23.15
Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Es sind mehrere Punkte, zu denen ich Stellung nehmen möchte.
Der erste Punkt ist der Antrag 945/A(E) der Freiheitlichen Partei betreffend „mehr Tierschutz im Bereich Lebendtiertransporte“. Dieser Antrag erweckt den Anschein, als ob jeder Tiertransport automatisch mit Tierleid verbunden wäre, was ein schiefes Licht auf die Bäuerinnen und Bauern wirft. Nein, denn es kommt darauf an, wie transportiert wird, und nicht darauf, ob transportiert wird. Kollege Kühberger wird noch genauer auf diesen Antrag eingehen.
Der zweite Punkt bezieht sich auf den freiheitlichen Antrag betreffend „Verbot der Tötung von männlichen Eintagsküken“. Ein solches Verbot würde lediglich bewirken, dass in Zukunft alle Küken für die Geflügelhaltung aus dem Ausland kommen. Wir werden dafür eine praxistaugliche Verbesserung vorschlagen.
Ich bringe daher folgenden Antrag ein:
Gesamtändernder Abänderungsantrag
der Abgeordneten Eßl, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Riemer, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot der Tötung von männlichen Eintagsküken“
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage betreffend ein Verbot des Lebendschredderns von männlichen Eintagsküken vorzulegen.“
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Ziel bleibt es, dass ein Verfahren entwickelt wird, bei dem das Geschlecht der Küken bereits im Ei mit Sicherheit festgestellt werden kann – dann sind wir wirklich einen riesengroßen Schritt weiter.
Dritter Punkt: Wir wollen auch eine Verbesserung in der Putenhaltung. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Eßl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verbindliche Besatzdichtenbestimmungen für die Putenmast auf EU-Ebene“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene für verbindliche, EU-weit einheitliche Besatzdichtenbestimmungen in der Putenmast, die dem österreichischen Standard entsprechen, einzusetzen.“
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Ich glaube, das ist notwendig. Die österreichischen Geflügelhalter leiden unter den unterschiedlichen Vorschriften und Produktionsbedingungen in der Europäischen Union. Wenn wir wollen, dass Geflügel auch in der Zukunft aus Österreich kommt, dann müssen wir diesem Antrag zustimmen und schauen, dass europaweit Änderungen stattfinden.
Vierter Punkt: Die FPÖ hat einen Entschließungsantrag betreffend „Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration“ eingebracht, der da lautet: „Die Bundesregierung wird – unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der österreichischen Landwirte – ersucht, Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration auszuarbeiten und dem Nationalrat vorzuschlagen.“
Da stellt sich für mich natürlich die Frage, was berechtigte Interessen der Bäuerinnen und Bauern sind. Da wir heute vonseiten der FPÖ erlebt haben, dass sie dafür gestimmt hat, dass ungestraft in Ställe eingedrungen werden darf, befürchte ich natürlich hinsichtlich der Auslegung dieses Passus Schlimmes für die Zukunft.
Hand aufs Herz, Herr Kollege Riemer: Nach Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration wird unter Einbindung von Experten und Praktikern eigentlich schon lange Zeit geforscht, und das wird auch weiterhin mit Nachdruck geschehen. Deshalb halte ich diesen Antrag für nicht notwendig.
Abschließend möchte ich noch feststellen, dass wir heute bei diesem Tagesordnungspunkt sehr viel über die landwirtschaftliche Tierhaltung reden, weswegen ich schon festhalten möchte: Die ÖVP will, dass es den Tieren gut geht. Das spreche ich auch den anderen Parteien nicht ab, aber die ÖVP ist die einzige Partei, die auch will, dass es den Tierhaltern, in diesem Fall den Bäuerinnen und Bauern, gut geht. (Beifall bei der ÖVP.)
Von der SPÖ wissen wir, dass sie darauf keinen großen Wert legt. Leider hat heute auch die FPÖ klar zum Ausdruck gebracht, dass ihr die Bäuerinnen und Bauern ziemlich egal sind. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)
Deshalb gibt es eigentlich nur eine Antwort: Am Sonntag Kurz-ÖVP wählen gehen. (Beifall bei der ÖVP.)
