Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Im Regierungsprogramm gibt es ein klares Bekenntnis zu Demokratie, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und dazu, dass Österreich entsprechende Initiativen auf europä­ischer Ebene unterstützen wird. Sie werden wissen: Ende März wurde der Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2020-2024 präsentiert.

Darin geht es nicht nur um die Stärkung dieser Bereiche, sondern natürlich auch um eine demokratische Gesellschaft und auch um ein demokratisches Europa mit Vorbildwirkung weltweit. Da wird auch diskutiert, inwiefern qualifizierte Mehrheitsentscheidungen dazu beitragen könnten, dass man gerade in diesen Bereichen, vielleicht auch im außen­politi­schen Bereich, Stellung beziehen kann.

Mich würde interessieren, ob es schon konkrete Pläne gibt, wie sich Österreich daran beteiligen wird oder konkrete Schritte setzen wird, um eben die Umsetzung dieses Aktionsplanes zu unterstützen.

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 27/M, hat folgenden Wortlaut:

„Gibt es bereits konkrete Pläne, wie sich Österreich auf EU-Ebene einbringen wird, um Fortschritte bei der Umsetzung des Aktionsplanes Menschenrechte und Demokratie 2020-2024 sicherzustellen, und so die Position der EU im Bereich Menschenrechte und Demokratie zu stärken?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesminister.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Zunächst darf ich bestätigen, dass Österreich sehr viele in diesem Aktions­plan vorgelegte Schwerpunkte und Maßnahmen unterstützt – um einige zu nennen: die Meinungsäußerungsfreiheit, die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten, aber auch der Schutz von vulnerablen Gruppen, Religionsfreiheit, Rechte von Frauen und Mädchen sowie auch Digitalisierung, Umwelt- und Klimaschutz.

Des Weiteren erachten wir es für notwendig, in einigen Bereichen weiter zu stärken, zum Beispiel im Bereich des humanitären Völkerrechts, aber auch im internationalen Straf­recht, bei der Geschlechtergleichstellung, bei Frauen, Frieden, Sicherheit, Kindern, be­waff­neten Konflikten sowie auch bei den Rechten älterer Menschen, der Religionsfreiheit und dem Schutz von religiösen Minderheiten. Mit diesem Aktionsplan sind wir dabei auf Linie.

Ich darf dazusagen, dass das grundsätzlich im Außenministerium angesiedelt ist. Die Ratsarbeitsgruppe Cohom arbeitet derzeit aktiv an diesem Aktionsplan – auch an dem von Ihnen schon genannten Sanktionskatalog – und ich kann Ihnen auch sagen, weil Sie das konkret angesprochen haben, dass Österreich es unterstützt, dass künftig mit qualifi­zierter Mehrheit Entscheidungen im Menschenrechtsbereich getroffen werden sollten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Sie haben gerade eben den Sanktions­katalog angesprochen. Mich würde in dem Zusammenhang interessieren, inwiefern Sie jetzt auch unionsweite Sanktionen – gerade bei schweren Verstößen in Menschen­rechtsfragen – unterstützen würden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesminister.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Also zum einen noch einmal der Hinweis darauf, dass das im Außen­minis­terium bei Außenminister Schallenberg läuft. Österreich unterstützt es. Im Juni 2020 hat es schon eine Einigkeit über die Errichtung eines globalen Sanktionskatalogs und -regimes gegeben.

Jetzt geht es darum, das Mandat entsprechend anzupassen, sodass die Verhandlungen von der Ratsarbeitsgruppe Cohom, bei der sie jetzt geführt worden sind, dann auch in der Ratsarbeitsgruppe für Außenbeziehungen Relex weitergeführt werden können. Grund­sätzlich unterstützen wir das, und das Außenministerium ist auch dabei, das weiter zu tun.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Bundesministerin! Demokratie und Menschenrechte sind in vielen Ländern der Erde unter Druck.

