Wenn aber viele Menschen in den Gemeinden, in den Städten nicht mehr in der Lage sind, aus ihren Wohnungen herauszugehen, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, weil sie tagtäglich damit konfrontiert sind, zu überlegen, wie sie ihre Miete bezahlen können, dann wird es endlich Zeit, dass wir Politiker uns auch entsprechend verantwortlich fühlen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Herr Staatssekretär, ich habe ganz, ganz aufmerksam zugehört, was Sie uns alles erklärt haben (Abg. Wöginger: War gut, oder?) – und es war ja leider nicht viel, muss ich sagen. (Abg. Schimanek: Haben Sie zugehört? – Zwischenrufe der Abgeordneten Rendi-Wagner und Leichtfried.) In Wirklichkeit haben Sie nur erklärt, warum etwas nicht geht und was angeblich irgendwann im Jahr 2014 stattgefunden hat. Kollege Schieder hat dann ohnehin sehr schnell erklärt, dass das in Wirklichkeit in die Kategorie Fake News eingeordnet werden muss. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Mein Verständnis von Politik ist, nicht darüber zu philosophieren, warum und wie etwas nicht geht, sondern darüber zu diskutieren, wie wir die Lebensverhältnisse der Men­schen verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

Der konkrete Vorschlag der SPÖ bedeutet am Ende des Tages, dass sich die Menschen 10 Prozent ihrer Mieten ersparen. (Abg. Leichtfried: Ja!) Das ist für viele Betroffene unheimlich viel Geld. (In Richtung Staatssekretär Fuchs:) Da kann man den Kopf schütteln, darüber kann man lächeln, das zeigt nur die Arroganz, die hier teilweise den Menschen entgegengebracht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne: Springen Sie ein wenig über Ihren Schatten! Man hat klar erkannt, dass bisher leider von allen hier – von Ihnen, Herr Staatssekretär, von den Abgeord­neten der beiden Regierungsfraktionen – zwar immer erklärt wurde, was für ein schlechter Vorschlag das ist, dass aber – ist Ihnen das eigentlich aufgefallen? – bis dato in der Debatte kein eigener Vorschlag vorgebracht wurde. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Sieber ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


17.09.32

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir diskutieren folgenden Antrag heute dringlich: Antrag betreffend „Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke“.

Ja, meine Damen und Herren, dieses Thema des leistbaren Wohnens begleitet uns alle schon seit vielen Jahren. Richtig ist, Frau Rendi-Wagner, es gibt Spitzenmieten in Österreich, aber es ist schon die Frage, ob wir dieses Thema des leistbaren Wohnens anhand der Mieten von Kitzbühel diskutieren müssen. (Abg. Rendi-Wagner: Das war nur ein Beispiel! Innsbruck, Graz! – Zwischenruf der Abg. Becher.) Ich glaube, das ist schon relativ wenig Ernsthaftigkeit, wenn Sie dieses Thema anhand dieser Mieten diskutieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich glaube, wenn man dieses Thema ernst nimmt, dann macht es auch Sinn, dass man auch einmal die internationalen Vergleiche heranzieht und schaut, wie es denn inter­national mit den Mieten ausschaut. Man kann feststellen – und das sagt die Statistik Austria –, dass wir in Wien derzeit eine Nettomiete pro Quadratmeter von 7,60 Euro haben – ein stolzer Wert. (Widerspruch bei der SPÖ.) Wie schaut dieser Wert in Zürich aus? – In Zürich werden aktuell für einen Quadratmeter pro Monat 18 Euro bezahlt. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Wie hoch ist das Einkommen in Zürich?) In London, meine Damen und Herren, liegt dieser Wert bei 24 Euro. (Widerspruch bei der SPÖ.) Ich glaube also, dass wir damit in Österreich, in Wien nach wie vor einen ver­hältnismäßig guten Preis haben.

Interessant ist auch, dass wir hier die kritische Grenze durchaus verschieden betrachten. Was ist die kritische Grenze? – Die kritische Grenze ist jener Betrag, den wir vom monatlichen Haushaltseinkommen für Wohnen ausgeben. Die EU sagt, diese


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kritische Grenze liegt eben bei 40 Prozent des Haushaltseinkommens. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Meiner Ansicht nach ist dieser Wert zu hoch, deswegen finde ich es auch gut, dass wir in Österreich in der Statistik von einer kritischen Grenze von 25 Pro­zent ausgehen – und diesen Wert, meine Damen und Herren, erreichen wir nicht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch – und das vermischen Sie allzu oft, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie –, dass wir da nicht vom durchschnitt­lichen Einkommen reden dürfen, sondern natürlich vom durchschnittlichen Haushalts­einkommen in Bezug auf die Mieten; und das machen Sie leider auch nicht sehr oft.

Wie schaut es nun mit dem Wohnraum, der pro Kopf zur Verfügung steht, aus? Welche Entwicklung hatten wir in den vergangenen Jahren diesbezüglich? – War es so, dass wir im Jahr 1986 pro Kopf noch 30 Quadratmeter zur Verfügung hatten, so war dieser Wert 2017 bei 44,8 Quadratmetern pro Kopf. Das entspricht also einer signifikanten Steigerung um 50 Prozent – und das in 30 Jahren. Wenn man das nun umrechnen würde, dann könnte man sagen, das entspricht einer jährlichen Wohnraumsteigerung pro Kopf von 1,7 Prozent. Meine Damen und Herren, schon allein dieser Wert würde eine jährliche Teuerung durchaus erklären.

Wenn man sich nun die Umfragen zu Gemüte führt, dann erfährt man, dass da bei den Mieterinnen und Mietern durchaus noch Luft nach oben ist. Interessant ist auch die Frage, wie viele Arbeitsstunden ein Industriearbeiter für eine 70-Quadratmeter-Woh­nung arbeiten muss, um die Miete zu bezahlen. Waren das im Jahr 1986 noch 37,3 Stunden, die ein Industriearbeiter eben arbeiten musste, um seine Miete zu bezahlen, so liegt dieser Wert 2013 bei lediglich 39,6 Stunden. Das heißt, das ist eine Steigerung von 2,3 Stunden in 27 Jahren. Das bedeutet pro Jahr eine Steigerung von 0,2 Prozent. Diesbezüglich von einer Explosion zu reden, ist doch etwas verwegen. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Dennoch wissen wir, dass wir Herausforderungen im Mietenmarkt haben.

Was wir brauchen, ist eine Wohnbauoffensive, die diese Regierung durch verschie­dene Maßnahmen möglich macht. Was wir brauchen, ist eine Leerstandsmobilisierung, die diese Regierung durch eine Reform des Mietrechts auch einleiten wird. Was wir brauchen, ist eine Stärkung des Angebots, um das Mieten wieder leistbar zu machen. Was wir ganz sicher nicht brauchen, sind solche populistischen und wenig durch­dachten Anträge wie dieser. Deswegen werden wir ihn auch ablehnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lugar. – Bitte.


17.14.24

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (FPÖ): Die SPÖ hat heute einen tollen Vorschlag gemacht, in dem es darum geht, leistbares Wohnen zu ermöglichen. Da fragt man sich natürlich, warum Sie das nicht gemacht haben (Zwischenruf der Abg. Margreiter), als Sie noch in der Regierung waren – über viele, viele Jahre, gefühlt eine Ewigkeit. Warum haben Sie das damals nicht gemacht? (Abg. Rendi-Wagner: Wir waren nicht allein!) – Genau, das habe ich mir gedacht, die ÖVP war schuld. Die ÖVP war schuld, dass Sie es nicht machen konnten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.) – Genau, da gibt es sogar Applaus vonseiten der SPÖ! (Widerspruch bei der SPÖ.)

Dann schauen wir einmal dorthin, wo Sie es machen könnten, nämlich nach Wien. (Abg. Rendi-Wagner: Das ist ein Bundesgesetz!) In Wien sind Sie ja schon eine gefühlte Ewigkeit an der Macht, und dort könnten Sie für leistbares Wohnen sorgen.


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(Zwischenruf der Abg. Bayr.) Dazu werden wir jetzt einmal Herrn Ludwig zu Wort kommen lassen, der war vor einigen Jahren noch Wohnbaustadtrat und hat damals gesagt – das ist schon viele Jahre her –: Wir bauen viel zu wenig Sozialwohnungen und dadurch steigen die Preise in Wien, wir müssen mehr in den sozialen Wohnbau investieren. – Und was ist passiert? (Abg. Schieder: Es ist passiert!) – Es sind 100 000 zugezogen und 10 000 Wohnungen sind in der Stadt Wien gebaut worden. Da kann sich jeder – sogar ein Sozialist! – mit dem Taschenrechner ausrechnen, dass sich das nicht ausgeht. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Nicht nur deshalb steigen die Mieten in Wien. Nein, die Mieten steigen auch deshalb, weil erstens die Baugründe immer teurer werden, weil es immer weniger davon gibt, aber auch – und das ist hausgemacht – weil die Auflagen der Stadt Wien immer mehr verschärft wurden. Erstens wurde der Brandschutz immer wieder verschärft. (Zwi­schenruf des Abg. Krainer.) Er muss in Wien in einer Art und Weise gemacht werden (Abg. Leichtfried: Ah so, sind Sie gegen Brandschutz?), wozu sogar die Feuerwehr sagt, das ist nicht notwendig. Das betrifft auch den Wärmeschutz; jedes Jahr werden da die Daumenschrauben angezogen. (Abg. Leichtfried: Sie sind gegen Brand­schutz! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Krainer.) Ich sage nicht, dass das schlecht ist, aber es erhöht natürlich die Mieten, weil die Investitionskosten höher werden. (Zwi­schenruf des Abg. Vogl.)

Was ganz besonders schlimm ist, ist, dass es in Wien eine Verpflichtung gibt, für jede Wohnung auch einen Parkplatz zu bauen – in Wien, in der Innenstadt. (Abg. Krainer: Falsch! Schlecht informiert! – Ruf bei der SPÖ: Stimmt auch nicht mehr! Sie sind nicht am Puls der Zeit!) Einen Parkplatz für jede Wohnung, ist das vernünftig? – Das ist es eben nicht, denn diese Parkflächen, die ja in Wien gar nicht notwendig sind – und schon gar nicht im sozialen Wohnbau (Abg. Leichtfried: Woher sind Sie überhaupt?), wo sich viele ja gar kein Auto leisten wollen –, machen die Sache noch teurer. (Zwischenruf der Abg. Becher.)

In Wien gibt es einen Sozialisten, bei dem Sie Ihre guten Ratschläge deponieren könnten. Wenn Sie keinen Termin bei Herrn Ludwig bekommen, dann werde ich ein gutes Wort für Sie einlegen; und dann reden Sie einmal mit Herrn Ludwig in Wien, dass er all das abstellt – zugunsten des leistbaren Wohnens.

Was macht man in Wien, anstatt endlich diese Hemmnisse abzustellen, anstatt den günstigen Wohnbau wieder zu ermöglichen? – Man macht es so, wie es die Sowjet­union gemacht hat. Wir wissen ja, in Wien leben die Stalinisten. (Abg. Krainer: Hallo, Herr Präsident! Herr Präsident!) In der Sowjetunion wurde das Brot immer teurer. Was hat man gemacht? – Man hat den Brotpreis einfach gedeckelt. Man hat gesagt, es darf nicht mehr kosten. (Abg. Leichtfried: Herr Präsident, so geht das nicht!) Wissen Sie, was passiert ist? – Zuerst waren die Regale voll mit Brot, dann hat man diesen Deckel eingeführt und – was ist passiert? – die Regale waren leer. (Abg. Leichtfried: Was, in Wien?) Der Preis war in der Sowjetunion dann gedeckelt, das Brot war billig, aber es gab kein Brot.

Genau das Gleiche wird Ihnen in Wien passieren, wenn das kommt, was Sie mit Ihrer sozialistischen Politik wollen, nämlich einfach zu sagen, es darf nichts, was neu gebaut wird – oder ein Teil davon –, mehr als 5 Euro je Quadratmeter kosten. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Um 5 Euro schafft es nicht einmal die Stadt Wien, etwas zu bauen, nicht einmal die Stadt Wien! (Abg. Leichtfried: Sie kennen sich nicht aus! – Abg. Rosenkranz: Ein Che-Guevara-Denkmal wird sich ausgehen!) Die vermietet um 7 Euro oder noch mehr je Quadratmeter. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Sie sagen dann einfach: Kein Problem, wenn der Private baut, wird um 5 Euro vermietet. – Da haben wir genau das


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Problem, das man in der Sowjetunion hatte: Das Brot ist zwar nicht teuer, aber es exis­tiert nicht mehr, denn der Bäcker sagt, dass er um diesen Preis nicht produzieren kann, da er da etwas oben drauflegen muss. (Zwischenruf des Abg. Keck.)

Genauso werden jene, die jetzt noch Immobilien in Wien entwickeln, sagen, dass sie nicht mehr bauen werden, wenn sie um 5 Euro vermieten müssen. Und das ist das Problem, das Sie nicht sehen. Ich sage Ihnen jetzt ein Geheimnis (Oh-Rufe bei der SPÖ – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ): Der Sozialismus ist gescheitert (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP) – das wissen Sie noch nicht –, der Sozialismus ist gescheitert und er wird auch im Wohnbau in Wien nicht funktionieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Machen Sie Ihre Hausaufgaben in Wien, und dann können Sie uns wieder gute Ratschläge geben! Frau Rendi-Wagner, machen Sie einmal Ihre Hausaufgaben in Wien, dann kommen Sie wieder her und geben uns gute Ratschläge! (Abg. Becher: Das ist doch unerhört, das ist überheblich! – Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.)

Und eine Sache noch zum Schluss: Frau Rendi-Wagner ist heute hier gestanden und hat sich für eine Familie in Wien, die in einer Wohnung wohnt und zwei Kinder hat, 3 000 Euro im Jahr Ersparnis gewünscht. Haben Sie sich das heute gewünscht? (Abg. Winzig: Das war in Graz! – Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.) – Sie sagt Ja. Ich kann Ihnen sagen, diese 3 000 Euro werden von der Bundesregierung geliefert – mit dem Kinderbonus: 3 000 Euro im Jahr! – Danke, liebe Bundesregierung! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.)

17.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordnete Kucharowits ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


17.19.54

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! (Ruf bei der FPÖ: Schön, dass Sie wieder da sind!) Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher!

Ganz kurz gehe ich auf die Aussagen des Herrn Kollegen Lugar ein: Offen gesprochen haben Ihre Ausführungen, eigentlich Ihre Erzählungen aus Ihrer Welt, schon lange einen Bart; wir kennen sie schon. Das war auch in der letzten Gesetzgebungsperiode nicht anders. Sie werden auch nicht wahrer, wenn Sie sie wiederholen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lugar: Was war daran nicht wahr?)

Zum Kollegen Sieber: Da Sie London hinsichtlich Mieten als Beispiel gebracht haben, scheint es irgendwie so zu sein, als würden Sie für Mieterhöhungen eintreten, denn das zu vergleichen, ist eigentlich schon sehr, sehr an den Haaren herbeigezogen. Wir wollen das nicht, wir wollen das Gegenteil. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Ich möchte einfach noch einmal unterstreichen, dass Wohnen ein Grundbedürfnis ist und dass ein Zuhause ein Grundbedürfnis ist und auch ein Grundrecht sein muss. Vor allem ein bezahlbares Zuhause muss ein Grundrecht sein, denn wir alle wissen, wenn eine Wohnung nicht bezahlbar ist, dann macht das den Menschen ungemein viel aus. Macht man sich Sorgen, dann löst das auch Existenzängste aus. Wir wissen, dass Wohnen, wie es sich von den Mieten her gestaltet, seit einigen Jahren kein Grundrecht mehr ist; es ist ein Luxusgut geworden. (Abg. Wurm: Das ist eine Selbstanklage, Frau Kollegin!) Das geht durch die Bevölkerung, aber vor allem ist es ein Luxusgut für junge Menschen, die das erste Mal den Weg in die Selbstständigkeit gehen, für ältere Menschen, die nicht über die megamäßige Pension verfügen, für AlleinerzieherInnen geworden.


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Genau das gilt es einzudämmen. Es gibt dringenden Handlungsbedarf, aber es gibt vor allem nicht den Handlungsbedarf, den Sie, Herr Staatssekretär, heute skizziert haben und der auch im Regierungsprogramm steht, denn dieser ist kontraproduktiv. Sie wissen, wir in der Sozialdemokratie haben eine unfassbare Latte an konkreten Vorschlägen, wie Wohnen wieder bezahlbar wird, und ich möchte Ihnen diese gerne in kurzen Worten skizzieren:

Erstens: Runter mit den Mieten! Kollegin Becher hat vom Universalmietrecht ge­sprochen. Es ist möglich, Herr Kollege Lugar, dass man eine Basismiete schafft – wir fordern das auch, es ist fundiert durchgerechnet worden (Abg. Steinacker: Von wem durchgerechnet?) –, eine Basismiete von 5,50 Euro, und damit verbunden konkrete Zuschläge und konkrete Abschläge, die gesetzlich definiert sind. (Abg. Lugar: Aber nicht beim Neubau!) Damit ist man – Sie kennen das vielleicht –, wenn man in einer Wohnung steht, nicht mehr vom Goodwill der Vermieterinnen und Vermieter abhängig, sondern es gibt ganz klare Transparenz. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens: das 5-mal-5-Modell: Es braucht ein größeres Angebot für junge Menschen. Sie kennen vielleicht das 5-mal-5-Modell, es ist eine spezielle Kategorie. Es geht darum, 5 Euro pro Quadratmeter für fünf Jahre zu verlangen, und das für Menschen, die zwischen 18 und 30 Jahre alt sind. Ich fantasiere da nicht irgendetwas, sondern das ist ein Modell, das zum Beispiel auch in der Stadt Steyr gelebt wird. (Abg. Deimek: Das ist aber spezifisch ...!)

Drittens: Wohnbaufördermittel, die heute auch schon Thema waren. Die Wohn­bau­fördermittel brauchen endlich wieder eine Zweckwidmung. Wir müssen sie einer Zweckwidmung zuführen, damit bezahlbare Wohnungen auch auf die Füße kommen. Es gibt einige Bundesländer – da auch der Appell –, die diese Wohnbaufördermittel nicht abholen und damit vielen Menschen bezahlbare Wohnungen verwehren.

Abschließend – darum geht es heute genau –: Runter mit der Mehrwertsteuer bei Wohnungsmieten! Leisten wir jetzt einen unmittelbaren Entlastungsbeitrag bei den bestehenden monatlichen Mieten! (Abg. Steinacker: Gießkanne! Braucht nicht jeder!) Entlasten wir 1,6 Millionen Haushalte und damit ungemein viele Menschen – Erwach­sene, Kinder, Jugendliche! Machen wir das jetzt!

Herr Finanzstaatssekretär, nehmen Sie diesen Vorschlag in Ihre Verhandlungen auf europäischer Ebene mit!

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, beschließen Sie das heute, damit wir wirklich ein Entlastungspaket für 1,6 Millionen Haushalte mit einem Schlag auf die Füße bekommen!

Ganz ehrlich, geschätzter Herr Staatssekretär, Sie bezeichnen sich selbst immer als Entlastungsregierung, dann zeigen Sie auch heute Flagge und machen Sie endlich etwas für die vielen und nicht für die wenigen: Runter mit der Mehrwertsteuer, heute und jetzt! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.


17.24.34

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Bester Innen­minister aller Zeiten! Grüß Gott! Wertes Hohes Haus! Werte Zuseher! Frau Kollegin Rendi-Wagner, wenn Sie mir kurz Ihre Aufmerksamkeit schenken! Es hat vor wenigen Jahren einen Werbespruch, einen Slogan im Wahlkampf in Tirol gegeben: Mieten runter, aber flott! – Was glauben Sie, wer das in Tirol plakatiert hat? – Ein ehemaliger


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Landeshauptmannstellvertreter – Mieten runter, aber flott! –, das war Landeshaupt­mannstellvertreter Gschwentner, ein Sozialdemokrat. Der Einzige, für den das Rezept danach funktioniert hat, war er selbst, er wurde dann nämlich Geschäftsführer einer roten Wohnbaugenossenschaft und hat sich auf diesem Weg eine Penthousewohnung zum halben Preis organisiert. (Oh-Rufe bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Schimanek – in Richtung SPÖ –: Zuhören!) Für ihn hat es funktioniert. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vielleicht noch einmal, um ernsthaft zu bleiben: Das ganze Thema Mietpreise und Wohnkosten ist ein sehr ernsthaftes. Es ist ja auch eine Entwicklung, die in Österreich keinem Freude machen kann. Da sind wir, glaube ich, alle oder fast alle hier einer Meinung. Aber die Rezepte dafür und auch die Ursachenforschung sind schon etwas komplexer und komplizierter, als sie heute teilweise dargestellt wurden.

Schauen Sie sich ein Konzept zu diesem Thema an, dann hat das mindestens 50 bis 70 Seiten und besteht nicht einfach in einer Reduzierung der Mehrwertsteuer, die heute ausführlich diskutiert wurde und nicht zum Ziel führt.

Ich darf Ihnen noch ein kleines Beispiel aus Tirol geben: Tirol ist das Bundesland, das die letzten Jahre und Jahrzehnte mit den größten Steigerungen zu kämpfen hatte. Wir haben in Tirol 6 Prozent Grundfläche, die überhaupt besiedelbar ist, und von diesen 6 Prozent sollten wir auch ein paar Felder übrig lassen, damit wir Tirol irgendwann einmal selber noch ernähren können; das heißt, da ist eine Verknappung automatisch gegeben.

Die Bevölkerung in Tirol hat sich von 450 000 Einwohnern in 50 Jahren auf knapp 800 000 nahezu verdoppelt. Allein wenn Sie sich Innsbruck anschauen: Es gibt in Innsbruck 32 000 Studenten – 32 000 Studenten, die auch wohnen müssen. Das hat aber niemand mitgedacht, und summa summarum führt das zu dem Ergebnis – da kommt keiner drum herum –: Das ist Angebot und Nachfrage. Das Angebot wurde auch am Beispiel Tirol die letzten 50 Jahre massiv erhöht. Wir hatten 1960 in Tirol 58 000 Wohngebäude, wir haben aktuell in Tirol 177 000. Das ist mehr als eine Verdreifachung, und trotz allem kommen wir mit der Nachfrage und mit dem Angebot nicht zurande.

Selbstverständlich – das ist heute schon mehrmals angesprochen worden – hat der unkontrollierte Zuzug nach Tirol, nach Österreich auch die Situation am Wohnungs­markt ganz massiv verschärft. Das heißt, es gibt für diese Nachfrageexplosion natürlich mehrere Ursachen: Baukostensteigerungen, eine extrem komplexe Bauordnung, zig Auflagen, auch die durchschnittliche Wohnungsgröße hat sich von 1,8 pro Haushalt auf 1,3 reduziert – es gibt halt heute eine andere Familienstruktur.

Das heißt, das heizt alles die Nachfrage ganz massiv an. Grundsätzlich gibt es jetzt eine Fülle an denkbaren und diskutierbaren Ansätzen, um dieses Problems vielleicht Herr zu werden, aber dann sollte man auch berücksichtigen, dass sehr viele Dinge ineinandergreifen: Es gibt in diesem Bereich eine Landesgesetzgebung und eine Bundesgesetzgebung. Bei allen Lösungen, die wir hier diskutieren, sollten wir uns sehr, sehr gut überlegen, ob sie auch zum Ziel führen.

Das Ziel muss natürlich sein, dass die Wohnkosten in Österreich grundsätzlich nicht mehr diese Dimension erreichen, wie wir sie derzeit haben. Da bitte ich aber schon um eine ernsthafte Diskussion. Wir können uns sicher auch einmal gemeinsam im Bautenausschuss austauschen, aber eine plakative Forderung – Mieten runter, aber flott! – führt uns mit Sicherheit nicht zum Ziel.

Ich erspare Ihnen jetzt die Aufzählung der Maßnahmen, die vorliegen. Wir Freiheitliche haben in diesem Bereich ein sehr umfangreiches Lösungspaket, das wir gerne einmal


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ausführlich diskutieren können; aber bitte ernsthaft, auch im Sinne der österreichischen Bevölkerung.

Ich bitte noch einmal, vor allem, sage ich jetzt einmal, die Opposition, auch bei der Ursachenforschung beide Augen aufzumachen und wirklich genau hinzuschauen, denn viele Probleme, die wir in Österreich am Wohnungsmarkt haben, haben leider Gottes auch Sie mitzuverantworten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist zu einer tatsächlichen Berichtigung Herr Abgeordneter Unterrainer. – Bitte.


17.29.40

Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Herr Präsident! Damen und Herren! Herr Kollege Peter Wurm hat behauptet, dass der ehemalige Landespartei­vor­sitzende der SPÖ in Tirol, nachdem er Geschäftsführer einer gemeinnützigen Woh­nungs­gesellschaft geworden ist, eine Wohnung zum halben Preis erworben hätte. (Abg. Wurm: Das stimmt aber!)

Ich berichtige tatsächlich: Diese Wohnung wurde nach Feststellung durch einen Sachverständigen öffentlich ausgeschrieben, und der ehemalige Vorsitzende hat diese Wohnung zum festgesetzten Preis erworben. Das ist die Wahrheit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krainer. – Bitte.


17.30.31

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Für circa jede zweite Familie in Österreich ist Wohnen ein wichtiges Thema, sind Mieten ein brennendes Thema, weil es jeden Monat wichtig ist, diese Miete zu bezahlen. Dieses Thema betrifft circa jede zweite Österreicherin, jeden zweiten Österreicher.

Die SPÖ hat ein umfassendes Paket vorgelegt: das Universalmietrecht, das heißt, dass wir zum Beispiel diese Befristungen möglichst einschränken, dass wir einen effek­tiven Mietpreisdeckel haben, das heißt, keine unendlich hohe Miete und keine unend­lich hohe Steigerungsrate. Wir haben vorgelegt, wie wir zu mehr Neubau kommen können, und in diesem Paket ist auch drinnen, wie wir denjenigen, die heute unter diesen extrem hohen Mieten leiden, das Leben leichter machen können. – Ich dachte immer, in der Politik ist es schon auch eine wesentliche Aufgabe von uns allen, aufzu­zeigen, wie wir jenen, die es besonders schwer im Leben haben, das Leben leichter machen können. – Das ist ein Vorschlag von mehreren. (Beifall bei der SPÖ.)

Einige Rednerinnen und Redner haben gesagt, das löst nicht alle Probleme. Das stimmt, deswegen gibt es ein umfassendes Reformpaket, das die SPÖ vorgestellt hat. Was wir heute diskutieren, ist dieser eine Teil, dass man die Mehrwertsteuer auf Mieten auf 0 Prozent senkt. (Zwischenruf des Abg. Hammer.) – Ja, da gibt es ein paar technische Fragen, wie wir das in die Mehrwertsteuerrichtlinie reinbekommen, die ist gerade offen. Es gibt Länder, die haben genau diese Ausnahme. Das ist nichts, das vollkommen aus der Welt ist, das weiß ja der Staatssekretär, oder sollte er zumindest wissen.

Ich glaube, dass die Menschen wenig interessiert, wie wir die technischen Fragen lösen. Wie das technisch funktioniert, interessiert, glaube ich, die Menschen oder die


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Mieter in Österreich nicht. Diese interessiert: Hey, wie kann ich eine Monatsmiete im Jahr weniger ausgeben müssen? Wie kann die Miete für mich um eine Monatsmiete im Jahr gesenkt werden?

Das ist der Vorschlag der SPÖ, der nicht von heute auf morgen umzusetzen ist, sondern dafür braucht es sicher ein paar Monate. Er könnte aber wohl mit 1.1.2020 funktionieren, wenn wir das wollen. Beschlossen werden muss es am Ende des Tages hier, das ist auch ganz klar. Und es sollte heute beschlossen werden, damit wir mit der Umsetzung beginnen.

Was sagt die FPÖ? – Der Staatssekretär fällt vor allem durch Fake News auf, indem er behauptet, die SPÖ hätte die Steuer auf Mieten verdoppeln wollen. Das wurde bereits richtiggestellt, das sind einfach Fake News. Mit Ausnahme des Kollegen Wurm kamen eigentlich nur Fake News von der FPÖ.

Was sagt die ÖVP? – Die ÖVP sagt: Na, wer sich das Mieten nicht leisten kann, der soll doch einfach kaufen. (Abg. Winzig: Das hat ja niemand gesagt! Wer hat das gesagt?) Das ist natürlich im Sinne der Marie Antoinette, das ist vollkommen lebens­fremd.

Ich kann nur eines sagen: Die Mieterinnen und Mieter, die zusehen und ein Problem haben, die Miete zu zahlen, sind schon draufgekommen: Von der FPÖ werden wir nicht vertreten, von der ÖVP auch nicht, Gott sei Dank gibt es die SPÖ, die die Interessen der Mieter vertritt. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei der FPÖ.)

Was sagt das Regierungsprogramm? – Das Regierungsprogramm, ganz konkret zum Beispiel für meinen Wahlkreis, 3., 4. und 5. Bezirk in Wien, sagt, die Mieten werden um 15 bis 20 Prozent steigen, weil es nämlich einen Zuschlag in den sogenannten Grün­derzeitvierteln geben soll. Da können die Mieter nur sagen, na gut, wenn die Regierung das umsetzt, steigen zum Beispiel im 3., 4., 5. Bezirk die Neuvermietungen auto­matisch um 15 bis 20 Prozent. Da werden die Mieter auch sagen: Danke, von den beiden Regierungsparteien habe ich nichts, Gott sei Dank gibt es die SPÖ. (Heiterkeit des Abg. Taschner.)

Das Einzige, was Sie hier sagen, ist: Wien ist schuld. Dann schauen wir uns doch die Realität an: Sie sagen, die Müllabfuhr ist so teuer in Wien. – Vergleichen Sie einmal die Müllabfuhr in Wien mit jener in Niederösterreich! Ich kann es Ihnen sagen: In Wien kostet es die Hälfte, dafür kommt die Müllabfuhr jede Woche. In Niederösterreich kostet es das Doppelte, dafür kommt die Müllabfuhr einmal im Monat. (Zwischenruf des Abg. Hammer.) Also was soll da jetzt so schlimm sein an den Kosten in Wien? Da macht es die Hälfte der Kosten von Niederösterreich aus.

Sie behaupten, die Mieten in Wien wären am höchsten. Kollege Wurm von der FPÖ hat es schon richtiggestellt, in Wien haben wir die zweitniedrigsten Richtwertmieten von ganz Österreich; nicht die höchsten, die zweitniedrigsten! Das Problem ist zum Beispiel in Innsbruck weit größer als in Wien. Es ist in Wien auch ein Problem, ja, aber es ist in den Ballungsräumen, ob das in Innsbruck oder in Salzburg ist, nicht besser, sondern teilweise sogar noch schlimmer als in Wien.

Das heißt, dieser Schmäh, Wien sei schuld, ist halt falsch. In Wien ist das Problem deswegen nicht so groß, weil es eben den sozialen Wohnbau gibt, weil es den Genos­senschaftsbau gibt.

Das, was man mitnehmen kann, ist: Offensichtlich sind der ÖVP und den Freiheitlichen diese 50 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, die in Miete leben, egal. Wir von der SPÖ werden weiterhin für ihre Interessen eintreten. Wir werden dafür eintre­ten, dass diejenigen, die heute bereits einen Mietvertrag haben, möglichst eine Sen­kung um eine Monatsmiete im Jahr haben. Wir werden uns dafür einsetzen, dass jene,


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die neu mieten müssen, durch ein Universaldienstrecht (Abg. Rosenkranz: Ein Dienstrecht?) und durch mehr neue Wohnungen auf leistbare Wohnungen treffen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rosenkranz ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.


17.36.44

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Kollege Krainer hat gerade gesagt, durch Universaldienst­leistun­gen könnte man jetzt Mieten entsprechend senken. – Das ist ein neuer Punkt hier in der Debatte.

Die Frage ist: Was soll heute laut SPÖ beschlossen werden? „Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert bei den Verhandlungen zur Reform des Mehrwertsteuer­systems auf EU-Ebene sicher zu stellen, dass Wohnungsmieten in Österreich einer echten Befreiung [...] unterliegen und danach dem Nationalrat“ und so weiter. (Abg. Leichtfried: Eben!) – Ja, eben.

Jetzt schauen wir uns das einmal an, was tatsächlich passiert: Wo sind Sie denn eigentlich in den letzten Jahren, seit wir in der EU sind, gewesen? Waren Sie eigentlich nur dort draußen irgendwo teuer essen, Champagner trinken (Zwischenrufe bei der SPÖ), oder haben Sie jemals schon irgendwo Verhandlungen mit einer Institution geführt?

Wissen Sie, was das Wichtigste ist? – Diesen 50 Prozent kann man sagen, eines gibt es Gott sei Dank: keine SPÖ mehr. Sehr unverdächtig in der Kritik an Ihrem Antrag war Herr Kollege Rossmann, wobei ich dem fernstehe, dass ich seine Ansichten verteidige. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Was aber hat er gesagt? – Sozialversicherungs­beiträge gehören gesenkt, damit die Leute mehr haben – wir haben noch den Familien­bonus –, und die Steuer gehört gesenkt. – Das ist genau das, was diese Bundes­regie­rung machen wird! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Da können Sie hundert Jahre in Brüssel verhandeln, im Kreis herumverhandeln, diese Bundesregierung macht genau das mit einer Steuer- und Abgabenentlastung, damit sich die Menschen, auch die 50 Prozent, von denen Herr Krainer gesprochen hat, die Mieten in Österreich werden leisten können.

Sie haben Ihr eigenes Scherflein. Machen Sie nicht solche, mein Gott, Kommando­aktionen, weil Sie jetzt in der Opposition glauben, es geht so super locker dahin; das ist bar jeder Realität. Wenn Sie einen Realitätsbeweis antreten wollen, dann machen Sie das mit Ihren Genossen in Wien und dann werden wir Sie loben, wenn Sie endlich einmal dort, wo Sie tatsächlich regieren, etwas zusammenbringen.

Aber es stimmt schon, so findet man halt nicht wirklich in die Oppositionsrolle hinein, wenn man Dinge, die bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag dauern würden, vorschlägt. Wir handeln jetzt nachhaltig für alle in Österreich! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.39

17.39.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 514/A(E) der Abgeordneten Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unechte USt-Befreiung Ge­schäftsraummiete“.

Ich darf die Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Auch das ist die Minderheit. Abgelehnt.

17.40.05Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Verhandlungen über die Tagesord­nungspunkte 4 und 5 wieder aufnehmen.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.


17.40.21

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zurück zur Tages­ord­nung, zurück zu der Vorlage, die in Verhandlung steht. Es geht um ein „Bundesgesetz, mit dem das Symbole-Gesetz geändert wird“. Sinn und Zweck dieser Vorlage ist es, die Verwendung von Symbolen extremistischer Gruppen sowie anderer Bewegungen, die den Zielen unserer Republik widersprechen, zu verbieten.

Vor der dringlichen Debatte haben bereits zwei Kolleginnen zu diesem Thema ge­sprochen, auf deren Aussagen ich ganz gerne eingehen möchte. Kollegin Fürst hat zunächst, glaube ich, sehr schön dargestellt, welche Bedeutung Symbole haben kön­nen und welche Wirkung sie auch auf die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppen haben können und dass das durchaus mit einer nicht zu unterschätzenden Gefahr verbunden sein kann.

Auf der anderen Seite wurde dann insbesondere von Frau Kollegin Schatz von der Sozialdemokratie einerseits gesagt, das Gesetz passe schon, es gehe in die richtige Richtung, aber andererseits gehe es der Sozialdemokratie zu wenig weit, die Gruppen, die ausgewählt sind, seien willkürlich ausgewählt worden und viele Gruppen würden noch fehlen. – Ich möchte Ihnen schon entgegenhalten, dass wir uns sehr genau überlegt haben, welche Gruppen in diesem Gesetz genannt werden sollen, und dass es darüber hinaus auch noch eine Verordnungsermächtigung für den Herrn Bundes­minister gibt, damit man eben auch flexibel auf Veränderungen bei diesen Symbolen reagieren kann. Das ist doch wichtig für unsere Exekutive, dass sie dagegen ein­schreiten kann.

Wichtig ist aber auch, meine Damen und Herren, dass ein solches Gesetz – und wir beschließen das ja einfachgesetzlich, also ohne Verfassungsbestimmung; das Gesetz ist nicht im Verfassungsrang – auch verfassungskonform ist. Auch in diesem Zusam­menhang haben wir die Gruppen sehr genau ausgewählt, damit ein solches Gesetz auch vor dem Verfassungsgerichtshof Bestand haben kann – weil es ein wichtiges Gesetz ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Fast ein bisschen scherzhaft gemeint gewesen zu sein erscheint es mir, als vonseiten der NEOS schon im Ausschuss angemerkt worden ist, das Symbole-Gesetz sei nur symbolisch und habe eigentlich keine Wirkung. Dazu möchte ich Ihnen sagen – und wer sich ein bisschen mit diesen Fragen auseinandersetzt, der weiß es ja sehr genau –, dass Recht Ausfluss vorherrschender Moral in einer Gesellschaft ist und dass sich die Dinge daher immer wieder auch ändern müssen. Gerade hier ist es notwendig, ein paar Pflöcke einzuschlagen, was wir in unserer Gesellschaft haben wollen und was wir nicht haben wollen. Es ist ein wichtiges Symbol auch im Hinblick auf das, was die Grundwerte unserer Gesellschaft in unserer Republik Österreich sind. (Zwischenruf


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des Abg. Scherak.) – Deshalb, Herr Kollege Scherak, ist dieses Gesetz ein wichtiges Gesetz, und ich finde es eigentlich ein bisschen schade, dass hier nicht sozusagen der wehrhafte Rechtsstaat, die wehrhafte Demokratie ins Zentrum gesetzt werden, son­dern versucht wird, sich durch eine philosophische Diskussion drüberzuturnen.

Dieses Gesetz ist ein gutes Gesetz – ich danke für diese Regierungsvorlage! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zadić. – Bitte.


17.44.29

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Herr Präsident! Hohes Haus! Ge­schätzter Herr Innenminister! Geehrte Bürgerinnen und Bürger! Das Symbole-Gesetz verbietet das Zeigen von Erkennungszeichen bestimmter Gruppierungen. Die Regie­rung gibt als Gesetzesziel an, dass Symbole weiterer extremistischer Gruppie­rungen verboten werden sollen, weil sie im Widerspruch zu unseren Grundwerten und im Widerspruch zum Prinzip der gesellschaftlichen Pluralität stehen. Das macht auch durchaus Sinn. Ich bin mir auch sicher, dass dieses Ziel, unsere liberale und demo­kratische Grundordnung zu schützen, von allen Fraktionen hier im Hohen Haus geteilt wird, ich wundere mich allerdings darüber, wie die Bundesregierung dieses Ziel er­reichen möchte.

In dem vorliegenden Entwurf findet sich eine taxative Aufzählung von Organisationen, und das ist mir im Hinblick auf das vorhin erwähnte Ziel völlig unverständlich: warum bestimmte Organisationen willkürlich ausgesucht wurden und andere, die ebenso gegen unsere Grundwerte verstoßen, nicht. (Abg. Rosenkranz: Na Werte ist ein Problem!) Das insbesondere deswegen, weil die Bewegung der Neuen Rechten beispielsweise in dieser Auflistung fehlt. So fehlen beispielsweise auch die Identitären-Bewegung und sonstige Bewegungen Rechtsextremer. Ihre Ziele und Inhalte stehen im Widerspruch zu den Grundwerten der Republik Österreich und zu den Prinzipien der gesellschaftlichen Pluralität, von denen ja auch die Ziele dieses Gesetzentwurfes sprechen.

Selbstverständlich können wir darüber diskutieren, ob in einer offenen Demokratie Symbole verboten sein sollten und wie und ob eine Demokratie solche Verbote über­haupt aushalten muss und aushalten kann, aber wenn wir uns dafür entscheiden, Verbote einzuführen, dann stelle ich mir schon die Frage, wie und welche Kriterien wir wählen, um festzulegen, welche Symbole verboten werden sollen und welche nicht.

Schauen wir uns beispielsweise die Neuen Rechten an! Auch diese Gruppierungen stellen sich unmissverständlich gegen die österreichische Demokratie. So hat bereits der Verfassungsschutzbericht gesagt: „[...] ,Neuen Rechten‘ beabsichtigen die Beseiti­gung oder zumindest die Beeinträchtigung des demokratischen Verfassungsstaates und [...] das politische System grundlegend zu verändern.“

Diese Bewegungen sind bei uns höchst aktiv. Allen voran natürlich die Identitären-Bewegung, die auch im Verfassungsschutzbericht als „eine der wesentlichen Trägerinnen des modernisierten Rechtsextremismus in Österreich“ bezeichnet wird.

Der Innenminister hat unlängst auch darauf hingewiesen, dass Rechtsextremismus in Österreich nicht strafbar ist. – Mit dieser Regierungsvorlage hätten Sie die Möglichkeit gehabt, die Verwendung von Symbolen des neuen Rechtsextremismus unter Strafe zu stellen. Ich stelle mir schon die Frage, warum Sie das nicht getan haben.


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Die Auswahl der Organisationen in diesem Gesetzentwurf scheint jedenfalls willkürlich und aus rechtsstaatlicher Sicht höchst problematisch zu sein. (Beifall bei JETZT.)

Eine Sache finde ich auch etwas irritierend: Zum Beispiel in § 3 Abs. 1 des neuen Symbole-Gesetzes steht, wie hoch die Strafe ist. Die Verwaltungsstrafe beträgt bis zu 4 000 Euro, für Wiederholungstäter 10 000 Euro. Ich habe das mit dem Abzeichen­gesetz verglichen, welches die Verwendung von NS-Symbolen pönalisiert, und dort liegt der Strafrahmen bei lediglich 4 000 Euro. Ich verstehe nicht, woher diese Un­gleichbehandlung kommt, denn der Unrechtsgehalt der Tat ist meines Erachtens der gleiche. Warum die einen 10 000 Euro zahlen sollen und die anderen 4 000 Euro, auch bei Wiederholungen, das ist für mich aus legistischer Sicht problematisch und unver­ständlich. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

17.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Kickl. – Bitte.


17.49.17

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutigen Tagesordnungspunkte 4 und 5 behandeln, wie schon angesprochen, das Symbole-Gesetz und das Abzeichengesetz. Ich möchte mich zunächst bei den Vorrednern der Regierungsparteien dafür bedanken, dass sie doch in breiter Ausführlichkeit den Inhalt der jetzt zur Debatte stehenden Gesetzesnovelle dargelegt haben. Das erspart es mir, in weiten Bereichen auf Details einzugehen. Ich bedanke mich auch dafür, dass wir das in relativ kurzer Zeit sehr zügig und, wie ich meine, substanziiert zustande gebracht haben.

Schade finde ich es umgekehrt, dass sich die Opposition nicht dazu durchringen konnte, eine aus unserer Sicht notwendige und sinnvolle Maßnahme zu unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sehe in dieser Novelle, ich sehe in dieser Regelung nicht den einen Schlüssel, der alle Schlösser sperrt, aber ich sehe darin einen Baustein mehr in unserem Kampf gegen Extremismus und gegen den Terroris­mus, der sehr, sehr oft auch auf ein solch extremistisches Fundament aufsetzt. Es ist ein Baustein mehr!

