Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 12. und 13. Dezember 2018 / Seite 73

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Ich habe aber den großen Verdacht, dass da ein gewisses System dahintersteckt, dass es im Grunde genommen nur darum geht, bestimmte Themen am Leben zu erhalten, damit man noch sehr, sehr lange und ewig darüber reden kann. Das, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, ist doch sehr typisch für eine Politik, die wir heute in Europa erleben, nämlich eine Politik, die von Politikern getragen wird – meistens sind es Poli­tiker und nicht Politikerinnen –, die verantwortungslos agieren, denen es überhaupt nicht mehr um die Sache geht, denen es überhaupt nicht mehr um ernsthafte Lö­sungen geht, sondern nur darum, in ihrem eigenen Land mit Stimmungsmache zu punkten. (Abg. Neubauer: Das war jetzt diskriminierend! Sexistisch war das!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was war der Brexit denn anderes? – Da ha­ben sich Rechtspopulisten aufgespielt, sich stark gemacht, mit den Ängsten der Men­schen gespielt, haben Milch und Honig versprochen und die haben das Land in eine Krise, in eine Sackgasse geführt. Sie haben einen Scherbenhaufen hinterlassen und haben sich letztlich aus dem Staub gemacht. (Abg. Hauser: Oje!) Ich frage Sie: Wohin sind die ganzen Camerons und Johnsons denn verschwunden? – Ich sehe sie nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Wo ist denn der Kern hingekommen?)

Genauso verantwortungslos wird mit der Flüchtlings- und Migrationsfrage umgegan­gen. Da sehe ich überhaupt keine Bereitschaft, gemeinschaftlich, im Interesse aller, im Interesse aller Staaten vorzugehen, aber das hat natürlich auch einen Grund, denn Na­tionalisten und rechte Parteien in Europa finden es doch viel spannender, von diesem Thema politisch zu profitieren. Ihnen ist es doch lieber, es gibt diese Probleme und die­se Missstände, denn von diesen Problemen lebt nämlich Ihre Politik, ganz nach dem Motto: Gäbe es keine Flüchtlinge, müssten Sie sie erfinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Europäische Union befindet sich heute auch in einer Krise, weil ausschließlich die Interessen von Lobbyisten und Großkonzer­nen im Vordergrund stehen und diese auf den sozialen Zusammenhalt in der Europäi­schen Union pfeifen.

Ich denke, es kann doch nicht sein, dass die Europäische Union dazu dient, dass man einen Wettbewerb nach unten startet. Es kann doch nicht sein, dass sich Staaten ge­genseitig unterbieten, wenn es um die billigsten Arbeitskräfte und um die niedrigsten Sozialstandards geht. So eine Politik führt doch in eine Sackgasse und letztlich zur Zerschlagung unserer sozialstaatlichen Einrichtungen und auch zur Entfremdung der Bürger und Bürgerinnen von der Europäischen Union.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erwarte mir von dieser Bundesregierung, dass sie sich gefälligst dafür einsetzt, dass das Lohn- und Sozialdumping in der Euro­päischen Union abgestellt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ehrlich gesagt: Was soll ich mir aber von einem Bundeskanzler erwarten, für den die sozialen Grundrechte im eigenen Land keine bis wenig Bedeutung haben? Was soll ich mir von jemandem erwarten, der in Wirklichkeit nur von der Industriellenvereinigung und von Großkonzernen gesteuert und finanziert wird? (Abg. Winzig: Ziemlich diskri­minierend!) Dass er sich jetzt plötzlich in Brüssel für die Arbeitnehmer einsetzt, das wird es halt leider nicht spielen. Man hat das ja an der Diskussion rund um die Schaf­fung einer EU-Arbeitsbehörde, die genau die Aufgabe gehabt hätte, darauf zu achten, dass die Löhne in Europa nicht nach unten gedrückt werden, gemerkt, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren!

Ich muss sagen, ich war eigentlich ziemlich perplex, dass sich unsere Regierung, die doch diese Ratspräsidentschaft innehat, im Grunde genommen und vor allem auch am Anfang sehr stark gegen dieses Projekt gestellt hat. Und jetzt kommt eine EU-Arbeits­behörde, die in Wirklichkeit in abgespeckter Form kommt. Das zeigt wieder einmal ei­nes: Im Grunde genommen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundes-


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