„Luxus“ Heizen: Was tun gegen rasant steigende Energiepreise?
Podcast: Politik am Ring #12 vom 13. Dezember 2021
Details
Thema
Egal ob Strom, Gas, Treibstoff oder Heizöl – rekordverdächtige Energiepreise lassen derzeit die Inflation kräftig ansteigen und bringen Österreichs Haushalte ausgerechnet zu Beginn der Heizsaison unter Druck. Im Durchschnitt sind die Energiekosten um 22,8 Prozent höher als im Vorjahr. Warum schnellen die Energiepreise in die Höhe und was kann die Politik tun, damit Heizen nicht zum Luxus wird?
Teilnehmer:innen der Diskussion
Abgeordnete:
- Tanja Graf (ÖVP)
- Alois Schroll (SPÖ)
- Axel Kassegger (FPÖ)
- Lukas Hammer (Grüne)
- Karin Doppelbauer (NEOS)
Eingeladene Fachleute:
- Alfons Haber (E-Control)
- Josef Thoman (Arbeiterkammer)
Diskussion
Man solle nicht stärker in die Energiemärkte eingreifen, sondern das Problem beim Namen nennen, forderte Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne). Gezielte Maßnahmen wie die Ausbezahlung des vollen Klimabonus, die Herabsetzung des Ökostromförderbeitrags auf Null oder die bis zu hundertprozentige Förderung von neuen Heizungsanlagen nächstes Jahr seien ein Schritt in die Richtung, die Menschen aus der Preisfalle herauszuholen. Ein "Herumregulieren" am Energiemarkt und neue klimaschädliche Subventionen seien kontraproduktiv, betonte der Sprecher für Klimaschutz und Energie der Grünen. Abgeordnete Tanja Graf, Energiesprecherin der ÖVP, ergänzte, dass die Entwicklung der Energiekosten aus wirtschaftlicher Sicht eine wichtige Frage sei, Energiearmut abzufangen stehe jedoch ebenfalls im Mittelpunkt. Erst vergangene Woche sei im Sozialausschuss beschlossen worden, das COVID-19-Armutsgesetz mit weiteren 10 Millionen € aufzustocken, und auch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das auf dem Weg sei, behandle dieses Thema. Niemand werde sich im kommenden Jahr etwas ersparen, entgegnete Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ), auch wenn das, was die Regierungsfraktionen darstellten, "nach Füllhorn klinge". Die Entwicklung am Markt sei zudem nicht über Nacht gekommen. Die FPÖ habe schon vor eineinhalb Jahren einen Antrag bezüglich Preismonitoring eingebracht. Die Preisveränderungen gebe es in diesem Ausmaß nur in der EU, die Probleme seien also auch hausgemacht, so müssten die Menschen jetzt die viel zu schnelle Umstellung auf Ökoenergie ausbaden.
Die Energiesprecherin der NEOS, Karin Doppelbauer, betonte ebenfalls, dass die Entwicklung schon vor Längerem eingesetzt habe. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz hätte schon früher umgesetzt werden müssen, um die Abhängigkeit zu reduzieren, denn was die Entwicklungen am Markt betreffe, befinde man sich in einer "bestürzenden Phase". Druckmittel sei vor allem das Gas aus Russland. Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei viel zu spät angegangen worden.
Maßnahmen im Bereich der Energiearmut seien jetzt dringend und wichtig, denn viele Menschen könnten sich Strom und Heizen bald nicht mehr leisten, monierte SPÖ-Abgeordneter Alois Schroll. Die EU-Kommission habe den Ländern eine Toolbox in die Hand gegeben. Andere Länder hätten zum Beispiel die Mehrwertsteuer auf Gas und Strom schon ausgesetzt, entsprechende Anträge der SPÖ seien in den Ausschüssen aber vertagt worden. In Österreich passiere zu wenig und es dauere alles zu lange, so sei etwa das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz noch immer nicht am Tisch.
Experten erwarten starke Preissteigerungen in den kommenden Monaten. Alfons Haber, Vorstand der E-Control, nannte als weiteren Aspekt der aktuellen Dynamik neben der weltweiten Nachfrage nach Gas, und dem im Verhältnis dazu geringen Angebot, die Infrastruktur.
Josef Thoman, Experte für Wirtschaftspolitik an der Arbeiterkammer Wien, skizzierte die sich zuspitzende Lage: Günstige Angebote seien vom Markt verschwunden und große Anbieter haben Erhöhungen angekündigt. Bei den Stromkosten sei ein Anstieg um 47% zu erwarten, bei Gas eine Verdoppelung des Preises, auch die Netzkosten würden steigen. Es sei mit 570 bis 850 € Erhöhung der Kosten pro Haushalt zu rechnen, und dies sei nicht nur für Einkommensschwache, sondern auch für MittelverdienerInnen oder PensionistInnen ein Problem.
Links
Transkript
Anmoderation: In dieser Folge von Politik am Ring, der Diskussionssendung des Parlaments, diskutiert Moderator Gerald Groß mit den Abgeordneten Tanja Graf von der ÖVP, Alois Schroll von der SPÖ, Peter Wurm von der FPÖ, Lukas Hammer von den GRÜNEN und Karin Doppelbauer von NEOS, warum die Energiepreise in die Höhe schnellen und was die Politik tun kann, damit Heizen nicht zum Luxus wird. Zu Gast sind Alfons Haber von der E-Control und Josef Thoman, Energieexperte der Arbeiterkammer Wien. Das Gespräch haben wir am 13. Dezember 2021 im Dachfoyer der Wiener Hofburg aufgezeichnet.
*****
Gerald GROẞ (Moderator): Guten Abend und herzlich willkommen bei „Politik am Ring“, der letzten Ausgabe des Jahres 2021. Unser heutiges Thema wäre vor einem Jahr noch gar keines gewesen – es geht um die rasant gestiegenen Energiepreise. Egal ob Strom, Gas, Treibstoff oder Heizöl, rekordverdächtige Energiepreise lassen derzeit die Inflation kräftig ansteigen und haben viele Haushalte in Österreich ausgerechnet am Beginn der Heizsaison gehörig unter Druck gebracht. Im Durchschnitt sind die Energiekosten um ein gutes Fünftel höher als im Vorjahr. Aber warum schnellen die Energiepreise in die Höhe und was kann die Politik tun, damit Heizen nicht zum Luxus wird? Darüber wollen wir heute diskutieren, und zwar in folgender Runde: Ich begrüße Lukas Hammer von den Grünen – herzlich willkommen! (HAMMER: Danke für die Einladung!) –, ich begrüße Peter Wurm von der FPÖ – ebenfalls herzlich willkommen! –, des Weiteren Alois Schroll, SPÖ, ihm gegenüber Tanja Graf, ÖVP – herzlich willkommen! –, und last, but not least Karin Doppelbauer von den NEOS – ebenfalls herzlich willkommen! Außerdem freue ich mich auf zwei hochkarätige Experten zu diesem Thema, und zwar auf Alfons Haber von der E-Control und Josef Thoman von der Arbeiterkammer. Die Strom- und Gaspreise in Europa schießen also nach oben und viele Staaten senken inzwischen die Steuern oder verteilen Zuschüsse, um Privathaushalten und Unternehmen zumindest über den Winter zu helfen. In Österreich ist Gas im Großhandel sechsmal so teuer wie vor einem Jahr, und auch vielen Stromkunden flattern dieser Tage zunehmend deutlich höhere Rechnungen ins Haus. Die heimische Politik hat bisher vor allem mit zwei konkreten Maßnahmen versucht, auf das Problem zu reagieren.
*****
Es folgt eine Videoeinspielung:
Sprecher: Heizen, Kochen, Tanken – all das wird immer teurer, denn die Energiepreise sind so hoch wie schon lange nicht. Besonders hoch ist der Preisanstieg beim Heizöl: Im Oktober 2021 zahlt man dafür durchschnittlich um 60,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Gas kostet um 15,6 Prozent, Strom um 9,6 Prozent mehr als letztes Jahr. Auch bei den Treibstoffen ist der Anstieg hoch: Der Preis von Diesel geht um 34,8 Prozent in die Höhe, der von Superbenzin um 29,4 Prozent.
Karina Knaus (Österreichische Energieagentur): Vor allem am Gasmarkt haben wir das Zusammentreffen mehrerer Faktoren, wir nennen das auch den Perfect Storm, also ein richtiges Unwetter, das sich da zusammengebraut hat: Auf der einen Seite ist die Nachfrage mit der wirtschaftlichen Erholung sehr, sehr stark gestiegen, vor allem auch in Asien, und auf der anderen Seite hat das Angebot nicht so schnell mitgezogen, wie es das hätte tun sollen, um die Preise niedrig zu halten. Deswegen haben wir ganz, ganz starke Preisanstiege beobachtet.
Sprecher: Viele Kunden haben bereits Post von ihren Energielieferanten bekommen. Mit Jahresende, wenn viele Preisgarantien auslaufen, drohen massive Zusatzkosten. Die Energiepreise steigen in ganz Europa. Die EU-Kommission fordert deshalb die 27 Mitgliedstaaten dazu auf, die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zu unterstützen.
Kadri Simson (EU-Kommissarin für Energie): Wir sorgen uns um die Schwächsten. Unsere sofortige Priorität ist, die Menschen und Unternehmen vor den Auswirkungen der außergewöhnlich hohen Preise zu schützen. Die Kommission präsentiert deshalb Werkzeuge, die im Einklang mit den existierenden EU-Regeln den Einschlag mildern – das geht von direkter Einkommensunterstützung bis hin zu Steuererleichterungen und staatlichen Hilfen. Die Mitgliedstaaten können jene Maßnahmen implementieren, die für ihre Situation und ihre Bürgerinnen und Bürger am passendsten sind.
Sprecher: Das österreichische Klimaschutzministerium sagt dazu Folgendes: „(...) Wir haben in Österreich bereits konkrete Maßnahmen gesetzt. So wurde aufgrund der hohen Energiepreise im nächsten Jahr der Ökostrombeitrag auf null reduziert. Ein durchschnittlicher Haushalt erspart sich damit rund 67 Euro im Jahr. Zudem erhalten alle Menschen in Österreich im kommenden Jahr jedenfalls den vollen Klimabonus, auch wenn die CO2-Bepreisung erst am 1. Juli startet. Wir beobachten die Situation gemeinsam mit der E-Control sehr genau und können so auch rasch weitere Schritte setzen. (...)“ Österreichs Energiewirtschaft betont, dass gerade jetzt der geplante Ausbau von erneuerbarer Energie wichtig ist.
Barbara Schmidt (Generalsekretärin Österreichs E-Wirtschaft): Was aber vor allem wichtig ist, ist, dass wir uns etwas unabhängiger von diesen Weltmärkten machen, indem wir in Österreich die erneuerbaren Energien ausbauen. Die Grenzkosten bei erneuerbaren Energien sind null, jetzt zahlen wir aufgrund der gesteigerten Gaspreise, natürlich macht es also Sinn, die Erneuerbaren in Österreich auszubauen. Es gibt ja das Ziel der Bundesregierung: 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2030. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist im Sommer beschlossen worden, aber noch nicht in allen Punkten umgesetzt worden, weil die EU-Kommission da noch ein paar Probleme sieht. Es wäre ganz wichtig, dass wir das Gesetz jetzt schnell so anpassen, dass es auch der EU-Kommission passt, damit dann dieser Förderrahmen da ist, um die Erneuerbaren in Österreich ausbauen zu können.