23.20
Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:
Gesamtändernder Abänderungsantrag
der Abgeordneten Eßl, Kolleginnen und Kollegen,
betreffend dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Riemer, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Tötung von männlichen Eintagsküken (946/A(E))
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Riemer, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Tötung von männlichen Eintagsküken (946/A(E)) lautet zur Gänze wie folgt:
Österreich ist ein Musterland in Sachen Tierschutz. Strengste gesetzliche Bestimmungen sichern das Wohl der in unserem Land gehaltenen Tiere. Die heimischen Bäuerinnen und Bauern bewirtschaften ihre Betriebe unter hohen agrarischen Standards, besonders auch jene, die in der Geflügelbranche verankert sind. Die Landwirte sind bereit, sich im Bereich des Tierschutzes weiter zu verbessern, jedoch unter der Voraussetzung der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und des Vorliegens leistbarer und praxistauglicher Produktionsverfahren. Die Tötung männlicher Küken etwa ist ein anschauliches Beispiel, wie schwierig die Entwicklung solch adäquater und tauglicher Verfahren ist. Für die Umsetzung der nationalen Programme zur Salmonellenbekämpfung ist es aber notwendig die der Jung- und Legehennenhaltung vorgelagerten Stufen der Elterntierhaltung und der Brütereien in Österreich zu erhalten. Durch die Betreuungsmaßnahmen des österreichischen Geflügelgesundheitsdienstes QGV, auf allen Produktionsstufen, besonders aber von der Elterntierhaltung zur Bruteierproduktion, gehören österreichische Konsumeier aus Sicht der Lebensmittelsicherheit nachweislich zu den EU weit sichersten Eiern.
Der österreichischen Geflügelwirtschaft ist bewusst, dass die Tötung von männlichen Küken aus tier-ethischer Sicht ein ernst zu nehmendes Problem darstellt und deshalb Konsumenten besorgt sind. Die Wissenschaft arbeitet bereits seit einiger Zeit an Lösungen, etwa um das Geschlecht im Ei zu identifizieren, bevor ein Küken entsteht. Ein mögliches Verfahren beruht auf der Spektroskopie, ein anderes auf der Bestimmung von Hormonen. Die Branche forscht international nach praxistauglichen, großtechnisch funktionierenden Methoden zur Früherkennung des Geschlechts im Brutei um möglichst bald Eier aus diesem Programm am Markt anbieten können. Es ist absehbar, dass in näherer Zukunft eine solche Geschlechtsbestimmung im Ei möglich sein wird. Bei einem sofortigen gänzlichen Tötungsverbot männlicher Küken wären die Brutbetriebe allerdings gezwungen, zunächst mit hohem Aufwand eine Aufzucht der männlichen Küken zu ermöglichen, um dann voraussichtlich wenig später ein Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei einzurichten. Die Vermeidung einer solchen doppelten Umstellung ist in Anbetracht der besonderen Umstände ein vernünftiger Grund für die vorübergehende Fortsetzung der bisherigen Praxis. (siehe auch deutsche Rechtsprechung BVerwG 3 C 28.16 - Urteil vom 13. Juni 2019). Konsumenten können in der Zwischenzeit jedenfalls auf Eier aus der Bio Haltung zurückgreifen.
Offen ist die Frage, wer die erheblichen Mehrkosten tragen wird. Faktum ist, dass selbst wenn der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) nach einer erfolgreichen Umstellung weiterhin nur österr. Frischeier aus einem solchen Programm kauft und bereit wäre die Mehrkosten zu tragen, so ist der Anteil der in Österreich als Frischeier im LEH verkauften Eier nur ca. 34%. Die gesamtösterreichische Selbstversorgung bei Eiern beträgt allerdings 87%. Der Rest der nicht über den LEH verkauften Eier werden über die Gastronomie, die Direktvermarktung, die Hotellerie und die Lebensmittelindustrie verkauft, wo Mehrkosten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht mitgetragen werden, zumal in diesen Absatzkanälen Kennzeichnungen für Konsumenten (u.a. hinsichtlich Haltungsform und Herkunft) bislang nicht vorgesehen sind. Eine zusätzliche Kostenbelastung bzw. Preiserhöhung bei österreichischen Eiern, besonders an den letztgenannten Märkten im Außer Haus Verzehr, führen, ohne entsprechende Kennzeichnung, dazu, dass in Österreich noch mehr Eier aus Haltungsformen verkauft werden, die aus einer Tierhaltung stammen, die nicht den Vorgaben des Österreichischen Bundestierschutzgesetz entspricht. Österreich verbietet per Ende 2019 als erstes Land in der EU auch die Haltung von Legehennen im „Ausgestalteten Käfig“ und ist damit Vorreiter und Wegweiser im Bereich einer tiergerechten Geflügelhaltung in der Europäischen Union aber auch weltweit betrachtet.
