Was ist die Interparlamentarische Union?
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In dieser Folge von „Parlament erklärt“ geht es um die Interparlamentarische Union – kurz IPU. Was diese Organisation auszeichnet und über ihre anstehenden Aufgaben sprechen wir mit dem ÖVP-Abgeordneten Reinhold Lopatka, der Österreich auch als Delegationsleiter in der Interparlamentarischen Union vertritt.
(Der Austragungsort der nächsten Generalversammlung hat sich nach der Podcast-Aufzeichnung geändert. Sie fand in Madrid statt., Anm. d. Red.)
© Parlamentsdirektion/Satzbau/hoerwinkel
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Transkription
Reinhard LOPATKA: Unser Planet ist ein Boot und wir alle sitzen in diesem einen Boot, es gibt kein zweites. Also ich kann nicht aussteigen in ein Zweites. Und wenn man in einem Boot sitzt, dann glaube ich, wird es, auch wenn es eng ist auf diesem Boot, dann am friedlichsten zugehen, wenn alle das Gefühl haben, dass man fair miteinander umgeht.
Tobias GASSNER-SPECKMOSER: Die Interparlamentarische Union, kurz IPU, kommt dieses Jahr im September zu einem Treffen nach Wien. Die Präsidenten von 178 Parlamenten auf der ganzen Welt halten, erstmals in Österreich, eine Konferenz über unsere Zukunft ab. Mein Name ist Tobias Gassner-Speckmoser ...
Diana KÖHLER: Und ich bin Diana Köhler. Wir haben einen der Organisatoren dieser mächtigen Veranstaltung gefragt, was die IPU genau macht, wieso man eigentlich so wenig darüber hört und wie Österreich im internationalen Vergleich so abschneidet.
***** JINGLE *****
KÖHLER: Lieber Herr Lopatka, stellen Sie sich und die Organisation doch erst einmal vor!
LOPATKA: Reinhold Lopatka, Abgeordneter der ÖVP. Vorher war ich Staatssekretär im Bundeskanzleramt, im Bundesministerium für Äußeres und Europa und im Finanzministerium, und hab mich immer schon mit außenpolitischen Fragen beschäftigt. Ich bin hier im Parlament jetzt auch Vorsitzender des Europa-Ausschusses und stellvertretender Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses, und in diesem Zusammenhang vertrete ich Österreich als Delegationsleiter auch in interparlamentarischen Versammlungen. Das sind Versammlungen wie bei der IPU, bei der Internationalen Parlamentarier-Union, wo Abgeordnete von mehr als 170 Staaten zusammenkommen, von Demokratien – ich möchte es so formulieren - die unterschiedlich entwickelt sind. Oder auch in der OSZE habe ich die Delegationsleitung, um nur ein weiteres interparlamentarisches Forum zu nennen. Und ich selbst setze mich schwerpunktmäßig mit dem Thema Terrorismus auseinander und habe hier auch bei einer sogenannten "High Level Advisory Group On Countering Terrorism And Violent Extremism" bei der IPU den Vorsitz und auch bei der OSZE bei einem ähnlichen Komitee, dort heißt es "Ad hoc Commitee On Countering Terrorism And Preventing Violent Extremism".
GASSNER-SPECKMOSER: Es gibt bereits einige internationale Organisationen, wie etwa die Vereinten Nationen. Was macht die IPU so besonders?
LOPATKA: Die IPU hat eine lange Geschichte. Sie ist 1889 gegründet worden und die Gründer haben für diese Leistung – und das ist eine Leistung – sogar den Friedensnobelpreis erhalten. Diese Organisation, in der von den 193 Mitgliedsstaaten der EU (gemeint sind die Vereinten Nationen, Anm. d. Red.) 178 vertreten sind, ist die Versammlung der Parlamentarier. Zweimal im Jahr kommen hier aus allen Parlamenten der Welt Abgeordnete, die delegiert sind von den nationalen Parlamenten zusammen, um die großen Fragen der Zeit zu behandeln. Und, was ein wichtiger Punkt ist, um auch den Kollegen zu helfen, deren Arbeit massiv bedroht ist. Abgeordnete werden inhaftiert, Abgeordnete werden bedroht, Abgeordnete werden auch ermordet. Der Fokus ist immer auf das Land gerichtet, das gerade im Mittelpunkt steht – zuletzt war das Myanmar. Aber wenn man schaut, wo die meisten inhaftierten Abgeordneten sind, muss man nicht so weit gehen, das beginnt schon in der Türkei, unmittelbar an der europäischen Außengrenze, an der Außengrenze der EU.
