11.54

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! So wie der Frau Präsidentin ist es auch mir als Obmann des Gesundheits­ausschusses gerade gegangen: Ich habe vor wenigen Minuten die letzte Version des Abänderungsantrages betreffend die Gesetzesmaterie zum heutigen Tagesordnungs­punkt 3 erhalten, die Kollege Schallmeiner jetzt gerade mündlich eingebracht hat.

Wenn man sich überlegt, wie die Entstehungsgeschichte dieses ursprünglich als Freites­ten gedachten Abänderungsantrages war, mit der skandalösen Kurzbegutachtung über Silvester, als es trotzdem Zehntausende negative Stellungnahmen gegeben hat, und dem mittlerweile vierten oder fünften Abänderungsantrag, der in den letzten Tagen im­mer kurzfristigst vor den oder während der Sitzungen eingebracht wurde, dann sieht man schon, dass hier, übers Knie gebrochen, eine ganz grundsätzliche Gesetzesänderung verabschiedet werden soll, die die Grund- und Freiheitsrechte unserer Bürger ganz massiv betrifft.

Ich möchte das ein bisschen ausführen: Der Gedanke der Bundesregierung bezüglich des Freitestens war ja, dass über Massentests eine Lockdownverkürzung für einzelne Menschen erzielt werden sollte, nämlich für jene, die an diesen Massentests teilnehmen und ein negatives Testresultat haben. Da das rechtlich und realpolitisch nicht durchsetz­bar war, kam man nun zu der Idee des Reintestens. Aus meiner Sicht – und ich habe das gestern ja auch schon erwähnt – ist das eine ganz perverse Beweislastumkehr, denn nun wird die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht gestellt, krank zu sein, und jeder einzelne Bürger muss auf einmal aktiv beweisen, dass er nicht krank ist, um am sozialen und gesellschaftlichen Leben wieder teilhaben zu können.

Darüber hinaus ist es nicht nur so, dass es zu dieser Beweislastumkehr kommt, sondern dass man das Ganze auch in Form eines Ermächtigungsgesetzes für den Gesundheits­minister, für Herrn Bundesminister Anschober, festschreibt, wodurch das Recht zur Fest­legung weitgehender Parameter dieser neuen, zu gestaltenden Verordnung direkt auf den Minister übergeht und er frei schalten und walten kann, ohne das Parlament noch einmal zu befragen. Selbstverständlich wird auch dieser Abänderungsantrag wieder oh­ne jegliche Begutachtung, ohne jegliche rechtliche Überprüfung einfach so heute von den Regierungsfraktionen beschieden. Eine Sauerei! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf noch kurz auf den heute ganz aktuell eingebrachten Abänderungsantrag betref­fend die Selbsttests eingehen: Da wird nun festgeschrieben, dass sich jemand, wenn er sich den noch gar nicht auf dem Markt verfügbaren Test zur Selbstanwendung zur Über­prüfung auf eine Sars-Cov-2-Infektion kauft und diesen Test zu Hause durchführt, bei einem positiven Testergebnis sofort und unmittelbar in Heimquarantäne begeben muss, die Behörden kontaktieren muss und dann innerhalb von 48 Stunden getestet werden sollte.

Glauben Sie tatsächlich, dass das die Bereitschaft der Menschen, sich selbst und selbst­verantwortlich zu testen, erhöhen wird? Wie wollen Sie es überhaupt kontrollieren, ob jemand zu Hause ein positives Testergebnis hatte oder nicht? Ist es nicht ein ganz we­sentlicher Grundsatz der Gesetzgebung, dass ein Gesetz auch vollziehbar sein muss? – Offenbar für diese Bundesregierung nicht.

Aber es passt zu dem Ganzen dazu, zu dem Vorgehen dieser Bundesregierung. Im End­effekt spielt es auch gar keine Rolle. Ich bin gestern auch im Hauptausschuss gewesen und habe mir angehört, mit welcher Argumentation die Bundesregierung und die Regie­rungsfraktionen die Ausgangssperren erneut um zehn Tage verlängert haben.

