18.15

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Viele Familien in Österreich sind in Not. Ein Jahr der Pandemie hinterlässt in vielen Familien seine Spuren, und den Familien geht langsam, aber sicher die Luft aus – das betrifft die psychischen Herausforderungen, aber vor allem auch die finanziellen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, wussten Sie, dass fast die Hälfte der österreichischen Bevölkerung über gar keine Rücklagen oder maximal Rücklagen in Höhe eines Monats­einkommens verfügt? Das ist auch der Grund dafür, warum die Schlangen vor den Tafeln und vor den Sozialmärkten immer länger werden: Die Menschen brauchen diese Ange­bote mittlerweile, um über die Runden zu kommen.

Wir beschließen heute hier im Hohen Haus ein Familienpaket in Höhe von 178 Millionen Euro, das die Familien weitgehend mit Einmalhilfen unterstützt: 200 Euro für jedes Kind in der Mindestsicherung, 12 Millionen Euro für Alleinerziehende und 26 Millionen Euro für besonders von Armut betroffene Personen. Das sind Hilfen, die besonders unterstüt­zungswürdigen Gruppen zukommen, und das ist auch der Grund dafür, warum wir die­sem Antrag zustimmen werden, denn einmalige Hilfe ist besser als keine Hilfe.

Wir kritisieren dennoch erneut, dass mit Einmalhilfen nicht nachhaltig geholfen wird. Auch wenn die Regierungsparteien den Begriff Almosenpolitik nicht hören wollen: Genau das ist es, was mit Einmalhilfen gemacht wird! Strukturelle, nachhaltige Hilfe, die lang­fristig Armut verhindert, braucht kontinuierliche Maßnahmen. Bereits vor der Krise fehlte eine langfristige Strategie, mit der Kinderarmut effektiv bekämpft wird: Bereits jedes fünfte Kind ist von Armut bedroht oder betroffen, und da reichen Einmalzahlungen ein­fach nicht aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit dem Antrag der Regierungsparteien werden wir auch die Aufstockung des Corona-Familienhärtefonds um 50 Millionen Euro beschließen – gleichzeitig werden drei Opposi­tionsanträge abgelehnt, in denen Verbesserungen beim Zugang gefordert werden. Lei­der sind nach wie vor bestimmte Familien von der Förderung ausgenommen: Besonders nachteilig wirkt sich die Tatsache aus, dass nur für maximal drei Monate Verdienstent­gang eine Entschädigung aus dem Fonds erhalten werden kann – nach einem Jahr in Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit ist das für viele einfach zu wenig.

Wir stellen daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Richtlinien zum Familienhärteausgleich“

Der Nationalrat möge beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, die Richtlinien des Corona-Familienhärtefonds dahin­gehend zu ändern, dass auch geringfügig Beschäftigte einen Anspruch haben; dass bei getrennt lebenden Eltern beide Elternteile Anspruch haben; dass Selbstständige, unab­hängig des Anspruchs auf Zuwendung aus dem Härtefall der WKO, Anspruch haben und – ganz besonders wichtig – dass Personen, die innerhalb der letzten zwölf Monate mehr als drei Monate arbeitslos oder in Kurzarbeit waren, ein weiteres Mal Unterstützung aus dem Familienhärtefonds bekommen können.

*****

Werte Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie diesem Antrag zu, denn auch diese Fa­milien haben sich unsere Unterstützung verdient! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, es tut mir leid, darf ich Sie noch ein­mal zum Rednerpult bitten? Der Text, der uns vorliegt, entspricht nämlich nicht dem, den Sie vorgelesen haben. Vielleicht können Sie den Beschlusstext vorlesen, der uns vor­liegt! – Bitte schön.