Sprecher: Doch bis Österreichs Bedarf gänzlich aus erneuerbaren Energieformen gedeckt werden kann, wird es noch dauern. In der jetzigen Situation rät die Energieagentur dazu, den eigenen Verbrauch noch einmal unter die Lupe zu nehmen.
Karina Knaus: Warum? – Circa 30 Prozent des Verbrauchs sind vom Verhalten abhängig, das heißt, jetzt, wo man sich mit dem Thema Energie wieder auseinandersetzen sollte, kann man schauen: Hat man im Haushalt vielleicht noch hie und da eine Stellschraube, an der man drehen kann? Mittelfristig kann man sich natürlich auch überlegen, vielleicht noch die eine oder andere Maßnahme zu setzen, sei es ein Gerätetausch, eine PV-Anlage, das Heizungssystem einmal zu tauschen, wenn man diese Möglichkeiten hat.
Sprecher: Die, die diese Möglichkeiten nicht haben, müssen weiter darauf bauen, dass die Politik eine rasche Lösung findet, um die steigenden Energiepreise weiter abzufedern.
*****
GROẞ: Und genau darüber wollen wir reden. Ich darf jetzt an meiner Seite unseren ersten Experten begrüßen, Prof. Alfons Haber. Er ist seit März 2021 Vorstand der E-Control, war davor Professor für Netz- und Systemintegration an der Hochschule Landshut sowie der TU München, kennt die E-Control aber bereits aus seiner früheren beruflichen Tätigkeit – er war dort immerhin bis 2009 als Senior Expert in der Stromabteilung der E-Control beschäftigt. Herr Professor, bevor ich zu Ihnen komme und wir unser Interview starten, machen wir einmal eine Runde mit den Damen und Herren Abgeordneten hier im „Politik am Ring“-Studio! Ich darf mit Ihnen beginnen, Herr Hammer, und zwar deshalb, weil Sie heute ja gewissermaßen, wenn ich das so sagen darf, auch die Ministerin vertreten, die vor wenigen Wochen bei einem Ministerrat zu diesem Thema in Brüssel war. Dort hat es unterschiedliche Meinungen gegeben, wie man diesen gestiegenen Energiepreisen begegnen könnte. Unter anderem haben sich viele Ministerinnen und Minister – zum Beispiel der französische – dafür ausgesprochen, stärker zu regulieren. Da hat die österreichische Ministerin Gewessler gesagt. Nein, das nicht. – Warum eigentlich nicht?
Lukas HAMMER (Grüne): Ja, die Ministerin hat zusammen mit anderen Staaten klargemacht, dass wir das Thema weniger darin sehen, dass man jetzt in die Energiemärkte stärker eingreifen muss, sondern dass es an der Zeit ist, dass man ganz klar benennt, was das Problem ist. Das Problem ist, dass wir jetzt wieder einmal – und das ist ja nicht das erste Mal – einen sehr schockhaften, starken Anstieg der Strom- und Gaspreise haben, der einfach daraus resultiert, dass wir – und das ist eben das, was es zu benennen gilt – von fossilen Energieimporten abhängig sind und dass wir im Prinzip in einer Preisfalle sind, vor der wir als Grüne in den letzten Jahren immer wieder gewarnt haben. Wir wurden sozusagen in diese Preisfalle hineingetrieben, wo dann immer wieder, wenn die Preise wieder gefallen sind, gesagt wurde: Nein, das bleibt alles billiger. Wir aber gesagt haben: Nein, das ist diesem System immanent, dass es da zu Preisanstiegen kommt. Das heißt, langfristig ist klar, was wir machen müssen: Wir müssen raus aus den Fossilen und rein in die Erneuerbaren – das wurde jetzt im Beitrag sehr gut erwähnt. Was auch erwähnt wurde, ist das, was wir kurzfristig machen, nämlich, dass der Ökostromförderbeitrag für nächstes Jahr den Unternehmen und den Haushalten erlassen wird. Das sind im Durchschnitt 70 Euro pro Haushalt. Was wir auch machen, ist, dass wir einen Klimabonus einführen, den jeder Haushalt bekommt, den auch jedes Kind bekommt, der den Menschen im Schnitt so 100 bis 200 Euro bringen wird. Das Gute ist: Diesen Bonus gibt es für das ganze Jahr, die CO2-Bepreisung, aus der er sich finanziert, gibt es nur das halbe Jahr. Da ist es also wichtig, gezielt Maßnahmen für die Leute zu setzen, die wirklich ein Problem haben. Was wir aber nicht machen sollten, ist einerseits, jetzt sozusagen irgendwie in Panik zu geraten und da in dem Markt herumzuregulieren. Was wir aber vor allem nicht tun sollten, ist, dieses System, diese fossile Preisfalle weiter am Leben zu erhalten, indem man vor allem fossile Energie künstlich verbilligt; und da gibt es ja schon Vorschläge, auch von der Opposition. Ich glaube, da muss man wirklich aufpassen, da tut man den Menschen auch keinen Gefallen, die ja in dieser Preisfalle sind. Man muss sie dort rausholen, und das machen wir mit Rekordbudgets für Förderungen. Wir haben auch eine eigene Förderschiene für Menschen, die sehr wenig Geld haben; da wird es nächstes Jahr zum ersten Mal in Österreich so sein, dass Menschen bis zu 100 Prozent ihrer neuen Heizungsanlage gefördert bekommen – das gab es in Österreich noch nie. Ich glaube, das sind so gezielte Maßnahmen, um Leute aus dieser Preisfalle zu befreien. Was wir aber eben nicht machen sollten, ist, neue klimaschädliche Subventionen einzuführen.
GROẞ: Okay. – Frau Graf, da möchte ich Sie gleich fragen, ob Sie sich innerhalb der Regierungsparteien einig sind, was auf der einen Seite die Diagnose des Problems betrifft, gleichzeitig aber auch die Therapie, die wir jetzt in Ansätzen gehört haben. Wenn ich noch einmal zusammenfassen darf: Abhängigkeit von fossilen Importen, hat Herr Hammer gesagt, und was die Therapie betrifft: auf der einen Seite jetzt einmal kurzfristig den Ökostrombeitrag auf null senken und den vollen Klimabonus auszahlen, langfristig aber raus aus der Preisfalle. – Sehen Sie das genauso?
Tanja GRAF (ÖVP): Zusammengefasst, wie mein Kollege auch gesagt hat, ist die Entwicklung der Energiekosten ein gemeinsames Credo, wo wir sagen, diese müssen wir natürlich beobachten und ihr entgegentreten. Dass das nicht nur aus sozialer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht eine Frage ist, die wir uns selbst stellen sollten, ist, glaube ich, in unserer Koalition ganz klar in Absprache. Wir haben auch die richtigen Lösungsansätze schon gewählt – Sie haben auch im Beitrag gehört, dass ja die EU-Kommission jedem Mitgliedstaat die Wahlfreiheit gibt, welche Ansätze er selbst trifft. Wir haben im ersten Schritt einmal den Ökostromförderbeitrag für nächstes Jahr auf null gesenkt. Das bedeutet für den Haushalt 67 Euro, für einen gewerblichen Betrieb sind das bis zu 67 000 Euro, und für den Industriestandort sind das Hunderttausende Euro, die man sich nächstes Jahr sparen wird. Lukas Hammer hat auch schon gesagt, dass die CO2-Bepreisung auf Juli 2022 verschoben worden ist, wir aber den Klimabonus schon für das ganze Jahr 2022 ausbezahlen, mit dem Zusatz, dass es für Kinder – das hat er auch schon kurz erwähnt – einen Zuschlag von 50 Prozent auf den Klimabonus geben wird. Was wir auch noch gemacht haben, um das Thema Energiearmut abzufangen, ist, dass wir gerade letzte Woche im Ausschuss für Arbeit und Soziales beschlossen haben, weitere 10 Millionen Euro ins Covid-19-Armutgesetz zu investieren, um auch dieses Thema Energiearmut mit 10 Millionen Euro zu bekämpfen. Weiters haben wir auch im EAG, das ja jetzt bald, nächstes Jahr, auf dem Weg ist, das Thema Energiearmut behandelt. Da hat auch die SPÖ, Alois Schroll, einen wichtigen Beitrag mitgetragen, und wir haben gesagt, dieses Thema wollen wir da auch abfangen. Weiters darf man bei dem ganzen Thema eines nicht vergessen, und zwar: Die Länder machen sehr viel, mit dem Heizkostenzuschuss etwa. Die Energieversorgungsbetriebe machen auch einiges. Es gibt diesen Fonds für arme Haushalte, so einen Heizfonds, über die Caritas. In Salzburg etwa, wo ich herkomme, investiert die Salzburg AG 55 000 Euro in diesen Caritas-Fonds. Es kommt also einiges, aus sehr vielen Töpfen. Ich glaube aber, wir müssen darauf hinweisen: Wo kann man sich das abholen, wenn man in dieser Energiearmut ist? – Das ist das eine Thema. Das andere Thema, das Lukas angesprochen hat, ist diese Unabhängigkeit, die wir natürlich brauchen: weniger importieren, mehr selbst herstellen; und das können wir mit dem EAG. Das funktioniert aber nur dann, wenn wir sagen: Wir haben die Infrastruktur, wir haben die Leitungen, mit denen wir unsere erneuerbare Energie sozusagen auch an den Mann bringen.
GROẞ: Das war jetzt schon sehr viel für den Anfang. Ich weiß schon, dass natürlich in der ersten Runde das Bemühen da ist, gleich einmal alles loszuwerden. Versuchen wir aber trotzdem, ein bisschen punktueller vorzugehen! Vielleicht jetzt, in Kritik dessen, was da von den beiden Regierungsparteien am Tisch ist – Frau Graf, Sie konnten nicht sehen, dass Herr Wurm neben Ihnen fallweise die Augen etwas verdreht hat, während Sie gesprochen haben –: Warum eigentlich, Herr Wurm?
Peter WURM (FPÖ): Ich wollte der Frau Kollegin gegenüber nicht unhöflich sein, aber ich glaube, man muss die Tatsachen schon benennen: Also etwas ersparen wird sich in Österreich weder der Haushalt, der normale Bürger, aktuell oder im kommenden Jahr, noch werden die Betriebe sich etwas ersparen. Das klingt ja so, als würden jetzt die Grünen und die ÖVP da ein Füllhorn ausschütten! In der Diskussion heute geht es ja darum, dass explodierende Energiepreise da sind, das spürt auch jeder bereits, und zwar selber, in den Haushalten, in den Betrieben. Ich muss Sie auch ein bisschen korrigieren: Die Entwicklung ist nicht über Nacht gekommen. Ich selber habe bereits im Mai 2020 persönlich, mit meinen Kollegen, einen Antrag – ich habe ihn mit – betreffend „Preismonitoring und Inflationsstopp in COVID-19-Zeiten“ eingebracht. Das heißt, das war letztes Jahr im Frühjahr bereits klar. Da haben einige noch gelächelt und auch einige Experten haben gesagt: Die Inflation steigt jetzt für zwei, drei Monate – Sie werden sich erinnern –, dann wird es wieder runtergehen. – Das genaue Gegenteil ist eingetreten. Das war eigentlich klar, auch wenn man sich die Containerpreise in China angeschaut hat – das ist für mich so ein Indikator gewesen –: Diese haben sich vervierfacht, verfünffacht. Viele Entwicklungen waren also ja seit über einem Jahr schon absehbar, und jetzt sitzen wir da und die Leute haben darunter zu leiden. Ich sage es noch einmal: Man muss auch das ganze Thema sehen, das vor allem die Grünen natürlich jetzt, in der Regierung, spielen, und leider Gottes auch die Europäische Union – das baden die Leute jetzt aus –: erstens diese Umstellung, diese viel zu schnelle, unpragmatische Umstellung in Richtung Ökoenergie. Das ist, sage ich einmal, fast eine Religion geworden; und zusätzlich die ganze Coronakrise. Diese Energiepreisexplosion gibt es ja in dieser Form und Höhe nur in Europa. In anderen Ländern gibt es natürlich auch Preisveränderungen, aber in dieser Dynamik haben wir sie nur in der Europäischen Union. Das heißt, viele Probleme sind hausgemacht. Wir haben dann im Zuge der Diskussion vielleicht Zeit, das näher auszuführen.
GROẞ: Frau Doppelbauer, wie sehen Sie das?
Dipl.-Ing. Karin DOPPELBAUER (NEOS): Na ja, ich werde jetzt gleich einmal replizieren: Ich finde es immer wahnsinnig spannend, wie die FPÖ – hier Kollege Wurm – argumentiert: Auf der einen Seite fordern Sie einen Inflationsstopp, auf der anderen Seite reden wir von Containerpreisen in China. Da wird schon ganz klar, was hier los ist, nämlich, dass es vollkommen egal ist, ob wir in Österreich einen Inflationsstopp machen – deswegen werden sich die Preise in China überhaupt nicht ändern. Das heißt, das ganze Thema, das man sich anschauen muss, ist wirklich ein größeres. Wo ich ihm aber zustimme, ist, dass das nicht über Nacht passiert ist. Dass die Entwicklung absehbar war, ist richtig. Deswegen wäre es halt auch schön gewesen – und auch die FPÖ war ja einmal in der Regierung –, wenn man das EAG einfach schon früher umgesetzt hätte, denn die Lösung ist natürlich, aus dieser Abhängigkeit herauszukommen. Wir sind einfach von einem Import von Gas aus Russland abhängig, und wir haben heute, glaube ich, alle wieder gelesen, womit da gerade gedroht wird. Da werden ja jetzt sogar wieder Kämpfe angedroht, und das Druckmittel, das da herrscht, ist wirklich das Gas aus Russland. Ich glaube, die Phase, in der wir uns da befinden, ist wirklich sehr bestürzend. Auf der anderen Seite geht es natürlich um Öl, eine größere Unabhängigkeit brauchen wir also auf jeden Fall, und deshalb ist der Ausbau der Erneuerbaren ein ganz, ganz großes Thema, das in Österreich viel zu spät angegangen worden ist.
GROẞ: Herr Schroll, jetzt ist schon vieles am Tisch. Was darüber hinaus ist es denn, was die SPÖ noch fordert beziehungsweise zu diesem Thema einbringen kann?
Alois SCHROLL (SPÖ): Ja, da gibt es sehr, sehr viel. Ich darf bei der Kollegin anfangen: Tanja, du hast die Energiearmut angesprochen. Das ist für uns natürlich ein ganz wesentliches Thema, weil die ganze Thematik Energie ja nicht nur eine wirtschaftliche, sondern eine soziale Problematik ist, mit allem, was dazugehört. Wenn ich darauf replizieren darf, dass die EnergieministerInnen sich in Brüssel getroffen haben, muss ich Sie (in Richtung Moderator Groß) korrigieren, weil nämlich unsere Energieministerin am 26. Oktober nicht in Brüssel war, als genau das mit den Energieministerinnen und -ministern besprochen worden ist. Und das ist es, was uns wirklich sehr sauer aufstößt, weil – Kollegin Graf, du hast es angesprochen – die EU-Kommission den Ländern schon sehr, sehr viele Maßnahmen beziehungsweise quasi eine Toolbox an in die Hand gegeben hat. Schauen wir uns an, welche Länder jetzt schon reagiert haben – zuletzt, glaube ich, in den letzten zwei, drei Tagen, Polen – und die Mehrwertsteuer auf Gas und Strom reduziert oder ausgesetzt haben! In Österreich ist bis dato nichts passiert. Wir – ich – haben Anträge eingebracht, die in den Ausschusssitzungen vertagt wurden. Wir haben Anträge für gesetzliche Abschaltungen eingebracht – dass diese ausgesetzt werden –, das heißt, es sind schon sehr viele Vorschläge gekommen, und diese wurden leider negiert. Und wenn man sich im Anfangsbeitrag anschaut, wie die Entwicklung ist, und da braucht man nur die Miete, das Eigenheim, das Benzin, den Strom und dann das Heizen zu nehmen, dann erkennt man, und glauben Sie mir das: Sehr, sehr viele Leute draußen können sich das nicht mehr leisten und haben wirklich ein massives Problem. Wenn jetzt davon gesprochen wird – um es nicht zu lange zu machen –, wir brauchen dafür das EAG und wir brauchen alle Gesetze dafür: Die Gesetze sind nicht da, die sind einfach noch nicht am Tisch. Wir haben am 8. Juli dieses Jahres unsere Zustimmung gegeben, aber es dauert einfach zu lange und jetzt ist es ganz dringend an der Zeit, diese Gesetze auf den Boden zu bringen und dann wirklich zu schauen, dass man jeden einzelnen Haushalt entlasten kann – und das früher als später, denn sonst haben die Leute wirklich ein massives Problem.
GROẞ: Vielen Dank für diese erste Runde. Wenn es nicht unbedingt jetzt gleich etwas zu replizieren gibt, dann würde ich an dieser Stelle gerne Herrn Haber in unsere Diskussion hereinholen und vielleicht auch gleich mit einem Faktencheck beginnen, weil jetzt ja schon immer wieder über die Gründe für diese exorbitanten Preissteigerungen gesprochen worden ist: Da ist zum einen sicher der gewaltige Energiehunger Asiens, auf der anderen Seite vielleicht auch die bereits angesprochene künstliche Verknappung durch Russland. – Sind es diese beiden Gründe im Wesentlichen? Kann man es darauf reduzieren?
Prof. Dipl.-Ing. Alfons HABER, MBA (E-Control): Einen schönen guten Abend und danke, dass ich auch da sein darf. Ja, und zusätzlich ist natürlich die Verfügbarkeit der Infrastruktur noch dazugekommen, das heißt also, wir haben eine Marktsituation, die sich ganz einfach aus Angebot und Nachfrage ergibt, und das hat sich natürlich jetzt wirklich hochgeschaukelt, auch weltweit, weil auch weltweit die Nachfrage – insbesondere nach Gas – gestiegen ist.
GROẞ: Wie weit hat denn die Energiewende, die auch bereits mehrfach angesprochen worden ist, etwas mit dem Preisanstieg zu tun?
HABER: Die Energiewende ist in der Form nur eine Substitution des Primärenergieträgers, aber, was sehr wichtig ist, unsere Nachfrage ist gestiegen. Wir müssen also auch die Stromnachfrage und die Gasnachfrage decken. Und das sind zwei wesentliche Punkte, die jetzt einmal im ersten Moment unabhängig von einer Energiewende sind, weil auch die Industrie Gas nachfragt und aber auch, weil wir zum Beispiel vermehrt Gaskraftwerke im Einsatz haben, um diese Stromnachfrage auch zu decken.
GROẞ: Gerade beim Gas ist es ja so, dass wir Vorräte haben. – Wie gut gefüllt sind denn diese Speicher, in denen das Gas liegt?
HABER: Wir haben in Österreich zwei große Speichersysteme, eines ist von Gazprom betrieben, und eines, wo wir als Österreich wirklich zugreifen können. Und bei diesem Speichersystem ist es so, dass das in etwa zu 40 Prozent und mehr gefüllt ist und wir aber auch einen Jahresbedarf zu 40 Prozent in etwa decken können. Das heißt, für die nächsten Monate sind wir sehr, sehr, sehr gut versorgt und können somit aber auch die Gasversorgung sicherstellen. Es ist natürlich aber auch ein System der Marktbewirtschaftung, das hier schlagend wird: zu hohen Preisen Gas einzuspeichern ist natürlich ein unternehmerisches Risiko.
GROẞ: Die Gasspeicher, wenn ich das richtig verstehe, werden ja im Sommer befüllt, und zwar auf Basis langfristiger Verträge, dazu kommen dann noch kurzfristige Einkäufe, und daraus werden dann gewissermaßen die Preiskalkulationen für den Winter gemacht. Wenn im Sommer noch billiges Gas oder vergleichsweise billiges Gas gekauft wurde, warum ist es dann jetzt so teuer?
HABER: Da hat es natürlich einen wirtschaftlichen Anstieg gegeben, und der Preisgeber sind nicht die Speicher, das heißt also, die Speicher werden in Abhängigkeit des Preises befüllt und aber auch bewirtschaftet. Somit ist jetzt der Speicher kein Indikator für den Preis, sondern der Markt, und da wird dann auch dementsprechend befüllt. Im Sommer mit der Befüllung kam eines dazu, wie schon gesagt, die Infrastruktur. Es gab ein paar Leitungsinstandhaltungsarbeiten auf Gasleitungen, die jetzt auch die Verfügbarkeit trotz dieser Langfristverträge erschwert haben.
GROẞ: Was würden Sie denn sagen: Wo liegt Österreich mit seinen Energiepreisen derzeit im europäischen Ranking?
HABER: Das ist ein wesentlicher Punkt. Die Liberalisierung hat in den letzten 20 Jahren wirklich zu einer extremen Stabilisierung der Energiepreise beigetragen. Wir können wirklich sagen, dass in den letzten zehn Jahren die Strom- und Gaspreise wirklich im europäischen Mittelfeld – und das nahezu konstant – geblieben sind. Das heißt, wir sind, auch bezogen auf die Kaufkraft, mit unseren Energiepreisen in Strom und Gas wirklich eines der günstigsten.
GROẞ: Bevor wir jetzt wieder zu den Damen und Herren Abgeordneten zurückkommen: Was haben Sie denn aus dieser ersten Runde der Wortmeldungen mitgenommen? Wo sind Sie d’accord? Wo gibt es möglicherweise auch Widerspruch beziehungsweise wo würden Sie sagen, dass das oder das gar nicht stimmt?
