Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Ministerin! Sie wollen durch eine Änderung des Wettbewerbsgesetzes offensichtlich die Bundes­wettbewerbsbehörde an die kurze Leine nehmen und in ihrem Handeln einschränken. Jetzt berufen Sie sich dabei auf eine EU-Richtlinie. Diese EU-Richtlinie sieht aber le­diglich einen regelmäßigen Bericht vor, der veröffentlicht werden soll. Sie aber wollen einen überschießenden Bericht, eine Berichtspflicht, sodass Sie auch die Möglichkeit haben, zum Beispiel in laufenden Verfahren Informationen zu bekommen, und über die Politik ein Eingriff in diese wichtige Behörde möglich wäre.

In den letzten Jahren hat die Wettbewerbsbehörde oft Kartellabsprachen – zuletzt im Baubereich – aufgezeigt. Es hat also den Anschein, dass die Politik diese unabhängige Behörde an die Leine nehmen möchte.

Deshalb lautet meine Frage:

92/M

„Warum gefährden Sie die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde und den für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabdingbaren Schutz vor politischer Einflussnahme, indem Sie ein überschießendes Aufsichtsrecht über die Bundeswettbewerbsbehörde im Wege einer Änderung des Wettbewerbsgesetzes vorschlagen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Ja, Ihre Frage ist, glaube ich, wichtig. Die Antwort ist ganz klar: dass Sie keine Befürchtungen zu haben brauchen und die Unterstellung, die irgendwie in der Fra­ge auch drinnen ist, so nicht zutrifft, denn die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbs­behörde ist durch eine Auskunftsmöglichkeit in keiner Form eingeschränkt.

Die Bundesverfassung – ich berufe mich nicht nur auf die ECN-Richtlinie, die jetzt umzu­setzen ist, sondern ich berufe mich auf die Bundesverfassung – verlangt ein angemes­senes Auskunftsrecht. Es geht um ein Auskunftsrecht und nicht um eine Auskunftspflicht gegenüber unabhängigen Behörden. Dies ist in einem einfachen Gesetz umzusetzen, und das ist das, was wir jetzt tun.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, zu unterscheiden: Wir haben ein Auskunftsrecht des Mi­nisteriums, und das ist kein Aufsichtsrecht; das ist dem nicht gleichzustellen und ist des­halb aus meiner Sicht nicht überschießend.

Die Begutachtung hat viele Inputs gegeben. Meine Absicht war immer – das hatten wir auch im Vorschlag so verankert, wir werden das aber jetzt noch klarer machen –, dass wir die Vorschläge des OGH auch übernehmen werden, um das ganz, ganz klar zu sa­gen.

Diesen Kommentar haben wir übernommen und wir haben auch noch zusätzliche Klar­stellungen gemacht. In welcher Hinsicht? – Hausdurchsuchungen sind explizit ausge­nommen – im Gesetz erwähnt –, und es gibt in diesem Fall auf keinen Fall ein Auskunfts­recht; das ist mir ganz besonders wichtig. Die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbs­behörde – da geht es um die Unabhängigkeit im Vollzug – ist gewährleistet. Ein Aus­kunftsrecht gibt es aber bei jeder Behörde in Österreich, bei der Finanzmarktaufsicht genauso wie bei der E-Control, genauso wie bei der RTR. Da berufen wir uns auf die Verfassung: Auskunft ist nicht gleich Weisung.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke, Frau Minister! Wir haben natürlich gese­hen, dass Sie auf unseren Antrag, den wir auch schon im Wirtschaftsausschuss einge­bracht haben, und auf die Kritik in der Begutachtung reagiert haben. Es ist wichtig, dass die Auskunftspflicht der Wettbewerbsbehörde zumindest von Hausdurchsuchungen ex­plizit ausgenommen wurde.

In meiner Zusatzfrage geht es mir um ein konkretes Thema: Preissteigerungen von Roh- und Werkstoffen in der Wirtschaft. Ich glaube, das wird Ihnen in den letzten Wochen und Monaten nicht verborgen geblieben sein. Es gibt Anzeichen und Hinweise, dass diese Preissteigerungen auch künstlich herbeigeführt werden, eventuell herbeigeführt worden sind oder werden könnten. Unter anderem sagte Herr Arno Sorger, Präsident des Öster­reichischen Stahlbauverbandes, im Zusammenhang mit gestiegenen Preisen am 13. April 2021 gegenüber der „Österreichischen Bauzeitung“ Folgendes: „Ich glaube, dass es auch mit preispolitischen Maßnahmen, um nicht zu sagen, mit Spekulation am Markt zu tun hat.“Fehler! Linkreferenz ungültig.

Einer Ihrer Vorgänger, Herr Minister Bartenstein, hat in so einem Fall schon einmal die Wettbewerbsbehörde eingeschaltet.

Meine Frage lautet: Werden Sie die Wettbewerbsbehörde einschalten und diesen Vor­würfen nachgehen, und wenn nein, warum nicht?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Danke für Ihren Input. Genau dafür ist eine Bundeswettbewerbsbehörde da, dass sie, wenn es entsprechende Vermutungen und Hinweise gibt, dem nachgeht. Es gibt aber, wie gesagt, im Moment auch kein Auskunftsrecht meiner Behörde gegen­über der Bundeswettbewerbsbehörde. Somit kann ich Ihre Frage, ob sie tätig ist oder nicht, in dieser Hinsicht nicht beantworten. (Abg. Angerer: Das war nicht die Frage!)

Wie gesagt, auch mit aktuellen Fällen beschäftigen wir uns nicht. Unsere Aufsicht ist eher eine generelle Aufsicht und beinhaltet unterschiedliche Themenbereiche, zum Bei­spiel die parlamentarische Verantwortung, die Beantwortung Ihrer Fragen, Regelungs­vorhaben und auch Vorwürfe gegen die Bundeswettbewerbsbehörde, wie zum Beispiel Vorwürfe in Richtung der Uber-Studie und deren Finanzierung. Solche Dinge werden wir in Zukunft entsprechend abfragen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Yildirim. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Ministerin, die Bundeswettbewerbsbe­hörde schützt ja Verbraucherinnen und Verbraucher vor Preisabsprachen insbesondere von großen Konzernen und damit auch davor, dass durch derartige Absprachen Geld von kleinen und mittleren Einkommen zu großen Einkommen und Vermögen fließt.

Wir haben jetzt wirklich gesehen, dass die ÖVP ein ziemlich gestörtes Verhältnis zu un­abhängigen und nicht weisungsgebundenen Institutionen insbesondere in der Justiz hat. Das ist traurig, aber Realität. Daher lautet meine Frage an Sie noch einmal ganz konkret:

Wie stehen Sie zum Vorschlag, die Bundeswettbewerbsbehörde zukünftig im Justizbe­reich anzusiedeln, um die Unabhängigkeit dieser wichtigen Institution zu stärken?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde ist auch in der Zu­ordnung zum Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort gewähr­leistet.

Ich bin genauso Mitglied dieser Bundesregierung und der österreichischen Verfassung verpflichtet. Diesen generellen Vorwurf gegenüber der Justiz, den Sie gemacht haben, muss ich energisch zurückweisen. Dem ist nicht so, wir respektieren und akzeptieren die österreichische Justiz, aber es muss erlaubt sein, einzelne Fälle zu diskutieren, denn das passiert auch von der anderen Seite. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage, 103/M, stellt Abgeordneter Schwarz. – Bitte sehr.