KÖHLER: Gibt es Grundvoraussetzungen, um Mitglied in der IPU zu werden?
LOPATKA: Ja, man muss Beiträge leisten, und es gibt von den 193 UN-Mitgliedsstaaten eben 178, die auch in der IPU vertreten sind. Ich glaube, zuletzt ist bei uns Tuvalu dazugekommen, das sind kleine Inseln weit weg von Australien und noch weiter weg vom Rest der Welt. Das hängt natürlich auch mit Kosten zusammen – wenn ich Abgeordneter in Nauru bin, oder in Vanuatu, oder ja, in Tuvalu, dann ist es nicht ganz einfach. Aber der Kollege aus Samoa ist einer der Aktivsten bei der Vorbereitung dieser Konferenz, ich bin auch im Vorbereitungskomitee. Das zeigt dann sozusagen die weltweite Dimension, ja, wenn es bei uns spät am Abend ist, ist es bei ihm in der Früh, jedenfalls: man liegt zeitlich sehr, sehr weit auseinander.
GASSNER-SPECKMOSER: In Wien treffen sich im September also die Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten aller Mitgliedsstaaten. Ist es für die IPU üblich, solche großen Treffen abzuhalten?
LOPATKA: Diese Treffen, wie eines in Wien ist, die gibt es noch nicht lange. Das sind die Treffen der Speakers, das sind die Präsidenten, wie es bei uns heißt, der Parlamente. Und im Vorfeld immer das Treffen der Sprecherinnen, weil die IPU einen Schwerpunkt hat, für Frauen etwas zu tun – das ist ein ganz massiver Schwerpunkt: Wenn man nicht eine entsprechende Anzahl an Frauen bei den Versammlungen hat, verliert man auch an Stimmgewicht. Und das ist das Treffen der Parlamentspräsidenten. Diese Treffen hat es noch nicht so oft gegeben, die gibt es erst, seit es die Milleniums-Ziele der UNO gibt, seit 2000, und jetzt die Nachhaltigkeitsziele. Diese Treffen haben bisher immer in New York oder Genf stattgefunden, und ich habe dann eine Sitzung genutzt und mit Unterstützung unseres Präsidenten auf kurzem Wege Österreich ins Gespräch gebracht, denn Wien ist ja auch ein Ort, an dem die UNO beheimatet ist. Quasi in einer Kampfabstimmung haben wir uns dann gegen Nairobi, denn Nairobi ist ja neben New York, Genf und Wien der vierte Ort, an dem die UNO offiziell vertreten ist, haben wir uns dann quasi in einer Kampfabstimmung durchgesetzt. Das Treffen hätte schon letzten August sein sollen und konnte Covid-bedingt nicht stattfinden, und jetzt sind wir sehr zuversichtlich, dass von 6. bis 8. September, nach COVID, die erste große, internationale Konferenz stattfinden kann. Und das wird eine Konferenz der Präsidenten der Parlamente sein, und wir gehen davon aus, dass mehr als 100 – das hängt natürlich auch von der COVID-Entwicklung ab – aber dass mehr als 100 Staaten mit Parlamentspräsidenten und –präsidentinnen vertreten sein werden.
KÖHLER: Gibt es ein bestimmtes Thema, wegen dem das Treffen abgehalten wird?
LOPATKA: Das ist schon festgelegt, womit wir uns hier bei dieser Konferenz in Wien beschäftigen. Der Titel der Konferenz sagt es eigentlich aus, es ist nur ein sehr langer Titel. Der Titel heißt "Parliamentary Leadership for more effective Multilateralism that delivers Peace and Sustainable Development for the People and the Planet". Also es geht darum, dass wir eine Führungsrolle für die Parlamente sehen, wenn es um gemeinsame – übersetzt in diese Sprache, multilaterale – in Wirklichkeit heißt es gemeinsame – Lösungen geht, die einen Beitrag leisten für Frieden, für eine nachhaltige Entwicklung, umfassend nachhaltige Entwicklung für den Planeten und für die Menschen, die auf diesem Planeten leben.
GASSNER-SPECKMOSER: Was macht die IPU denn jetzt eigentlich genau?