Genauso gefreut habe ich mich, als es in der letzten Sitzung mit den Innenminis­terkollegen in Brüssel gelungen ist, trotz einiger Widerstände im Zusammenhang mit Grundrechtsbedenken, wenn es um die Meinungsfreiheit geht, auch eine entsprechende Verordnung durchzusetzen, in der es darum geht, dass es eine Verpflichtung dazu gibt, terroristische und extremistische Inhalte aus dem Internet zu entfernen. Ich glaube, dass es sich bei dieser Art von Propaganda, bei dieser Art von Agitation in Wahrheit um Brandbeschleuniger oder um Katalysatoren des Negativen handelt, und ich denke, wir sollten jede einzelne Maßnahme nutzen, die uns weiterbringt, wenn es darum geht, unsere Gesellschaft, unser Wertesystem und unsere Demokratie vor Angriffen durch Extremisten und Terroristen zu schützen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich freue mich auf jeden Fall darüber, dass wir jetzt auch ein Instrument in der Hand haben, um gegen diese Formen der Propaganda und gegen diese Formen der Agi­tation sozusagen strafend vorgehen zu können, weil wir Strafsanktionen dort vorge­sehen haben, wo wir bisher nur tatenlos zuschauen mussten.

Jetzt kann man natürlich – und ich möchte auch einen Beitrag dazu liefern – auch über die Frage diskutieren, ob das Symbolpolitik ist. – Ja, natürlich ist das auch Sym­bolpolitik, und ich denke, es ist notwendige Symbolpolitik, es ist eine gute Symbol­politik, denn das Symbol, das wir damit zeigen, und die Botschaft, die wir damit in


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Umlauf setzen, ist, dass wir keine Toleranz gegenüber extremistischen und funda­mentalistischen Bedrohungen in unserer Gesellschaft haben. Null Toleranz, null Tole­ranz und noch einmal null Toleranz, das ist die Botschaft, und ich weiß gar nicht, was man gegen dieses Symbol haben kann! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Unterschätzen Sie nicht die Kraft der Symbolpolitik! Es sind ja schon viele Beispiele angesprochen worden. Weltpolitik ist mit Symbolen gemacht worden. Willy Brandt und sein Kniefall – ich glaube, es war 1970 –, der in die Weltgeschichte eingegangen ist – ein reines Symbol. Man kann natürlich darüber diskutieren, ob einem das Symbol, das gesetzt wird, in seine Weltanschauung passt. Das ist eine Debatte, die man führen kann. In meine Weltanschauung passt es hinein, dass wir jetzt ein Gesetz auf den Weg bringen, in dem wir sagen, dass wir die Symbole etwa von islamistischen Gruppen, die Symbole von türkischen Nationalisten bei uns schlicht und ergreifend nicht haben wollen und deshalb gegen sie vorgehen. Ich habe kein Problem, das mit meinem Weltbild in Verbindung zu bringen. Ich glaube, da liegt das Problem bei denjenigen, die darin eine Schwierigkeit für sich orten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Frau Abgeordnete Schatz, ich weiß nicht, vielleicht war es ja eine Generalabrechnung mit der Symbolpolitik als solcher, das ist durchaus möglich, ich glaube aber, wenn es das gewesen sein soll, dann müssen Sie ordentlich in sich gehen, denn dann müssen Sie sich einmal fragen, was all Ihre Vorstöße im Zusammenhang mit Genderpolitik denn anderes als Symbolpolitik sind, eine, die mit Ihrer Weltanschauung kompatibel ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wissen ja, dass die geltende gesetzliche Grundlage seit dem 1. Jänner des Jahres 2015 existiert. Die Gruppen, die von dem damaligen Symboleverbot umfasst waren, waren der Islamische Staat, Al Kaida und Nachfolgeorganisationen, und bedauerlicherweise – sage ich –, bedauerlicherweise haben wir damit nicht das Auslangen gefunden, weil sich einfach neue Gruppen breitgemacht haben, neue Gruppen eingenistet haben und neue Gruppen für unsere Republik und für unsere Gesellschaftsordnung eine Gefahr darstellen. Die Zeit ist nicht stehengeblieben.

Frau Abgeordnete Schatz, es sind halt einmal nicht die Franco-Faschisten, die jetzt in Österreich aktiv werden, es sind nicht die Pfeilkreuzler, und es ist nicht der Apolo­getenverein des japanischen Kaiserreichs, oder was auch immer Sie an Implikationen aus der Historie herleiten wollen, sondern die Bedrohungen, mit denen wir es zu tun haben, sind ganz andere: Das sind die, die im Hier und Jetzt auf dem Boden des österreichischen Territoriums stattfinden, und das war für uns der Maßstab der Beurteilung, welche Organisationen in dieses Gesetz Eingang finden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es geht also um das Hier und Jetzt, und deshalb ist es notwendig gewesen, den Anwendungsbereich dieses Gesetzes aus dem Jahr 2015 entsprechend auszuweiten. Wenn Sie völlig davon abstrahieren und sagen, das muss alles nichts mit Österreich zu tun haben, sondern da geht es um eine grundsätzliche Debatte über Symbole von terroristischen oder demokratiefeindlichen Organisationen, Frau Abgeordnete Schatz, dann müssen wir auch darüber nachdenken, ob Hammer und Sichel vielleicht in der gekreuzten Variante auf rotem Hintergrund ein Symbol bilden, das auf eine Verbotsliste gehört.

Wir diskutieren über Bedrohungen im Hier und Jetzt, deswegen schaut die Liste so aus, wie sie aussieht. Deswegen ist die sunnitisch-islamistische Muslimbruderschaft auf der Liste, deswegen geht es um die türkisch-nationalistischen Grauen Wölfe, deswegen geht es um die separatistisch-marxistische Kurdische Arbeiterpartei PKK, deswegen geht es um die palästinensisch-islamistische Hamas, deshalb geht es um


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den militärischen Teil der Hisbollah und deshalb geht es auch um die NS-Verherr­lichung der Ustascha-Anhänger. Ja, selbstverständlich, deshalb geht es darum, weil diese Gruppen hier und jetzt auf österreichischem Territorium Aktivitäten entwickeln, die gegen unsere Grund- und Freiheitsrechte, gegen Demokratie und Rechtsstaat­lich­keit gerichtet sind.

Frau Kollegin Schatz, ich sage Ihnen schon eines: Wir machen das jetzt ohnehin, auch im Zusammenhang mit den Ustascha-Symbolen, wir bringen das jetzt auf den Weg, aber ich frage mich schon ein wenig, wo die Sozialisten gewesen sind, wo sie auch in Kärnten gewesen sind, wo es dieses Treffen Jahr für Jahr gegeben hat. Meines Wissens ist Landeshauptmann Kaiser seit dem Jahr 2013 Landeshauptmann, und mir ist kein entsprechender Vorstoß der Sozialisten bekannt. Sie haben bis 2018 ge­braucht, bis ich Innenminister geworden bin, um darin eine Problematik zu entdecken. Ich teile dieses Problembewusstsein, aber wir lösen das Problem, während Sie jahrelang überhaupt nichts getan haben! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Krainer und Wittmann.)

Ich freue mich darüber, dass wir jetzt eine juristische Handhabe haben. Es freut mich, dass wir jetzt ein Instrument in der Hand haben, um aufgrund eben dieser Strafbestim­mungen vorgehen zu können.

Jetzt sind wir bei der Willkürkomponente, die angesprochen wurde. Wir haben darüber ja auch schon im Ausschuss diskutiert, und es hat auch hier schon Kritik gegeben. Was haben wir Ihnen dort gesagt; auch bei Anwesenheit der dafür zuständigen Experten? – Wir haben Ihnen gesagt, dass Sie die genauen Gründe dafür, dass diese Namen auf der Liste sind, gerne von den zuständigen Experten des Verfassungs­schut­zes im dafür zuständigen geheimen Unterausschuss des Innenausschusses hören kön­nen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – So schaut es aus, das haben wir Ihnen ange­boten.

Was heißt das? – Das heißt, dass diese Liste von den zuständigen Experten des Ver­fassungsschutzes ausgearbeitet worden ist, von den Extremismusexperten des Verfas­sungsschutzes. Ehrlich gesagt, Frau Abgeordnete Schatz, das ist mir die liebere Adresse in diesem Zusammenhang, denn das sind die Experten, und nicht die Arbeiter­kammer, die Sie genannt haben. Ich meine, die Arbeiterkammer leistet verdienstvolle Rechtsberatung, überhaupt gar keine Frage. Ich habe auch schon tolle Produktinformationen gelesen; Abgeordneter Loacker hat hier verdienstvolle Recherchearbeit geleistet, etwa im Zusammenhang mit Sportwäsche und ähnlichen Dingen. Auch das ist etwas, wo sich die Arbeiterkammer auskennt, aber dass dort die Extremismusexperten für die Beurteilung dafür sitzen, welche Organisationen in Österreich verfassungsgefährdend sind oder welche eine Gefahr für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit darstellen, Frau Abgeordnete, das wäre mir absolut neu. Diesbezüglich sind wir, glaube ich, beim Verfassungsschutz viel, viel besser aufge­hoben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Jetzt bringen wir dieses Gesetz auf den Weg, das ist der erste Schritt, und in weiterer Folge wird es eine entsprechende Verordnung geben, die ganz genau auflistet, welche Symbole von diesem Verbot umfasst sind. Und eines ist mir wichtig: dass wir auch dazusagen, dass wir unter Symbolen explizit auch Handzeichen verstehen – explizit auch Handzeichen. Ich darf in diesem Zusammenhang an die Debatte etwa rund um den Wolfs­gruß erinnern, die ja vor einigen Monaten auch in der Öffentlichkeit geführt wurde.

Alles in allem, meine sehr geehrten Damen und Herren, glaube ich, dass das ein gutes Gesetz ist, dass es ein wichtiges Gesetz ist.

Wenn es Nachbesserungsbedarf im einen oder anderen Bereich gibt, dann gibt die eingeschlagene Vorgangsweise uns das Instrument in die Hand, genau diese Nach­besserungen auch vorzunehmen, und dann werden wir genau das auch tun.


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Insgesamt glaube ich, dass wir Sicherheitspolitik so verstehen müssen, dass es nicht eine große Maßnahme gibt, mit der wir alle Probleme lösen, sondern dass wir aufgefordert sind, Stück für Stück Lücke für Lücke, die sich uns darstellt, zu schließen.

Ich bedanke mich bei all denjenigen, die uns unterstützen, und vielleicht überlegt es sich der eine oder andere vonseiten der Opposition bis zur Abstimmung noch anders. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) .)

18.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lasar. – Bitte.


18.00.42

Abgeordneter David Lasar (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minis­ter! Die aktuellen Entwicklungen, die uns heute der Herr Bundesminister im Detail dargestellt hat, zeigen, warum wir dieses Gesetz beschließen müssen. Es war hervor­ragend, Herr Bundesminister, wie Sie uns jedes Detail aufgezeigt haben, und ich kann nur sagen: Dieser Umstand macht natürlich eine Ausdehnung des Symbole-Gesetzes auf andere Gruppierungen notwendig.

Festhalten möchte ich hier, dass sich das Symboleverwendungsverbot keineswegs gegen religiöse Symbole richtet. Es wird lediglich die Verwendung spezifischer Sym­bole von Organisationen, die demokratischen Grundwerten widersprechen, verboten. Gesten, die in den Anwendungsbereich des Verbotsgesetzes fallen, zum Beispiel Hitler-Gruß, bleiben selbstverständlich weiterhin nach diesem Gesetz gerichtlich strafbar.

Bereits seit 1. Jänner 2015 ist das Verbot der Verwendung von Symbolen von terroris­tischen, extremistischen oder vergleichbaren Gruppierungen, beispielsweise Symbole der Gruppierungen Islamischer Staat, Al Kaida sowie Teil- und Nachfolge­organi­satio­nen, in Kraft. Die einzelnen Gruppierungen, auf die der Anwendungsbereich jetzt ausgedehnt werden soll, sind ja heute schon öfters angesprochen worden, ich kann sie nur wiederholen: auf die sunnitisch-islamistische Muslimbruderschaft, die rechtsextre­men türkisch-nationalistischen Grauen Wölfe, die separatistisch-marxistische Kurdi­sche Arbeiterpartei, die sogenannte PKK, die palästinensische islamistische Hamas und den militärischen Teil der Hisbollah und auf sonstige Gruppierungen, die in Rechtsakten der EU als terroristische Organisationen angeführt werden; die Bezeichnung dieser Grup­pierungen soll in Zukunft durch eine Verordnung des Bundesministers, die uns Herr Kollege Amon schon dargelegt hat, erfolgen.

Abschließend: Herzlichen Dank, Herr Bundesminister, an Sie, an Ihre Experten im Ministerium, die uns diese Ausweitung dargelegt haben, und ich kann nur sagen, wir werden diese Novelle heute mit Sicherheit beschließen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pilz. – Bitte.


18.03.24

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Werte Kolleginnen und Kollegen! Das ist keine Liste, die die Terrorismus- und Extremismusexpertinnen und -experten des Verfas­sungs­schutzes vorgeschlagen haben. Das ist ja völliger Unsinn! – Das ist eine Liste der Freiheitlichen Partei und der Österreichischen Volkspartei, was sie gerne als Extremisten abgestempelt hätten und was sie nicht gerne unter diesem Begriff wie­derfinden würden.


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Jetzt stimme ich vollkommen zu, das passt schon: Tun wir etwas gegen die ägyptische Muslimbruderschaft, tun wir etwas gegen die Grauen Wölfe, tun wir etwas gegen Ustascha und, und, und! Alles okay. Aber wenn ich nur den ersten Punkt hernehme, Muslimbruderschaft: Wir haben in Österreich kein wirkliches Problem mit der ägypti­schen Muslimbruderschaft. (Abg. Gudenus: Al-Rawi!) Aber wir haben ein großes Prob­lem mit der türkischen Muslimbruderschaft, mit Millî Görüş. Das ist eine wirklich gefährliche Organisation. Diese Organisation wird vom Verfassungsschutz als äußerst gefährlich eingestuft. Ein Vertreter von Millî Görüş hat die Spitze, die Führung in der Islamischen Glaubensgemeinschaft übernommen. Das sind die wirklich bedrohlichen Entwicklungen. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Dönmez.)

Millî Görüş betreibt unter den Nasen der Bundesregierung Schulen und Bildungs­einrichtungen mitten in Wien – stört niemanden! (Abg. Höbart: Al-Rawi!) Millî Görüş veranstaltet mit der ÖVP in Vorarlberg große Buch- und Kulturmessen – stört nieman­den! Da gibt es enge Zusammenarbeit, insbesondere der ÖVP, mit der türkischen Muslimbruderschaft von Wien bis Vorarlberg – und der Innenminister schläft und hört nicht, dass seine Verfassungsschutzexpertinnen und -experten längst auf diese Gefahr aufmerksam gemacht haben.

Und der zweite Bereich: Rechtsextremisten. Während die ägyptische Muslimbruder­schaft, die ohne besondere Relevanz in Österreich ist, mit aller Härte verfolgt wird, werden die Identitären und sämtliche Neonazigruppen in Ruhe gelassen. Warum? Es wird sogar nachgefragt, wer die verdeckten Ermittler sind. Es werden sogar die ver­deckten Ermittler durch den Generalsekretär des Innenministers in lebensbedrohliche Situationen gebracht, wie der Direktor des Verfassungsschutzes im Untersuchungs­aus­schuss im Detail erklärt hat. Schützen Sie, Herr Innenminister, unsere Verfassungs­schützer vor der rechtsextremen Szene!

Da stellt sich die Frage: Sind Sie dazu überhaupt in der Lage? (Abg. Neubauer: Sie brauchen wir sicher nicht dazu!) Oder sind Sie nicht der Innenminister einer Partei, deren rechter Rand tief in diese Szene hineinreicht und wo man nicht genau weiß: Was ist schon Neonazi und was ist noch Freiheitliche Partei? Das ist das wirkliche Problem! (Abg. Haider: Eine Frechheit!)

Und wenn Sie nicht bereit sind und wenn Sie nicht in der Lage sind, dieses Problem auf der Ebene der Symbole, auf der Ebene der Organisationen und durch Unter­stützung des Verfassungsschutzes zumindest anzugehen, dann haben Sie als Innen­minister versagt! (Abg. Haider: So eine Frechheit, Sie Grapscher, Sie! Sie glauben, Sie können uns da denunzieren! Das ist ja unglaublich! Überlegen Sie sich einmal, wie Sie mit Frauen umgehen!)

Seit der BVT-Affäre ist eines klar: Da geht es nicht um Symbole, da geht es um Verfassungsschutz und die Sicherheit der Republik Österreich. Und diese Sicherheit, Herr Innenminister, ist durch Ihre Politik mehr als gefährdet. (Beifall bei JETZT. – Abg. Neubauer: Sie gefährden Österreich! – Abg. Haider: Ein unglaublicher Schwachsinn!)

18.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Niko­laus Prinz. – Bitte.


18.07.14

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pilz, vielleicht sollte man sich dann und wann anschauen, was man noch vor einigen Monaten zu den verschiedenen Themen gesagt hat. Da gibt es ja durchaus Gegensätze. Wenn man das alles betrachtet, was Sie hier herinnen schon gesagt haben, was Sie in anderen Bereichen anderen Menschen an-


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ge­tan haben – auch wenn nicht alles gerichtlich verurteilt wird, gibt es auch so etwas wie Moral –, dann muss man Ihnen empfehlen, sehr gut aufzupassen, was Sie sagen, denn: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Aufrufe zur Verherrlichung und Unterstützung von Gewalt und Terror haben in unserem Land absolut nichts verloren, egal, ob das von weit links oder von ganz rechts kommt. Solchen Entwicklungen müssen wir mit konkreten Verboten antworten. Und es gibt leider Gruppierungen und auch Einzelpersonen, die in grobem Widerspruch zu unse­ren Grundwerten agieren. Zur Aufrechterhaltung unserer Sicherheit, aber auch unserer demokratischen und pluralistischen Rechtsordnung ist es wichtig, hier einen klaren Strich zu ziehen, und es gilt, Nein zu sagen zu Gewaltverherrlichung und auch zur Zerstörung unserer Werteordnung. Daher ist eine Ausweitung des Symbole-Gesetzes auf weitere extremistische Gruppierungen notwendig und richtig.

Herr Kollege Lasar und der Herr Bundesminister haben die Gruppen ganz genau aufgelistet, bis hin zu den verschiedenen Handzeichen und Gesten, ich möchte das nicht wiederholen. Das Gutheißen der angesprochenen Ideologien wird mit dieser Novellierung umfassend bestraft, und das ist ein sehr wichtiger Punkt.

Ich denke, es wäre ein gutes Zeichen, wenn alle in diesem Hohen Haus zustimmen würden (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ), denn Hass, Hetze und Verherrlichung von Terrorismus haben in unserem Land, in unserem Österreich, nichts verloren. Ich glaube aber auch, dass es wichtig ist, in der nächsten Zeit eine gewisse Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, damit bewusst wird, was alles vom Symbole-Gesetz betroffen ist, welche Gesten das wirklich sind.

Wir müssen alles daransetzen, damit Sicherheit, aber auch das Zusammenleben in diesem Land im Geiste des Dialogs und des Respekts gewahrt bleiben. Dazu braucht es klare Regelungen. Mit diesen gezielten Maßnahmen gegen Terror und für den Zu­sammenhalt der demokratisch gesinnten Wertegemeinschaft in Europa werden wir alles tun, damit Terror und Menschenverachtung auch in Zukunft bei uns keine Chance haben.

Ich denke, Gewalt ist grundsätzlich der falsche Weg. Wenn man in den letzten Wochen die Entwicklungen in Frankreich beobachtet hat – so gut vielleicht manche Demonstra­tionen gemeint sind –, weiß man, es geht relativ schnell, dass sich linke und rechte Chaoten sozusagen in diesem Bereich zusammentun. Was kommt heraus? – Viel Gewalt, bis hin zu Verletzungen von Beamten und auch zu massiven Eigentums­delikten. Ich glaube, das muss man sehr genau beobachten.

Ich werde den Eindruck nicht los, dass gerade zum Teil jene, die das Fähnchen der Demokratie so gerne hochhalten, mit demokratischen Entscheidungen manchmal massive Probleme haben. Das betrifft vor allem den linken Block: Wenn die demo­kratischen Ergebnisse nicht so sind, wie sie das wollen, haben sie ein Problem.

Denken wir an das Jahr 2000: eine demokratische Wahl, eine demokratische Regie­rungs­bildung – und Demonstrationen mit zum Teil massiver Gewalt, die auch dazu geführt haben, dass zum Beispiel Eigentumsdelikte begangen wurden.

Ich glaube schon, dass wir hier sehr, sehr aufpassen müssen, und es ist eine gewisse Sensibilität bei diesem Thema gefragt. Bevor man auf andere zeigt, sollte man selbst in den Spiegel schauen, um zu sehen, was da herausschaut. Ich glaube, es ist wichtig für die Zukunft, dass wir in diesem Sinne auf beiden Augen sehr wachsam sind, sowohl auf dem linken als auch auf dem rechten Auge, das ist gefragt. Mit dem heutigen Gesetzesbeschluss gehen wir genau in die richtige Richtung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.11



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 146

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Efgani Dönmez. – Bitte.


18.11.23

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Pilz, ich habe dir sehr aufmerksam zugehört, du hast sehr viele wichtige und richtige Themenbereiche angesprochen, aber eines muss ich infrage stellen, und zwar die massive Kritik an dieser Bundesregierung und konkret am Herrn Innenminister, denn: Diese Bundesregierung ist die erste und einzige Bundesregierung seit 1960, seitdem das Raab-Olah-Abkommen abgeschlossen worden ist und Zuwanderung nach Öster­reich stattfindet, die sich dieses Problems annimmt und auch den Blick dahin schärft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krainer.) – Zu euch komme ich noch! Jan, zu dir komme ich noch! Zu euch komme ich noch, nur Geduld! (Rufe bei der SPÖ: Zu uns kommst du nicht! Sicher nicht! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Also: Diese Bundesregierung macht einen Schritt in die richtige Richtung, aber die Kritik ist auch berechtigt, denn in den letzten Jahrzehnten hat sich eine Mischung aus Blindheit, Naivität und Unwissen aufgetan, wo überforderte Institutionen wie die Sicherheitsbehörden, die Vereinsbehörden und auch die Politik nur annährend eine Ahnung davon haben, was sich in unserem eigenen Land seit Jahren und Jahrzehnten zusammengebraut hat, in dem sich reaktionäre, extremistische Gruppierungen breit­gemacht haben.

Und jene Personen, die im Einflussbereich dieser reaktionären Vereine und Verbände sind, sehen sich als Opfer von Diskriminierung und Rassismus. Dieser Opferstatus ist auch einer, der bewusst gepflegt wird. Man trachtet danach, die Anspannung zwischen der österreichischen Mehrheitsbevölkerung und diesen Gruppierungen aufrechtzu­erhal­ten, obwohl man auf der Bühne der Öffentlichkeit dieses Faktum tunlichst zu ver­schleiern versucht.

Diese Mechanismen der Ausgrenzung sind Realität, keine Frage, aber sie haben auch ihre Gründe, weil eben viele unter uns leben, aus der Türkei oder aus anderen Ländern, Kurdischstämmige, die noch immer nicht im 21. Jahrhundert mitten in Europa angekommen sind. Und wenn die Regierung glaubt, dass man diesen reaktionären Vereinen und Verbänden mit einem reinen Verbot von Symbolen beikommen kann, dann fällt das auch unter die Kategorie Placebo und Inszenierung, denn die Symbole ändern sich sehr rasch und sehr schnell.

Viel wichtiger wäre es, sehr geehrter Herr Minister, den Missbrauch des Vereinsrechts abzudrehen, konsequent gegen den Missbrauch des Vereinsrechts vorzugehen, die handelnden Akteure mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu belegen und auch auf Ebene der Behörden einen viel engeren und besseren Kooperationsaustausch zu pflegen, dann bräuchten wir gar nicht so viele neue Gesetze. Es würde schon reichen, wenn wir den politischen Mut und den Willen hätten, gegen diese reaktionären Vereine und Verbände aufzutreten.

Deswegen – dieses Gesetz ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung – verstehe ich es schon, dass insbesondere die Sozialdemokratie da nicht mitstimmt, denn ihr habt in euren eigenen Reihen Leute aus der Millî Görüş, aus dem Bereich der Grauen Wölfe. (Rufe bei der SPÖ: Wo? Wo?) Euer Linzer Bürgermeister kooperiert mit denen sehr eng, geht ein und aus. Das sind eure Ansprechpartner. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Gudenus: Salafistenpartei Österreichs!)

Sehr geehrte Frau Rendi-Wagner, wenn Sie den festgefahrenen Karren der Sozial­demo­­kratie rausreißen möchten, dann distanzieren Sie sich von diesen Gruppie­run-


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gen! Schauen Sie, mit wem Sie in Kontakt treten, wer Ihre Ansprechpartner in Fragen der Migration und Integration sind! Die reaktionären Gruppierungen können, sollen und dürfen es nie werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Jenewein ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


18.15.54

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mich jetzt nicht zu Wort gemeldet, wenn Herr Pilz am Ende dieser Debatte nicht noch so verhaltensauffällig geworden wäre.

Ich muss Ihnen wirklich sagen: Wer jahrelang wie Sie Mitglied einer Steine werfenden Partei war, wer selbst bei diversen Opernballdemonstrationen auffällig geworden ist und sich hierherstellt und die Freiheitliche Partei in Bausch und Bogen mit Neonazis und Rechtsextremisten gleichsetzt, von jemandem wie Ihnen, Herr Pilz, brauchen wir uns sicherlich nicht Anstand und Moral erklären zu lassen, mit Sicherheit nicht! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn dieses Gesetz heute beschlossen wird und endlich ein erster Schritt auch dahin gehend gemacht wird, hier Rechtssicherheit zu schaffen, denn darum geht es ja schlussendlich, dann mit dem Ziel, diese Gesellschaft vor Extremisten zu schützen.

Ich weiß schon, Herr Pilz, bei Ihnen müsste man vor allem einmal die Frauen vor Ihren Händen schützen, das ist uns klar (Beifall bei FPÖ und ÖVP), aber vielleicht sollte man auch das Parlament vor Ihnen schützen, denn das, was Sie sich heute hier geleistet haben, ist eine Schande für dieses Haus. Das war ein einziger Dreckkübel, den Sie hier ausgeschüttet haben. Sie sind eine Schande für dieses Haus! Das muss einmal klar und deutlich hier festgehalten werden. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Höbart: So ist es! – Abg. Leichtfried: Es ist toll, wie wir heute mit­einander umgehen!)

18.17

18.17.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. (Ruf bei der SPÖ: Gibt es einen Ordnungsruf?) – Ich schaue mir gerade das Protokoll an.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Symbole-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 419 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf jene Damen und Herren, die in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen ersuchen. – Auch das ist mehrstimmig angenommen.

Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 420 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen ersuchen. – Das ist die Mehrheit.

Ich danke dafür.


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18.18.376. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vor­lage (379 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (421 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zadić. – Bitte.


18.19.02

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Herr Präsident! Geschätzter Herr Innen­minister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Heute wird über das Waffengesetz abgestimmt. Die Novelle zum Waffengesetz setzt über weite Teile eine EU-Richtlinie um, und – das darf man auch ruhig sagen – sie ist zum Teil gar nicht einmal so schlecht gelungen, aber in großen Teilen schießt sie weit über das Ziel hinaus.

Es gibt durchaus Änderungen, die zu begrüßen sind, beispielsweise die längst über­fällige Verschärfung bei psychologischen Gutachten. Schön, dass das jetzt auch bald in Österreich Gesetz sein wird. Aber das neue Waffengesetz geht unserer Meinung nach in entscheidenden Punkten absolut in die falsche Richtung. 

Wir halten die Ausweitung des Personenkreises, der Waffen mit sich führen darf, für höchst problematisch.

Mein Gesellschaftsbild ist in dieser Frage sicherlich ein gänzlich anderes als das der Regierungsparteien, denn ich strebe eine waffenfreie Gesellschaft an (Beifall bei JETZT) und widersetze mich daher entschieden jeglicher Ausweitung des Waffen­tragens, denn in einem Rechtsstaat mit einem funktionierenden Gewaltmonopol sollten nur Exekutivbeamte und diese nur im Dienst Waffen zur Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols tragen dürfen.

Ich will mit diesem Gesetz auch nicht die Polizistinnen und die Polizisten unter Druck setzen, dahin gehend, dass sie auch in ihrer Freizeit Waffen tragen müssen und sollten, weil ihnen ihre Nachbarn sagen, sie sollen jetzt auch privat Waffen tragen. Das passiert, und ich kenne einige Polizistinnen und Polizisten, die zu mir gesagt haben, dass sie das unerträglich finden würden.

Personen, die beispielsweise den Schießsport ausüben, sollen das natürlich machen, da spricht ja nichts dagegen, aber ich habe ein Problem damit, dass sie diese Waffe mit nach Hause nehmen und sie nicht in einer Schießstätte verwahren. (Beifall bei JETZT.)

Ich weiß, viele von Ihnen von der ÖVP und der FPÖ sehen das anders, und vielleicht halten Sie mein Gesellschaftsbild für eine naive Utopie, aber ich bin der festen Mei­nung, dass mehr Waffen eine Gesellschaft niemals sicherer machen, dafür immer potenziell unsicherer.

Selbstverständlich sollen Drittstaatsangehörige privat keine Waffen nach dem Waffen­gesetz tragen dürfen. Darunter fallen auch bestimmte Messer, und ich finde es uner­hört, dass Personen solche Messer tragen dürfen. Es ist mir aber auch unerklärlich, warum irgendjemand Waffen, die unter das Waffengesetz fallen, privat beim Spazie­rengehen tragen dürfte.


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Ich glaube an ein waffenfreies Österreich. Jegliche Ausdehnung des Tragens von Waffen lehne ich entschieden ab, und daher lehne ich auch dieses neue Waffengesetz ab. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

18.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Werner Herbert. – Bitte.


18.22.23

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Kollegin Zadić, da scheiden sich die Geister und da unterscheiden sich auch unsere politischen Zugänge. Wenn Sie der Meinung sind, die Zulässigkeit von Waffen wäre mit dem Bereich der Exekutive und in Ausübung des Gewaltmonopols des Staates erschöpft und sonst dürfe keiner Waffen mit sich führen, diese gar besitzen oder auch für private Sportzwecke verwenden, dann erscheint mir das nicht nur etwas kurzsichtig, sondern gerade auch im Hinblick auf den liberalen Ansatz, der hier in diesem Hohen Haus von Ihrer Partei, aber auch von vielen anderen hochgehalten wird, doch einigermaßen irritierend.

Es ist klar, dass wir einen geordneten Umgang beim Führen, beim Besitz, bei der Weitergabe, beim Erwerb und im Umgang mit Waffen haben wollen, und das spiegelt sich auch in diesem Gesetz eindeutig wider. Ich möchte an dieser Stelle aber auch festhalten, dass die meisten Gewaltdelikte, die jährlich anfallen und bei denen Waffen im weitesten Sinne in Verwendung stehen (Abg. Plessl: Welche Waffen?), nicht mit Schusswaffen, sondern überwiegend mit anderen Gebrauchsgegenständen, die als Waffen verwendet werden – ich darf hier einmal mehr das berüchtigte Küchenmesser anführen –, oder mit illegal erworbenen Waffen passieren.

Üblicherweise ist jener Waffenbesitzer, der legal Waffen erwirbt, eigentlich ein sehr umsichtiger und ein sehr besorgter Waffenbesitzer, weil er ja keinen Anlass bieten möchte, einerseits seine Waffen zu verlieren und andererseits seine waffenrechtlichen Urkunden abgeben zu müssen, beziehungsweise diese Berechtigungen bei der wieder­kehrenden Überprüfung, die er ja jährlich über sich ergehen lassen muss, nicht wegen psychologischer Unzuverlässigkeit oder gar wegen fehlender Handhabung ver­lieren möchte.

Das Problem – das spiegelt sich auch in diesem Waffengesetz wider, und ich bin dem Herrn Innenminister auch sehr dankbar dafür, dass er einmal mehr für eine klare Präzisierung sorgt, was den Umgang mit Waffen und insbesondere mit Faustfeuer­waffen betrifft – ist nämlich jener Bereich, der sich in der Grauzone abspielt, nämlich die Verwendung von illegal erworbenen Waffen oder wenn Bereiche angesprochen werden, in denen Gegenstände als Waffen verwendet werden.

So gesehen ist dieses Gesetz ein wichtiger und wertvoller Beitrag, mit dem wir die missbräuchliche Verwendung von Faustfeuerwaffen zu kriminellen Zwecken eindäm­men, mit dem wir den Verwaltungsverfahrensablauf in Bezug auf die behördlichen Maß­nahmen – insbesondere die waffenpsychologischen Begutachtungsabläufe wur­den schon angesprochen – einmal mehr klar definieren, aber mit dem vor allem – und das darf ich an dieser Stelle sagen, weil ich selbst in meinem Brotberuf Polizist bin – diese sachlich völlig ungerechtfertigte Kaliberbeschränkung bei Waffenpässen von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes fällt. Damit kommen nunmehr auch die Militärpolizisten und die Justizwachebeamten in den Genuss, dass sie Waffenpässe aufgrund ihrer Tätigkeit erhalten können.

Es war, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, ja gerade Ihr Ansatz, dass man diese Kaliberbeschränkung damals eingeführt hat, obwohl schon damals nicht ganz


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klar war, warum man Polizistinnen und Polizisten, die von Berufs wegen besser ge­schult und im Umgang mit Faustfeuerwaffen erprobt sind, eine Kaliberbeschränkung auferlegt, wenn sie berechtigterweise auch privat einen Waffenpass besitzen, obwohl sie im Vergleich zum normalen Waffenbesitzer besonders und überdurchschnittlich im Umgang mit Waffen geschult sind.

So gesehen freut es mich, dass der Herr Innenminister diese sinnlose Beschränkung aufgehoben hat. Es freut mich auch, dass einmal mehr wir als AUF-Vorfeldorganisation den Zugang gefunden haben, sodass sich diese Meinungsäußerung hier im positiven Sinn manifestieren konnte. Ich weiß es ja, die FSG hat ja offensichtlich nicht so einen guten Zugang gehabt, als die SPÖ noch in der Regierung war. Die FSG hat das zwar auch immer kritisiert (Abg. Plessl: Innenminister! Innenminister!) – aber den Bundes­kanzler habt ihr gestellt, das ist auch nicht irgendjemand –, aber konnte es leider nicht umsetzen. So gesehen darf ich einmal mehr feststellen: Bei der Freiheitlichen Partei zählt die Vorfeldorganisation noch etwas, bei der SPÖ offensichtlich nicht so sehr. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Lueger. – Bitte.


18.28.03

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegin­nen, werte Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Das Waffengesetz beschäftigt sich mit zwei großen Bereichen: Einerseits ist das die Umsetzung der EU-Waffen­richtlinie, in der sehr viele positive Dinge enthalten sind. Sie beinhaltet eine absolut strenge Regelung in Bezug auf umgebaute halbautomatische Schusswaffen mit großen Magazinen. Es soll eine neue, umfassende Kategorisierung in Bezug auf halb­automatische Schusswaffen und auch Waffen mit glattem Lauf geben. Was bedeutet das im Konkreten? – Es gab vorher die vier Kategorien A, B, C und D; D wird jetzt in C einfließen. Es gibt jetzt drei gemeinsame Kategorien, die generell gehandelt werden sollen.

Zur besseren Nachverfolgung von Schusswaffen muss eine Anzeige abgegeben werden, wenn eine Überlassung stattfindet – das hat es vorher nicht gegeben –, auch wenn diese Waffe aus dem Ausland kommt. Weiters gibt es eine Meldepflicht der Waffenhändler hinsichtlich verdächtiger Transaktionen; das ist ein positiver Aspekt, eine positive Geschichte. Zusätzlich ist in der Gewerbeordnung geregelt, dass sie die Verpflichtung zur Führung eines Waffenhandelsbuchs haben.

Ich komme schon zum nationalen Spielraum: Dort haben wir einheitliche Kriterien für Sportschützen. Wir wissen, dass sehr, sehr viele Stellungnahmen von Einzelpersonen und von Sportverbänden hereingekommen sind, weil wir da zuerst die Mitgliederzahl von 100 Mitgliedern bestimmt hatten, die jetzt auf 35 Mitglieder reduziert wurde.

Es gibt jetzt auch die Ausnahmeregelung für Jäger, nicht nur für Berufsjäger, sondern auch für Jäger, die regelmäßig zur Jagd gehen, dass sie eine Vorrichtung zur Dämp­fung des Schussknalls verwenden dürfen.

Gleichzeitig soll für Jäger, die eine Waffenbesitzkarte haben, die Möglichkeit be­stehen – speziell auch im Osten, weil es dort auch die Wildschweinjagd gibt –, dass sie ausschließlich während der Jagd eine Schusswaffe der Kategorie B zur Nachsuche mitführen dürfen. (Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

Justizwachebeamte und die Militärpolizei sind hinsichtlich der Richtlinien der Polizei gleichgestellt worden.


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Ich halte die Wartefrist bei psychologischen Gutachten, die eingeführt wird, wirklich für sehr positiv, denn jetzt muss man sechs Monate warten, bis man ein erneutes Gut­achten machen lassen kann, und es gibt, wenn man drei negative Gutachten hat, sogar noch eine absolute Zehn-Jahres-Sperre; die hat es vorher nicht gegeben.

Die Ausdehnung des Schusswaffenverbots auf ein generelles Waffenverbot bei Drittstaatsangehörigen ist ebenfalls enthalten. Das, was mir sehr wichtig ist, ist, dass es auch für Organe der öffentlichen Sicherheit jetzt möglich ist, ein Waffenverbot auszusprechen. Da bin ich Kollegen Plessl sehr dankbar, der seit Langem gefordert hat, was wir jetzt in einem Antrag im Zuge dessen eingebracht haben, dass, wenn ein Waffenverbot ausgesprochen wird, gleichzeitig auch die Jagdkarte abgenommen werden kann. Uns ist bewusst, dass die Bundesregierung jetzt mit den neun Lan­desregierungen Kontakt aufnehmen und die Frage der Kompetenz rechtlich lösen muss, weil wir alle wissen, dass das Jagdgesetz der Zuständigkeit des jeweiligen Lan­des unterliegt.

Ein weiterer Antrag, den wir zusätzlich eingebracht haben, ist auch noch gelungen – den habe ich auch schon in der letzten Plenarsitzung angekündigt –, und zwar ist das der Antrag auf Erweiterung der Verlässlichkeit. Wir fordern nicht nur ein, dass die Menschen eine Verlässlichkeitsprüfung nach der Gewerbeordnung machen, sondern auch eine Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitspolizeigesetz, damit solche Dinge wie mit dem Beamten im BVT nicht mehr passieren können. Das ist nach Abwägung aller Vor- und Nachteile der Grund, warum wir diesem Waffengesetz zustimmen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gahr. – Bitte.


18.32.51

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es geht bei dem vorliegenden Waffengesetz darum, Verschärfungen, aber auch Erleichterungen herbeizuführen, und es geht darum, dass wir eine EU-Richtlinie umsetzen.

Frau Kollegin Zadić, es ist eine sensible Materie, aber Ihre Träume und Wünsche, die Sie da von sich geben, dass wir eine waffenfreie Zone haben, spielt es eben in der Realität nicht, sondern es geht insgesamt um Sicherheit und es geht um Einbindung aller Betroffenen.

Aus meiner Sicht ist es gut gelungen, dass man alle eingebunden hat, dass es einen Mittelweg zwischen den Interessen der Besitzer von legalen Schusswaffen und von öffentlichen Sicherheitsinteressen gibt. Es geht auch darum, gerade der organisierten Kriminalität vorzubeugen, es geht aber auch um den Kampf gegen Terrorismus und auf der anderen Seite auch um den Schutz von Jägern, der Justizwache und von Militärpolizeiangehörigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Verschärfungen, welche mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten, beinhalten ein klares Verbot für Drittstaatsangehörige, und beim Mitführen von Waffen droht Geldstrafe und bei Nichteinbringung Haft. Gerade die Zunahme bei den Stichwaffen – von 2013 bis 2017 stieg die Zahl der Delikte in Österreich um 75 Prozent – zeigt eines ganz klar und deutlich auf: Es geht wirklich um Sicherheit, und zwei tragische Fälle, die ganz kurz zurückliegen, einmal in Innsbruck, wo ein 21-jähriger Asylwerber einen jungen Bur­schen mit einem Messer getötet hat, und am Wochenende in Steyr in Oberösterreich, zeigen eines ganz klar: Für manche sind Stichwaffen einfach ein Mitbringsel, das sie immer bei sich tragen und womit sie andere Menschen gefährden. Daher ist es, glaube


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ich, ganz wichtig, dass wir gerade bei den Stichwaffen ein Verbot einführen und auch präventiv wirken können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Frau Kollegin Lueger hat ja schon einiges ausgeführt. Ich glaube, es geht einfach darum, dass wir da und dort Grenzen setzen. Halbautomatische Schusswaffen, Faust­feuerwaffen mit großen Magazinen können grundsätzlich verboten werden. Waffen­händler werden verpflichtet, bei verdächtigen Transaktionen die Polizei zu kontak­tieren.

Aus unserer Sicht – Kollege Hörl hat das ja schon gefordert – geht es aber auch darum, dass wir Schutz und Sicherheit für Jäger bieten. Ab 1. Jänner können Jäger Schalldämpfer mitführen. Ich glaube, das ist auch aus Gründen der Gesundheits­gefährdung wichtig, und deswegen ist diese Änderung im Sinne der Jäger und der Jagdausübenden zentral. Es geht dabei um eine Verbesserung für Mensch und Tier. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Man kann zusammenfassen: Ich glaube, es geht einfach darum, Missbrauch zu ver­meiden. Der missbräuchlichen Verwendung von Waffen müssen wir vorbeugen oder diese sogar verhindern. Das Zweite ist die Bürokratie: Es braucht Verwaltungs­verein­fachungen für die Besitzer von legalen Waffen und für die Waffenbehörden.

Abschließend: Das Wichtigste für uns alle, wenn wir heute diesen Beschluss fassen – und ich freue mich, dass die SPÖ auch mitgeht –: Im Mittelpunkt steht der Schutz der Bürgerinnen und Bürger, im Mittelpunkt steht die Sicherheit, und das ist das Wichtigste. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Krisper. – Bitte.


18.36.41

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher zu Hause! Herr Minister! Das Gesetz kommt ein bisschen spät. Die EU-Richtlinie hätten wir bis September dieses Jahres umsetzen sollen. Wir freuen uns, dass es jetzt da ist. Wir werden auch zustimmen, obwohl wir sehen, dass unter dem Deckmantel dieser Umsetzung Liberalisierungen hineingeschummelt wurden, bei denen wir gewisse Punkte kritisch sehen.

Die zentrale Frage beim Waffengesetz ist: Was soll erlaubt werden und wer bekommt eine Waffe? – Wir sehen ein paar positive Aspekte. Einer ist, dass nach einem nega­tiven waffenpsychologischen Gutachten eine sechsmonatige Wartefrist bezie­hungs­weise Verwertungssperre im Antragsverfahren eingeführt wird und nach drei negativen Gutachten eine Zehn-Jahres-Sperre.

Wir sehen aber auch vieles negativ, und zwar insbesondere, was die Ausweitung der Erleichterung des Zugangs für Angehörige der Polizeiexekutive zu Waffenpässen betrifft. Da soll die Beschränkung auf Kaliber 9 Millimeter fallen. Das sehen wir als nicht notwendig an, ebenso die Ausweitung dieser Bestimmung auf Angehörige der Justiz­wache und der Militärpolizei. Da ist anscheinend Ihre Logik: Jeder, der eine Dienst­waffe hat, soll auch privat mit ihr herumlaufen dürfen. – Das ist für uns nicht nach­vollziehbar.

Weiters sehen wir die angestrebte Ausnahmebestimmung für Soldatinnen und Solda­ten, dass die waffenpsychologische Testung der Militärbehörde für die Zuverlässig­keits­prüfung verwertet werden kann, kritisch. Das ist nachvollziehbar bei Kadersol­daten, aber eine Ausweitung auf Milizsoldaten sehen wir kritisch, und auch, dass das Gutachten bis zu fünf Jahre nach Ausscheiden aus dem Dienst gültig sein soll.


