Die zweite Prämisse, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss für uns Vielfalt beim Angebot sein. Es kann nicht so sein, dass ein älterer Mensch keine Auswahlmöglichkeit hat, und deswegen werden wir auch ganz stark auf neue Modelle setzen, auf Ergänzungen, auf alternative Modelle, zum Beispiel auf generationenübergreifende Wohnformen. Da geht es um das Öffnen dieses Bereiches, darum, Kreativität reinzubringen, um regionale Planungsansätze, darum, Architektinnen und Architekten mit neuen Ideen ein Forum zu geben, damit sie handeln können – das ist Vielfalt.
Das Dritte, aufbauend auf dieser Vielfalt, wird sein, ganz stark in Richtung Selbstbestimmung der betroffenen Senioren und Seniorinnen zu gehen. Jeder Mensch in dieser Republik, der in die Situation eines Pflegebedarfs kommt, muss eine wirkliche Wahlfreiheit zwischen den unterschiedlichen Formen der Betreuung haben.
Das ist ein weiter Weg, das ist ein enormes Ziel, das wir uns da gesetzt haben. Daran arbeiten wir derzeit im größten Beteiligungsprozess, den es in diesen Tagen in dieser Republik gibt. Das wird erstmals keine Pflegereform vom Schreibtisch aus, keine Pflegereform, die die Politik erfindet, sondern wir arbeiten mit den Betroffenen und auf Basis ihrer Kompetenzen, ihrer Einschätzungen, ihres Know-hows. Sie sind in alle Bereiche eingebunden, und ich glaube, das ist schon die halbe Garantie dafür, dass wir in diesem Bereich ein gutes Ergebnis zustande bringen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schaut der Zeitplan aus? – Er ist sehr, sehr ambitioniert: Wir wollen bis Jänner das inhaltliche Paket fertiggestellt haben, es also im Lauf des Jänners finalisieren. Es sind mittlerweile, was die inhaltliche Erarbeitung betrifft, mehrere Tausend Menschen in diesen Reformprozess eingebunden. Wir haben über 3 300 Beteiligte an unserem digitalen Beteiligungsprozess gehabt. Also Jänner – und dann werden wir schrittweise in Richtung einer Zielsteuerungskommission Pflege gehen, um das Große zu schaffen, das wir versuchen, nämlich erstmals zu einem wirklich gemeinsamen Handeln von Kommunen, Städten, Ländern und Bund zu kommen. Wir wollen gemeinsam handeln, mit dem Ziel, schrittweise in Richtung gemeinsamer Standards zu kommen, mit dem Ziel einer gemeinsamen Finanzierung, also einer Entflechtung und Effizienzsteigerung auch bei den Finanzflüssen – das ist ein ganz wichtiger Teil –, und mit dem Ziel – das ist die absolute Priorität, ich habe es schon gesagt –, 100 000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diesen tollen Beruf, für diesen Zukunftsberuf zu gewinnen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Dritter Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren: Natürlich führt diese schwerste Pandemie seit 100 Jahren, diese schwerste Wirtschaftskrise seit vielen Jahrzehnten auch dazu, dass unsere Sozial- und Gesundheitssysteme an ihre Grenzen kommen. Da müssen wir extrem achtgeben, vorsichtig sein und sie absichern. Das ist ganz, ganz wichtig, und ich glaube, über dieses Ziel gibt es einen Grundkonsens in diesem Haus.
Wir haben deswegen eine große, umfassende Studie beim Wirtschaftsforschungsinstitut, beim IHS und anderen in Auftrag gegeben, mit dem Ziel, ein Zeugnis über die soziale Lage in Österreich nach dem Ausbruch der Pandemie vorzulegen, und ich kann Ihnen sagen, es sind sehr, sehr aufschlussreiche Ergebnisse in dieser Studie. Das Erfreuliche ist, dass wir offensichtlich bisher – aber da darf man nicht nachgeben, da muss man laufend nachjustieren und dranbleiben – im Bereich armutsgefährdeter Menschen eine Stabilisierung geschafft haben und in den letzten Monaten keine Schlechterstellung hatten, trotz dieser schweren Krise. Das ist gut, aber daran müssen wir weiter arbeiten. Deswegen begrüße ich es sehr, dass diese Bundesregierung auch in einer zweiten Tranche das Arbeitslosengeld erhöhen wird. Auch das ist ein wichtiger Beitrag in diese Richtung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite