Was ist die Parlamentsdirektion?
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Wer arbeitet eigentlich alles im Parlament? Was muss hinter den Kulissen passieren damit eine Nationalratssitzung funktionieren kann? Und wie organisiert man das alles?
In unserem aktuellen Podcast der Reihe „Parlament erklärt“ unterhalten wir uns mit dem Parlamentsdirektor Dr. Harald Dossi über die Rolle der Parlamentsdirektion. Dossi beschreibt eine Nationalratssitzung als ein „Gesamtkunstwerk“. Gemeinsam mit einer Vizedirektorin und einem Vizedirektor leitet er die 8 Dienste der Parlamentsdirektion.
© Parlamentsdirektion/Satzbau/hoerwinkel
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Harald DOSSI: So eine Sitzung ist ein Gesamtkunstwerk, das nur dann gut gelingen kann, wenn viele ganz unterschiedliche Beiträge dazu gut geleistet werden.
Tobias GASSNER-SPECKMOSER: Wenn Sie unseren Podcast schon länger verfolgen, dann wissen Sie vermutlich schon, dass so eine Nationalratssitzung mehr als nur die Zusammenkunft von Abgeordneten ist. Ja, fast ein Kunstwerk, wie es unser heutiger Interviewgast es nennt. Hallo und Herzlich Willkommen zurück zu einer neuen Folge von Parlament erklärt. Mein Name ist Tobias Gassner-Speckmoser.
Diana KÖHLER: Und ich bin Diana Köhler. In einigen Folgen haben wir schon hinter die Kulissen des Parlaments geblickt. Seien es die Parlamentsstenographinnen, die uns in Folge 34 erklärt haben, wieso man während Sitzungen noch mit Hand mitschreiben muss, oder etwa auch das Sicherheitspersonal, das in Folge 1 von ihren Erlebnissen beim Einlass ins Parlamentsgebäude erzählt hat.
GASSNER-SPECKMOSER: Immer wieder haben wir versucht, diejenigen Personen in den Vordergrund zu holen, die im Hintergrund der Demokratie arbeiten. Nie aber bis jetzt haben wir die Instanz dahinter erklärt. Jenen Apparat, der sich um all das kümmert und aus einer Sitzung ein Kunstwerk macht: Die Parlamentsdirektion.
KÖHLER: Also höchste Zeit, dass wir uns diese Parlamentsdirektion einmal genauer ansehen.
***** JINGLE *****
DOSSI: Ja, mein Name ist Harald Dossi. Ich bin seit etwas mehr als neun Jahren Parlamentsdirektor, also der Leiter der Parlamentsdirektion. Ich habe davor über viele Jahre auf der anderen Seite der Gewaltenteilung gearbeitet, nämlich im Bereich der Bundesregierung. Zuerst im Außenministerium, dann viele Jahre im Bundeskanzleramt. In ganz unterschiedlichen Aufgabenbereichen und Funktionen. Ich bin von der Ausbildung Jurist und habe mich sehr gefreut, als ich im Alter von ungefähr 50 Jahren noch einmal die Möglichkeit bekommen habe, etwas ganz anderes in meinem Berufsleben zu machen. Und das war eben der Weg vom Bundeskanzleramt hierher in die Parlamentsdirektion, die ich seitdem mit großem Vergnügen und ich hoffe, auch mit großem Engagement, leite.
GASSNER-SPECKMOSER: Die Frage ist vielleicht etwas umfassend, aber: Was ist die Parlamentsdirektion, Herr Dossi?
DOSSI: Naja, bevor ich Ihnen das beantworten kann, würde ich lieber etwas sagen zur Frage "Was ist das Parlament?" Denn ohne Parlament gäbe es natürlich keine Parlamentsdirektion. Und das Parlament ist nicht nur ein Gebäude. Im Übrigen ein Gebäude, von dem wir alle wissen, dass es im Moment generalsaniert wird. Sondern auch eine Institution der Bundesverfassung. Und zwar diejenige Institution, die in unserem Staat da ist, um Gesetze zu diskutieren und zu beschließen. Und auch, was auch sehr wichtig ist, die Bundesregierung zu kontrollieren. Und damit die gewählten Abgeordneten im Nationalrat und Bundesrat das auch machen können, gibt es als Unterstützungs-Apparat, als Service-Apparat die Parlamentsdirektion. So wie etwa in einem Bundesministerium eine Bundesministerin oder ein Bundesminister auch nicht alleine agieren kann, sondern zur Unterstützung den Geschäfts-Apparat eines Bundesministeriums zur Verfügung hat, so haben die Abgeordneten, beziehungsweise die Präsidenten und Präsidentinnen im Parlament die Parlamentsdirektion als diesen Geschäfts-Apparat.
KÖHLER: Wieso gibt es eigentlich so eine Trennung?
DOSSI: Weil, so wie auch im Bereich der Verwaltung, auf der einen Seite gewählte oder ernannte politische Funktionäre und Funktionärinnen tätig sind, die, wie ich schon gesagt habe, Unterstützung brauchen, damit sie ihre Aufgaben wahrnehmen können. Und dieser Unterschied wird besonders deutlich im Parlament glaube ich, weil auf der einen Seite die Mitglieder des Nationalrates alle fünf Jahre neu gewählt werden, sich auch ändern können. Und auf der anderen Seite im Unterstützungsbereich der Parlamentsdirektion öffentlich Bedienstete arbeiten, die auf Dauer angestellt sind und die auch unabhängig davon, wer gewählter Mandatar oder Mandatarin im Moment ist, diese Unterstützung in einer gleichmäßigen und unparteiischen Art und Weise erbringen. Also mit anderen Worten: Das, was wir an Unterstützung in der Parlamentsdirektion machen, ist unabhängig davon, ob ein bestimmter Abgeordneter einer großen Partei angehört oder einer kleinen, ob er einer Partei angehört, die gerade in Regierungsverantwortung ist oder ob es eine Oppositionspartei ist. Unsere Serviceleistungen bestehen für alle gewählten Abgeordneten.
GASSNER-SPECKMOSER: Was muss im Hintergrund nun alles ablaufen, damit so ein Parlament funktioniert? Was macht die Parlamentsdirektion?
DOSSI: Ja, das ist eine ganz, ganz breite Palette an Anforderungen. Das sind relativ banale Dinge, die aber trotzdem wichtig und notwendig sind, wie die Instandhaltung des Hauses, darauf zu schauen, dass das Gebäude nicht nur ordentlich, sondern auch sicher ist, den sicheren Zutritt zum Gebäude zu gewähren. Dann, was in Richtung parlamentarischer Betrieb geht, – ich habe das ja schon kurz gesagt – die Vorbereitung und Begleitung von Ausschusssitzungen, von Sitzungen des Untersuchungsausschusses, von Plenarsitzungen des Nationalrates und des Bundesrates. All das wird von Bediensteten der Parlamentsdirektion gemacht. Bis hin auch zur inhaltlichen, juristischen oder auch budgetären Unterstützung der Arbeiten der Abgeordneten. Wobei zusätzlich zu dem, was ich ihnen schon gesagt habe zur Unterstützung des parlamentarischen Kernbetriebs, wir uns, so wie auch die meisten anderen Parlamente, auch als offenes, bürgerfreundliches Parlament sehen, was bedeutet für uns, dass wir uns eben nicht darauf reduzieren, den parlamentarischen Betrieb zu servicieren und ermöglichen, sondern auch versuchen, das was hier im Haus passiert beziehungsweise den Kontext, in dem das alles passiert, also mit anderen Worten, wie funktioniert der Staat Österreich, wie funktioniert der Staat Österreich eingebettet in die europäische Union, das auch als kleinen Beitrag der Demokratievermittlung oder Bürger- und Bürgerinnenbildung auch an Mann und an die Frau zu bringen.
KÖHLER: Vielleicht klären wir das gleich noch eher am Anfang: Wie ist die Parlamentsdirektion aufgebaut? Wie kann man sich das vorstellen?
DOSSI: Die Parlamentsdirektion ist so aufgebaut, dass man in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen versucht, die Kernaufgaben der Parlamentsdirektion gebündelt nachzubauen und abzubilden. Also wenn man von oben her beginnt, so bin ich als Parlamentsdirektor der Leiter der Parlamentsdirektion. Es sind mir zur Seite gestellt zwei Vizedirektoren beziehungsweise Vizedirektorinnen. Und wir drei haben die unmittelbare Verantwortung für acht unter uns bestehende sogenannten Dienste. In Bundesministerien würde man sagen "Sektionen", im parlamentarischen Jargon sind das "Dienste".
GASSNER-SPECKMOSER: Können wir diese Dienste in aller Kürze einmal durchgehen?
DOSSI: Da gibt es den Dienst 1, der sich mit allem beschäftigt, was die Servicierung des Nationalrates und seiner Ausschüsse betrifft. Dann den Dienst 2, der in der gleichen Art und Weise das parlamentarische Service für den Bundesrat besorgt. Dann gibt es den Dienst 3, der als rechts-, legislativ- und wissenschaftlicher Dienst sich konzentriert auf die juristische, wissenschaftliche, beziehungsweise auch budget-technische Unterstützung der parlamentarischen Arbeiten. Dann gibt es den Dienst 4 Kommunikation, der sich vor allem mit den Fragestellungen beschäftigt, die ich davor auch schon angesprochen habe. Nämlich diese Offenheit des Hauses, diese Transparenz des Hauses sicherzustellen, vom Pressedienst bis hin zur Ausrichtung von diversen Veranstaltungen. Dann gibt es den Dienst 5, der als Dienst Demokratikum auch ähnlich wie der Dienst 4 für die Offenheit, für die BürgerInnennähe des Hauses steht und dieser Dienst kümmert sich im Wesentlichen um die Aufgabenstellung der Demokratiewerkstatt, bildet auch eine Dialogplattform für Gesprächskanäle zwischen dem Parlament und der Zivilgesellschaft, kümmert sich auch um BürgerInnen-Anfragen und hat nicht zuletzt auch die Verantwortung für die Parlamentsbibliothek und für das hauseigene Archiv. Dann gibt es den Dienst 6 Internationales, der für diese Kompetenz der Parlamentsdirektion und des Parlaments im internationalen und europäischen Bereich steht. Ich hab das ja auch schon erwähnt. Unser Parlament ist eingebunden in ein Netzwerk internationaler Beziehungen mit anderen Parlamenten, aber auch mit anderen Stellen, ist auch eingebunden in die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union. Und alle Angelegenheiten, die da wesentlich sind, werden in diesem Dienst 6 vorbereitet und bearbeitet. Dann gibt es den Dienst 7, der als Präsidialdienst gewissermaßen für die inneren Angelegenheiten des Hauses zuständig ist. Das sind die ganz nüchternen Personalangelegenheiten der Parlamentsdirektion, aber auch der Mandatare und Mandatarinnen. Der ist auch zuständig, dass die Dinge, die wir hier im Haus brauchen, ordnungsgemäß beschafft werden, das sogenannte "Facility Management". Und schlussendlich werden in dem Dienst auch alle Aufgaben der Sicherheit des Parlaments und der Parlamentsgebäude betreut. Und zum Schluss gibt es den Dienst 8, der für die ganz wesentliche Säule der IKT und für alle Angelegenheiten der Innovation zuständig ist.
KÖHLER: Okay, nun haben wir einmal vom Nationalratsdienst bis hin zum IKT-Dienst, also dem Informations-und Kommunikationstechnologie-Dienst besprochen, wie das Parlament aufgebaut ist. Wie viele Personen braucht es aber nun, um das Österreichische Parlament zu servicieren, wie Sie es nennen? Wie viele Personen arbeiten in diesen Diensten?
