11.56

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Ich möchte gerne mit etwas sehr Grundsätzlichem anfangen, weil wir, glaube ich, alle Zuschriften bekommen, wieso wir denn überhaupt tagen, ob das notwendig sei, was wir hier tun, wieso wir das denn nicht anders machen können und ob das, was die Bundesregierung tut, nicht eh ausreiche.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass wir als gesetzgebende Körperschaft, als österreichisches Parlament, handlungsfähig sind. Gerade diese Tage zeigen so sehr, wieso es so wichtig ist, dass wir handlungsfähig sind und auch handeln: Weil all diese Maßnahmen, die jetzt von der Bundesregierung vorgeschlagen werden, gar nicht möglich wären, wenn wir als Parlament nicht so schnell zusammentreten könnten und zusammentreten würden. (Allgemeiner Beifall.)

Das ist unsere Aufgabe als Politikerinnen und als Politiker, dafür brauchen wir keinen Dank. Es ist unsere Verantwortung, das zu tun.

Wenn ich aber so überlege – ich habe in den letzten drei Tagen sehr viel Zeit hier im Haus verbracht, weil es schwierig war, die Fragen zu klären, wie wir zusammentreten, wie das funktioniert und ob wir das überhaupt können –, dann muss ich sagen, es sind ganz viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den parlamentarischen Klubs, von der Parlamentsdirektion – alle, die hier sitzen, von den Stenographinnen und Stenogra­phen bis zu den Leuten hinter mir –, wie auch die Gebärdensprachdolmetscher, die so etwas überhaupt möglich machen, weil das die Garantie dafür ist, dass die Maßnahmen, die hier vorgeschlagen werden, umgesetzt werden können.

Also: Es ist wichtig, dass wir zusammentreten, es ist notwendig, und wir kommen dieser Verantwortung selbstverständlich nach. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Danke!)

Es ist auch wichtig, dass wir dieser Verantwortung nachkommen, weil hier Maßnahmen vorgeschlagen werden, die ganz massiv in die persönliche Freiheit von einzelnen Menschen beziehungsweise von ganz vielen Menschen in Österreich eingreifen werden. Das heißt nicht, dass ich glaube, dass die Maßnahmen nicht notwendig sind, ich glaube nur, dass man besonders behutsam und umsichtig damit umgehen muss.

Wir haben gerade vorhin vom Bundeskanzler gehört, dass Zivildiener und Grund­wehr­diener ihren Dienst länger ableisten sollen. Das ist für diese jungen Männer – sie werden das tun, und es gibt gute Gründe, warum sie das tun müssen – eine massive Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit, weil sie zu einem Dienst gezwungen werden. Mit solchen Maßnahmen muss man umsichtig umgehen.

Es geht da um Information, es geht um umfassende Transparenz, und auch ich halte diese Salamitaktik – ich verstehe, dass man nicht alle Maßnahmen im Vorhinein weiß –, dass wir Tag für Tag neue Maßnahmen, immer eine Maßnahme mehr präsentiert be­kommen, wenn sie so einschneidend sind, für schwierig.

Wir geben der Bundesregierung die Möglichkeit, umfassende Betretungsverbote sowohl für Geschäftslokale als auch für bestimmte Orte, wie es im Gesetz festgelegt ist, auszusprechen. Zum Beispiel steht in den Erläuterungen: Spielplätze, öffentliche Plätze. Auch das ist eine Maßnahme, die umfassend sein kann und mit der man besonders umsichtig umgehen muss.

