Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Minis­ter! Nun haben Sie im Mittelstandsbericht explizit darauf hingewiesen, dass der Fach­kräftemangel eine der zentralen Herausforderungen ist und dass Sie dem auch mit einer Lehrlingsinitiative entgegenwirken wollen. Im September 2018 ist ja sozusagen ein Verbot erlassen worden, AsylwerberInnen eine Lehre beginnen zu lassen. Für wie zieldienlich halten Sie es, sie – wenn sie schon im Land sind – nicht eine Lehre begin­nen zu lassen?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 92/M, hat folgenden Wortlaut:

„Im Vorwort des aktuell vorliegenden Mittelstandsberichtes weisen Sie auf den akuten Fachkräftemangel als zentrale Herausforderung hin und betonen dem Rückgang der Lehrlingszahlen entgegenwirken zu wollen. Inwiefern sind das am 12.09.2018 erlas­sene Verbot für Asylwerbende, eine Lehre in Mangelberufen zu beginnen, und die Ab­schiebung von Lehrlingen dabei zieldienlich?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Danke für Ihre Frage. – Ich stelle fest, dass es eine große Lobby in Ös­terreich für jene 1 000 Asylwerber gibt, die in einer Lehre sind. Leider gibt es kaum Für­sprecher für die 30 000 Asylberechtigten, die beim AMS gemeldet sind und hier sind, die wir zuerst in Beschäftigung bringen müssen. Wir haben uns daher als Regierung sehr intensiv beraten; wir wollen uns auf jene jungen Menschen und jene Menschen konzentrieren, die hier sind. Es sind – noch einmal – 30 000, die nicht in Beschäftigung sind, die hierbleiben dürfen und asylberechtigt sind, versus 1 000 Asylwerber, von de­nen ein Teil hierbleiben darf und ein anderer Teil eventuell nicht hierbleiben darf.

Ich möchte auch noch einmal genau hinschauen, wie sich diese 30 000 zusammenset­zen: Es sind 10 000 unter 25-Jährige, denen wir besonders eine Zukunft geben müs­sen. Wir müssen Ihnen eine Zukunft geben und müssen darauf achten, dass sie einen Job finden, egal, ob im Tourismus oder in anderen Bereichen. Deshalb haben wir die Jobbörse in Wien veranstaltet, wo wir Asylberechtigte und Firmen zusammenbringen. Die nächsten Jobbörsen sind am 9. Mai in Oberösterreich und danach auch in der Stei­ermark.

Die Lehrlingszahlen steigen generell, das ist ein gutes Zeichen. Das ist auch eine Mög­lichkeit, genau jene Asylberechtigten in Beschäftigung zu bringen. Darauf liegt unser Fokus. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schellhorn, bitte.

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Minister! Das ist nicht neu, denn wir hatten ja schon vor 2015 zum Beispiel Bezirke, in denen es über 300 offene Lehrstel­len und nur unter 20 Lehrstellensuchende gab. Das erwähne ich immer wieder auch gerne von meinem Heimatbezirk Bischofshofen.

Meine Frage war natürlich klar darauf abgezielt – und es wird Sie jetzt nicht überra­schen, dass ich eine logistische Frage dazu habe –: Wer schreibt Ihre Antworten? Das Kabinett oder die ÖVP? (Beifall bei den NEOS. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Ich verstehe Ihre Frage nicht. Können Sie sie bitte erklären? (Heiterkeit bei den NEOS.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Aber Sie wissen doch, dass es vor allem die Unternehmerinnen und Unternehmer schon über fünf Jahre hinweg beschäftigt, dass wir einen massiven Fachkräftemangel haben. Ich präzisiere es noch einmal: Der Wirt­schaftskammerpräsident hat letzten Sommer noch nichts von einem Fachkräftemangel gewusst und wird dahin gehend jetzt vor allem mit jenen Menschen umgehen müssen, die in diesem Land sind, die von Abschiebung bedroht sind, die auch einen Lehre ma­chen, weil sie sich integrieren wollen. Darum glaube ich, dass Ihre Antwort ideologisch und einer Wirtschaftsministerin nicht dienlich ist. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Jetzt verstehe ich Ihre Frage, danke. (Abg. Schellhorn: Ich habe es präzisiert!) Es geht um den Fachkräftebedarf in Österreich. Betreffend den Fachkräfte­bedarf in Österreich gibt es ganz verschiedene Möglichkeiten, das hat oberste Priorität für mich.

Sie wissen ja, ich habe 22 Jahre Erfahrung in der Wirtschaft, also ich kann meine Ant­worten sehr gut selber schreiben und auch selber antworten. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei der FPÖ.)

