Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 13. Dezember 2018 / Seite 206

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18.14.58

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mich dafür bedanken, dass dieser Antrag eingebracht worden ist und dass darauf hingewiesen wurde – unter anderem von Herrn Abgeordnetem Troch –, dass wie gesagt ein Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2008 vorliegt, der bis zum Jahr 2011 hätte umgesetzt werden sollen.

Es gibt mehrere Rahmenbeschlüsse in dem Zusammenhang, unter anderem auch zum Europäischen Haftbefehl, gleichzeitig auch zur Vollstreckung von Freiheitsstrafen. Es gibt natürlich in dem Zusammenhang auch Rechtsinstrumente seitens des Europa­rates, die vorsehen, dass man sehr wohl Überstellungen von Häftlingen in den Heimat­staat durchführt.

Leider ist die Problematik – da es angesprochen worden ist: 2008 bis 2011 umsetzen ‑, dass in letzter Zeit das Vertrauen in einzelne Staaten verloren gegangen ist. Dies wurde dadurch bewirkt, dass Justizreformen durchgeführt worden sind beziehungs­weise dass in den einzelnen Ländern die Rechtsvorschriften nicht so umgesetzt wurden, wie man das erwartet hätte, beziehungsweise dass auch in EU-Staaten immer noch Probleme in Blickrichtung der Umsetzung der EMRK, der Europäischen Men­schenrechtskonvention, bestehen.

Nicht zuletzt hat vor Kurzem auch der EuGH in einem irischen Vorabentschei­dungs­verfahren festgehalten, dass die Unabhängigkeit eines gesamten mitgliedstaatlichen Justizsystems gänzlich infrage gestellt ist, indem ausgeführt wurde: Im Fall von systematischen oder allgemeinen Mängeln besteht im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Justiz eine begründete Gefahr der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren, sodass Überstellungen auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls nicht mehr möglich sind.

Das heißt, wir sehen die Problematik, dass wir derzeit – wenn man jetzt die öster­reichische Sicht hernimmt – mehr als 9 000 Häftlinge in unseren Haftanstalten zählen, davon über 54 Prozent, das heißt mehr als 4 800, ausländische Straftäter, und Prob­leme haben, diese rückzuführen oder in ihre Heimatländer zu überstellen. Letzteres wäre der Resozialisierung der Straftäter sehr dienlich, auf der anderen Seite könnten wir dem Steuerzahler dadurch Geldmittel ersparen.

Wir können das nicht tun, weil diesbezüglich die EMRK-Standards und damit das Vertrauen in gewisse Länder, was die Rechtsstaatlichkeit betrifft, nicht vorliegen. Deshalb ist es ein Anliegen, das nicht nur den einzelnen Staat beziehungsweise in dem Fall den Staat mit der Kommission betrifft; es ist ein Anliegen der Staaten unter­einander und der Kommission, dass wir die nötigen Rahmenvoraussetzungen dafür schaffen.

Das war auch der Grund – das hat Herr Abgeordneter Troch angesprochen –, weshalb wir das Thema Rechtsstaatlichkeit zum Kern, zum Themenschwerpunkt der Ratspräsi­dentschaft gemacht haben und ich ein Rechtsstaatlichkeitsprojekt in die Wege geleitet habe. Dieses Rechtsstaatlichkeitsprojekt hat mich bis zum letzten Justiz- und Innen­ministerrat verfolgt, wo einstimmig von allen 28 Mitgliedstaaten Schlussfolgerungen verabschiedet worden sind, die konkrete Maßnahmen vorsehen, dahin gehend, was wir tun können, um das Vertrauen wiederherzustellen, denn Vertrauen ist die Grund­lage für gegenseitige Anerkennung und die Grundlage für Europa als Raum von Freiheit, Sicherheit und Recht. Es ist ein Meilenstein in diese Richtung, den wir in die Wege geleitet haben. Wir werden dieses Thema auch vorantreiben, weil es für das Funktionieren Europas insofern wichtig ist, als dass Urteile und Entscheidungen auch von anderen Staaten innerhalb der Mitgliedstaaten tatsächlich anerkannt werden. Das treiben wir voran.

 


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