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Wenn es um die Berechtigung geht, sehen wir die automatische Berechtigung zum Führen von Kategorie-B-Waffen als sehr schwierig an. Das betrifft eben auch halbauto­matische Faustfeuerwaffen für Jäger bei – Zitat –: „der rechtmäßigen Jagdausübung“. Dabei soll die Berechtigung auch schon auf dem Weg zur und von der Jagd gelten. – Wir sehen es im Vollzug als sehr, sehr schwierig, das reduziert und nicht zu weit aus­zulegen. Es ist natürlich so, dass solche Waffen auch als Jagdwerkzeuge bei der Nachsuche von verletzten und noch nicht getöteten Tieren tauglich sind, aber einen Freibrief von der Waffenpasspflicht halten wir für eine überzogene Ausweitung dieses Rechts auf ein offenes Führen von Kategorie-B-Waffen und sehen das nicht als not­wendig an.

Wenn die Wildsau angeschossen im Unterholz liegt, habe ich mich schlaugemacht, dann wird sie zumeist mit einem Messer geknickt. (Widerspruch bei der FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Was? Was?) Die Notwendigkeit, mit einer Faustfeuerwaffe auf sie einzuballern, besteht nicht. Noch dazu sieht das Gesetz schon jetzt die Möglichkeit der Ausstellung eines Waffenpasses vor, wenn JägerInnen einen jagdlichen Bedarf an­melden.

Ich weiß aufgrund meiner Anfragen und der Antworten von Vizekanzler Strache, Minister Hofer und Ministerin Hartinger-Klein, dass sie ganz privat bei der Familie Glock auf Besuch waren. Ich habe weitere Anfragen gestellt, um dem nachzugehen.

Wir sehen kritisch, dass es bei der ersten Möglichkeit zu Liberalisierungen im Waffen­gesetz kommt. Ich werde mit Argusaugen darauf schauen, ob weitere Liberalisierungen bei den weiteren Gesetzen vorgenommen werden. Wir NEOS sind nicht überall für Liberalisierung, sondern auch hier dafür, dass man das Recht der Waffenbesitzer verhältnismäßig mit dem Recht der Menschen auf Sicherheit in diesem Land austariert. Wir werden weiter beobachten, wie die Bundesregierung in diesem Bereich vorgeht. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kumpitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.40.36

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Hohes Haus! Kollegin Bißmann, die leider nicht im Saal ist, hat heute hier am Rednerpult eindrucksvoll Ali und seine Probleme vorgestellt.

Ich möchte Ihnen kurz die Probleme der heimischen Bevölkerung darstellen und Ihnen zwei Beispiele geben. Zu Jafar S., einem 23-jährigen afghanischen Asylwerber: Er hat am 17. März 2018 am Praterstern blindlings auf ein 17-jähriges Mädchen und deren Eltern eingestochen. Jafar ist einer, der 2015 im Zuge der Migrationskrise nach Öster­reich gelangt ist und bis jetzt Drogen gedealt hat. Das Motiv der Tat: Er war mit seiner Lebenssituation unzufrieden.

Ich möchte Ihnen auch noch Saber A. vorstellen. Er hat gestern in Steyr seine 16-jährige Freundin erstochen, ist dann geflüchtet und hat sich heute gestellt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das sind nur zwei Beispiele für unzählige Mes­serattacken durch sogenannte Schutzsuchende, denen sich die Bevölkerung ausge­setzt sieht.

Kollege Gahr hat schon gesagt, die Zahl der Stichwaffenattentate hat sich innerhalb von fünf Jahren, vom Jahr 2013 bis 2017, um 75 Prozent erhöht. Man muss sich das einmal vorstellen! Wir liegen jetzt bei 3 282 Tatverdächtigen. Das ist ja eine abnorme


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Zahl. Aufgrund dieser Entwicklung war es zum Schutz der eigenen Bevölkerung un­umgänglich, dass wir das bestehende Schusswaffenverbot für Asylwerber und Asylbe­rechtigte auf alle Formen von Waffen ausdehnen. Das heißt, wie Kollege Herbert schon gesagt hat, auch das sogenannte Küchenmesser ist in der Öffentlichkeit hin­künftig verboten und wird unter Strafe gestellt (Zwischenruf bei der SPÖ), denn, Herr Kollege, es ist nicht einzusehen, dass wir genau jener Personengruppe, von der das größte Bedrohungspotenzial ausgeht, das Tragen von Waffen ermöglichen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Waffengesetznovelle sagen wir überhaupt der missbräuchlichen Verwendung von Feuerwaffen für kriminelle Zwecke den Kampf an, denn ab jetzt besteht eine Verpflichtung, anzuzeigen, wenn jemand anderem eine Waffe überlassen wird. Künftig sind auch Waffenhändler verpflichtet, verdächtige Transaktionen unverzüglich der nächsten Sicherheitsdienststelle zu mel­den. Für den Fall, dass es um Munition geht, ist, wenn ein Verdacht begründet ist, unver­züglich die nächste Sicherheitsbehörde zu verständigen. Wenn wir an die islamis­tischen Terrorangriffe in Paris, London und Berlin, aber auch an die beinahe täglichen Überfälle, Einbrüche, Banküberfälle denken, die wir hätten verhindern können, wenn wir gewusst hätten, in welche Hände die Waffe kommt beziehungsweise welchem Zweck die Munition dient, dann sehen wir, wie wichtig es ist, dass wir diese Gesetzes­bestimmung aufgenommen haben.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, eines noch: Der Waffenpass wurde schon angesprochen, er ist das Dokument schlechthin, das zum Führen einer geladenen Faustfeuerwaffe berechtigt. Da ist es schon so: Wenn jemand das Recht haben soll, eine geladene Waffe in der Öffentlichkeit zu führen, dann wollen wir das sicherlich nicht von Personen, die einen extremistischen oder islamistischen Hintergrund haben. Das werden wir nicht zulassen. Das ist einem modernen Rechtsstaat nicht zumutbar. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

In diesem Zusammenhang möchte ich meinen Dank auch der SPÖ aussprechen, die wirklich konstruktiv war und es ermöglicht hat, dass wir in einem gemeinsamen Abän­derungsantrag beschlossen haben, dass hinkünftig auch eine Waffenbehörde die Möglichkeit haben soll, die Ausstellung eines Waffenpasses dann abzulehnen, wenn es um Personen geht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, sie werden einen verfassungsgefährdenden Angriff nach dem Polizeilichen Staatsschutzgesetz begehen.

So gesehen, meine Damen und Herren, geht es hier nicht nur darum, die zu­grun­deliegende EU-Waffenrichtlinie in österreichisches Recht umzusetzen. Nein, es ist in Wahrheit eine ausgewogene und notwendige Mischung der Berücksichtigung des Sicherheitsbedürfnisses der Bevölkerung und der Freiheitsrechte des Einzelnen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.45

18.45.57 *****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe mir das Protokoll kommen lassen und ich erteile Herrn Abgeordnetem Pilz für seine Gleichsetzung „und wo man nicht genau weiß: Was ist schon Neonazi und was ist noch Freiheitliche Partei“ einen Ordnungs­ruf; gleichfalls auch für „Sie Grapscher, Sie“ dem Abgeordneten Haider und für „Sie sind eine Schande“ dem Abgeordneten Jenewein.

*****

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Androsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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18.46.29

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Jetzt bin ich mir nicht ganz sicher, ob ein Mehr an Waffen in der Öffentlichkeit mit einer Aus­weitung der Rechte, Waffen zu tragen, unmittelbar vermehrt zu Sicherheit beiträgt, wenn es um das Thema der Schusswaffen geht.

Der Grund dafür, dass wir diesem Gesetz zustimmen, sind vor allem die Verschärfun­gen, die in diesem Gesetz mitverankert sind.

Da ist zum einen, wie schon erwähnt worden ist, die Frage der psychologischen Tests für die Eignung, Waffen beziehungsweise Schusswaffen zu führen, mit einer sechs­mona­tigen Sperre bei Nichtbestehen dieses Testes, mit einer zehnjährigen Sperre, wenn dieser psychologische Test zum dritten Mal nicht bestanden worden ist. Das finde ich sinnvoll und richtig. Damit hört dieser Tourismus auf, immer wieder und immer wieder solche Tests zu absolvieren, bis man es dann irgendwann vielleicht endlich schafft. Es ist keine Frage der Zuverlässigkeit, wenn Personen mehrmals antreten, denn schon nach dem dritten Mal müssen wir wissen, dass es in dem Fall die Notwen­digkeit gibt, eine Sperre zu setzen.

Hauptpunkt und Kern sind eigentlich das Thema der Verschärfung und auch eines genaueren Hinsehens, wer denn zukünftig Waffen tragen darf, wer eine Schusswaffe im geladenen Zustand bei sich führen darf, wer einen Waffenpass erwerben darf. Da ist es wichtig, gerade die Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit abzufragen. Wir haben rund um die Causa des BVT-Untersuchungsausschusses gesehen, dass wir eine Lücke im Gesetz offen hatten, die auch in der Regierungsvorlage, in der Gesetzes­vorlage, zu schließen war. Daher war es uns wichtig, einen entsprechenden Abände­rungsantrag einzubringen, der dem Verfassungsschutz die Möglichkeit gibt, schon früh eine Stellungnahme abzugeben, wenn sich Menschen im extremistischen Bereich bewegen, egal in welchem extremistischen Bereich, und der Verdacht besteht, dass sie mitunter einen Angriff nach dem Polizeilichen Staatsschutzgesetz setzen könnten oder im Verdacht stehen, irgendwann einen zu planen. Das heißt, es ist eine vorbeu­gende Maßnahme, die zusätzlich eingebracht worden ist.

Ein zweiter Punkt, der uns wichtig war und der heute auch schon angesprochen worden ist, ist das Thema, bei der Aussprache von vorläufigen Waffenverboten durch die Exekutive tatsächlich alle Waffendokumente abnehmen zu können. Es macht keinen Sinn, zwar Waffenpass und Waffenbesitzkarte sicherzustellen, dann aber ein waffenrechtliches Dokument, wie es die Jagdkarte ist, letzten Endes zu belassen und damit in einer erhitzten Situation, wie es oft in den Familien bei häuslicher Gewalt und dergleichen vorkommt und vorkommen kann, die Tür aufzumachen und den Zugang und die Möglichkeit, eine Waffe zu besorgen, mitunter noch zu erleichtern. Daher bin ich sehr zufrieden und dankbar dafür, dass diese Themen von den Regierungsparteien mit aufgenommen worden sind und in das neue Gesetz mit eingearbeitet werden.

Man muss aber grundsätzlich sagen, ein Mehr an Waffen wird nicht ein Mehr an Sicherheit bringen, aber ein Mehr an Kontrolle, an Beobachtung und auch ein genaues Hinschauen auf das Thema der illegalen Waffen. Wir wissen, dass eine hohe Dun­kelziffer an illegalen Waffen in Österreich im Umlauf ist. Wir wissen, dass die Kontrolle natürlich schwierig ist – das gebe ich schon zu – und es mitunter auch schwierig ist, Maßnahmen zu setzen. Es ist dennoch ein wichtiger Punkt, zu dem wir den Blick wenden sollen, und ich darf Sie ersuchen, Herr Minister, diesbezüglich noch genauer nachzuschärfen und Vorschläge zu bringen, wie wir gerade im Bereich der illegalen Waffen stärker tätig sein können, denn wir wissen, dass von mehr als tausend Delik­ten, die mit Waffen begangen worden sind, rund zwei Drittel mit illegalen Waffen be-


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gangen wurden. Es geht also um eine sehr hohe Zahl, die unser besonderes Augen­merk verdient.

Herr Kollege Herbert, ich danke euch natürlich auch für die Zustimmung zu diesen Abänderungs- und Entschließungsanträgen, eines aber muss ich schon sagen: Wenn die SPÖ bei einem Gesetz mitgeht, trotzdem den Versuch zu starten, in sehr untaug­licher Weise – und im Gesetz gibt es den Ausdruck des untauglichen Versuches – intensiv einen Keil zwischen die FSG und die SPÖ zu treiben, ist ein schwaches Mittel. Das war ein untauglicher Versuch. Es war ein Versuch, Vorfeldorganisationen und unsere Partei auseinanderzutreiben. Ich darf dir sagen: Dieser schwache Versuch ist nicht strafbar, denn der war untauglich und hat nicht getroffen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Mahrer. – Bitte.


18.50.53

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vom Versuch, der jetzt ange­sprochen worden ist, zur Realität: Ich denke, eine Diskussion über ein neues Waffen­gesetz kann schon sehr polarisieren. Ich glaube, wir haben hier im Hohen Haus – nicht nur im Ausschuss, sondern auch heute hier im Plenum – bewiesen, dass es auch anders geht.

Wir haben es nicht nur geschafft, eine Novellierung des Waffengesetzes zu erreichen, die die EU-Richtlinie in den wenigen Punkten, die in Österreich noch nicht nationaler Standard waren, umsetzt, wir haben es auch geschafft, Maßnahmen zu finden, um gegen Kriminalität, gegen organisierte Kriminalität, gegen Terrorismus vorzugehen. Wir haben verwaltungsvereinfachende Maßnahmen getroffen, und wir haben letztlich die Stärkung gefährdeter Berufsgruppen erreicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich denke, dass die Aussagen, insbesondere jene der Opposition, sehr positiv waren. Danke an die NEOS für die Zusage der Zustimmung! Danke auch für die sehr fairen Aussagen von Angela Lueger und die Haltung der SPÖ! Ich sage auch Danke zu Frau Dr. Zadić, denn sie hat wörtlich gesagt: Das Gesetz ist „gar nicht [...] so schlecht gelungen“.

Also ich denke, dies ist ein Anlass, dem Herrn Bundesminister für Inneres und seinen Experten für diesen ausgewogenen Entwurf, der heute zur Beschlussfassung vorliegt, herzlich zu danken. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich denke aber auch – und wir haben heute sehr viel über Symbole und Signale ge­sprochen –, wir setzen mit diesem Waffengesetz Signale. Wir setzen Signale und geben eine Antwort auf bedauerliche Entwicklungen der letzten Jahre; sie sind heute schon geschildert worden, ich gebe noch eine Zahl dazu.

Von 2008 auf 2017 hat sich die Zahl der Delikte mit Hieb- und Stichwaffen sogar verfünffacht. Das heißt, der Gesetzgeber hat Handlungsbedarf, der heute bereits im Detail geschildert worden ist, was die Erweiterung des bisher geltenden Schuss­waffen­verbots für Drittstaatenangehörige auf alle Waffen betrifft. Das wurde deutlich gesagt.

Es geht auch um die Verschärfung im Bereich der halbautomatischen Schusswaffen, der Faustfeuerwaffen mit großen Magazinen, es geht um die Meldepflicht der Waffen­händler, es geht aber auch um die verstärkten Möglichkeiten für die Exekutive, vor­läufige Waffenverbote auszusprechen.


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Das bedeutet – und damit bin ich beim nächsten Signal – eine weitere wichtige Unter­stützung für die Polizei. Ich kann den NEOS nur zurufen: Ich denke, ein Großteil der hier Anwesenden hat größtes Vertrauen in die Kompetenz der Polizistinnen und Poli­zis­ten bei der Umsetzung der nun zu beschließenden Richtlinien. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Diese Bundesregierung und auch die Regierungsfraktionen, meine Damen und Herren – und das möchte ich jetzt sozusagen neben den Inhalten betonen, weil es so wichtig ist und uns auch viele Bürgerinnen und Bürger und Polizistinnen und Polizisten zuhören –, stehen hinter, neben und vor ihrer Polizei, und ich glaube, mit dieser Unterstützung der Arbeit der Polizistinnen und Polizisten bringen wir das nachdrücklich zum Ausdruck.

Zum Schluss, meine Damen und Herren: Ich meine, es geht darum – und das ist heute von einigen Teilen der Opposition angesprochen worden –: Die Exekutive muss bei ihrer schweren Arbeiten den Rücken gestärkt erhalten, auch dort, wo es Bedrohungen im Privatleben gibt. Wir waren in den letzten Wochen und Monaten immer wieder mit Angriffen gegen gefährdete Berufsgruppen konfrontiert.

Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass künftig nicht nur Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, sondern auch die Justizwache und die Militärpolizei ohne gesonderten Nachweis des Bedarfs einen Waffenpass erhalten können. Gefährdete Berufsgruppen brauchen unsere Unterstützung, die mit dem neuen ausgewogenen Waffengesetz geleistet wird.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich danke für diese Diskussion, die zeigt: Selbst bei unterschiedlichen Zugängen kann man einander finden. Ich danke allen Abgeordneten, die diesem Gesetzentwurf heute zustimmen werden. Das ist ein richti­ger Weg für ein sicheres Österreich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister Kickl ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


18.55.48

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich dem Dank des Abgeordneten Mahrer anschließen. Ich glaube, dass die breite Zustimmung zu dieser Novelle des Waffengesetzes zeigt, dass es uns in einer schwierigen und heiklen Materie gelungen ist, das rechte Maß zu finden, den goldenen Mittelweg quasi gemeinsam auszuloten. Darüber freue ich mich sehr.

Frau Abgeordnete Zadić, Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber wir haben etwas gemeinsam: Wir beide sind sozusagen waffenfrei. Ich habe auch nicht vor, mir eine Waffe zuzulegen. Ich habe kein Bedürfnis, ich brauche das nicht.

Aber etwas unterscheidet uns, und das ist der Punkt, dass ich es jedem Bürger zu­gestehe, nach klaren Regeln und auf Basis von klaren Auflagen von seinem Recht Gebrauch zu machen, sich eine Waffe zu besorgen und eine Waffe zu besitzen, ohne dass er dafür an den Pranger gestellt wird oder dass man der Versuchung mancher unterliegt, in ein halbkriminelles Eck gestellt zu werden. Ich glaube, das muss man schärfstens zurückweisen. Es ist mir wichtig, den Gedanken, dass der Waffenbesitz etwas ist, wo man Menschen auch nur in die Nähe eines Verdachts des Missbrauchs bringen sollte, einmal loszuwerden. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Insgesamt glaube ich, dass wir hier einen guten Schritt gemeinsam vorangekommen sind. Wir haben die EU-Richtlinie umgesetzt, ohne es exzessiv zu übertreiben.

Wir haben ja gesagt, dass wir Gold Plating, dass man Bestimmungen der Euro­pä­ischen Union in allen Bereichen übererfüllt, für kein besonders gutes Rezept halten. Genau so sind wir auch hier vorgegangen, und deswegen gibt es eine sehr umfas­sende und praktikable Lösung, was Übergangsbestimmungen betrifft.

Vieles ist heute schon angesprochen worden, auch was den Umgang mit Waffen, die sich jetzt schon in privatem Besitz befinden, betrifft. Hierzu haben wir sehr praktische Übergangsfristen gefunden, und niemand ist dazu genötigt, seinen bisherigen Bestand in irgendeiner Form abzugeben. Das heißt, es wird niemand – auf gut Deutsch – enteignet, wenn es um seine bisherigen Waffen geht; auch das ist, glaube ich, ein wichtiges Signal.

Ansonsten zeichnet sich diese Novelle vor allem dadurch aus, dass sie ein gehöriges Maß an Entbürokratisierung darstellt. Es sind einfach Erleichterungen, die sich aus der Praxis heraus für Personengruppen, die sehr viel mit Waffen zu tun haben, ergeben haben.

Schon angesprochen wurden die Sportschützen. Da ist es uns wirklich gelungen, meine ich, einen Teil von bürokratischen Schikanen, die es in der Vergangenheit gegeben hat und schon fast eine Pflanzerei in bestimmten Bereichen waren, einfach beiseitezulegen und einen praktischen Weg zu finden.

Ähnlich sehe ich das im Bereich der Jäger. Es ist ja eine große Gruppe – 120 000 Men­schen –, die dieser wichtigen Beschäftigung nachgeht. Hier haben wir dafür gesorgt, dass es eine Anpassung zwischen den Regeln für diejenigen, die regelmäßig, aber eben nicht als Berufsjäger der Jagd nachgehen, und denjenigen, die sozusagen einen Beruf ausüben, gibt.

Aus meiner Sicht sehr wichtig – das wurde schon angesprochen – ist die Not­wen­digkeit, Justizwachebeamte und Militärpolizisten den Exekutivbeamten gleichzustellen, wenn es um die Trageerlaubnis von Waffen geht. Es ist nichts anderes, als dass wir Gleiches gleich behandeln. Ich denke, dass das ein vernünftiger Ansatz ist, denn diese von mir angesprochenen Berufsgruppen haben täglich mit der Waffe umzugehen. Sie sind im Umgang mit der Waffe bestens geschult, darauf trainiert und haben es im Allgemeinen in ihrem beruflichen Alltag mit – sagen wir es einmal vorsichtig – einer etwas schwierigen Kundschaft zu tun, von der durchaus ein gewisses Bedrohungs­potenzial ausgeht.

Wie gesagt: Militärpolizisten und Mitglieder der Justizwache haben ein Betätigungsfeld, das demjenigen der Polizisten sehr, sehr ähnlich ist. Deswegen finde ich es nur ge­recht, wenn wir ihnen die gleichen Zugangsmöglichkeiten zum Führen einer Waffe ermöglichen, wie das bei Polizisten der Fall ist. Für mich ist das auch eine Form der Anerkennung diesen Berufsgruppen gegenüber, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Schon angesprochen wurde die eine oder andere Verschärfung, die mir wichtig ist, die es im Bereich der psychologischen Gutachten gegeben hat. Ich denke, dass es not­wendig gewesen ist, irgendwo auch eine Grenze einzuziehen und dafür zu sorgen, dass es, wenn jemand dreimal bei diesem Test durchfällt, eine Abkühlphase oder Stehzeit von zehn Jahren gibt, bis man es wieder versuchen kann. Ich denke, bei aller Berechtigung des Waffenbesitzes ist es durchaus auch notwendig, dafür zu sorgen, dass nicht die falschen Personen diejenigen sind, die in den Besitz einer Waffe kommen. Eine Waffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist kein Spielzeug.


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Eine wesentliche Komponente, die auch schon angesprochen wurde, ist die Aus­wei­tung des Waffenverbots für bestimmte Drittstaatsangehörige. Das betrifft insbesondere Asylwerber und Asylberechtigte. Die tragischen Fälle aus den letzten Tagen und Wochen sind schon genannt worden. Was wir hier machen, ist keine Ad-hoc-Aktion, es ist nicht das, was man hin und wieder vorgeworfen bekommt, nämlich dass wir popu­listisch reagieren und irgendwelche tragischen Fälle ausnutzen wollen, sondern wir erfüllen damit ein Erfordernis, das sich stellt, weil die Bevölkerung es sich erwarten kann, dass wir insgesamt vor dem Hintergrund der gestiegenen Anzahl an Messer­attacken – es ist nun einmal eine Tatsache, dass Afghanen, Tschetschenen und Türken auf dieser Liste ganz, ganz oben stehen – zu entsprechenden Gegenmaß­nahmen greifen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Eine dieser Gegenmaßnahmen ist eben die Ausweitung des Waffenverbots auf Asylwerber und Asylberechtigte.

Ich habe mir natürlich in der Vergangenheit in Debatten – wenn auch hier und heute nicht, aber doch in politischen Diskussionen – anhören müssen, dass das ein Akt der Diskriminierung wäre, der da von uns politisch auf den Weg gebracht wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem Vorwurf kann ich sehr, sehr gut leben, wenn es uns mit dieser Maßnahme gelingt, die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung wieder um ein Stück zu erhöhen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.02


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.


19.02.31

Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben es jetzt in der Debatte schon öfter gehört: Der gegenständlichen Novelle des Waffengesetzes liegt eine EU-Richtlinie zugrunde. Ich mache aus meinem Herzen jetzt keine Mördergrube und muss ganz ehrlich sagen, dass ich diese EU-Richtlinie als nicht besonders optimal, als nicht besonders klug, als nicht notwendig und in manchen Bereichen auch als über­schießend ansehe. Wir haben jedoch die Verpflichtung, diese Richtlinie umzusetzen, und ich denke, das ist recht gut gelungen.

Warum finde ich diese Richtlinie überschießend? – Weil ich denke, dass sie am eigent­lichen Ziel vorbeigeht. Die EU-Kommission ist beginnend mit den Terroranschlägen in Paris, die uns allen in tragischer Erinnerung sind, hergegangen und hat gesagt: Jetzt machen wir diese Richtlinie. – Was mich aber besonders stört, ist, dass die Richtlinie und vor allem der ursprüngliche Entwurf der Richtlinie, der ja Gott sei Dank vom EU-Parlament abgemildert wurde, ausschließlich auf die Legalwaffenbesitzer abgezielt hat. Sie war dafür gedacht, die Legalwaffenbesitzer zu kriminalisieren. Ich bin der Meinung, auch die EU sollte ihr Hauptaugenmerk vor allem darauf legen, den illegalen Waffen­handel und den illegalen Waffenbesitz effektiv zu bekämpfen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Bundesregierung und das Parlament als Gesetzgeber – und da freut mich auch die breite Zustimmung – haben einen Mittelweg, wie es der Herr Minister genannt hat, gefunden. Man wird es nie jedem recht machen können, dem einen ist es zu wenig scharf, dem anderen ist es zu liberal; ich finde, wir haben es gut gemacht. Ein Waf­fengesetz sollte so streng wie nötig sein, aber mit einem Waffengesetz sollten wir auf keinen Fall Jägern, Sportschützen, Waffensammlern oder auch Menschen, denen es gesetzmäßig zusteht, zum Eigenschutz, zum Selbstschutz zu Hause eine Schusswaffe bereitzuhalten, das Leben schwermachen – und das machen wir auch nicht.


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Als Jäger möchte ich auch besonders auf die Situation der Jäger eingehen. Da hat es wirklich zahlreiche Erleichterungen gegeben, vor allem auch Verwaltungserleich­terun­gen. Der Schalldämpfer ist angesprochen worden. Man muss sich vorstellen, dass Jagdgewehre bis zu 165 Dezibel erreichen können, ab dem Bereich von 120, 130 Dezibel kann schon eine Gesundheitsgefährdung auftreten, das geht von Ohren­schmerzen über Tinnitus bis zu akutem Gehörverlust, also zur Taubheit. – Das wollen wir so nicht. Es ist nicht immer praktisch, mit dem Gehörschutz im Revier, vor allem auf der Pirsch, unterwegs zu sein, und daher ist das eine sinnvolle Sache.

Da muss man auch mit ein paar Märchen aufräumen, die man aus Science-Fiction-Filmen kennt: Ein Schalldämpfer reduziert den Mündungsknall, der Schuss ist deshalb nicht leise, aber eben nicht mehr gesundheitsgefährdend, und das ist ganz, ganz wichtig. Das ist für den Schützen wichtig, das ist für den Jagdhund wichtig, also auch im Sinne des Tierschutzes, es ist für die Ruhe im Revier von Bedeutung, und es reduziert auch noch den Rückstoß, was für einen sicheren Schuss, für einen sicheren Treffer und somit auch für das Wohl des erlegten Wildes von großem Vorteil ist.

Dass man mit dem Jagdschein und der Waffenbesitzkarte im Revier jetzt auch die Kurzwaffe führen darf, ist sehr, sehr sinnvoll. Wir brauchen das zur Nachsuche; wir brauchen das im unwegsamen Gebiet, wo man mit der Langwaffe nicht so gut unterwegs ist; wir brauchen das in Gebieten, wo es zu gefährlich wäre, vor allem auch in bewohnten Gebieten, wo ein Fangschuss zum Beispiel bei Verkehrsunfällen ange­bracht und notwendig ist, damit es zu keinen gefährlichen Querschlägern kommt; und wir brauchen es auch, um wehrhaftes Wild, sprich Schwarzwild, abzuwehren.

Frau Kollegin Krisper, ich weiß nicht, wie viel Ahnung Sie von der Jagd haben (Zwi­schenruf der Abg. Krisper), aber ich wünsche Ihnen nicht, dass Sie versuchen, ein angeschweißtes, sprich angeschossenes Wildschwein mit einem Knicker, sprich Jagdmesser, zu erlegen, denn das würde sehr, sehr böse ausgehen – und in diesem Fall nicht für die Wildsau. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Johann Höfinger. – Bitte.


19.07.05

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich meinem Vorredner nur anschließen, vonseiten der Jagd ist diese Novelle sehr zu begrüßen, sind doch wirklich viele Elemente darin enthalten, die den Gesundheitsschutz in Zukunft verstärkt ermöglichen.

Es wird eben möglich sein, diesen besagten Schallminderer einzusetzen, der den Schussknall deutlich reduziert. Er wird ihn aber nicht ganz vermindern, ihn nicht ganz leise machen, der Knall wird noch weithin hörbar sein. Trotzdem wird es für die Gesundheit wesentlich sein, um in Zukunft Gehörschäden sowohl für Jägerinnen und Jäger als auch für die Tiere, für die Jagdhunde, die sie auf der Jagd begleiten, zu vermeiden.

Weiters wird es eben auch möglich sein, bei der Erfüllung der – und das möchte ich sehr wohl betonen – oft verantwortungsvollen Verpflichtung Waffen der Kategorie B zu führen. Das ist wirklich wichtig, wenn es um die Nachsuche von verletzten Tieren geht, um den eigenen Leib, das eigene Leben, aber auch das der Jagdhunde schützen zu können. Wir dürfen ja nicht vergessen, dass es nicht nur um Schussverletzungen geht, sondern sehr oft auch aufgrund von Verletzungen, die Tiere bei Verkehrsunfällen erleiden, nachgesucht werden muss. Wie schon angesprochen wurde, kann das vor


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allem bei Schwarzwild wirklich sehr, sehr gefährlich werden. Im Dickicht, im Jungmais mit Langwaffen zu hantieren ist schwierig, oft gar nicht möglich, und daher sind Kurzwaffen, wie gesagt, in dieser Art und Weise wesentlich besser einzusetzen.

Auch bei durch Verkehrsunfälle verletzten Tieren in unmittelbarer Nähe von Straßen oder bewohnten Gebieten sind Kurzwaffen, kleinkalibrige Kurzwaffen wesentlich bes­ser einzusetzen, weil der Wirkungs- und damit auch der Gefährdungsradius gegenüber großkalibrigen Gewehren immens eingeschränkt ist. Daher ist das für uns, wie gesagt, auch für die praktische Ausübung von enormer Bedeutung.

Ich möchte mich wirklich bei allen sehr, sehr herzlich bedanken, dass das jetzt möglich wurde. Es erleichtert uns die Arbeit in der Praxis, in den verschiedensten jagdlichen Situationen sehr. Ich bedanke mich auch für die sachliche Diskussion, die geführt wurde, damit wir heute dieses Paket gemeinsam beschließen können. – Vielen herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.09

19.09.29


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir nun zu den Abstimmungen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 421 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen der Abgeordneten Dr.in Krisper, Kolleginnen und Kollegen auf getrennte Abstimmung vor. Ich werde daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 41, 44, 45 und 81 in der Fassung des Ausschussberichts.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Ich komme schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichts.

Wer spricht sich hierfür aus? – Das ist auch mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit in dritter Lesung so ange­nom­men.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 421 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Abnahme der Jagdkarte bei Verhängung eines vorläufigen Waffenverbotes“.

Wer spricht sich hierfür aus? – Das ist einstimmig so angenommen. (E 39)


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19.11.297. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vor­lage (256 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation über die gegenseitige Hilfeleistung bei Naturkatastrophen oder technischen Katastrophen und die Zusammenarbeit bei deren Prävention (423 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte.


19.12.07

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir behandeln hier ein Abkommen mit der Russischen Föderation, das Regeln festlegt, wie man sich im Katastrophenfall wechselseitig unterstützen kann. Dieses Abkommen beinhaltet einerseits Regeln, wie man Einsatzkosten, Schadenersatz und Entschädigungen unter­einander verrechnet, und auf der anderen Seite auch Regeln betreffend Erleichterun­gen beim Grenzübertritt und die Art und den Umfang der Hilfeleistung.

Österreich hat mit sehr vielen Ländern solche oder ähnliche Abkommen, allerdings nicht mit allen Ländern und auch nicht mit allen Nachbarländern; das muss auch betont werden. Zum Beispiel mit Italien gibt es ein solches Abkommen nicht.

Unsere Fraktion steht solchen Abkommen natürlich nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Herr Bundesminister, im aktuellen Fall sehen wir allerdings den Zeitpunkt sehr, sehr kritisch. Wir sind der Meinung, dass jetzt der falsche Zeitpunkt ist, um ein solches Abkommen abzuschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke, wir dürfen die aktuelle Situation in Russland nicht aus dem Blick verlieren. Es ist außenpolitisch wie auch sicherheitspolitisch ein falsches Signal, das wir hier aus­senden, gerade im Lichte der aktuellen Ereignisse auf der Krim oder auch der demo­kratiepolitischen und menschenrechtspolitischen Entwicklungen, die in Russland ein­deutig in die falsche Richtung gehen. Aus diesem Grund haben wir auch im Ausschuss dafür plädiert, dieses Abkommen zu vertagen und nicht zum jetzigen Zeitpunkt zu ratifizieren.

Meine Damen und Herren, die Redezeit erlaubt es mir noch, ein, zwei Gedanken zu dem eben beschlossenen Waffengesetz zu formulieren. Ich sage Ihnen, ich bin sehr, sehr froh, dass es uns im Rahmen der Ausschussberatungen gelungen ist, mit dem Abänderungsantrag und dem Entschließungsantrag noch zwei Verschärfungen hinein­zuverhandeln und einzubringen. Das halte ich für eine ganz, ganz wichtige und essenzielle Verbesserung dieses Waffengesetzes. Gleichzeitig bin ich der festen Über­zeugung, dass wir mit dieser Novelle des Waffengesetzes die Grenzen der Liberalisie­rung erreicht haben.

Ich persönlich sehe privaten Waffenbesitz sehr, sehr kritisch, weil wir damit aus meiner Sicht die Sicherheit auf keinen Fall erhöhen. Dass verbreiteter Waffenbesitz nicht zu mehr Sicherheit führt, sehen wir bei allen aktuellen Krisenfällen weltweit. – So schaffe ich den Bogen zurück zu Russland, so gelingt mir das. (Heiterkeit der Abgeordneten Drozda und Leichtfried.) Auch dort sieht man: Viel Waffen bedeuten auch viel Konflikt und viel Gewalt.

Meine Damen und Herren, unsere Bedenken hinsichtlich dieses Abkommens habe ich, glaube ich, ausgeführt. Es geht nicht vorrangig um die inhaltlichen Bedenken, die wir


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haben. Wir halten den Zeitpunkt jetzt einfach für den falschen, um ein solches Abkom­men abzuschließen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

19.15


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte.


19.15.30

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Österreich hat mit allen Nachbarländern außer Italien und mit einigen weiteren Staaten Verträge über die gegenseitige Hilfeleistung im Falle von Natur­katastrophen oder technischen Katastrophen und über Maßnahmen zu deren Vorbeu­gung abgeschlossen. Nun soll auch mit Russland ein solcher Vertrag in Kraft treten.

Warum werden derartige Verträge abgeschlossen? – Sie werden abgeschlossen, um der Bevölkerung auch in schweren Katastrophenfällen ein dichtes Netz an Hilfsmaß­nahmen bieten zu können, und zwar exakt dann, wenn man mit den eigenen Hilfs­kräften und Ressourcen nicht das Auslangen finden kann. Das ist weniger eine politi­sche denn eine solidarische Maßnahme zum Wohle der Menschen. Ich denke, so weit ist die Sachlage unbestritten.

Ich persönlich hätte nicht gedacht, dass es gegen den Inhalt eines solchen Staats­vertrags mit der Russischen Föderation Einwände vonseiten der Opposition geben würde. (Abg. Leichtfried: So kann man sich täuschen!) Umso mehr war ich erstaunt, dass in der Sitzung des Ausschusses für innere Angelegenheiten genau diese Ableh­nung zutage trat.

Verhandelt wird seit 2007. 2014 wurde der Vertrag finalisiert, trat aber wegen der Vorfälle auf der Krim nicht in Kraft. Die territoriale Frage ist jetzt aber geklärt. (Abg. Leichtfried: Was?) Der Staatsvertrag bezieht sich ausdrücklich nur auf das inter­national anerkannte Gebiet der Russischen Föderation.

Was aber beinhaltet der Vertrag? – Der Vertrag beinhaltet Art und Umfang der Hilfe­leistung und die Erleichterung der Einfuhr von Hilfsgütern für Hilfeleistungen. Der Vertrag beinhaltet den Einsatz von Luftfahrzeugen für die schnelle Heranführung von Hilfsmannschaften, die Koordination der Hilfsmaßnahmen, die Übernahme der Einsatzkosten. (Abg. Leichtfried: Also der Jenewein hätte das besser ...!)

Niemand – das muss auch erwähnt sein – wird gezwungen, an Hilfsaktionen im Ausland teilzunehmen. Alle Hilfeleistungen sind freiwillig.

Russland hat auch mit vielen anderen westlichen Ländern derartige Verträge, die immer noch Gültigkeit haben. Mit dem Vertrag senden wir kein politisches Signal, sondern wir senden ein Signal der Solidarität an die Bevölkerung. Wer hierzu seine Zustimmung nicht gibt, zieht die rettende Hand einem Ertrinkenden gegenüber zurück. Wer dagegen ist, pfeift die Rettungshunde zurück, die unter Trümmern nach Verschüt­teten suchen. Wer nicht zustimmt, zeigt einem radioaktiv Verstrahlten die kalte Schul­ter. Wenn Sie das gegenüber Ihrem Gewissen verantworten können, ist das Ihre Sache. Ich denke aber nicht, dass der Wähler draußen das verstehen wird. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.18


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Dr.in Stephanie Krisper ist die nächste Rednerin. – Bitte.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 164

19.18.53

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen zu Hause und hier im Saal! Österreich schenkt dem russischen Präsidenten zur Hochzeit von Karin Kneissl ein Katastrophenschutzabkommen, und zwar eines, das keiner braucht. (Abg. Neubauer: Ha, ha, ha! Da haben wir aber gelacht!)

Das sage ich nicht, weil wir NEOS, wie uns auch im Ausschuss schon vorgeworfen wurde, gegen Beistand im Katastrophenfall sind. Zivilschutzabkommen sind grund­sätz­lich ein Zeichen von Freundschaft zwischen den Völkern, und einander in Not bei­zustehen ist grundsätzlich eine gute Sache. Wir reden hier aber von Grundsätzlich­keiten.

Man stelle sich vor, die Russische Föderation, der größte Flächenstaat der Erde mit der fünftgrößten Streitkraft, befindet sich in einer akuten Katastrophensituation. Öster­reich ist zwar gut beim Katastrophenschutz, aber braucht Russland dann ernsthaft uns? Andererseits: Wäre Österreich in einer Katastrophensituation, was könnte Russ­land dann leisten, was unsere EU-Mitgliedstaatsfreunde nicht leisten können?

Sie sehen, der Mehrwert eines solchen Abkommens ist überschaubar. Außerdem kann jeder Staat auf Anforderung des betroffenen Staates jederzeit freiwillig und ganz ohne Geschenkabkommen Katastrophenhilfe leisten. Dazu brauchen wir kein Hochzeits­ab­kom­men.

Im Leben kommt vieles auf das richtige Timing an. Der richtige Gedanke zur falschen Zeit kann mehr schaden als nutzen. Sie, Herr Minister, haben mit einem Bewusstsein für Symbolik auch gesagt, wie wichtig Symbole sind, aber auch da geht es um den Zeitpunkt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Verhältnis zwischen Russland und den EU-Staaten aufgrund der neuerlichen von Russland herbeigeführten Eskalation mit der Ukraine, aufgrund des Giftgasanschlags auf Sergej und Julija Skripal und aufgrund des Cyberangriffs auf die Chemiewaffenbehörde kein vertrauensvolles. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Die Russen bemühen sich völlig offensichtlich um eine schleichende Annexion weiterer Gebiete der Ukraine. Freundschaftliche Abkommen schließt man aber mit Freunden, und Freunde attackieren einen nicht, Freunde vergiften einen nicht und Freunde hacken einen nicht.

Russland ist kein Freund, daher sollten wir auch kein Freundschaftsabkommen mit der Russischen Föderation schließen; schlimm genug, dass eine Regierungspartei schon in einem solchen Freundschaftsabkommen mit Putins Partei drinsteckt. Für die FPÖ ist die Freundschaft mit Putin nichts Neues, aber es ist überraschend, dass die ÖVP da keine Probleme sieht – die ÖVP, die sich als EU-Partei inszeniert und die die einheitliche Linie der Union gegenüber Russland mit solchen Aktionen permanent torpediert. (Abg. Neubauer: Euer Freund, der Macron ist momentan auch nicht ...!)

Sie sprechen schon die ganze Ratspräsidentschaft über von einem Europa, das schützt – von einem Europa, das schützt. Bleiben wir doch dabei, vertrauen wir auf unsere Partner in der Union und hoffen nicht auf ein Russland, das schützt, denn dafür ist Russland nun wirklich nicht bekannt! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 165

19.21.58

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Ich glaube, meine Vorredner haben schon ganz klar gesagt, worum es geht. Es geht um ein Abkommen über die gegenseitige Hilfeleistung bei Naturkatastrophen oder technischen Katastrophen und die Zusammenarbeit bei deren Prävention.

Da geht es nicht um Hochzeitsgeschenke – das sage ich ganz klar –, Frau Kollegin Krisper, wie Sie gerade vorhin in Ihrer Rede gesagt haben, sondern es geht darum, was wir eigentlich schon von unseren Eltern und Großeltern gelernt haben: Ob wir mit unseren Nachbarn im Streit oder im Frieden gelebt haben, wenn Not am Mann war, wenn sich eine menschliche Tragödie ereignet hat oder wenn eine Naturkatastrophe dahergekommen ist, hat man sich einfach schnell und unkompliziert geholfen – und das nicht nur in der Nachbarschaft, sondern auch auf internationaler Ebene. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Dass wir mit diesem Übereinkommen nicht alleine sind, das wissen Sie selbst. Österreich hat inzwischen schon 13 Abkommen unterzeichnet. Ich werde jetzt sagen, mit wem Russland dieses Abkommen schon geschlossen hat: mit 27 Ländern in Europa, unter anderem mit Deutschland, mit Finnland, mit der Schweiz, mit Schweden et cetera, mit 15 Ländern in Asien (Abg. Leichtfried: Wer sind die?), mit sieben Ländern in Südamerika. Wissen Sie, mit wem Russland dieses Abkommen noch geschlossen hat? – Mit den USA (Abg. Leichtfried: Da schau her!), und man kann nicht davon reden, dass die immer wirklich der gleichen Meinung sind, sondern man hat verstanden, dass sich, wenn Menschen in Not sind, wenn Naturkatastrophen auf der Welt stattfinden, die Bevölkerung und die Staaten gegenseitig helfen.

Dieses Übereinkommen regelt nichts anderes als dass man, wenn irgendwo eine Naturkatastrophe stattfindet, schnell und unbürokratisch, weil man es im Vorhinein schon regelt, über die Grenzen hinweg Hilfe leisten kann – auf freiwilliger Ebene.

Wie man so etwas eine Absage erteilen kann, Menschen zu helfen – das hat mit Politik überhaupt nichts zu tun –, Menschen in einer Naturkatastrophe über die Grenzen hinweg zu helfen, also da sage ich ganz ehrlich, das verstehe ich nicht, denn das würde, wieder runtergebrochen aufs kleine Rad, in einer Nachbarschaft bedeuten, nur weil ich mit einem Nachbarn nicht der gleichen Meinung bin, kann ich ihm nicht helfen, wenn irgendetwas passiert.