DOSSI: Das sind im Moment ungefähr 450 Personen.
GASSNER-SPECKMOSER: Und wo befindet sich die Parlamentsdirektion?
DOSSI: Ja, ganz eigentlich befindet sich die Parlamentsdirektion im historischen Parlamentsgebäude am Dr.-Karl–Renner-Ring und in einigen Gebäuden in der Nähe rund um das Parlamentsgebäude, weil eben das Parlamentsgebäude in der Zwischenzeit für die Fülle der Aufgaben zu klein geworden ist. Da hat sich so ein kleines Parlamentsdorf rund um das historische Gebäude entwickelt. Im Moment, wie man ja weiß, wird aber das historische Gebäude und auch die Nebengebäude saniert, sodass im Moment das Ausweichquartier für die wesentlichen Sitzungen sich in der Hofburg befindet. Und die meisten Büroräumlichkeiten sich rund um die Hofburg eben einerseits in einem Pavillon im sogenannten Bibliothekshof auf der Rückseite der Hofburg im Burggarten, auf der anderen Seite in zwei temporären Pavillons am Heldenplatz und gewisse Ausweichquartiere haben wir auch ein bisschen weiter weg am Stubenring auch im ersten Bezirk.
KÖHLER: Wer sind die Menschen, die im Parlament hinter den Kulissen arbeiten?
DOSSI: In der Parlamentsdirektion arbeiten Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, mit ganz unterschiedlichen Ausbildungswegen. Wie gesagt, wir haben Kolleginnen und Kollegen, die für die Sauberkeit im Haus sorgen, wir haben KollegInnen, die sich um die Sicherheit kümmern, wir haben auch in einem kleineren Ausmaß Handwerker im Haus, die schauen, dass die Dinge ihre Ordnung haben. Wir haben im Bereich der Sitzungsbetreuung natürlich sehr viele Juristen und Juristinnen, wir haben aber etwa auch im Budgetdienst Volkswirte und Volkswirtinnen. Also man sieht, es ist ein breites Spektrum an Ausbildungshintergründen. Und wir versuchen da als guter, innovativer und flexibler Dienstgeber die Kolleginnen und Kollegen auch motiviert zu halten und bestmöglich zu unterstützen.
GASSNER-SPECKMOSER: Wie kann man sich als Hörer, als Hörerin eine typische Arbeitswoche in der Parlamentsdirektion vorstellen?
DOSSI: Das ist vielleicht einer der Reize, in der Parlamentsdirektion zu arbeiten, dass es so etwas wie eine typische Arbeitswoche ganz, ganz selten gibt. Es ist für viele im Haus so, dass man in der Früh ins Büro kommt und meistens, wenn man dann am Abend nach einem ausgefüllten Arbeitstag wieder nach Hause geht, sich klarmacht, dass vieles anders gelaufen ist, als geplant. Weil einfach der politische Betrieb, der parlamentarische Betrieb, eine flexible Angelegenheit ist. Da ändern sich Termine immer wieder. Also wir haben etwa auch jetzt auch dieser Tage unter Hochdruck diskutiert ein Verlangen nach einer Sondersitzung des Nationalrates, wo dann binnen kürzester Zeit ein Termin gefunden werden kann. Was dann allerdings auch wieder voraussetzt, dass bestehende Termine etwa von Ausschüssen verlegt werden, verschoben werden. Und so ist es eigentlich ganz regelmäßig bei uns, dass die Dinge immer etwas anders laufen, als man sich das vorgestellt hat.
KÖHLER: Wir haben gehört, dass für Mitarbeiter der Parlamentsdirektion die typischen Arbeitszeitregelungen nicht gelten? Stimmt das und wenn ja, wieso ist das so?