Herr Gesundheitsminister, wir haben gestern im Budgetausschuss auch schon darüber geredet: Ich bin mir sicher, dass Sie sehr umsichtig damit umgehen werden, aber wenn wir jetzt schon lesen, wie Medien über diese Maßnahmen schreiben, dann muss man einerseits die Medien dazu auffordern, dass sie umsichtiger vorgehen, andererseits muss sicher auch die Kommunikation der Bundesregierung wie auch die Kommu­nikation insgesamt sehr umsichtig betrieben werden. Wenn ich nämlich von Ausgangs­sperren für ganz Österreich lesen muss, obwohl es nicht um Ausgangssperren geht, sondern darum, dass wir umsichtig gewisse Orte nicht aufsuchen, dass wir Menschen­ansammlungen meiden, dann halte ich es für wichtig, dass man einerseits mit diesen massiven Einschränkungen der persönlichen Freiheit umsichtig umgeht und anderer­seits auch umsichtig kommuniziert. (Beifall bei den NEOS.)

Ich war daher ein wenig irritiert, sage ich ganz ehrlich, als der Vizekanzler hier gesagt hat: Unfassbar, dass Sportvereine noch Trainings abhalten. – Ja, selbstverständlich sollen sie das nicht tun, aber die Bevölkerung ist sich momentan noch nicht darüber im Klaren, wo und wie diese Beschränkungen gelten sollen. Ich kriege Anrufe von Leuten, die nicht wissen: Ist ihr Nachhilfeinstitut davon betroffen? – Ja, selbstverständlich wer­den wir auch dort schauen, dass die nicht mehr betreten werden. Das ist ja alles klar, aber die Leute wissen es noch nicht, und deswegen muss man umsichtig und umfas­send kommunizieren.

Dann komme ich auch zu den wirklich sehr drakonischen Strafen, die im Gesetz vorge­sehen sind. Ich glaube nicht, dass viele Menschen diese Verbote leichtfertig umgehen werden, und ich glaube auch, dass es richtig ist, dass man es, wenn das jemand absichtlich tut, mit entsprechenden Strafen ahndet. Ich glaube aber auch, dass es sehr essenziell ist, dass man ganz genau schaut, dass man Leute, die schlichtweg noch nicht wissen, was das bedeutet, nicht mit absurden Strafandrohungen – bis zu 30 000 Euro sind es nach dem Gesetz – nachher noch mehr belastet.

Was auch wichtig ist in diesem Zusammenhang, ist, dass wir es geschafft haben, gemeinsam eine Sunsetclause für dieses neue Epidemiegesetz zu verhandeln, weil ich es für essenziell erachte, dass diese umfassenden Möglichkeiten, die dem Minister hier in die Hand gegeben werden, auch irgendeinmal ein Ende haben.

Ich bringe daher einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Wöginger, Rendi-Wagner, Maurer und Meinl-Reisinger ein, er ist verteilt worden. Es geht im Wesentlichen darum, dass man entsprechende Richtigstellungen macht, es geht darum, dass es im Zusam­menhang mit den Fonds, die wir jetzt einrichten, Berichtspflichten an den Nationalrat gibt. Es geht auch darum, dass die Regelung auch für Arbeitnehmer gilt, die der Landarbeitsordnung und in Vorarlberg dem Land- und Forstarbeitergesetz unterliegen, und es geht insbesondere um diese Sunsetclause: dass es mit diesen Maßnahmen nicht ewig so weitergehen kann und dass sie mit Ende dieses Jahres auch wieder außer Kraft gesetzt werden, und selbstverständlich auch, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Möglichkeit haben, entsprechend zu unterstützen, um diese Maßnahmen auch durchzusetzen.

Das ist etwas, was sonst im Epidemiegesetz geregelt ist, und wir ziehen das da jetzt nur noch nach. Da es ein gemeinsamer Antrag von vier Parteien ist, und ich auch an­nehme, dass die Freiheitliche Partei dem auch zustimmen wird, glaube ich, dass wir das hier gemeinsam auch schaffen können.

Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Krise gemeinsam bewältigen können, ich glaube aber, es braucht sehr viel Umsicht, und wir müssen auch bei den drakonischen Maß­nahmen, die notwendig sind, aufpassen, dass wir nicht überschießend agieren. (Beifall bei den NEOS.)

