Wer war Margaretha Lupac?
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In der heutigen Folge geht es um Margaretha Lupac, eine ganz besondere Österreicherin. Sie ist Namensgeberin für eine gemeinnützige Stiftung, die jedes Jahr herausragende Projekte im Bereich der Wissenschaft und Demokratieförderung auszeichnet.
Barbara Blümel ist die Geschäftsführerin der Stiftung und erzählt, wie dazu kam, dass Margaretha Lupac ihr gesamtes Vermögen der Republik Österreich für die Zwecke des österreichischen Parlaments vermachte.
Im Jahr 2004 wurde mit dem Erbe die gemeinnützige Margaretha-Lupac-Stiftung ins Leben gerufen, die Forschungsarbeiten unterstützt, welche sich mit der Geschichte und Entwicklung des österreichischen Parlamentarismus auseinandersetzen.
Mario Friedwagner ist Geschäftsführer des Freien Radio Salzkammergut und einer der Preisträger. Er erzählt, für welches Projekt er das Preisgeld in der Höhe von 5.000 Euro bekommen hat.
© Parlamentsdirektion/Satzbau/hoerwinkel
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Katharina BRUNNER: Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von "Parlament erklärt" – der Podcast, der Ihnen einen Blick in das österreichische Parlament ermöglicht. Mein Name ist Katharina Brunner.
David RIEGLER: Und ich bin David Riegler. In der heutigen Folge beschäftigen wir mit einer besonderen Österreicherin. Sie ist Namensgeberin für eine gemeinnützige Stiftung, die jedes Jahr herausragende Projekte im Bereich der Wissenschaft und Demokratieförderung auszeichnet. Wir reden über Margaretha Lupac.
BRUNNER: Doch wer war Margeretha Lupac und wie ist es zur Margaretha-Lupac-Stiftung gekommen? Diese Frage haben wir Barbara Blümel gestellt, denn sie ist die Geschäftsführerin dieser Stiftung.
Barbara BLÜMEL: Die Margaretha Lupac war eine ältere Dame, die sich 1997 an das Parlament gewandt hat, telefonisch, und zwar an das Büro des Herrn Präsidenten, damals Heinz Fischer, und gemeint hat, sie möchte all ihr Vermögen dem Parlament vermachen, weil das Parlament ihr so wichtig ist.
RIEGLER: Damit hat Frau Lupac erst einmal für Verwunderung im Parlament gesorgt. Niemand hat damit gerechnet, dass dieser Anruf ernst gemeint war. Doch Margaretha Lupac hat auf ihrem Wunsch bestanden.
BLÜMEL: Sie hat aber dann immer wieder angerufen und war sehr insistierend, und daraufhin hat man sich gedacht: Wenn sie das wirklich ernst meint, dann muss man natürlich intensiver mit ihr Kontakt aufnehmen und mit ihr sprechen und schauen, ob das auch valide ist, was sie sagt. Und es war alles valide, was sie gesagt hat. Und sie hat dann ihr Testament gemacht, handschriftlich, das gibt es auch natürlich noch, und in dem steht drinnen, dass ihr Vermögen der Republik Österreich für die Zwecke des österreichischen Parlaments vermacht werde.
BRUNNER: In ihrem handschriftlichen Testament hat sie folgenden Satz niedergeschrieben.
RIEGLER: "Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, unbeeinflusst und im Ernst, verfüge ich, Margaretha Lupac, letztwillige Anordnungen: Da ich keine Nachkommen habe und mein Leben immer für mein Vaterland Österreich eingesetzt habe, setze ich als Alleinerbin die Republik Österreich ein. Mein Vermögen ist für die Zwecke des österreichischen Parlaments zu verwenden."
BRUNNER: Der Grund dafür, dass sie das Parlament so geschätzt hat, liegt in ihrer Biografie. Margaretha Lupac wurde 1910 in Wien Reindorf, im fünfzehnten Wiener Gemeindebezirk geboren. Sie hat die Machtübernahme der Nationalsozialisten und den Zweiten Weltkrieg miterlebt.
RIEGLER: Margaretha Lupac hat in den Gesprächen mit den Parlamentsmitarbeitern erzählt, sie habe während des zweiten Weltkriegs freiwillig als Rot-Kreuz-Schwester gearbeitet.
BRUNNER: In einer Erzählung hat sie geschildert, sie habe die große Katastrophe von Bomben-Angriffen auf den Philips-Hof am heutigen Helmut-Zilk-Platz miterlebt und geholfen, die Verwundeten zu versorgen. Am 12. März 1945 wurde der Philips-Hof von mindestens fünf Bomben getroffen. Der darauffolgende Brand zerstörte das Gebäude vollkommen. Hier gab es die höchste Zahl von zivilen Todesopfern in einem einzigen Objekt in Wien. Allein im Luftschutzkeller, in dem schätzungsweise 230 Personen Zuflucht gesucht hatten, kamen 140 Menschen ums Leben.