Gewisse Grundwerte sollte man im Leben immer beibehalten. Ein Grundwert im Leben ist – so bin ich halt erzogen worden, wahrscheinlich die meisten von Ihnen auch –: Wenn jemand in Not ist, egal, ob er die gleiche politische Meinung hat oder eine andere, in Katastrophenfällen, wenn menschlich etwas passiert, fragt man nicht lange, sondern hilft.

Herr Kollege, Sie haben gerade gesagt, das kann man jetzt auch schon. – Ja, ich sage Ihnen auch etwas: Das ist die Bürokratie von euch. Jetzt wird geregelt, dass man schnell und ohne Bürokratie, wenn heute etwas passiert, morgen helfen kann. Wenn wir das nicht machen, brauchen wir einmal eine Woche, bis wir die Bürokratie auf die Seite bringen.

Wir wollen den Menschen helfen, nichts anderes. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.25


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Herbert Kickl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 166

19.26.05

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Ich danke Abgeordnetem Obernosterer dafür, dass er das jetzt in einer sehr klaren und auch emotionalen Art und Weise vorgetragen hat, denn er hat wirklich den Kern der Sache getroffen. Frau Abgeordnete Krisper, seien Sie mir nicht böse: Sie machen mir ein bisschen den Eindruck, als ob Sie irgendwo im Netz Ihrer Vorurteile ein wenig gefangen wären, wenn Sie versuchen, da alles miteinander zu vermanschen und jedes Klischee herauszuzerren. Ich muss Ihnen sagen, eines haben Sie vergessen: die berittene Polizei. Die ist diesmal in Ihrem ganzen Wust an möglichen Dingen nicht vorgekommen, die haben Sie ausgelassen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Man kann natürlich alles mit allem vermanschen, die Aussagekraft von solchen Vor­trägen ist dann allerdings tatsächlich enden wollend.

So, und damit zur Sache selbst: Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe das wie Abgeordneter Obernosterer: Wenn es um Hilfsaktivitäten geht, wenn es um Katastrophenhilfe geht, dann gilt für mich das Prinzip der Neutralität.

Ich glaube, Sie haben ein bisschen den falschen Eindruck. Glauben Sie wirklich, dass es, wenn es um Hilfe im Katastrophenfall geht, egal, wer wem von welcher Seite her hilft, um die Hilfe für irgendwelche Bonzen und Politfunktionäre geht? Oder geht es vielleicht in diesen Fällen um die Hilfe für die ganz einfachen Leute, für die Bevöl­kerung, möglicherweise irgendwo draußen am Land, für die kleinen Leute, für die einfachen Bürger, und zwar völlig egal, wie diese Leute zum jeweiligen Regime stehen? Die wollen Sie dafür strafen, dass es jetzt irgendwo eine politische Situation gibt, die sicherlich kritisierenswert ist? Und das tun Sie vor dem Hintergrund, dass Sie genau wissen, dass diese ganze Problematik mit der Ukraine explizit bei der Unterzeichnung dieses Vertrags ausgeklammert ist.

Ja, so gescheit waren wir auch, Frau Abgeordnete Krisper, dass wir darauf Bedacht genommen haben und dass wir die Maßnahmen, die wir setzen, selbstverständlich so gesetzt haben, dass das alles im Einklang mit den Sanktionen der Europäischen Union steht, die es eben im Zusammenhang mit der Ukrainekrise beziehungsweise mit der Eskalation auf der Krim gegeben hat. Das haben wir sehr wohl berücksichtigt. Sie wissen das natürlich auch ganz genau.

Ich denke, gerade weil wir hoffen, dass eine solche Situation niemals eintritt, dass wir von Naturkatastrophen oder auch – und vergessen wir das bitte nicht! – von tech­nischen Katastrophen verschont bleiben, die eine Dimension annehmen können, bei der wir alleine sehr, sehr rasch überfordert sind und vielleicht auch die Ressourcen der Europäischen Union nicht mehr ausreichen, weil wir alle hoffen, dass wir das niemals brauchen, sollten wir alles unternehmen, um im Fall der Fälle auch gesichert eine entsprechende Unterstützung zu erhalten.

Ich halte das für sehr, sehr verantwortungsbewusst, und ich halte es auch für verant­wortungsbewusst, dass man sich nicht nur darauf verständigt, im Fall der Fälle mitei­nander zu kooperieren, sondern auch im Versuch der Prävention gemeinsame Wege geht.

Frau Krisper, halten Sie sich fest! Ich war vor ein paar Wochen tatsächlich in Russland, ja, ich bin dort hingefahren und habe mit dem zuständigen Minister für Katastro­phen­schutz gesprochen. Ich habe ein Bild von der Leistungsfähigkeit dieses Ministeriums in Moskau erhalten. Weil man das so abtut, glauben Sie mir eines: Es gibt sehr, sehr schnell Situationen, in denen wir darauf angewiesen sein könnten, eine solche Hilfe in Anspruch zu nehmen, etwa wenn es um die Frage von Transportkapazitäten auf dem Luftweg geht, die auch auf Ebene der Europäischen Union begrenzt sind, wo es eine


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Frage ist, ob uns immer alles zur Verfügung steht, wenn wir es brauchen, oder ob wir manchmal über die Grenzen der Europäischen Union hinausdenken müssen, um sehr rasch Ressourcen zu organisieren, die wir zum Hilfseinsatz für unsere Bevölkerung brauchen.

Die Luftfrachtkapazität, die Russland anbieten kann, ist ein solcher Faktor. Hoffentlich werden wir das nie brauchen, wir werden auch immer zuerst bei unseren europäischen Partnern fragen, aber Sie werden verstehen, dass der Luftweg von Russland ein kürzerer ist als der Luftweg von den USA. Da muss man zuerst den ganzen Atlantik überqueren, bis uns irgendein amerikanisches Flugzeug im Fall der Fälle zu Hilfe kommen könnte. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine zweite Komponente spielt auch noch eine Rolle. Es ist ja nicht so, dass das eine Einbahnstraße wäre, sondern auch Russland hat Interesse an Know-how, das wir in Österreich haben – klein, aber fein möchte ich sagen. Wir stehen auch nicht an, den Russen dann Unterstützung zu geben, wenn es etwa um den Bereich der Alpinunfälle, wenn es etwa um den Bereich des Bergrettungswesens geht, damit wir dort beim Aufbau entsprechend unterstützen können und im Falle von Lawinenabgängen, von Lawinenkatastrophen unsere Spezialkräfte zum Einsatz bringen können.

Es ist also ein Geben und ein Nehmen, wie in vielen Bereichen. Ich finde es schade, dass man so etwas zu einem Politikum macht – Politikum verstehen Sie jetzt bitte so im schlechtesten Sinn des Wortes –, weil man glaubt, dass die Tagespolitik und Dinge, die durchwegs zu kritisieren sind, dann dieses wirklich fundamentale Element der gemeinsamen Unterstützung irgendwie aushebeln können – noch dazu, wenn man weiß, dass die von Ihnen geäußerten Bedenken in diesem Vertrag berücksichtigt wor­den sind.

Jetzt ist schon aufgezählt worden, dass es natürlich auch andere Staaten gibt, die mit Russland solche Abkommen haben; es sind 40 an der Zahl. Frau Krisper, können Sie mir die nennen, die diesen Vertrag aufgrund der Ukrainekrise wieder aufgekündigt haben? Welche sind das? – Keiner! Kein einziger der europäischen Staaten hat den Vertrag wieder aufgekündigt, weil sie alle sehr wohl wissen, dass es im Fall der Fälle Situationen geben kann, in denen man einen starken Partner in diesem Bereich braucht – nicht, weil man es möchte, sondern weil es eine Notwendigkeit ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, dass wir mit diesem Abkommen nicht das machen, was Sie uns vorwerfen – dass man da politisch leichtfertig agiert oder dass man irgendjemandem ein Geschenk macht –, sondern dass wir das tun, was die Bevölkerung von uns erwartet: dass wir uns darauf vorbereiten, dass wir im schlimmsten Fall der Fälle eine breite Basis haben, was Hilfe und Unterstützung betrifft, und gleichzeitig darauf hoffen und alle Vor­kehrungen dafür treffen, dass dieser schlimmste Fall niemals eintritt. Das halte ich für eine verantwortungsvolle Politik. Das halte ich für eine zukunftsweisende Politik. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)

19.32


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Dr.in Alma Zadić. – Bitte.


19.32.40

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Innenminister! Hohes Haus! Ich möchte hier nur ein paar Gedanken bezüglich dieses Zivilschutzabkommens zwischen Österreich und der Russischen Föderation darlegen. Wir stehen diesem Zivilschutzabkommen prinzipiell nicht ablehnend gegenüber, wir halten das aber für einen absolut schlechten Zeitpunkt, denn die Welt ist eine andere


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als 2007. 2007 hat man angefangen, dieses Abkommen zu verhandeln. Seitdem hat sich einiges in unseren Beziehungen zu Russland geändert. 2014 kam es zur An­nexion der Krim (Abg. Neubauer: Was können die Menschen dafür?), vor Kurzem hat es eine weitere Eskalation bei der Meerenge von Kertsch gegeben.

Auch die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Russland sind aktuell auf einem Tiefpunkt. Es wurde vor Kurzem auch dieser Spion enttarnt, der seit mehr als 20 Jahren unser Bundesheer ausspioniert und sensible militärische Informationen an Russland weitergibt. Die Reaktion Russlands war aber nicht gerade eine, wie man sie im Geiste dieses Abkommens, nämlich der gemeinsamen Freundschaft, erwarten würde, sondern die Reaktion Russlands war eine durchaus unbefriedigende.

Ich gebe Ihnen schon recht: Es ist wichtig, zu helfen, wir müssen helfen. Es gibt derzeit Möglichkeiten, bei Naturkatastrophen, bei anderen zivilen Katastrophen Unterstützung zu leisten. Auf diese Ad-hoc-Unterstützung können wir uns immer wieder beziehen. Es muss nicht Wochen oder Monate dauern, bis Unterstützung geleistet wird, denn wir haben ja hoffentlich eine Regierung, die in diesen Fällen sehr schnell agieren wird. Daher halte ich solch ein Zivilschutzabkommen zwar grundsätzlich für richtig und wichtig, aber zu diesem besagten Zeitpunkt eben für falsch. Deswegen haben wir auch einen Vertagungsantrag gestellt, der im Ausschuss aber leider abgelehnt wurde. – Also in diesem Sinne: vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.34

19.34.53


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 256 d.B. gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer sich hierfür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.35.308. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Grenzkontrollgesetz geän­dert wird (424 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Damit gelangt Herr Abgeordneter Rudolf Plessl als Erster zu Wort. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


19.36.03

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Innenminister! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Punkt Änderung des Grenzkontrollgesetzes eingehe, möchte ich zuerst die Zeit nutzen, um vielleicht noch zwei, drei Sätze legistischer Art zum Waffengesetz anzumerken, das wir hier vor Kurzem beschlossen haben.

Es wurde in diesem Zusammenhang die Militärpolizei angeführt. Als Wehrsprecher der SPÖ ist mir natürlich aufgefallen, dass nur die Militärpolizei erwähnt wird; eigentlich ist


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die richtige Bezeichnung des Kommandos Militärstreife in Österreich und Militärpolizei im Ausland. Ich gehe davon aus, dass der Herr Verteidigungsminister seine Aufgaben noch erledigen wird, damit man das auch legistisch korrekt umsetzen kann. (Bundes­minister Kickl nickt.)

Vielleich noch eines zum Ausschuss – dann bin ich schon beim Grenzkontrollgesetz –: Wir haben den Minister betreffend die Abteilungen, die eingemeldet worden sind, ge­fragt und er hat uns mitgeteilt, dass die Militärpolizei/Militärstreife, aber auch die Justiz von den jeweiligen Ministern eingemeldet worden sind, das heißt auch Heeres-Nach­richtenamt, Abwehramt, aber die Finanzpolizei wurde nicht eingemeldet.

Nun, Frau Präsidentin, bin ich schon beim Grenzkontrollgesetz, zu dem ich als Erster sprechen darf. Hierbei geht es um einen Antrag der Regierungsparteien, der Abge­ordneten Rosenkranz und Amon. Wir werden diesem Antrag keine Zustimmung geben. Ich möchte auch begründen, warum wir keine Zustimmung erteilen.

In diesem Antrag wird eine Befugnis für die Landespolizeidirektionen, explizit für den Landespolizeidirektor der jeweiligen Bundesländer, aufgemacht, womit er nicht nur Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Befehls- und Zwangsgewalt über­geben kann, sondern auch anderen Vertragsbediensteten. Sie müssen natürlich geeig­net und besonders geschult sein, aber unser Zugang als Sozialdemokraten ist: Wir brauchen da keine Polizistinnen und Polizisten zweiter Klasse, sondern wir brauchen Polizistinnen und Polizisten, die voll ausgebildet sind, damit die Sicherheit auch entsprechend gewährleistet ist. Für mich, für uns ist die Sicherheit ein Grundbedürfnis jedes Bürgers, und wir brauchen da nicht verstärkt private Sicherheitsdienstleister. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Betreffend Polizei ist mir aufgefallen, dass 4 000 Polizisten zumindest planstellenmäßig erfasst sind, aber budgetmäßig sind sie noch nicht so dargestellt, dass auch alle Plan­stellen besetzt werden können. Ich weiß schon, Herr Minister, dass Sie sehr engagiert in diversen Zeitungen sind, die ein bisschen hinterfragenswert sind, dass Sie irgendwo Leute anwerben; aber diese Versäumnisse haben schon Ihre Amtsvorgänger gemacht, dass zu wenig Personal aufgenommen worden ist, vor allem in jenem Bereich – und das haben wir von der Sozialdemokratie immer bekrittelt –, in dem genug Bewerber vorhanden gewesen sind, wo man nur 20 Prozent von 40 Prozent genommen hat. Des­wegen möchten wir voll ausgebildete Polizistinnen und Polizisten und nicht Teilpolizis­tinnen oder Teilpolizisten zweiter Klasse.

Ein wichtiger Punkt, Herr Innenminister, ist: Wir haben in den letzten Jahren, fast Jahrzehnten einen Boom von privaten Sicherheitsfirmen erlebt. Wir probieren schon seit sehr vielen Jahren, da eine Reglementierung zu machen; bisher ist uns das mit unserem Koalitionspartner nicht gelungen. Eine Voraussetzung für einheitliche Para­meter ist: Wann darf jemand von einem privaten Sicherheitsdienst eine Waffe tragen? Welche Einsätze darf er durchführen?

Gerade da wäre es wichtig, in Zukunft entsprechende Rahmenbedingungen zu schaf­fen, denn wir haben auch bei diesem Fall hier im Parlament gesehen, dass ein Mitar­beiter einer Sicherheitsfirma sogar einen Sperrvermerk vom Bundesheer bekommen hat, aber trotzdem eine Waffe bekommen hat.

Wir haben da also Handlungsbedarf, klare Positionen zu beziehen, unter welchen Be­din­gungen Bedienstete eine Waffe tragen dürfen. Dieser Missstand gehört umgehend bereinigt, weil wir Verhältnisse brauchen, im Rahmen derer die Sicherheit für jeden einzelnen Staatsbürger in Österreich gewährleistet ist. (Beifall bei der SPÖ.)

19.40



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 170

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Werner Herbert gelangt als nächster Redner zu Wort. – Bitte.


19.40.33

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Plessl, da ist uns ein bisschen etwas durcheinander­ge­raten, glaube ich, weil die privaten Sicherheitsfirmen und die in irgendwelchen privaten Sicherheitsgewerben tätigen Bediensteten in diesem Gesetz nicht angesprochen sind. Das müssten Sie eigentlich wissen, wenn Sie das Gesetz aufmerksam gelesen hätten. (Abg. Plessl: Sehr aufmerksam!) In diesem Gesetz geht es auch nicht um Polizisten zweiter Klasse, sondern da geht es einfach um eine wichtige, um eine sinnvolle, um eine notwendige Maßnahme, um der prekären Personalsituation im Bereich der LPD Niederösterreich, insbesondere am Flughafen Schwechat, wirkungsvoll entgegenzu­treten, damit dort die Grenzkontrolle auch tatsächlich stattfinden kann. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Plessl.)

Wir haben dort die Situation, dass wir auch aufgrund der demografischen Entwicklung und der damit einhergehenden sehr angespannten Personallage das Problem haben, dass wir dort – auch zukünftig – nicht alle Positionen, insbesondere in der Kontroll­linie 1 – das ist der unmittelbare Bereich des Grenzüberganges –, mit Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, also Polizistinnen und Polizisten, besetzen können.

Um dafür eine sinnvolle Ergänzung zu finden, einerseits, um diese Grenzschutz- und -überwachungsmaßnahmen sicherzustellen, aber auch, um die Polizistinnen und Polizisten für andere Aufgaben freizubekommen, wenn es dann wirklich einen Treffer gibt, wenn bei einer Kontrolle wirklich eine Gefahrensituation auftritt und dann tat­sächlich polizeiliches Handeln und polizeiliches Einschreiten erforderlich ist, um eben dann auch die Ressourcen zu haben, die Sicherheit gewährleisten zu können, ist dieses Gesetz beziehungsweise sind die Möglichkeiten in diesem Gesetz, zusätzliche Verwaltungsbedienstete aufnehmen zu können, geschaffen worden. (Abg. Plessl: Und budgetmäßig?)

Es sind Verwaltungsbedienstete, so wie es auch in anderen Bereichen des öffentlichen Sicherheitsbereiches bereits gang und gäbe ist – wenn auch in der Verwaltung. In diesem Fall gebietet es uns aber einfach die ungewöhnliche Situation, dass wir rasch handeln, denn es gibt da immerhin einen Zuwachs von mehr als 10 Prozent in den Flugpassagierbewegungen, das sind in absoluten Zahlen knapp 700 000 Reisende –gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres –, die dort abgefertigt gehören.

Da kann ich Ihren Einwendungen, die mir durchwegs überwiegend polemisch erschei­nen, nichts abgewinnen, wenn Sie einfach von Polizisten zweiter Klasse sprechen und auch private Sicherheitsfirmen und Waffen tragende Angehörige von Sicherheitsfirmen in einem völlig anderen Zusammenhang ins Spiel bringen. Dies ist ein untauglicher Versuch, Dinge zu vermischen.

Hier geht es um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, um die Sicherheit der Passagiere am Flughafen Wien-Schwechat und um die Aufrecht­erhal­tung der Grenzkontrolle durch öffentliche, staatliche Organe. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr.in Krisper. – Bitte.


19.44.03

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Minister! Sie haben


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der Bevölkerung vollmundig versprochen, in den nächsten Jahren 4 100 Polizistinnen und Polizisten zu rekrutieren, es soll gar 2 100 neue Planstellen geben. Nun bemerken Sie, dass Sie gerade einmal einen Bruchteil schaffen werden – und das trotz Ihrer Hunderttausende Euro teuren Inserate, teilweise in verschwörungstheoretischen und rechtspopulistischen Medien, das trotz einer Senkung des Punkteminimums für den Aufnahmetest bei der Polizei. (Abg. Neubauer: ... Polizeifan!)

Ja, was machen Sie dann? – Sie möchten Schmalspurpolizisten alias Grenzassis­ten­ten an die Grenze schicken. Ich nehme an, es handelt sich dabei um eine als Initiativ­antrag getarnte Regierungsvorlage mit der Folge, dass die Begutachtung vermieden wird, was gerade bei einem derart eingriffsstarken Gesetz massiv zu kritisieren ist.

Sie wollen einfache Verwaltungsbedienstete der Landespolizeidirektionen mit der Aus­übung von Befehls- und Zwangsgewalt im Grenzkontrollwesen ausstatten. Die Amts­handlungen, die diese Personen durchführen sollen, sind unter anderem Überprüfung Minderjähriger, Identitätsfeststellungen, Fahrzeugkontrollen, Feststellung der Authenti­zität von Reisedokumenten – mit diesen Kompetenzen geht übrigens die Ermächtigung einher, die soeben genannten Maßnahmen auch mittels unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt unter Überwindung eines körperlichen Widerstandes durchzusetzen. (Abg. Rosenkranz: Eben nicht! Das ist unfassbar!)

Beruhigen soll uns offensichtlich, dass man, sollte eine Überwindung erforderlich sein, einen echten Polizisten ersuchen kann. Was aber in wirklich brenzligen Situationen passieren soll, wenn es darauf ankommt, das möchte ich gerne wissen, und damit muss ein Gesetz umgehen können, das muss in einem Gesetz im Voraus mit bedacht werden! Wenn es darauf ankommt, hieße das im vorliegenden Fall, dass unqualifizierte Personen, die nicht ausreichend auf Extremsituationen geschult und sensibilisiert sind und der Bewältigung einer derartigen Situation schlicht nicht gewachsen sind, mit einer solchen konfrontiert werden. – Befehls- und Zwangsgewalt gehört in die Hand von dafür ausgebildeten Polizistinnen und Polizisten und nicht in die Hand von irgend­jemandem sonst.

Wenn Sie sagen, das geht auf Basis des Sicherheitspolizeigesetzes auch schon, dann sage ich: Ja, aber nur nach erfolgreicher Absolvierung der Polizeigrundausbildung. – Was hier vorgesehen ist, ist eine nicht näher geregelte Schmalspurschulung für diese „Hilfssheriffs“, wie sie der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages Rupert Wolff gestern genannt hat. Der Präsident der Kammer, der auch Sie als Anwalt angehören, Kollege Rosenkranz (Abg. Rosenkranz: Stimmt gar nicht!), warnt: „Die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt durch Verwaltungsbeamte ist rechts­staat­lich höchst bedenklich und geeignet, in Grund- und Freiheitsrechte einzugreifen“.

Sie wollten das Problem im Ausschuss kleinreden. Der Herr Innenminister entgegnete meinen Bedenken mit dem Argument, dass die betreffenden Bediensteten eh nur im Kobel im Flughafen in Schwechat sitzen und Pässe anschauen würden – Sie erinnern sich daran. Aber wissen Sie, das Problem, das ich damit hatte und nach wie vor habe, ist folgendes: Wenn dem so wäre und die Herrschaften einen derart eingegrenzten Einsatzbereich im Flughafen hätten, dann hätten Sie das auch ins Gesetz schreiben können – aber das steht hier nicht. Und der von Kollegen Rosenkranz eingebrachte Entschließungsantrag hat in diesem Zusammenhang eine rechtliche Verbindlichkeit von null und macht daher nichts wieder gut.

Sie behalten sich also die Option offen, Ihre unqualifizierten Assistenzpolizisten – etwas anderes sind sie nicht – an die Bundesgrenze zu schicken, und dafür bekommen Sie unsere Zustimmung nicht. Dort gehört, wie überall, wo Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt wird, ein echter Polizist, eine echte Polizistin mit entsprechender Ausbildung


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hin. Deswegen stimmen wir dem Antrag sicherlich nicht zu. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.47


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Werner Amon. – Bitte.


19.48.04

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kollegin Dr. Krisper und auch Kollege Plessl! Es kommt mir ein bissl so vor, dass Sie dieser Vorlage aus einem Justamentstandpunkt heraus nicht zustimmen wollen (Abg. Rosenkranz: Also ein bissl ist jetzt schon ein bissl unter­trieben! Da musst du schon viel kratzen!) – wobei „ein bissl“ schon ein bissl unter­trieben ist –, denn, geschätzte Kollegen, bei der Vorlage könnte man sogar von einer Verwaltungsvereinfachung sprechen. Es macht nämlich einfach Sinn, dass das am Flughafen Wien so gehandhabt wird.

Mit Außengrenzschutz ist in dem Zusammenhang jetzt nicht gemeint, dass es im Freien stattfindet, sondern dass es um Personen geht, die eine Einreise von außerhalb des Schengenraums nach Österreich wollen. Warum diese Passkontrolle, denn um die geht es in Wahrheit, nicht Verwaltungsbedienstete vornehmen können, warum das nicht möglich sein soll, das müssen Sie aber den Österreicherinnen und Österreichern einmal erklären. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Lassen Sie mich Folgendes sagen: Wir haben ja auf diese Kritik – beziehungsweise eigentlich auf diese Sorge –, dass womöglich dann an der Grenze in Spielfeld Ver­waltungsbedienstete eine Grenzkontrolle vornehmen, ausdrücklich reagiert. Sie finden das auch in den Erläuterungen zum Gesetz. Und wir machen noch einmal, damit es da schon auch eine eindeutige Willensbekundung des Nationalrates gibt - - Also so ab­wer­ten sollten Sie Entschließungsanträge auch nicht, geschätzte Kollegin Dr. Krisper, denn Sie bringen laufend Entschließungsanträge ein (Abg. Krainer: ... wie Sie damit umgehen!); wenn das so unbedeutend wäre, dann frage ich mich, warum Sie ständig welche einbringen.

In Wahrheit ist der Entschließungsantrag, der hier beschlossen wird, eine eindeutige Willensbekundung des Nationalrates – in dem Zusammenhang übrigens auch ein Dank an Reinhard Zimmermann, den Vorsitzenden im Zentralausschuss für das Sicher­heits­wesen, für diesen Input –, weil es um die Festlegung geht, dass eben in dem Fall diese Verwaltungsbediensteten ausschließlich am Flughafen Wien-Schwechat eingesetzt werden sollen. (Abg. Krainer: Wieso steht das nicht im Gesetz?) Das ist eine Erleich­terung für unsere Polizistinnen und Polizisten, und dem tragen wir Rechnung.

Es steht Ihnen natürlich frei, dagegen zu stimmen, aber ehrlich gesagt, argumentieren können Sie diese Haltung wirklich nicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.50


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch ist der nächste Redner. – Bitte.


19.50.49

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Minister! Meine Vorgänger haben den Grund für diese Maßnahme schon beleuchtet, nämlich dass die Grenzkontrolle im Bereich des Flughafens Schwechat eigentlich nur mehr durch Zuteilung oder durch Zuführung von ausgemustertem Per­sonal aus der Polizeischule bewerkstelligt werden kann – das ist einmal der Grund. Zum anderen ist diese Vorlage doch Auswuchs einer wirklich durchaus vernünftigen Überlegung, wie man Aufgaben so verteilen kann, dass nicht immer dort ein voll


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ausgebildeter Polizist, ein Exekutivbeamter, diese Maßnahmen durchsetzen soll, wo das nicht notwendig ist.

Kollege Plessl, es gibt keine Polizisten zweiter Klasse. Warum? – Weil diese Grenz­kontrollassistenten auch nicht zur Ausübung von unmittelbarer Befehls- und Zwangs­gewalt ermächtigt sind. (Abg. Plessl: Und warum steht es im Gesetz?) –Unmittelbar – aufpassen! Sie dürfen keine faktische Amtshandlung vornehmen.

Ich erkläre dir das jetzt an einem Beispiel: Nehmen wir an, dieser Grenzkon­troll­assistent kontrolliert einen Reisenden, er sieht, dass die Identität unklar ist, und weitere Erhebungen ergeben dann, dass er eigentlich illegal eingereist ist. Was passiert? – Er ruft die Kollegen der Polizei, und die übernehmen die Amtshandlung. Gleiches würde passieren, wenn einer renitent wird, weil er eben mit einem falschen Pass erwischt wird: Das macht nicht der Assistent, das macht die Polizei. Daran wird nicht gerüttelt und das soll auch weiterhin so sein. (Abg. Plessl: Im Gesetz steht es anders!)

Kollege Plessl, wir haben auch bei der Polizei Verwaltungsbedienstete, nämlich in der Polizeidirektion. Auch da kann man sagen, das alles ist eine hoheitliche Aufgabe, das ist unzulässig. – Nein, so ist es nicht!

Wenn man schon anspricht, was das kostet: Mit Sicherheit ist das günstiger, als einen voll ausgebildeten Polizisten einzusetzen. In dem Zusammenhang möchte ich mich auch bei Ihnen, Herr Minister, dafür bedanken, dass Sie die Vorschläge der AUF und der Freien Exekutiv Gewerkschaft aufgenommen haben, die konstruktiv waren und die letztlich auch Aufnahme in diese Gesetzesnovelle gefunden haben. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.53


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte.


19.53.44

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuse­herinnen und Zuseher! Ich versuche jetzt noch einmal, Licht ins Dunkel zu bringen, weil ich glaube, dass in der Diskussion vielleicht wirklich das eine oder andere verwechselt worden ist. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Was bedeutet die Novellierung des Grenzkontrollgesetzes in der polizeilichen Praxis, im täglichen Arbeiten? – Eines ist klar: Die 4 100 zusätzlichen Polizistinnen und Polizis­ten setzt unser Innenminister zielgerichtet ein, und das heißt auch, für vollwertige Polizeiarbeit. Hier, bei unserem Spezialthema heute, geht es aber um etwas anderes: Es geht um die Kontrolle der EU-Außengrenzen und ganz besonders unserer Flug­häfen, und es geht, wie auch aus unserem klarstellenden Ergänzungs- und Ent­schließungs­antrag hervorgeht, ausschließlich um den Flughafen Wien-Schwechat.

Wie schaut das dort aus? – Damit man es sich vorstellen kann: Dort versehen seit Jahren in der sogenannten Kontrolllinie 1, das ist ein dafür vorgesehener Raum, schon jetzt Vertragsbedienstete mit Sondervertrag Dienst. Das sind Vertragsbedienstete mit Sondervertrag, die eine sechsmonatige Ausbildung absolviert haben, die ausschließ­lich Grenzkontrolltätigkeiten in administrativer Form umfasst. Darin sind die Kontrolle der Echtheit von Reisepässen oder administrative Maßnahmen zur Identitätsfest­stel­lung von Einreisenden beinhaltet.

Diese Verwaltungstätigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine sehr wert­volle Unterstützung für die Exekutive, wobei aber ausschließlich den voll ausge­bildeten Exekutivbeamten alle klassischen Aufgaben der unmittelbaren Befehls- und


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Zwangsgewalt zukommen. Die unterstützenden Verwaltungsbediensteten, meine Damen und Herren, unterstützen im Teamwork Hand in Hand, wie es auch in vielen anderen Bereichen der Polizei vorkommt und stattfindet.

Diese unterstützenden Verwaltungsbediensteten streben jetzt aber eine andere Ver­wen­dung, nämlich eine vorgesehene Ergänzungsausbildung an, um voll ausgebildete Polizisten zu werden, und das ist ihnen bei ihrer Aufnahme auch zugesagt worden. Meine Damen und Herren, durch diese Übernahme in den vollen Exekutivdienst stehen immer weniger dieser Vertragsbediensteten tatsächlich für die administrativen Kontroll­tätigkeiten zur Verfügung. Das bedeutet, dass voll ausgebildete Exekutivbeamte ver­stärkt vom Außendienst abgezogen werden, um die administrativen Aufgaben zu lösen – und das ist nicht gescheit.

Dazu kommt, meine Damen und Herren, eine geschätzte Erhöhung des Passagier­aufkommens am Flughafen Schwechat von derzeit 24 auf 30 Millionen Passagiere in den nächsten zwei bis drei Jahren. Daher sollen in mehreren Tranchen vorerst 50 und im Vollausbau bis zu 200 Vertragsbedienstete mit Sondervertrag neu und explizit aus­schließlich für diese Aufgabenstellung – ohne Befehls- und Zwangsgewalt und unbe­waffnet – aufgenommen, ausgebildet und eingesetzt werden. Ich glaube, dass im Zu­sam­menhang mit diesen Arbeitsplätzen, die im Übrigen ganz konzentriert für Men­schen in der Altersgruppe von 35 bis 50 Jahre angeboten werden, auch Chancen für den Arbeitsmarkt bestehen, gerade in der Region in und um Schwechat.

Meine Damen und Herren, ich komme schon zum Schluss. Eines beobachten wir alle als Beteiligte wahrscheinlich sehr oft, und das möchte ich heute zum Ausdruck bringen. Ich möchte heute die Gelegenheit nutzen, der Führung des Flughafens Wien-Schwechat, dem Innenministerium, der Landespolizeidirektion Niederösterreich und allen Mitarbei­te­rinnen und Mitarbeitern einfach einmal Danke zu sagen für ihre tägliche Arbeit am Flughafen Wien-Schwechat, damit wir sicher fliegen können und Österreich sicher bleibt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Scherak.)

Mein Schlusssatz: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Novellierung des Grenz­kontrollgesetzes trägt aus meiner Sicht – ich hoffe, mit dieser Erklärung ein wenig zum Verständnis beigetragen zu haben – zu einer effizienten Grenzkontrolle am Flughafen Schwechat im Teamwork zwischen Vertragsbediensteten mit Sondervertrag und Poli­zistinnen und Polizisten bei. Ich ersuche Sie daher um Zustimmung zu dieser Regie­rungsvorlage und auch zu dem von uns eingebrachten Entschließungsantrag. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.58


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Herbert Kickl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


19.58.49

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Ich bedanke mich bei denjenigen, die der vorliegenden Gesetzesvorlage ihre Zustimmung geben. Ich glaube, sie tun das deshalb, weil sie erkennen, dass wir damit auf eine kreative und intelligente Art und Weise mehrere Probleme, die wir haben, lösen.

Wir finden einen entsprechenden Modus, um das gesteigerte Passagieraufkommen, mit dem wir insbesondere am Flughafen Schwechat konfrontiert sind, sicherheits­tech­nisch in den Griff zu bekommen. Das ist eine Erwartungshaltung, die die Reisenden haben. Ich glaube, Frau Krisper, auch Sie sind gerne sicher unterwegs, und dieses Interesse teilen Sie wahrscheinlich mit allen Flugreisenden. Es geht einfach darum, das Personalproblem, das wir haben, in einer intelligenten Art und Weise dahin gehend


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zu lösen, dass wir voll ausgebildete Polizistinnen und Polizisten, die das derzeit machen, einer Verwendung zuführen, die ihrer Qualifikation entspricht, während wir im Bereich der Personenkontrolle, im Bereich der Identitätsfeststellung eine neue Per­sonen­gruppe, die sogenannten Grenzkontrollassistenten, zum Einsatz bringen.

Man muss nicht die gesamte Polizeiausbildung durchlaufen, um diese Personen­identi­fikation vornehmen zu können. Das gibt uns auch die Möglichkeit, an neue Zielgruppen heranzukommen, an Leute, die sagen: Das ist vielleicht etwas, das mich interessiert, aber ich habe kein Interesse an anderen Aufgabengebieten, die auch mit der Polizei­ausbildung verbunden sind!

Sie sehen also, dass wir damit Kräfte, die wir operativ auch in anderen Bereichen ver­wenden können, freispielen, dass wir gleichzeitig das Sicherheitsbedürfnis vollinhaltlich erfüllen und dass wir damit auch sicherstellen können, dass wir die gesamten tech­nischen Nachrüstungen, die im Bereich des Flughafens, im Bereich der Personen­kon­trolle auch durch Vorgaben auf europäischer Ebene notwendig sind, vollinhaltlich erfüllen können.

Ich bedanke mich also noch einmal bei all denjenigen, die diesem Gesetz ihre Zustim­mung geben. Sie können das guten Gewissens tun. Es ist ein weiterer Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit, diesmal am Flughafen Wien an der ersten Kontrolllinie. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)

20.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Walter Rosenkranz. – Bitte.


20.01.15

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Frau Kollegin Krisper, der Herr Bundesminister hat vorhin diese Lösung als kreativ und intelligent bezeichnet, ich füge da noch das Wort Hausverstand hinzu.

Frau Kollegin Krisper, ich erzähle Ihnen jetzt aus der Praxis, was mir junge Absolventen der Polizeischule sagen: Jetzt habe ich hier 24 Monate Unterricht und Praxis gehabt, werde jetzt an sich meinem Dienstposten zugeteilt, und ich brenne eigentlich darauf, für die Sicherheit Österreichs zu arbeiten, indem ich auf der Straße im Einsatz bin, Tag und Nacht während meiner Schichten, um die Kriminalität zu bekämpfen. Und was machen sie, weil sie nicht darauf geschaut haben, bei der Erweiterung des Flughafens Schwechat entsprechendes Personal vorzusehen? – Sie lassen mich jetzt dort tagein, tagaus in dem – von Ihnen zitierten – Glaskobel sitzen und Ausweise kontrollieren!

Dieser voll motivierte, bestens geschulte junge Polizist macht dort Dienst und sagt: Ich versauere hier. Das interessiert mich in Wirklichkeit nicht. Polizeidienst habe ich mir anders vorgestellt!

Ja, ich gebe schon zu, es wäre toll, wenn das alles bereits voll ausgebildete Polizisten wären. Nur: Sie haben dem Herrn Innenminister vorgeworfen, er bringt jetzt die 4 100 nicht auf die Straße. (Abg. Krisper: Er verspricht ...!) – Er verspricht etwas.

Jetzt frage ich Sie einmal – und da brauchen wir jetzt nicht über Menschenrechte zu reden, wo Sie sich gut auskennen, sondern da reden wir jetzt nur über Grund­rechnungsarten –: Die Polizeischule dauert 24 Monate, und dieser Minister hat es nicht innerhalb eines Jahres, innerhalb von 12 Monaten geschafft, die entsprechenden Polizisten herzubringen. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Frau Kollegin Krisper, werfen Sie dem Minister vor, dass er die Zeitmaschine noch nicht erfunden hat? (Beifall bei


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FPÖ und ÖVP. – Abg. Krainer auf den Platz des Abg. Sobotka deutend : Der Sobotka sitzt dort!)

Nur eines: Das ist eine Maßnahme, aufgrund deren interessierte Menschen dabei sind, Ausweiskontrollen zu machen, ein minderjähriges Kind zu fragen, wo seine Erzie­hungsberechtigten, seine Eltern sind und wo es da eigentlich herumreist. Das sind Tätigkeiten, bei denen man nicht mit der geladenen Pistole davor stehen muss oder sonst etwas. Das sind ganz normale, schlichte Tätigkeiten. Wir überbrücken mit dieser Maßnahme einfach einen Personalnotstand, der sich in der letzten Zeit aufgebaut hat und jetzt sukzessive durch diese Regierung abgearbeitet wird.

Aber ich sage Ihnen noch einmal eines: 12 Monate sind nicht 24 Monate! – Ver­standen? – Danke. Setzen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Scherak: Die Kollegin Krisper sitzt eh, eigentlich!)

20.03


Präsidentin Doris Bures: Und wir sind im Parlament.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Plessl. – Bitte.


20.04.03

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Herr Kollege Rosenkranz, wir sind auch für eine Vereinfachung, aber wir wissen auch, im Gesetz steht drinnen: Befehls- und Zwangs­gewalt. (Abg. Rosenkranz: ... zeigen S’ den Ausweis her! Oder was ist denn das?)

Warum nehmen Sie diesen Bereich nicht heraus, und warum machen Sie nicht eine ordentliche Zuordnung an das Ministerium, wo dann nämlich auch das Budget vorge­sehen wäre? Jetzt geben Sie nämlich die ganze Verantwortung an die Landes­polizei­direktoren weiter. Die müssen schauen, dass ein Budget vorhanden ist, damit das auch funktionieren kann, und dann können die nach ihrem Ermessen, denn es ist ja dann ihr Recht, auch entsprechend Personal aufnehmen. (Abg. Rosenkranz: Und dann, und dann, und dann, und dann!) Schaffen Sie ordentliche Strukturen, damit es zu einer Ent­lastung kommt!

Ich möchte nur eines festhalten: Vor circa 20 Jahren waren ungefähr 200 Polizeibeamtin­nen und Polizeibeamte am Flughafen Schwechat vorgesehen und haben die Per­sonenkontrolle und auch die Grenzkontrolle durchgeführt.

Wir wissen, es hat sich einiges verändert, aber mittlerweile haben wir 500 und über 2 000 private Sicherheitsdienstleister. Es wird sich noch etwas verändern, aber wenn Sie eine wirkliche Entlastung für die Polizisten herbeiführen wollen, dann schaffen Sie ordentliche Strukturen: Bundesministerium für Inneres, Zentralstelle, dort soll auch der Budgetposten sein – nicht die Landesdirektoren dementsprechend in Verantwortung nehmen. Und: Schauen Sie, dass Sie keine Befehls- und Zwangsgewalt auf Verwal­tungsbedienstete herunterbrechen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker. – Abg. Rosenkranz: Jetzt wundert es mich nicht mehr, dass die SPÖ nichts zusammengebracht hat! Nur mit Bedenkenträgern kommt man nicht weiter!)

20.05


20.05.28

Präsidentin Doris Bures: Nun ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 424 der Beilagen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte auch in dritter Lesung um ein Zeichen der Zustimmung von jenen Abge­ord­neten, die dem zustimmen. – Das ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit ange­nom­men.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 424 der Beilagen ange­schlossene Entschließung betreffend „Einsatz von Grenzkontrollassistenten“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (E 40)

20.06.22 9. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vor­lage (380 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (422 d.B.)

Präsidentin Doris Bures: Damit sind wir beim Tagesordnungspunkt 9 angelangt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Werner Herbert. – Bitte.


20.06.50

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen hier vom Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz geändert wird. Worum geht es dabei im Wesentlichen?

Es geht darum, die Attraktivität des Zivildienstes zu erhöhen, zu verbreitern, einerseits durch Verwaltungsvereinfachungen und andererseits durch Verbesserungen für die Zivildienstleistenden. Es geht darum, die Wünsche und Bedürfnisse der Trägerorgani­sationen, aber auch die Anliegen des behördlichen Vollzuges zu berücksichtigen und diesbezügliche Optimierungen vorzunehmen. Und es geht darum, die Mitwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten sowohl von Bundes- als auch von Länderseite her zu verbessern.

Es gibt zahlreiche gute und wichtige Verbesserungen in diesem Gesetz. Ich darf Ihnen einige zur Kenntnis bringen: Es sind dies die Einführung eines computerunterstützten Ausbildungsmoduls für Zivildienstleistende, aber auch für Vorgesetzte in Zivildienst­einrichtungen, samt einer dazugehörigen Zertifizierung; die Ergänzung der Voraus­set­zungen für die Anerkennung und den Widerruf der Anerkennung von Zivildienst­einrich­tungen; verstärkte Mitwirkungsrechte durch den Bundesminister für Inneres sowie die Zivildienstserviceagentur; die Möglichkeit des Landeshauptmannes, die ge­neh­migte maximale Platzanzahl amtswegig zu senken; die vorzeitige Entlassung von Zivildienst­leistenden bei Krankenstandsdauer von insgesamt 24 Kalendertagen – das war bisher in dieser Form nicht möglich, sondern nur, wenn eine durchgehende Abwe­senheit von 18 Tagen vorgelegen ist –; die Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung des Zivil­dienst­leistenden bei Vorliegen einer Gesundheitsschädigung infolge des Zivil­dienstes, aber auch die Möglichkeit einer zweiten Beantragung des Erlöschens der Zivil­dienst­pflicht für zwölf Monate. Das ist dann relevant, wenn es darum geht, dass der Zivil­dienst­pflichtige gerne eine Berufswahl als Angehöriger eines Wachkörpers vor­nehmen möchte und diese Quasiverlängerung bisher nur durch Aufschub möglich war – so gesehen eine neue, verbesserte, verwaltungsrechtlich saubere Lösung.


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Wir wissen, der Zivildienst ist ein wichtiger, ein unverzichtbarer Bestandteil im sozialen Dienstleistungsbereich des Staates und der Länder. Mit dieser Regierungsvorlage stellen wir sicher, dass einerseits der Qualitätsstandard im Zivildienstbereich, aber auch die Rechte und Pflichten der Zivildiener, ebenso wie auch die Rechte und Pflichten der Behörden klar geregelt werden. Wir erfüllen damit auch einen Ansatz, ein Versprechen, das wir im Regierungsprogramm abgegeben haben.

Ich denke, das ist ein gutes Gesetz, eine gute, eine wichtige, eine sinnvolle Erwei­terung der bisherigen Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass einerseits der Zivildienst auch zukünftig attraktiv bleibt und andererseits der Zivildienst in der jetzigen Aus­prägung auch für zukünftige Generationen gesichert erscheint. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Konrad Antoni. – Bitte.


