Konflikte, Klubs und Kommentatoren: Das Parlament seit dem Jahr 2000
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Was ist der Unterschied zwischen Parteienwechsel und Parteiabspaltung? Seit wann gibt es den Livestream des Parlaments? Und wie haben die neuen Medien auch die Debatten im Hohen Haus verändert? Das sind Fragen, die das Parlament in den noch jungen 2000er Jahren beschäftigt haben. Wie diese Zeit aus Sicht des Politikbeobachters einzuordnen ist, darüber sprechen unsere Hosts Stefanie Schermann und Tobias Leschka in der aktuellen Folge unseres Podcasts "Parlament erklärt" mit dem Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. Die neue Folge ist Teil unserer Reihe zur Geschichte des Parlamentarismus in Österreich.
© Parlamentsdirektion/Satzbau/hoerwinkel
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Peter FILZMAIER: Es ist jetzt eine Frage von Henne und Ei: Wer hat begonnen? Kam die Konfliktträchtigkeit, teilweise sogar Beschimpfungen von Abgeordneten im Parlament und die Medien haben's nur aufgenommen? Oder ist es nicht eine Erwartung auch der modernen Mediengesellschaft, immer kürzere Sound-Bites zu berichten und die Negativnachricht noch mehr als früher, "only bad news are good news" gibt's immer schon, aber sich auf diese Negativität zu stürzen?
Tobias LESCHKA: Herzlich Willkommen zurück zu einer neuen Folge "Parlament erklärt". Heute sprechen wir mit dem Politologen Peter Filzmaier über die 2000er- und 2010er-Jahre im Parlament. Mein Name ist Tobias Leschka ...
Stefanie SCHERMANN: ... und ich bin Stefanie Schermann. Peter Filzmaier beobachtet und kommentiert das österreichische Polit-Geschehen schon seit mehreren Jahrzehnten. Wir haben ihn gefragt, was sich über die letzten Jahre im österreichischen Nationalrat verändert hat. Seine Antwort war überraschend: Vor allem die Berichterstattung.
***** JINGLE *****
LESCHKA: Lieber Herr Filzmaier, Sie sind heute als Politikwissenschaftler hier, aber nicht ausschließlich. Sie sind auch ein Zeitzeuge der jüngsten Parlaments-Geschichte. Obwohl viele unserer Hörerinnen und Hörer bereits kennen, stellen Sie sich doch bitte kurz vor!
FILZMAIER: Mein Name ist Peter Filzmaier, ich bin Politikwissenschaftler an den Universitäten Krems und Graz und leite auch ein privates Forschungsinstitut, das Institut für Strategieanalysen in Wien. Einer meiner Hauptschwerpunkte ist Wahlforschung. Damit ist der Zusammenhang zu Parlament und Parlamentarismus wohl klar, denn die Zahl der Nationalratsabgeordneten der einzelnen Parteien geht ja aus Nationalratswahlen hervor.
SCHERMANN: Sie sind aber auch einer der bekanntesten Polit-Kommentatoren des Landes. Sind Sie bei jeder Nationalratssitzung dabei?
FILZMAIER: Ich sitze manchmal in der ORF-Kabine, als Co-Kommentator. Allerdings ist das weniger der Fall bei den klassischen Debatten, sondern eher bei konstituierenden Sitzungen. Da gibt's die lange Live-Übertragung. Und da muss, während beispielsweise das Präsidium gewählt wird, und das dauert seine Zeit, sehr viel kommentiert werden. Oder, das ist aber auch nicht die klassische Sachdebatte über einzelne Politikfelder, wenn besonders dramatische Situationen entstehen, beispielsweise ein bevorstehender Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung.
LESCHKA: Welche Themen der vergangenen Jahre sind Ihnen als besonders kontroversiell in Erinnerung geblieben?