LOPATKA: Die IPU hat ganz konkrete Schwerpunkte. Das Eine ist einfach, Parlamente zu stärken: Parlamente zu stärken innerhalb der Gesellschaft eines Landes, Parlamente zu stärken gegenüber Regierungen, und Parlamente miteinzubinden in die Entscheidungen. Zum Beispiel bei der UNO, in dem Bereich in dem ich arbeite, wo es um Terror geht, da ist die UNO mit dem Weltsicherheitsrat hier federführend. Und wenn man Terrorismus effektiv bekämpfen möchte, muss man weltweit zu gesetzlichen Regelungen kommen. Gesetzliche Regelungen treffen Abgeordnete. In der Folge davon werden dann natürlich solche Regelungen in Diktaturen auch missbraucht, indem jemand zum Terroristen erklärt wird, der eigentlich keine terroristischen Aktivitäten setzt, sondern sich bloß für eine Minderheit einsetzt. Und hier geht es dann darum, zu sagen, alles zu tun, um Terrorismus zu bekämpfen aber gleichzeitig auch nicht aus den Augen zu verlieren, dass der einzelne Bürger Grund- und Freiheitsrechte hat, Menschenrechte hat, die auch geachtet werden müssen. Und so könnte ich das für jeden anderen Bereich auch nennen. Hier werden Komitees gebildet, die sich schwerpunktmäßig mit einzelnen Fragen beschäftigen. Und man arbeitet da bilateral zusammen. Gestern hat mich zum Beispiel der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses von Großbritannien, Tom Tugendhat angerufen, weil ich nächste Woche eine Sitzung habe mit der IPU-Gruppe von Großbritannien, und die sich große Sorgen machen, was die Situation der Uiguren in China betrifft. Solche Themen werden hier dann auf die Tagesordnung gesetzt. Oder jetzt in der Auseinandersetzung Israel-Palästina: Wie geht es den Bürgern, den Menschen? Weil wir sind ja Volksvertreter, und daher sollten wir uns auch um die Anliegen der Bevölkerung kümmern. Es macht ja jetzt keinen Unterschied jetzt, ob ein israelisches oder ein palästinensisches Kind getötet wird, man muss alles tun, dass das rasch ein Ende findet. Und genau diese Fragen in all den Bereichen, die wir hier auch innenpolitisch behandeln, behandelt die IPU und da gibt es eben ganz große Fragen momentan: Klimawandel, Kampf gegen den Terrorismus, ein Ende der Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte durch COVID, dass das nicht zum Regelfall wird. Es sind durch COVID gerade in Afrika viele Wahlen abgesagt worden, oder Wahlen so durchgeführt worden, dass die Opposition keine Chance hatte. Also die Pandemie hat hier meines Erachtens wieder in vielen Staaten die Schwachstellen aufgezeigt. Und das ist dann die Aufgabe der IPU, Parlamentarier vor Ort zu unterstützen, um hier zu einem Fortschritt zu kommen.
KÖHLER: Welche Ziele setzt die IPU konkret?
LOPATKA: Da gibt es fünf Bereiche, mit denen wir uns besonders beschäftigen. Das eine, was nach wie vor in großen Teilen der Welt ein Riesenproblem ist, das ist diese Gleichstellung der Geschlechter: Einfach, für Frauen etwas zu tun. Frauen waren ja jetzt auch in der COVID-Pandemie mehr betroffen, haben mehr darunter zu leiden als Männer. Das Zweite ist, vorher schon von mir angesprochen, der Verlust an demokratischen Grundfreiheiten durch die Pandemie, wie man die rasch und überall wieder zurückbekommt. Das Dritte ist der gemeinsame Kampf, hier zu einer Klimawende zu kommen und wirklich zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung. Der vierte Punkt ist die Sicherheit von Parlamenten und Parlamentariern, also dass nicht ein Abgeordneter die Angst haben muss, wenn er ins Parlament kommt, dass er von hier weg quasi verhaftet wird, sich dann im Gefängnis wiederfindet. Und der fünfte und letzte Punkt ist die Einbindung der Parlamente in internationale Organisationen und deren Arbeit. Also wie können wir – so wie es auf europäischer Ebene das europäische Parlament gibt – wie können wir hier vor allem auf UN-Ebene in den einzelnen Bereichen neben den Regierungsvertretern auch Abgeordnete einbinden in die Arbeit.
KÖHLER: Die IPU beschäftigt sich also mit den ganz großen weltpolitischen Themen. Aber passiert außer Besprechungen noch etwas Konkretes, um Probleme zu lösen?
