Wie funktionieren Ausschüsse im Parlament?
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Im Parlament gibt es eine Vielzahl von Ausschüssen, die eine wesentliche Rolle im Gesetzgebungsprozess spielen. In den Ausschüssen werden Gesetze und Beschlüsse vorbereitet und genau überprüft.
In dieser Folge sehen wir uns genauer an, wie die Ausschüsse funktionieren und wer darin vertreten ist. Dafür sprechen wir mit zwei Personen, die im Parlament für Ausschüsse verantwortlich sind. Mit Philipp Neuhauser sprechen wir über die Ausschüsse im Bundesrat und mit Heidi Neuhauser über Ausschüsse im Nationalrat.
© Parlamentsdirektion/Satzbau/hoerwinkel
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Katharina BRUNNER: Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von "Parlament erklärt" – der Podcast, der Ihnen einen Blick in das österreichische Parlament ermöglicht. Mein Name ist Katharina Brunner.
David RIEGLER: Und ich bin David Riegler. In der Öffentlichkeit bekommt man oft nur mit, was im Plenum des Nationalrats oder des Bundesrats passiert und welche Gesetze beschlossen werden. Doch davor gibt es eine wichtige Phase der Vorbereitung, über die wir heute sprechen: Die Beratung in Ausschüssen im Nationalrat und im Bundesrat.
BRUNNER: Sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat gibt es mehrere Ausschüsse, die dazu dienen, die Beschlüsse im Plenum vorzubereiten. Das heißt, ein bestimmtes Thema oder ein konkreter Vorschlag werden zuerst in einem Ausschuss diskutiert und abgestimmt, bevor sich alle Abgeordneten damit beschäftigen.
RIEGLER: Die verschiedenen Ausschüsse gliedern sich nach Themenfeldern, zum Beispiel gibt es den Gesundheitsausschuss sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat. Hier werden alle Gesetzesvorlagen, Anträge und Berichte diskutiert, die sich auf Gesundheit und Krankheit beziehen. Die Ausschussmitglieder besprechen hier Themen wie, Pflege, Apotheken, Psychotherapie und Gesundheitsvorsorge.
BRUNNER: Manche Ausschüsse beschäftigen sich aber auch konkret mit einem sehr konkreten Thema, zum Beispiel der Kinderrechteausschuss des Bundesrates oder der Ausschuss für Menschenrechte im Nationalrat.
RIEGLER: Auch wenn manche Themen in den Ausschüssen von Bundesrat und Nationalrat ähnlich sind, gibt es einige Unterschiede, die wir versuchen, in dieser Folge zu erklären. Derzeit gibt es insgesamt 64 verschiedene Ausschüsse, doch generell gibt es keine fixe Zahl.
BRUNNER: Im Nationalrat sind es in der Regel 35 bis 40 verschiedene Ausschüsse pro Gesetzgebungsperiode. Zuständig für die Ausschüsse des Nationalrats ist Heidi Neuhauser. Sie leitet die Abteilung Ausschüsse und Untersuchungsausschüsse. Sie unterscheidet zwischen zwei Gruppen von Ausschüssen:
Heidi NEUHAUSER: Es gibt im Nationalrat grundsätzlich zwei Arten von Ausschüssen, es gibt die obligatorischen und die fakultativen. Obligatorisch sind jene Ausschüsse, die von Gesetzwegen gewählt werden müssen. Das sind zum Beispiel der Hauptausschuss, der Immunitätsausschuss oder auch der Unvereinbarkeitsausschuss. Fakultative Ausschüsse sind bei uns die sogenannten Fachausschüsse, das sind jene Ausschüsse, die der Nationalrat wählen kann. Je nach Fachgebiet, zum Beispiel einen Gesundheitsausschuss, einen Umweltausschuss oder einen Untersuchungsausschuss.
RIEGLER: Welche Ausschüsse und wie viele es gibt, wird im Plenum des Nationalrats festgelegt. Auch wie viele Mitglieder ein Ausschuss hat ist unterschiedlich. Mitglieder des Ausschusses sind Abgeordnete und BundesrätInnen, die von ihren Klubs entsendet werden, mit Rücksicht auf das Stärkeverhältnis der Fraktionen. Abgeordnete, die keinem Klub angehören, haben kein Recht in den Ausschüssen Mitglieder zu werden.
BRUNNER: Derzeit ist das Kräfteverhältnis im Bundesrat so, dass ÖVP und SPÖ jeweils fünf Mitglieder pro Ausschuss entsenden können und die FPÖ vier.
RIEGLER: Im Nationalrat hat der Großteil der Ausschüsse derzeit neun Mitglieder der ÖVP, fünf der SPÖ, vier der FPÖ, drei von den Grünen und zwei von den NEOS. Es gibt jedoch einige Ausschüsse und Unterausschüsse mit weniger Mitgliedern.