Wenn nicht einmal die eigenen Experten im nächsten Prognosezeitraum eine kritische Situation im österreichischen Gesundheitswesen sehen und die Bundesregierung trotz­dem den Lockdown verlängert, die Schulen weiter zusperren möchte – und das, obwohl das epidemiologisch nach den eigenen Expertenpapieren gar nicht gerechtfertigt ist –, dann ist das gesetzlich durch das Epidemiegesetz nicht gedeckt, dann ist diese Verord­nung rechtswidrig. Ich gehe davon aus, dass das auch von den Gerichten in Zukunft erkannt werden wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe es gestern schon getan, und ich möchte Ihnen noch einmal versöhnlich die Hand reichen und einen konstruktiven Beitrag brin­gen.

Ich bringe auch einen entsprechenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Freiheitli­ches Maßnahmenpaket zu Covid-19“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die gesetzliche Regelungen für folgende Maßnahmen umfasst:

- Das sofortige Ende des Covid-19-Lockdowns

- Die Vorlage von ehrlichen und transparenten Daten als Entscheidungsbasis

- Die verpflichtende Überprüfung und Begutachtung aller bisherigen und künftigen Maß­nahmen

- Den konsequenten und rascheren Schutz der Bevölkerung über 75 Jahre und der Risi­kogruppen

- Die Aufstockung der Behandlungskapazitäten und der Kapazitäten der Gesundheitsbe­hörden“

*****

Denn, um das noch einmal kurz auszuführen, der Lockdown, der harte Lockdown mit der Schließung des Handels und der Schulen, zeigt keinen positiven Effekt mehr, der Soft-Lockdown im November war annähernd genauso effektiv, die Leute tragen das nicht mehr mit.

Wir wollen die Vorlage von ehrlichen und transparenten Daten, um auch eine ehrliche und transparente Entscheidungsgrundlage zu haben, die auch für die Bevölkerung nach­vollziehbar ist. Wir müssen den ganzen Murks, den wir da gesetzlich und verordnungs­mäßig haben, überprüfen, und alle neuen Verordnungen und Gesetze müssen einer or­dentlichen Begutachtung und verfassungsdienstlichen Überprüfung unterzogen werden.

Sie haben den konsequenten und raschen Schutz der Bevölkerung – vor allem der Risi­kogruppe – verabsäumt. Mehr als 3 000 Tote in den Alten- und Pflegeheimen sind ge­nug. Die versprochenen FFP2-Masken sind noch nicht da, der niederschwellige Testzu­gang für diese Bevölkerungsgruppe ist noch nicht da. Das alles haben wir heute schon gehört. Da versagen Sie nach wie vor, da besteht aber rascher Handlungsbedarf.

Auch in Bezug auf die Aufstockung der Kapazitäten, vor allem im Bereich der Gesund­heitsbehörden, zum Beispiel betreffend das Contacttracing, haben die Zahlen, die ges­tern im Hauptausschuss vorgelegt worden sind, gezeigt, dass Sie die notwendigen Schritte und Maßnahmen da noch nicht gesetzt haben, obwohl sie dringlich notwendig wären, damit die Gesundheitsbehörden ihrer Arbeit ordentlich nachkommen können und die Bevölkerung wieder mehr Rechte und Freiheiten hat und nicht willkürlich in ihren Rechten eingeschränkt wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm und weiterer Abgeordneter

betreffend Freiheitliches Maßnahmenpaket zu Covid-19

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 3.) Bericht des Gesund­heitsausschusses über den Antrag 1197/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epi­demiegesetz 1950 und das Covid-19-Maßnahmengesetz geändert werden (629 d.B.) in der 77. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 14. Jänner 2021.