RIEGLER: Aus den vielen Gesprächen, die Margaretha Lupac mit Parlamentsbediensteten geführt hat, geht hervor, dass sie das Parlament der Zweiten Republik als wichtigen Ort für gewaltfreie Debatten wahrgenommen hat. Es war ihr ein wertvolles Gegenstück zur Brutalität des faschistischen Systems der Nationalsozialisten.
BLÜMEL: Und aus den Erzählungen weiß ich, dass sie immer gesagt hat, für sie ist dieses Parlament der Zweiten Republik besonders wichtig, aus den Erfahrungen des zweiten Weltkriegs heraus, und für sie ist besonders wichtig, dass hier der Ort ist, wo verschiedene Anschauungen, miteinander reden und zu einem Kompromiss finden und Gewalt keine Option mehr ist. Und auch der Respekt voreinander.
BRUNNER: Als Kind und Jugendliche hat sie in ärmlichen Verhältnissen gelebt. Doch im Alter von 70 Jahren hat sie von einer Freundin ein Erbe bekommen: ein großes Haus im 19. Wiener Gemeindebezirk. Trotzdem war sie stets sehr sparsam, egal wie viel Geld auf ihrem Konto war. Sie war nie verheiratet, hatte keine Kinder und hat viel gearbeitet.
RIEGLER: Wenn man sich ihren Versicherungszeitenauszug ansieht, kann man sehen, dass Margaretha Lupac beinahe ihr ganzes Leben gearbeitet hat, und die meiste Zeit davon selbstständig. Sie war nicht verheiratet und hat über einige Jahre hinweg lang als Inkassantin beim Österreichischen Wirtschaftsverlag gearbeitet. Das heißt, sie hat Abonnements und Inserate an Gewerbebetriebe verkauft und hat dann das Geld, oft mehrere Tausend Schilling, in ihrer Tasche, ohne besonderen Schutz, von A nach B transportiert.
BLÜMEL: Sie war eine sehr durchsetzungsfähige Frau und hat sich immer durchgeschlagen, und trotzdem war es für sie wichtig, dass nicht der Stärkere alles gewinnt und das Sagen hat, sondern dass man da einen Kompromiss findet. Und das hat sie am Parlament, soweit ich das weiß aus den Erzählungen, sehr geschätzt.
BRUNNER: Auch im Parlament hat sie sich durchgesetzt, und ihr Wunsch, ihr Vermögen an das österreichische Parlament zu vererben, wurde akzeptiert. Am Ende ihres Lebens, im Jahre 1999, hat sie ein Vermögen von circa 1,5 Millionen Euro aus dem Ersparten und den Erbschaften an das Parlament vermacht. Sie hat einmal scherzhaft gefragt: "Na, werdet's ihr mit dem Geld einmal die Fassade neu streichen, oder werdet's ihr alle ein neues Kostüm bekommen?"
RIEGLER: Doch das hat man natürlich nicht gemacht. Die große Frage war nun: "Wie kann man das Geld so einsetzen, dass es im Interesse von Margaretha Lupac verwendet wird?" Im Parlament wurden verschiedene Möglichkeiten besprochen, bevor man sich für die Stiftung entschieden hat.
BLÜMEL: Und man hat sich dann überlegt, was waren ihre Anliegen, was wollte sie? Und aus den Gesprächen heraus haben dann die zuständigen Leute entschieden, dass sie offensichtlich wollte, dass das allen zugutekommt, und deshalb wurde dann die gemeinnützige Margaretha-Lupac-Stiftung ins Leben gerufen.
BRUNNER: Die Stiftung besteht seit 2004 und hat es sich zur Aufgabe gemacht, "Demokratie, Parlamentarismus und Toleranz im politischen Diskurs in Fragen der Politik, der Kunst und der gesellschaftlichen Entwicklungen zu fördern und zu festigen".
RIEGLER: Um diese Punkte umsetzen zu können, werden hervorragende Verdienste um den Parlamentarismus bzw. die Demokratie ausgezeichnet. Es werden Forschungsarbeiten unterstützt, die sich mit der Geschichte und Entwicklung des österreichischen Parlamentarismus auseinandersetzen.
BRUNNER: Jedes Jahr gibt es abwechselnd den Demokratiepreis oder den Wissenschaftspreis.
BLÜMEL: Beim Wissenschaftspreis auf der wissenschaftlichen Ebene, das heißt, es werden ausgezeichnete wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit Themen aus dem Bereich beschäftigen, ausgezeichnet, und beim Demokratiepreis geht es darum, dass Initiativen ausgezeichnet werden, die innerhalb der Zivilgesellschaft und innerhalb der Gesellschaft an sich wirksam werden, für das Thema Demokratie und Parlamentarismus. Und da ist es natürlich ein bisschen breiter gefasst. Also da geht es auch um den Dialog zwischen Generationen, zwischen den Geschlechtern und solche Aspekte.
RIEGLER: Die Preise sind mit einem Preisgeld verbunden, dessen Höhe von einem Kuratorium beschlossen wird. Unter anderem befinden sich darunter die aktuellen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka, Doris Bures und Norbert Hofer. Derzeit liegt das Preisgeld bei 15.000 Euro. Das Geld kann auf bis zu drei verschiedene Preisträger aufgeteilt werden.
