Mit einem vierten Satz sollte darüber hinaus die Verjährungsfrist bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten erst mit dem 18. Lebensjahr beginnen. Gegen beide Vorschläge wurden Vorbehalte vorgebracht: der dritte Satz könne so interpretiert, dass erstmals unverjährbare Schadenersatzansprüche geschaffen werden (wenn man der Ansicht ist, dass die „Verjährung der Strafbarkeit“ nicht mit dem Tod des Täters eintritt), weshalb Vorkehrungen getroffen werden sollten, um die Rechtssphäre von an der Straftat unbeteiligten Personen – also der Erben des Täters – nicht über Gebühr zu belasten (siehe Stellungnahme 6/SN-158/ME, S 7).Zum vierten Satz wurde aufgezeigt, dass ein sachlicher Grund für die besondere Anführung von Sexualdelikten nicht ersichtlich sei. Denn auch bei Delikten gegen Leib und Leben könne es vorkommen, dass der Minderjährige in einem Abhängigkeits- oder Autoritätsverhältnis steht oder wegen einer mit der Tathandlung einhergehenden Traumatisierung, die nicht den von § 1494 ABGB geforderten Grad erreicht, von der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen abgehalten wird (siehe Stellungnahme 40/SN-158/ME, S 2).
Beiden Kritikpunkten soll dadurch Rechnung getragen werden, dass nicht länger auf die Verjährung der Strafbarkeit abgestellt werden soll, sondern die Verjährungsfrist bei minderjährigen Opfern solcher Vorsatzdelikte ganz generell erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres beginnen soll. Damit endet die Verjährungsfrist für solche Taten in der Regel nicht vor dem 48. Lebensjahr des Opfers; das ist im Ergebnis derselbe Effekt, wie wenn an die Strafbarkeitsverjährung angeknüpft würde (dort beginnt die Verjährungsfrist nach § 58 Abs. 3 Z 3 StGB zwar erst mit 28. Jahren, dauert aber in der Regel nach § 57 Abs. 3 StGB nicht länger als 20 Jahre). Es wird vorgeschlagen, diese neue Anordnung dem § 1494 Abs. 2 ABGB anzufügen. Nach dieser Bestimmung beginnt gegen eine minderjährige Person die Verjährungszeit nicht zu laufen, solange sie über keine ausreichende Vertretung verfügt. Damit ist klargestellt, dass der Beginn der Verjährungsfrist bei minderjährigen Opfern solcher schweren Straftaten ungeachtet ihrer Vertretung erst mit ihrer Volljährigkeit zu laufen beginnt.
Zu Artikel 4 (Änderung des Strafgesetzbuches):
Zu Z 1 (§ 39 Abs. 1 StGB):
Der ursprünglich unverändert gelassene Abs. 1 sowie der neu vorgeschlagene Abs. 1a sollen zur Vermeidung von Anwendungsproblemen dahingehend harmonisiert werden, dass für beide Fälle dieselbe Formulierung mit der Konsequenz derselben Herangehensweise bei der Strafzumessung gelten soll.
Nach nunmehr stRsp und hL ist § 39 Abs. 1 StGB (nicht nur Strafbemessungsvorschrift, sondern auch) Strafrahmenvorschrift (13 Os 44/09h, SSt 2009/52; RIS-Justiz RS0125294 und RS0125295; Bruckmüller SbgK § 39 Rz 27; Fabrizy, StGB13 § 39 Rz 3; Flora in WK2 § 39 Rz 1; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 668/2). Ausgehend von der Entscheidung eines verstärkten Senats des OGH aus dem Jahr 1975 (SSt 46/40) ist es insoweit (mit Blick auf die Formulierung des § 39 Abs. 1 StGB) aus materiell-rechtlicher Sicht geboten, in einem ersten Schritt nach Maßgabe des nicht erweiterten Strafrahmens zu prüfen, ob dieser für die konkrete Sanktionsfindung genügt, um erst bei erfolgter Verneinung dieser Frage das Ausmaß des Überschreitens dieses Rahmens im Verhältnis zum durch § 39 Abs. 1 StGB erweiterten Strafrahmen zu bestimmen (Ratz, WKStPO § 281 Rz 668/1). Die dargestellte Systematik führt schon jetzt häufig zu Anwendungsproblemen in der Praxis. Diese Probleme könnten durch die Schaffung zweier unterschiedlicher Strafrahmenvorschriften innerhalb der Bestimmungen über die Strafschärfung bei Rückfall verstärkt werden.
Es wird daher vorgeschlagen, die für § 39 Abs. 1a StGB vorgesehene Formulierung (… worden, so „erhöht sich“, wenn …) auch in § 39 Abs. 1 StGB aufzunehmen. Damit wäre einerseits die durch die Rechtsentwicklung nach der Entscheidung SSt 46/40 entstandene Anwendungsproblematik mittels einer klaren gesetzlichen Regelung beseitigt
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