18.48

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, meine Vorredner und auch Herr Minister Reichhardt haben eigentlich schon die wesentlichen Punkte der Novelle angesprochen.

Wenn ich daran denke, mich in die Situation eines Unfallopfers versetze, das vielleicht auf der Autobahn in einem Wagen eingeklemmt ist und zu dem die Einsatzfahrzeuge und die Rettung nicht durchdringen können, weil eben keine Rettungsgasse gebildet wurde oder diese verstopft ist, dann muss ich sagen, dass das mit Sicherheit ein schwerer Verstoß gegen die Verkehrsordnung ist und zu Recht als Vormerkdelikt zu werten ist.

Auch an die emotionale Debatte um den elektronischen Abbiegeassistenten kann ich mich noch sehr gut erinnern. Im Zuge dieser Debatte wurde auch in Aussicht gestellt, dass Maßnahmen getroffen werden, um eben solche Unfälle, die darauf zurückzu­führen sind, dass man einen anderen Verkehrsteilnehmer nicht wahrnehmen kann, zu vermeiden. Jetzt gibt es für die Behörden die Möglichkeit, durch Verordnung festzu­legen, dass an bestimmten Straßenstellen in Ortsgebieten oder in Teilen von Orts­gebieten eben nicht abgebogen werden darf.

Ein Problem, das ständig im Zunehmen ist und einer Lösung bedarf, sind aber auch die Drogen im Straßenverkehr, meine Damen und Herren. Drogenmissbrauch hat im Straßenverkehr nichts verloren. Das Lenken in einem durch Drogen beeinträchtigten Zustand stellt nämlich ein erhebliches und auch statistisch nachweisbares Unfallrisiko dar, und das gilt es zu verhindern.

Es ist nämlich so, dass im Jahr 2018 über 3 000 Fahrzeuglenker zur Anzeige gebracht wurden, weil sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden haben. In der Hälfte dieser Verfahren haben die Behörden Fahruntauglichkeit festge­stellt. In einer sogenannten Dunkelzifferstudie vermutet das Kuratorium für Verkehrs­sicherheit, dass sich unter vier Fahrzeuglenkern ein Drogenlenker befindet. Das ist alarmierend und erschreckend, und deswegen brauchen wir Maßnahmen dagegen. Eine Maßnahme soll sein, die Kontrolltätigkeit der Polizei zu erhöhen. Wir brauchen besonders geschulte Organe, die auch in der Lage sind, die Fahrtüchtigkeit festzu­stellen. In diesem Zusammenhang wurde bereits im April dieses Jahres ein Ministerial­entwurf zur Diskussion gestellt, der einerseits aufzeigt, dass es nicht ausreicht, nur mehr zu kontrollieren, sondern dass auch legistische Maßnahmen notwendig sind. Ich möchte nur beispielhaft ein oder zwei davon herausnehmen.

Zum einen einmal ist der Begriff Suchtgift zu eng gefasst. Er müsste im Zuge einer Änderung der Gesetzeslage auf Suchtmittel erweitert werden, um auch den Konsum von psychotropen Substanzen einbeziehen zu können. Das heißt, dass auch jene Fahrzeuglenker, die dadurch fahruntauglich sind, nicht mehr fahren dürfen und auch zur Verantwortung gezogen werden können. Es müsste auch eine rechtliche Lösung dahin gehend gefunden werden, dass man so wie zum Beispiel bei der Verweigerung eines Alkotests auch dann, wenn durch eine Blutuntersuchung festgestellt wurde, dass Suchtmittel im Spiel waren, annehmen kann und unwiderleglich festgestellt wird, also eine sogenannte unwiderlegliche Rechtsvermutung gilt, dass diese Person beein­träch­tigt ist.

Das sollte gleichzeitig auch dazu führen, dass man die Höhe der Strafe an jene des Deliktes schwerer Alkoholisierung anpasst, dass man davon ausgeht, dass für diese Fahrzeuglenker der Strafrahmen wie bei 1,6 Promille Blutalkoholgehalt anzuwenden ist.