LOPATKA: Sie verabschieden dann zu den einzelnen Themen Standpunkte, wo sich dann die einzelnen Präsidenten verpflichten, dass sie in ihren nationalen Parlamenten auch dafür sorgen, dass das umgesetzt wird. Bleiben wir beim ersten Thema, der Gleichstellung der Geschlechter: Da gibt es genaue Aufstellungen, wie viele weibliche Abgeordnete in den einzelnen Ländern sind, dann gibt es "Best Practice"-Beispiele, wie man es geschafft hat, von 10 Prozent Frauenanteil auf – weiß ich nicht – 50 Prozent zu kommen, was ist dafür notwendig, welche gesetzlichen Bestimmungen gibt es hier? Und die Staaten, die hier hintennach sind, die verpflichten wir zuerst einmal, und dann gibt es in den jeweiligen Ländern dann schon Abgeordnete, die sagen "Ja bitte, Herr Präsident, Sie haben ja hier zugestimmt, und bei uns im Land, was ist jetzt? Wie setzen wir das um?" Und so versucht man in den einzelnen Bereichen hier – also, nicht immer mit dem Finger zeigend, aber doch durch einen gewissen Druck – sich weiterzuentwickeln. Das Ganze wird auch vorbereitet in regionalen Gruppen: Es gibt die arabische Gruppe, die sich hier vorher trifft, es gibt GRULAC, das ist die lateinamerikanische Gruppe, wir gehören zur Gruppe 12Plus. Ich kann Ihnen nicht sagen, warum die 12Plus heißt, aber das ist die Gruppe aller Demokratien. Also grob gesagt, wir sind in der Gruppe der Europäer plus Kanada, plus Australien, plus Neuseeland. Und dann gibt es eine euroasiatische Gruppe. Ja, also so ist diese Organisation aufgebaut, und man versucht dann auch über diese regionalen Gruppen, die Arbeit umzusetzen. Ich, in dem Bereich, in dem ich den Vorsitz habe, Terrorbekämpfung, mache das massiv über die regionalen Gruppen. Ich war zum Beispiel jetzt im Jänner in Kairo bei der arabischen Gruppe, weil die verstehen die islamische Welt viel, viel besser, weil sie ja quasi aus der Welt kommen. Der Terrorismus hat sich jetzt zunehmend von Syrien und dem Irak verlagert in die Sahel-Zone, also in diese nordafrikanischen Staaten, in denen die meisten Terroranschläge sind: In Mali, in Niger, in den Tschad. Dass wir mit deren Hilfe dort ganz konkrete Programme machen, auch mit der Zivilgesellschaft, mit der Jugend – also, so funktioniert das.
GASSNER-SPECKMOSER: Gibt es Sanktionen, wenn gemeinsame Beschlüsse nicht eingehalten werden?
LOPATKA: Naja, es gibt eine Strafe zum Beispiel dahingehend, wenn jetzt Versammlungen der Interparlamenterischen Union sind, und da kommt eine Delegation – sagen wir, die haben zwölf Mitglieder. Und wenn hier nicht eine Mindestanzahl, ich glaube, wir sind jetzt da bei 40 Prozent von Frauen, dann haben sie nicht - wenn auch zwölf anreisen – nicht zwölf Stimmen, sondern sie verlieren dann ein Drittel oder die Hälfte ihres Stimmrechts. Also so gesehen: Es gibt schon Sanktionen, und es wird ja ständig hier jedes Jahr genau darauf hingewiesen, wer was wie umgesetzt hat. Man ist quasi – im Mittelalter hat es so etwas gegeben wie den Pranger – ja, also man steht dann auch am Pranger.
KÖHLER: Wie schneidet Österreich da eigentlich im internationalen Vergleich mit anderen Ländern ab?
LOPATKA: Sagen wir so: Wir sind in keinem Bereich ganz hinten nach, wir sind in einzelnen Bereichen, wenn es um das Durchschnittsalter der Abgeordneten geht, ganz vorn dabei. Im Bereich der Frauen haben wir stark aufgeholt.
GASSNER-SPECKMOSER: Wie erfährt man auch als Normal-Bürger, was während der Konferenz besprochen und beschlossen wird?
LOPATKA: Alles, was wir hier machen, wird von einem Team hier im Parlament begleitet. Es gibt auch eine eigene Homepage, die findet man auch auf der Parlaments-Seite, wo im Vorfeld schon darüber berichtet wird, aber nicht nur im Vorfeld, sondern natürlich auch während der Konferenz und danach. Das ist das Eine. Die Konferenz selbst findet von 6. bis 8. September statt, beginnt mit einer Frauenkonferenz, also der Parlamentspräsidentinnen-Konferenz, danach ist die Parlamentspräsidenten-Konferenz, und – unabhängig von der Parlamentspräsidenten-Konferenz, aber weil die schon da sind – am 9. September ist "First Global Parliamentary Summit on Counter-Terrorism". Also das erste, weltweite Zusammentreffen von Parlamentariern, die sich schwerpunktmäßig mit der Bekämpfung des Terrorismus beschäftigen. Und warum machen wir das unmittelbar danach? Weil wir hier wieder auch die Spitze der Parlamente, die Parlamentspräsidenten, mit einbinden wollen.