20.10.26

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staats­sekre­tärin! Ja, die Zivildienstgesetz-Novelle, die wir heute beschließen, ist nicht die erste, sie ist sicher auch nicht die letzte, und von unserer Seite möchte ich anmerken, dass auch wir das Positive in vielen Bereichen herausstreichen möchten und daher der heute vorliegenden Novelle auch unsere Zustimmung geben. Ich möchte aber schon ganz explizit anmerken, wie ich das auch schon im Ausschuss getan habe, dass es sich beim Zivildienst um einen Wehrersatzdienst handelt, und so sehe ich in vielen Be­reichen den Zivildienst als wesentliche Unterstützung, als zusätzliche Kraft natürlich auch zur Unterstützung der fix Angestellten in vielen Bereichen des Sozial-, des Sicherheits- und des Gesundheitssystems.

Was ich aber sehr klar und deutlich anmerken möchte: Der Zivildienst darf nie in Konkurrenz zu den fix Angestellten in diesen Einrichtungen stehen oder gar als Sparprogramm in den Einrichtungen herangezogen werden.

Zu den positiven Aspekten zählen – ich kann das von meinem Vorredner Gesagte unter­streichen – selbstverständlich die Ausbildungsmodule im Bereich der Staatsbür­ger­schaft, auch die Ausbildungsmodule für all jene, die in den Einrichtungen Verant­wortung für die Zivildiener tragen. Positiv herausstreichen möchte ich auch, dass die Berücksichtigung eines zusätzlichen Bedarfs an Zivildienst erst nach dessen Nachweis möglich ist. Umgekehrt kann es natürlich, wenn Zivildienstvoraussetzungen nicht ord­nungs­gemäß erfüllt und nachgewiesen werden können, auch zu einem Aberken­nungsbescheid kommen.

In diesem Zusammenhang vielleicht ein kleiner Wermutstropfen: Wenn man in den Erläuterungen nachliest, wo es heißt: „Zudem sollen in Hinkunft Bescheide, die gegen Bestimmungen über die Anerkennung von Einrichtungen verstoßen, vom Bundes­minister für Inneres aufgehoben werden können“, dann stellt sich für mich eigentlich die Frage: Warum ist das notwendig, wenn die Entscheidungen doch ohnedies in der Zivildienstagentur, in der – ich glaube, da sind wir uns einig – sehr, sehr gute Arbeit geleistet wird, getroffen werden?

Wesentlich ist, und das möchte ich schon anmerken, damit man ein Gefühl für die Größenordnung bekommt: Allein für das Kalenderjahr 2017 sprechen wir von 14 907 Zivil­dienstpflichtigen und österreichweit von 1 687 anerkannten Einrichtungen. So, glaube ich, können wir alle mit Stolz sagen, das Modell des Zivildienstes ist wirklich ein Erfolgsmodell, ein herzeigbares Modell, weil in vielen Bereichen viele, viele junge


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Menschen nach Ableistung des Zivildienstes in den diversen Einrichtungen als Kräfte weiter verfügbar bleiben; also wirklich ein hervorragendes Modell!

In vielen Bereichen werden immer wieder Zivildiener gesucht. Man darf, glaube ich, diese Einrichtungen durchaus auch ein bissel vor den Vorhang holen. Ich darf das für Einrichtungen aus meiner Region, aus dem Waldviertel, machen, von denen ich hier nur einige wenige Beispiele nennen möchte: zum Beispiel das Psychosomatische Zentrum im Waldviertel, bis hin zur Tagesstätte Zuversicht in Heidenreichstein, wo mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen gearbeitet wird, und ich denke, die Zivildiener erbringen in diesen Einrichtungen eine besondere Leistung. Daher ist es für uns auch besonders wichtig, dass wir uns die Unternehmen, in denen Zivildiener ihre Leistung erbringen, auch genau anschauen, denn in vielen Bereichen sind das keine einfachen Jobs, sind das Jobs mit großer Herausforderung. Daher ist es umso wichtiger, dass in Zukunft Zivildienststellen die Anerkennung als solche auch wieder aberkannt werden kann, wenn gegen bestimmte Regeln verstoßen wird.

Abschließend möchte ich sagen: Damit all diese positiven Aspekte in Zukunft ein­ge­halten werden können, gilt es sicherzustellen, dass verlässliche Kontrollen durch­ge­führt werden, und es ist auch darauf Wert zu legen, dass die Berichte der Einrich­tungen entsprechend detailliert abgegeben werden, um ernsthafte Rückschlüsse ziehen zu können.

Summa summarum: Wir sehen auch das Positive, werden der Novelle zustimmen, wenn auch einige Wermutstropfen noch vorhanden sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Andreas Hanger zu Wort. – Bitte.


20.15.24

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir debattieren eine Novelle zum Zivildienstgesetz, mit der eine Weiterentwicklung des Zivildienstes erfolgt, der, wie meine Vorredner schon gesagt haben, eine enorm wichtige Einrichtung in unserer Republik ist. Ich möchte der zuständigen Frau Staatssekretärin für diese Initiative, die für Österreich ganz einfach sehr wichtig ist, danken.

Ich möchte jetzt gar nicht im Detail auf die Änderungen eingehen, das wurde von den Vorrednern schon ausgeführt. Es bedeutet einfach, es wurden Voraussetzungen für die Einrichtungen geschaffen, man hat eine bessere Steuerungsmöglichkeit, es gibt ein Onlineausbildungstool. Man nutzt die Möglichkeiten der Digitalisierung, um den Zivildienern verpflichtend Staatsbürgerkunde näherzubringen. Man schafft eine bes­sere Regelung im Bereich der Krankenstände – bis jetzt war es ja so, dass 18 Tage durchgängiger Krankenstand notwendig war, damit man dann die Zivildienstverein­barung auflösen konnte. In der Praxis war es dann so, dass, wenn dieser Kran­kenstand für einen Tag unterbrochen worden ist, die Frist von Neuem zu laufen be­gonnen hat. Man hat hier also ganz einfach die Rahmenbedingungen geschärft und hat bessere Voraussetzungen geschaffen.

Ich möchte aber, wenn wir schon über den Zivildienst reden, natürlich die Gelegenheit auch dazu nutzen, mich einmal wirklich herzlich bei allen Zivildienern in Österreich zu bedanken. Es wurde schon erwähnt, es sind 15 000, die in vielen wichtigen sozialen Einrichtungen enorm wertvolle Arbeit leisten: in Krankenhäusern, in der Alten­be­treu­ung, in


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der Behindertenbetreuung, aber auch zum Beispiel im Auslandsgedenk­dienst, bei der Drogenberatung und vielem anderen mehr. Das ist enorm wertvoll.

Was ich beim Zivildienst auch so besonders finde, ist, dass, wenn man mit Zivil­dienstleistenden spricht, in einem hohen Ausmaß von diesen auch anerkannt wird, dass auch ganz maßgeblich etwas für die persönliche Entwicklung passiert. Viele erle­ben es sehr positiv, soziale Einrichtungen in Österreich kennenzulernen. Das bedeutet auch eine persönliche Weiterentwicklung. Zivildienst bedeutet oft auch eine persön­liche Orientierung. Ich habe das schon sehr oft erlebt, dass ein Zivildienst­leistender zum Beispiel mit einem Technikerberuf in den Zivildienst hineingeht, dort aber dann seine eigentliche Berufung in der Sozialarbeit findet. Ich glaube, das ist ganz wichtig, dass man dann auch einen Beruf ausübt, den man wirklich ausüben will.

Ein Aspekt ist mir als Bezirksstellenleiter des Roten Kreuzes sehr wichtig: Zivildiener sind enorm wichtig im Rettungsdienst, sie sind auch eine Quelle für die Ehren­amt­lichkeit bei uns. Sie bilden so quasi den Nachschub, damit wir auch die Dienste im ehrenamtlichen Bereich entsprechend darstellen können.

Ich möchte auch ganz kurz auf eine Herausforderung eingehen, auf die wir, glaube ich, sehr genau hinschauen müssen: Die Zahl der Stellungspflichtigen geht in Österreich deutlich zurück. Waren es 2008 noch 36 800, so waren es 2017 nur mehr 28 600. Das bedeutet zum einen natürlich für den klassischen Wehrdienst, dass dafür weniger Personen zur Verfügung stehen, es bedeutet zum anderen aber natürlich auch für den Zivildienst, dass weniger Personen zur Verfügung stehen.

Hier muss man, glaube ich, sehr, sehr genau hinschauen, damit der Zivildienst, der uns allen sehr, sehr wichtig ist, auch in Zukunft gewährleistet und sichergestellt ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.18


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich Frau Staatssekretärin Mag.a Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


20.18.30

Staatssekretärin im Bundesministerium für Inneres Mag. Karoline Edtstadler: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Zunächst möchte ich mich bei meinen Vorrednern sehr herzlich bedanken, denn wir alle sehen, dass der Zivildienst eine wahre Erfolgsgeschichte ist. Die jungen Männer leisten dabei in der Mitte unserer Gesellschaft eine ganz wesentliche Aufgabe für unsere Gesellschaft, und das Funktionieren vieler Bereiche, wie des Rettungsdienstes, aber auch des Katastrophenschutzes oder der Altenpflege, wäre ohne die Unter­stüt­zung dieser jungen Männer nicht so ohne Weiteres aufrechtzuerhalten.

An dieser Stelle spreche auch ich als für diesen Bereich zuständige und verant­wort­liche Staatssekretärin ganz explizit ein großes Danke an alle aus, die den Zivildienst absolvieren, nicht weil sie damit ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen, wenn sie nicht zum Bundesheer gehen, den Wehrersatzdienst ableisten, sondern weil sie sehr oft weiter ehrenamtlich tätig bleiben, weil mit dem Zivildienst ein Grundstein für diese ehrenamtlichen Tätigkeiten in unserer Gesellschaft gelegt ist. Und ich kann Ihnen auch aus meiner Erfahrung im europäischen Kontext nur sagen, wir werden in Europa wirk­lich um dieses Wesen der Freiwilligkeit, das aus der Mitte unserer Gesellschaft kommt, beneidet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Einige Zahlen wurden schon genannt: Wenn man die Zahlen vergleicht, sind es von 2010 auf 2017 rund 9 000 taugliche Wehrpflichtige weniger geworden. Von knapp 40 000


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im Jahr 2010 ist die Zahl auf knapp 31 000 zurückgegangen. Das hat natürlich auch einen starken Rückgang beim Zivildienst zur Folge. 45 Prozent aller tauglichen Wehr­pflichtigen absolvieren den Zivildienst. Im Jahr 2017 waren es noch 14 907, was zu einer österreichweiten Bedarfsdeckung von 93 Prozent geführt hat. Heuer – und jetzt kann ich Ihnen hier erstmals auch die letzten Zahlen für 2018 präsentieren – sind es 14 591 Zuweisungen, die wir vornehmen konnten. Das sind etwas weniger als 90 Pro­zent, nämlich 89,5 Prozent.

Was ist der Grund dafür? – Grund dafür sind die geburtenschwachen Jahrgänge. Das ist aber leider kein statistischer Ausreißer, sondern damit werden wir in den nächsten sieben bis zehn Jahren noch – mit leichten Schwankungen – zu tun haben. Deshalb bin ich von Anfang an, als ich diese Aufgabe als Staatssekretärin und damit auch die Verantwortung für den Zivildienst übernommen habe, mit der Frage konfrontiert worden, was wir tun können. Was wir tun können, ist zum einen, den Zivildienst für junge Menschen attraktiver zu machen, und zum anderen, sicherzustellen, dass ganz zielgerichtet zugewiesen wird, dass dort zugewiesen wird, wo der Zivildienst ganz wesentlich für unsere Gesellschaft ist.

Wir haben die Anforderungskriterien für die Trägerorganisationen etwas strenger ge­macht. Wir werden den Status in Zukunft aberkennen, wenn innerhalb von drei Jahren kein Zivildiener angefordert wird, denn wir wollen die Organisationen erreichen, die die Zivildiener wirklich gebrauchen und zielgerichtet einsetzen können, wo sie unserer Gesellschaft am besten dienen.

Es ist schon einiges über die weiteren Inhalte dieses Gesetzes gesagt worden. Ich möchte nur noch einmal dieses Onlinetool herausheben. Das ist auf der einen Seite für die Zivildiener selbst, denn wir wollen jungen Männern auch etwas mitgeben. Es soll einfach ein Grundverständnis über die Rechtsordnung in Österreich, über das Zustan­dekommen der Bundesgesetze, auch über die Landesgesetzgebung vermittelt werden. Es ist nicht immer so, dass alle, die dorthin kommen, dieses Verständnis schon mitbrin­gen. Diejenigen, die es schon mitbringen, können diesen Test innerhalb kürzester Zeit absolvieren und haben dann in ihrer Leistungsbilanz dieses Zertifikat ausgewiesen. Das ist das eine. Das andere ist, dass auch die Ausbildner der Zivildiener, die für die Ausbildung der Zivildiener Verantwortlichen, eine entsprechende Ausbildung absolvie­ren müssen. Diejenigen, die das in vorbildlicher Weise jetzt schon machen, werden mit der Absolvierung dieses Tools keine Schwierigkeiten haben.

Auch für kleinere Zivildienstorganisationen, Trägerorganisationen gilt: Es braucht kom­petente Ansprechpartner, die sich in dieser Materie auskennen. Deshalb wird auch in Zukunft Voraussetzung sein, dass jede Trägerorganisation zumindest einen Ausbildner hat, der dieses Ausbildungsmodul alle drei Jahre absolviert und diesen Nachweis dem Landeshauptmann überbringt, der in mittelbarer Bundesverwaltung für die Bescheid­erlassung zuständig ist.

Zukünftig soll es auch mehr Mitsprachemöglichkeit für die Zivildienstserviceagentur in der Weise geben, dass vor Anerkennung einer Trägerorganisation ein Anhörungsrecht besteht, denn die Zivildienstserviceagentur hat profundes Wissen, hat wirklich die Erfahrung und kann diese Erfahrung dann bei der Bescheiderlassung einbringen.

Insgesamt wollen wir also den Zivildienst noch moderner machen, noch attraktiver machen, gleichzeitig aber auch den jungen Menschen etwas auf ihren Weg mitgeben. Natürlich hoffen wir, dass auch weiterhin ganz viele ehrenamtlich tätig bleiben, denn das ist es, was in unserer Gesellschaft diese positive Stimmung ausmacht. Das ist ganz wesentlich, das wollen wir für die Zukunft aufrechterhalten. Daher danke ich


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schon jetzt für eine möglichst breite Zustimmung zu diesem Gesetz. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.24


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Johann Rädler. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Oje! Aber der Peter Wittmann ist heute nicht da! – Abg. Rädler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Darauf habe ich gewartet; ich werde darauf zurückkommen!)


20.24.14

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretär! (Abg. Loacker: Staatssekretärin!) Herr Staatssekretär! Werte Kolle­gin­nen, werte Kollegen! Die Frau Staatssekretär hat sehr umfassend von der Erfolgs­geschichte - - (Abg. Leichtfried: Gendern! ... Frauenvolksbegehren!) – Ja, Herr Kollege Leichtfried, erstens kommt bald Weihnachten, zweitens bin ich verkühlt. Sie haben selbst gesagt, Kollege Wittmann ist nicht hier, und daher werde ich mich auf das Thema beschränken und nicht auf Ihre Zwischenrufe eingehen. (Heiterkeit bei SPÖ, NEOS und JETZT.) Zwischenrufe sind verpönt. (Abg. Leichtfried: Na dann sage ich nichts mehr! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ, NEOS und JETZT.)

Zurück zum Thema: Schauen wir einmal 40 Jahre zurück. Ich darf – ja, unglaublich – als Zeitzeuge über die ersten Zivildiener, die eingesetzt wurden, berichten – das Zivildienstgesetz wurde ja 1976 beschlossen. Ich war damals beim Zivilschutzverband tätig, als uns die ersten Zivildiener zugeteilt wurden. Das waren damals noch Wehr­dienstverweigerer – so wurden sie genannt – und nicht Wehrersatzdienstleistende. Sie waren eigentlich am Rande der Gesellschaft angesiedelt. Daher ist es sehr erfreulich, wenn wir heute von einer Erfolgsgeschichte sprechen können, da die Zahl dieser da­mals so genannten Wehrdienstverweigerer bis heute auf rund 15 000 in 1 700 Trä­gerorganisationen in ganz Österreich angestiegen ist.

Ich durfte in der Ausbildung und dann auch in der Betreuung dieser Zivildiener tätig sein. Wenn ich jetzt nach vorne schaue und mir heute die soziale Stellung der Zivil­diener ansehe, dann sehe ich, dass da eigentlich eine Absicherung der Zivildienst­leistenden geschehen ist, nämlich nicht nur im monetären Bereich – mit diesen 327 Euro, die sie als Entschädigung bekommen –, sondern auch im Sozialbereich, nämlich mit den Möglichkeiten, eine Wohnkostenbeihilfe zu bekommen, eine Familienunterhalts­kostenbeihilfe zu bekommen, die ÖBB gratis zu benützen, von den GIS-Gebühren befreit zu sein. Das hat es früher alles nicht gegeben.

Das ist vielleicht die Belohnung dafür, dass man den Wert der Zivildienstleistenden für die Gesellschaft im Laufe dieser vier Jahrzehnte entsprechend anerkannt hat. Heute sind sie nicht mehr wegzudenken.

Es wurden jetzt die Änderungen im neuen Zivildienstgesetz angesprochen, die im Ausbildungsbereich, im Bereich der Qualitätssicherung et cetera notwendig sind. Der wesentlichste Schwerpunkt ist doch weiterhin der, dass wir damit ein Fundament in unserem Sozialstaat schaffen, das nicht nur notwendig ist, sondern nicht mehr weg­zudenken ist. Ich darf das als Bürgermeister betonen, da ich eine Pflegeeinrichtung in meiner Gemeinde habe, wo Zivildienstleistende auf vorbildliche Art die Betreuung von Pflegebedürftigen durchführen.

Da die Bereitschaft für die Freiwilligkeit in der Gesellschaft immer mehr abnimmt, sind wir in unseren Gemeinden draußen darauf angewiesen. Das Personal der Rot-Kreuz-Ortsstelle bei uns zum Beispiel – 1986 gegründet –, die einmal mit 40 Freiwilligen 12 000 Einwohner versorgt hat, wurde jetzt auf zwei Freiwillige reduziert, weil es diese


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Freiwilligkeit nicht mehr gibt. Wir können also die Rot-Kreuz-Versorgung nur mehr mit Zivildienern fortführen.

Also noch einmal, Frau Staatssekretär: wie die Erfolgsgeschichte - - (Ruf bei der SPÖ: Staatssekretärin!) – Immer diese Zwischenrufe! (Allgemeine Heiterkeit.) Weihnachten ist!

Ja, diese Erfolgsgeschichte, die Sie zu Recht angesprochen haben, wird, so hoffe ich, auch in nächster Zeit fortgesetzt. Wir sind weg von den Verweigerern hin zu jenen, die einen gesellschaftlichen Stand in unserer Gemeinschaft haben sollen und auch haben, gekommen – letztendlich auch zugunsten der Freiwilligkeit, die wir brauchen. Schließ­lich sind die meisten Zivildiener dann doch – und das erlebe ich auch in meiner Ge­meinde beim Roten Kreuz – nach dem Zivildienst bereit, sich als Freiwillige für diesen Dienst zur Verfügung zu stellen. – Damit, Herr Abgeordneter Leichtfried, frohe Weih­nachten! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.29


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.29.18

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staats­sekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Es wurde viel Wichtiges schon gesagt. Es ist einfach so: Fast jeder in Österreich weiß, wie wichtig die Zivildiener für unsere Gesellschaft sind, vor allem für die soziale Infra­struktur.

Die Frau Staatssekretärin war erst vor Kurzem im Burgenland zu Besuch und hat unter anderem das Rote Kreuz besucht. Wir wissen zum Beispiel, dass das Österreichische Rote Kreuz im Jahr 4 500 Zivildiener beschäftigt. Das ist eine enorme Zahl.

Was nehmen die Zivildiener mit? – Sie nehmen nicht nur eine komplette Berufs­ausbildung als Rettungssanitäter mit, wenn sie im Rettungsdienst tätig sind, sondern sie nehmen unheimlich viel soziale und emotionale Intelligenz mit, denn wer sich um Menschen kümmert, die der Hilfe bedürfen, der hat diese soziale Intelligenz, der entwickelt unheimlich viel Teamfähigkeit, weil er sich immer wieder auf neue Situa­tionen und auf Menschen einstellen muss. Wir wissen aus Untersuchungen, dass die Menschen, die sich in dieser Form engagieren, auch später im Berufsleben wesentlich aktiver und stabiler sind.

Das Zivildienstgesetz bedient auf der einen Seite das Interesse der Zivildienst­leisten­den und auf der anderen Seite die Bedürfnisse der Zivildienstorganisationen. Wir haben immerhin mittlerweile 1 700 Trägerorganisationen. Das ist eine ganze Menge, und die mannigfaltige Möglichkeit, sich wirklich sozial zu engagieren.

Was wollen wir? – Wir wollen in Zukunft das Zivildienstrecht sichern. Die gesetzlichen Vorgaben sind von uns gegeben. Wir bitten alle, die sich dafür interessieren, sich wirklich dranzuhalten und dabeizubleiben, denn – wie mehrmals schon gesagt wurde – wir wissen, dass anschließend sehr viele in den Rettungsorganisationen freiwillig weitermachen. Das sind Menschen, die wir brauchen, gerade aufgrund der demo­gra­phischen Entwicklung. Wir wissen, dass es immer mehr Bedarf an Menschen, die sich um andere kümmern, geben wird.

Danke vielmals für Ihr Engagement, Frau Staatssekretärin, auch im Sinne der Men­schen, denen das zugutekommt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.31

20.31.26



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 184

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 380 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den Gesetzentwurf aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung einstimmig angenommen.

20.32.0710. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vor­lage (369 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung eines hohen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen (Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz – NISG) erlassen und das Telekommuni­ka­tionsgesetz 2003 geändert wird (418 d.B.)

Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter David Lasar. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.32.46

Abgeordneter David Lasar (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minis­ter! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz, das sogenannte NIS-Gesetz, soll geändert werden. Die Cybersicherheit, meine Damen und Herren, ist eine der wichtigsten Prioritäten der Bundesregierung. Das Ziel ist die Schaffung von einheitlichen Cyber­sicherheitsstandards für Unternehmen und Einrichtungen des Bundes aus den Be­reichen Energie, Verkehr, Bankwesen, Finanzmarkt, Gesundheitswesen, Trinkwasser­ver­sorgung, digitale Infrastruktur und Anbieter von digitalen Diensten.

Das Gesetz erfolgt aufgrund der sogenannten NIS-Richtlinien und von europa­recht­lichen Vorgaben. Um den betroffenen Unternehmen die Adaptierung der IT-Systeme zu ermöglichen, wird es eine ausreichend lange Übergangszeit geben.

Mit dem Gesetz wird ein wichtiger Schritt zur Gewährleistung eines hohen Cybersicher­heitslevels in Österreich getan. Dies geschieht, indem Unternehmen der kritischen Infrastruktur, von deren Diensten die Bürgerinnen und Bürger in ihrem alltäglichen Leben abhängen, sowie wichtige digitale Diensteanbieter und die Bundesverwaltung in Zukunft ihre digitalen Systeme vor Angriffen schützen müssen. Um das Gesetz zu­kunftssicher zu machen und eine praxistaugliche Regulierung zu gewährleisten, wurde ein enger Dialog mit den Experten auf diesem Gebiet auch aus der Wirtschaft geführt.

Ziel war, eine effiziente Umsetzung zu ermöglichen und Doppelgleisigkeiten zu vermei­den. Die wesentlichen Dienste sollen auch alle zwei Jahre evaluiert werden, um die Zukunftssicherheit zu gewährleisten. Das BKA hat die NIS-Richtlinie für Österreich bereits in der EU verhandelt und nimmt in diesem Sinne auch die strategischen Agen­den auf EU-Ebene wahr. Das BMI wiederum hat langjährige Erfahrungen mit der


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technischen Behandlung von Sicherheitsvorfällen, weshalb dort auch die operativen Agenden gebündelt sind.

Es wurde auch eine genaue Analyse vorgenommen, welche Aufgaben Österreich aufgrund der NIS-Richtlinien künftig erfüllen muss und inwieweit man auf bereits bestehende Ressourcen bei der Umsetzung zurückgreifen kann.

Die Bundesregierung hat sich darüber hinaus, wie im Regierungsprogramm auch fest­gelegt, das Ziel gesetzt, die Bürger vor den mit der fortschreitenden Digitalisierung ver­bundenen Gefahren und Risiken zu schützen und digitale Sicherheitslücken in Öster­reich bestmöglich zu schließen.

Ich denke, dieses Gesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, meine Damen und Herren. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.35


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits ist die nächste Rednerin. – Bitte.


20.35.53

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! (Abg. Hammer: ... von der SPÖ!) Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute – Kollege Lasar hat es auch schon skizziert –, und wir werden es in Kürze auch beschließen, das Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz. Es geht im Konkreten darum, eine EU-Richtlinie umzusetzen, die einfach auf die Erhöhung der Cybersicherheit abstellt. Verbunden ist damit eine Cybersicherheitsstrategie auch auf europäischer Ebene und auch, dass die Betreiber und Anbieter von kritischer Infrastruktur, beispielsweise Luftfahrt, Erdöl, Wasser, Strom, Krankenhäuser, aber auch Onlinemarktplattformen und -tools oder auch Clouds, verpflichtet werden, diverse Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, und, falls etwas passieren sollte, auch verpflichtet sind, das ganz klar zu melden. (Abg. Hammer: ... SPÖ keinen Schritt weiter ...!) Weiters werden Computer­notfallteams installiert und bei Nichteinhaltung gibt es auch Sanktionen. Das sind wichtige Instrumente und Umsetzungen, weil wir gerade in diesem Bereich als Gesellschaft sehr verletzbar sind.

Positiv ist zu vermerken, dass zum einen endlich die EU-Richtlinie umgesetzt wird – sehr offen gesprochen: es wird schon seit Mai darauf gewartet und die Frist ist abgelaufen –, zum anderen sind etliche Anregungen des Datenschutzrates noch in die Regierungsvorlage und in den Gesetzestext implementiert und einiges ist entkräftet worden.

Gleichzeitig stellen sich aber trotzdem für uns offene Fragen, die ich sehr gerne noch an den Herrn Innenminister gerichtet hätte, weil er auch im Ausschuss damals mit dabei war, aber vielleicht darf ich die Fragen auch an Sie richten, Frau Staats­sekretärin. Zum einen: Wieso hat Österreich eigentlich so lange zugewartet, um das endlich umzusetzen? Das ist schon lange fertig, was gab es und was gibt es für einen Grund?

Zweitens: Warum hat Österreich eigentlich nicht die EU-Ratspräsidentschaft genützt, um Cybercrime verstärkt zum Thema zu machen? Mit Verlaub, es gab eine lapidare Konferenz. (Beifall bei der SPÖ.)

Drittens: Wieso hat man eigentlich nicht verstärkt in einer vernetzten Welt – und da geht es ja um Vernetzung – Kooperationen mit anderen europäischen Staaten im Auf­bau der Sicherheitsstrategie geschlossen, sondern verfolgt einen nationalen Plan? Wer


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ist eigentlich konkret Teil dieses nationalen Plans, wer erarbeitet diese Sicherheits­stra­tegie im Konkreten?

Da es auch immer wieder in Medien oder auch in diversen Foren Thema war: Es ist ganz interessant, dass gerade im Bundesheer Einsparungen im Bereich der Cyber­defence vollzogen werden. Da gab es eine ganz klare Entmachtung; die ist sozusagen bei den Streitkräften implementiert worden. Das ist ganz gegen den Trend der internationalen Entwicklung, weil einfach in anderen Ländern ein verstärkter Ausbau – gerade bei Cyberdefence – stattfindet. Wie kann man sich das erklären? Warum geht hier Österreich einen anderen Weg?

Abschließend die Frage: Wie garantieren Sie die Netz- und Informationssystem­sicher­heit im Kontext einer künftigen Implementierung eines Bundestrojaners? Ostöster­reichisch gesprochen – ganz offen –: Wie geht das zusammen? – Werden Sie recht­zeitig informiert, wenn es diverse Sicherheitslücken gibt? Wie schafft man das dann in einem Ressort?

Kurz gefasst: Das Gesetz ist ein wichtiges, ich habe es eingangs erwähnt. Wir werden dem Gesetz auch zustimmen, aber, geschätzte Damen und Herren der Bundes­regierung, wir werden sehr, sehr kritisch bezüglich der Fragen, die wir heute gestellt haben, hinschauen und vor allem auf Ihre Antworten schauen sowie diese auch ent­sprechend kontrollieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.39


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer ist die nächste Rednerin. – Bitte.


20.39.58

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Die beiden Vorredner haben es schon angesprochen, es geht in diesem Gesetz um die Gewährleistung eines hohen Sicher­heitsniveaus gerade bei Netz- und Informationssystemen. Es geht prinzipiell darum, Kriterien und Abläufe zu schaffen, um für die Gesellschaft, die Wirtschaft oder den Staat wesentliche Dienste vor Cyberangriffen zu schützen.

Wir haben schon gehört, als wesentliche Dienste sind Themen in folgenden Bereichen definiert worden: Strombereich, Energiebereich, Gesundheitswesen – man denke an Krankenhaus, Gesundheitsvorsorge –, aber genauso auch die Verkehrssysteme – vom herkömmlichen Verkehrssystem Pkw, Lkw, Straßen bis hin zur Schifffahrt oder das Flugsystem. Auch die Themen Bankwesen und Internetdienste sind damit aber als wesentliche Dienste umfasst.

Ich glaube, Cybercrime ist in der Zwischenzeit auch schon ein Begriff in der Bevöl­kerung geworden. Wenn wir uns den jährlichen Sicherheitsbericht ansehen, merken wir, dass die Zahl der Fälle internetverbundener Kriminalität Jahr für Jahr im Steigen ist. Wir sprechen dabei sowohl von der einfachen Spammail, die einem einen uner­warteten Gewinn verspricht und gleichzeitig Geld abzockt oder versucht, eigene Bankdaten, Zugangsdaten zu bekommen, als auch von Schadsoftware, wie beispiels­weise einer Ransomware wie WannaCry, die vor einigen Monaten massiven Schaden sowohl bei Privaten, bei Unternehmen als auch im öffentlichen Bereich angerichtet hat, weil sie zahlreiche Computer infiziert, wichtige Daten verschlüsselt und danach Geld erpresst, um wieder Zugang zu den Daten zu bekommen. Es geht aber natürlich auch so weit, dass mutwillig Angriffe gesetzt werden, um Infrastruktur lahmzulegen, bei­spielsweise durch eine DDoS-Attacke.


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Wie gesagt, davor ist keiner gefeit. Sowohl Private als auch Unternehmer als auch der Staat sind davon betroffen. Wenn wir uns die Vorfälle der letzten Jahre anschauen, sehen wir, das sind durchaus auch gravierende Fälle.

Erst im November ist bekannt geworden, dass in Deutschland Bundestagsabgeord­nete, aber auch die Regierung Angriffen von Hackern ausgesetzt waren und wichtige Daten gestohlen worden sind. Im Zuge der WannaCry-Attacken vor einigen Monaten ist beispielsweise die Deutsche Bahn Opfer geworden. Viele Computer sind lahmgelegt worden, Anzeigetafeln, aber auch die Fahrkartenautomaten haben nicht mehr funktioniert.

Auch in Krankenhäusern war es bereits Thema, dass wichtige Daten verschlüsselt worden sind. Man stelle sich die Situation vor, dass Patienten behandelt werden sollen und keine Daten mehr vorrätig sind.

Wie gesagt, auch in Österreich ist das kein unbekanntes Phänomen. Man denke nur an den Flughafen Schwechat, der vor einiger Zeit Hackerangriffen aus der Türkei aus­gesetzt war.

Man sieht, das ist durchaus ein Thema von zentraler Bedeutung, und es wird in Zukunft noch ein wesentlich wichtigeres werden, insbesondere bei der zunehmenden Vernetzung von Geräten, dem Internet der Dinge. Auch aus diesem Blickwinkel muss das Thema Sicherheit, nämlich Netz- und Infrastruktursicherheit, genauso wie der Schutz der Daten, die darauf zu finden sind, immer mitgedacht werden.

Ich sage aber auch gleich dazu: Ein hundertprozentiger Schutz ist niemals möglich. Es ist eigentlich wie ein Katz-und-Maus-Spiel. Bei jedem Update werden Sicherheits­lücken geschlossen, und gleichzeitig finden Hacker oder andere Organisationen wieder neue.

Was wir auf jeden Fall mit diesem Gesetz erreichen wollen, ist eine stärkere Zusam­menarbeit, ein Informationsaustausch zwischen den Unternehmen, zwischen betrof­fenen Organisationen und auch den Behörden selbst, denn wenn wichtige Informa­tio­nen ausgetauscht werden, kann man sich auch gegenseitig helfen. Ist irgendwo eine Attacke bekannt geworden, kann man Hilfestellungen für andere bieten, Sicherheits­vorfälle und Risiken analysieren und Maßnahmen setzen, damit man nicht zum Opfer wird.

Ich glaube, insgesamt ist der Vorschlag eine gute Umsetzung – ein herzliches Danke von dieser Seite geht an das Innenministerium unter der heutigen Führung, aber auch unter Ministerin Hanni Mikl-Leitner und Minister Sobotka, die sehr viel Vorarbeit ge­leistet haben und im Zuge der Vorarbeit im Sinne von Planspielen mit diversen Unter­nehmen und Organisationen schon wichtige Erkenntnisse darüber, wie der Schutz, wie Cybersicherheit in Österreich gewährleistet werden kann, gesammelt haben. – Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.45


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Staatssekretärin Mag.a Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


20.45.17

Staatssekretärin im Bundesministerium für Inneres Mag. Karoline Edtstadler: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir alle sind in der digitalen Welt angekommen. Niemand von uns kann sich Folgendes wegdenken: E-Banking, E-Learning, E-Government. Große Firmen, Behörden und Ämter bieten ihre Leistungen über das Internet an. Das ist gut, wichtig und richtig. Wir müssen aber auch mit den Risken leben und entsprechend damit umgehen. Deshalb


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setzt die Bundesregierung ganz klar einen Fokus auf Cybersicherheit als eine der wich­tigsten Prioritäten, und zwar nicht nur im Inland, sondern auch während der nun schon ausklingenden EU-Ratspräsidentschaft.

Das Ziel ist ganz klar, den Bürger, die Bürgerin vor den mit der Digitalisierung verbun­denen Gefahren und Risiken entsprechend zu schützen und digitale Sicherheitslücken zu schließen. Wir haben schon gehört, wir sprechen von kritischer Infrastruktur. Was fällt darunter? – Nicht weniger als Energie, Verkehr, Bankenwesen, Finanzmarkt­auf­sicht, Gesundheitswesen, Trinkwasserversorgung und die digitale Infrastruktur selbst. Das alles gilt es aufrechtzuerhalten, denn IT – um auch diese Abkürzung, die in aller Munde ist, zu verwenden – spielt eine ganz zentrale Rolle in unserer Gesellschaft. Ihre Verlässlichkeit und Sicherheit sind entscheidend für die Wirtschaft und für die gesell­schaftliche Tätigkeit.

Mit diesem Gesetz wollen wir darüber hinaus den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten bestmöglich ermöglichen, vor allem auch, um koordinierte und länder­übergreifende Angriffsmuster frühzeitig zu erkennen und entsprechend abzuwehren – und ich sage ganz klar dazu, egal, ob diese kriminellen oder auch terroristischen Hintergrund haben, denn wir sind in diesem Bereich sehr angreifbar. Das ist die Kehr­seite der Digitalisierung.

Die Umsetzung der NIS-Richtlinie, die übrigens der erste Rechtsakt der Europäischen Union in diesem Bereich ist, ist ein ganz wesentlicher Schritt in eine wichtige und richtige Richtung, um zu gewährleisten, dass wir ein hohes Sicherheitslevel, und zwar einheitlich in der ganzen Europäischen Union, haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Erstmals haben wir einheitliche Standards für Unternehmen. Wir haben aber noch mehr, denn wir haben auch einen höheren Schutzstandard für Unternehmen, indem sie mit Informationen versorgt werden, indem diese Informationen ausgetauscht werden und präventive Lagebilder gesamtstaatlich und gesamteuropäisch erkannt und abge­wendet werden können.

Ich gehe jetzt nicht auf alle Punkte ein, die mit diesem Gesetz kommen: von der einheitlichen Meldesammelstelle im CSC im Bundesministerium für Inneres bis hin zur Koordinierungsstruktur, die entworfen wird. Ich sage Ihnen nur: Es wird auch diesbezüglich gerade an einer österreichischen Strategie gearbeitet, die eine nationale Strategie hervorbringen wird. Es werden alle wesentlichen Stakeholder eingebunden, die bis jetzt schon entsprechende Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt haben. Das ist ganz wesentlich. Es war auch ein Ziel dieses Gesetzes, das Wissen, das wir bereits haben, von den Stellen zu holen, aber die Zuständigkeiten auch bei diesen Stellen zu belassen. Völlig richtig wurde gesagt, die Umsetzung hätte bis Mai erfolgen sollen, aber es ist manchmal besser, sich etwas länger mit einer Materie zu beschäf­tigen, vor allem, wenn ein völlig neues Gesetz geschaffen wird, was hier der Fall ist. Deshalb haben wir alle Stakeholder einbezogen und das entsprechende Wissen in diesem Gesetz niedergelegt, sodass wir ein effizientes und zukunftssicheres Funda­ment für die Cybersicherheit in Österreich zur Umsetzung bringen können.

Es ist ein wichtiger Schritt für die Gewährleistung der digitalen Sicherheit der öster­reichi­schen Bevölkerung. Zu den an mich gerichteten Fragen möchte ich eines sagen: Während der EU-Präsidentschaft hat Österreich natürlich die Chance genutzt, dieses Thema on top of the agenda zu setzen, nämlich ganz oben anzusiedeln. Allein ich selbst war bei zwei Terminen: ein Termin in Brüssel, eine große Cybersecurity­kon­ferenz, und eine zweite Veranstaltung zur Cybersecurity am 4.12. im Austria Center Vienna, die ich ebenfalls besucht habe und die vom Bundeskriminalamt und dem Bundeskanzleramt gemeinsam ausgerichtet wurde.


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Zudem ist es auch klare Priorität der Präsidentschaft, den Cybersecurity Act fertig zu verhandeln. Allerdings muss ich Ihnen sagen, es liegt nicht am Vorsitz allein, Rechts­akte innerhalb der Europäischen Union fertig zu verhandeln, denn es gibt noch 27 an­dere, mit denen man sich absprechen muss. Nicht immer geht alles so voran, wie man sich das vielleicht als Präsidentschaft wünscht.

Es war und ist auch in den letzten Wochen unserer Präsidentschaft klares Ziel, die Cybersecurity an die oberste Stelle zu setzen, und auch die nachfolgenden Präsident­schaften werden diesbezüglich ihre entsprechende Priorität setzen.

Wir in Österreich legen mit diesem Gesetz ein wirklich gutes Fundament. Ich bitte Sie daher um breite Zustimmung für das Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz – für ein sicheres, auch cybersicheres Österreich, für die Zukunft, die digital sein wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.50

20.50.57


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 418 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die sich für diesen vorliegenden Gesetzentwurf aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die in dritter Lesung dem Gesetzentwurf ihre Zustim­mung geben, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung einstim­mig angenommen.

20.52.0111. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (328 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommu­nalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung – ZPFSG) (425 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung. Ich be­grüße Herrn Bundesminister Löger dazu.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.


20.52.38

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor 150 Jahren hat sich in Österreich eine Bürgerinitiative gegründet, die Bürgerinitiative der Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung. Diese Menschen haben dafür gesorgt, dass die Lebens- und


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Arbeitsbedingungen der Menschen besser werden. Sie haben sich zu Betriebs­kran­kenkassen, zu Ortskrankenkassen zusammengeschlossen. Sie haben 1888 vom Kaiser das Recht erhalten, eine Krankenkasse zu bilden und Beiträge für Vorsorge, für die Zukunft, wenn Menschen in der Arbeit krank werden, zusammenzulegen, damit sie nicht betteln gehen müssen. Das war die erfolgreichste Bürgerinitiative Europas. Die Menschen, die sich damals zusammengesetzt haben, die für ihre Lebensbedingungen eingetreten sind, haben es geschafft, Europa zu dem zu machen, was es heute ist. Wir haben ein modernes Sozialsystem, wir haben ein modernes Gesundheitssystem, und wir haben ein modernes Pensionssystem. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie will diese Bundesregierung dieser Bürgerinitiative, die 150 Jahre alt ist, scha­den? – Erstens, indem man einen Antrag einbringt und ihn im falschen Ausschuss behandelt. Wenn es um Fragen der Prüfung von lohnabhängigen Abgaben für die Sozialversicherung geht, ist das eine Angelegenheit der Sozialversicherung, und die haben wir bisher im Sozialausschuss behandelt.

Es geht auch darum, dass Beiträge für die Finanzierung der Krankenanstalten, für die Finanzierung der Pensionen, für die Finanzierung der ärztlichen Versorgung sicher­gestellt werden. (Abg. Winzig: Was hat das mit der Prüfung zu tun?)

Was hier gemacht wird, ist ein Eingriff in die Selbstverwaltung. Viele Verfassungs­juristen sagen, es ist verfassungswidrig. Die Prüfer in der Krankenversicherung haben immer dafür Sorge getragen, dass bei Menschen, die Lohnansprüche haben, geprüft wird und dass der Lohnanspruch, den die Menschen haben, auch durchgesetzt wird. Daher herrscht bei Finanzprüfern und Gebietskrankenkassaprüfern eine unterschied­liche Kultur. (Abg. Winzig: Das ist schon kleingeistig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie dieses Gesetz heute beschließen, beschließen Sie gleichzeitig, dass weniger Geld für Pensionen zur Verfügung steht, dass weniger Geld für die Gesundheitsversorgung zur Verfügung steht. (Abg. Winzig: Was stört Sie jetzt? Dass da falsch geprüft wird, unterstellen Sie falsche Prüfungen?!) Sie beschließen auch, dass die Gemeinden weniger Geld zur Verfügung haben, weil vor allem die Mittel der Krankenversicherung, die nicht hereinkommen, dann die Gemeinden zu tragen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Finanzorganisation hat in den letzten zehn Jahren durch ihre Beitragsprüfung um 759 Millionen Euro weniger hereingebracht als die Sozialversicherungen. Daher lehne ich dieses Gesetz ab. Stimmen Sie dem nicht zu! (Beifall bei der SPÖ.)

20.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl­heinz Kopf. – Bitte.


20.56.38

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir in Österreich, Arbeitgeber und Arbeitnehmer – nach meinem Dafürhalten beide –, zahlen zu viel an lohnabhängigen Abgaben und Steuern. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und NEOS.)

