Robert EGGHART: Und der Wolfgang hat gesagt, "der ist aber fesch, der Stresemann, den du da anhast!", sage ich: "Du, Wolfgang, das ist ein Cut!"
Lothar MÜLLER: Dann habe ich meine Schublade abgemessen und bin in das G’schäft da hinten gegangen und hab‘ einen Milka-Osterhasen gekauft, der größer war, also breiter war als die Schublade hoch.
Wolfgang ENGELJEHRINGER: Und irgendwie hat das den Brandmelder oberhalb gestört und hinterher kamen also 16 Mann mit Helm den Gang herauf.
Clemens HAIPL: Herzlich willkommen zurück im Gedächtnis des Parlaments!
Ein Parlament ist ein Ort, an dem wichtige Beschlüsse und Gesetze getroffen werden, dank derer sich das Leben vieler Menschen verändern kann. Drum ist es wichtig, dass die Abgeordneten auch mit dem nötigen Ernst an der Sache sind. Das ist alles keine Kinderjaus'n. Aber ganz so ernst zugehen muss es auch nicht immer. Ab und zu ist ein bisschen Spaß erlaubt. Ja sogar im Parlament. Sogar ein ziemlicher Spaß. Das schauen wir uns heute genauer an
Jingle Geschichte(n) aus dem Parlament
HAIPL: Hier und jetzt in diesem Podcast hören Sie persönliche Erinnerungen und Anekdoten von ehemaligen Mitgliedern des National- und Bundesrats, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der parlamentarischen Klubs und der Parlamentsdirektion aus den Archiven des Parlaments der letzten Jahre. Und diese erinnern sich ab und zu auch an durchaus Lustiges und Kurioses. Davon wollen wir heute in dieser Folge etwas mehr erfahren.
Lachen ist ja gesund, sagt der Volksmund. Andererseits sagt der Clemens Haipl: Es gibt auch den tödlichen Witz von Monty Python. Egal. Daher darf es jedenfalls im Hohen Haus trotz aller Ernsthaftigkeit ab und zu schon auch heiter hergehen. Lothar Müller zum Beispiel, Nationalratsabgeordneter der SPÖ, dem ist da mal etwas eingefallen. Der Vorfall hat sich ereignet Anfang/Mitte der 90er Jahre. Der Herr Lothar Müller war da Nationalratsabgeordneter der SPÖ. Robert Lichal von der ÖVP war Zweiter Nationalratspräsident. Er führt also auch Vorsitz bei Nationalratssitzungen, wofür er im Nationalratssaal am erhöhten Präsidium sitzt. Lothar Müller hatte da jedenfalls einen durchaus guten Einfall:
MÜLLER: Einmal vor Ostern habe ich mir gedacht ... er hat ja keine größere Schublade gehabt als wir, auch der Präsident hat das kleine Schubladele g’habt, dann habe ich meine Schublade abgemessen und bin in das G’schäft da hinten gegangen und hab‘ einen Milka-Osterhasen gekauft, der größer war, breiter war als die Schublade hoch. Den habe ich unters Sakko gesteckt, bin zu ihm raufgegangen, da hat er wieder besonders nett ... Was ist denn, Herr Kollege? – Ich hab‘ gesagt: Gar nichts ist, ich schenk‘ Ihnen was!, und ich habe den violetten Osterhasen zu ihm raufgestellt – den hat er naturgemäß genommen. Und dann haben auf einmal alle zum Lachen angefangen. Da hat er natürlich mitlachen müssen am Anfang, aber auf Dauer hat er als Präsident nicht dulden können, dass ein violetter Osterhas' neben ihm steht. Dann wollte er ihn in die Schublade reintun, das ist nicht gegangen, und ich habe raufgerufen: Wenn Sie den kaputt machen, sage ich zu Ihnen Osterhasenmörder! – Dann hat er den unter großem Gelächter (lacht) hinaustragen lassen. Und vor zwei Jahren kommt er auf einmal – das muss man sich vorstellen, das ist schon 20 Jahre danach – vom Hotel Europa umagschossn, und ich geh grad zum Bahnhof: Sie, hat er gesagt, Sie gehen jetzt strafweise mit zum Akademikerverband der ÖVP und horchen sich mein Referat an! – Wieso denn? – Wegen dem Osterhasen! – (lacht) Der Osterhase…
