Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Ministerin! Sie wollen durch eine Änderung des Wettbewerbsgesetzes offensichtlich die Bundeswettbewerbsbehörde an die kurze Leine nehmen und in ihrem Handeln einschränken. Jetzt berufen Sie sich dabei auf eine EU-Richtlinie. Diese EU-Richtlinie sieht aber lediglich einen regelmäßigen Bericht vor, der veröffentlicht werden soll. Sie aber wollen einen überschießenden Bericht, eine Berichtspflicht, sodass Sie auch die Möglichkeit haben, zum Beispiel in laufenden Verfahren Informationen zu bekommen, und über die Politik ein Eingriff in diese wichtige Behörde möglich wäre.
In den letzten Jahren hat die Wettbewerbsbehörde oft Kartellabsprachen – zuletzt im Baubereich – aufgezeigt. Es hat also den Anschein, dass die Politik diese unabhängige Behörde an die Leine nehmen möchte.
Deshalb lautet meine Frage:
„Warum gefährden Sie die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde und den für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabdingbaren Schutz vor politischer Einflussnahme, indem Sie ein überschießendes Aufsichtsrecht über die Bundeswettbewerbsbehörde im Wege einer Änderung des Wettbewerbsgesetzes vorschlagen?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Ja, Ihre Frage ist, glaube ich, wichtig. Die Antwort ist ganz klar: dass Sie keine Befürchtungen zu haben brauchen und die Unterstellung, die irgendwie in der Frage auch drinnen ist, so nicht zutrifft, denn die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde ist durch eine Auskunftsmöglichkeit in keiner Form eingeschränkt.
Die Bundesverfassung – ich berufe mich nicht nur auf die ECN-Richtlinie, die jetzt umzusetzen ist, sondern ich berufe mich auf die Bundesverfassung – verlangt ein angemessenes Auskunftsrecht. Es geht um ein Auskunftsrecht und nicht um eine Auskunftspflicht gegenüber unabhängigen Behörden. Dies ist in einem einfachen Gesetz umzusetzen, und das ist das, was wir jetzt tun.
Ich glaube, es ist ganz wichtig, zu unterscheiden: Wir haben ein Auskunftsrecht des Ministeriums, und das ist kein Aufsichtsrecht; das ist dem nicht gleichzustellen und ist deshalb aus meiner Sicht nicht überschießend.
Die Begutachtung hat viele Inputs gegeben. Meine Absicht war immer – das hatten wir auch im Vorschlag so verankert, wir werden das aber jetzt noch klarer machen –, dass wir die Vorschläge des OGH auch übernehmen werden, um das ganz, ganz klar zu sagen.
Diesen Kommentar haben wir übernommen und wir haben auch noch zusätzliche Klarstellungen gemacht. In welcher Hinsicht? – Hausdurchsuchungen sind explizit ausgenommen – im Gesetz erwähnt –, und es gibt in diesem Fall auf keinen Fall ein Auskunftsrecht; das ist mir ganz besonders wichtig. Die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde – da geht es um die Unabhängigkeit im Vollzug – ist gewährleistet. Ein Auskunftsrecht gibt es aber bei jeder Behörde in Österreich, bei der Finanzmarktaufsicht genauso wie bei der E-Control, genauso wie bei der RTR. Da berufen wir uns auf die Verfassung: Auskunft ist nicht gleich Weisung.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.
Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke, Frau Minister! Wir haben natürlich gesehen, dass Sie auf unseren Antrag, den wir auch schon im Wirtschaftsausschuss eingebracht haben, und auf die Kritik in der Begutachtung reagiert haben. Es ist wichtig, dass die Auskunftspflicht der Wettbewerbsbehörde zumindest von Hausdurchsuchungen explizit ausgenommen wurde.
In meiner Zusatzfrage geht es mir um ein konkretes Thema: Preissteigerungen von Roh- und Werkstoffen in der Wirtschaft. Ich glaube, das wird Ihnen in den letzten Wochen und Monaten nicht verborgen geblieben sein. Es gibt Anzeichen und Hinweise, dass diese Preissteigerungen auch künstlich herbeigeführt werden, eventuell herbeigeführt worden sind oder werden könnten. Unter anderem sagte Herr Arno Sorger, Präsident des Österreichischen Stahlbauverbandes, im Zusammenhang mit gestiegenen Preisen am 13. April 2021 gegenüber der „Österreichischen Bauzeitung“ Folgendes: „Ich glaube, dass es auch mit preispolitischen Maßnahmen, um nicht zu sagen, mit Spekulation am Markt zu tun hat.“
Einer Ihrer Vorgänger, Herr Minister Bartenstein, hat in so einem Fall schon einmal die Wettbewerbsbehörde eingeschaltet.
Meine Frage lautet: Werden Sie die Wettbewerbsbehörde einschalten und diesen Vorwürfen nachgehen, und wenn nein, warum nicht?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Danke für Ihren Input. Genau dafür ist eine Bundeswettbewerbsbehörde da, dass sie, wenn es entsprechende Vermutungen und Hinweise gibt, dem nachgeht. Es gibt aber, wie gesagt, im Moment auch kein Auskunftsrecht meiner Behörde gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde. Somit kann ich Ihre Frage, ob sie tätig ist oder nicht, in dieser Hinsicht nicht beantworten. (Abg. Angerer: Das war nicht die Frage!)
Wie gesagt, auch mit aktuellen Fällen beschäftigen wir uns nicht. Unsere Aufsicht ist eher eine generelle Aufsicht und beinhaltet unterschiedliche Themenbereiche, zum Beispiel die parlamentarische Verantwortung, die Beantwortung Ihrer Fragen, Regelungsvorhaben und auch Vorwürfe gegen die Bundeswettbewerbsbehörde, wie zum Beispiel Vorwürfe in Richtung der Uber-Studie und deren Finanzierung. Solche Dinge werden wir in Zukunft entsprechend abfragen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Yildirim. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Ministerin, die Bundeswettbewerbsbehörde schützt ja Verbraucherinnen und Verbraucher vor Preisabsprachen insbesondere von großen Konzernen und damit auch davor, dass durch derartige Absprachen Geld von kleinen und mittleren Einkommen zu großen Einkommen und Vermögen fließt.
Wir haben jetzt wirklich gesehen, dass die ÖVP ein ziemlich gestörtes Verhältnis zu unabhängigen und nicht weisungsgebundenen Institutionen insbesondere in der Justiz hat. Das ist traurig, aber Realität. Daher lautet meine Frage an Sie noch einmal ganz konkret:
Wie stehen Sie zum Vorschlag, die Bundeswettbewerbsbehörde zukünftig im Justizbereich anzusiedeln, um die Unabhängigkeit dieser wichtigen Institution zu stärken?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde ist auch in der Zuordnung zum Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort gewährleistet.
Ich bin genauso Mitglied dieser Bundesregierung und der österreichischen Verfassung verpflichtet. Diesen generellen Vorwurf gegenüber der Justiz, den Sie gemacht haben, muss ich energisch zurückweisen. Dem ist nicht so, wir respektieren und akzeptieren die österreichische Justiz, aber es muss erlaubt sein, einzelne Fälle zu diskutieren, denn das passiert auch von der anderen Seite. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage, 103/M, stellt Abgeordneter Schwarz. – Bitte sehr.