Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 12. und 13. Dezember 2018 / Seite 75

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

betreffend Steuervermeidung bekämpfen – Finanztransaktionssteuer und Digitalsteuer abschließen

Begründung

In den vergangenen Jahren haben die Europäische Kommission, der Rat und das EU-Parlament nachhaltige Maßnahmen gesetzt, um Besteuerungslücken durch uner­wünschte Gewinnverschiebungen bzw. Steuervermeidungsmodelle im Anwendungsbe­reich des internationalen Steuerrechts zu schließen. Die traditionellen Steuersysteme knüpfen an die physische Präsenz eines Unternehmens für die Erhebung der Gewinn­steuern an. Durch die digitalen Geschäftsmodelle entsteht eine große Gerechtigkeits­lücke, nicht nur innerhalb der Unternehmensbesteuerung, sondern auch im Vergleich zu der Besteuerung von Arbeitseinkommen, die abgabenrechtlich jedenfalls immer bis auf den letzten Cent erfasst werden.

Ein Aspekt der Steuergerechtigkeit betrifft den finanziellen Beitrag des Finanzsektors zur Behebung der Kosten der zurückliegenden Finanzkrise.

Die Europäische Kommission hat mit Vorschlägen zur Finanztransaktionssteuer und zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft Maßnahmen erarbeitet, die durch die steuer­liche Erfassung der Gewinne von Unternehmen der digitalen Wirtschaft und Transak­tionen von Finanzmarktakteuren, den Steuerbeitrag dieser Branchen auf ein faireres Niveau anheben würden und die Gelegenheit bieten, die Besteuerung von Arbeits­aufkommen zu senken. Es ist daher von dringender Notwendigkeit mithilfe der Finanz­transaktionssteuer und der Digitalsteuer neue Einnahmen für den Unionshaushalt zu lukrieren.

Die Finanztransaktionssteuer hat bereits eine lange Vorlaufzeit und die österreichi­schen Bundesregierungen der letzten Jahre sind immer ein Vorreiter auf diesem Ge­biet gewesen. Während die Europäische Kommission erstmals im Jahr 2011 einen Vorschlag für eine eben solche Finanztransaktionssteuer machte, liefen in Österreich schon im Jahr 2008 die Vorarbeiten und Vorbereitungen für eine europäische Finanz­transaktionssteuer.

Bereits im Jahr 2008 wurde aus diesem Grund das Österreichische Institut für Wirt­schaftsforschung mit einer Studie zum Thema Finanztransaktionssteuer beauftragt.

In einem Entschließungsantrag zur „Einführung einer Finanztransaktionssteuer“ (50/UEA) hatten sich alle Fraktionen am 10.12.2008 dafür ausgesprochen, dass sich die Bundes­regierung für eine allgemeine FTT auf EU- und internationaler Ebene einsetzen soll.

Unter den ehemaligen ÖVP-Finanzministern Pröll, Fekter, Spindelegger und Schelling wurde zuerst eine EU-weite Finanztransaktionssteuer weiterverfolgt und auch, als die­se aussichtslos erschien, im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit eines Teils der Mitgliedstaaten weiterhin an einer Finanztransaktionssteuer gearbeitet.

Nun ist gerade unter der österreichischen Vorsitzführung das langjährige Projekt der Finanztransaktionssteuer de facto beendet worden.

Auch bei der Digitalsteuer hat es jüngst unter der österreichischen Vorsitzführung nicht mal zu einer Einigung auf einen deutsch-französischen Kompromiss gereicht, und das obwohl dieses Vorhaben laut der Bundesregierung von sehr hoher Priorität war. Die Bundesregierung hat im Programm des österreichischen Ratsvorsitzes festgeschrie­ben, dass die öffentlichen Haushalte vor schädlichem Steuerwettbewerb und Steuer­vermeidung geschützt werden müssen, und die begonnenen Arbeiten der EU zur Be­steuerung der digitalen Wirtschaft unter österreichischem Ratsvorsitz vorangetrieben werden sollen, um Gewinne dort zu besteuern, wo sie anfallen.

 


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite