Gottfried KNEIFEL: Oft sagen Minister, wenn sie zu einer Aktuellen Stunde kommen, zu einer Fragestunde oder wenn sie eine Gesetzesmaterie durchbringen wollen, sie befinden sich im Wohnzimmer des Parlaments, wenn sie im Bundesrat agieren und dort auftreten.
Anna Elisabeth HASELBACH: Aber ursprünglich bin ich mal in den Bundesrat mit Freude hinein, so mit dem Hintergedanken, eine wunderbare Gehschule.
Monika MÜHLWERTH: Und eigentlich ist ja die Aufgabe des Bundesrates, die Kontrolle der Regierung. Das ist ja gar nicht so sehr der Nationalrat oder die Oppositionsparteien per se.
Clemens HAIPL: Bundesrat? Was ist das? Was macht der? Wofür braucht man den? Kann nichts bestimmen, hat keine Funktion… Klischees über den österreichischen Bundesrat gibt es genug. Aber weit gefehlt. Der österreichische Bundesrat hat eine ganze Menge wichtiger Funktionen, und die wollen wir heute ein wenig näher erörtern.
Jingle
HAIPL: Einen wunderschönen guten Tag und herzlich willkommen bei Geschichten aus dem Parlament. In diesem Podcast hören Sie Anekdoten und persönliche Erinnerungen von ehemaligen Mitgliedern des National- und Bundesrats, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der parlamentarischen Clubs und der Parlamentsdirektion. Die Aufnahmen stammen aus den Archiven des Parlaments aus den letzten Jahren. Und sie geben uns vor allem eins, Einblicke ins Parlament. Heute wollen wir mal einen Blick in die zweite Kammer des Parlaments werfen, den Bundesrat. Er übt gemeinsam mit dem Nationalrat die Gesetzgebung des Bundes aus. Der Bundesrat wird nicht direkt vom Volk gewählt. Die Mitglieder dort werden von den Landtagen entsendet und daher wird er auch Länderkammer genannt. Die Zusammensetzung des Bundesrats hängt vom Stärkeverhältnis der Parteien in den Landtagen der Bundesländer ab und ändert sich deswegen immer wieder, je nach Landtagswahl. So ein System mit zwei Kammern gibt es in vielen Ländern, meist um unter anderem bestimmte Interessen repräsentieren zu können. Dahinter steckt der Gedanke, dass ein demokratisches System der Checks and Balances, also der Gegengewichte im Willensbildungsprozess, bedarf. Das klingt jetzt alles etwas trocken und theoretisch. Aber was verbinden die Mitglieder des Bundesrats mit ihrer Kammer und wie sehen sie ihre Rolle im Gesetzgebungsprozess? Gottfried Kneifel von der ÖVP war dreimal als Präsident im Bundesrat einberufen und insgesamt stolze 16 Jahre Mitglied des Bundesrats. Wie wird der Bundesrat wahrgenommen?
KNEIFEL: Oft sagen Minister, wenn sie zu einer Aktuellen Stunde kommen, zu einer Fragestunde oder wenn sie eine Gesetzesmaterie durchbringen wollen, sie befinden sich im Wohnzimmer des Parlaments, wenn sie im Bundesrat agieren und dort auftreten. Man muss natürlich eingestehen, dass die Debatten im Bundesrat nicht so hitzig sind wie im Nationalrat, weil dort ist das erste Aufeinandertreffen von Gesetzesmaterien. Und hier wird eben vielleicht emotionaler und vielleicht persönlicher oder manchmal auch polemischer argumentiert. Aber ich glaube, das ist genau wichtig im Sinne von Checks and Balances auch eine Kammer zu haben, wo man nicht so streitet, wo man eigentlich zivilisiert verschiedene Dinge austrägt und auch vermeintliche Konflikte zivilisiert austrägt, in einem harmonisch, aber in einem, oder wie man halt umgeht mit normalen Menschen. Dort ist eigentlich der politische Alltag für mich. Der politische Alltag, die Normalität auch für den Wähler und für die Wählerin, ist dort greifbarer.