Ganz speziell denke ich da an Brasilien, wo aufgrund der Politik von Präsident Bolsonaro einerseits, was Covid und den sehr lässigen – sage ich jetzt einmal flapsig – Umgang damit betrifft, in Kauf genommen wird, dass mittlerweile 70 000 Menschen verstorben sind und 1,7 Millionen infiziert sind, ganz besonders in den indigenen Regionen, in den Amazonasregionen – wir kennen die Bilder aus Manaus, wo Bagger riesige Massen­gräber ausheben –, andererseits kombiniert mit seiner Rohstoff- und Wirtschaftspolitik, durch die massenhaft Lebensraum von Indigenen zerstört wird, Urwald abgeholzt wird. – Sie haben das Klima genannt, Sie haben vulnerable Gruppen genannt: Die kommen da ganz besonders unter Druck.

Mich würde interessieren: Wie bringt sich denn Österreich in eine Position innerhalb der Europäischen Union gegenüber Brasilien ein, wenngleich aber natürlich aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtungen in dieser Wirtschaftspolitik keine Konzessionen in Sachen Menschenrechte und Umwelt gemacht werden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesminister.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Ich darf an meine Ausführungen zur Frage von der Abgeordneten Ernst-Dziedzic anschließen. Wir unterstützen diesen Aktionsplan, wir – beziehungsweise gemeinsam mit anderen Staaten – unterstützen auch, dass in manchen Bereichen auch noch eine Stärkung dieser zum Beispiel jetzt von Ihnen angesprochenen vulnerablen und auch religiösen Minderheiten gefordert wird. Wir arbeiten in dieser Ratsarbeits­gruppe unter Federführung des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten intensiv mit.

Ich kann nur bestätigen, was Sie gesagt haben: Es gibt in vielen Teilen der Welt die Notwendigkeit, auf die Menschenrechtssituation aufmerksam zu machen. Ich denke an meine Zeit als Abgeordnete im Europäischen Parlament, in der sich auch das Euro­päische Parlament immer wieder mit Menschenrechtssituationen in anderen Ländern – auch außerhalb Europas – beschäftigt hat. Das ist wichtig. Wir können das als Bundes­regierung in diesen Ratsarbeitsgruppen tun, und das machen wir auch nach Kräften.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Abgeordneter Lopatka. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Bundesministerin! Sie haben vorhin schon angesprochen, dass ein funktionierender Rechtsstaat die Grundlage dafür ist, Menschenrechte auf allen Ebenen einzuhalten.

Jetzt haben Sie einen neuen Aspekt in die Diskussion eingebracht, nämlich den Mehrjährigen Finanzrahmen mit der Einhaltung von Menschenrechten zu verschränken: Was erwarten Sie sich davon und wie soll das durchgesetzt werden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesminister.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Diese Konditionalität zwischen Mehrjährigem Finanzrahmen und Rechts­staatlichkeit ist eine Forderung, die ich schon lange erhebe, weil ich davon überzeugt bin, dass das der Hebel ist, um Mitgliedstaaten, die den Pfad der Rechtsstaatlichkeit verlassen, auch tatsächlich wieder zurückzuführen. Sprich, wenn Gelder nicht fließen, wenn Rechtsstaatsverletzungen in einzelnen Mitgliedstaaten vorliegen, dann trägt das sicher dazu bei, dass der Weg zum Rechtsstaat zurück gefunden wird. Ich weiß das aus eigener Erfahrung aus meinem beruflichen Leben: Manchmal ist es notwendig, Sank­tionen anzudrohen, damit ein Weg zurück zu den gemeinsamen Werten stattfindet.

Ich darf da schon betonen: Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte sind sozusagen unsere Corevalues in der Europäischen Union. Daran müssen wir uns alle halten und alles dafür tun, damit das auch in Zukunft der Fall sein kann.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 5. Anfrage stellt Abgeordneter Scherak. – Bitte.