Abgeordnete Petra Wimmer (fortsetzend): Dann lese ich den kompletten Text vor:

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert die Richtlinien des Corona-Fa­milienhärtefonds dahingehend zu ändern, dass

- geringfügig Beschäftigte einen Anspruch auf Zuwendungen aus dem Familienhärteaus­gleich erhalten;

- bei getrennt lebenden Eltern beide Elternteile Anspruch auf Zuwendung haben, sofern Unterhalt für die Kinder bezahlt wird

- Selbstständige, unabhängig vom Anspruch auf Zuwendung durch den Härtefonds der WKO, Anspruch auf Zuwendung durch den Corona-Familienhärtefonds haben,

- Personen, die innerhalb der letzten 12 Monate mehr als drei Monate arbeitslos oder in Kurzarbeit waren, ein weiteres Mal Unterstützung aus dem Familienhärteausgleich er­halten.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer,

Genossinnen und Genossen

betreffend Richtlinien zum Familienhärteausgleich

Eingebracht im Zuge der 89. Sitzung des Nationalrates am 24. März 2021 zur Debatte zum Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 1343/A der Ab­geordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird und das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Bekämpfung pandemiebedingter Ar­mutsfolgen (COVID 19 Gesetz-Armut) geändert wird (753 d.B.)

Je länger die Corona-Pandemie dauert, desto prekärer wird die finanzielle Situation vie­ler Familien. Nach einem Jahr Gesundheitskrise mehrt sich die Zahl jener Eltern, die durch Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit oder geringfügige Beschäftigung in Notsituationen ge­raten sind. Der Familienhärteausgleich soll in diesen Fällen für finanzielle Unterstützung sorgen. In den ausführenden Richtlinien wird ausdrücklich festgelegt, dass das „Ziel der Zuwendungen gem. § 38a Abs. 5 FLAG darin besteht, Familien mit Kindern rasch und unbürokratisch eine finanzielle Unterstützung zur Bewältigung von Mehraufwendungen bzw. Einkommensausfällen aufgrund der Pandemiefolgen zu gewähren“. Allerdings kommen die Hilfen viel zu oft nicht an. Außerdem legen die Richtlinien zum Familienhär­teausgleich auch strukturelle Benachteiligungen fest: So können geringfügig Beschäftig­te nach wie vor keinen Antrag stellen, da Antragsteller*innen „arbeitslos iSd §12 AlVG“ (RL Punkt 2.1) sein müssen und der ALG-Bezug auch bei der Antragstellung nachgewie­sen werden muss. Bei getrennt lebenden Eltern kann nur jener Elternteil den Familien­härteausgleich beantragen, bei dem die Kinder leben. Das schließt somit viele Familien aus, bei denen z.B. der Vater in Kurzarbeit ist, die Kinder jedoch bei der Mutter leben. Ebenfalls nicht anspruchsberechtigt sind Selbstständige, die keinen Anspruch auf eine Förderung durch den Härtefallfonds der WKO haben. Dies trifft z.B. auf Selbständige zu, die zusätzlich einer unselbstständigen Arbeit nachgehen. Außerdem haben Personen, die innerhalb der letzten 12 Monate mehr als drei Monate arbeitslos oder in Kurzarbeit waren, keine Möglichkeit ein weiteres Mal Unterstützung aus dem Corona-Familienhär­teausgleichs zu erhalten. Strukturelle Benachteiligungen durch die Richtlinien zum Fami­lienhärteausgleich müssen endlich beseitigt werden!

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert die Richtlinien des Corona Fa­milienhärtefonds dahingehend zu ändern, dass

-           geringfügig Beschäftigte einen Anspruch auf Zuwendungen aus dem Familien­härteausgleich erhalten;

-           bei getrennt lebenden Eltern beide Elternteile Anspruch auf Zuwendung haben, sofern Unterhalt für die Kinder bezahlt wird

-           Selbstständige, unabhängig vom Anspruch auf Zuwendung durch den Härte­fonds der WKO, Anspruch auf Zuwendung durch den Corona-Familienhärtefonds haben,

-           Personen, die innerhalb der letzten 12 Monate mehr als drei Monate arbeitslos oder in Kurzarbeit waren, ein weiteres Mal Unterstützung aus dem Familienhär­teausgleich erhalten.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Besten Dank, Frau Abgeordnete, der Antrag ist ausrei­chend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte schön.