HAIPL: Wohnzimmer des Parlaments? Ich weiß ja nicht, wie es bei Ihnen zu Hause ausschaut, vielleicht haben Sie sogar zwei Kammern? Aber zumindest können Sie die Bundesratssitzungen auch von Ihrem Wohnzimmer aus anschauen. Und hier berichtet Monika Mühlwerth von der FPÖ von einer Umfrage, wie der Bundesrat so bei den Leuten ankommt.
MÜHLWERTH: Wir haben da, der Präsident damals von der Steiermark, ich glaube, das war der Kollege Hammer hat einmal, da gab es ja schon auf ORF III diese Liveübertragung der Bundesratssitzung, und der hat damals eine Umfrage gemacht, wie viele Leute schauen sich das an? Wen interessiert das überhaupt? Proportional zum Nationalrat haben sich das eigentlich mehr Leute angeschaut. Interessanterweise. Aber interessant fand ich, was die Leute gesagt haben. Sie haben gesagt, es geht vielmehr um das Thema, beim Bundesrat. Also sie wissen dann, worüber jetzt diskutiert wird. Es kommen auch die Redner besser zu Wort, das heißt, sie werden nicht so oft unterbrochen, und auch die Minister antworten ausführlicher. Und da bekommen sie ein rundes Bild und es hat ihnen gut gefallen. Das war jetzt natürlich eine Miniumfrage und nicht ein Sample von 500.000, aber ich fand das schon interessant, dass die Leute im Bundesrat das Gefühl haben, dass sie da mehr erfahren und dass sie mehr wissen um welches Gesetz es da jetzt geht.
HAIPL: Aber auch Politikerinnen und Politiker nehmen im Bundesrat die Stimmung irgendwie anders wahr als im Nationalrat. Etwa Anna Elisabeth Haselbach, Bundesrätin für die SPÖ.
HASELBACH: Ich habe das sogar immer als sehr positiv empfunden, weil für mich, das hat sich dann anders herausgestellt, aber ursprünglich bin ich mal in den Bundesrat hat mit Freude hinein, so mit dem Hintergedanken, das ist eine wunderbare Gehschule. Da sitzen nicht 20 Journalisten hinten, die dich dann zerpflücken. Du kannst dir Fehler erlauben. Du lernst usw.. Ich habe das durchaus als positiv empfunden.
HAIPL: Für Irmtraud Karlsson von der SPÖ war es eine sehr gute Lehrschule, zuerst im Bundesrat zu sitzen, ehe sie in den Nationalrat wechselte.
Irmtraut KARLSSON: Aber der Bundesrat hat den einzelnen Bundesräten die wirkliche Gelegenheit gegeben, sich in diese parlamentarische Arbeit einzuarbeiten. Beim Nationalrat war die Situation so, und ich habe selber erlebt, wie schwer das für mich war, wenn ich nicht in dem Ausschuss bin, und da gab es für manche Ausschüsse wirklich Wartelisten und Gerangel und Getue, darf ich ein anderes Thema nicht mit dazu reden oder nicht mehr anrühren? Wo viele Leute waren, war das immer so ein Vorgerangel. Ja. Und beim Bundesrat war das egal. Da hat der Vizepräsident, also des Bundesrates, unser Fraktionsführer, einfach gesagt: Wer will dazu reden? Ich. Und das war‘s.
HAIPL: Andreas Mölzer unter anderem Bundesrat für die FPÖ sieht den Bundesrat unter anderem auch als Kaderschmiede und hebt den guten Austausch unter den Parteien hervor.
Andreas MÖLZER: Na ja, einerseits politische Lehrwerkstätte, andererseits politisches Altenteil. Das war damals irgendwo das Gefühl, das man hatte. Und es gab ja immer die Diskussionen über die Notwendigkeit der Länderkammer, gibt es ja bis heute. Wobei ich durchaus es als angenehm empfunden habe, auch nicht nur, was die parlamentarische Entscheidungstätigkeit des Bundesrats oder der zweiten Kammer betroffen hat, sondern auch, was den politischen Austausch mit den übrigen Parteien betroffen hat.
HAIPL: Durch die Länderkammer, wie der Bundesrat auch genannt wird, wirken die Länder an der Entstehung von Gesetzen im Bund mit. Da braucht es konstruktive Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Dazu Christoph Hagen, der unter anderem für die FPÖ, BZÖ und Team Stronach im Parlament saß:
Christoph HAGEN: Und der Bundesrat ist schon eine interessante Institution. Meiner Meinung nach sollte er etwas mehr Rechte bekommen, damit die Familie der Bundesländer etwas stärker in Gesetze eingebracht werden kann. Ja, der Bundesrat ist halt, der wäre ja stärker gedacht, wenn man andere Staaten anschaut da ist ja die zweite Kammer viel mächtiger. Es war ja in Österreich auch so gedacht zuerst. Ist dann aber nicht umgesetzt worden. Und weil man vielleicht das nicht wollte, aus gewissen Gründen. Was ich vorher schon erklärt habe, man will sie nicht in die Suppe spucken lassen von oben. Und dann ist halt der Bundesrat irgendwo in einem Dornröschenschlaf hängengeblieben und das ist das Problem. Also wenn, dann müsste man ihn halt mächtiger machen, dann hätte er auch mehr Bedeutung wie in anderen Staaten, wo die zweite Kammer einfach teilweise der ersten Kammer fast gleichgestellt ist
HAIPL: Mächtiger machen? Der Bundesrat ist doch Teil der Gesetzgebung. Wie sieht das Herwig Hösele von der ÖVP?
Herwig HÖSELE: Ja, Sie wissen das ja, wie es in der Verfassung vorgegeben ist. Und das ist ein relativ unbefriedigendes Verfahren, weil der Bundesrat ja in Wahrheit erst am Ende des Gesetzgebungsprozesses steht und dort dann entweder sagen kann, Nein. Er kann aber nicht einmal, er kann ein paar Druckfehler ändern, also das ist das Einzige, was ihm verfassungsrechtlich zusteht. Er kann aber nicht sagen, ich bin prinzipiell für das Gesetz, aber Paragraf 17 ist aus Ländersicht anders zu gestalten. Dann müsste er das gesamte Gesetz, Gesamtheit ablehnen. Und dieser Schritt, vor diesem Schritt weicht man zurück, aus verständlichen Gründen. Und das Zweite ist, der Bundesrat kann zwar selbst auch Gesetzesentwürfe einbringen in das Gesetzgebungsverfahren, aber es obliegt den jeweiligen Nationalratsausschuss ob er das dann jemals auf die Tagesordnung setzt. Und wir haben das x-mal erlebt, weil wir ja eigentlich wollten ein Stellungnahme Recht des Bundesrates schon im Gesetzwerdungsverfahren und einmal hab ich das selbst eingebracht als Erstunterzeichner. Und das ist vor mir eingebracht worden, nach mir eingebracht worden. Ich weiß nicht, ob es heute noch Übung ist, aber ich glaube, es ist immer wieder eingebracht worden, und das ist jeweils im Nationalratsausschuss versandet, weil der hohe Nationalrat möchte sich da nicht hinein pfuschen lassen. Was aber sehr schade ist, weil du damit nur durch Netzwerken, durch Meinungsbildung im Klub und sozusagen in Gesetzwerdungsverfahren beeinflussen kannst und erst ganz am Schluss des Gesetzgebungsverfahrens stehst.
HAIPL: Es geht also um die Mitwirkung der Bundesländer an der Gesetzgebung des Bundes, also dass die Bundesländer auch mitbestimmen können. Das klingt alles sehr theoretisch und schwierig. Aber wie sieht es mit den Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern in der Praxis aus? Theresia Haidlmayr Von den Grünen.
Theresia HAIDLMAYR: Man könnte schon sehr viel auf Bundesebene vereinheitlichen. Aber was lässt sich das Land wegnehmen? Das Einzige was ich mir denke, was sicher gemacht gehört, ist, ich mein die Länder sagen, was sie Lehrer brauchen und der Bund hat zu brennen. So geht es aber auch nicht. Aber das war immer so, und weil es immer so war bleibt es auch so. Und das sehe ich nicht ein, gewisse Dinge. Auf der anderen Seite ist auch so im Schienenverkehr, da war es ja früher so, die Länder haben gesagt was sie brauchen an Schienen und der Bund hat es gebrannt und jetzt haben sie das geändert. Das heißt, wenn die Länder jetzt schon Regionalbahnen haben wollen usw., dann müssen sie es selber zahlen, mit dem Ergebnis, dass es das nicht mehr gibt. Und das ist dann immer die heikle Geschichte dazwischen.
HAIPL: Auch Gottfried Kneifel sieht einen gewissen Optimierungsbedarf.
KNEIFEL: So wie es jetzt läuft, ist es nicht 100 prozentig zufriedenstellend, wenn ich das so ausdrücken darf. Ich glaube, dass man, aber da müssen sich die Parteien selber an der Nase nehmen, ich glaube, dass besonders Materien die. Verfassungsgebend sind, also die Verfassungsmaterien sind und die Länder wesentlich berühren, also Materien, die wesentlich die Länder berühren, man ohne weiteres vom Bundesrat initiieren könnte, derartige Gesetze, wenn es um Verfassungsänderungen geht, wenn es um Mitspracherechte geht, wo sowieso der Bundesrat auch ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht hat. Die könnte man ohne Weiteres gleich von der Länderkammer starten, weil damit ja auch der Bereich der Länder abgedeckt wäre. Wenn dort eine Initiative gestartet, die sicherlich auch mit der mit der Landeshauptleutekonferenz mit den Landtagspräsidenten akkordiert wäre.
HAIPL: Grundlegender gestaltet sich das Problem für Erhard Busek von der ÖVP.
Erhard BUSEK: Ja, und hier muss man sehr kritisch sagen, dass der Föderalismus, muss hier ganz entschieden einer Diskussion unterworfen gehört, wie der parlamentarisch bewältigt wird. Diese Entscheidungsebenen, wo die Landeshauptleutekonferenz, als eine Einrichtung die es gar nicht gibt verfassungsrechtlich, hier eine ganz entscheidende Rolle spielt, ist mehr als problematisch. Man muss mal sehr kritisch sagen, dass sich das Parlament darüber eigentlich bislang nicht sehr den Kopf zerbrochen hat darüber. Im Gegenteil, es schleppt den Bundesrat mit, seit Ewigkeiten, mit so gut wie keiner wie immer geartete Rolle. Das ist eine der Einsparungen, die dringend möglich wären. Der täte es die Landeshauptleutekonferenz quasi auch. Aber da muss man sehr kritisch sagen, die Sehnsucht der politischen Parteien, da kann es leicht Mandate besetzen und damit interne parteiliche Wünsche befriedigen, als dass das überhaupt eine parlamentarische Funktion hat.
HAIPL: Auch Heide Schmidt sieht die Rolle des Bundesrats eher kritisch.
Heide SCHMIDT: Selbst wenn ich davon absehe, dass ich aus der Opposition kam, war es mir nicht sinnhaft, ein solches parlamentarisches Instrument so aufrechtzuerhalten. Mit dem Aufwand, mit der formalen Aufgabe, die inhaltlich, politisch eigentlich so überhaupt nichts bringt. Und ich glaube, da hat sich nicht viel geändert, auch wenn die Zusammensetzung heute eine andere ist. Aber es hat sich nichts geändert, und das weiß ich schon, dass es in den meisten Demokratien ein Zweikammersystem gibt. Aber solange man den Bundesrat nicht gravierend verändert und ich würde fast sagen ihn durch etwas anderes ersetzt, sehe ich ihn eher als eine traditionelle Einübung für Jungpolitikerinnen und -politiker oder als ein Auslaufmodell für jene, die man verdient, dort noch hinschickt. Aber demokratiepolitisch bringt das herzlich wenig.
HAIPL: Es klingt ja fast nach Abschaffung des Bundesrats. Aber gleich so drastisch? Der Bundesrat und auch der Föderalismus sind schließlich tief in unserer Demokratie verwurzelt, wie Andreas Mölzer unterstreicht:
MÖLZER: Ich glaube schon, dass das wichtig ist, auch wenn es vielleicht ein Prozess ist, der das umständlicher macht alles. Auch diese Form des Föderalismus. Aber es sind diese Länderidentitäten historisch und auch emotional in der österreichischen Bevölkerung so tief verankert, dass das ein schwerer Fehler wäre, das aufzugeben. Ich war ja zu der Zeit auch Vorsitzender der Freiheitlichen Parteiakademie, und wir haben damals eine Debatte über die Dritte Republik usw. mit Professor Brauneder und anderen Verfassungsrechtlern geführt. Und da hat man das oft angesprochen, ist es notwendig, sollte man das nicht reduzieren auf drei? Kärnten, Steiermark gemeinsam und, und, und. So drei große Bereiche und ist der Bundesrat notwendig? Man hat vieles in Frage gestellt. Letztlich aber muss ich sagen im Nachhinein ist die existierende Funktion des Bundesrats und auch des Föderalismus doch eine, zu der es wenig Alternativen gibt.
HAIPL: Also abschaffen sollte man ihn nicht, aber sich weiterzuentwickeln geht ja immer. Anfang der 2000er Jahre gab es etwa einen Verfassungskonvent zur Modernisierung der Bundesverfassung, an den sich Herbert Haupt von der FPÖ erinnert.
Herbert HAUPT: Ich bin damals schon der Meinung gewesen und ich bin es auch heute noch, die Meinung, die ich auch im Konvent vertreten habe, 2000, Verfassungskonvent, das also unser jetziger Bundesrat in der jetzigen Form dringend sanierungsbedürftig ist. Es gibt also das Vorbild des Deutschen Bundestages, wo wir so die Länderinteressen gleichermaßen einfließen. Meine Vorstellung wäre, dass man dem Bundesrat auch die Kompetenzen über die Finanzen und den Finanzausgleich mitgibt. Das wäre dafür höchste Zeit, dass man den Bundesrat tatsächlich um die Kompetenzen der Bundesländer, wenn man den Föderalismus stärken will und um eine gerechte Aufteilung, was Länder, Bund und Gemeinden machen, hier in entsprechender Form endlich angeht.
HAIPL: Es wird also viel über die Abschaffung oder zumindest eine Reform des Bundesrats nachgedacht. Die Länder seien zu stark, der Nationalrat ja eigentlich viel wichtiger. Lauten dabei oft die Argumente. Dabei hat auch die Länderkammer starke Möglichkeiten und wichtige Funktionen. Dazu Monika Mühlwerth von der FPÖ:
MÜHLWERTH: Und so ist es ein Dauerbrenner geworden. Aber ich glaube trotzdem, wenn man sich die Geschäftsordnung anschaut und die Möglichkeiten, dass da ja eh schon genug wäre, dass man nur nützen müsste. Aber das wird leider auch zu wenig genützt. Und dann ist er natürlich in der in der Wahrnehmung nicht besonders groß und letzten Endes zu dem Schluss gekommen ist, dass die zweiten Kammern schon ihre Berechtigung haben in der Kontrolle. Und eigentlich ist ja die Aufgabe des Bundesrates, die Kontrolle der Regierung. Das ist ja gar nicht so sehr der Nationalrat oder die Oppositionsparteien per se, sondern das wäre eigentlich von der Verfassung her der Bundesrat, der den Regierenden auf die Finger entsprechend schaut.
HAIPL: Gottfried Kneifel gibt ein Beispiel.
KNEIFEL: Ich habe versucht, bei meiner zweiten Präsidentschaft eine Gesetzesinitiative zu initiieren. Ein Gesetzesantrag vom Bundesrat aus, was die Verfassung ermöglicht. Und ich wollte mal wissen, wie ich das Instrumentarium, da wollte ich das Werkzeug einmal ausgeizen. Und das ist gelungen, wenn man entsprechende Verbündete einholt. Es ist natürlich mühsam, weil man muss zuerst einmal die Hürden der eigenen Partei überwinden. Man muss dann für die Materie die anderen gewinnen, im Bundesrat. Man muss dann den zuständigen Minister auch der, der dafür zuständig ist, gewinnen. Man muss dann, wenn es um eine Verfassungsänderung geht, wie zum Beispiel beim Gemeindekooperationsgesetz, das ich damals initiiert habe und das am 1. Oktober 2006 in Kraft getreten ist, auch natürlich dann die Verfassungsmehrheit sicherstellen. Das hieß in der letzten Nacht gelungen, mit einem sehr verständnisvollen Mandatar, Präsident Mitterer, der allzu früh verstorben ist, der mir damals in die Hand versichert hat, in der Nacht vor der Abstimmung in meinem Büro, im Präsidentenbüro, ja, wir gehen hier mit. Wir sind zwar keine Regierungspartei, aber wir helfen hier mit, weil es eine sinnvolle Angelegenheit ist. Das sind schon Sternstunden eines Mandatars, wenn man als Bundesrat eine Gesetzesinitiative in den Nationalrat schicken kann. Und das ist damals gelungen.