FILZMAIER: Es ist schwierig, Budget gegen Umwelt aufzurechnen oder andere Themen aus verschiedenen Politikbereichen zu vergleichen. Selbstverständlich ist in jedem Jahr, auch in den 2000er-Jahren und in den 2010er-Jahren das Schlüsselgesetz das Bundesfinanzgesetz vulgo Budget gewesen. Allerdings mit zunehmender Konfliktintensität, denn 2008/09 begann die Wirtschaftskrise, gefolgt dann von der Eurokrise, beginnend mit dem Crash der Lehman Brothers als Bank in den USA, was natürlich weitreichende Budgetauswirkungen auf den EU-Raum und damit auch auf Österreich hatte. Das Umweltthema hat kontinuierlich an Bedeutung gewonnen und es gab Themen, die nicht von Österreich ausgehend immer mehr an Bedeutung gewonnen haben, so, wie das Umweltthema auch global ist. Beispielsweise noch mehr dann in den Jahren 2010 bis 2020 alles was mit Flüchtlingen, Migration, sei es aus wirtschaftlichen Gründen, sei es mit der Suche nach Asyl aus beispielsweise kriegerischen Gründen, in anderen Ländern. Das hat an Themenkraft zugenommen.
SCHERMANN: Was hat das parlamentarische Geschehen in den vergangenen zwei Jahrzehnten besonders geprägt?
FILZMAIER: Meine persönliche Erinnerung in den 2000er-Jahren und dann bis inklusive 2013 sind weniger die ganz zentralen Gesetzesbeschlüsse als der häufige Parteienwechsel und auch die Entwicklung hin zu mehr Parteien im österreichischen Nationalrat. Es ist 2005 das BZÖ entstanden, als nennen wir es mal Abspaltung von der FPÖ, das dann bis 2013 im Nationalrat geblieben ist, bei der Wahl 2006 mit wirklich ganz knappem Erreichen der 4 Prozent Mindesthürde, um in den Nationalrat einzuziehen. Es ist das Team Stronach unter Anführungszeichen "entstanden" auf eine allerdings für den Parlamentarismus doch problematische Art, in dem nämlich BZÖ-Abgeordnete, die ihre Partei dann schon wieder verlassen haben, mehr oder minder am politischen Straßenrand des Parlamentarismus von Frank Stronach aufgesammelt wurden, um einen eigenen Klub zu gründen, das Team Stronach. Man hat als Folge dieser Erfahrungen, die eine Wiederholung waren, der Gründung des BZÖ-Parlamentsklubs und der Gründung des Liberalen Forums als Parlamentsklub als Abspaltung auch von der FPÖ, beschlossen, dass Klubs nur von jenen gegründet werden können, die als solches auch bei einer Nationalratswahl angetreten sind und dass das auch nach der Nationalratswahl passieren muss, dass man das also nicht sich laufend neu überlegen kann. Das Team Stronach ist aber dann auch bei der Wahl 2013 in den Nationalrat eingezogen, später dann zerfallen, ebenfalls 2013 eingezogen und sich etabliert haben die NEOS. Das war insofern auch eine Veränderung für den Parlamentarismus, dass die NEOS am deklariertesten, den sogenannten Klubzwang ablehnten. Also das freie Mandat, das in der Bundesverfassung verankert ist, betonten und nicht ein Abstimmen nach Parteilinie erreichen wollten, wenn sie nicht in der Regierung waren, und das waren sie auf Bundesebene noch nie. Und dass man sie auch nicht für eine Verfassungsmehrheit gebraucht hat, hat das jetzt natürlich auf die Beschlussfassung wenig Auswirkungen gehabt, ist aber doch eine nennenswerte Veränderung und man muss für jüngere Generationen betonen, dass dieser häufige Parteienwechsel, das klingt nicht nach so vielen Parteien – BZÖ, Team Stronach, NEOS – aber doch eine Veränderung war, denn lange Zeit hatten wir ein Drei-Parteien-Parlament-Jahrhundert aus SPÖ, ÖVP und FPÖ bestehend. Wir haben auch in der Politikwissenschaft damals von einem zweieinhalb Parteien-System gesprochen. Gemeint war damit zwei klassische Großparteien, SPÖ und ÖVP, in welcher Wahlreihenfolge auch immer, und eine deutlich kleinere FPÖ, das ist in den 2000er- und 2010er-Jahren endgültig Geschichte: Wir haben Mittelparteien und Kleinparteien.
LESCHKA: Nicht zu vergessen ist auch die 2017 gegründete Liste Peter Pilz, die später in JETZT – Liste Pilz umbenannt wurde. Auch diese Partei-Gründung verlief ja eher ungewöhnlich.