HAIPL: Ja, der Osterhase. Andererseits der Lothar Müller war ja auch studierter Theologe, insofern birgt er sehr viel guten Humor. Abgemessen hat Lothar Müller die Schublade, damit der Osterhase auch wirklich draußen auf dem Tisch stehen muss. Das ist gute Vorbereitung! Brave, gute Mitarbeit. Zufällig und völlig unvorbereitet erwischte es allerdings einmal ein anderes Mitglied des Nationalrats – ganz ohne fremdes Zutun, wie Wolfgang Engeljehringer weiß. Der war lange Jahre Mitarbeiter in der Parlamentsdirektion und unter anderem für die Sicherheit im Parlament zuständig. Und da gab es diesen Zwischenfall, der eingeheizt hat:
ENGELJEHRINGER: Bei einem echten Alarm war die Feuerwehr beim Wirtschafts-Tor 2 innerhalb von zweieinhalb bis drei Minuten da. Also das ist wirklich super schnell gegangen. Ich kann mich erinnern als eine Präsidentin, Dritte Präsidentin des Nationalrates, in ihrer Küche ein Huhn gekocht hatte und irgendwie hat das den Brandmelder oberhalb gestört und hinterher kamen also 16 Mann mit Helm den Gang herauf schon in der Belle-Etage und sie hat gesagt, "habe ich schon gesagt, das ist nichts, das ist nichts." Ich kann‘s nicht aufhalten. Die müssen zum Brandausmeldeort hingehen.
HAIPL: Möglicherweise war das alles nur ein Missverständnis und die Feuerwehr wollte eigentlich nur das arme Hendl retten. Was weiß man?! So Streiche Osterhasen und Hendln passieren auch im Parlament wie wir sehen. Nun aber noch ein Thema, das Parlamentsmitarbeitende hin und wieder zum Schmunzeln bringt. Es gibt nämlich noch besondere Anlässe als sonst, bei denen Abgeordnete sich schick machen, erzählt Robert Egghart. In dem Fall seine Angelobung im Nationalrat. Für ihn heißt es: nicht Smoking oder Frack, sondern Cut oder Stresemann. Für alle, die unter hundert Jahre alt sind, ein "Cut" und ein "Stresemann" sind zwei festliche Anzüge. Wobei der Stresemann nach einem ehemaligen deutschen Außenminister benannt ist. Und für alle, die sich auch schick machen wollen, oder mal im Nationalrat angelobt werden wollen: Zum Stresemann trägt man einen sogenannten Homburg-Hut, eine Melone aber bitte keinesfalls einen Zylinder.
EGGHART: Ich habe mir damals überlegt, ob ich mir einen Stresemann anziehen soll oder gleich den Cut, weil ich das gekannt habe an und für sich aus der Zweiten Republik. Also sämtliche Bundespräsidenten bei Angelobungen haben das immer getragen. Und ich habe mir gedacht, eigentlich der Würde des Hauses entsprechend und auch dem Anlass entsprechend meiner Person gegenüber selbst, sollte ich mir eines dieser beiden Kleidungsstücke anziehen und dann habe ich gesagt, zum Eierlegen g’hört‘s Gackern, also nehmen wir lieber gleich den Cut aus dem Kasten. Das war natürlich schon ein Aufsehen, wie ich in den Klub gekommen bin, bevor wir hinuntergegangen sind, in den Sitzungssaal.
HAIPL: Im Sitzungssaal saß schon Wolfgang Schüssel, der alte Styler, man kennt ihn ja mit seinen wunderschönen Mascherl. Er saß da jedenfalls noch Nationalrats-Abgeordneter der ÖVP – später dann Bundeskanzler - und dem entging dieser wunderschöne Look zur Angelobung von Robert Egghart natürlich nicht:
EGGHART: Na gut, und wir kommen dann hinunter, den Wolfgang Schüssel kannte ich schon länger, der ist schon gesessen und die Liesl Gehrer eine Stufe höher und der Wolfgang hat gesagt, "der ist aber fesch, der Stresemann, den du da anhast!", sage ich, "du, Wolfgang, das ist ein Cut!"