BRUNNER: Doch wozu braucht es überhaupt diese ganzen Ausschüsse? Heidi Neuhauser sagt, sie helfen dabei, Gesetze und Beschlüsse für die große Diskussion im Plenum vorzubereiten, weil in den Ausschüssen eine Art Vor-Beratung stattfindet, die meistens nicht öffentlich ist.
Heidi NEUHAUSER: Ausschüsse sind kleine Zusammensetzungen von Abgeordneten, die die Mehrheitsverhältnisse im Plenum widerspiegeln. Man kann sich ein sogenanntes Mini-Plenum unter einem Ausschuss vorstellen. In diesen Ausschusssitzungen sitzen fachkundige Abgeordnete jeder Fraktion zusammen und diskutieren über Sachfragen und Verhandlungsgegenstände, die diesem Ausschuss zugewiesen wurden. Ausschüsse haben die Aufgabe, jeden Verhandlungsgegenstand, der im Parlament einlangt, vorzuberaten.
RIEGLER: Manche Themengebiete sind derartig komplex, dass man zusätzliche Unterstützung im Ausschuss benötigt. In so einem Fall kann ein sogenannter Unterausschuss, kurz U-Ausschuss eingesetzt werden, erklärt Frau Neuhauser.
Heidi NEUHAUSER: Wird einem Ausschuss ein besonders komplexes Thema vorgelegt, oder ein Verhandlungsgegenstand einem Ausschuss zugewiesen, bei der es einer intensiveren Diskussion bedarf, können Ausschüsse sogenannte Unterausschüsse einsetzen, die sich in einer getrennten Sitzung intensiv mit einem Thema auseinandersetzen und im Anschluss, dem großen, oder dem Vollausschuss, darüber berichten.
BRUNNER: Ähnlich wie im Nationalrat, haben auch im Bundesrat Ausschüsse die Funktion in kleinen Gruppen einen Beschluss vorab zu beraten. Philipp Neuhauser ist Abteilungsleiter der Ausschussbetreuung des Bundesrats.
Philipp NEUHAUSER: Derzeit gibt es 25 Ausschüsse im Bundesrat, darunter zum Beispiel den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz des Bundesrates, den Ausschuss für Familie und Jugend oder den Geschäftsordnungsausschuss des Bundesrates. Die Ausschüsse werden vom Plenum des Bundesrates gewählt und können, müssen aber nicht, den jeweiligen Ministerien entsprechen.
RIEGLER: Im Bundesrat unterscheidet man zwischen zwei verschiedenen Arten von Ausschüssen. Einerseits gibt es sogenannte Fachauschüsse, die für einen größeren Sachbereich gewählt werden, andererseits gibt es aber auch Ausschüsse für spezifische parlamentarische Aufgaben wie z. B. den Unvereinbarkeitsausschuss.
Philipp NEUHAUSER: Der Bundesratsausschuss generell dient auch sehr oft der Fragestellung der Mitglieder des Bundesrates oder der Ausschussmitglieder an die zuständigen Ressortbediensteten. Da geht es wirklich um detaillierte Sachfragen. Viele Ausschussmitglieder sind zum Beispiel in ihrer zweiten Funktion Bürgermeister einer Gemeinde und haben da Problemstellungen oder Fragestellungen, die den Alltag der BürgerInnen bewegen und da können sie direkt im Ausschuss diese Problemstellungen, diese Fragestellungen anbringen und Antworten erhalten. Und diese Ergebnisse werden dann in der Plenardebatte verarbeitet.
BRUNNER: Nachdem die Mitglieder ein Thema ausführlich behandelt und diskutiert haben, gibt es in den Ausschüssen des Bundesrats eine Abstimmung darüber, welches Ergebnis und welche Empfehlung dem Plenum präsentiert werden soll. Es gibt dabei keine Enthaltungen, man kann nur dafür oder dagegen stimmen.
RIEGLER: Im Fall einer Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt. Wenn ein selbstständiger Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt wird, können drei Ausschussmitglieder verlangen, dass ein Ausschussbericht erstattet wird. Diese Berichte werden dann auch veröffentlicht.
Philipp NEUHAUSER: Die Ergebnisse des Ausschusses, beziehungsweise die Ergebnisse der Verhandlungen über einen Tagesordnungspunkt werden in einem schriftlichen Ausschussbericht zusammengefasst, von Obmann und Berichterstatter unterschrieben, dem Präsidenten übergeben und dann im Plenum behandelt und gleichzeitig mit Fertigstellung des Ausschussberichts im Internet veröffentlicht, damit die Öffentlichkeit darüber Auskunft bekommt.