FILZMAIER: Die Grünen haben eine interne Vorwahl auf ihrem Bundeskongress, wo für jeden einzelnen Listenplatz eine Person gewählt wird, beginnend mit Listenplatz eins auf der Bundesliste, Platz zwei, Platz drei und so weiter. Etwas komplexer noch, die Situation gestaltet sich dadurch, dass die Grünen auch ein Reißverschlusssystem haben, dass abwechselnd eine Frau, ein Mann die jeweiligen Listenplätze besetzen soll. Das heißt als Mann wie Peter Pilz, wenn ich jetzt nicht gerade für Platz 1 kandidiere, kann ich dann immer nur für die jeweiligen ungeraden Listenplätze kandidieren. Peter Pilz hat erwartet, auf einem vorderen solchen Listenplatz sicher gewählt zu werden. Das war nicht der Fall in der Abstimmung. Es hat einen wohl schon vorher latent zutiefst vorhandenen Konflikt zwischen seiner Ex-Partei, den Grünen, und ihm ausgelöst. Letztlich hat er dann die Grünen verlassen und ist mit einer eigenen Liste angetreten, die auch beim ersten Antreten den Nationalratseinzug geschafft hat, beim zweiten Mal mit leichten Parteiveränderungen inzwischen dann allerdings gescheitert ist.
LESCHKA: Als Peter Pilz mit seiner Liste in den Nationalrat einzog mussten die Grünen ihren Platz räumen. Sie waren dann eine Gesetzgebungsperiode lang nicht im Nationalrat vertreten. Eigentlich ungewöhnlich für eine so etablierte Partei, die seit ihrer Gründung doch immer im Nationalrat vertreten, oder?
FILZMAIER: "Die Grünen" waren in der Anfangsphase nicht immer im Nationalrat vertreten. Sie sind bei den ersten Wahlen gescheitert und dann sind weiter teilweise "die Grünen" unter Anführungszeichen gescheitert, weil, und das war Teil des Problems, es mehrere Grün-Listen gab, die kandidiert haben in den Achtzigerjahren, was naturgemäß die Chancen in den Nationalrat einzuziehen nicht unbedingt erhöht hat. Die Grünen allerdings waren im Nationalratswahlkampf 2017 auch durch die Kandidatur einer neuen Liste von Peter Pilz, Ex-Abgeordneten der Grünen, in einer schwierigen Ausgangssituation. Es war klar, dass das Wahlergebnis nicht gerade gut sein wird. Die Grünen haben es aber verkannt, dass sie letztlich hier, was die Vertretung im Parlament betrifft, einen politischen Überlebenskampf kämpfen. Das war aber von den Grünen mit der damaligen Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek eine Art Tabuthema. Es hätte den Grünen vielleicht, "was wäre gewesen, wenn" sind politikwissenschaftlich schwierige Thesen, geholfen und wäre ihnen anzuraten gewesen, ihren möglichen potenziellen WählerInnen zu sagen: "Wenn ihr nicht wirklich eure Stimme für uns abgebt, dann fliegen wir aus dem Nationalrat auch raus." Das ist natürlich sehr heikel im parteiinternen Bereich, wenn man gerade einen Wahlkampf führt, denn das kann auch demobilisieren. Stellen sie sich das in einer Firma vor: Wir könnten total pleitegehen. Das kann allen einen letzten Motivationsschub geben, um sich jetzt richtig reinzuhängen. Es kann aber auch dazu führen, dass alle eigentlich nur noch Absprungplattformen suchen, "was mache ich denn nachher am besten, weil wir schaffen's vielleicht eh nicht". Genauso ist es bei einer Partei im Wahlkampf und die Grünen haben dann am Wahlabend ein für sie Schock-Erlebnis gehabt, dass sie nicht mehr im Nationalrat vertreten waren und hatten dann noch die "Glückssituation" unter Anführungszeichen, dass es nicht eine volle Legislaturperiode gedauert hat, sondern früher als geplant nach fünf Jahren wieder zu vorgezogenen Neuwahlen kam.
LESCHKA: Es gab also verschiedene neue Parteien im Nationalrat. Hat sich in den Sitzungen dadurch etwas verändert?