HAIPL: Herwig Hösele erinnert sich an ein weiteres Beispiel als der Bundesrat eine gewichtige Rolle bei einem sehr wichtigen Gesetz spielte.
HÖSELE: Es hat ein sehr großes Budgetbegleitgesetz im Jahr 2003 gegeben, im Juni 2003. In der war die Pensionsreform, in dem war der heute viel kritisierte Eurofighterkauf bzw. die Finanzierung des Eurofighterkaufs und innerhalb des Koalitionspartners, der ÖVP, also der FPÖ, hat es da große…Wir hätten zusammen eine Mehrheit gehabt, sogar eine deutliche Mehrheit und es hat dann einen Stimmengleichstand gegeben, was nach meiner Rechtsauffassung und nach der allgemeinen Rechtsauffassung ist, der Bundesrat hat nicht zugestimmt und damit kann das Gesetz jetzt nicht in Kraft treten. Der Bundesrat hat aber auch nicht Einspruch erhoben. Folglich muss acht Wochen abgewartet werden, um dass das Gesetz in Kraft treten kann. Das war insofern eine heikle Situation, weil natürlich die Sozialdemokratie wollte, dass das noch einmal verhandelt wird. Dasselbe. Und ich habe mich dann auf Basis mehrerer Verfassungsrechtsgutachten und meiner Meinung nach völlig klaren Stand, ich kann nicht die ganz selbe Materie so oft abstimmen, bis das Ergebnis einmal passt. Die Hoffnung der SPÖ war es sozusagen, dass der eine FPÖ Mandatar, der mit der ÖVP gestimmt hat, vielleicht ausgetauscht würde. Jedenfalls das war eine, wie Sie sagen, eine sehr dramatische Situation.
HAIPL: Gesetze sind natürlich wichtig, schließlich bestimmen sie unser Zusammenleben. Das sollten keine Fehler bei ihrer Erstellung passieren. Und wenn es dann doch mal passiert, ist es wichtig eine weitere Instanz in dem ganzen Prozess zu haben. Monika Mühlwerth kann sich an einen solchen Fall erinnern.
MÜHLWERTH: Weil wir dürfen uns oder wir würden uns da was wünschen. Es ist ja auch nicht so schlecht. Und dann hat der Bundesrat auch einige Sachen repariert. Ich weiß zwar nicht mehr, welches Gesetz das genau war, aber ich weiß einer, ich glaube, das war damals Gottfried Kneifel, der war damals Fraktionsvorsitzender der ÖVP, der dann ein Fehler im Gesetz entdeckt hat. Und dann ist es wieder zu uns zurückgekommen, damit wir diesen Fehler reparieren können, den der Nationalrat halt übersehen hat. Bei seiner Beschlussfassung.
HAIPL: Soll also der Bundesrat abgeschafft oder optimiert werden? Schlussendlich ist es wichtig, dass es den Bundesrat gibt. Er erfüllt eine wichtige Kontrollfunktion und vertritt die Interessen der Länder auf Bundesebene. Abgeschafft wird dieser Podcast nicht, aber ebenfalls laufend optimiert. Uns hören Sie auch in zwei Wochen wieder. Damit Sie das nicht verpassen, abonnieren Sie uns doch bitte gerne oder hinterlassen Sie eine Bewertung. Schreiben Sie uns außerdem, wenn Sie wollen ein Feedback an podcast@parlament.gv.at. Weitere Informationen rund ums Parlament und unsere Demokratie finden Sie auf den Social-Media-Kanälen des Parlaments und auf der Webseite www.parlament.gv.at. Ich heiße immer noch Clemens Haipl, ich optimiere mich auch weiterhin, freue mich fürs Zuhören und freue mich aufs nächste Mal. Alles Liebe. Ciao, ciao.