DOSSI: Ja, das stimmt. Dass die für den gesamten öffentlichen Dienst bestehende Arbeitnehmerinnenschutzregelungen für die Arbeitszeit für den Parlamentsbetrieb nicht gelten. Das ist auch anders gar nicht möglich. Weil ja Ausschusssitzungen und vor allem Sitzungen des Nationalrates und des Bundesrates im Regelfall sehr lange dauern und insbesondere dann, wenn an zwei oder drei Tagen in Folge Sitzungen stattfinden, die bestehenden Arbeitszeitregelungen, die ja insbesondere auch Erholungsphasen beinhalten, gar nicht eingehalten werden können. Weil, Sie müssen sich vorstellen, wenn eine Sitzung des Nationalrates bis ein Uhr in der Früh dauert und am nächsten Tag um neun Uhr wieder beginnt und man dann auch noch weiß, dass mit Sitzungsende um ein Uhr in der Früh der Dienst noch nicht zu Ende ist, weil ja gewisse Nachbereitungen noch zu machen sind, beziehungsweise vor neun der Dienst ja schon wieder beginnen muss, um eben eine Sitzung vorzubereiten, so ist das nicht anders möglich, als eigentlich unter Nichtberücksichtigung dieser Arbeitszeitregelungen. Das ist aber gesetzlich so vorgesehen, das hat sein Ordnung. Die Kolleginnen und Kollegen, die bei uns beginnen, wissen das. Und sie sind auch bereit, das so zu machen. Wobei ich sagen muss, das ist natürlich nicht jeden Tag so. Wir haben auch Phasen ohne Sitzungen, wo die Arbeitszeiten relativ vorhersehbar und geregelt sind. Aber zu Spitzenzeiten ist es einfach in einem Parlament anders als in vielen anderen öffentlichen Einrichtungen.
GASSNER-SPECKMOSER: Das heißt, der Job in der Parlamentsdirektion ist stressig?
DOSSI: Ja, absolut. Das wissen die Kolleginnen auch, viele schätzen das auch, weil es ja nicht nur herausfordernd sondern auch befriedigend sein kann, unter Druck gute Ergebnisse zu liefern. Aber ja, die Arbeit in der Parlamentsdirektion ist nichts für jemanden, der gerne nur durchgetaktet und durchgeplant in Ruhe am eigenen Schreibtisch sitzt und in Ruhe vor sich hinarbeitet.
KÖHLER: Wir haben ja nun schon einiges besprochen. Aber wo ist das eigentlich alles festgehalten? Wird das von einem Gesetz bestimmt?
DOSSI: Die Parlamentsdirektion ist als Unterstützungs-Apparat für den Bereich der Gesetzgebung im Bundesverfassungsgesetz selbst vorgesehen. Da gibt es den Artikel 30 des Bundesverfassungsgesetzes. Und dort ist ausdrücklich geregelt, dass eben für die parlamentarische Unterstützung die Parlamentsdirektion berufen ist, die unter der Leitung des Präsidenten des Nationalrates steht, die aber, und das habe ich eingangs schon gesagt, von ihrem Aufgabenprofil her für die Unterstützung und das Service von allen gewählten Mandataren und Mandatarinnen im Haus da ist.
GASSNER-SPECKMOSER: Wie sieht es um die Finanzierung aus? Wer zahlt die Parlamentsdirektion?
DOSSI: Was die Finanzierung der Parlamentsdirektion, beziehungsweise des gesamten Parlaments betrifft, so sind wir Teil des Bundesbudgets, da gilt für uns nichts anderes. Wir sind so wie andere Bundesministerien jedes Jahr in der Lage oder in der Situation, dass wir eine Budgetplanung machen müssen, dass wir uns überlegen müssen, welche finanziellen, welche personellen Ressourcen brauchen wir, um unsere Aufgaben gut erfüllen zu können. Das wird mit dem Finanzministerium besprochen, verhandelt. Da gibt es dann jedes Jahr eine Regierungsvorlage mit den Budgetplänen aus dem Finanzministerium beziehungsweise aus der Bundesregierung. Und als Teil des Budgetbeschlusses des Nationalrates wird auch das Parlamentsbudget für jedes Jahr mitbeschlossen.