BRUNNER: Um zu zeigen, was die Verleihung eines solchen Preises für die Preisträger bedeutet, haben wir mit Mario Friedwagner gesprochen. Er ist Geschäftsführer des Freien Radio Salzkammergut, das den Demokratiepreis 2016 gewonnen hat.
Mario FRIEDWAGNER: Wir, das Freie Radio Salzkammergut, sind eine ländliche, regionale Initiative, mitunter sehr weit weg von den Ballungsräumen, insbesondere von Wien. Und es war für uns eine große Freude, diesen Demokratiepreis verliehen zu bekommen, weil damit auch dokumentiert wurde, dass die Demokratie eben nicht nur in den Ballungsräumen, in den Plenarsälen und in den Universitäten verhandelt und weiterentwickelt wird, sondern auch am Land, in ländlichen Regionen. Es ist auch ein wichtiger Rückenwind bei Verhandlungen mit der Politik, aber vor allen Dingen hat es einfach intern zu einer Stärkung des Selbstverständnisses, des Selbstbewusstseins geführt und auch die eigene Wahrnehmung gestärkt, dass man hier tatsächlich einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Demokratie in Österreich leistet, und deswegen bin ich wirklich sehr dankbar.
RIEGLER: Das Freie Radio Salzkammergut hat damals ein Preisgeld in der Höhe von 5.000 Euro bekommen.
FRIEDWAGNER: Das Preisgeld haben wir unmittelbar einsetzen können, denn unser Mischpult im Studio, das beinahe 20 Jahre sehr gute Arbeit geleistet hat, ist kaputt gegangen, und mit dem Preisgeld in der Höhe von 5.000 Euro war es uns möglich, ein neues Mischpult anzuschaffen. Das war ein wichtiger Finanzierungsbeitrag für die Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur im Studio auch letztlich und ist somit unmittelbar den ehrenamtlichen Redakteurinnen und Redakteuren zugutegekommen, die sich im Rahmen ihrer Sendungen für Meinungsvielfalt, Themenvielfalt und letztlich natürlich auch für Medienvielfalt in diesem Land einsetzen, und insofern war das natürlich eine großartige Unterstützung.
BRUNNER: Derzeit ist der Demokratiepreis wieder ausgeschrieben. Wer sich bewerben will, hat immer von 15. Jänner bis 15. Juni eines Jahres Zeit. Am Ende kommen alle Einreichung vor eine Jury, die diese Tätigkeit ehrenamtlich durchführt.
RIEGLER: In der Jury sitzend derzeit die ehemalige Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, der Universitätsprofessor Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte an der Universität Wien, Sieglinde Rosenberger vom Institut für Politikwissenschaften, ebenfalls an der Universität Wien, und Elisabeth Totzauer, Channel-Managerin von ORF 1.
BRUNNER: Das fünfte Mitglied ist der Vorsitzende der Jury, der Politik- und Rechtswissenschaftler Manfried Welan. Die Jury wertet die Einreichungen aus und übergibt den Vorschlag anschließend an das bereits erwähnte Kuratorium der Stiftung.
RIEGLER: Das Kuratorium ist das wichtigste Organ der Stiftung, denn hier werden die maßgeblichen Entscheidungen getroffen. Das Kuratorium besteht aus den drei Nationalratspräsidenten, dem Präsident des Bundesrats, und zusätzlich kann jede im Hauptausschuss vertretene Partei ein Mitglied einsetzen.
BRUNNER: Das dritte und letzte Organ neben Jury und Kuratorium ist die Geschäftsführung, die derzeit Barbara Blümel innehat. Sie ist auch zuständig für die Organisation der Preisverleihung, die im Parlament selbst stattfindet.
BLÜMEL: Es ist immer ein sehr schöner Rahmen. Dem Vorsitzenden des Kuratoriums, sprich dem Nationalratspräsidenten, ist es besonders wichtig, dass es immer ein sehr feierlicher Rahmen ist, und für die Preisträger ist es eine zusätzliche Anerkennung, so eine Veranstaltung im Haus.
RIEGLER: Alle Preisträger, die im Sinne von Margaretha Lupac ausgezeichnet wurden, finden Sie auf der Website des österreichischen Parlaments parlament.gv.at. Außerdem finden Sie dort alle Informationen zur Bewerbung für die Preise. Am 28. April 2020 hat Margaretha Lupac Geburtstag und wäre 110 Jahre alt geworden. Ihr beeindruckendes Leben und ihr bedeutendes Vermächtnis in Form der Stiftung tragen bis heute zur Stärkung und Förderung der Demokratie und des Parlamentarismus bei.
BRUNNER: Wir bedanken uns, dass Sie heute mit dabei waren und sich mit uns die Geschichte von Margaretha Lupac und ihrer Stiftung angesehen haben.
RIEGLER: Haben Sie Fragen, Feedback oder Vorschläge für eine neue Folge? Dann schreiben sie uns unter podcast@parlament.gv.at. Danke und bis zum nächsten Mal.