12.11

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Direkte Demokratie ist für uns Frei­heitliche seit jeher eine echte Herzensangelegenheit. Sie sichert, vorausgesetzt richtig und nicht nur halbherzig umgesetzt, dem Wahlvolk eine fundamentale und direkte Mit­sprache beziehungsweise Mitentscheidungsmöglichkeit. Direkte Demokratie ist ein wichtiges Korrektiv der Wähler gegenüber einer häufig abgehobenen Politikerkaste. Nach dem Sprichwort: Der Wähler hat immer Recht, sollte sich auch die Politik nicht vor der direkten Demokratie fürchten. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Die Realität der Europäischen Bürgerinitiative sieht leider etwas anders aus.

Mit dem vorliegenden Antrag wird zwar nicht viel besser, aber auch nicht viel schlech­ter gemacht, daher werden wir diesem zustimmen, wobei ich trotzdem davor warne, dass wir uns in Zukunft zu sehr in Richtung eines Systems des E-Voting entwickeln. Die Europäische Bürgerinitiative ist ein zahnloses, technokratisches Konstrukt, welches dem Bürger eine echte Beteiligung, ein echtes Mitwirkungsrecht in Wahrheit nur vor­gaukelt. Die Europäische Bürgerinitiative richtet sich nicht, wie das in richtigen Demo­kratien eigentlich üblich ist, an das Parlament, also an die Legislative, sondern an die Europäische Kommission, also an die Exekutive.

Das hängt wohl damit zusammen, dass die EU etwas eigenartig konstruiert ist, wonach die Europäische Kommission grundsätzlich das alleinige Initiativrecht im EU-Gesetzge­bungsverfahren innehat, was für sich genommen schon – sozusagen – einer Kastration des Europäischen Parlamentes gleichkommt und ein Demokratiedefizit darstellt.

Da sich die EU-Kommission mit solchen Initiativen lediglich beschäftigen muss und bloße Stellungnahmen abzugeben hat, zerbricht der schöne Schein des Mitsprache­rechtes an dem unverbindlichen Petitionscharakter – wenn der EU-Kommission der In­halt einer Initiative nicht gefällt, dann wird sie eben schubladisiert. Meine sehr verehr­ten Damen und Herren, das ist keine direkte Demokratie, so wie wir uns das vorstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir es als kleines Österreich schon nicht schaffen, auf europäischer Ebene di­rekte Demokratie umzusetzen, welche die Bezeichnung verdient, dann sollten wir die direkte Demokratie zumindest auf nationaler Ebene in Österreich verbessern und stär­ken. Die schwarze Volkspartei, deren türkiser Lack längst abgeblättert ist, ist aber eine Bremserin, und zwar aus Furcht vor dem eigenen Wahlvolk. (Ruf bei der ÖVP: Hallo!) Die ÖVP hat im eigenen Wahlprogramm im Jahr 2017 die direkte Demokratie zwar an­geführt, aber das war reine Wählertäuschung und nicht mehr. Das hat sich dann in den Regierungsverhandlungen zwischen Schwarz und Blau im Jahr 2017 herausgestellt. Da wollten die Kurz-Jünger plötzlich nichts mehr von der direkten Demokratie wissen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

So wurde unsere Forderung, dass von 4 Prozent der Stimmberechtigten, das ent­spricht circa 260 000 Unterschriften, eine verpflichtende Volksabstimmung erzwungen werden kann, von der vergangenen schwarz-blauen Regierung durch schwarze Taktik (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl) auf 900 000 Stimmen hinauflizitiert und schließ­lich zeitlich so weit nach hinten geschoben – bis ins Jahr 2022 –, dass sie gar nicht mehr umgesetzt werden konnte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Einführung des Rechtsinstruments der Volksinitiative“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten die Art. 41 Abs. 1 B-VG dahingehend ändert, dass Volksbegehren, die von zu­mindest 4 Prozent der Stimmberechtigten zu einer Nationalratswahl unterstützt wer­den, aber nicht binnen Jahresfrist vom Nationalrat, beziehungsweise Bundesrat, umge­setzt worden sind, einer verpflichtenden Volksabstimmung zu unterziehen sind.“

*****

Ich bin schon gespannt, wie die anderen Fraktionen zu diesem Antrag stehen werden.