KÖHLER: Wie stehen wir eigentlich im internationalen Vergleich da? Ist die österreichische Parlamentsdirektion eine typische Parlamentsdirektion?
DOSSI: Von den Aufgaben her sind wir durchaus vergleichbar mit den meisten anderen Parlamenten, insbesondere mit den meisten anderen europäischen Parlamenten, mit denen wir ja im Übrigen auch sehr viel Austausch haben, da kann man vieles voneinander lernen, voneinander abschauen. Wobei wir die Erfahrung machen, die mir eigentlich ganz gut gefällt, dass wir so klein sind, dass wir viele neue Herausforderungen nur dann gut bewältigen können, wenn wir innovativ und kreativ und flexibel sind. Während größere Parlamentsverwaltungen dazu tendieren, neue Herausforderungen durch zusätzlichen Ressourceneinsatz zu lösen, was nicht immer die besten Ergebnisse zeitigt. Aber in einem Punkt, und den finde ich sehr bemerkenswert, unterscheiden wir uns deutlich von anderen Parlamentsverwaltungen. Wir sind nämlich zumindest in Europa die einzige Parlamentsverwaltung, die in einem System von Zwei-Kammer-Parlamenten beide Kammern gleichzeitig serviciert. Also die Parlamentsdirektion in Österreich ist für den Bundesrat und für den Nationalrat zuständig. Während in den anderen europäischen Ländern, wo Zwei-Kammer-Parlamentssysteme bestehen, jede Kammer ihre eigene abgegrenzte Parlamentsverwaltung hat. Und wir schaffen es mit unserem System, dass wir sehr viele Synergien nutzen können. Und Kolleginnen und Kollegen etwa im Bereich der Sitzungsbetreuung, der stenographischen Protokolle, der Parlamentskorrespondenz, sowohl für den Nationalrat als auch den Bundesrat arbeiten können, was sicherlich für den Steuerzahler und die Steuerzahlerin die günstigere Variante ist, als jeweils eigene Parlamentsverwaltungen zu haben.
GASSNER-SPECKMOSER: Funktioniert das gut?
DOSSI: Hat sich bewährt, funktioniert gut, ich kenne niemanden, der da etwas daran ändern will.
KÖHLER: Machen wir das zum Schluss noch einmal an einem ganz konkreten Beispiel fest: Es findet eine Nationalratssitzung statt. Was muss nun alles im Hintergrund passieren, damit diese funktioniert? Welche Hebel, die wir jetzt schon besprochen haben, müssen sich in Bewegung setzen?
DOSSI: Das sind im Kern sicherlich die Abteilungen im Nationalratsdienst, die unmittelbar für die Sitzungsbetreuung zuständig sind, die also auch Entwürfe schreiben für die vorsitzführenden Präsidenten, Präsidentinnen. Die ihnen helfen, durch den Lauf einer Sitzung zu führen. Welcher Tagesordnungspunkt, wann dran kommt, Abstimmungen vorzubereiten und so weiter. Auf der anderen Seite aber gibt es Kolleginnen und Kollegen, die im Vorfeld dafür sorgen, dass der Sitzungssaal in jeder Hinsicht sauber und rein ist. Was in der aktuellen Corona-Situation eine zusätzliche Herausforderung ist, weil es da ja um besondere Sauberkeit durch Desinfektionsmaßnahmen und so weiter geht. Dann gibt es diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die für die Eingangskontrollen zuständig sind. Also Stichwort "Sicherheit". Dann gibt es Kolleginnen und Kollegen, die einfach auch gewissermaßen Besucher aber auch Abgeordnete empfangen. Da geht es auch um Freundlichkeit, um die Atmosphäre im Haus. Dann gibt es die Kolleginnen und Kollegen, die die Sitzung als StenographInnen verfolgen, es geht ja dann auch in weiterer Folge um die Erstellung des Protokolls dieser Sitzungen. Wir haben als modernes Parlament seit mehreren Jahren ja etwa auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als Gebärdensprachdolmetscher fungieren, um eben auch diesen niederschwelligen, diesen inklusiven Zugang für Nationalratssitzungen zu haben. Wir haben die Kolleginnen und Kollegen in der Parlamentskorrespondenz, die die Sitzungen ja auch verfolgen, um dann unmittelbar aus den Sitzungen, vor allem aus den Ausschusssitzungen berichten zu können. Bis hin zu – das sind jetzt nicht eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, da haben wir Pächter – bis hin zu einem Gastronomiebetrieb. Weil wir müssen ja auch im Rahmen von Sitzungen, die zwölf, 14, 16 Stunden dauern, auf das leibliche Wohl der Mandatarinnen nicht vergessen.