Es sollte und wird unser gemeinsames Ziel sein – jedenfalls der beiden Regierungs­parteien –, das in nächster Zeit zu ändern, zum Beispiel durch eine Steuerreform, die im Jahre 2020 wirksam werden wird. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Nichtsdestotrotz gibt es aber gesetzliche Verpflichtungen für Arbeitgeber und Arbeit­nehmer, diese lohnabhängigen Abgaben, die sich in diversen Gesetzen wiederfinden, abzuführen. Es ist natürlich auch die Verpflichtung der Behörden und der Sozialver-


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sicherungen, diese Einhebung oder Abführung der Beiträge zu kontrollieren. Da hat man vor 15 Jahren eine sehr kluge Entscheidung getroffen, indem man die Prüfung der lohnabhängigen Abgaben von Sozialversicherung und Finanzbehörden in einer Art und Weise gebündelt hat, dass einer für den anderen jeweils die Prüfung der Abgaben, die dem anderen zustehen, durchführen kann. Dieses abgestimmte Prüfungsvorgehen zwischen Sozialversicherung und Finanz funktioniert und war ein wichtiger erster Schritt, aber es hat trotzdem eine ganze Reihe von Abstimmungserfordernissen mit sich gebracht. Es hat natürlich weiterhin eine ganze Reihe unterschiedlicher Prüf­kulturen bestanden. Es war vor allem für die Arbeitgeber, bei denen die Prüfung statt­gefunden hat, nicht immer ganz einfach, sich darauf einzustellen.

Deswegen setzen wir jetzt einen nächsten Schritt der Vereinfachung, indem wir die Prüf­organisationen, also nicht nur das gegenseitige Prüfen, sondern die Prüforgani­sationen, in diesem Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung, genannt ZPFSG, zusammenführen. Ich denke, Herr Finanzminister, es ist ein sehr guter Vorschlag, ein weiterer Schritt der Vereinfachung.

Herr Kollege Stöger, ich halte das, was Sie hier gegenüber den Beamtinnen und Beamten der Finanz geäußert haben, geradezu für ehrenrührig, nämlich ihnen zu unterstellen, dass sie ihre Arbeit künftig nicht gleichwertig mit jenen der Sozialver­siche­rung machen würden, indem Sie behaupten, dass künftig weniger Geld in die Kassen der Sozialversicherungen käme und damit weniger Geld für die Versicherten zur Verfügung stünde als heute. (Abg. Winzig: Genau, das ist ja Wahnsinn!) Ich weise diese Unterstellung auch im Namen der Beamtinnen und Beamten auf das Ent­schiedenste zurück! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Sie werden sehen, das wird funktionieren. Sie haben hier eine Zahl genannt, um wie viel weniger die Beamten der Finanz in der Vergangenheit bei diesen wechselseitigen Prüfungen eingehoben haben, haben aber auch da nicht erwähnt, dass die Beamten der Finanz auch deutlich weniger Prüfungen durchgeführt haben als jene der Sozial­versicherung. Diese Zahl ist also nicht weiter verwunderlich, sondern sie ist sogar geradezu logisch. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, noch eine Bemerkung: Kollege Brückl wird nachher noch einen Abänderungsantrag einbringen, weil mit diesem Gesetzeswerk auch das Ein­kom­mensteuergesetz angesprochen ist. Wir haben im Sommer eine bahnbrechende steuerpolitische Entscheidung für die Familien in Österreich getroffen. Der Familien­bonus Plus bringt 1,5 Milliarden Euro Steuerersparnis für Familien mit Kindern, bis zu 1 500 Euro pro Kind und Familie an Steuerersparnis. (Abg. Heinisch-Hosek: Nicht für alle!)

Was wir jetzt mit diesem Abänderungsantrag machen, ist, dass wir den Verwaltungs­aufwand und den Prüfaufwand für die Arbeitgeber, die ja das sinnvollerweise den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schon mit den monatlichen Lohnabrechnungen zukommen lassen und nicht erst bei der Jahresveranlagung am Jahresende, so gering wie möglich halten. Deswegen gibt es diesen Abänderungsantrag, den Kollege Brückl dann einbringen wird.

Ich denke, auch das ist im Rahmen dieses gesamten Gesetzeswerkes eine sehr, sehr sinnvolle Maßnahme, die in dem Fall auch wie das Gesetz zur Neuorganisation der Prüfungen wesentliche Verwaltungsvereinfachungen bringen wird. Neben den steuer­lichen Entlastungen ist das ein weiteres Ziel, das sich diese Koalition gesetzt hat und das sie auch erfolgreich umsetzen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.01



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Schellhorn. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.02.07

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsident! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Es freut mich, dass Kollege Kopf zu der Einsicht gekommen ist, dass wir eigentlich im Grunde genommen zu viel an Abgaben leisten – auch die Unter­nehmer. Immerhin ist die ÖVP seit über 10 500 Tagen in der Regierung. Man kann also davon sprechen, wen sie bis jetzt ausgenommen haben und wen nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Wir begrüßen auch sehr die einheitliche Abgabenprüfung, und wenn man diese ein­heitliche Abgabenprüfung und Abgabenstelle, wie im Regierungsprogramm erwähnt, noch einmal betrachtet, dann sieht man, dass wir weit davon entfernt sind, und das, obwohl eine einheitliche Prüf- und Abgabenstelle im Regierungsprogramm an drei Stellen extra erwähnt wurde. Auf Seite 114 in Ihrem Regierungsprogramm steht:  „Eine einheitliche Prüfung der Lohnabgaben“. Auf Seite 115 steht: „Einheitliche Abgaben­stelle für die Einhebung aller lohnabhängigen Abgaben“. Auf Seite 129 steht: „Struktu­relle Vereinfachung der Lohnverrechnung“. – Das ist vollmundig, das hört sich gut an, mit viel Fantasie findet man es auch im Gesetz wieder.

Der springende Punkt ist nämlich folgender: Für Sie ist es vielleicht ein großer Schritt, es hat viel mit Symbolik zu tun, es ist aber nicht einmal ein Kirschkernweitspucken für einen Unternehmer. Es fehlt hier im Hohen Haus einfach an Praxisverständnis dafür, was zu leisten ist, wenn man dann nämlich in der zweiten Instanz einen Einspruch hat. Darauf komme ich noch.

In den Stellungnahmen wird auf folgende Mankos hingewiesen, die unbedingt noch behoben werden müssen:

Erstens wird es, wie erwähnt, auch künftig keine einheitliche Prüf- und Abgabenstelle ge­ben, wie im Regierungsprogramm noch unter „Finanzverwaltung NEU“ beschrieben ist.

Zweitens: Die Doppelprüfungen können weiterhin erfolgen, da die Sozialversicherung neben der Finanz auch weiterhin prüfen kann.

Drittens: In dieser Hinsicht gibt es außerdem unterschiedliche Regelungen zu Ab­gaben, die jeweils bei einzelnen Stellen beeinsprucht werden müssen. In der Praxis heißt das, dass ich als Unternehmer natürlich, wenn ich beeinspruche, die Finanz, die Sozialversicherung und die Gemeinde beeinspruchen muss.

Wo ist hier die Vereinfachung? – Vereinfachung ist es in Ihrer Symbolik, aber es ist bei Weitem keine Vereinfachung für die Unternehmer, und das ist eigentlich schade. (Beifall bei den NEOS.)

Viertens kommt noch dazu, dass es zu keiner Rechtssicherheit für Unternehmen nach erfolgter GPLA-Prüfung kommen kann, weil mehrere Behörden – noch einmal: Finanz, Gemeinde und die Sozialversicherung – prüfen und lohnabgabenrechtliche Fragen unterschiedlich bewerten. So ist es bei einer Prüfung. Es wird unterschiedlich bewertet.

Daher bringen die NEOS folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lohn­abhän­gige Abgaben: Gemeinsame Prüf- und Einhebestelle gemäß Regierungsprogramm“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 193

Die Regierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die mit dem Ziel der Entbürokratisierung der lohnabhängigen Abgaben die Zusammenlegung sämtlicher Prüf- und Einhebe-Kompetenzen bei einer Stelle gemäß Regierungsprogramm (Seite 114, 115, 129) in der Form vorsieht, dass auch die verschiedenen Rechtsmittel­ver­fahren zu einem zusammengezogen werden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Lohnabhängige Abgaben: Gemeinsame Prüf- und Einhebestelle gemäß Regie­rungs­programm

eingebracht im Zuge der Debatte in der 53. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (328 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlas­sen wird und das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung - ZPFSG) (425 d.B.) – TOP 11

NEOS begrüßen die einheitliche Abgabenprüfung, aber...

NEOS begrüßen die einheitliche Abgabenprüfung, aber von der einheitlichen Prüf- und Abgabenstelle, wie im Regierungsprogramm auf Seite 114, 115 u. 129 angekündigt, sind wir noch weit entfernt. Das „Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungs­organisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung“ ist daher vielleicht ein großer Schritt für die Regierung, aber nur ein minimaler Schritt für die Unter­nehmen.

Mankos des ZPFSG, die noch behoben werden müssen:

1) Es liegt auch weiterhin keine einheitliche Prüf- und Abgabenstelle vor

2) Doppelprüfungen können weiterhin erfolgen

Stellungnahme KWS, Seite 2: „Konsequenterweise sollte eine Doppelprüfung durch die Sozialversicherungsträger ausgeschlossen sein, sodass die materiell - rechtliche Prüfung nur der Finanz obliegt. In den Erläuterungen (allgemeiner Teil) des Begutach­tungsentwurfs wird die im Regierungsprogramm vorgesehene Vereinheitlichung der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge hervorgehoben. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge zukünftig effizienter organisiert wird und die Prüfung ausschließlich der Bundesfinanzverwaltung obliegen soll. Eine Kompetenz für eine Doppelprüfung, nämlich zusätzlich von der Sozialversicherung, soll damit vermieden werden. Aus diesem Grund ist es daher unerlässlich, die Bestimmungen des § 42 ASVG entsprechend anzupassen.“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 194

3) Weiterhin gibt es unterschiedliche Regelungen zu Abgaben, die jeweils einzeln beeinsprucht werden müssen

=> Unternehmen müssen sich bei Beschwerden weiterhin an die Finanz, die SV und die Gemeinde wenden.

Stellungnahme KWS, Seite 2: „Das bedeutet, dass - auch wenn eine Behörde die Prüfung durchführt und alle Lohnabgaben bzw. deren Bemessungsgrundlagen gemein­sam geprüft werden - sowohl bundesgesetzlich unterschiedliche Regelungen für So­zialversicherung einerseits sowie für die Lohnsteuer und lohnabhängige Abgaben andererseits in der Ergreifung eines Rechtsmittel maßgeblich sind.“

4) Weiterhin keine Rechtssicherheit für Unternehmen nach erfolgter GPLA, weil mehrere Behörden (Finanz, SV, Gemeinde) prüfen und lohnabgabenrechtliche Fragen unterschiedlich bewerten:

Stellungnahme KWS, Seite 3: „Die in § 10 Abs. 3 PLABG normierte fehlende Bindungswirkung von Prüfungsfeststellungen ist für Abgabepflichtige nachteilig und wird dem Ziel des Regierungsprogramms (strukturelle Vereinfachung, Schaffung von mehr Rechtssicherheit) nicht gerecht. Ein nicht unwesentliches Praxisproblem war bis­lang der Umstand, dass lohnabgabenrechtliche Fragen von den verschiedenen Be­hörden (FA, SV-Träger, Gemeinde) oftmals unterschiedlich qualifiziert wurden. Dieses Problem könnte durch das PLABG behoben werden, wenn eine Bindungswirkung von FA, ÖGK und Gemeinden an die Prüfungsfeststellungen bestünde. Die Richtig­keits­vermutung der Sachverhaltsermittlung und ein Abweichen lediglich bei begründeten Zweifelsfällen entschärft dieses Rechtsunsicherheitsproblem nicht.“

5) Weiterhin Doppelgleisikgeiten bei der Verfolgung von Sozialbetrug bzw. Aufdecken von Scheinunternehmen

Stellungnahme KWS, Seite 2: „Weiters sollte unter dem Aspekt der Vereinheitlichung der Prüftätigkeit § 42 Abs. 1 a ersatzlos aufgehoben werden, da die Verfolgung von Sozialbetrug bzw. das Aufdecken von Scheinunternehmen der Finanzpolizei obliegt. § 12 AVOG räumt der Finanzpolizei dazu umfangreiche Befugnisse ein, weshalb - um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden - die in § 42 Abs. 1a aufgezählten Befugnisse der Versicherungsträger entbehrlich sind.“

Stellungnahme KWS zu ZPFSG: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/SNME/SNME_02807/index.shtml

Aus dem Regierungsprogramm:

Die einheitliche Beitragsprüfung UND Beitragseinhebung durch eine zusammen­gezo­gene Prüf- und Einehebestelle ("Finanzverwaltung NEU") wird im Regierungspro­gramm auf den Seiten 114, 115 und 129 gefordert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die mit dem Ziel der Entbürokratisierung der lohnabhängigen Abgaben die Zusammenlegung sämtlicher


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 195

Prüf- und Einhebe-Kompetenzen bei einer Stelle gemäß Regierungsprogramm (Seite 114, 115, 129) in der Form vorsieht, dass auch die verschiedenen Rechts­mittelver­fahren zu einem zusammengezogen werden.“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag wurde aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brückl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.06.17

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Werte Abgeordnete! Mein Vorredner, Abgeordneter Schellhorn, hat darauf hingewiesen, dass wir dreimal im Re­gierungsprogramm auf diese Zusammenführung der Prüforganisationen hingewiesen haben, dass wir darauf Wert gelegt haben. Das zeigt auch, wie wichtig uns dieser Punkt tatsächlich ist.

Sie haben auch davon gesprochen, dass die Abgaben zu hoch sind. – Ja, da gebe ich Ihnen recht. (Abg. Stefan: Das war der Kopf!) Das wissen wir aber alle genauso, das hat auch mein Vorredner Abgeordneter Kopf gemeint. Wir sind bei der Senkung der Abgabenquote auf einem guten Weg, worauf ich noch einmal hinweisen möchte. Ziel dieser Regierung ist es, die Abgabenquote auf zumindest 40 Prozent zu senken.

Was die Zusammenführung der Prüforganisationen betrifft, so ist dies nicht nur im Regierungsprogramm vereinbart, sondern es geht natürlich auch auf eine Empfehlung des Rechnungshofes zurück. Es wird dadurch Expertise gebündelt, es wird eine einheitliche bundesweite Rechtsauslegung geben, die auch zu Bürokratieabbau und zu mehr Effizienz führt.

Es wird im Regelfall keine Doppelprüfungen mehr geben. Sie haben gemeint, Herr Abgeordneter Schellhorn, es kann sie geben. – Ja, es kann sie geben, aber das ist nicht der Regelfall, das wissen Sie auch. Auch der Einspruch ist nicht der Regelfall, sondern der Regelfall ist die normale Vorschreibung und Abführung dieser Abgaben. Es wird keine kostspieligen Zweigleisigkeiten mehr geben, es wird zu Kostenerspar­nissen aufgrund von Synergieeffekten und so weiter kommen.

Was Herr Abgeordneter Stöger von der SPÖ gemeint hat, bezeichne ich als Panik­mache und Angstmache. Zu behaupten, die Gemeinden bekommen künftig weniger Geld, ist nichts anderes als Panikmache und Angstmache, die Sie hier betreiben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Im Übrigen haben Sie von Kultur gesprochen und auch von dem Ausschuss, in den dieser Antrag Ihrer Meinung nach gehört. – Kultur gehört in den Kulturausschuss, nicht hierher. Es geht in Wirklichkeit um mehr Effizienz und mehr Effektivität, um eine moderne Verwaltung.

Von Kollegen Kopf wurde ein Abänderungsantrag angesprochen, auf den ich noch hinweisen möchte, den ich dann auch verlesen darf. Es geht darum, dass es nicht zu überbordenden Nachforschungs- und Prüfpflichten der Arbeitgeber im Hinblick auf Auskünfte, die die Arbeitnehmer geben, kommen soll.

Ich darf somit folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 196

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

„Die Regierungsvorlage (328 d.B.) des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine So­zialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung – ZPFSG), wird wie folgt geändert:

Artikel 2 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1) Z 6 (§ 124b) lautet:

„In § 124b werden nach Z 336 folgende Z 337 und Z 338 angefügt:

„337. § 129 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr xx/201x tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft und ist erstmalig anzuwenden, wenn

- die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2019,

- die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird, erstmalig für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2018 enden.

338. § 86 und 89, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/201x, treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.““

2) Es wird folgende Z 8 angefügt:

„8. In § 129 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„7. Eine Haftung des Arbeitgebers nach § 82 besteht nur insoweit, als die Lohnsteuer nach Maßgabe der Verhältnisse, wie sie dem Arbeitgeber aufgrund der, nicht offen­sichtlich unrichtigen Erklärung gemäß Abs 2 des Arbeitnehmers, beim Steuerabzug bekannt waren, unrichtig berechnet wurde.“““

*****

Ich danke Ihnen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.10

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Hermann Brückl

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Einkommen­steuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungs­organisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung – ZPFSG) (328 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (425 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 197

Die Regierungsvorlage (328 d.B.) des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Ein­kom­mensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung – ZPFSG), wird wie folgt geändert:

Artikel 2 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1) Z 6 (§ 124b) lautet:

„In § 124b werden nach Z 336 folgende Z 337 und Z 338 angefügt:

„337. § 129 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr xx/201x tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft und ist erstmalig anzuwenden, wenn

–            die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2019,

–            die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veran­lagung festgesetzt wird, erstmalig für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2018 enden.

338. § 86 und 89, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/201x, treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.““

2) Es wird folgende Z 8 angefügt:

„8. In § 129 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„7. Eine Haftung des Arbeitgebers nach § 82 besteht nur insoweit, als die Lohnsteuer nach Maßgabe der Verhältnisse, wie sie dem Arbeitgeber aufgrund der, nicht offen­sichtlich unrichtigen Erklärung gemäß Abs 2 des Arbeitnehmers, beim Steuerabzug bekannt waren, unrichtig berechnet wurde.““

Begründung:

Überbordende Nachforschungs- und Prüfungspflichten seitens des Arbeitgebers betref­fend die familiären Umstände der Arbeitnehmer, insbesondere hinsichtlich Unterhalts­leistungen, sind nicht mit dem im Regierungsprogramm festgeschriebenen Ziel der Ver­einfachung der Lohnverrechnung vereinbar. Dementsprechend soll klargestellt werden, dass eine Haftung des Arbeitgebers wegen unrichtiger Angaben in der Erklä­rung des Arbeitnehmers hinsichtlich der Berücksichtigung des Alleinverdiener-, Allein­erzieher-, des erhöhten Pensionistenabsetzbetrages oder des Familienbonus Plus nur dann in Frage kommt, wenn offensichtlich unrichtige Erklärungen des Arbeitnehmers beim Steuerabzug berücksichtigt wurden.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ordnungsgemäß unterschrieben und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte schön, Herr Staats­sekretär.


21.10.46

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen MMag. DDr. Hubert Fuchs: Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher!


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 198

Herr Abgeordneter Stöger, was Sie sich heute geleistet haben, ist einfach unfassbar. All das, was Sie nicht wollen, ist entweder verfassungswidrig oder EU-widrig. Sie haben offenbar ein Problem mit der Finanzverwaltung, wenn Sie meinen, dass die Prüfer der Finanzverwaltung nicht ordentlich prüfen. Ich als ehemaliger Steuerberater darf Ihnen versichern, dass die Prüfer der Finanzverwaltung bestens ausgebildet sind und sehr, sehr gewissenhaft prüfen. All das, was Sie von sich geben, ist das Geflüstere von Funktionären, ohne dass Sie jemals eine Prüfung live erlebt haben. (Abg. Winzig: Ja, genau!) So wundert es mich nicht, dass Sie solche Dinge von sich geben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir lassen uns von Ihnen nicht unsere Beamten anpatzen, Herr Stöger. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Nehammer: Bravo!) Sie können die heutige Sitzung noch dazu nutzen, sich bei den Beamten des BMF beziehungsweise der Finanzverwaltung zu entschuldigen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Höbart: Das wäre höchst an der Zeit! – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zur Sache: Im Rahmen der Steuerentlastungsreform wird es nicht nur zu einer Neu­kodifikation des Einkommensteuerrechts kommen, sondern auch zu einer strukturellen Vereinfachung der Personalverrechnung. In der Personalverrechnung wird es aber nicht nur inhaltliche, sondern auch massive organisatorische Änderungen geben. In einem ersten Schritt, den wir heute hier beschließen, werden ab 1.1.2020 die Prüfer der beiden wesentlichen Institutionen für die Lohnverrechnung, der Finanzämter bezie­hungsweise der Gebietskrankenkasse, in einer Prüfbehörde, dem sogenannten Prüf­dienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge, innerhalb der Finanzverwaltung zu­sam­mengefasst. Diese Zusammenführung werden wir heute beschließen.

Wenn Sie das Regierungsprogramm aufmerksam gelesen haben, dann wissen Sie, dass noch ein zweiter Schritt kommen wird, nämlich die gesamte Einhebung aller lohnabhängigen Dienstgeberabgaben in Form einer einheitlichen Dienstgeberabgabe, und zwar ebenfalls von der Finanzverwaltung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

In Hinkunft wird also nicht mehr der Unternehmer die Aufteilung aller lohnabhängigen Dienstgeberabgaben durch eine komplizierte und kostspielige Lohnverrechnung vornehmen müssen, sondern die Finanzverwaltung wird die einheitliche Dienstgeber­abgabe einheben und diese an die verschiedenen Behörden verteilen. Durch diese organisatorischen Änderungen bedarf es auch nur mehr eines einzigen Verfahrens­rechts und einer einzigen Rechtsmittelinstanz. Für die Unternehmer wird es in der Folge nur mehr eine einzige Ansprechstelle in allen Fragen im Zusammenhang mit der Abfuhr, mit der Prüfung und mit der Einhebung der lohnabhängigen Abgaben geben.

Durch diese inhaltlichen und organisatorischen Änderungen wird der Staat in diesem Bereich wesentlich schlanker werden, und die Unternehmer werden sich einiges an Arbeit und Kosten, insbesondere an Steuerberaterkosten, ersparen – ein One-Stop-Shop für alle Anliegen der Unternehmer. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.)

21.14


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Margreiter. – Bitte


21.14.37

Abgeordnete Doris Margreiter (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätztes Hohes Haus! Wir sind von dieser schwarz-blauen Bundesregierung ja nun schon einiges gewöhnt. Da gibt es Husch-Pfusch-Gesetze, Husch-Pfusch-Aktionen, teilweise zu kurze Begutachtungsfristen, aber dafür gerade zu wichtigen Themen wesentlich längere Schweigezeiten unseres Bundeskanzlers.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 199

Jetzt nimmt sich diese Regierung aber heraus, der Sozialversicherung ihre Selbst­ver­waltung zu nehmen, wenn es um die Prüfung der Lohnabgaben geht. Es wurde schon davon gesprochen, dass das verfassungswidrig sei: Es ist genau der schwarz geführte Hauptverband, der meint, dass das verfassungswidrig ist. Das ist Ihnen von ÖVP und FPÖ aber offenbar vollkommen egal – so viel zu Ihrem Verständnis von Verfassungs­recht. (Beifall bei der SPÖ.)

Was nicht weniger schlimm und katastrophal ist: Mit diesem Gesetz werden der Scheinselbstständigkeit Tür und Tor geöffnet. Sie werden zu verantworten haben, dass in schon gebeutelten Branchen wie etwa der Baubranche Subunternehmen als Ein-Personen-Unternehmen zunehmen werden, die teilweise morgen schon nicht mehr existieren, aber enormen Schaden anrichten und zu einem unfairen Wettbewerb führen beziehungsweise diesen verstärken werden.

Was mich besonders ärgert, ist, dass Sie den Unternehmungen Erleichterungen oder Abschwächungen bei teilweise wirklich gehassten GPLA-Prüfungen vorgaukeln, die nicht erfolgen werden, denn parallel erklären Sie uns im Ausschuss, dass die Qualität der Prüfungen nicht abnehmen wird und dass gleich gut und genau geprüft wird. Ich frage mich, was denn jetzt wirklich die Wahrheit ist.

Durch diese Zusammenführung der Prüfungen kann auch kein Mehr an Einnahmen erzielt werden. (Abg. Winzig: Haben wir da einen Fehler gemacht? Sorry!) Wie denn auch, wenn beim Finanzamt bereits in der Finanzverwaltung eingespart wurde und jede dritte Pensionierung, wie Sie auch immer wieder betonen, nicht nachbesetzt wird? Im Gegenteil, Kollege Stöger hat es schon gesagt: Es ist einfach mit Einnahme­aus­fällen zu rechnen, und die Schätzungen gehen da auf 759 Millionen Euro. (Abg. Winzig: Unternehmer sekkieren, oder was?)

Es soll ja nun auch effizienter werden, meinen Sie. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Regierung dabei ihre Gleichung verstanden hat. Wissen Sie, warum? – Einem Spar­vorhaben von 200 000 Euro an Verwaltungslasten bei den Unternehmen stehen 2 Mil­lio­nen Euro – sage und schreibe 2 Millionen Euro! – an Teambuilding- und Infoveran­staltungen für Mitarbeiter im Jahr 2020 gegenüber. – So viel zu Ihrem Verständnis oder vielmehr Unverständnis von Finanzen, Geld und Wirtschaftlichkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wenn dann Ihr Vizekanzler Strache davon spricht, soziale Verantwortung schaut so aus, dass nicht mehr ausgegeben als eingenommen werden darf, dann sieht man ja, was Sie darunter verstehen.

Sie sprechen ja immer auch so laut von Entbürokratisierung und schreien danach. Da frage ich mich, warum Sie etwa schon wieder einen kompliziert zusammengesetzten Prüfungsbeirat installieren.

Wissen Sie, die Menschen wollen das nicht mehr. Wir haben als starke sozialdemo­kratische Opposition beschlossen, diesen Kurs nicht zuzulassen. Das sieht man auch an den Betriebsratswahlen vor etwa zwei Monaten in der Oberösterreichischen Ge­biets­krankenkasse, wo es nämlich gelungen ist, alle Mandate an die sozialdemo­kra­tische Fraktion zu binden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Brückl.) Damit wurde Schwarz-Blau ganz klar abgewählt. Tarnen und Täuschen in Form von Populismus, Symbolpolitik und gegeneinander Hetzen sind out. Soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit sind in. Ihre Politik hat ein Ablaufdatum. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.18


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Winzig. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 200

21.18.39

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben wir wieder eine Präsentation des Unternehmerbildes, das die SPÖ hat, gesehen. Unternehmer gehören also bestraft und nicht gefördert, das ist klar. Man muss ja mehr einnehmen, egal ob die Unternehmen alles richtig machen oder nicht. – Das ist der Tenor hier. Ich kann nur sagen, durch Unterstellungen und Kleingeistigkeit werden Reformen in die­sem Land leider nicht stattfinden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es hat sich als positiv herausgestellt, dass Prüforganisationen zusammengeführt wer­den. Wir mussten allerdings feststellen, dass es dabei auch zu unterschiedlichen Rechtsauslegungen kam – Prüfungen durch die Finanz einerseits und durch die Gebietskrankenkassen andererseits. Das hat nicht nur die Steuerberater und ihre Mitarbeiter genervt, sondern vor allem auch die Mitarbeiter in den Buchhaltungs- und Rechnungsabteilungen in den Unternehmen verunsichert.

Schlimmer ist natürlich, dass jede unterschiedliche Rechtsauslegung auch für Unter­nehmer zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Künftig haben wir einen einheitlichen Prüf­dienst, es wird die Vollzugs- und natürlich auch die Servicequalität für Unternehmen besser und die Rechtssicherheit erhöht. Danke, Herr Staatssekretär, Sie haben schon beide Schritte angesprochen, nicht nur den ersten, den wir heute beschließen, sondern auch den zweiten, der noch folgen wird. Ich hoffe, Sie haben auch Kollegen Schellhorn überzeugen können, dass er da heute mitstimmen wird.

Wichtig bei diesem Gesetz ist natürlich auch, dass sämtliche Außenprüfungs­handlun­gen des Prüfdienstes auf einem einheitlichen Verfahrensrecht basieren und somit ein reibungsloser Prüfablauf garantiert wird. Vor allem erhoffen wir uns natürlich auch eine kürzere Prüfungsdauer.

Ja, Optimierung von Prozessabläufen, Abschaffung von Parallelstrukturen ist das Credo der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich. Gott sei Dank haben wir einen Herrn Staatssekretär und einen Herrn Finanzminister mit der entsprechenden Berufs­erfahrung. Wir brauchen uns da also keine Sorgen zu machen, dass unsere Reformen nicht in Gang kommen – ganz im Gegenteil! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.21


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.21.14

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! In dieser Debatte geht es um die Fortsetzung der Sozialversicherungs-Organisationsreform, die wir hier am Donnerstag beschließen werden. Ein Teil dieser Reform ist auch die Verbesserung und Effizienzsteigerung bei den gemeinsamen Prüfungen der lohnabhängigen Abgaben und Beiträge. Diese ist zu Recht im Finanzausschuss gelandet, und deshalb werden wir schon heute darüber diskutieren.

So wie bei der Sozialversicherungs-Organisationsreform ist auch mit diesem Gesetz ein erster wesentlicher Schritt umgesetzt, auch wenn sicherlich noch weitere folgen werden. Wir haben einfach auch bei unseren Prüfstrukturen Reformbedarf.

2002 wurde mit der gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben schon einmal ein wesentlicher Reformschritt gesetzt, doch es hat sich halt in der Praxis, so wie meine Vorredner ja schon gesagt haben, in einigen Bereichen eine Unzulänglichkeit gezeigt. Es gab keine gemeinsame Planung dieser Prüfungen, es gab nach wie vor


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 201

unterschiedliche Bescheide und Rechtsunsicherheit, auch für die geprüften Unterneh­men. All diese Punkte werden wir natürlich sowohl mit diesem Gesetz als auch mit den zusätzlichen, gemeinsamen Abgabestellen beheben.

Wenn wir schon dabei sind, Herr Kollege Stöger, was alles so modern und gut ist im bisherigen System: Wenn Sie die Behauptung aufstellen, dass unser Sozialver­siche­rungs­system so effizient und modern war, wieso haben Sie dann selber eine Studie bei der London School of Economics um Hunderttausende Euro in Auftrag gegeben und haben selber feststellen lassen, dass ein großer Reformbedarf besteht? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist sehr wohl wahr! Natürlich, ja. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das heißt, ein Reformbedarf ist ja offensichtlich und ist sogar von Ihnen, zumindest in Ihrer Zeit in der Regierung, erkannt gewesen. (Zwischenruf des Abg. Stöger.)

Wenn wir jetzt hier im Bereich der Abgabenprüfungen einen kleinen Reformschritt set­zen, dann ist das auch bei Weitem kein Eingriff in die Selbstverwaltung, so wie Sie das dar­gestellt haben. Schon gar nicht wird es dazu führen, dass weniger Geld im System ist.

Herr Stöger, ich muss ja noch einen Schritt weiter gehen: Ihre Vorwürfe, dass die zu­künftige Abgabenprüfung ineffizient ist, sind nicht nur ein Angriff gegenüber den Bediensteten in der Finanzaufsicht, sondern dies ist gleichzeitig ein Angriff gegen die jetzigen Bediensteten in den Gebietskrankenkassen, denn: Wer wird in Zukunft diese Prüfungen durchführen? – In diese neue Prüfdienststelle werden alle bisher bei den Gebietskrankenkassen Beschäftigten mitintegriert, sie werden ja übernommen. Das sind Ihre eigenen Leute, die diese Prüfungen auch in Zukunft durchführen werden! Glauben Sie denn, dass diese in Zukunft, nur weil sie in einer neuen Organisation zusammengefasst sind, schlechter prüfen werden? – Das ist ja eine infame Unter­stel­lung!

Weil Kollegin Margreiter gesagt hat, dass da das Personal um ein Drittel gekürzt wird: Auch das ist eine völlige Verkennung der Tatsachen. Im Bereich der Verwaltung der Sozialversicherungen soll langfristig über natürliche Abgänge ein Drittel des Verwal­tungs­personals eingespart werden (Zwischenrufe bei der SPÖ), aber nicht bei der Abgabenprüfung. Diese Personen sind ja bereits vorab in die neue Dienstbehörde übernommen worden, somit gar nicht mehr Teil der Sozialversicherungen und deshalb nicht von der Postenreduktion betroffen. Also lesen Sie bitte die Erläuterungen zu den Gesetzen, dann kennen Sie sich vielleicht auch ein bisschen besser aus, und be­haupten Sie nicht ständig Unwahrheiten, die mit der Realität und den vorliegenden Gesetzesvorlagen überhaupt nichts zu tun haben! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Noch einen weiteren Punkt möchte ich anführen. Das hat auch Kollegin Margreiter angesprochen, die kritisiert hat, dass keine Entbürokratisierung stattfindet: Sie hat dieses Instrument des Prüfungsbeirats kritisiert. Frau Kollegin Margreiter, da muss ich Ihnen in aller Freundschaft Folgendes sagen: Dieser Prüfungsbeirat ist ja genau das zentrale Element, das die Interessen der Sozialversicherung und der Kommunen in dieser gemeinsamen Prüforganisation gewährleistet!

Wenn wir das nicht einführen würden, dann hätten Sie recht, dass vielleicht die Selbst­verwaltung und die Möglichkeiten der Sozialversicherungen beschnitten wären, aber dieser Prüfbeirat verhindert ja genau jenes! Er gewährleistet und stellt sicher, dass die Interessen, auch die speziellen Interessen der Abgabenprüfung, der Sozialversicherun­gen und der Kommunen berücksichtigt werden, dass die Prüfpläne, die Prüfbereiche und auch die Anlassfallprüfung auch im Sinne der Sozialversicherungen umgesetzt werden.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 202

Also was soll ich sagen? – Sie kritisieren diese Einrichtung und Institution, diesen Prü­fungsbeirat, der genau diese Sicherheit, auch für die Sozialversicherung, gewährleisten wird. – Das ist für mich in keinster Weise nachvollziehbar. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn man es grob zusammenfasst, kann man Folgendes sagen: Die Prüfung der Abgaben wird effizienter; die Unternehmer bekommen höhere Rechtssicherheit; es wird bei den Prüfern in keinster Weise gespart; die Mitarbeiter werden übernommen nach Stand 1. Oktober 2018; es gibt eine Besserstellungsklausel für alle übernom­menen Mitarbeiter, das heißt, es wird auch kein Mitarbeiter geschädigt.

Alles in allem bietet dieses Gesetz nur Vorteile, keine Nachteile! Alle vorgebrachten Sorgen sind vollkommen haltlos und unbegründet. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.26


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Linder. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.26.54

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Wenn Kollege Stöger von einem modernen System spricht, an dem man nichts ändern muss, so glaube ich, Herr Kollege, Sie wissen selbst: Bei etwas, das vor 15 oder 20 Jahren modern war, ist es höchste Zeit, dass es weiterentwickelt wird, um modern zu bleiben!

Wenn Sie heute sagen, weniger Geld für die Gemeinden: Nein, denn wenn der Apparat schlanker wird, wird auch mehr Geld für die Gemeinden bleiben.

Frau Kollegin Margreiter, Sie stellen die Selbstverwaltung als das oberste Gut hin. Das ist schon richtig, dann muss aber die Selbstverwaltung wahrgenommen werden und am Apparat selbst gearbeitet werden. Unser oberstes Gut und wichtigster Punkt dabei ist, dass der Apparat schlank bleibt (Zwischenruf der Abg. Margreiter), dass damit mehr Geld für die Versicherten zur Verfügung steht und dass es vor allem für die Betriebe zu Vereinfachungen kommt.

Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, als Unternehmer, als Wirt, als je­mand aus einem kleinen Betrieb mit einem bis fünf, sechs Mitarbeitern weiß ich, was es bedeutet, wenn du, wie früher, zwei, drei Prüfungen von unterschiedlichen Stellen hast, wenn du heute an mindestens drei Stellen die Lohnabgaben abführen musst, wenn dir jede Stunde, die ein Familienmitglied im Büro verbringt, im operativen Bereich fehlt. Da kann es, glaube ich, nur in die Richtung gehen, dass wir einfacher werden müssen, schlanker werden müssen und mehr Geld für die Versicherten zur Verfügung stellen können.

Als Bürgermeister weiß ich aber auch, dass es wichtig ist, die Kommunalsteuer zu bekommen. Das ist eine unserer wichtigsten Abgaben in den Gemeinden, und wir selbst sind nicht in der Lage, eine eigene Prüfungsabteilung aufzubauen. Deshalb bin ich auch davon überzeugt, dass genau dieser Weg der richtige ist: das Zusam­men­führen der Abteilungen, der Prüfungen, mit einheitlich geschulten Prüfern, damit Effi­zienz kommt, mehr Geld für die Versicherten da ist und weniger an Aufwand übrig bleibt.

Ich glaube, dass diese Regierungskoalition damit wieder einen Schritt weiter in Rich­tung Verwaltungsvereinfachung und Hebung der Qualität geht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.29

21.29.30



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 203

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 425 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kopf, Brückl, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kopf, Brückl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- be­ziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lohnabhängige Abgaben: Gemeinsame Prüf- und Einhebestelle gemäß Regierungsprogramm“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.

21.31.1712. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (367 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobiliengesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (426 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 12. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Einwallner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.31.49

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Finanz­minis­ter! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ja, die ÖBIB wird mit dieser Novelle des ÖIAG-Gesetzes wieder zu einer Aktiengesellschaft, und somit firmiert sie in die ÖBAG um. Es handelt sich um ein industriepolitisches Riesenprojekt, immerhin mit einem Portfoliowert von circa 20 Milliarden Euro, also schon ein beachtliches Projekt, das hier umgesetzt wird.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 204

Meine Damen und Herren, aber wie geht denn diese Regierung mit so einem großen Projekt um? – Es zeigt sich leider wie in vielen zentralen und wichtigen Themen ein Muster, dass man entweder auf der einen Seite versucht, eine Begutachtung zu umgehen, oder, wie in diesem Fall, auf der anderen Seite den Weg wählt, dass man eine so kurze, fast unseriöse Frist in der Begutachtung setzt, also sozusagen eine Minibegutachtung ermöglicht, mit einer Frist von vier Werktagen. Ein enorm großes industriepolitisches Projekt: vier Tage Begutachtungszeit! Es kommt Kritik nicht nur von der Opposition, sondern auch vom Justizministerium oder vom Bundesland Tirol, die diese kurze Begutachtungsfrist scharf kritisiert haben.

Es ist ja nicht so, dass wir dieses Gesetz inhaltlich nicht über weite Strecken mittragen können, nein, im Gegenteil, wir begrüßen es, dass das Finanzministerium über ein aktives Beteiligungsmanagement wieder stärker Verantwortung in den ÖBAG-gehal­tenen Beteiligungen übernimmt.

Die ÖBAG ist künftig über ihren Vorstand in den Aufsichtsräten der Beteiligungs­gesell­schaften vertreten. Das ist wichtig, weil die Republik so die Wahrung von Eigentümer­interessen mittel- und langfristig auch in Bezug auf Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen sicherstellen kann. In einem entsprechenden Abänderungsantrag, der im Zuge dieser Debatte auch noch eingebracht wird, wird auch sichergestellt, dass Belegschaftsvertreter in diesen Aufsichtsräten entsprechend vertreten sind.

Ich bin überzeugt davon, dass es für eine gute Wirtschaftspolitik auch eine aktive und gestaltende Rolle des Staates in solchen Schlüsselunternehmen braucht, vor allem wenn man die Herausforderungen, was da in den nächsten Jahren wirtschaftspolitisch, aber auch umweltpolitisch auf uns zukommt, sieht.

Meine Damen und Herren, wie gesagt, in weiten Bereichen sehen wir die Reform positiv, weil dies ein sinnvolles und gutes Instrument ist, um den österreichischen Standort weiterzuentwickeln und zu stärken. Beim Umgang mit den Dividenden und den Ausschüttungen hätten wir uns einen etwas innovativeren und mutigeren Weg gewünscht, damit man sicherstellt, dass die Mittel nicht nur größtenteils ins Budget zurückfließen, sondern dass in den Standort reinvestiert wird.

In Summe können wir so, mit diesem Abänderungsantrag, der kommen wird, dieser Vorlage zustimmen und unterstützen diesen Gesetzesvorschlag. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ.)

21.35


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ord­neter Ottenschläger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.35.11

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es freut mich, dass die Sozialdemokratie diesem Gesetz zustimmen wird. Es ist ein wichtiges Gesetz. Wir schaffen somit die Mög­lichkeit, künftig wieder aktives Management von strategischen Staatsbeteiligungen betrei­ben zu können. Das ist durchaus im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler, denn ein wesentlicher Teil der Dividenden dieser Beteiligungen fließt auch ins Budget, und das ist derzeit über eine halbe Milliarde Euro pro Jahr.

Die Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH, ÖBIB, wird dazu in eine Aktiengesellschaft, die Österreichische Beteiligungs AG, kurz ÖBAG, umge­wan­delt. Vielleicht nur kurz auch zur Illustrierung: Neben den großen Beteiligungen wie OMV, Telekom, Post und Casinos Austria soll künftig auch die Bundesimmobilien­ge­sell­schaft unter das Dach der Staatsholding kommen. Der Verbund soll im Eigentum


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 205

des Finanzministeriums bleiben, die Beteiligung wird aber künftig von der ÖBAG mit­verwaltet.

Wie von Herrn Kollegen Einwallner schon gesagt wurde: Die Wahrnehmung der Arbeit­nehmerinteressen durch drei von der Hauptversammlung zu wählende Arbeitnehmer­vertreter im ÖBAG-Aufsichtsrat aus den drei nach Konzernumsatz gewichteten größten börsennotierten ÖBAG-Beteiligungen ist gewährleistet.

Ich darf in diesem Zusammenhang nun den Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Brückl und Vogl einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Hermann Brückl, MA, Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobiliengesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz ge­ändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobiliengesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (367 d.B.), wird wie folgt geändert:

Art 1 § 4 Abs 3 lautet:

„Als Arbeitnehmervertreter werden von der Hauptversammlung die drei einen Monat vor der Hauptversammlung amtierenden Vorsitzenden des jeweiligen zentralen Beleg­schafts­vertretungsorgans der drei im vorangegangenen Jahresabschluss umsatzmäßig größten börsenotierten Unternehmen, gewichtet nach dem von der ÖBAG jeweils gehaltenen Anteil am Grundkapital gewählt, an denen die ÖBAG anders als über ihre Standort-Investitionen gemäß § 7 Abs. 5 direkt oder indirekt beteiligt ist. Handelt es sich jedoch um einen Konzern im Sinne des § 15 Aktiengesetz, so ist der Vorsitzende der Konzernvertretung zu wählen. Ist eine Konzernvertretung nicht errichtet, so ist jener Vorsitzende eines Arbeitnehmergremiums (Zentralbetriebsrat, Zentralausschuss, allenfalls Betriebsrat) zu wählen, der die höchste Anzahl an Arbeitnehmern (Tag der Wahl des Zentralbetriebsrates bzw. Zentralausschusses bzw. Betriebsrates) im Inland vertritt. Das betreffende Belegschaftsvertretungsorgan kann bis spätestens einen Monat vor der Hauptversammlung auch einen anderen Vertreter nominieren, der von der Hauptversammlung zu wählen ist. In diesem Fall muss der Nominierte Mitglied des entsendenden Belegschaftsvertretungsorgans sein.“

*****

Somit, meine Damen und Herren, ist hier ein ausgewogenes Paket gewährleistet, dass im zukünftigen Aufsichtsrat dieser Gesellschaft entsprechend Kapitalvertreter und auch Arbeitnehmervertreter vorhanden sind. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Hermann Brückl, Markus Vogl, Kolleginnen und Kolle­gen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 206

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobiliengesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (367 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (426 d.B.).

