Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung, 30. Jänner 2019 / Seite 52

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parlamentswahl eine Richtungswahl ist. (Beifall bei den NEOS.) Sie ist eine Richtungs­wahl zwischen Nationalismus und Europäischer Union, sie ist eine Richtungswahl zwischen Blockade und Handlungsfähigkeit, aber sie ist sicherlich keine Richtungswahl zwischen Brexit und Vereinigten Staaten von Europa. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie ist keine Richtungswahl zwischen Brexit und Neugründung der Europäischen Union. Ich verstehe nicht, warum Sie den Bürgerinnen und Bürgern so wenig an Erneu­erungskraft und Durchsetzung der Europäischen Union zutrauen. Ich plädiere für mehr europäisches Selbstwertgefühl, mehr Selbstbewusstsein und mehr Ehrlichkeit im Umgang mit der Europäischen Union.

Ich war über den Titel der heutigen Aktuellen Europastunde sehr verwundert, denn kein Mensch glaubt, dass die Ursache des Brexits zu 100 Prozent die Europäische Union ist, und kein Mensch glaubt, dass die Antwort auf den Brexit die Vereinigten Staaten von Europa sind. (Abg. Scherak: Das „kein Mensch“ kann nicht stimmen, weil ich ein Mensch bin!) Ich will keine amerikanischen Verhältnisse in Europa, daher halte ich die Forderung nach Vereinigten Staaten von Europa für in die Irre führend und bestenfalls für eine Themenverfehlung. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich will trotz aller Schwächen, Probleme, Fehlentwicklungen, Herausforderungen, Sor­gen innerhalb der Europäischen Union die Europäische Union nicht weglegen, able­gen, stilllegen, zerstören oder neu gründen. Wir wollen die Europäische Union weiter­entwickeln, besser machen, zu einem Global Player machen, handlungsfähiger, demokratischer, effizienter und bürgernäher, und das mit möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Herr Bundespräsident hat in seiner Neujahrsansprache sehr deutlich gesagt, „das vereinte Europa“ – und er meinte damit die Zusammenarbeit innerhalb der Euro­päischen Union – „ist die beste Idee, die wir je hatten.“ – Wenn es die beste Idee ist, die wir je hatten, und wenn wir uns einig sind, dass die Europäische Union nicht fertig ist, dann sollten wir sie aber gleichzeitig nicht neu gründen wollen, weil wir nicht vergessen dürfen, dass das Friedensprojekt Europäische Union erfolgreich ist. Wir haben die längste Friedensperiode in und zwischen den Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union, und das hat einen hohen Wert. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Idee Europa Rücksichtnahme aufeinander be­deutet, Verständnis füreinander, miteinander reden, handeln, entscheiden, statt aufei­nander zu schießen, dass sie unsere Antwort auf Krieg, Holocaust, Nationalismus, Ausländerfeindlichkeit, Hass und Zwietracht ist. Diese Idee muss nicht neu gegründet, diese Idee muss von uns allen gelebt werden, wenn wir die Europäische Union weiterbringen wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir sollten auch nicht vergessen, dass die vier Freiheiten, die Grundrechtecharta, der Binnenmarkt das Ziel haben, aus allen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern gleich­berechtigte Bürgerinnen und Bürger Europas mit gemeinsamen Rechten und Pflichten zu machen.

Meine Damen und Herren! Vergessen wir nicht, dass der Fall des Eisernen Vorhangs und der Berliner Mauer die EU zum politischen Projekt der Überwindung der gewalt­samen Teilung Europas gemacht hat! Vergessen wir nicht, dass alle großen Fragen, die wir heute diskutieren, nur im Miteinander grenzüberschreitend und nicht durch eine Neugründung gelöst werden können!

Ich sage zum Schluss: Glaubt jemand hier herinnen angesichts der Salvinis, der Rechtsverletzungen in mehreren Mitgliedstaaten, der Entwicklung des Nationalismus in Europa, dass wir heute eine Mehrheit für das hätten, was unsere Gründerväter einst


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