HAIPL: Zum Cut trägt man übrigens eine besondere Krawatte. Nämlich einen sogenannten Plastron. Kann auch eine Schutzkleidung beim Sportfechten sein, deswegen vielleicht der Zusammenhang zum Cut. Man merkt, wir machen mit dem Podcast wirklich Geschichte und Bildung auf allerhöchstem Niveau…
Mit welcher Krawatte man den Cut kombiniert, weiß Robert Egghart natürlich, als er von der früheren Bildungsministerin Elisabeth Gehrer auf seinen wunderschönen Anzug, also sein Outfit, angesprochen wird:
EGGHART: Auf einmal schaut die Liesel Gehrer so von oben herab – eine Stufe höher –, so wie wenn eine Alte auf die Taube schaut, und sagt: "Was ist denn das, was Sie da anhaben?" Sage ich: "Frau Bundesminister! Wenn Sie über den Weißwurst-Äquator drüberschauen, dann sehen Sie das öfter. Das hat man in Deutschland an, bei großen Anlässen, bei Hochzeiten, und in England bei Rennen." Da habe ich mir gedacht, jetzt habe ich sie eigentlich genügend beleidigt mit dem. Na, sie war hartnäckig und sagte: "Na, und was ist denn das, was Sie da um den Hals haben?" Sage ich: "Gnä’ Frau, das ist ein Plastron." Und dann ist der Höhepunkt gekommen: "Und das tragen Sie immer?" "Nein, immer nur zu Angelobungen!"
HAIPL: Also, was sich liebt, das neckt sich. Das gilt natürlich auch fürs Parlament. Sind ja auch nur Menschen. Man nimmt sich’s aber auch nicht lange übel.
Zum Abschluss noch eine kleine Anekdote, die gewissermaßen auch etwas mit einem Kleidungsstück zu tun hat, oder mit einem Accessoire sagen wir es so. Erika Seda, ehemalige Nationalratsabgeordnete der SPÖ, ist folgende Szene mit dem ehemaligen SPÖ-Abgeordnetem Franz Horr in Erinnerung. Franz Horr ist übrigens der, nach dem das Horr-Stadion benannt war, weil er Präsident vom Wiener Fußball-Verband war:
Erika SEDA: Da war eine Fragestunde. – Ein Polizist hat einer Dame ein Handtaschl weggenommen – Soronics als Innenminister saß oben, der Horr, der saß vorne in der ersten Reihe, der Soronics auf der Ministerbank. Die Fragestunde war aus, die Debatte, ob das Taschl der Frau mit Recht weggenommen wurde oder nicht, wurde nicht geklärt.
HAIPL: Die Sitzung nimmt ihren Lauf und der nächste Tagesordnungspunkt startet. Themenwechsel. Nur ein Abgeordneter scheint nicht ganz bei der Sache gewesen zu sein.
SEDA: Unser Mann, der Oppositionelle, ist der erste Redner. Er geht hinaus, es kommt zu einer Debatte, es wird ein bisschen laut, der Horr wird munter, schaut auf den Soronics und schreit: "Und geben Sie der Dame das Taschl zurück!" Die haben gesagt: "Sei ruhig!" "Geben Sie der Dame das Taschl zurück!"
HAIPL: Na, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht weiter zu sorgen. Kann mich erinnern, mir haben sie öfter in der Schule gesagt: Du brauchst den Kopf auch nur, damit es in den Hals nicht reinregnet. Na, was soll’s! Immer gut aufpassen, und mitdenken. Auch im Parlament. Nicht nur in der Schule oder im Straßenverkehr.
Das war es mit dieser Folge zu kuriosen "Geschichte(n) aus dem Parlament". Wenn Sie Fragen, Anmerkungen oder Kritik haben, oder uns einen Streich spielen wollen, Sie Lauser, Lauserin, dann schreiben Sie uns gerne. Das geht an die E-Mail-Adresse Podcast@parlament.gv.at oder auf den diversen Social-Media-Kanälen des österreichischen Parlaments. Und bitte nicht übertreiben. Wir haben schon ein bissel Humor aber bitte nicht über die Stränge schlagen. Obwohl: Warum eigentlich nicht? Geben Sie’s uns, volle Breitseite. Wir vertragen das schon.
Wenn Ihnen diese Folge gefallen hat, dann hinterlassen Sie uns auch gerne ein Abo oder eine Bewertung.
Ich bin Clemens Haipl und sage Tschüß und bis zum nächsten Mal.
Jingle "Geschichte(n) aus dem Parlament"