KÖHLER: Die Konferenz hätte ursprünglich schon 2020 stattfinden sollen, wurde aber COVID-bedingt abgesagt. Hat die IPU in nächster Zeit noch mehr Treffen geplant?
LOPATKA: Im Übrigen, die nächste Generalversammlung der IPU ist jetzt bestätigt worden, die soll im November des heurigen Jahres in Ruanda, in Kigali, stattfinden. (Der Austragungsort der nächsten Generalversammlung hat sich nach der Podcast-Aufzeichnung geändert. Sie fand in Madrid statt., Anm. d. Red.) Weil Ruanda, nach der furchtbaren Geschichte, die es dort gegeben hat – hunderttausende Tote, diese Auseinandersetzung zwischen Tutsis und Hutus – durch den jetzigen Präsidenten ziemlich befriedet werden konnte. Und es spielt auch dort das Parlament eigentlich eine ganz gute Rolle. Da hat man gesagt, "Best Practice", das Wort habe ich vorher schon in den Mund genommen – als Musterbeispiel – gehen wir dort mit der nächsten Konferenz hin.
GASSNER-SPECKMOSER: Ist eines Ihrer Ziele für die Zukunft auch, die Interparlamentarische Union in der breiteren Bevölkerung bekannt zu machen?
LOPATKA: Schauen Sie, es gibt viele Organisationen, die viel leisten und überhaupt nicht bekannt sind. Die internationale Arbeit findet auch wenig Interesse. Das beginnt schon bei der Beteiligung, wo es Wahlen gibt. Schauen Sie sich die Wahlbeteiligung bei Gemeinderatswahlen an! Ich muss jetzt nur meinen Ort hernehmen: Bei Gemeinderatswahlen mehr als 80 Prozent Wahlbeteiligung, bei Landtagswahlen knapp unter 80, bei Nationalratswahlen über 70, und wir jubeln, wenn wir 50 Prozent schaffen bei Europaparlamentswahlen. Und dann kommt noch die Weltebene dazu, wo es zwar keine Wahlen gibt, aber je weiter weg, desto geringer das Interesse aber weniger das Verständnis und das Wissen. Das muss man einfach in Kauf nehmen, aber das heißt nicht, dass diese Arbeit nicht wichtig ist, die hier geleistet wird.
KÖHLER: Liebe Hörerinnen und Hörer, damit sind wir schon wieder fast am Ende dieser Folge angelangt. Wir hoffen, Sie wissen nun ein bisschen besser über diese internationale Organisation, der Österreich angehört, und deren Arbeit Bescheid. Falls Sie Fragen, Anregungen oder Ideen zum Podcast haben, schicken Sie uns diese gern wie immer unter podcast@parlament.gv.at.
GASSNER-SPECKMOSER: Wir danken Ihnen wie immer herzlich fürs Zuhören! Zum Abschluss haben wir Herrn Lopatka gefragt, was seine idealen Konsequenzen aus dem IPU-Meeting im September in Wien wären:
LOPATKA: Erstens einmal würde ich mir wünschen, dass möglichst viele Staaten da sind, und dass es gelingt, dass vor allem afrikanische Parlamentspräsidenten, und auch Parlamentspräsidenten von Staaten, die es besonders schwer haben, hier die notwendige Solidarität einfordern, damit diese Pandemie die Welt, die vorher schon sehr zweigeteilt war, sehr reiche Staaten werden in wenigen Wochen einen Überschuss an Impfungen haben, und es gibt andere Staaten, wo es noch überhaupt keine Impfmöglichkeit gibt. Dass man hier, wenn man weggeht, jeder das Gefühl hat, quasi, ich möchte das mit diesem Bild jetzt so sagen: Unser Planet ist ein Boot, wir alle sitzen in diesem einen Boot, es gibt kein zweites. Also ich kann nicht aussteigen in ein Zweites. Und wenn man in einem Boot sitzt, dann glaube ich, wird es, auch wenn es dann eng ist auf diesem Boot, dann am friedlichsten zugehen, wenn alle das Gefühl haben, dass man fair miteinander umgeht.