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobiliengesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (367 d.B.), wird wie folgt geändert:

Art 1 § 4 Abs 3 lautet:

„Als Arbeitnehmervertreter werden von der Hauptversammlung die drei einen Monat vor der Hauptversammlung amtierenden Vorsitzenden des jeweiligen zentralen Beleg­schaftsvertretungsorgans der drei im vorangegangenen Jahresabschluss umsatzmäßig größten börsenotierten Unternehmen, gewichtet nach dem von der ÖBAG jeweils gehaltenen Anteil am Grundkapital gewählt, an denen die ÖBAG anders als über ihre Standort-Investitionen gemäß § 7 Abs. 5 direkt oder indirekt beteiligt ist. Handelt es sich jedoch um einen Konzern im Sinne des § 15 Aktiengesetz, so ist der Vorsitzende der Konzernvertretung zu wählen. Ist eine Konzernvertretung nicht errichtet, so ist jener Vorsitzende eines Arbeitnehmergremiums (Zentralbetriebsrat, Zentralausschuss, allenfalls Betriebsrat) zu wählen, der die höchste Anzahl an Arbeitnehmern (Tag der Wahl des Zentralbetriebsrates bzw. Zentralausschusses bzw. Betriebsrates) im Inland vertritt. Das betreffende Belegschaftsvertretungsorgan kann bis spätestens einen Monat vor der Hauptversammlung auch einen anderen Vertreter nominieren, der von der Hauptversammlung zu wählen ist. In diesem Fall muss der Nominierte Mitglied des entsendenden Belegschaftsvertretungsorgans sein.“

Begründung:

Für den Fall, dass es sich bei dem in Frage kommenden Unternehmen um eine Holding handelt, wird mit diesem Abänderungsantrag folgendes klargestellt: In den Aufsichtsrat der ÖBAG wird der Vorsitzende jenes Belegschaftsvertretungsorgans gewählt, das die meisten Beschäftigten vertritt. Im Regelfall ist das der Vorsitzende der Konzernvertretung. Ist eine solche nicht eingerichtet, ist es direkt der Vorsitzende jenes Arbeitnehmergremiums (Zentralbetriebsrat, Zentralausschuss, Personalausschuss, Betriebsrat, Vertrauenspersonenausschuss), welches die meisten Beschäftigten ver­tritt.

Anstatt des Vorsitzenden kann das entsendungsbefugte Belegschaftsvertretungsorgan auch einen anderen Vertreter desselben Belegschaftsvertretungsorgans in den Auf­sichtsrat der ÖBAG nominieren.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


21.39.03

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsident! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Im Grunde genommen haben wir immer gesagt: Alles, was anders als die ÖBIB ist, ist besser, weil die ÖBIB faktisch überhaupt kein Erfolgsprojekt der


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 207

alten Regierung war. In dieser Hinsicht haben wir auch gesagt: Okay, schauen wir es uns an, die ÖBAG kann nur besser sein!

Wenn Kollege Andi Ottenschläger von aktivem Beteiligungsmanagement spricht, dann hoffe ich nicht, dass er damit eine Analogie zum Strache-SMS meint. Das darf überhaupt nicht passieren! (Beifall bei den NEOS.)

In dieser Hinsicht glaube ich, dass es ganz wichtig sein wird – und das ist auch immer unsere Meinung –: Lieber mehr Privat als Staat! Da gibt es reichlich Beispiele, wo das funktioniert hat und wo es nicht funktioniert hat.

Wenn wir ein bisschen zurückgreifen, dann sehen wir, dass uns der staatliche Einfluss schon damals extrem viel gekostet hat, als die AUA die Lauda aufgekauft hat, und auch später, als wir mit der AUA aufgrund der rot-weiß-roten Heckflosse noch eine Mitgift in der Höhe von 500 Millionen Euro zur Lufthansa nach Deutschland geschickt haben, weil der Staat geglaubt hat, er muss Unternehmer sein. Das ist ein fatales Beispiel gewesen.

Ein gutes Beispiel, dass es anders geht, war zum Beispiel die Voest, und ich meine auch – zum Beispiel bei der Voest –, dass es ganz gut sein kann, wenn man die Mitarbeiter beteiligt. Immerhin halten 25 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 25 Mil­lionen Stück Aktien. Das ist Mitarbeiterbeteiligung, und das ist gelebtes modernes Unternehmertum. (Beifall bei den NEOS.)

Ich glaube nicht, dass der politische Einfluss und das Umfärben à la Strache sein dürfen. Wenn sich jetzt der Generalsekretär seinen Posten noch selber ausschreibt, dann finde ich das besonders fatal. Das zeigt schon wieder das Motto: Wenn da drüben das mit der FPÖ funktioniert, dann muss das jetzt bei uns auch so funk­tionieren. – Ich warne davor.

Wenn ich so hineinhöre – auch in die Industrieunternehmen –, was da so alles passiert, was mit der BIG passiert und worauf jemand schon ein Auge geworfen oder wohin jemand seine Hände gestreckt hat, dann schwant mir Übles – vor allem mit Blick auf die nächsten Vorschläge der Regierung. Ich warne davor, dass auch bei Ihrer Regierungsform und in Ihrer Reform zu viel Staat, zu viel Parteigunst und das Motto: Wir teilen uns den Staat auf!, Platz greift. Das hatten wir genug, das hatten wir in der Vergangenheit genug, und es steht Ihnen nicht zu, dass Sie genau das gleiche Spiel treiben, das in den vergangenen 20 Jahren Schwarz und Rot und Rot und Schwarz getrieben haben. Von dem müssen wir wegkommen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte noch einmal zusammenfassen: Wir finden drei Punkte sehr kritisch, nämlich: Der Vorsitzende sitzt auch im Aufsichtsrat, was grundsätzlich sinnvoll ist, aber auch den staatlichen Einfluss stärkt. Das, denken wir, ist bedenklich. Wofür braucht es den Passus zur Verstaatlichung und Reverstaatlichung eigentlich? Vielleicht könnten Sie uns den noch erklären. Der dritte Punkt ist schon auch jener der extremen Freun­derlwirtschaft: Vielleicht wollen wir dem einen oder anderen, der uns bei der Wahl auch wahnsinnig gern und großzügig unterstützt hat, auch dementsprechend etwas Gutes tun, sei es jetzt neben einer Zeitungsbeteiligung vielleicht auch noch etwas bei der BIG, sei es woanders, sodass wir ein bisschen mitschneiden. – Mit dem Mitschneiden und mit den Kick-back-Zahlungen muss es aus sein. Mit all dem muss es vorbei sein. Deshalb haben wir genug Gerichtsverhandlungen, die bis heute reichen und das Ein-Jahres-Jubiläum feiern. (Beifall bei den NEOS.)

Seien Sie ein modernerer Reformator, seien Sie jener, der nicht verstaatlicht, sondern der nach modernen Instrumenten und auch in einer objektiven, transparenten Vergabe vergibt! Darum setzen wir uns dafür ein, dass es mehr Privat und weniger Staat gibt, und können daher bei diesem Entwurf nicht mitstimmen. (Beifall bei den NEOS.)

21.43



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 208

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Brückl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.43.50

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Ge­schätz­ter Herr Bundesminister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Die Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH, kurz ÖBIB genannt, verwaltet derzeit die Beteiligungen der Republik Österreich an börsennotierten Unternehmen, unter anderem an der Österreichischen Post AG, an der OMV und an der Telekom Austria, sowie unter anderem auch an der nicht börsennotierten Casinos Austria AG.

Eine strategische Neuausrichtung der nunmehrigen ÖBAG zur Erhaltung und Steige­rung des Werts bedeutsamer Beteiligungen, die der Bund hat, liegt natürlich im besonderen Interesse des Wirtschafts- und Forschungsstandorts, und das dient der Sicherung und der Schaffung von Arbeitsplätzen in Österreich; daher liegt sie ganz klar auch im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Ziel dieser Umwandlung von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft ist eine optimierte Ausrichtung der Beteiligungen. Das ist insbesondere im Hinblick auf die Wahrung der Eigentümerinteressen des Bundes wichtig. Die Neuregelung steht natürlich, wie gesagt, auch im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Die derzeitige ÖBIB ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung ohne Aufsichtsrat und weisungs­gebunden aufgestellt.

Herr Kollege Schellhorn, weil Sie von Umfärben und von Staatsaufteilung gesprochen haben: Eine solche Gesellschaft soll auch immer einen gewissen Puffereffekt zur Politik haben, was derzeit nicht der Fall ist. Ich glaube, auch damit kann man diesen Vorwürfen sehr gut entgegenwirken.

Um jedoch in Zukunft besser aufgestellt zu sein, braucht es eben ein wesentlich stärkeres, ein aktiveres Management als jenes, das wir jetzt haben – oder um es bildhaft zu sagen: Man muss da wieder näher an die Unternehmen heranrücken. Außerdem soll dieses Management künftig auch weisungsfrei agieren können. Es wird wieder einen Aufsichtsrat geben, insgesamt neun Aufsichtsräte, und ein Beteiligungs­komitee.

Im Hinblick darauf, dass auch das Portfolio erweitert werden soll, braucht es – ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen – einfach eine stärkere ÖBAG, sowohl nach innen als auch in ihrer Außenwirkung.

Künftig werden auch die BIG, also die Bundesimmobiliengesellschaft, und der Verbund in unterschiedlichen Formen Teil dieser Beteiligungen sein. Im Sinne der nunmehr neu aufgestellten ÖBAG wäre es aber ein wichtiges wirtschaftliches Signal nach außen und auch im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher, wenn dieses Gesetz mit einer hohen Zustimmung ausgestattet beziehungsweise vom Parlament mit einer breiten Mehrheit beschlossen wird. Daher ersuche ich auch um die Zustimmung zu diesem wirklich bedeutsamen Gesetzentwurf. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.46


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Rossmann. – Bitte.


21.47.08

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG ist naturgemäß ein großer Schritt nach vorne, aber das ist bei der Art und


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 209

Weise, wie die ÖBIB ausgestaltet war, auch keine besonders große Kunst – sage ich jetzt einmal.

Was ist das Besondere? – Das Besondere daran ist, dass die ÖBAG jetzt wesentliche Verbesserungen für ein aktives Beteiligungsmanagement für die Republik Österreich mit sich bringt. Das ist mit Sicherheit ein großer Schritt nach vorne. Mit der Neustrukturierung der Bundesbeteiligungen in der ÖBAG möchte die Regierung durch die Entsendung der Aufsichtsräte in die Beteiligungsunternehmungen durch die ÖBAG mehr Kontrolle erlangen. Auch diese Absicht ist sehr zu begrüßen.

Allerdings ist das meines Erachtens nicht ausreichend. Direkt nominierte Aufsichtsräte reichen bei Weitem nicht. Es war ja der ehemalige Präsident des Verfassungs­gerichts­hofes Karl Korinek, der immer wieder und wiederholt darauf hingewiesen hat, dass durch Privatisierungen und Ausgliederungen Eingriffs- und Kontrollrechte der Hoheits­ver­waltung nicht aufgegeben werden dürfen.

Weil ich diese erweiterten Kontrollrechte und Aufsichtsrechte in den Unternehmungen haben möchte und an sich gerne der Umwandlung in die ÖBAG zustimmen würde, bringe ich auch einen Abänderungsantrag ein. Aufgrund der Länge will ich ihn Ihnen erläutern. Er wird im Moment, so ich das richtig sehe, an Sie verteilt.

Es geht in diesem Abänderungsantrag, wie gesagt, zum einen darum, dass Kontroll­rechte und Mitwirkungsrechte der Aufsichtsräte erweitert werden sollen. Wir kennen das ja aus anderen Ausgliederungsgesetzen, beispielsweise bei den Bundesforsten. Dort hat man diese Regelung gewählt, bei der ÖBAG hat man diese Regelung nicht gewählt. Ich verstehe das ganz ehrlich gesagt nicht.

Diese Änderungen finden Sie in einer Verfassungsbestimmung in § 5 Abs. 5. Darin geht es eben um die Informations- und Kontrollmöglichkeiten des BMF und des Vor­stands der ÖBAG. Da aber hier in einfachgesetzliche Vorgaben des Aktienrechts einge­griffen wird, haben wir diese Bestimmung als Verfassungsbestimmung vor­gesehen und gehen da ganz analog zu den Regelungen für die Bundesforste vor. Das ist aber nicht der einzige Gegenstand dieses Abänderungsantrages.

Der zweite Gegenstand dieses Abänderungsantrages befasst sich mit der Frage: Privatisierungen, ja oder nein? – Sowohl Sie, Herr Staatssekretär, als auch Sie, Herr Finanzminister, haben gesagt, Sie haben Privatisierungen nicht vor – ja, im Moment nicht. Auf der anderen Seite steht sehr wohl in den Begründungen, dass es das Ziel ist, die Werte der Beteiligungen zu steigern. Wertsteigerungen hat man immer dann im Auge, wenn man etwas für den Verkauf herrichten will; also auszuschließen ist das nicht. Um das aber auszuschließen, haben wir in dem Abänderungsantrag vorgesehen, dass es ein Verbot für Privatisierungen gibt, es sei denn, es gibt vorher einen entsprechenden Regierungsbeschluss. Das ist also der wesentliche Teil des Inhalts dieses Abänderungsantrages.

*****

Warum ist mir das so wichtig? – Es handelt sich bei den Beteiligungen um sehr wichtige strategische Beteiligungen insbesondere im energiepolitischen Bereich, einer­seits an der OMV, andererseits am Verbund. Was mich beim Verbund schon stört, ist, dass da die Verwaltung an die ÖBAG übertragen wird – nicht die Anteilsrechte, son­dern die Verwaltung. Diesen Akt allein sehe ich schon als mögliche Gefährdung der Verfassungsbestimmung, wonach die Anteile des Verbundes zu mindestens 51 Pro­zent im Eigentum der Republik Österreich sein müssen. Daher und weil es sich um strategisch wichtige Beteiligungen im energiepolitischen Bereich handelt, ist mir dieses


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 210

Veräußerungsverbot sehr, sehr wichtig, denn mit diesen Beteiligungen kann eminent Energiepolitik in diesem Land gemacht werden, und das sollte auch so sein.

Zu verhindern, dass da mutwillige Änderungen durchgeführt werden, war eines der wesentlichen Motive für meinen Abänderungsantrag. Zweites wesentliches Motiv war die Stärkung der Kontrollrechte durch den Aufsichtsrat. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

21.52

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Mag. Rossmann und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobiliengesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (367 d.B.), in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird in Artikel 1 (Änderung des ÖIAG-Ge­setzes 2000) wie folgt geändert:

a)          In Ziffer 4 lautet die erste Zeile:

 ‚4. § 1 Abs 2 lit a bis f lautet:‘

b)          In Ziffer 4 entfällt der Punkt am Ende (lit e) und wird durch einen Beistrich ersetzt.

c)          In Ziffer 4 wird nach lit e eine lit f eingefügt:

 ‚f) die Kontrolle der Beteiligungsgesellschaften und das Einholen von Informationen und Berichten; beide Aufgaben erfolgen im Sinne des Art 20 Abs 1 und Art 52 Abs 1 und 2 B-VG für den zuständigen Bundesminister.‘

d)          Nach Ziffer 12 wird eine Ziffer 12a eingefügt:

‚12a. Die Überschrift des § 5 lautet:

„Qualifikation, Wahl und Pflichten von Aufsichtsratsmitgliedern der Beteiligungs­gesell­schaften“ ‘

e)          Ziffer 17 lautet:

‚17. § 5 Abs 5 lautet:

„(5) (Verfassungsbestimmung) Für Personalentscheidungen, welche eine Vorstands­position in einer Beteiligungsgesellschaft betreffen, und für strategische Entscheidun­gen oder solche, welche wesentliche Veränderungen für einen erheblichen Teil der Belegschaft mit sich bringen oder einen erheblichen Teil des Unternehmensvermögens betreffen, sind von den von der ÖBAG entsandten Aufsichtsräten rechtzeitig Weisun­gen des Eigentümervertreters über das Stimmverhalten einzuholen. - Sämtliche Berichte aus den Beteiligungsgesellschaften gem. § 81 AktG sind unverzüglich dem Vorstand der ÖBAG und dem Eigentümervertreter weiterzuleiten. - Der Eigentümer­vertreter kann jederzeit von den Aufsichtsräten der Beteiligungsgesellschaften der ÖBAG, welche von der ÖBAG nominiert wurden, Informationen oder Berichte über alle Themen und Fragen anfordern, welcher einer Berichtsanforderung oder Überprüfung durch Aufsichtsräte iS des § 95 Abs 2 und 3 AktG zugänglich sind. Solche Infor-


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mationen oder Berichte sind ohne Verzögerung an den Eigentümervertreter und den Vorstand der ÖBAG zu übermitteln.“ ‘

f)            Nach Ziffer 17 wird eine Z 17a eingefügt:

‚17a. § 5 Abs 6 entfällt.‘

g)          Ziffer 18 lautet:

‚18. § 6 samt Überschrift lautet:

„Vorstand

§ 6. (1) Die Geschäftsführung der ÖBAG obliegt dem Vorstand.

(2) Der Vorstand führt die Geschäfte der Gesellschaft unter eigener Verantwortung nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung sowie einer Geschäftsordnung, welche der Aufsichtsrat beschließt. Neben den in diesem Gesetz und in der Satzung festgelegten Aufgaben hat der Vorstand bezüglich der Beteiligungsgesellschaften insbesondere die Eigentümerinteressen in den Hauptversammlungen und Generalversammlungen wahr­zunehmen und Verträge mit Dritten, welche die ÖBAG eingegangen ist, zu verwalten. Die Beteiligungsgesellschaften haben der ÖBAG alle für die im Gesetz oder im Ge­sellschaftsvertrag zur Erfüllung ihrer festgelegten Aufgaben erforderlichen Informa­tionen unter Einhaltung der aktienrechtlichen und börsenrechtlichen Bestimmungen zur Verfügung zu stellen. Vor den Hauptversammlungen und Generalversammlungen der Beteiligungsgesellschaften sind rechtzeitig Weisungen des Eigentümervertreters über das Stimmverhalten einzuholen.

(3) Die Geschäftsführung der ÖBAG hat dafür Sorge zu tragen, dass in allen relevanten Verträgen und Regelwerken der Beteiligungsgesellschaften, insbesondere in Gesellschaftsverträgen, Satzungen und Syndikatsverträgen, die Aufgaben und Rechte des § 5 Abs 5 und dieses Paragraphen berücksichtigt werden.

(4) Die Satzung und die Geschäftsordnung können nähere Regelungen zur Geschäfts­führung festlegen.

(5) Der Vorstand ist unter Einhaltung der aktienrechtlichen und börserechtlichen Be­stim­mungen verpflichtet, dem Bundesminister für Finanzen jederzeit über alle wesent­lichen Angelegenheiten und Entscheidungen der ÖBAG zu berichten, über Aufforde­rung dem Bundesminister für Finanzen sämtliche Informationen unverzüglich zur Verfügung zu stellen und vierteljährlich einen schriftlichen Bericht zu allen wesentlichen Fragen der ÖBAG sowie zum Beteiligungsmanagement gemäß §§ 7 und 7a zu erstatten. Darüber hinaus berichtet der Vorstand unter Einhaltung der aktienrechtlichen und börserechtlichen Verpflichtungen einmal jährlich schriftlich der Bundesregierung über alle wesentlichen Angelegenheiten und Entscheidungen der ÖBAG.

(6) Die Funktion des Vorstands ist gemäß Stellenbesetzungsgesetz, BGBl. I Nr. 26/1998, auszuschreiben. Die Funktion des ersten Vorstands ist vom Aufsichtsrat unverzüglich nach seiner Wahl auszuschreiben. Bis zur Bestellung des ersten Vor­stands führt ein vom Aufsichtsrat unverzüglich nach seiner Wahl zu bestellender interi­mistischer Vorstand die Geschäfte; dessen Bestellung unterliegt nicht dem Stellen­beset­zungsgesetz.“ ‘

h)          Ziffer 20 lautet:

‚20. § 7 Abs 3 lautet:

„Die ÖBAG ist berechtigt, zur Aufrechterhaltung ihres zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehenden Einflusses und, soweit dies zur Einhaltung be-


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stehender Verträge erforderlich ist, an Kapitalerhöhungen bei Beteiligungsgesell­schaf­ten teilzunehmen. Die ÖBAG darf ein Unterschreiten der Beteiligungsschwellen von 25, 50 oder 75 Prozent der Anteile am stimmberechtigten Grundkapital nur zulassen, wenn dafür ein Beschluss der Bundesregierung vorliegt. Für den Erwerb weiterer Anteile an bestehenden Beteiligungsgesellschaften bedarf es eines Beschlusses der Bundes­regierung, wenn dadurch Beteiligungsschwellen von 25, 50 oder 75 Prozent der Anteile am stimmberechtigten Grundkapital überschritten werden.“ ‘

Erläuterungen zum Abänderungsantrag

ALLGEMEINES

Mit dem ÖIAG-Gesetz idF ÖBAG-Gesetz 2018 wird die Verwaltung des größten Teiles des Bundesvermögens neu festgelegt. Darüber hinaus handelt es sich um Be­teiligungen, die zum Teil für die Infrastruktur der Republik von erheblicher Bedeutung sind.

Bereits seit langem wird in der Rechtswissenschaft und der Staatsrechtslehre darauf hingewiesen, dass durch Privatisierungen/Ausgliederungen Eingriffs- und Kontroll­rechte der Hoheitsverwaltung nicht einfach aufgegeben werden dürfen1. Besonders Korinek machte deutlich, dass im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung Art 17 B-VG den Staat nur zu öffentlichen Zwecken zum privatwirtschaftlichen Verwaltungshandeln ermächtigt. Dies ergibt sich aus der systematischen Interpretation des Art 17 in Zusam­menhang mit den Grundrechten, dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot, und auch dem demokratischen Prinzip.

Teilweise wurde darauf Rücksicht genommen, etwa im Bundesforste-Gesetz. Dort wird für wichtige Liegenschaftsgeschäfte eine Weisung des zuständigen BM an die von ihm nominierten Aufsichtsräte vorgeschrieben (teilweise in Verfassungsrang, teilweise einfachgesetzlich), und die Aufsichtsräte haben ein Vetorecht. Sowohl in den Erläu­terungen zur Regierungsvorlage als auch im Ausschussbericht wird auf die Wichtigkeit der Substanzerhaltung hingewiesen. Die Bundesregierung erwähnt das Vetorecht in § 9 Bundesforste-Gesetz im Zusammenhang mit der Verantwortung des BMF gemäß Bundesfinanzgesetz2.

Die Mehrheitsbeteiligungen an Post und Verbund (Übernahme der Beteiligungs­ver­waltung), und die qualifizierte Beteiligung an der ÖMV betreffen deutlich mehr Mitar­beiter und Vermögen als bei den Bundesforsten. Die Infrastruktur der genannten Unter­nehmen ist für Österreich ebenso bedeutsam.

Weil für alle wichtigen ausgelagerten Unternehmen des Staates die Kontrollmög­lichkeiten im Sinne des Art 20 Abs 1 B-VG und die Kontrollrechte des Parlaments gem Art 52 Abs 1 u 2 B-VG gegeben sein sollten, wird die Ergänzung der Regierungs­vorlage in dieser Hinsicht beantragt.

IM BESONDEREN

Zu a) bis c) des Antrages:

Es wird den wesentlichen Aufgaben der Gesellschaft die Kontrolle der Beteiligungs­gesellschaften und das Einholen von Informationen und Berichten hinzugefügt. Dies ist im Sinne der zitierten Verfassungsbestimmungen.

Zu d):

Es werden nur die „Pflichten“ in die Überschrift des § 5 integriert, siehe den übernächsten Punkt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 213

Zu e):

Mit dieser Verfassungsbestimmung in § 5 Abs 5 werden die Informations- und Kon­trollmöglichkeiten des BMF und des Vorstandes der ÖBAG in § 5 Abs 5 definiert. Da hier in einfachgesetzliche Vorgaben des Aktienrechtes eingegriffen wird, sollte diese Regelung in Verfassungsrang erfolgen, analog zur Vorgangsweise beim Bundesforste-Gesetz. Damit ist für den BMF die Informationstiefe wie bei den Aufsichtsräten der Beteiligungsunternehmen gewährleistet. Darüber hinaus kann der BMF in wesentlichen Entscheidungen (strategische Entscheidungen oder solche, welche wesentliche Veränderungen für einen erheblichen Teil der Belegschaft mit sich bringen oder einen erheblichen Teil des Unternehmensvermögens betreffen) den Aufsichtsräten Weisungen erteilen.

Zu g):

Diese Sätze des ÖBIB-Gesetzes in § 6 Abs 2 sollten beibehalten werden, es gibt keinen Grund, die Informationsbereitstellung bzw die Einholung von Weisungen vor den Hauptversammlungen und Generalversammlungen der Beteiligungsgesellschaften zu eliminieren.

Im neuen Abs 3 des § 6 wird sichergestellt, dass die durch diesen Antrag geschaffenen Verpflichtungen in allen relevanten Verträgen und Regelwerken der Beteiligungs­gesell­schaften, insbesondere in Gesellschaftsverträgen, Satzungen und Syndikatsverträgen gespiegelt werden.

Zu h):

Diese Einfügung in § 7 Abs 3 hat mit dem bisherigen Thema keinen direkten Berüh­rungspunkt. Es entbehrt jedoch der Logik und des Gedankens der Substanzerhaltung, keine Genehmigung bei Unterschreiten der hier genannten Beteiligungsschranken einholen zu müssen.

1 Vgl Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung (1993) S 35 ff u 191; auch Kucsko-Stadlmayer, Verfassungsrechtliche Schranken der Reduzie­rung und Ausgliederung von Staatsaufgaben, in: ÖJK (Hrsg), Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat (1998) zB S 187; Novak, Verfassungsrechtliche Grundsatzfragen, in: Funk (Hrsg), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privat-rechtssubjekte (1981) S 41 ff.

2 428 d.B. XX. GP, S 238.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag des Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolle­gin­nen und Kollegen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht somit mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf seinen Umfang wurde der Antrag gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung vervielfältigt und verteilt. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Steno­graphischen Protokoll beigedruckt werden.

Zu Wort gemeldet hat sich nun der Herr Bundesminister. – Bitte schön.


21.53.12

Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher des Hauptabendprogramms – wenn ich das so formulieren darf – zu Hause! Ich erspare Ihnen und uns allen noch einmal alle


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 214

Argumentationen für diese Novellierung des ÖIAG-Gesetzes. Ich glaube, es ist auch in voller Breite von allen Abgeordneten formuliert worden, dass das ein guter Schritt, ein richtiger Schritt und ein wichtiger Schritt ist, um aus der bestehenden Basis der ÖBIB GmbH wieder etwas zu machen, was Schlagkraft hat, was uns die Chance gibt, auch das Eigentum der Österreicherinnen und Österreicher in aktiver Form profes­sionell zu managen.

Damit schaffen wir eine Basis, dass diese Österreichische Beteiligungs Aktienge­sell­schaft wieder jenen Namen hat und das bringt, was es auch erfordert, nämlich eine verantwortungsvolle und aktive Portfolioentwicklung dieser Beteiligungen der Öster­reicherinnen und Österreicher. Auf diese Novelle, glaube ich, können wir auch jetzt schon stolz sein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es gibt eine Vielzahl von Themen, die angesprochen wurden. Das Portfolio mit in Sum­me rund 23 Milliarden Euro ist nicht nur auf Österreich bezogen bedeutsam, sondern auch international. Wir haben eine sehr moderne Governancestruktur gegeben, die dafür Sorge trägt, dass die Ängste, die möglicherweise Abgeordneter Schellhorn noch mit sich trägt, für alle anderen Österreicherinnen und Österreicher in keiner Weise gegeben sein werden.

Es verwundert mich, wenn sogar vonseiten des Herrn Mag. Rossmann sozusagen bei dem Ansatz von JETZT ein positives Signal zur Unterstützung dieser Novellierung kommt, dass eine vermeintlich neoliberale Wirtschaftspartei ihre Bedenken in dem Bereich noch weiterträgt. (Abg. Scherak: Genau! – Abg. Meinl-Reisinger: Wenn es der Rossmann gut findet!) Möglicherweise sollte man auch darüber nachdenken, den Parteinamen auf: Wann dann?, oder etwas in der Form zu ändern (Beifall bei ÖVP und FPÖ), denn letztendlich kann es nur jetzt passieren, dass wir diesen richtigen Schritt in dieser Form setzen.

Ich mache auch keinen Hehl daraus: Ja, es wurde auch Kritik daran geübt, dass wir in der Begutachtung eine Frist von zehn Tagen gesetzt haben. Das war auch mit zwei Feiertagen verbunden, nämlich unter anderem dem Nationalfeiertag. Das ist mit dem Hintergrund dieser Novellierung durchaus berechtigt, da es auch den Stolz für diese österreichischen Beteiligungen zum Ausdruck bringt. Es wurde auch angesprochen, dass Herbstferien, also Schulferien waren. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Ich denke mir aber, es ist in keinem Ministerium zu viel Arbeit; und das angesprochene Justizministerium, das in einer ersten Reaktion kritisch war, hat vier Tage, bevor die Frist abgelaufen ist, seine Begutachtung und seine Stellungnahme eingegeben. Ich glaube, mehr Bestätigung brauchen wir nicht, dass diese sechs Seiten Novellierungs­text auch gut bearbeitbar waren, da von allen rechtzeitig und großteils vor Ablauf der Zeit rückgemeldet wurde. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Zuallerletzt sei gesagt, dass wir uns entschieden haben, dass wir in den Bereich dieses starken Portfolios der Beteiligungen auch die Bundesimmobiliengesellschaft mitein­bringen, damit wir dieses professionelle Management auch noch mit einer breiteren Basis anwenden können. In Richtung des Abgeordneten Mag. Rossmann sei gesagt: Beim Verbund haben wir gerade auch deswegen die Verantwortung und die Zuglie­derung im Bereich des Finanzministeriums belassen. Wir haben sorgsam geprüft. Wir haben die Bestätigung – es besteht keinerlei Sorge in irgendeiner Form –, dass die Eigenständigkeit dieses wichtigen Infrastrukturunternehmens, dieses relevanten Unter­nehmens für Energiefragen auch in diesem Bereich gegeben ist und dass das pro­fessionelle Management durch die ÖBAG gesichert ist. Es gibt auch in dem Bereich eine gute Basis, um volle Wirkung zu erzielen.

Ich hoffe, dass es vielleicht bei einigen Bedenkenträgern noch in letzter Minute ein Um­denken und die Chance auf eine gesamtheitliche, eine stolze positive Entscheidung für


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 215

ein starkes, professionelles Beteiligungsmanagement der ÖBAG gibt. Ich bedanke mich vorher schon dafür. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.57


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Meinl-Reisinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.58.04

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! (Ruf bei der FPÖ: Den Schellhorn herausreißen!) Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich hätte mich jetzt eigentlich nicht mehr zu Wort gemeldet, aber Sie haben mir eine Vorlage gegeben. Ich wollte auch nicht über Stilfragen diskutieren, aber es ist eine sechswöchige Begutachtungsfrist vorgesehen. Es ist schön, dass das Justizministerium eh genug Zeit gehabt hat, aber es geht dabei auch um andere Ministerien, Herr Minister.

Es ist auch kein patriotischer Akt, wenn Sie eine Begutachtung zum Nationalfeiertag auf den Weg bringen, sondern das ist eine Missachtung der geltenden Regeln, das ist wirklich eine Verhöhnung. Verzeihen Sie, dass ich das nicht so stehen lassen kann! (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

Das Zweite ist: Gerade weil Kollege Rossmann das aktive Beteiligungsmanagement so lobt, weil er sich für mehr Staat und weniger Privat einsetzt, weil er die staatliche Kontrolle will und das auch noch mit Hoheitsverwaltung vermischt, sind wir skeptisch. Sie gehen da den Weg zu einer Re- oder Verstaatlichung, und da können wir nicht mitgehen. – Danke. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

21.59

21.59.12


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 367 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Brückl und Vogl, Kolle­ginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeord­neten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­an­trägen betroffenen Teile der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der erwähnte Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eine Verfassungs­be­stimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäfts­ordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest. – Diese ist gegeben.

Die Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Art. 1 Z 4 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 216

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Brückl, Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 1 § 4 Abs. 3.

Wer dem zustimmt, auch den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1, Einfügung neuer Ziffern 12a und 17a sowie Änderung der Ziffern 17, 18 und 20 eingebracht.

Wer diesem Abänderungsantrag die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde somit nicht erreicht. Der Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag ist somit abgelehnt.

Ich komme sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

22.02.3713. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 513/A der Abgeordneten Peter Haubner, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopolgesetz geändert wird (428 d.B.)

14. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Tabaksteuergesetz 1995 (TabStG) geändert wird (429 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (382 d.B.): Bundes­gesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2018) (427 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (368 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (430 d.B.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 217

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (370 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert wird (431 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (326 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und von Veräußerungsgewinnen samt Protokoll (432 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hammerschmid. – Bitte schön, Frau Abge­ord­nete.


22.03.05

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Einige mögen vielleicht über­rascht sein, dass ich zum Thema Änderung des Finanzausgleichsgesetzes spreche, aber das hat natürlich einen ganz konkreten Grund. In die Änderung dieses Gesetzes ist nämlich etwas ganz Perfides verpackt worden, und zwar ohne Diskussion mit den Betroffenen, heimlich, still und leise. Mit dem Gesetz fällt die in der letzten Legislatur­periode nach wirklich intensiven und ausführlichen Verhandlungen vereinbarte neue Logik zur Verteilung der Finanzmittel zwischen Bund und Ländern.

Was bis dato also mit einer Art Gießkanne zur Ausschüttung kam, sollte in Zukunft kriterienbasiert, transparent, objektiv und treffsicher vereinbart werden, entlang von Aufgaben verteilt werden. Einstieg in den Umstieg, hat es Ihr Kollege, Finanzminister Schelling, genannt und war ganz stolz darauf. Erste Modelle sollten aus dem Kinder­garten kommen, ein erstes Modell auch aus der Pflichtschule zur Finanzierung der Pflichtschulen.

Endlich hätten jene Schulen, die besonders viele Kinder haben, die aus bildungsfernen Elternhäusern kommen beziehungsweise die auch große Herausforderungen zu stemmen haben, jene Ressourcen bekommen, die sie brauchen, um diese Kinder gut und qualifiziert unterstützen zu können.

Wir wissen sehr genau, welche Schulen Unterstützung brauchen. Und wir wissen das noch viel genauer, seit uns das Institut für Höhere Studien eine Studie in die Hand gegeben hat, die sehr eindrucksvoll bestätigt hat, dass gerade Schulen im urbanen Bereich aufgrund des Zuzugs und auch aufgrund der soziodemographischen Zusam­mensetzung meist mehr Kinder mit Förderbedarf haben. Dies wurde in dieser Studie schön herausgezeichnet, und sie zeigt, dass weniger Mittel pro Schülerin, pro Schüler in der Stadt im Vergleich zum Land zur Verfügung stehen. 20 Prozent mehr Kinder pro LehrerIn in der Stadt, das ist die Realität.

Die gesetzliche Basis für die Neuregelung gemäß diesem kriterienbasierten Chancen­index im Finanzausgleich entlang der Aufgabenorientierung ist eigentlich fixiert worden, und jetzt ist diese plötzlich weg, vom Tisch. Was jetzt zu befürchten ist, ist, dass die Mittelverteilung für die Pflichtschulen gleich bleibt, dass sich da gar nichts ändern wird,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 218

trotzdem Minister Faßmann immer ein Verfechter eines Chancenindex und einer zielsicheren, treffgenauen Verteilung der Ressourcen zu diesen Schulen hin war.

Er konnte mir im Ausschuss keine Antwort darauf geben, warum diese Aufgaben­orientierung für die Pflichtschulen aus diesem Finanzausgleichsgesetz gekippt wurde, und ich hatte – noch schlimmer – den Eindruck, dass er gar nichts davon gewusst hat.

Fakt ist, das ist wirklich schlechter Stil. Die Leidtragenden sind wieder einmal die Kinder, die Pädagoginnen und Pädagogen und natürlich auch die Eltern. Deshalb lehnen wir Sozialdemokratinnen und -demokraten die Regierungsvorlage hier ganz eindeutig und strikt ab. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Ich betone allerdings, dass wir den Entschließungsantrag, den die NEOS noch ein­bringen werden, ausdrücklich unterstützen, denn es soll der Originalzustand beibe­halten werden. Wir unterstützen auch den Abänderungsantrag zur Bedarfszuweisung für das Land Salzburg. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Cox und Zadić.)

22.06


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Berlakovich. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


22.07.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Eines der Ziele dieser Bundesregierung ist es, die Wirtschaft zu stärken, den Menschen, nicht nur Männern, sondern auch Frauen, eine Perspektive zu geben. Daher ist das, was wir hier beschließen, wichtig, nämlich das Finanzausgleichsgesetz, die Bund-Länder-Vereinbarung zur Elementar­päda­gogik.

Es ist wichtig, dass in die Kinderbetreuung investiert wird, dass die Länder und vor allem auch die Gemeinden Planungssicherheit haben, wenn sie Kinderbetreu­ungs­ein­richtungen ausbauen. Daher ist es wichtig, dass dieses Paket nach langen Diskus­sionen, die ja stattgefunden haben, bis 2022 gilt, also ganze vier Jahre, und dass dabei in etwa 180 Millionen Euro für die Länder, für die Gemeinden zur Verfügung stehen werden. 142 Millionen Euro kommen vom Bund und 38 Millionen Euro kommen von den Ländern. Das wird gemeinsam finanziert und ist unbedingt notwendig und wird eben jetzt ins Finanzausgleichsgesetz eingeführt, weil das über Zweckzuschüsse an die Länder gehen soll.

Wir wissen, dass die Betreuungssituation und die Lebenssituation der Menschen eine neue ist. War es früher so, dass Kinder bis zum dritten Lebensjahr in der Regel zu Hause bei der Mutter, manchmal auch beim Vater, bei der Oma, beim Opa, bei irgendwelchen Verwandten waren, so ist diese Lebenssituation heute nicht mehr gegeben. Daher ist es notwendig, dass auch diese Kinder in Kinderbetreuungs­ein­richtun­gen kommen, damit Frauen oder alleinerziehende Mütter eben auch einem Beruf nachgehen können und halt nicht nur in Teilzeit arbeiten oder oft unter schwie­rigsten Umständen vielleicht gar keinen Job machen können. Daher war diese Einigung unbedingt notwendig.

Nur eine Zahl: 2017/2018 waren laut Statistik Austria über 68 000 Kinder bis zum dritten Lebensjahr in Kinderbetreuungseinrichtungen. Das ist ein Rekordwert. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl von Kindern, die in Kinderbetreuungs­ein­rich­tungen betreut werden, verdoppelt. Mittlerweile besucht jedes vierte Kind dieser Alters­klasse ein Kindertagesheim.


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Es gibt jetzt natürlich Menschen, die das beklagen, die sagen, das Kind sollte so lange wie möglich bei der Familie sein, aber Tatsache ist eben, dass die Lebenssituation vieler Familien, insbesondere der Frauen eine andere ist und diese auch zu Recht einem Beruf und einer Selbstverwirklichung nachgehen wollen.

Diese Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird immer wieder beschworen. Ich sehe dieses Paket schon als eine sehr gute Grundlage, um zu helfen und den Familien, auch Frauen, eine Unterstützung zu geben.

Wichtig ist, dass eben nicht nur die großen Städte mit anderer Problemlage, sondern sehr wohl auch die peripheren Regionen, die Landgemeinden in die gleiche Situation kommen können, Kinderbetreuungseinrichtungen auszubauen; gerade im ländlichen Raum, wo die Abwanderung groß ist, wo die Familien meist in die zentralen Orte gehen, jemand dem Job nachgeht und dann die Familie nachholt. In meinem Heimat­bundesland ist das so.

Daher ist es wichtig, dass die Bundesländer und die Gemeinden Geld bekommen, damit eben die jungen Familien in der Region bleiben und nicht abwandern müssen. Wichtig ist auch, dass vorgesehen ist, dass es Wert- und Orientierungsleitfäden bei der Betreuung gibt. Das soll verhindern, dass es zu Parallelgesellschaften kommt, die niemandem nützen, den Kindern auf ihrem Weg in die Zukunft schon gar nicht.

Abschließend noch ein wichtiger Punkt: Das bewährte verpflichtende Kindergartenjahr für Fünfjährige wurde verlängert, und der Bund ersetzt den Gemeinden die Kosten, was für die Gemeinden natürlich von zentraler Bedeutung ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.10


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Schellhorn. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


22.10.57

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minis­ter! Herr Staatssekretär! Kollegin Hammerschmid! Ich verstehe schon, dass Sie die bedarfsorientierte Zuweisung für Salzburg auch unterstützen, immerhin sind es die Spätfolgen des Finanzskandals von SPÖ und ÖVP, die jetzt sozusagen der Bund mit einer Viertellösung ausgleichen muss, was ich ziemlich bedenklich finde. Das bestätigt noch einmal den Vorgänger des Herrn Ministers Löger, Bundesminister Schelling, der gesagt hat: Wir leben in einem Land, wo jeder für etwas zuständig, aber keiner für etwas verantwortlich ist. – Es ist so.

Es ist auch so, dass wir bei der aufgabenorientierten Finanzierung in diesem Bereich den Kindern und den Familien schaden. Wir schaden vor allem den Kindern und Familien in den Regionen mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung, welche kein Ruhmes­blatt ist, denn im Grunde genommen bleibt alles beim Alten. Schelling sagte: Wir leben in einem Land, wo jeder für etwas zuständig, aber keiner für etwas verantwortlich ist.

Ich glaube, dieser Reformturbo, den Sie immer wieder ansprechen, Herr Minister, ist jener, dass Sie zwar mit dem rechten Fuß voll auf dem Pedal sind, Vollgas fahren, allerdings keinen Gang drinnen haben. Das ist viel Luft um nichts. Was Sie hier von sich geben ist auch, dass wir da reformieren müssen, dass wir da vor allem für die Kinderbetreuungsplätze und für die elementare Schulpädagogik viel leisten müssen und auch viel tun müssen. Es muss auch die Verantwortung entsprechend getragen werden, und die Finanzierung von Kinderbetreuungsplätzen und Kindereinrichtungs­plätzen muss endlich auf sichere Beine gestellt werden. Das muss langfristig geschehen und darf nicht mit solchen Artikel-15a-Vereinbarungen sein. (Beifall bei den NEOS.)


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Das Ziel sind ordentliche, langfristige, gezielte Finanzierungen für die Kindergärten und die Betreuung im Elementarbereich, damit eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht wird, vor allem auch in den touristischen Zentren, vor allem auch dort, wo wir einen Fachkräftemangel haben, damit wir Alleinerzieherinnen und Allein­erzieher wieder in das Berufsleben, in das Erwerbsleben zurückbringen.

Aus diesem Punkt heraus muss ich noch einmal sagen: Herr Minister, Sie sollten schon danach trachten, dass Sie hier Verantwortung zeigen, dass Sie da alles auf sichere Beine stellen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „aufgaben­orientierter Finanzausgleich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird auf­gefordert, einen aufgabenorientierten Finanzausgleich umzusetzen, um eine treff­sichere und wirkungsorientierte Verwendung der Gelder für den Ausbau und den Erhalt von Kindergärten und elementaren Bildungseinrichtungen sowie den Bereich der Pflicht­schule zu gewährleisten. Dabei sollen auch Landesförderungen und 15a-Verein­barun­gen miteinbezogen werden.“

*****

Um das Miteinbeziehen geht es in einer verantwortungsvollen Reformpolitik, die Sie immer beschwören, aber nie imstande sind, auf den Asphalt zu bringen. (Beifall bei den NEOS.)

22.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend aufgaben­orientierter Finanzausgleich

eingebracht im Zuge der Debatte in der 53. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (370 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert wird (431 d.B.) – TOP 17

Im Jahr 2007 wurde von Bund und Ländern erstmals eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG abgeschlossen, die den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungs-angebotes und die Einführung von verpflichtender früher sprachlicher Förderung, sowie die Schaffung eines bundesweiten vorschulischen Bildungsplanes festlegt. 2011 wurde diese Vereinbarung verlängert, um das Barcelona-Ziel der Europäischen Union zu erfüllen, wonach ein Ausbau von Kinderbetreuungsmaßnahmen angestrebt wird, der besonders auf ganztägige, mit der Vollbeschäftigung der Eltern zu vereinbarende Kinderbetreuung abzielt.