Das österreichische Tierschutzrecht sieht weiters die Erlaubnis der Tötung von Futtertieren vor. Männliche Küken werden in Österreich zu 100% an Greifvogelstationen und Zoos innerhalb Österreichs abgegeben und stellen für die Tiere eine wichtige, qualitativ hochwertige und kostengünstige Futterquelle dar. Auch in Zukunft soll dieser Bedarf an Futtertieren aus heimischer Erzeugung und nicht durch Importe aus Drittstaaten bedient werden.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage betreffend ein Verbot des Lebendschredderns von männlichen Eintagsküken vorzulegen.“
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Eßl, Kolleginnen und Kollegen
betreffend verbindliche Besatzdichtenbestimmungen für die Putenmast auf EU-Ebene
Eingebracht zu: TOP 18 - Antrag 946/A(E) der Abg. Josef A. Riemer betr. Verbot der Tötung von männlichen Eintagsküken
Die österreichischen Tierschutzbestimmungen und Branchenstandards gehören zu den strengsten der Welt. Die Arbeit der österreichischen Bäuerinnen und Bauern steht aber auch in einem globalen Kontext. Die Märkte und Warenströme werden offener. Die Geflügelfleischerzeugung in Österreich muss auch in Zukunft in der Lage sein, im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Gerade im Bereich der Putenmast gibt es Handlungsbedarf. Die österreichische Putenproduktion ist traditionell bäuerlich organisiert. Die Betriebsgrößen sind im internationalen Vergleich gering, eine industrielle Tierhaltung existiert nicht.
Die für die Betreuung der Tiere zuständigen Personen müssen über eine landwirtschaftliche oder nutztierhaltungsbezogene Ausbildung verfügen. Dabei ist ein nachweisbarer Erwerb von speziellen Kenntnissen und Fähigkeiten der Geflügelhaltung vonnöten. Außerdem haben diese Personen regelmäßig, mindestens jedoch alle vier Jahre, an einer Schulung über aktuelle Entwicklungen in der Geflügelhaltung teilzunehmen. Die Teilnahme an der Schulung ist verpflichtend nachzuweisen.
Die österreichischen Putenbetriebe setzen auf eine ausschließlich gentechnikfreie Fütterung. In Österreich wird ab dem 1. Tag der Mast gentechnikfrei gefüttert. Alle Betriebe sind AMA Gütesiegel Produzenten und dürfen nur AMA pastuts+ ausgezeichnete Futtermittlel verwenden.
Die Geflügelfleischerzeugung ist ein durchgängig kontrollierter Prozess: vom Schlupf der Küken über die Haltung bis hin zur Schlachtung und Verarbeitung. Hierbei werden Eigenkontrollen, behördliche Kontrollen sowie unabhängige Kontrollen im Rahmen des AMA Gütesiegels für Qualität und Sicherheit in der Lebensmittelkette vorgenommen.
Jeder Betrieb wird von seinem Betreuungstierarzt regelmäßig besucht. Gemeinsam werden Managementmaßnahmen gesetzt, um die Gesundheit der Tiere sicherzustellen.
Alle österreichischen Putenmäster sind zudem Mitglied bei der QGV – Österreichische Qualitätsgeflügelvereinigung. Diese betreibt die PHD-Dateanbank (poultry health data) und erfasst alle herdenbezogenen Daten zu den Tieren.
Es werden alle Daten über den Betrieb, die Herden und alle Daten über den Gesundheitszustand, über den Gesundheitszustand, und über medizinische Behandlungen vom Betreuungstierarzt und dem Beschautierarzt des Schlachthofes gesammelt. Somit ist jede Herde lückenlos nachvollziehbar und garantiert somit höchste Lebensmittelsicherheit.
Kommt es zu einer Erkrankung im Stall, ist nur der Betreuungstierarzt gesetzlich dazu befugt, Arzneimittel zu verschreiben. Aufgrund der guten Haltungsbedingungen konnte der Einsatz von Antibiotika in Österreich in den letzten 6 Jahren um 55 % gesenkt werden.
Trotz all dieser Maßnahmen stehen die heimischen Putenmastbetriebe vor wirtschaftlichen Herausforderungen. Denn in der ganzen EU bestehen keine verbindlichen Besatzdichtenbestimmungen für die diesen Wirtschaftszweig. Besatzdichten um 70kg entsprechen in der EU der gängigen Praxis. In Deutschland einigte man sich in einer freiwilligen Vereinbarung erneut auf 52 kg/m2 bei weiblichen Tieren und 58kg/m2 bei männlichen Tieren. Die österreichischen Bestimmungen lt. österreichischem Tierschutzgesetz sehen 40 kg pro Quadratmeter vor. Dadurch ergeben sich auch höhere Produktpreise. Die fehlende Lebensmittelkennzeichnung vor allem in Kantinen und Großküchen trägt dazu bei, dass vor allem günstigeres Putenfleisch aus dem Ausland gekauft wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene für verbindliche, EU-weit einheitliche Besatzdichtenbestimmungen in der Putenmast, die dem österreichischen Standard entsprechen, einzusetzen.“
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Präsidentin Doris Bures: Beide Anträge sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Maurice Androsch. – Bitte.