BRUNNER: In den Ausschüssen des Nationalrats herrscht ein ähnliches Prinzip. Am Ende eines Tagesordnungspunktes und nach Abschluss der Diskussionen wird auch hier abgestimmt, welche Empfehlung ausgesprochen werden soll. Es wird ebenfalls ein Ausschussbericht erstellt. Heidi Neuhauser erklärt, wie so ein Ausschussbericht, dann in den Nationalrat kommt.
Heidi NEUHAUSER: Am Ende des Ausschusses, beziehungsweise am Ende eines Tagesordnungspunktes steht der sogenannte Ausschussbericht. Dieser Ausschussbericht wird beschlossen vom Ausschuss und kommt auf die Tagesordnung der Nationalratssitzung und findet so seinen Weg ins Plenum. Im Plenum erfolgt wieder eine Debatte, ebenso wie im Ausschuss und im Anschluss an diese Debatte stimmt der Nationalrat über den Bericht ab.
RIEGLER: Ausschüsse treffen also keine endgültigen Entscheidungen, leisten aber wichtige Vorarbeit im Bundesrat und im Nationalrat.
BRUNNER: Die Zeit in diesem Podcast reicht leider nicht aus, um auf alle der derzeit 64 verschiedenen Ausschüsse einzugehen, aber wir möchten nun noch zwei Ausschüsse hervorheben, die besonders sind. Im Bundesrat ist das der sogenannte "EU-Ausschuss", da der Bundesrat inoffiziell auch als Europakammer gilt. Herr Neuhauser erklärt, warum der EU-Ausschuss so wichtig ist.
Philipp NEUHAUSER: Ein besonderer Ausschuss im Bundesrat ist der EU-Ausschuss. Der dient der Vorberatung von Vorhaben im Rahmen der EU. Im Zuge dieser Beratungen hat der EU-Ausschuss auch das Recht Stellungnahmen zu EU-Vorhaben zu beschließen. In dem Zusammenhang gestaltet er die österreichische Verhandlungsposition in der EU mit und unter bestimmten Voraussetzungen sind diese Stellungnahmen für Regierungsmitglieder bindend.
RIEGLER: Dieses Beispiel zeigt, warum auch das Fachwissen in einem Ausschuss besonders wichtig ist. Was in dem EU-Ausschuss beschlossen wird, kann die österreichische Position in der Europäischen Uniotn mitprägen.
BRUNNER: Auch der Nationalrat hat einen Ausschuss, der besonders heraussticht und den man auch aus den Medien kennt: Den Untersuchungsausschuss. Seine Aufgabe ist es, die Vollziehung des Bundes in bestimmten abgeschlossenen Angelegenheiten genau zu überprüfen. Heidi Neuhauser erklärt, wie so ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden kann.
Heidi NEUHAUSER: Untersuchungsausschüsse können grundsätzlich auf zwei Arten eingesetzt werden. Das erste ist ein Untersuchungsausschuss auf Antrag. Das ist ein normaler Antrag, der im Plenum abgestimmt wird und der eine Mehrheit benötigt. Die zweite Möglichkeit ist das sogenannte Minderheitenrecht, wo eine Minderheit von 46 Abgeordneten einen Untersuchungsausschuss verlangen kann und diesem Verlangen ist zu entsprechen.
RIEGLER: Nur der Nationalrat kann Untersuchungsausschüsse einsetzen. Es sollen keine Streitigkeiten entschieden, sondern Tatsachen festgestellt werden. Es gibt weder Zeugen noch Angeklagte, sondern Auskunftspersonen und Sachverständige.
BRUNNER: Generell gibt es Sachverständige in allen Ausschüssen, nicht nur in Untersuchungsausschüssen. Auch Minister müssen den Ausschüssen in regelmäßigen Abständen Rede und Antwort stehen. Ausschüsse leisten wichtige Arbeit im demokratischen Prozess, denn hier werden Sachthemen behandelt und konkrete Forderungen im kleinen Rahmen diskutiert.
RIEGLER: Wenn Sie Interesse haben sich durch die verschiedenen Ausschüsse durchzuklicken: Sie finden die Liste aller Ausschüsse auf der Website des österreichischen Parlaments unter parlament.gv.at.
BRUNNER: Wir sind am Ende dieser Folge angelangt und bedanken und herzlich, dass Sie wieder mit dabei waren.
RIEGLER: Haben Sie Fragen zu dieser Folge? Oder Vorschläge, welche Themen wir in diesem Podcast noch behandeln sollen? Dann schreiben Sie uns unter podcast@parlament.gv.at.
BRUNNER: Danke und bis zum nächsten Mal.