HABER: Da sind viele Aspekte, die man im Zusammenhang sehen muss, und da sind viele Aspekte, die jetzt natürlich auch extrem bei der komplexen Bewertung der Energieversorgungssituation mit einfließen. Da sind also viele Punkte, die man hier wirklich berücksichtigen muss, und das kann man jetzt nicht wirklich auf 2 oder 3 Minuten zusammenkürzen. Da sind viele Faktoren zu berücksichtigen, die einfach auch für die weitere Perspektive wichtig sind.
GROẞ: Und was würden Sie der Politik oder den Politikerinnen und Politikern raten beziehungsweise was erwarten Sie auch von ihnen, was jetzt zu tun ist?
HABER: Wie gesagt, wir als Regulierungsbehörde, wollen für den Energiemarkt Transparenz schaffen. Und genau für diese Transparenz sind wir auch da, um da auch die Rahmenbedingungen für die Teilnahme am Markt zu schaffen. Und wie das auch von politischer Seite erfolgt, so wollen wir auch die Rahmenbedingungen und aber auch einen wesentlichen Beitrag für die Leistbarkeit der Energieversorgung für die Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich ermöglichen.
GROẞ: Da komme ich wieder zurück zu Ihnen, Herr Hammer. Sie haben sich vorher schon kurz zu Wort gemeldet. Ich nehme an, das ist noch immer offen beziehungsweise können wir auch gleich bei dem fortsetzen, was Herr Haber jetzt in der Zwischenzeit gesagt hat.
HAMMER: Vielen Dank. Mich hat das natürlich ein bisschen provoziert, wenn Kollege Wurm von der FPÖ sagt, die Probleme sind hausgemacht. Da gebe ich ihm ja recht. – Nur ich glaube, ich meine das ein bisschen anders als Sie. Hausgemacht ist natürlich, dass wir seit vielen Jahren wissen, dass wir in einer Preisfalle sind und einfach viel zu wenig gemacht haben, um da rauszukommen. Beim Strom waren wir gar nicht so schlecht, aber wenn wir über erneuerbare Energien reden, reden wir viel zu selten über den Wärmebereich, der ja sozusagen wesentlich schwieriger ist, wo wir in Österreich eine noch viel größere Aufgabe haben als beim Strom. Wir haben 600 000 bis 700 000 Ölheizungen, 900 000 Gasheizungen, und die müssen wir in den nächsten 20 Jahren austauschen. Da sind die Leute wirklich in einer Preisfalle. Da wurde einfach viel zu wenig gemacht in den letzten Jahren. Um das sozusagen ein bisschen in Beziehung zu setzen: Das letzte Mal unter einem SPÖ-Bundeskanzler gab es in etwa 40, 50 Millionen Euro für thermische Sanierung und Heizkesseltausch – jetzt haben wir das Zehn- bis Zwölffache, damit auch das ganze Jahr über Förderungen da sind. Ich glaube, das ist ein sehr wesentlicher Teil, damit wir im Wärmebereich weiterkommen. Das andere, was wir auch nicht vergessen dürfen, was in dieser Diskussion manchmal ein bisschen zu kurz kommt, ist die Verantwortung der Länder. Es wurde schon angesprochen, auch von Kollegin Graf: Die Länder sind laut unserer wunderschönen Bundesverfassung ja eigentlich für die Energie zuständig. Es gibt sehr viele Dinge, die müssen wir im Bund machen, aber die Länder sind zum Beispiel für den Heizkostenzuschuss zuständig, und der ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich ausgestattet. Das freiheitlich regierte Oberösterreich ist sehr knausrig, was den Heizkostenzuschuss betrifft – ich zeige auf Sie, weil Sie ein Freiheitlicher sind, ich weiß, dass Sie aus Tirol kommen –, da sind wir bei 152 Euro, im schwarz-grün regierten Vorarlberg sind wir bei 270 Euro. Also die Länder haben da einen sehr großen Spielraum, wenn es darum geht, Menschen bei den Heizkosten unter die Arme zu greifen. Und eine Sache, die man vielleicht auch diskutieren sollte: Wir haben sehr viele – vor allem auch im Osten – Landesenergieversorgungsunternehmen oder Energieversorgungsunternehmen im Landeseigentum. Die haben derzeit ganz gute Dividenden, die haben ganz gute Gewinnausschüttungen, und da sollte man sich schon auch einmal überlegen, ob man die Menschen, die in dem Land wohnen, nicht auch an den Gewinnen teilhaben lässt.
GROẞ: Da sprechen Sie etwas an, womit ich gerne auch Frau Abgeordnete Graf konfrontieren möchte, weil es nämlich aus dem Mund eines ÖVP-Politikers kommt: Die ÖVP ist im Burgenland, dem östlichsten Bundesland – weil Ostösterreich angesprochen worden ist –, ja in der Opposition, und da sagt Ihr Parteichef, Christian Sagartz, dass der Energieversorger des Landes einen Jahresgewinn von über 20 Millionen Euro erwirtschaftet habe, Expansionspläne in Milliardenhöhe verfolge und den burgenländischen Strombedarf zu 150 Prozent decke, dass daher sozusagen der Energieversorger da auch in die Verantwortung zu nehmen sei. Das würde dann aber für alle anderen Energieversorger – auch in ÖVP-dominierten beziehungsweise -regierten Bundesländern – auch gelten, oder?
GRAF: Also als Unternehmerin und Marktwirtschaftlerin sage ich immer – das ist jetzt meine persönliche Meinung –: So wenig Staat wie möglich. Herr Haber hat es vorhin schon angesprochen. Wir haben den Strom liberalisiert. Wir haben vor Jahren die EVUs sozusagen in einen liberalen Markt hineinbegleitet, und diese Liberalisierung ist ja auch eine Frage der Marktwirtschaft, wohin wir natürlich auch in Zukunft gehen sollten. Und da – weil Lukas Hammer das mit den Ländern angesprochen hat – sind wir jetzt auch sehr unterschiedlich. Natürlich gibt es Bundesländer, die – wie die Wien Energie oder die Energie Burgenland – im Vergleich zu anderen Bundesländern eine andere Erhöhung vorgenommen haben, die teilweise das Dreifache ist als in anderen Bundesländern; wobei ich jetzt wieder sagen muss, dass in Oberösterreich das EVU, das Energieversorgungsunternehmen, zum Beispiel überhaupt keine Erhöhung vorgenommen hat. Man muss halt ein bissel, was die Marktwirtschaft betrifft - - Wir können nicht einerseits sagen, wir wollen den Markt liberalisieren, und andererseits mischen wir uns dann wieder ein. Da muss ich sagen, das ist auch nicht der Weg des EU-Strombinnenmarktes, denn da heißt es ja auch, dass man in Europa die Liberalisierung vorantreiben und nicht ständig in den Markt eingreifen sollte. Da bin ich jetzt eigentlich auf der liberalen Seite, wo ich sage, wir wollen das liberalisieren, und das sollte auch für die EVUs, ich bin jetzt keine EVU-Sprecherin, aber das sollte auch für die EVUs so gelten.
GROẞ: Es haben sich inzwischen eh schon alle zu Wort gemeldet. Ich bleibe gleich auf der Seite. – Herr Wurm, bitte.
WURM: Vielleicht sollte man den Zusehern auch einmal erklären, wie in etwa sich ein Strompreis zusammensetzt. Ganz einfach formuliert, ist es so: Ein Drittel ist der reine Energiepreis, also quasi die Erzeugung des Stroms, ein Drittel ist in etwa die Netzgeschichte, die Netzinfrastruktur, und ein Drittel sind Abgaben und Steuern. So, und wenn man jetzt einmal beim zweiten Drittel bleibt, bei der Netzgeschichte, dann ist natürlich klar, dass das aufgrund der neuen Entwicklungen ein sehr großer Kostenfaktor ist – Sie (in Richtung Alfons Haber weisend) werden es ja dann bei der E-Control auch sehen. Ein Thema, das ich seit, glaube ich, vier oder fünf Jahren auch klarzumachen versuche – ich bin leider gescheitert –, ist, dass wir ja auch völlig sinnlos quasi den Zwang zur Smartmeterumrüstung durchgeboxt haben. Also alle müssen jetzt einen Smartmeter haben, die Ausrollung ist im Laufen. Die Kosten für Österreich: 1 Milliarde Euro – 1 Millarde Euro! Und das hat man ganz raffiniert gemacht. Man hat gesagt, das bekommt jeder gratis in sein Haus oder in seine Wohnung hineingestellt, aber diese Milliarde zahlt ja nicht irgendein Energieerzeuger oder die E-Control, sondern man zahlt es dann über das zweite Drittel, dem der Infrastruktur. Das heißt, das sind sinnlose Kosten, denn wenn jemand einen Smartmeter will, weil er ihn braucht oder der Meinung ist, das dieser für ihn Sinn macht, ist das ja okay, aber wir haben ja teilweise – völlig sinnlos – Einpersonen-, Pensionistenhaushalte, Garçonnièren mit einem Smartmeter ausgestattet. Das sind so Dinge, die man auch sagen muss. Und das dritte Drittel – damit man das auch sagt – ist dann eben die berühmte Gewessler-Öko-Geschichte, CO2-Strafsteuer und so weiter oder auch Mehrwertsteuer. Da haben wir klar gesagt, dass man eben auch im dritten Drittel – gerade jetzt in der Krise – zumindest den Menschen mit einem kleinen Einkommen oder den Kleinstunternehmern wirklich einmal, von mir aus auf ein, zwei Jahre, entgegenkommen muss, dass man von dem dritten Drittel entweder alles weglässt, oder einen großen Teil des dritten Drittels weglässt.
GROẞ: Frau Doppelbauer.
DOPPELBAUER: Ich wollte auch auf die Kostenstruktur des Energiepreises eingehen, und auch noch ein paar Worte zur Netzinfrastruktur – Kollege Wurm hat sie schon angesprochen – sagen. Vielleicht zur Erklärung für all jene, die sich nicht jeden Tag damit beschäftigen: Die Liberalisierung des Strommarktes hat ja dazu geführt, dass man, sehr vereinfacht ausgedrückt, den Verkauf der Energie sozusagen von der Infrastrukturschiene getrennt hat. Das heißt, die Infrastruktur muss natürlich finanziell gut ausgestattet sein, und der Strommarkt selber ist ja dann durchaus wirklich liberalisiert. Was aber de facto in der Infrastruktur passiert, ist, dass da große Gewinne erwirtschaftet werden. In Oberösterreich hat zum Beispiel erst vor zwei Jahren die Infrastruktur die Preise massiv erhöht, also gerade für die Wirtschaft, die Unternehmerinnen und Unternehmer war das ein Wahnsinn, also die Industriebetriebe haben echt aufgestöhnt unter diesen höheren Kosten. Und was ist dann passiert? – Dann kam der Wahlkampf in Oberösterreich, und dann hat man das Ganze sozusagen an die Mutter weitergereicht und über die Mutter sind dann ganz plötzlich Gewinne ausgezahlt worden, und diese Gewinne sind nicht irgendwo in der Wirtschaft geblieben, sondern die gehen dann an das Land Oberösterreich, das der Besitzer ist, zu einem großen Teil, und an die Raika und, und, und. Da wird also in Wahrheit natürlich ganz viel Geld indirekt über die Steuerzahler umverteilt, die dann wiederum in Landesregierungen und in Landesbudgets versickern, wo sie wirklich nicht hingehören. Wenn man da von Transparenz und von Liberalisierung des Marktes spricht, dann muss man das auch ernst nehmen, und ich wäre sehr stark dafür, dass die Netzinfrastruktur zum Beispiel keine Gewinne erzielen darf, sondern dass da wirklich gewinndeckend sozusagen gearbeitet wird, damit diese Umverteilungen einfach nicht mehr stattfinden. Das wäre vielleicht ein ganz, ganz großer Schritt in eine Richtung, mit dem wir auch sehr viel kompetitiver am Markt sein könnten. Da gibt es noch ganz viele andere, aber ich wollte da nur direkt darauf antworten.