FILZMAIER: Durch die vielen Veränderungen, die ja teilweise auch Parteiabspaltungen waren, ist die Polarisierung in den Diskussionen des Nationalrats sicher gestiegen, weil auch Emotionen im Spiel waren. Ich warne aber davor, zu sagen, früher war alles besser. Ein Grund für eine intensivere Debattenführung ist auch eine zunächst einmal technische Veränderung: Nicht nur, dass es häufiger zu Live-Übertragungen kam im Fernsehen, dass es mittlerweile auch Fernsehsender gibt, die sich darauf mitspezialisieren, beispielsweise auf ORF3 werden sehr ausführlich Parlamentsdebatten übertragen. Und es kam aber auch noch das Phänomen des Streamings dazu, also jede öffentliche Sitzung, nicht die nicht-öffentlichen Ausschusssitzungen, konnten mitverfolgt werden. Das hat im Sinn der Transparenz in einer Demokratie viele Vorteile. Es hat allerdings auch einen Nachteil, das österreichische Parlament hat, so sagt die Politikwissenschaft, ohnedies im Plenum auch eine Tribünenfunktion. Das heißt, die Entscheidung ist oft, wer wie abstimmt, schon gefallen. Es geht darum, Rede und Widerrede der Öffentlichkeit wie auf einer Tribüne darzustellen. Das ist auch wichtig in einer Demokratie, keine Entscheidungen in rauchgeschwängerten Hinterzimmern. Es ist aber natürlich auch eine Inszenierungsplattform für PolitikerInnen, da sie wissen, hier sitzen 182 andere NationalrätInnen mir gegenüber, aber Zehntausende, vielleicht sogar Hunderttausende sitzen vor einem Fernsehgerät und das hat schon in den 2000er-Jahren an Bedeutung gewonnen. Zum Beispiel vor der Nationalratswahl 2008 haben sich alle Parteien eigentlich fast gegenseitig übertroffen, aus ziemlich durchsichtiger Wahltaktik, Gesetze zu beschließen, die ein Füllhorn für die Bevölkerung darstellen, also quasi von Pensionsreformen, günstig für die PensionistInnen, die Steuerreformen, jeder muss weniger Steuer zahlen und kriegt irgendwie mehr raus. Das wurde übertragen, auch teilweise live im Fernsehen und die Übertragung ging damals noch auf ORF2 bis weit nach Mitternacht in die Morgenstunden. Man hätte ja vermuten können, na irgendwann einmal ist das nur noch für Verwandte und Freunde der Abgeordneten, weil die anderen Leute gehen schlafen – nein, das hat ein riesiges Publikum gehabt.
SCHERMANN: Dass jede öffentliche Plenarsitzung gestreamt wird, wurde ja vom Parlament selbst beschlossen. Wie hat sich das auf die Debatten ausgewirkt?
FILZMAIER: Es ist noch mehr im Hinterkopf von Abgeordneten dabei: Wie wird medial berichtet, und zwar ganz kurzfristig? Da hat man ja historisch gesehen an die Zeitung des nächsten Tages gedacht. Da gibt's ziemlich viel Zeit und Filter dazwischen, um auch zu entemotionalisieren. Im Fernsehzeitalter mit dem immer Bedeutender-Werden des ORFs, dachte man an die Nachrichtensendung des gleichen Tages, also insbesondere die Zeit im Bild eins, Zeit im Bild zwei, auch wenn es das Bundesparlament ist in Ausnahmefällen wahrscheinlich auch das frühere Österreichbild, jetzige Bundesland heute. Mittlerweile denkt man auf Facebook, Twitter und Co. Denn das Parlament als solches macht keinen Liveticker auf diesen genannten sozialen Medien, aber die Abgeordneten tun es. Teilweise aus dem Plenum, teilweise auch aus nichtöffentlichen Ausschusssitzungen, was dann Konfliktstoff birgt, das prägt auch die Debattenkultur. Fortgesetzt, das ist allerdings schon früher entstanden, ist auch das Erkennen der Macht der Bilder, das wurde auch intensiviert als die Grünen, allerdings schon in den 80er-Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts in den Nationalrat kamen, dass symbolischer Aktionismus gezeigt wurde, im Extremfall sehr provokativ und umstritten in den Achtzigerjahren. Ich bewege mich kurz zurück in der Geschichte, sogar durch den Abgeordneten Wabel, das Zeigen einer Hakenkreuz-Fahne. Nicht, um sich neonazistisch zu betätigen, sondern um seine Position darzustellen, aber selbstverständlich als Provokation trotzdem sehr, sehr umstritten. Das hat sich durchaus fortgesetzt. Allerdings wurde hier auch irgendwann ein Kulminationspunkt erreicht und man gemerkt hat als politische Partei, noch mehr Taferl, die ich bei jeder Debatte herhalte, haben einen gewissen Abnutzungseffekt. Ich schaffe es dann auch gar nicht mehr in den Fernsehbericht und auf Social Media zirkuliert es zwar, aber nur unter den jeweils eigenen Anhängern, die ohnehin schon von der jeweiligen Partei überzeugt sind.