Aus meiner Erfahrung als CEO und nicht nur als Politikerin weiß ich, dass man da ver­schiedenste Ansätze haben muss. Man muss zum Beispiel wissen, dass wir 8 000 jun­ge Menschen in der überbetrieblichen Ausbildung haben, die eben nicht in Betrieben arbeiten. Es ist so, dass sehr viele schon viel früher auch in den Betrieben, wie in Ihrem Betrieb, arbeiten könnten; deshalb haben wir da einen Fokus auf die Charta Wir geben Zukunft gelegt, um jene überbetrieblichen Lehrlinge rascher in die Betriebe zu holen.

Wir haben 8 000 Leute da, wir haben 10 000 junge Menschen unter 25, also 18 000 jun­ge Menschen in Österreich, die nicht arbeiten. Ich habe eigene Programme, mit denen ich sie dabei unterstütze, dass sie diese Kluft überwinden können, dass sie integriert werden, mit Sprachkursen und so weiter. Also es ist wichtig, dass wir uns auf diese 18 000 konzentrieren und nicht immer so tun, als gäbe es diese nicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Margreiter, bitte.

Abgeordnete Doris Margreiter (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Auch ich möchte noch einmal auf die Asylwerbenden zu sprechen kommen, denn wenn es auch nur 1 000 Menschen sind, so sind es 1 000 wichtige Personen. (Rufe und Gegenrufe zwi­schen den Abgeordneten Schellhorn und Höbart. – Präsident Sobotka gibt das Glo­ckenzeichen.) Im Februar 2019 veröffentlichten Universitätsprofessor Dr. Dr.h.c.mult. Fried­rich Schneider und Dr. Elisabeth Dreer, MSc eine Studie über die Kosten und Nutzen von Asylwerbenden in Lehre. Wenn Asylwerbende, die sich in Lehre befinden, abge­schoben werden, sind die für die Ausbildung anfallenden Kosten verloren und die zukünftige Wertschöpfung dieser Fachkräfte entfällt.

Zahlreiche Parteifreunde von Ihnen, zum Beispiel auch Ihr Amtsvorgänger Mitterlehner, haben sich gegen die Abschiebung von Lehrlingen ausgesprochen. Warum haben Sie, Frau Ministerin, entgegen medialen Ankündigungen die Abschiebung von Lehrlingen nicht gestoppt?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Danke für Ihre Frage. – Ich habe damals sehr deutlich gesagt, dass wir prüfen werden, wie die rechtliche Lage ist. Nach einer sehr gründlichen Prüfung, die wir als gesamte Regierung getätigt haben, haben wir festgestellt, wir konzentrieren uns auf jene, die hierbleiben dürfen.

Ich wiederhole noch einmal: Es sind 30 000 Asylberechtigte, die nicht beschäftigt sind, die hier sind; auf diese werden wir uns konzentrieren. Und auch auf jene 8 000 jungen Menschen, die in einer überbetrieblichen Lehre sind, von denen viele vielleicht schon in Betrieben arbeiten möchten, es aber nicht können, weil sie zum Beispiel noch keinen Praktikumsplatz haben.

Wir legen den Fokus hierauf, und ich würde mir – ich kann es nur wiederholen – wün­schen, dass jene, die hierbleiben dürfen, genauso eine Lobby hätten wie die 1 000 Asyl­werber, die noch keinen positiven Bescheid haben.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Martina Kaufmann. – Bitte.

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Guten Morgen, Frau Ministerin, auch von meiner Seite! Auch wenn es Herr Kollege Schellhorn und Frau Margreiter nicht verstehen: Mir als Unternehmerin ist es sehr, sehr wichtig, dass wir die Asylbe­rechtigten in die Unternehmen bringen, und zwar weil wir sie langfristig auch in unse­ren Unternehmen ausbilden und so aufbauen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sie haben es schon angesprochen: Die nächsten Jobbörsen nach dem Start im Jänner in Wien werden in Oberösterreich und auch in meinem Heimatbundesland, in der Stei­ermark stattfinden.

Welche zusätzlichen Maßnahmen wird es geben, um auch die Unternehmen dabei zu unterstützen, gewisse Barrieren zu überwinden, um asylberechtigte Jugendliche in die Unternehmen zu bringen und dort auszubilden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Danke für Ihre Frage. – Wir haben festgestellt, dass die jungen Men­schen, vor allem jene 10 000, die hier sind, oft nicht wissen, wie sie Zugang zum Ar­beitsmarkt bekommen. Sie werden gut vom AMS unterstützt, aber wir wollen da noch zusätzliche Maßnahmen setzen. Bei diesen Jobbörsen werden Win-win-win-Situa­tionen hergestellt – sowohl für die Menschen, die sich bewerben und für die es gut ist, jeden Bewerbungsprozess zu durchlaufen; für die Unternehmen, die plötzlich auch viel mehr Zugangsmöglichkeiten erkennen und die Chancen erkennen; und natürlich auch für uns als Republik und für die Steuerzahler, weil hier eindeutig eingespart wird.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 5. Anfrage stellt Herr Abgeordneter Ross­mann. – Bitte.