Bei dieser Begutachtung ist allerdings eines zutage getreten: Experten haben festge­stellt, dass eine Abgrenzung zwischen verbotenen und anderen Substanzen – zum Beispiel wenn jemand in ärztlicher Behandlung ist und Medikamente auf Verordnung eingenommen werden, die nicht unbedingt zu einer Fahruntüchtigkeit führen müssen – berücksichtigt werden muss. Wir wollen nicht Menschen, die zwar krank sind, aber nicht alkoholisiert oder beeinträchtigt fahren, sozusagen unter Generalverdacht stellen. Was wir aber brauchen, ist, dass es endlich praxistaugliche Vorschläge gibt, die von Experten, zum Beispiel von der Ärztekammer, erarbeitet werden, und dass diese dann in eine Regierungsvorlage eingearbeitet werden.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Aus diesem Grund bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Weiterentwicklung der durch den Ministerialentwurf 144/ME vor­geschla­genen Bestimmungen zur Sicherstellung eines effektiven Einschreitens gegen Lenkerinnen und Lenker, die sich auf Grund von verbotenem Suchtgiftkonsum in einem fahruntauglichen Zustand befinden“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Inneres werden ersucht, die im Ministerialentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (32. StVO-Novelle) und das Führerschein­ge­setz geändert werden (144/ME), vorgeschlagenen Bestimmungen zur Sicherstellung eines effektiven Einschreitens gegen Lenkerinnen und Lenker, die sich aufgrund von verbotenem Suchtgiftkonsum in einem fahruntauglichen Zustand befinden, im Sinne der in der Begründung erläuterten Präzisierung unter Einbeziehung von Experten (z.B. Österreichische Ärztekammer) weiterzuentwickeln und dem Nationalrat als Regie­rungs­vorlage zu übermitteln.“

*****

Kolleginnen und Kollegen! Sie sehen, dass das ein offenes Problem ist, das einer Lösung bedarf. Ich bitte Sie auch in diesem Fall um breite Zustimmung, damit es wieder ein Mehr an Sicherheit auf Österreichs Straßen gibt. Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Hafenecker, Andreas Ottenschläger

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Weiterentwicklung der durch den Ministerialentwurf 144/ME vorgeschla­ge­nen Bestimmungen zur Sicherstellung eines effektiven Einschreitens gegen Lenkerin­nen und Lenker, die sich auf Grund von verbotenem Suchtgiftkonsum in einem fahr­untauglichen Zustand befinden

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 29.) Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 915/A der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Alois Stöger, diplômé, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (32. StVO-Novelle) (637 d.B.)

Drogenmissbrauch hat im Straßenverkehr nichts verloren. Das Lenken in einem durch Drogen beeinträchtigten Zustand stellt ein erhebliches, statistisch erwiesenes Unfall­risiko in Österreich dar.

2018 wurden gegen 3.011 Lenker Anzeige wegen des Verdachtes des Lenkens von Fahrzeugen in einem durch Suchtgift beeinträchtigtem Zustand an die Behörden er­stattet. Für etwa die Hälfte der Anzeigen waren die Verfahren von Bezirksver­wal­tungsbehörden zu führen. Gerade in diesen Bereichen mangelt es an der Verfüg-barkeit von Ärzten. Eine Dunkelzifferstudie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) geht sogar davon aus, dass auf vier Alkolenker ein Drogenlenker kommt.

Die Kontrolltätigkeit muss verbreitert und die Vollziehung effizienter und treffsicherer als bisher gestaltet werden. In diesen Bereichen sollte daher die Verkehrsüberwachung im Rahmen von Schwerpunkten mit besonders geschulten und ermächtigten Organen der Bundespolizei verstärkt werden.