GROẞ: Vielen Dank. Herr Schroll, können Sie sich damit zum Beispiel anfreunden?
SCHROLL: Bei uns auf dem Land sagt man: Wir sollten einmal die Kirche im Dorf lassen. Es gab ja jetzt sehr, sehr viele Meinungen dazu. Kollege Hammer hat gesagt, es ist in den letzten Jahren nichts gemacht worden, es sind beim vorigen Bundeskanzler so viele Millionen investiert worden. Tanja Graf hat andere Themen angesprochen. Letztendlich geht es jetzt um das Problem, dass sich die Bürgerinnen und Bürger das Heizen und quasi den Strom nicht mehr leisten können, und vom Tanken und vom Autofahren reden wir da noch gar nicht; was vielleicht von der Politik, vonseiten der Grünen, gewünscht wäre, dass kein einziges Auto mehr fährt. Nur muss man sich die ganze Infrastruktur im Land, in den Ländern, in den Gemeinden, also in den 2 090 Gemeinden in Österreich, individuell anschauen. Da Kollege Hammer gesagt hat: Wir haben jetzt investiert oder wir investieren jetzt. – Ja, wir investieren jetzt in das Ziel, im Jahr 2030 100 Prozent erneuerbare Energie in Österreich zu erzeugen und auch zu haben, aber von dem haben jetzt die Leute nichts! Und weil Kollegin Graf angesprochen hat, in Oberösterreich ist null erhöht worden, und im Burgenland und in Wien ist so viel erhöht worden: Ich hätte die Zahlen da, aber das bringt den Leuten draußen nichts, wenn wir jetzt hier diskutieren, welche Briefe die Leute draußen in den Bundesländern die letzten Tage bekommen haben – bis 31.12. dieser Preis, ab 1.1. dieser Preis, 49 Prozent Steigerung beim Strom. (HAMMER: Wo?) Ich habe ganz gezielt Anträge eingebracht. Und ich wiederhole es noch einmal: Wir hätten die Möglichkeit von der Kommission, dass wir jetzt sagen: Halbierung der Mehrwertsteuer zum Beispiel für Strom und Gas, zeitlich begrenzt. Wir sagen ganz klar: jetzt einen Winterzuschuss pro Haushalt von 300 Euro, zumindest für einkommensschwache Haushalte. Es muss schnell gehandelt werden, weil die Leute jetzt Hilfe brauchen. Die haben nichts davon, wenn wir 2030 100 Prozent erneuerbare Energie haben. Das ist alles gut und schön, aber ich glaube, die Preissteigerung und die ganze Verteuerung in jedem Bereich des Lebens ist jetzt so massiv, dass das Problem jetzt angegangen werden muss – jetzt und heute.
GROẞ: Vielen Dank für diese Runde. Herr Haber, ich komme wieder zu Ihnen zurück. Was glauben Sie denn, wie lange wird dieses derzeit hohe Preisniveau halten beziehungsweise ist da möglicherweise noch mehr drinnen, wird es noch weiter steigen beziehungsweise wann kann es da wieder eine Trendwende geben?
HABER: Unsere Analysen haben gezeigt, dass wir mittelfristig auf einem hohen Niveau bleiben. Es ist so, dass die Gaspreise nach dem Winter wieder absinken und sich ab 2023, 2024 in etwa wieder auf einem Vorjahresniveau einpendeln sollten. Mittelfristig ist aber auch zu berücksichtigen, dass die CO2-Preise auch hier die Stromproduktion erhöhen, seien es Gaspreise und Strompreise, dass wir da also schon auch mit höheren Kosten rechnen. Das ist ein Zusammenspiel. Wir gehen davon aus, dass die erste Reduktion ab April 2022 kommt und die Strompreise dann in den nächsten zwei, drei Jahren wieder auf das Niveau des Vorjahres, also Beginn des Jahres zurückpendeln sollten, sich aber auch zusätzlich die Gaspreise in etwa drei Jahren reduzieren sollten.
GROẞ: Da jetzt schon so oft der Umstieg auf die Erneuerbaren logischerweise angesprochen worden ist - - Frau Graf, Sie wollen unmittelbar dazu etwas sagen?
GRAF: Ich wollte noch kurz auf Frau Doppelbauer replizieren, weil sie eben auch Netzinfrastruktur, Netztarife angesprochen hat: Wir haben jetzt jemanden von der E-Control hier. Ich möchte schon das Bild, dass es willkürliche Entscheidungen sind, die beim Netzinfrastrukturausbau getroffen werden, wieder auflösen. Das sind Regulative, die die E-Control natürlich unter Beobachtung und auch unter Kontrolle hat. Also den Eindruck zu vermitteln, dass Oberösterreich da große Gewinne gemacht hat (DOPPELBAUER: Das kann man nachlesen!) – das muss man schon auch ein bissl lassen, weil es gewisse Faktoren gibt, die zum Beispiel bei einer Netzinfrastruktur nicht berücksichtigt werden, wie Personalkosten, Sachverständige und dergleichen. Das sind alles Themen, die man da jetzt nicht hat. Ich darf da also bitte das Bild ein bissl auflösen. Ganz kurz noch zur Mehrwertsteuer, weil das eben auch von dir, Kollege Wurm, gefallen ist: Das sind alles solche kurzfristigen Eingriffe, die vielleicht bei den Menschen gut klingen, aber wir müssen schon langfristig denken, und langfristig bedeutet eben diesen Weg: Wo entlasten wir die Bürger? – Wir entlasten sie eben mit einem Klimabonus, mit thermischen Sanierungen, mit 100 Prozent Förderung für einkommensschwache Haushalte – bei denen wir die Heizungsauswechslung zu 100 Prozent fördern. Was ich von Kollegen Schroll nicht im Raum stehen lassen kann, ist, dass wir, was Energiearmut betrifft, nichts haben. Wir haben einen super Instrumentenkoffer im Energierecht: Wir haben eben die Beratung, die Energieversorger machen etwas, wir haben ein Abschaltverbot, wir haben ein Grundversorgungsrecht. Auch die Arbeiterkammer zum Beispiel hat eine super Info, dorthin kann man sich wenden. Ich glaube eher, dass wir jetzt bei den Menschen nicht auslösen sollten: Oh Gott, ab morgen zahlst du das Dreifache! – Das ist es nicht. Es kommt alles zeitverzögert. Sie haben es vorhin schon erwähnt: Es wird sich auch wieder regulieren. Das ist jetzt so eine kurzfristige Erscheinung. Wir gehen jetzt einmal davon aus, dass sich das reguliert, und ein Beitrag ist eben der Ausbau. Ich wollte das ganz kurz noch einmal zusammenfassen, weil jetzt so in den Raum gestellt worden ist, dass man da gar nichts hätte oder nur Gewinne ausschütten würde – also das möchte ich jetzt - -
GROẞ: Wir haben jetzt das Interview mit Herrn Haber ganz kurz unterbrochen, und offensichtlich müssen wir es noch ein bisschen länger unterbrechen. Herr Haber, da bitte ich Sie jetzt um Geduld, aber ich glaube, das muss jetzt raus. – Bitte.
WURM: Ich glaube, das ist auch einmal wichtig: Ich sage, das ist fast eine Religion geworden. Alternative Energien sind sinnvoll, das sagen wir selber schon seit Jahrzehnten, kein Thema, aber jetzt sollen mit Gewalt bestehende Infrastrukturen, die Milliarden gekostet haben, zerstört werden – ich sage nur: Heizen mit Gas soll bis 2030, glaube ich, wenn ich es richtig im Kopf habe, beendet werden, Ölheizungen 2025. Parallel muss man neue Strukturen schaffen. Wir vernichten da Milliardenvermögen, und das wird jemand zahlen müssen. Zahlen tut es in letzter Konsequenz – man sieht es jetzt, 2021 – der Bürger, der zahlt es. Wir kommen natürlich auch nicht um den ganzen Wahnsinn herum, der auf EU-Ebene passiert, ich sage noch einmal Smartmeter: In Österreich war es ja nur 1 Milliarde Euro, aber die EU hat das für die ganze Europäische Union beschlossen. Das waren, glaube ich, 35 oder 40 Milliarden Euro, die drei Firmen in Europa kassiert haben, um quasi ganz Europa mit Smartmetern vollzustopfen. Diese Milliarden zahlt der Bürger, und das fließt in letzter Konsequenz auch alles in den Energiepreis ein. Da muss man einmal klar sagen: Was die Europäische Union macht, kostet den Bürger in Europa einfach Geld, und da ist nicht alles sinnvoll.
GROẞ: Ich bitte jetzt in dieser Runde um Kürze, damit wir dann Herrn Haber wieder zu Wort kommen lassen. – Bitte, Herr Hammer.
HAMMER: Es spricht einfach für den Zugang der FPÖ zu Wissenschaft, wenn man sozusagen die wissenschaftlichen Fakten über den Klimawandel als Religion darstellt. So nebenbei: Die Kosten für uns alle, für die gesamte Volkswirtschaft, für jeden einzelnen Haushalt, die die Klimakrise verursachen wird, sind so unvorstellbar, dass man darüber gar nicht ordentlich diskutieren kann. Eine Zahl möchte ich aber schon sagen: Unser derzeitiges Energiesystem mit den fossilen Importen bedeutet, dass jeder einzelne Haushalt jedes Jahr einen 2 000-Euro-Scheck ausstellt. Der geht dann nach Russland, der geht nach Saudi-Arabien, der geht nach Algerien. Jedes Jahr 2 000 Euro pro Haushalt – das sind unsere fossilen Energieimporte. Das sehen wir nicht auf unserer Energierechnung, das kann schon sein, aber das zahlen wir trotzdem jedes Jahr. Ich finde es ja interessant: Ich meine, Sie (in Richtung Wurm) haben ja ein Kooperationsabkommen mit der Partei Einiges Russland von Wladimir Putin geschlossen – keine Ahnung, was da drinnen gestanden ist.
GROẞ: Das wurde jetzt wieder aufgelöst.
HAMMER: Ah, das wurde wieder aufgelöst. Man weiß ja nie so genau.