LESCHKA: Wir haben in einer unserer vergangenen Podcast-Folge mit Ex-NEOS-Chef Matthias Strolz gesprochen. Und zwar zu dem Thema "Reden im Parlament".Gab es in der jüngsten Vergangenheit besonders auffällige Redner und Rednerinnen im Parlament, was hat sich aus Ihrer Sicht im Diskurs getan?
FILZMAIER: Meine erste Erinnerung, was war denn so auffallend in den letzten 20 Jahren Parlamentarismus, ist eher aus einem Buch eines Pressejournalisten entnommen, eine Auflistung für alle Begriffe, die einen Ordnungsruf erhalten haben, aber in Reden im Plenum verwendet wurden. Das beginnt mit Trottel und setzt sich fort mit Tier-Bezeichnungen wie Affe für die jeweils anderen, enthält aber leider auch Begriffe von Lügner bis Neonazi. Krokodil und anderes, das ebenfalls vorkam war ja schon fast niedrig im Vergleich dazu. Und das mag eine vergleichsweise Kleinigkeit sein, weil auch auf viele Jahre natürlich verteilt als Sammlung von Beschimpfungen. Aber es hat das Bild der Politik geprägt und aus meiner Sicht dem Parlamentarismus geschadet, denn Demokratie ist Streit. Allerdings der Streit über unterschiedliche Sachmeinungen und Positionen, wie man konkret Politik machen soll oder natürlich auch über unterschiedliche Ideologien und Gesellschaftsbilder, also welche Gesellschaftsformen wir konkret am besten anstreben. Aber auch das auf der Ebene der Sachlichkeit. Es ist jetzt eine Frage von Henne und Ei: Wer hat begonnen? Kam die Konfliktträchtigkeit, teilweise sogar Beschimpfungen von Abgeordneten im Parlament und die Medien haben's nur aufgenommen? Oder ist es nicht eine Erwartung auch der modernen Mediengesellschaft, immer kürzere Sound-Bites zu berichten und die Negativnachricht noch mehr als früher, "only bad news are good news" gibt's immer schon, aber sich auf diese Negativität zu stürzen. Und um zu provozieren, möchte ich eine dritte Gruppe hineinnehmen. Ja, Politiker als ParlamentarierInnen inszenieren sich oft auch, in Sitzungen, noch mehr davor und danach. Ja, Medien nehmen statt der Sachdebatte oft auch das zur Schlagzeile. Aber es braucht ja eine dritte Gruppe, die daran beteiligt ist, warum Abgeordnete und JournalistInnen das tun, das ist das Publikum, die offenbar mehr auf das Schauen. Denn wenn alles außer Sachlichkeit abgelehnt würde, würden die PolitikerInnen im Parlament sehr sachlich sein, denn sie wollen ja keine Wählerstimmen verlieren, dann würden auch die Medien sehr sachlich sein, denn sie wollen ja keine FernsehzuseherInnen, RadiozuhörerInnen oder ZeitungsleserInnen verlieren, denn dann schadet man ja der jeweils eigenen Branche.
SCHERMANN: Damit sind wir bereits am Ende unserer Folge angelangt. Die Fülle an Themen in der jüngsten Geschichte des Parlaments macht es schwer, die prägendsten herauszupicken. Falls Ihnen ein spannendes Thema aus den 2000er- und 2010er-Jahren gefehlt hat: Lassen Sie es uns gerne wissen! Wie immer: Fragen, Anregungen oder Vorschläge für neue Folgen schreiben Sie uns bitte an podcast@parlament.gv.at.
LESCHKA: In unserer nächsten Episode in zwei Wochen, sprechen wir mit Peter Filzmaier über den Misstrauensantrag gegen die ehemalige türkis-blaue Regierung. Zudem sprechen wir mit ihm auch über die Zukunft des Parlamentarismus in Österreich. Bis dahin: Ciao und bis bald!