12.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Sigrid Maurer, BA, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 396/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errich­tung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds (COVID-19-FondsG) und ein Bundes­gesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) erlassen sowie das Gesetzliche Budget­provisorium 2020, das Bundesfinanzrahmengesetz 2019 bis 2022, das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes, das Ar­beits­marktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (COVID-19 Gesetz), in der Fassung des Ausschussberichtes (102 d.B.) TOP 1

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichtes 102 d. B. wird wie folgt geändert:

1 Im Titel wird die Wortfolge „das Bundesfinanzrahmengesetzes“ durch die Wortfolge „das Bundesfinanzrahmengesetz“ ersetzt.

2. In Artikel 1 § 3 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Der Bundesminister für Finanzen hat dem Budgetausschuss monatlich einen Be­richt, in dem sämtliche Maßnahmen, die nach diesem Bundesgesetz ergriffen wurden, detailliert dargestellt sind, vorzulegen. Der Bericht hat insbesondere die finanziellen Auswirkungen der gesetzten Maßnahmen auszuweisen.“

3. In Artikel 4 Z 6 wird nach § 3b Abs. 3 fo

lgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Der Bundesminister für Finanzen hat dem Budgetausschuss quartalsweise einen detailliert dargestellten Bericht, in dem sämtliche Maßnahmen zugunsten von Unter­nehmen gem. § 3b Abs. 1, die zu Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 (COVID-19) geboten sind, die nach diesem Bundesgesetz ergriffen wurden, vorzulegen. Der Bericht hat insbesondere die finanziellen Auswirkungen der gesetzten Maßnahmen auszuweisen.“

4. In Art. 7 Z 1 wird in § 18b nach dem letzten Satz folgender Satz hinzugefügt:

„Die Regelung gilt auch für Arbeitnehmer, die den Landarbeitsordnungen der Bun­desländer und in Vorarlberg dem Land- und Forstarbeitsgesetz unterliegen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in Kraft sind.“

5. In Artikel 8 wird folgender § 2a samt Überschrift eingefügt:

Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes

„§ 2a. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden und Organe über deren Ersuchen bei der Aus­übung ihrer beschriebenen Aufgaben bzw. zur Durchsetzung der vorgesehenen Maß­nahmen erforderlichenfalls unter Anwendung von Zwangsmitteln zu unterstützen.

(2) Sofern nach der fachlichen Beurteilung der nach diesem Bundesgesetz zustän­digen Behörden im Rahmen der nach Abs. 1 vorgesehenen Unterstützung für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach der Art der übertragbaren Krankheit und deren Übertragungsmöglichkeiten eine Gefährdung verbunden ist, der nur durch besondere Schutzmaßnahmen begegnet werden kann, so sind die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden verpflichtet, adäquate Schutzmaßnahmen zu treffen.“

6. In Artikel 8 lautet § 4 Abs. 1:

„(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.“

Begründung:

Zu Z 1:

Redaktionelle Richtigstellung

Zu Z 2, Z 3 und Z 6:

Es soll sichergestellt werden, dass ein ausreichendes Maß an Transparenz und Kon­trolle für die Verwendung der Mittel aus dem Fonds erfolgt.

Zu Z 4:

Mit dem Abänderungsantrag wird klargestellt, dass die Regelung in § 18b AVRAG auch für Arbeitnehmer gilt, die den Landarbeitsordnungen, in Vorarlberg dem Land- und Forstarbeitsgesetz, unterliegen.

Zu Z 5:

Enbsprechend § 28a Epidemigesetz sollen die Organe des öffentlichen Sicherheits­dienstes die Behörden und Organe über deren Ersuchen bei der Ausübung ihrer be­schriebenen Aufgaben bzw. zur Durchsetzung der vorgesehenen Maßnahmen erfor­der­lichenfalls unter Anwendung von Zwangsmitteln unterstützen.

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Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläu­tert, wird zur Verteilung gebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Georg Strasser, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.