WURM: Die Grünen können nicht alles wissen. Die machen - -
HAMMER: Das ist halt, finde ich, traurig: Sie sind ja auch die einzige Partei, die gegen das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, also gegen den Ausbau von Ökostrom gestimmt hat. Das finde ich schade, weil ich wirklich glaube, dass wir sonst eine Einigkeit darüber haben, dass wir zumindest beim Strom - -
WURM: Aber Herr Kollege, genau deshalb diskutieren wir heute: explodierende Preise, und der Bürger zahlt sie. (HAMMER: Aber der Preis - -) Das, was Sie versprochen haben, vom Gas und nicht - - (HAMMER: Nicht von den Erneuerbaren!) Sie haben den Bürgern versprochen, dass ein sozialer Ausgleich kommt.
HAMMER: Das verstehen Sie leider nicht.
WURM: Wo ist der, bitte? Was hat ein normaler Haushalt momentan von euren Versprechungen? – Gar nichts. An der Zapfstelle zahlt man mehr, zu Hause für den Strom zahlt man mehr - -
GROẞ: Ich glaube, es ist jetzt klar, wo die Fronten verlaufen. Das hat sich ganz klar gezeigt. Versuchen wir jetzt ein bisschen, wieder auf die Ebene der Lösungen oder auch möglicher Lösungen zu kommen! Frau Doppelbauer, Sie haben sich noch gemeldet, und ich weiß nicht, ob Herr Schroll dazu noch etwas sagen will. Wenn nicht, dann kommen wir wieder zu Herrn Haber zurück. – Bitte.
DOPPELBAUER: Ich wollte nur sagen: Kollegin Graf, Sie brauchen da nichts aufzulösen. Ob es Gewinne gegeben hat oder nicht: natürlich, und da braucht man jetzt nicht mir zu glauben, sondern da kann man googeln oder in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ nachlesen. Das sind natürlich Selbstbedienungsläden der Länder. Wenn man sich das jetzt in Oberösterreich anschaut und feststellt, dass in der Portokassa Geld fehlt, dann gibt es halt eine zusätzliche Gewinnausschüttung. Das ist nicht nur die ÖVP, sondern ich glaube, die SPÖ in Linz macht es auch nicht viel anders. Was ich aber zur Lösung sagen möchte, weil es ein ganz, ganz wichtiger Faktor ist: Die Haushalte und die Wirtschaft brauchen – vor allem die Wirtschaft braucht –, um kompetitiv zu sein, natürlich kompetitive Preise. Kollege Wurm hat es gut ausgeführt: Ein Drittel des Energiepreises ist die Netzinfrastruktur, ein Drittel sind Steuern und Abgaben. Wir haben zum Beispiel in unserem CO2-Steuer-Konzept drinnen, dass man die Elektrizitätsabgabe vollkommen abschafft. Sie hat keinen Lenkungseffekt und ist ein sehr großer Teil von den Steuern und Abgaben. Das könnte man morgen machen, und da wäre den Menschen wirklich geholfen, um da sozusagen sofortige Preislinderungen einzuführen – nur als einen konkreten Ansatz zur Lösung.
GROẞ: Okay. – Herr Schroll.
SCHROLL: Ganz kurz vielleicht, was noch überhaupt nicht angesprochen worden ist: Was geschieht mit den Hunderten Millionen Euro, die jetzt mehr eingenommen werden, die der Finanzminister an Steuern einnimmt? Da gibt es ja Berechnungen oder hat es schon Berechnungen gegeben, dass das wirklich Hunderte Millionen Euro sind. Wir fordern ganz einfach, dass man jetzt schnell handelt und Haushalte unterstützt. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig, und ich kann nur noch einmal alle Fraktionen ersuchen, das auch zu überdenken und beim Antrag endlich mitzustimmen, weil – ich sage es jetzt noch einmal ganz deutlich – die EU-Kommission den Ländern einen Maßnahmenkatalog gegeben hat, und Österreich ist eines der wenigen Länder, in dem bis jetzt noch nicht reagiert worden ist. Ich lade heute schon alle Parteien, alle Fraktionen ein: Ich werde diese Woche im Parlament einen Antrag einbringen, den ich heute hier mithabe, mit der Forderung, dass die Einhebung der im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz festgeschriebenen Erneuerbaren-Pauschale im Jahr 2022 per Gesetzänderung ausgesetzt werden soll. Somit würden 350 Millionen Euro bei den StromkundInnen verbleiben, und das wäre ein Ansatz, bei dem man sagen kann, dass wir den Haushalten jetzt helfen können. Weil Kollegin Graf das angesprochen hat – man soll jetzt nicht einwirken und schnell, überhapps irgendwelche Änderungen machen –: Die Leute brauchen jetzt die Unterstützung, und glaubt mir, ich sehe bei mir auf dem Land draußen in den Wahlkreisen, wie die Leute das Geld brauchen.
HAMMER: Nur eine kurze Rückfrage: Das heißt, Ökostromförderbeitrag und Pauschale kommen weg, was bleibt dann von der Ökostromförderung übrig?
SCHROLL: Es ist ohnehin genug, glaube ich, mit den momentanen Strompreisen.
HAMMER: Okay, also null.
GRAF: Ich möchte nur eine Zahl nennen.
GROẞ: Ja, bitte.
GRAF: Ich möchte nur eine Zahl nennen, damit das Bild besser ist: Mit der Befreiung vom Ökostromförderbeitrag haben wir 580 Millionen Euro für das Jahr 2022 sozusagen reduziert – 580 Millionen Euro. Das ist - -
WURM: Darf ich auch noch einen Hinweis machen? Ab 1. Juli kommt dann die berühmte CO2-Bepreisung, und das wird keine Verbilligung der Energiepreise nach sich ziehen, auf keiner Ebene – das sollte man den Bürgern auch einmal sagen.
GROẞ: Okay. – Jetzt aber wirklich wieder zu Ihnen zurück, Herr Haber: Wir haben ja mit der Frage gewissermaßen schon begonnen. Ich erinnere: Es ging um das Thema Umstieg auf Erneuerbare. Österreich ist ja, wenn ich es richtig sehe, mit 81 Prozent erneuerbarer Energie bei der Stromversorgung schon jetzt im Spitzenfeld. Was können wir da noch tun?
HABER: Wir können jetzt natürlich noch weiter ausbauen, und das ist schon perspektivisch zu sehen: Jetzt ist natürlich immer das letzte Kraftwerk, das teuerste Kraftwerk, preisbestimmend, zum Beispiel beim Strompreis. Wenn wir jetzt den Anteil Erneuerbarer mit geringen Grenzkosten ausbauen, dann ist das natürlich ein wesentlicher - -
GROẞ: Geringe Grenzkosten – das ist auch so ein Terminus technicus, den nicht alle verstehen: Da geht es um die variablen Kosten?
HABER: Variable Kosten – zum Beispiel ist das aktuell ein Gaskraftwerk mit hohen Gaspreisen, zu denen es jetzt einkaufen muss, um Strom zu produzieren. Das sind die Grenzkosten. Wenn wir den Anteil an Erneuerbaren, also mit geringen Grenzkosten, erhöhen, dann kommen diese Kraftwerke weniger zum Einsatz, und somit kann das eine Preisveränderung bewirken.
GROẞ: Politiker sprechen ja oft und gerne von der Energieautarkie, die anzustreben sei. Ist das wirklich ein realistisches Ziel? Gibt es die aus Ihrer Sicht überhaupt?
HABER: Erlauben Sie mir, dass ich da dann technisch bin: Autark ist nicht gut. Wie gesagt: Autark heißt wirklich losgelöst. Es ist eher autonom – dass man beispielsweise Österreich autonom betrachtet, also bilanziell. Wir wollen bilanziell im Jahr 2030 100 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie haben. Das ist eine bilanzielle Berechnung, wir sind aber deshalb nicht autark, weil wir trotzdem nach wie vor auch Energie von anderen Regionen und Ländern brauchen. Das ist ein wesentlicher Punkt. Das bedeutet also, autark heißt immer losgelöst, und wenn man zum Beispiel auch Bundesländer anschaut, wie es vorhin kurz angesprochen wurde, mit 150 Prozent, also - -
GROẞ: Das Burgenland vor allem, durch die Windenergie.
HABER: Genau, das Burgenland – bilanziell könnte es autonom sein, aber es ist wesentlich, dass man in Österreich einander hilft. Das heißt, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht, dann kann dieser Strom über die Stromleitung, über die Hochspannungsleitungen zum Beispiel auch in Tirol eingesetzt werden. Das ist ein wichtiger Ausgleich. Das ist ein wichtiger Punkt, der eben für die Versorgungssicherheit und auch für die Energiepreise wesentlich ist.
GROẞ: Da gehen die Arme schon wieder in die Höhe. Ich muss trotzdem jetzt noch eine Frage an Sie richten, nämlich abschließend, bevor wir dann zum nächsten Teil unserer Diskussion auch übergehen: Sind die aktuellen Fördermaßnahmen aus Ihrer Sicht eigentlich ausreichend?
HABER: Auch im Zusammenhang mit der Diskussion hier: Es gibt natürlich eine Reihe von Förderungen – wie schon gesagt –, Bundesländerförderungen, aber auch Landesförderungen, die eingesetzt werden. Was mir wichtig ist, auch in meiner Rolle für die Regulierungsbehörde: dass man zusätzlich zu den Förderungen, die angeboten werden, auch ein indirektes „Förderinstrument“ – unter Anführungszeichen – für die Kundinnen und Kunden darstellt. Wenn die jetzt wirklich in Schwierigkeiten kommen und sagen: Wie kann ich meine Strom- oder meine Gasrechnung bezahlen?, sind wir als unabhängige Regulierungsbehörde auch eine Ansprechstelle, die weiterhilft, die auch den Kontakt zu den Energieversorgungsunternehmen herstellt, die auch Hilfe gibt: Wie kann man Energie sparen? Wie kann man über den Tarifkalkulator einen günstigen Energielieferanten finden? – Das ist ein wesentlicher Punkt, bei dem wir einen Beitrag leisten wollen.
GROẞ: Dann sage ich vielen herzlichen Dank, Herr Professor Haber, Geschäftsführer der E-Control! Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben und heute bei uns waren. Wir sind beim Thema Förderungen. Bitte merken Sie sich alles, was Sie noch sagen, ergänzen und erwidern wollten, für die nächste Runde! „Holt die Leichen aus dem Keller“: Dieser Aufruf richtet sich an Eigentümer von Ein- und Mehrfamilienhäusern, aber auch an Betriebe. Es geht dabei nicht um das Lüften von Geheimnissen oder das Öffnen dunkler Kapitel aus der Vergangenheit, sondern um Alternativen zu veralteten Heizsystemen, die auf fossile Energieträger aufgebaut waren. Konkret: Die Bundesregierung fördert den Tausch von Heizkesseln künftig mit noch mehr Geld als bisher, das haben wir schon gehört. Allein für das kommende Jahr ist mehr als 0,5 Milliarden Euro an Fördergeldern budgetiert. Insgesamt stehen bis 2025 fast 2 Milliarden Euro zur Verfügung, um von fossilen auf nachhaltige Heizsysteme umzustellen und Gebäude thermisch zu sanieren.