Mehr als ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Österreich herrscht nur mehr pures Chaos bei den Covid-19-Maßnahmen der schwarz-grünen Bundesregie­rung. Mittlerweile befinden wir uns bereits im 3. Lockdown, der von Bundeskanzler Se­bastian Kurz und Gesundheitsminister Anschober den Österreichern verordnet worden sind. Obwohl vor Weihnachten 2020 den Österreichern in Aussicht gestellt worden ist, diesen 3. Lockdown ab dem 18. Jänner 2021 zu beenden, stehen wir vor dem Faktum, dass Schwarz und Grün diesen Ausnahmezustand in Österreich auf unbestimmte Zeit verlängern wollen. Dabei haben Kurz und Anschober die im Covid-19-Maßnahmenge­setz festgelegten Grundlagen, um einen solchen Lockdown festzusetzen und zu verlän­gern, bereits längst verlassen. Ohne auf die tatsächliche gesundheitspolitische Situation im Lande einzugehen, wird das gesamte gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben einfach bis auf ein Minimum zurückgefahren. Die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen dieser unverhältnismäßigen Covid-19-Maßnahmen sind noch gar nicht absehbar und werden in einem großen gesamtgesellschaftlichen, aber auch ökonomischen Mega-Schaden enden.

Dem stellt die FPÖ ein Alternativ-Programm entgegen, das sachpolitisch und verhältnis­mäßig auf die aktuelle Herausforderung durch Covid-19 reagiert:

1. Sofortiges Ende des Lockdowns

Die Situation in den Spitälern hat sich drastisch verbessert, die Infektionszahlen sind deutlich gesunken. Daher ist ein Lockdown-Ende nur logisch. Auch die Schulen müssen dringend zum Präsenzunterricht zurückkehren, da die Schüler keine Risikogruppe dar­stellen. Und inzwischen schadet der Lockdown mehr, als er hilft.

2. Vorlage von ehrlichen und transparenten Daten als Entscheidungsbasis

Die Bevölkerung hat ein Recht auf klare und nachvollziehbare Zahlen. Derzeit setzt sich aber das Zahlenchaos fort, das im Frühjahr begonnen hat. Vor allem die tatsächlich Er­krankten und nicht nur die positiv Getesteten müssen ausgewiesen werden, denn ein positiver Test bedeutet noch keine Erkrankung. Außerdem muss endlich differenziert werden, ob jemand mit oder an Covid19 gestorben ist. Das macht nämlich einen gewalti­gen Unterschied. Aus diesen Zahlen kann man dann vernünftige Prognosen entwickeln.

3. Verpflichtende Überprüfung und Begutachtung aller bisherigen und künftigen Maß­nahmen

Die gegenwärtigen und zukünftigen Maßnahmen müssen einer parlamentarischen und verfassungsdienstlichen Überprüfung und Kontrolle unterzogen und auch mit Experten diskutiert werden. Bisher hat Gesundheitsminister Anschober immer behauptet, seine Gesetzesvorlagen und Verordnungen halten allen rechtlichen Anforderungen stand. Aber das hat sich als falsch erwiesen, viele der Maßnahmen wurden vom Verfassungs­gerichtshof aufgehoben.

4. Konsequenter und rascherer Schutz der Bevölkerung über 75 Jahre und der Risiko­gruppen

Beim Schutz der Risikogruppen hat die Regierung bisher vollkommen gesagt, was man im Herbst vor allem in den Alten- und Pflegeheimen gesehen hat. Die dortigen Todesfälle sind auch auf fehlerhafte Masken zurückzuführen, die Heimbetreiber und -bewohner sind von der Regierung alleingelassen worden. Diese Menschen müssen endlich effektiv geschützt werden.

5. Aufstockung der Behandlungskapazitäten und der Kapazitäten der Gesundheitsbe­hörden

Die Aufstockung der Behandlungskapazitäten und der Kapazitäten der Gesundheitsbe­hörden ist notwendig, weil die Gesundheitsbehörden gerade beim Contact Tracing über­fordert gewesen sind. Die Regierung hat es aber nicht geschafft, rechtzeitig darauf zu reagieren. Auch bei der amtsärztlichen Versorgung herrschen noch massive Defizite.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die gesetzliche Regelungen für folgende Maßnahmen umfasst:

•           Das sofortige Ende des Covid-19-Lockdowns

•           Die Vorlage von ehrlichen und transparenten Daten als Entscheidungsbasis

•           Die verpflichtende Überprüfung und Begutachtung aller bisherigen und künftigen Maßnahmen

•           Den konsequenten und rascheren Schutz der Bevölkerung über 75 Jahre und der Risikogruppen

•           Die Aufstockung der Behandlungskapazitäten und der Kapazitäten der Gesund­heitsbehörden

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz, Sie sind als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.