Im Jahr 2014 wurde diese Vereinbarung ein weiteres Mal bis 2017 verlängert, ins-gesamt wurden 305 Mio. Euro vom Bund an die Länder zugeschossen. Zudem wurde das Ziel der Vereinbarung umformuliert. Anstatt nur Kinderbetreuung auszubauen, soll


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 221

"elementare Kinderbildung und -betreuung" gefördert und die "Bildungs und Betreuungsqualität für Kinder bis zum Schuleintritt" weiterentwickelt werden. Im Jahr 2017 hätte die 15a Vereinbarung über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreu­ungs­angebotes neu verhandelt und verlängert werden sollen, um eine Finanzierung zum weiteren Ausbau zu sichern, da die aktuelle Vereinbarung gemäß 15a B-VG mit Ende 2017 ausgelaufen ist.

Mit Ach und Krach ist es der damaligen zuständigen Familienministerin Sophie Karmasin gelungen, eine neuerliche 15a-Vereinbarung für die Laufzeit von einem Jahr abzuschließen, um einen Stopp des Ausbaus von Kinderbetreuungseinrichtungen zu verhindern. Nachdem diese Vereinbarung mit 31.8.2018 ausgelaufen war, die Verhandlungen einer neuen sich aber verzögert haben, konnte beispielsweise die frühe sprachliche Förderung in der Steiermark ab September nicht mehr angeboten werden (Kleine Zeitung, 2.11.2018 https://www.kleinezeitung.at/meinung/5523316/Sprachfoerderung-im-Kindergarten_In-einigen-Kindergaerten-gibt-es). Wenngleich es nun gelungen ist, eine neue 15a Vereinbarung zu verhandeln, zeigt die Verspätung und Verwirrung darum einmal mehr, dass die Bund-Länder-Vereinbarungen nicht das bestmögliche Instrument für eine dauerhafte Finanzierung des Ausbaus und Erhalts von elementaren Kinderbildungs- und -betreuungsangeboten ist. Echte Planungssicherheit sieht anders aus.

Die Finanzausgleichspartner Bund, Länder, Städte- und Gemeindebund haben sich 2016 im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes 2017 dazu entschlossen, im Zuge eines aufgabenorientierten Finanzrahmens die Finanzierung der Elementar-pädagogik treffsicherer zu gestalten und zu reformieren. Man hat sich darauf geeinigt, ein entsprechendes Konzept bis September 2017 auszuarbeiten. Damit geht man auf die schon lange erhobenen Forderungen von Expert_innen ein, die feststellen: "Das aktuelle Finanzausgleichsgesetz sieht keine gezielt aufgabenorientierte Verteilung der Ertragsanteile in Bezug auf die Kinderbetreuung vor. Ebenso fehlt ein Bezug zur Wirkungsorientierung. Eine solche verstärkte Aufgaben- bzw. Wirkungs-orientierung wird jedoch von Expertinnen und Experten bereits seit längerem eingefordert und sollte in Hinblick auf die bevorstehenden Finanzausgleichsverhandlungen verstärkt diskutiert werden" (KDZ, 2015: Aufgabenorientierter Finanzausgleich am Beispiel der Ele­mentarbildung. Modellentwürfe einer aufgabenorientierten Mittel-verteilung für die vorschulische Kinderbetreuung, veröffentlicht am 22.10.2015).

Die Einführung eines aufgabenorientierten Finanzrahmens ermöglicht eine effizientere Verteilung der zur Verfügung gestellten Mittel unter Einbezug demographischer, sozio­ökonomischer und betriebswirtschaftlicher Indikatoren (wie beispiels-weise der Bevöl­kerung der unter 5-Jährigen, oder der Bevölkerungsentwicklung der bis 5-Jährigen, der Anzahl von Alleinerziehenden, der Anzahl der Kinder mit Bedarf an Sprachförderung, der Schließtage und Öffnungszeiten, der Anzahl der betreuten Kinder, Betriebs­aus­gaben oder Investitionen). Durch die Verankerung von Wirkungszielen und die Kop­pelung der Verwendung der Gelder an das Erreichen dieser, kann sichergestellt werden, dass jene Gemeinden, die Geld zum Erreichen eines quantifizierbaren Zieles erhalten, dieses auch zweckgebunden dafür einsetzen können.

Gemäß dem Paktum zum FAG 2017 wurde Anfang 2017 eine Arbeitsgruppe zur Konzepterstellung eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs am Beispiel der Elementarpädagogik eingerichtet. Die Arbeitsgruppe blieb jedoch konkrete Ergebnisse schuldig und es finden seit längerem keine weiteren Arbeitssitzungen mehr statt. (vgl. z.B. ORF Salzburg am 8.7.2018: https://salzburg.orf.at/news/stories/2923283/). Die späte Einigung bezüglich der aktuellen 15a-Vereinbarung hat für zusätzliche Unsicher­heit auf Seiten der Gemeinden und Länder geführt. Das Zentrum für Verwal­tungs­forschung schreibt bezugnehmend auf die Neuerungen im FAG 2017 folgendes:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 222

"Eine grundsätzliche Aufgabenreform oder zumindest eine Diskussion zur Gesamt-konzeption der Aufgabenorientierung wurde jedenfalls auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. (...) Es wäre wichtig, den weiteren Reformpfad zu definieren. Ein umfassender Prozess berücksichtigt das Zusammenwirken verschiedener Kompetenz- und Finanzierungsverflechtungen auf allen Gebietskörperschaftsebenen. Beim Beispiel Kinderbetreuung bedeutet dies, dass insbesondere auch die Art. 15a-Vereinbarungen zum Ausbau sowie die Landesförderungen im Kinderbetreuungsbereich in den Ge­samtreformprozess einzubeziehen wären. Ergebnis sollte ein Bündeln der laufenden Finanzierungsströme und ergänzende programmatischer Förderungen mit klaren Wirkungszielen sein".

Zudem war auch vorgesehen, dass ab Jänner 2019 die Aufgabenorientierung als Pilotprojekt auch auf den Bereich der Pflichtschulen ausgeweitet werden hätte sollen. Bis 1. September diesen Jahres wäre dies vorzubereiten gewesen.

Im Sinne größtmöglicher Transparenz von Finanzierungsströmen und Planungs­sicherheit für Gemeinden sowie Sicherstellung aureichender Investitionen ist daher der eingeschlagene Reformpfad fortzusetzen und darauf hinzuwirken, dass langfristig eine Finanzierung aus einer Hand umgesetzt wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird auf­gefordert, einen aufgabenorientierten Finanzausgleich umzusetzen, um eine treff­sichere und wirkungsorientierte Verwendung der Gelder für den Ausbau und den Erhalt von Kindergärten und elementaren Bildungseinrichtungen sowie den Bereich der Pflichtschule zu gewährleisten. Dabei sollen auch Landesförderungen und 15a-Ver­einbarungen miteinbezogen werden.“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag wurde ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


22.14.37

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Werte Zuseher, die Sie um diese Uhrzeit noch aushalten und mit dabei sind! Ich beziehe mich auf Punkt 13 der heutigen Tagesordnung, und zwar auf eine Novelle des Tabakmonopolgesetzes.

Man muss vielleicht ein bisschen erklären, was dabei der Hintergrund ist. Ich habe es mit und kann es Ihnen dann auch zeigen. Es geht darum, dass im Laufe der letzten Jahre sehr, sehr viele Alternativen zur klassischen Zigarette entwickelt wurden. Es gibt eine relativ neue Entwicklung, die, ganz technisch, Tabakheizsysteme heißt. Derzeit gibt es noch relativ wenige Anbieter am Markt.

Dabei geht es darum, dass mehr oder weniger eine etwas andere Zigarette – ich zeige das ganz kurz (das genannte Exemplar in die Höhe haltend) – erhitzt, aber nicht verbrannt wird. Der Hintergrund ist, dass durch die Nichtverbrennung 95 Prozent weniger Schadstoffe entstehen. Das heißt, es ist eine dementsprechend sinnvollere


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Variante des Rauchens. Sehr viele Entwicklungen gehen in diese Richtung, weil die Konsumenten rauchen wollen, aber sich natürlich nicht ständig gesundheitlich schädigen wollen.

Der finanzielle Hintergrund – das ist auch der Grund, warum wir diese Novelle einbringen – ist folgender: Es gibt dieses System in sehr, sehr vielen Ländern der Welt, in 45 Ländern, im Großteil der Europäischen Union. Es gibt jetzt natürlich österreichi­sche Konsumenten, die dieses Produkt in Deutschland kaufen, wodurch dem öster­reichischen Staat ein Steuerentgang entsteht, und das sollten wir regulieren.

Kurz zur Erklärung: 78 Prozent eines Zigarettenpreises sind Steuereinnahmen, und die Steuereinnahmen aus dem Tabakbereich liegen derzeit in Österreich bei knapp unter 2 Milliarden Euro. Das heißt, es ist wichtig, dass dieser Anteil nicht im ausländischen Steuertopf landet, sondern beim Staatssekretär und beim Minister.

Was man auch dazusagen sollte, ist, dass auch die Tabaktrafikanten dadurch Geschäft verlieren und dass das eine sehr pragmatische Geschichte ist. Das heißt, ab Januar 2019 ist dieses Produkt auch in Österreich erhältlich. Dadurch erhält der Finanz­minister Steuereinnahmen und auch unsere Trafikanten haben die ent­sprechen­den Einnahmen. Ich bitte um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

22.17


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Rossmann zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


22.17.10

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Im November 2017 ist ein neues Finanzausgleichspaktum zustande gekommen, nach zehn Jahren Stillstand zuvor. In diesem Finanzausgleichspaktum hat man sich auf zwei kleine Reformen geeinigt. Die eine betraf eine erweiterte Abgabenautonomie für Länder und den Versuch einer erweiterten Abgabenautonomie für Gemeinden, die zweite Reform sollte der Einstieg in einen aufgabenorientierten Finanzausgleich sein. Da wurde ein Pilotprojekt formuliert, das mit 1.1.2018 im Bereich der Elementarschulen in Kraft treten sollte; mit 1.1.2019 sollte das dann auf die Pflichtschulen ausgeweitet werden.

Was war nun mit diesen beiden Reformen? – Die Erweiterung der Abgabenautonomie hat bislang nicht stattgefunden. Es wurde zwar der Wohnbauförderungsbeitrag an die Länder übertragen, aber gelebt wird das nicht. Gelebt wird das deshalb nicht, Herr Finanzminister, weil die Länder eine Vereinbarung untereinander geschlossen haben, dass sie nur gemeinsam Erhöhungen oder Senkungen der Wohnbauförderungs­bei­träge machen. Aber das ist eine falsch verstandene Erweiterung der Abgaben­auto­nomie.

Was die Grundsteuer und deren Reform bei den Gemeinden anlangt, so sollte seit Mitte vergangenen Jahres ein Konzept für die Reform der Grundsteuer vorliegen. Bis heute gibt es das nicht. Sie können mich aber gerne korrigieren, Herr Finanzminister, sollte es dieses Konzept zwischenzeitlich geben.

Bei der Aufgabenorientierung im Finanzausgleich, den wir in Österreich seit mindes­tens zwei Jahrzehnten diskutieren, ist man schon im Finanzausgleichspaktum zu keiner Einigung über die Kriterien der Verteilung der Mittel auf die Gemeinden ge­kommen. Mir war schon damals ziemlich klar – ich habe das auch Finanzminister Schelling gesagt –: Dieses Projekt wird scheitern.

Jetzt sind wir so weit, Herr Finanzminister, dieses Projekt ist gescheitert, und mit einem Federstrich wollen Sie den § 15 aus dem Finanzausgleichsgesetz, in dem es um die


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 224

Pilotversuche zum Einstieg in eine Aufgabenorientierung auf Gemeindeebene gehen soll, wieder herausstreichen.

Herr Finanzminister, das ist eine Bankrotterklärung der Föderalismuspolitik in Öster­reich (Beifall bei JETZT); eine Bankrotterklärung deshalb, weil wir in Österreich wissen, und das ist seit Jahrzehnten bekannt, dass die föderalen Strukturen verlottert sind. Sie werden einfach dominiert – wie der gesamte Finanzausgleich – vom Besitzstand­denken. Es geht nur ums Geld und um sonst gar nichts; immer wieder nur ums Geld. Solange die Kassa stimmt, ist die Welt in Ordnung, aber Interesse an Reformen gibt es nicht. Daher wundert es mich auch nicht, dass jetzt dieser § 15 wieder aus dem Finanzausgleichsgesetz herausgestrichen wird.

Eines verstehe ich nicht, Herr Finanzminister: Sie haben mir im Ausschuss gesagt, der Finanzausgleich 2017 ist gelungen. – Er kann doch nicht gelungen sein, wenn wesentliche Reformteile dieses Projekts nicht umgesetzt werden. Sorry, zu sagen, dass der Finanzausgleich deshalb gelungen ist, weil er zustande gekommen ist, das, entschuldigen Sie bitte, ist ja wirklich absurd! Solange der politische Wille nicht besteht, vom Besitzstanddenken in diesem Lande abzurücken und diese alten Denkmodelle über Bord zu werfen, so lange werden wir auch niemals zu einer Reform der föderalen Strukturen in Österreich kommen.

Im Übrigen war im Finanzausgleichspaktum ja auch angedacht – und das hat Ihr Vor­gänger unterzeichnet –, dass bis Jahresende unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Österreich-Konvents eine Bundesstaatsreform vorbereitet werden soll. – Gibt es diese Bundesstaatsreform schon, ist diese schon vorbereitet, Herr Finanzminister? – Sagen Sie mir nicht, das ist die Aufgabe von Herrn Minister Moser. Nein! Ihr Vorgänger hat dieses Paktum unterschrieben, und damit sind Sie verpflichtet, dieses Paktum umzusetzen. Und Teil dieses Paktums ist auch die Vorbereitung einer Bundesstaats­reform bis zum Jahresende.

Wo ist diese Bundesstaatsreform, Herr Minister? Erklären Sie uns das bitte! – Danke sehr. (Beifall bei JETZT.)

22.22


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­nete Haubner. – Bitte.


22.22.26

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Bevor ich auf das Finanzausgleichsgesetz zu sprechen komme, vielleicht auch noch drei Sätze zum Tabaksteuergesetz; Kollege Wurm hat es schon ausgeführt. Ich denke, das ist notwendig, vor allem, weil diese Produkte, die hier angeboten sind, nicht unter die geltenden Steuergegenstände fallen und sich auch von den im Gesetz definier­ten Tabakwaren deutlich unterscheiden. Daher brauchen wir eine gesetzliche Maßnahme.

Es geht vor allem auch darum, dass wir so quasi den illegalen Verkehr aus dem Ausland beenden und eine Steuermaßnahme für den österreichischen Markt be­schließen. 22 EU-Länder haben diese Regelungen schon, und wir ziehen hier ent­sprechend nach. Wir brauchen keine tschechischen Verhältnisse, denn die Tschechen haben das verabsäumt und haben dann eine zusätzliche Steuerkategorie einführen müssen. Wir machen das bereits im Voraus.

Es ist ganz wichtig, dass mit dieser Klarstellung auch der Verkauf für unsere Trafi­kanten exklusiv gesichert wird und damit auch eine wichtige Säule des Jugendschut­zes gewährleistet wird. Also ich denke, dass wir damit im Sinne der Wettbewerbs-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 225

gleich­heit für unsere Trafikanten und auch für den Jugendschutz die entsprechende Maßnahme sicherstellen.

Zum Zweiten muss ich eine tatsächliche Berichtigung auf den Kollegen Schellhorn bringen, weil er von einem SPÖ/ÖVP-Finanzskandal im Bundesland Salzburg ge­sprochen hat. – Das ist schlichtweg falsch! Das war ein SPÖ-Skandal in der Bezie­hung, und wir von der ÖVP haben ihn aufgearbeitet, und das weißt du ganz genau, lieber Freund Schellhorn! – Das einmal ganz kurz zur Richtigstellung. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bringe jetzt folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Ing. Christian Pewny, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (370 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Finanz­ausgleichsgesetz 2017 geändert wird, wird wie folgt geändert:

Die bisherigen Ziffern 1 bis 4 werden zu Ziffern 3 bis 6. Vor der neuen Ziffer 3 werden folgende Ziffern 1 und 2 eingefügt:

„1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 26 folgender Eintrag zu § 26a eingefügt:

              „§ 26a. Bedarfszuweisung an das Land Salzburg zur Deckung außerge­wöhnlicher Erfordernisse“

2. Nach dem § 26 wird folgender § 26a samt Überschrift eingefügt:

„Bedarfszuweisung an das Land Salzburg zur Deckung außergewöhnlicher Erforder­nisse

§ 26a. (1) Aufgrund der Verhängung der Sanktion gemäß Beschluss (EU) 2018/818 des Rates vom 28. Mai 2018; Amtsblatt der EU Nr. L 137/23 vom 4.6.2018, hat die Republik Österreich der Europäischen Kommission die verhängte Geldbuße zu über­weisen. Innerstaatlich ist der Aufwand gemäß Art. 24 des Österreichischen Sta­bilitäts­paktes 2012 von den Gebietskörperschaften im Verhältnis der Verursachung zu tragen; die Ertragsanteile des Landes Salzburg sind daher um 26,82 Millionen Euro zu verringern.

(2) Der Bund gewährt dem Land Salzburg aus Bundesmitteln eine einmalige Bedarfs­zuweisung im Ausmaß von 25 % der Geldbuße, sohin 6,705 Millionen Euro, zur Deckung dieses außergewöhnlichen Erfordernisses.““

*****

Ich sage für diese Unterstützung im Namen unseres Bundeslandes Salzburg recht herzlich Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.26

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 226

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Ing. Christian Pewny, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (370 d.B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Finanzausgleichs­gesetz 2017 geändert wird, in der Fassung des Ausschussberichtes (431 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (370 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Finanz­ausgleichsgesetz 2017 geändert wird, wird wie folgt geändert:

Die bisherigen Ziffern 1 bis 4 werden zu Ziffern 3 bis 6. Vor der neuen Ziffer 3 werden folgende Ziffern 1 und 2 eingefügt:

„1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 26 folgender Eintrag zu § 26a eingefügt:

              „§ 26a. Bedarfszuweisung an das Land Salzburg zur Deckung außerge­wöhn­licher Erfordernisse“

2. Nach dem § 26 wird folgender § 26a samt Überschrift eingefügt:

„Bedarfszuweisung an das Land Salzburg zur Deckung außergewöhnlicher Erforder­nisse

§ 26a. (1) Aufgrund der Verhängung der Sanktion gemäß Beschluss (EU) 2018/818 des Rates vom 28. Mai 2018; Amtsblatt der EU Nr. L 137/23 vom 4.6.2018, hat die Republik Österreich der Europäischen Kommission die verhängte Geldbuße zu über­weisen. Innerstaatlich ist der Aufwand gemäß Art. 24 des Österreichischen Sta­bilitäts­paktes 2012 von den Gebietskörperschaften im Verhältnis der Verursachung zu tragen; die Ertragsanteile des Landes Salzburg sind daher um 26,82 Millionen Euro zu ver­ringern.

(2) Der Bund gewährt dem Land Salzburg aus Bundesmitteln eine einmalige Bedarfszuweisung im Ausmaß von 25 % der Geldbuße, sohin 6,705 Millionen Euro, zur Deckung dieses außergewöhnlichen Erfordernisses.““

Begründung:

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkt des Entwurfes:

Unterstützung des Landes Salzburg bei der Bewältigung der Aufwandstragung im Zusammenhang mit der Geldbuße wg. der Manipulation von Schuldendaten durch Gewährung einer einmaligen Bedarfszuweisung zur Deckung außergewöhnlicher Erfor­dernisse.

Finanzielle Auswirkungen und Bedeckung:

Die Bedeckung für die vorgesehene Bedarfszuweisung iHv. 6,705 Mio. Euro erfolgt durch Entnahme von Rücklagen aus der UG 44.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung einer dem vorliegenden Entwurf ent­sprechenden bundesgesetzlichen Regelung gründet sich auf § 2 F-VG und § 12 F-VG.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 227

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderer Teil

Im Dezember 2012 wurde der Finanzskandal in Salzburg öffentlich bekannt. Damit im Zusammenhang ergab sich, dass aufgrund der unrichtigen Angaben des Landes Salzburg von der Statistik Austria zunächst unkorrekte Daten an die Europäische Kommission übermittelt wurden.

In Anwendung der VO (EU) Nr. 1173/2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet wurde vom Rat der Europäischen Union dafür eine Strafe in Höhe von 26,82 Mio. Euro verhängt. Im Spruch der ggst. Entscheidung wird angeführt, dass diese Strafe wegen Falschdar­stellung von Staatsschulden aufgrund von grober Fahrlässigkeit von drei staatlichen Stellen (Landesrechnungshof Salzburg, das Amt der Salzburger Landesregierung und der Salzburger Landesregierung) verhängt wurde, da diese keine geeigneten Kompila­tionskontrollen und Berichtsverfahren sichergestellt hätten. Aus Sicht des Rates (Artikel 1 des Spruchs iVm Erwägungsgrund 6) liegt die ausschließliche Verursachung der Geldbuße deshalb beim Land Salzburg. Erwähnt sei, dass das Land Salzburg seine Verursachung der Geldbuße zwar nicht grundsätzlich in Frage stellt, jedoch darauf verweist, selbst Opfer krimineller Handlungen geworden zu sein.

Die verhängte Geldbuße iHv 26,82 Mio. Euro stellt eine nicht unerhebliche Belastung für den finanziellen Haushalt des Landes Salzburg dar. Der Bund wird daher nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf das Land Salzburg bei der Bewältigung der ggst. Aufwandstragung mit einer Bedarfszuweisung von 25% der Geldbuße, sohin 6,705 Mio. Euro, unterstützen.

Nach § 2 F-VG 1948 tragen der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt, den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt. Die Aufforderung zur Zahlung der mit Beschluss (EU) 2018/818 des Rates vom 28. Mai 2018 gegen die Republik Österreich verhängten Geldbuße ergeht gemäß EU-Recht an den Bund. Aufgrund innerstaatlicher Bestim­mungen (Art 24 Abs 2 ÖStP 2012) ist der Betrag bei den zeitlich folgenden Vor­schüssen gemäß § 12 FAG 2008 (entspricht § 13 FAG 2017) hereinzubringen: Art 24 des Österreichischen Stabilitätspaktes 2012 (BGBl. I Nr. 45/2013) sieht vor, dass Bund, Länder und Gemeinden den Aufwand aus der Verhängung allfälliger finanzieller Sanktionen, welche gemäß den Rechtsakten der Europäischen Union zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin oder dem Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion verhängt werden, im Verhältnis der Verur­sachung zu tragen haben. Mit der in § 1 vorgesehenen Bedarfszuweisung wird Salz­burg unterstützt, diese Minderung der Ertragsanteile im Zusammenhang mit der Geldbuße wg. der Manipulation von Schuldendaten durch Gewährung einer einmaligen Bedarfszuweisung zur Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse zu tragen. Diese einmalige Bedarfszuweisung entfaltet keine Präjudiz Wirkung für künftige Fälle. Nach § 2 F-VG hat dieser Transfer auf Basis einer gesetzlichen Grundlage zu erfolgen. Diese soll mit dieser Änderung des FAG 2017 geschaffen werden.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 228

22.26.54

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem IFI-Beitragsgesetz dotieren wir fünf unterschiedliche interna­tionale Finanzinstitutionen entweder mit Wiederauffüllungen oder mit Kapitalerhö­hun­gen, und wir werden dem auch zustimmen. Diese fünf Instrumente decken ein sehr breites Spektrum an relevanten Förderungen für Entwicklungs- und Schwellenländer ab. Das geht von Armutsbekämpfung bis hin zur Förderung von Wirtschaft und Infrastruktur, und zwar einer Wirtschaft, die insofern nachhaltig ist, als sie auch wirklich bei den Menschen ankommt und nicht nur einige wenige etwas davon haben, sondern eben auch gute und bezahlte und sichere Arbeitsplätze geschaffen werden.

Andererseits werden Umweltfragen angesprochen. Gerade viele afrikanische Länder leiden ja sehr unter den Folgen der Klimaerhitzung, und da Anpassungsmaßnahmen und andere Vorkehrungen zu treffen geht durchaus nur im Konzert von wirklich großen Instrumenten. Das ist mit bilateraler Hilfe eigentlich kaum hinzukriegen.

Zudem wird zum Beispiel auch konkret in die Lebensmittelproduktion investiert. Das ist nicht nur relevant und wichtig, was die Ernährungssicherheit und Ernährungs­sou­veränität der betroffenen Länder betrifft, sondern auch wichtig, weil zum Beispiel damit der ländliche Raum in den Ländern des globalen Südens, wo es auch sehr viel Land­flucht gibt, sehr viel Binnenmigration gibt, insofern gestärkt wird, als sich dort auch Lebensperspektiven für Menschen eröffnen.

Das sind durchaus lauter wichtige und sinnvolle Aktivitäten und Beiträge, die da ge­leistet werden. Ich möchte auch sagen, dass bis zum Jahr 2028 in Summe 153 Mil­lionen Euro vonseiten Österreichs investiert werden, und das ist unter anderem auch ein Beitrag zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen, die viele Themen, von Armutsbekämpfung bis hin zur Entwick­lung des ländlichen Raumes, ansprechen.

Diese Gelder sind auch relevant, was die österreichische ODA, sprich die öffentlichen Entwicklungszahlungen, betrifft, auch wenn ich dazusagen muss, dass da die multilateralen Instrumente aus dem Finanzministerium einen relativ großen Beitrag leisten. Wo da wirklich noch aufzuholen ist, ist bei der bilateralen Entwicklungszusam­menarbeit. Wir sind momentan bei einer ODA-Quote von 0,3 Prozent. Ich bedanke mich an dieser Stelle beim Budgetdienst dafür, dass er die Zahlen im Bericht über dieses Gesetz auf der Internetseite noch gegen die aktuellen 2017er-Zahlen ausge­tauscht hat. Wie wir allerdings mit einer Prognose in Richtung 0,24 Prozent im Jahr 2022 je das erreichen sollen, was die Regierung in ihrem Regierungsprogramm festgeschrieben hat, nämlich ein Bekenntnis zur Steigerung in Richtung 0,7 Prozent, ist wahrscheinlich nicht nur mir ein Rätsel, sondern vielen anderen in diesem Raum auch.

Aber wie dem auch sei: Diese Beiträge zu den internationalen Finanzinstitutionen sind wichtig, sinnvoll und nachhaltig, und wir werden dem auch zustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

22.29


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Linder. – Bitte.


22.30.09

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Ich möchte heute ein paar Worte zur Änderung des Katastrophenfondsgesetzes sagen. Es geht in erster Linie darum, der Gemeinde Gasen in der Steiermark zu helfen. Die Gemeinde Gasen in der


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 229

Steiermark ist allein in den letzten zwei Jahren vier Mal von schlimmem Hochwasser überrascht worden, hat enorme Schäden zu verzeichnen, Anfang 2000 hat es sogar zwei Tote gegeben.

Die bestehenden Verbauungsmaßnahmen reichen nicht mehr aus, und es ist daher notwendig, insgesamt rund 13,5 Millionen Euro zu investieren. Der Gemeindeanteil daran beträgt 3,2 Millionen Euro. Für eine Gemeinde mit nicht einmal 1 000 Ein­woh­nern ist das ein nahezu unaufbringbarer Betrag, weshalb ich glaube, dass es ganz wichtig ist, diesen Beschluss heute hier zu fassen, damit sehr schnell mit dem Verbau begonnen werden kann, damit zum einen Sicherheit hergestellt wird und damit zum anderen mit dem beginnenden Bau auch psychologische Hilfe für die Betroffenen gewährleistet wird. Wenn man dort wohnt und vor jedem Gewitter Angst haben muss, weiß man, was es bedeutet, wenn Verbaumaßnahmen eingesetzt werden: dass Sicher­heit kommt. Ich gehe davon aus, dass dieser Beschluss heute einstimmig gefasst wird.

Ich möchte darauf zurückblicken, wie es uns in meiner Heimatgemeinde 2016 ergan­gen ist. Wir wurden auch zwei Mal von einer ganz schlimmen Mure erfasst, 40 Häuser wurden verschüttet. Damals war es für alle Landesregierungsmitglieder selbstver­ständlich, Hilfe angedeihen zu lassen; egal ob der rote Landeshauptmann, selbst­verständlich auch der blaue Landesrat Köfer, selbst der grüne Landesrat ist selbst­verständlich dort gewesen und hat mit Mitteln aus seinem Referat geholfen. Darauf zurückblickend muss ich sagen, ich war heute etwas überrascht, dass beim Tages­ordnungspunkt betreffend die gegenseitige Hilfeleistung mit Russland im Falle von Naturkatastrophen plötzlich Nein gesagt wurde.

Wenn es darum geht, Menschen zu helfen, darf es in den Köpfen keine Barrieren geben. In Kärnten hat es funktioniert, in der Steiermark funktioniert es, aber hier an­scheinend nicht ganz. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

22.32


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Yildirim. – Bitte.


22.32.41

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ein paar Worte zum Finanz­ausgleichsgesetz verlieren. Das Zentrum für Verwaltungsforschung hat die Auf­gabenorientierung im Jahre 2017 als zentrale Reformmaßnahme zum Finanzaus­gleichs­gesetz bezeichnet, und ich denke, mit der Abschaffung des § 15 haben wir einen Rückschritt erlitten. Ich finde das sehr bedauerlich, denn wenn wir daran denken, dass Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufzuteilen sind, macht es absolut Sinn, diese verteilten Mittel auch an einen bestimmten Zweck zu binden. Es überrascht mich umso mehr, weil wir doch oft aus ÖVP- oder FPÖ-Reihen hören: mehr Geld für mehr Leistung, anstatt nach dem Gießkannenprinzip Gelder zu verteilen.

Die Implementierung der Aufgabenorientierung war eine Chance, jene Gemeinden stärker zu unterstützen, die Aufgaben wahrnehmen, die über ihre Gemeindegrenzen hinaus Wirkung zeigen. Das möchte ich auch gleich am Beispiel Tirol kurz darstellen.

In Tirol – wenn wir bei der Elementarpädagogik, also bei der Betreuung von Kindern bis zum sechsten Lebensjahr, um die es bei § 15 ja auch gegangen ist, bleiben – ist es Tatsache, dass die Kindergärten an 42,5 Tagen im Jahr geschlossen haben. Um es noch deutlicher zu machen: Der Anteil der Kindergärten in Tirol, die weniger als 8 Stun­den pro Tag geöffnet haben, beträgt 54,4 Prozent. Eine Aufgabenorientierung wäre eine


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Chance gewesen, Tiroler Gemeinden die Möglichkeit zu geben, gemein­deübergreifend mehr Gelder zu lukrieren. Also es muss nicht unbedingt sein, dass Ballungszentren oder Großstädte mehr profitieren, sondern es wird sehr vom Projekt abhängig sein.

Es ist so oft strapaziert worden, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie so wichtig ist. Mit dem Abgehen von der Planungssicherheit haben Sie aber genau das erschwert. Das heißt, den Gemeinden, die dem Wunsch nachkommen wollen, Beruf und Familie vereinbar zu machen, haben Sie die Planungssicherheit genauso ge­nom­men wie den Kindern, die betroffen sind, und deren Eltern. Und es ist nicht einzusehen, dass da so eine Ungleichheit herrscht. In diesem Sinne denke ich, die Gemeinden, die immer mehr Aufgaben zu erfüllen haben, sollten nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern stärker nach der tatsächlichen Leistung unterstützt werden.

Es war – zugegeben – eine punktuelle Maßnahme, aber es war eine reale Chance, eine modernere und auch gerechtere Gesellschaft zu ermöglichen. Wir bedauern es sehr, dass dieser Paragraf abgeschafft wurde, und das ist auch der Grund dafür, dass wir dieser Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes nicht zustimmen werden. (Bei­fall bei der SPÖ.)

22.36


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Eßl. – Bitte.


22.36.43

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich darf im Folgenden zu ein paar Punkten Stellung nehmen.

Der erste Punkt betrifft die Änderung des Katastrophenfondsgesetzes. Ich begrüße es, dass die stark betroffene Gemeinde Gasen mit 5,2 Millionen Euro bedacht wird; sie wurde in den letzten zwei Jahren vier Mal von Hochwässern überrascht. Ich bedanke mich dafür nicht nur bei den Regierungsmitgliedern, sondern vor allem auch bei unseren steirischen Abgeordneten, die sich massiv dafür eingesetzt haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zweiter Punkt: Ich bedanke mich natürlich auch für die Bedarfsmittelzuweisung an das Bundesland Salzburg. Wir wissen, der Finanzskandal, der damals von den SPÖ-Regierungsmitgliedern im Bundesland Salzburg verursacht worden ist, hat massiven Schaden angerichtet. Nun hilft diese Bundesregierung, und ich darf mich dafür recht, recht herzlich bedanken. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Dritter Punkt: Wir beschließen heute ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung. Es gibt zwar bereits ein Abkommen aus dem Jahre 1969, aber das entspricht nicht mehr den neuesten Entwicklungen im internationalen Steuerrecht. Deshalb ist es notwendig, dass wir heute ein neues Abkommen beschließen, das mittlerweile ja unterzeichnet ist, aber wir haben es eben auch im Parlament zu bekräftigen. Ziele dieses neuen Abkommens sind die Stärkung des Standortes Österreich und der weitere Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen, auch im Hinblick auf den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Groß­britannien sind intensiv, und das wollen wir auch in der Zukunft so fortsetzen und noch intensivieren.

Ich darf noch einmal darauf verweisen, dass es um die Vermeidung der Doppel­besteu­erung und um die Verhinderung der Steuerverkürzung sowie um eine Verbesserung bei der Streitbeilegung und eine Erhöhung der Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen geht.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 231

Es ist ein gutes Abkommen, deshalb: Stimmen Sie diesem Abkommen zu! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.39


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


22.39.14

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zu später Stunde noch einmal ein paar Worte zum Finanzausgleichsgesetz: Es geht um eine Artikel-15a-Vereinbarung – das ist schon mehrfach erwähnt worden – betreffend Elementarpädagogik, Unterstützung des Bundes. Die Ziele, die unser Budgetdienst dazu formuliert hat, sind: die Stärkung elementarer Bildungseinrich­tungen, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Bereitstellung eines bedarfsgerechten ganz­jährigen ganztägigen Betreuungsangebots für Kinder bis zum Schuleintritt, die Verbes­serung der Bildungschancen von Kindern unabhängig von ihrer sozioökonomischen Herkunft durch vorschulische Förderung, die verstärkte frühe sprachliche Förderung.

Das ist das Ziel dieser Vereinbarung. Dieser Vereinbarung ist ein Hickhack mit den Ländern vorhergegangen, vor allem mit den sozialdemokratisch geführten Ländern. Jetzt muss man wissen, die Zuständigkeit für diese Elementarpädagogik, sprich Kin­der­gartenbetreuung oder Kindergartenführung, liegt bei den Gemeinden. Die Frage ist heute auch schon mehrfach gestellt worden, und da bin ich ja ausnahmsweise einmal auch bei Herrn Kollegen Rossmann: Wozu braucht es da die Länder überhaupt? Ich kann es Ihnen sagen, Herr Kollege Rossmann: Die Länder braucht es offensichtlich, weil man mit diesem Geld, das man vom Bund bekommt – und das sind im Jahr circa 140 Millionen Euro –, leider parteipolitisches Kleingeld macht. Und leider ist unser Bundesland mit Herrn Landeshauptmann Kaiser, dem Stellvertreter von Frau Rendi-Wagner, ein Negativbeispiel dafür.

Was macht die SPÖ in Kärnten? – Sie macht mit diesem Geld eine Geldver­teilungs­aktion der Sonderklasse. Da wird – Frau Yildirim hat es erwähnt; deshalb will sie heute dem Gesetz nicht zustimmen – von der SPÖ Kärnten das Gießkannenprinzip ange­wendet. Es wird Geld verteilt, ohne dass es nur einen einzigen Betreuungsplatz oder eine Stunde mehr Kinderbetreuung in Kärnten geben wird. (Abg. Neubauer: Das ist ein Wahnsinn!) Es wird einfach den Eltern der Beitrag direkt übermittelt – völlig egal, wie das Kinderbetreuungsangebot ist. Kärntner Kinder-Stipendium nennt das die SPÖ. Diese Verteilaktion, die in der Vergangenheit gerade von diesen Damen und Herren so kritisiert worden ist, wird jetzt par excellence von der SPÖ in Kärnten umgesetzt.

Wie schon gesagt, die Zuständigkeit für die Kinderbetreuung liegt bei den Gemeinden, das ist ihre Aufgabe. Ich kann Ihnen ein Beispiel aus der Praxis nennen, weil wir 2004 die Kinderbetreuung bei uns in der Gemeinde völlig umgestellt haben, seither einen altersübergreifenden Kindergarten betreiben. Kinder ab eineinhalb Jahren werden aufgenommen, es gibt Nachmittagsbetreuung für Kinder bis 15 Jahre. Und seitdem ist der Kindergarten zu 100 Prozent ausgelastet. Wir betreiben ihn ganztags, wir betreiben ihn das ganze Jahr, wir haben im Sommer nur zwei Wochen geschlossen. Das ist das Angebot, das die Eltern heute brauchen. Das ist auch erwähnt worden: Vor allem im ländlichen Raum brauchen berufstätige Eltern eine ganztägige Kinderbetreuung, und das schon ab einem Alter von eineinhalb Jahren.

Nur: Woher kommt jetzt das Geld dafür? – Über die Förderungen vom Land und die Elternbeiträge bekommen wir circa 50 Prozent dieser Kosten herein. Ein Kinder­betreuungsplatz kostet bei uns rund 5 000 Euro über das Jahr. Und 2 500 Euro finan­ziert zurzeit die Gemeinde.


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Mit diesem Geld, das jetzt in Kärnten verteilt wird, wird kein einziger Betreuungsplatz mehr geschaffen, wird das Betreuungsangebot in den Gemeinden nicht ausgeweitet werden, weil die Gelder mit der Gießkanne verteilt werden. Es ist schade, dass dieses Geld, das der Bund zur Verfügung stellt, so verteilt wird.

Es ist heute schon angesprochen worden, das wäre etwas für eine wirkliche Födera­lismusreform, die man auch sofort angehen möchte. Und ich würde hier als betroffener Bürgermeister und als Nationalrat dem sofort zustimmen, nur muss man endlich einmal die Länder ins Boot bekommen, denn die Länder braucht man in dieser Sache nicht, die kann man herausnehmen. Es wäre ein Leichtes, wie das schon Finanzminister Schelling, jetzt Finanzminister Löger und diese Bundesregierung schon probiert haben, das umzusetzen, nämlich dass man den Gemeinden direkt das Geld zur Verfügung stellt, entsprechend dem Betreuungsangebot, das von der Gemeinde jeweils angeboten wird. Dann hätten wir die Betreuung, die Kinderbetreuung, von der alle reden, die aber leider nicht Realität wird, weil das Geld eben nicht dort ankommt, wo es ankommen muss, nämlich bei den zuständigen Gemeinden. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

22.44


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Lindinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


22.44.23

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Erlauben Sie mir zum Finanzausgleichsgesetz ein paar Worte.

Ich glaube, dass die Vereinbarung, die jetzt zwischen Bund und Ländern getroffen worden ist, eine ganz wichtige und richtige ist, denn es geht um die gesetzliche Grund­lage für die Leistungen an die Länder, an die Gemeinden für die Elementarpädagogik in den nächsten vier Jahren. Und eines ist ganz klar: Diese bringt finanzielle Sicherheit und finanzielle Stabilität für unsere Gemeinden, denn diese Bundesregierung und vor allem diese Regierungsparteien stehen für die beste Betreuung unserer jüngsten Generation in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was die Änderung im Katastrophenfondsgesetz betrifft, kann ich meinen Vorrednern nur Unterstützung geben. Es geht um eine kleine Gemeinde in der Steiermark, die in den letzten Jahren sehr oft von Hochwasserkatastrophen mit massiven Sachschäden betroffen war. Angesichts dieser außergewöhnlichen Belastung kann ich nur sagen: Es ist wichtig und richtig, insgesamt 5,2 Millionen Euro aus den Mitteln des Katastro­phenfonds zur Verfügung zu stellen.

Ich danke allen Initiatoren, die dies mitgetragen haben, und es freut mich ganz be­sonders, dass dieser Antrag auch im Ausschuss einstimmig angenommen wurde. Es geht hier nämlich nicht nur um die Vermeidung von Sachschäden, sondern vor allem um den Schutz der Menschen vor Ort, um den Schutz der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Gasen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Bravoruf des Abg. Wöginger.)

22.45


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Schimanek. – Bitte schön. (Abg. Wöginger: Tiroler Schlusswort!)


22.45.59

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Staats­sekretär! Ja, auch ich möchte noch zum Schluss zum Finanzausgleichsgesetz sprechen,


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denn ich finde es einfach großartig, dass wir bis zum Jahr 2020 fast eine halbe Milliarde Euro in Kinderbetreuungseinrichtungen investieren. Es wird hierbei der Ausbau des Kinderbildungs- und -betreuungsangebots umgesetzt, die frühe sprach­liche Förderung ab vier Jahren, die Verbesserung der Qualität im Hinblick auf den Betreuungsschluss und die Öffnungszeiten. Und das ist ein wichtiger Schritt für die Familien, für die Kinder und auch für die Frauen in Österreich. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wird damit auch sichergestellt, dass an unseren Kindergärten unsere Werte ver­mittelt werden – Bildungsziele, die Gleichstellung von Frau und Mann. Und wir haben auch die Möglichkeit, bei Nichtachtung unserer Werte einzugreifen, eventuell Bildungs­einrichtungen zu schließen oder Förderungen zurückzuverlangen.

Auch ganz wichtig ist es, dass wir das Kopftuchverbot in den Kindergärten hier mitbeschließen. Das ist ein weiterer richtiger Schritt in Richtung Integration und ist notwendig.

Jetzt noch ein Satz zur Streichung der Aufgabenorientierung: Diesem Antrag der NEOS werden wir natürlich nicht zustimmen. Sie haben ja auch in der Begründung schon angegeben, dass diese Arbeitsgruppe, die mit der Konzepterstellung betraut worden ist, leider nichts zustande gebracht hat. Die Streichung des § 15 ist ja gemeinsam mit dem Städtebund und dem Gemeindebund gemacht worden, und es wird auch nicht weniger Geld dafür zur Verfügung gestellt. Deswegen werden wir diesem Antrag auch nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.47

22.48.01


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Herren Berichterstatter noch ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopolgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 428 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabaksteuergesetz 1995 geändert wird, samt Titel und Eingang in 429 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung, 11. Dezember 2018 / Seite 234

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, somit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend IFI-Beitragsgesetz 2018 samt Titel und Eingang in 382 der Beilagen. (Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um etwas mehr Ruhe. – Danke vielmals.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird, samt Titel und Eingang in 368 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig. Somit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert wird, in 370 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Haubner, Ing. Pewny, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Haubner, Ing. Pewny, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Einfügung neuer Ziffern 1 und 2 sowie die sich daraus ergebenden Änderungen der nachfolgenden Ziffernbezeichnungen zum Inhalt hat.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regie­rungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Daher ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „aufgabenorientierter Finanz­ausgleich“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Nicht angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages samt Protokoll in 326 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig. Angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.53.25 Einlauf


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 515/A bis 517/A(E) eingebracht worden sind. (Unruhe im Saal.) – Wir sind noch nicht fertig, meine Damen und Herren, ich bitte um etwas Geduld.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.54 Uhr, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.54.01 Schluss der Sitzung: 22.54 Uhr

 

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