*****
Es folgt eine Videoeinspielung:
Sprecher: Walter Atzesberger ist auf dem Weg zu seiner neuen Wärmepumpe. Im letzten Jahr hat sein 33 Jahre alter Gaskessel den Geist aufgegeben – Ersatzteile waren nicht mehr zu bekommen. Der Niederösterreicher nimmt das zum Anlass, ein neues, ökologischeres Heizsystem zu installieren.
Walter Atzesberger (Hausbesitzer): Da ich drei Enkelkinder habe, war für mich ganz, ganz wichtig: Ich möchte den Planeten meinen Enkelkindern nicht schmutzig hinterlassen. Ich schaue, dass ich auch CO2-arm werde.
Sprecher: Dass er Anspruch auf Förderungen hat, weiß er zunächst nicht.
Walter Atzesberger: Erst dann bei der Angebotslegung – ich habe drei oder vier Installateure angeschrieben – hat mir jeder Installateur geschrieben: Sie können eine Förderung in Anspruch nehmen. – Da habe ich noch nicht gewusst, dass die eigentlich relativ hoch ist.
Sprecher: Walter Atzesberger entscheidet sich für eine Wärmepumpe. Die Kosten dafür: 22 000 Euro. Um die Förderungen zu bekommen, muss er einiges an Aufwand auf sich nehmen.
Walter Atzesberger: Ich würde sagen, es geht nicht anders, aber für jemanden, der administrativ nicht sehr geübt ist, ist das ein großer Aufwand.
Sprecher: 7 500 Euro bekommt er schließlich an Förderungen, die Maximalsumme. Andreas Vidic von der Kommunalkredit wickelt im Auftrag des Klimaschutzministeriums die Förderungen ab.
Andreas Vidic (Kommunalkredit Public Consulting): Aktuell gibt das Klimaschutzministerium ein Rekordbudget von 650 Millionen Euro dafür aus, dass man Förderungen für den Umstieg von einem fossilen Heizungssystem auf ein erneuerbares und modernes Klimasystem beantragen kann. Das ist möglich, wenn man von einem Öl- oder Gaskessel zum Beispiel auf eine Wärmepumpe, eine Biomasseanlage oder einen Fernwärmeanschluss umsteigt.
Sprecher: Wer seine fossile Heizung tauschen will, sollte sich gut beraten lassen.
Andreas Vidic: Ich glaube, eine gute Möglichkeit ist da, dass man sich vor allem mit den einzelnen Landesstellen zusammenspricht, denn es gibt Förderprogramme, die über die Länder abgewickelt werden. Die stellen auch Energieberater zur Verfügung, und in den meisten Fällen ist so eine Erstberatung auch durchaus kostenlos.
Sprecher: Allzu viel Zeit sollten sich Interessierte aber nicht lassen.
Andreas Vidic: Grundsätzlich ist geplant, dass es bis Ende 2022 laufen wird. Das Budget ist im Moment noch in einem Ausmaß, dass man sich bedenkenlos registrieren und auch Anträge stellen kann, aber schlussendlich, ja: Wenn das Förderungsbudget aufgebraucht ist, muss die Förderungsaktion potenziell auch schon früher beendet werden.
Sprecher: Die Förderung gilt auch für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern. Ernst Bach von der Sozialbau AG ist für rund 500 Objekte in Wien verantwortlich. Sukzessive lässt er einzeln beheizte Wohnungen an Zentralheizungen anschließen, so wie hier im 2. Bezirk.
Ernst Bach (Sozialbau AG): Wir versuchen, im Dachbereich sozusagen einen zentralen Knoten zu setzen. Man fährt dann über die Kamine in die einzelnen Wohnungen hinunter. Das heißt, die Therme ist kaputt, ich nehme die Therme weg. Über den Kamin, durch den die Abgase dieser Therme das Haus verlassen, komme ich mit Vor- und Retourlauf hinunter in die Wohnung und schließe an das bestehende hydraulische Verteilsystem an. Das war’s, das geht in etwa 3 Stunden.
Sprecher: Zurzeit beliefert die Wärmepumpe im Dachgeschoß fünf Wohnungen, aber nicht nur ökologische Gründe sind dafür ausschlaggebend.
Ernst Bach: Das ist eigentlich von der Ökonomie getrieben: Wir sparen uns mit diesem System, dieser Zentralisierung Geld. Wenn man sich überlegt: Eine Thermenerneuerung kostet 5 000 Euro, bei 21 Wohnungen hier sind das 105 000 Euro, die ich alle 15 bis 20 Jahre ausgeben muss – so lange hält eine Therme. Die kann ich anders investieren, nämlich indem ich hier zusammenziehe, eine Zentrale mache und nur mehr eine Therme oder eine Wärmepumpe habe. Für die Bewohner ist es de facto preisgleich.
Sprecher: Die Umstellung in diesem Haus ist zu früh passiert, um dafür Förderungen abzuholen, bei den nächsten Projekten will Ernst Bacher aber die Gelder beantragen. Walter Atzesberger und seine Frau sind mit ihrer Entscheidung, auf eine Wärmepumpe umzusteigen, zufrieden. Sie leben nun nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch günstiger.
Walter Atzesberger: Alles in allem habe ich mir das anhand der Rechnungen, die ich bekomme, genau ausgerechnet: Ich habe 12 Prozent weniger Energiekosten als im Jahr davor.
Sprecher: Die Investition in eine Wärmepumpe war für Familie Atzesberger finanziell machbar. Doch was ist mit jenen, für die die Anschaffungskosten trotz der Förderungen ein großes Problem darstellen?
*****
GROẞ: Hier sind wir wieder, im Studio von „Politik am Ring“. Ich begrüße jetzt bei uns Mag. Josef Thoman. Er ist ausgebildeter Volkswirt und derzeit Referent in der Abteilung Wirtschaftspolitik der Arbeiterkammer, mit Schwerpunkt Energiepolitik. Herr Thoman, bevor wir zum Thema Förderungen zurückkommen, das wir gerade im Beitrag abgehandelt haben, lassen Sie uns einmal über dieses Schutzpaket reden, das die Arbeiterkammer jetzt für Konsumentinnen und Konsumenten gefordert hat: Was soll denn dieses Schutzpaket leisten, und welche einzelnen Punkte schweben Ihnen da vor?
Mag. Josef THOMAN (Arbeiterkammer): Zunächst einmal guten Abend, vielen Dank für die Einladung, und ich danke auch, dass Sie mich danach noch einmal fragen. Ich habe ja vorhin schon zugehört, und für mich war die Diskussion teilweise auch etwas verwirrend, denn für uns sind die Entwicklungen schon recht deutlich. Was ist passiert? – Der Strompreis und der Großhandelspreis sind im letzten Jahr gestiegen, und zunächst haben kleinere Strom- und Gaslieferanten die Preise erhöht oder ihren Kunden gekündigt, teilweise trotz Preisgarantien. Das hat dazu geführt, dass es jetzt auch seitens des VKI Klagen gibt, mit denen man versucht, da wieder sozusagen das Recht wirken zu lassen. Und natürlich sind günstige Angebote vom Markt verschwunden – es gibt mittlerweile viel weniger Angebote –, und eigentlich sind wir erst jetzt vor der entscheidenden Preiserhöhung, weil die großen Versorger angekündigt haben, die Preise teilweise deutlich zu erhöhen. Wir reden da von Preiserhöhungen von bis zu 47 Prozent im Bereich Strom und von einer Verdoppelung des Preises von Gas, also insbesondere Gas ist momentan das aktuelle Problem. Die Netzkosten steigen auch deutlich: 15 Prozent beim Strom, 8 Prozent beim Gas. Was bedeutet das aber unterm Strich? – Also wenn wir jetzt zum Beispiel auf einen Haushalt mit einem in Wien üblichen Verbrauch schauen, der Strom und Gas hat, dann reden wir hier von Kostensteigerungen von 570 bis 850 Euro, also das kann man nicht mehr negieren. Es sind rund 1 Million Haushalte, die mit Gas heizen, rund 100 000 davon haben ein Einkommen im Monat von unter 1 100 Euro, da schlagen solche Kosten natürlich ganz ordentlich auf. Wir reden hier von einem Problem für energiearme Haushalte, aber aufgrund dieser deutlichen Kostensteigerungen gilt das natürlich auch für Mittelverdiener oder Pensionistinnen und Pensionisten, die bisher vielleicht keine Probleme haben, aber so einen ordentlicher Batzen, das spüren die Leute dann schon, und sie bekommen Probleme, diese Rechnung zu zahlen. Deswegen hat die Arbeiterkammer schon im Oktober gesagt: Bitte, man muss sich vorbereiten, es müssen Maßnahmen getroffen werden! Wir haben das Schutzpaket genannt, und das besteht aus insgesamt fünf Punkten. Der erste ist ein Abschaltstopp für den Winter, damit sichergestellt ist, dass, auch wenn es Zahlungsschwierigkeiten gibt, im Winter niemand zu Hause frieren muss. Der zweite ist ein Recht auf Ratenzahlungen. Das heißt, dass dann, wenn es eine zusätzliche Kostenbelastung gibt, die Möglichkeit besteht, das langfristig – in 24 Monaten – abzubezahlen. Das Dritte ist dann eine deutliche Erhöhung der Heizkostenzuschüsse. Die sind nach Ländern sehr unterschiedlich, wurden aber bisher kaum angepasst. Wir reden da von 20, 30 Euro, mit denen man das für diesen Winter angepasst hat, und oft ist – gerade in den Ländern, wo die Beträge höher sind – auch der Bezieherkreis sehr klein. Da sehen wir aber auch den Bund gefordert, der ja wirklich höhere Steuereinnahmen hat, weil auch die Umsatzsteuer mitwächst, dass der da die Länder unterstützt, damit diese – ich will die Länder nicht aus der Verantwortung nehmen – die Heizkostenzuschüsse noch deutlicher erhöhen können. Dann fordern wir auch, dass die Ökostrompauschale ausgesetzt wird. Warum? – Weil bei der Förderstelle noch Gelder vorhanden sind und weil dieses Geld nächstes Jahr gar nicht genutzt werden könnte, weil die Strompreise so hoch sind, dass die Förderungen derzeit gar nicht gebraucht werden. Und der wichtigste Punkt, denke ich, weil das auch Teil der Toolbox der Europäischen Kommission ist, wäre eine temporäre Reduktion der Umsatzsteuer. Ich glaube, dass das bei Gas langfristig keinen Sinn macht, aber ich denke, wir müssen jetzt trennen zwischen den Problemen, die wir akut diesen Winter und nächstes Jahr haben, und den langfristigen Zielen, denn – wir werden dann eh noch über Kesseltausch reden; das ist auch alles wichtig und gut und wir begrüßen es sehr, aber trotzdem – wir haben jetzt kurzfristig Probleme, bei denen man auch schnell handeln muss, und das Geld dafür wäre da.