Mit dem Ministerialentwurf 144/ME betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßen­verkehrsordnung 1960 (32. StVO-Novelle) und das Führerscheingesetz geändert wer­den, wurde am 30. April 2019 ein wichtiges und richtiges Vorhaben im Zuge eines Begutachtungsverfahrens zur Diskussion gestellt, das unter anderem folgenden Inhalt hatte:

- Erweiterung des Tatbestands auf den Begriff Suchtmittel, um Beeinträchtigungen auf Grund des Konsums von psychotropen Stoffen ebenfalls dem Regime der besonderen Sicherungsmaßnahmen wegen Beeinträchtigung von Lenkerinnen/Lenkern von Fahr­zeu­gen zu unterstellen.

- Hat eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit durch besonders geschulte und hierzu ermächtigte Organe der Bundespolizei wegen des Verdachts des Lenkens in einem durch Suchtmittel beeinträchtigtem Zustand die Fahruntüchtigkeit ergeben und die Blutuntersuchung das Vorliegen von illegal konsumiertem Suchtmittel im Blut bestätigt, soll die unwiderlegliche Rechtsvermutung (praesumptio iuris et de iure) der Beein­trächtigung durch Suchtmittel gelten.

- Schaffung einer speziellen Rechtsgrundlage für besonders geschulte und dazu er­mächtigte Organe der Bundespolizei zur Überprüfung der Fahrtüchtigkeit von Per­sonen, die in Verdacht stehen in einem durch Suchtmittel beeinträchtigtem Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben.

- Ansiedlung des Tatbestands des Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Sucht­mittel beeinträchtigtem Zustand auf dem Level der Strafdrohung des Delikts für Beeinträchtigung durch Alkohol mit einem Alkoholgehalt von 1,6 Promille oder aus generalpräventiven Gründen.

Im Begutachtungsverfahren wurde die vorgesehenen Regelungen von Expertenseite oft als zu unpräzise erachtet, da etliche Substanzen mitumfasst würden, die als zuge­las­sene Arzneimittel über eine ärztliche Verordnung in Apotheken erlangt bzw. einge­nommen werden können, ohne notwendigerweise die Fahrtüchtigkeit zu beeinflussen. Daher wurde vielerseits befürchtet, dass Lenkerinnen und Lenker bzw. Patientinnen und Patienten hier z.B. im Rahmen eines Planquadrats ungerechtfertigt kriminalisiert und unter Generalverdacht gestellt werden.

Es sollte eine scharfe und verlässliche Abgrenzung zwischen illegalen und legalen (etwa im Rahmen einer medizinischen Therapie verschriebenen oder eingenommenen) Suchtmitteln getroffen und weitere Konkretisierungen vorgenommen wer-den, um das Risiko von Fehlbeurteilungen zu verringern. Als mögliche gesetzliche Ergänzung wurde etwa vonseiten der Ärztekammer die Festlegung und Verankerung von sogenannten ,,Cut off-Werten" vorgeschlagen.

Eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich der Beeinträchtigung durch Drogen im Straßenverkehr und der damit verbundenen Rechtsfolgen sollte weiterverfolgt werden. Vielmehr sollten die betroffenen Ressorts und Experten wie etwa der Ärztekammer Grenzwerte festlegen, um zu vermeiden, dass Patienten krimi­nalisiert werden.

Ziel ist die Entwicklung eines von Experten getragenen, praxistauglichen Vorschlags, der die Chance hat, im Nationalrat die erforderliche 2/3 Mehrheit zu erhalten.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Inneres werden ersucht, die im Ministerialentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (32. StVO-Novelle) und das Führerschein­gesetz geändert werden (144/ME), vorgeschlagenen Bestimmungen zur Sicherstellung eines effektiven Einschreitens gegen Lenkerinnen und Lenker, die sich auf Grund von verbotenem Suchtgiftkonsum in einem fahruntauglichen Zu-stand befinden, im Sinne der in der Begründung erläuterten Präzisierung unter Einbeziehung von Experten (z.B. Österreichische Ärztekammer) weiterzuentwicklen und dem Nationalrat als Regie­rungsvorlage zu übermitteln.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Franz Eßl ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.