GASSNER-SPECKMOSER: Das heißt, sehr viele sind an so einer Nationalratssitzung beteiligt?
DOSSI: Ja, ja, ja, ja. Nein. So eine Nationalratssitzung ist ein Gesamtkunstwerk, das nur dann gut gelingen kann, wenn viele ganz unterschiedliche Beiträge dazu gut geleistet werden. Und das ist auch das, worin wir, glaube ich, wirklich gut sind. Dass keiner von uns glaubt, nur er oder sie ist wesentlich für das Gelingen einer Sitzung. Sondern, dass alle wissen, da müssen alle gut zusammenarbeiten, da ist auch viel Kommunikation notwendig. Weil nur, wenn am Ende die Abgeordneten aus der Sitzung hinausgehen und sagen, "war eigentlich ein gelungener Tag", dann ist er für alle ein guter Tag gewesen.
GASSNER-SPECKMOSER: Liebe Hörerinnen, liebe Hörer, Sie merken bereits, dass wir hier noch um einiges länger über das Thema Parlamentsdirektion reden könnten. Es gibt beispielsweise noch viele Angebote für Bürgerinnen und Bürger, oder auch Veranstaltungen, oder Online-Angebote. Auch dieser Podcast beispielsweise ist von der Parlamentsdirektion herausgegeben.
KÖHLER: Wir möchten es aber für heute bei diesem kurzen Überblick belassen. Im Hintergrund so eines Parlaments läuft also mehr ab, als man wohl am Anfang vermuten mag. Viele motivierte Menschen kümmern sich um das Zentrum der Demokratie. Und das ganz überparteilich!
GASSNER-SPECKMOSER: Falls Sie noch mehr wissen möchten, schauen Sie doch einmal auf der Parlamentswebsite vorbei. Dort finden Sie alles noch einmal im Detail erklärt.
KÖHLER: Wie immer können Sie auch uns Ihre Fragen, Anregungen oder Ideen schicken. Unter podcast@parlament.gv.at.
GASSNER-SPECKMOSER: Das letzte Wort übergeben wir jetzt noch einmal dem Parlamentsdirektor. Wir hören uns hoffentlich in zwei Wochen wieder. Ciao!
KÖHLER: Tschüss!
GASSNER-SPECKMOSER: Wie leitet man nun den Maschinenraum der Demokratie, Herr Dossi? Wie leitet man ein Parlament?
DOSSI: Indem man vor allem weiß und darauf vertraut, dass es für jede Aufgabe im Haus Kolleginnen und Kollegen gibt, die absolute Spezialisten dafür sind und dass es kaum jemanden besseren gibt, um diese Aufgabe zu erfüllen. Also man darf nicht in den Fehler verfallen, zu glauben, man kann alles besser, als die Kolleginnen und Kollegen. Sondern man soll es, glaube ich, mit dem Verständnis machen, dass man die besten Leute im Haus hat. Und meine Aufgabe besteht darin, diesen Leute die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sie ihr Spezialistentum möglichst gut anwenden und umsetzen können.