Wie wenig die Türkisen von der direkten Demokratie wirklich halten, zeigt auch ein Blick in das türkis-grüne Regierungsübereinkommen. Dort steht nämlich gar nichts da­zu. Die Begriffe direkte Demokratie, Volksbegehren oder Volksabstimmung finden sich kein einziges Mal in diesem aktuellen Regierungsübereinkommen, und von den voll­mundigen Versprechungen der Grünen, die ich hiermit an Seite 63 ihres eigenen Wahl­programmes erinnern darf, ist in diesem Übereinkommen rein gar nichts übriggeblieben.

Wir haben es seinerzeit zumindest geschafft, das in einer abgeschwächten Variante ins Regierungsübereinkommen zu bringen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Die Grünen aber haben so schlecht verhandelt, dass sie inhaltlich bereits vor der Angelobung ihrer eigenen Regierungsmitglieder auf ganzer Linie gescheitert sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt noch viel zu tun. Der Weg wird ein langer sein. Wagen wir den Schritt zu echter direkter Demokratie sowohl auf euro­päischer Ebene als auch auf nationaler Ebene! Die Wähler werden es Ihnen danken. (Beifall bei der FPÖ.)

12.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Kickl, Mag. Reifenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend die Einführung des Rechtsinstruments der Volksinitiative

eingebracht in der 12. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 27. Februar 2020 im Zuge der Behandlung des Antrages 275/A (TOP 2) der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Ulrike Fischer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung von Europäischen Bürgerinitiativen (Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz - EBIG) geändert wird (43 d.B)

Die Europäische Bürgerinitiative hat sich als EU-weites Werkzeug der direkten Demo­kratie bislang nicht behaupten können, nicht zuletzt da die dadurch suggerierte Bürger­nähe der Europäischen Kommission nicht den Tatsachen entspricht. Auch auf national­staatlicher Ebene wird die Ausweitung der direkten Demokratie gerne versprochen, die Begriffe „Volksbegehren“, „Volksabstimmung“ und „Direkte Demokratie“ tauchen im 328-seitigen Koalitionspapier der schwarz-grünen Regierung jedoch kein einziges Mal auf.

Durch die Verlängerung der Legislaturperioden von vier auf fünf Jahren mit dem Wahl­rechtsänderungsgesetz 2007, wurde den stimmberechtigten Österreichern ein Mitwir­ken an Richtungsentscheidungen, die für ihr Leben von großer Bedeutung sind, unnö­tig erschwert. In Anerkenntnis der Tatsache, dass direkte Demokratie der beste Weg ist, um die Teilhabe der Bevölkerung am politischen Prozess zu gewährleisten und zu fördern, ist es notwendig, die in der Verfassung dafür vorgesehenen Instrumente auf­zuwerten und die dafür notwendigen budgetären Mittel bereitzustellen.

Insbesondere um Volksbegehren, welche als Anliegen direkt aus der Bevölkerung kommen, mehr Gewicht im politischen Prozess zu verleihen, muss sichergestellt wer­den, dass diese zeitnahe parlamentarisch behandelt werden. Eine verpflichtende Volksabstimmung, wenn das Anliegen eines Volksbegehrens von 4 Prozent der Stimm­berechtigten unterstützt wird, aber das Parlament dem nicht mit Gesetzesbeschluss Rechnung trägt, bedeutet die Anliegen der Stimmberechtigten ernst zu nehmen.

Der Freiheitliche Parlamentsklub hat deshalb bereits am 29.02.2012 mit einem selbst­ständigen Entschließungsantrag (1856/A(E) XXIV. GP) den Ausbau der direkten De­mokratie gefordert und dazu ein konkretes Modell vorgelegt.1

Im Gegensatz zum aktuellen Regierungsprogramm für die XXVII. GP sah jenes für die XXVI. GP auch den Ausbau der direkten Demokratie vor.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten die Art. 41 Abs. 1 B-VG dahingehend ändert, dass Volksbegehren, die von zu­mindest 4 Prozent der Stimmberechtigten zu einer Nationalratswahl unterstützt wer­den, aber nicht binnen Jahresfrist vom Nationalrat, beziehungsweise Bundesrat, umge­setzt worden sind, einer verpflichtenden Volksabstimmung zu unterziehen sind.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ulrike Fischer. – Bitte.