GROẞ: Dann sage ich vielen herzlichen Dank. Machen wir vielleicht gleich an dieser Stelle einen Unterbruch, weil Sie diese fünf Punkte jetzt so schön ausgeschildert haben und sie auch noch in frischer Erinnerung sind – manches haben wir ja ohnedies auch schon vorhin in der Diskussion gehört. Wo gibt es denn da jetzt Zustimmung beziehungsweise wo könnten Sie sich Unterstützung vorstellen beziehungsweise wo gibt es noch Ergänzungsvorschläge?
WURM: Ich habe die Anträge mit – ich glaube, auch der Kollege von der SPÖ hat ähnliche Anträge. Das alles haben wir eingebracht, es ist natürlich alles an der Regierungsmehrheit, die das nicht will, gescheitert. Die Grünen wollen es – ich sage das bewusst – aus ideologischen Gründen nicht; für die ÖVP kann Frau Kollegin Graf vielleicht erklären, warum man das nicht will. Aber das liegt ja alles am Tisch, es ist in den Ausschüssen, im Plenum bereits beantragt worden. Ich gebe dem Kollegen von der Arbeiterkammer Recht: Das sind die akuten Probleme und die muss man einfach auch lösen. Also wir verlangen im Prinzip eine Energiepolitik mit Hausverstand. Das heißt nichts anderes, als dass man selbstverständlich den Weg in eine alternative Energiegeschichte geht – das alles ist kein Thema. Was die Umstellung angeht: Wir sind Befürworter von Solarenergie und Erdwärme. Das können wir alles machen, aber pragmatisch und unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände. Was wir heute vielleicht noch gar nicht so thematisiert haben – sonst kommt es eh jeden Tag –, das ist Corona. Das ist natürlich ein Verstärker der Probleme, und zwar auch für die Haushalte. Wir haben Kurzarbeit, wir haben teilweise Arbeitslosigkeit, wir haben andere Kostensteigerungen. Das heißt, diese Haushalte sind ja doppelt und dreifach getroffen und denen muss man einfach helfen. Und ich sage es noch einmal: Diese Coronakrise hat uns die letzten zwei Jahre 100 Milliarden Euro gekostet, und auch das wird in letzter Konsequenz der Konsument, der kleine Bürger bezahlen müssen. Das heißt, der ist jetzt von links und rechts und oben und unten unter Druck, und deshalb muss man ihm einfach temporär helfen. Da muss man vielleicht auch von den Grünen einmal ideologisch einen Gang zurückschalten, und von der ÖVP aus muss man vielleicht, da gebe ich Frau Kollegin Doppelbauer Recht, auch einmal die Länder ein bisschen von ihren Budgets herunterholen, weil diese Überschüsse der Energieversorger eben natürlich im Landesbudget landen.
GROẞ: Bleiben wir noch bei der Opposition. Herr Schroll, Sie wollten etwas sagen. – Bitte.
SCHROLL: Um bei den fünf Punkten des Kollegen Thoman zu bleiben: Ich schließe mich Kollegen Wurm dahin gehend an, dass wir – auch ich habe all die Anträge mit – zig Anträge eingebracht haben, und die betreffen eigentlich alle fünf Punkte, die Herr Mag. Thoman angesprochen hat. In meinem Paket sind es drei Punkte, die alle mehr oder weniger mit dem Paket der Arbeiterkammer kompatibel sind. Ich glaube, wir können nur noch einmal die Fraktionen einladen, das zu überdenken und bei diesen Anträgen mitzustimmen. Auf einen wesentlicher Antrag, den ich schon einige Male eingebracht habe, möchte ich auch noch einmal ganz speziell hinweisen, nämlich den betreffend die gesetzliche Regelung gegen die Abschaltung von Strom, Heizung und Wärme, weil das auch voriges Jahr versprochen wurde, und dann haben wir viele, viele Fälle und viele Ansuchen bei der E-Control gehabt, wo die Leute dann ein Problem gehabt haben, und es wurde abgeschaltet.
GROẞ: Frau Doppelbauer.
DOPPELBAUER: Ich wollte da nur kurz anschließen. Also ich kann dem natürlich viel abgewinnen – ein freiwilliges Abschaltverbot –, und natürlich braucht es jetzt Hilfe für die, die auch wirklich akut betroffen sind, und da darf man auch nicht lange zaudern. Das ist ganz richtig und ganz klar und da gibt es auch viele Vorschläge, ich würde da halt mehr über die Länder gehen, weil es einfach betreffend die Heizkostenzuschüsse Strukturen gibt, die schon aufgebaut sind und die schon funktionieren, und die könnte man jetzt einfach sehr schnell ausweiten. Also kurzfristig ist das wirklich das. Wir haben auch am Anfang im Beitrag gehört, dass man wahrscheinlich selber noch ein bisschen schrauben kann. Man kann vielleicht sogar bis zu 30 Prozent an Energiekosten einsparen – sicher nicht alle Haushalte, aber die dann halt abgeschwächt – und einfach ein bisschen weniger Energie verbrauchen. Ich glaube, das sind die ganz kurzfristigen Pakete, die es jetzt braucht – volle Unterstützung diesbezüglich! –, aber was hier immer wieder kommt, und ich muss da echt auch immer wieder - -, vor allem bei den Anträgen von der SPÖ: Das ist so, als ob wir das Geld im Keller drucken würden. Wir haben jetzt gerade über 60 Milliarden Euro in der Krise ausgegeben, es ist kein Ende in Sicht, und man muss hier bei den Hilfen einfach zielsicher sein. Also dass man jetzt jedem Haushalt irgendwie 300 Euro überweist und was weiß ich noch alles, das ist einfach nicht treffsicher. Ich glaube, da braucht es ganz, ganz viel an zielsicheren Förderungen, die es auch sehr rasch gäbe, die man umsetzen könnte. Und dann braucht es, und da haben wir ja schon einiges angesprochen, mittelfristig natürlich den Ausbau der Erneuerbaren und, und, und. Und Steuersenkungen kann man sich in diesem Bereich definitiv auch anschauen.
GROẞ: Okay. – Kommen wir jetzt noch zu den Vertretern der Regierungsparteien. Ideologisch einen Gang zurückschalten, war das Zitat des Abgeordneten Wurm. Herr Hammer, was können Sie damit anfangen?
HAMMER: Ja, wie gesagt, ich weiß, dass die FPÖ alles, was mit Klimaschutz oder mit faktenbasierter Politik zu tun hat, ablehnt beziehungsweise als Ideologie abtut. Also ich kann diesen Punkten sehr viel abgewinnen – den sozusagen Verweis auf die Heizkostenzuschüsse habe ich auch schon gemacht, und ja, da gibt es eine Verantwortung der Bundesländer und auch sehr große Unterschiede. Wie gesagt, wenn die Menschen im rot regierten Burgenland einen so hohen Heizkostenzuschuss hätten wie die in Vorarlberg, dann hätten sie pro Jahr 105 Euro mehr in der Tasche, aber ich glaube, da müsste man sich prinzipiell auch auf Länderebene darauf einigen, das für diesen Winter vielleicht ein bisschen zu erhöhen. Wie gesagt, ich bin ein Gegner dessen, wenn sozusagen diese Krankheit wieder ausbricht, einfach immer nur irgendwie mit Schmerzmitteln daherzukommen, anstatt die Krankheit zu heilen und dann pauschal zum Beispiel fossile Energie billiger zu machen. Das ist einfach der falsche Weg, und da muss ich auch wirklich sagen, ich kenne mich bei der SPÖ überhaupt nicht mehr aus: Einerseits sagt mir die Klimaschutzsprecherin der SPÖ ständig, wir sollen die klimaschädlichen Subventionen abschaffen, und auf der anderen Seite wollt ihr eine neue klimaschädliche Subvention zusätzlich schaffen. Ich kenne mich da nicht mehr aus! Ich glaube, wir müssen den Leuten sehr gezielt helfen. Das Klimaministerium schaut sich das auch gerade an, weil es wirklich um Folgendes geht: Es gibt eine Gruppe von Menschen, die ein sehr niedriges Einkommen haben, in sehr schlecht gedämmten Gebäuden wohnen und sehr hohe Heizkosten haben – da reden wir dann von Energiearmut, und diesen Menschen muss man sehr gezielt helfen. Was wir sicher nicht machen werden, ist, allen Menschen und allen Unternehmen einfach das fossile Gas noch billiger zu machen. Und ganz ehrlich, wir alle wissen – alle, die sich ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen –, dass fossile Energien – Öl, Gas und Kohle – über Jahrzehnte viel zu billig waren, dass wir da auf Pump gelebt haben, weil ökologische und soziale Kosten nicht eingepreist waren.
GROẞ: Lassen wir vielleicht an dieser Stelle Herrn Thoman etwas erwidern, und dann noch zu Ihnen, Frau Graf. – Bitte.
THOMAN: Ja, ich möchte eigentlich bei Herrn Hammer etwas ergänzen, weil ich Ihnen grundsätzlich total Recht gebe, und ich finde es auch sehr begrüßenswert – wir haben es in diesem Beitrag schon gesehen –, dass jetzt wirklich ordentlich Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit dieser Heizungstausch funktionieren kann, damit ausreichend Förderung da ist, dass die Menschen sich das auch leisten können und überhaupt die Möglichkeit haben, aus den fossilen Energieträgern auszusteigen. Sie wissen aber selbst – ich glaube, wir alle wissen es –, dass das jetzt eine Maßnahme ist, die vor allem Einfamilienhäusern hilft, und es gibt eine große Gruppe, die davon noch gar nichts hat. Wenn wir zum Beispiel an Mieter und Mieterinnen, das sind ungefähr 600 000 Haushalte, die mit Gas und Öl heizen, denken, so haben diese noch – Stand heute – überhaupt keine Möglichkeit, zu Förderungen zu kommen. Die können nicht einmal entscheiden, welches Heizungssystem sie haben. Und es gibt 200 000 Haushalte, die Gas und Öl zum Heizen verwenden, die unter 1 000 Euro im Monat haben – da habe ich jetzt die Ölgruppe dazu genommen –, und die können natürlich auch nicht 30, 40 Prozent des Geldes aufbringen, um ihre Heizung auszutauschen. Also da braucht es Förderungen, die noch höher sind. Da müsste man Richtung 100 Prozent gehen. Die Arbeiterkammer hat das schon vor einiger Zeit angesprochen, wir haben das Klima- und Energiefonds genannt. Wir haben gesagt, es braucht eine ganzheitliche Lösung, bei der man auch die thermische Sanierung dabei hat und bei der es Beratung gibt, also quasi einen One-Stop-Shop, wo die Leute hingehen können und sagen können: So ist meine Situation, was kann ich jetzt tun? – Und dann wird man unabhängig beraten und dann wird geschaut, was man betreffend thermische Sanierung machen kann, welche Förderungen es gibt. Das muss natürlich unabhängig sein. Und es braucht eben gerade für energiearme Haushalte und für Mieter und Mieterinnen eine langfristige Lösung.
GROẞ: Lassen wir jetzt vielleicht noch Frau Abgeordnete Graf zu Wort kommen. Vielleicht auch wieder auf das Fünfpunktepaket beziehungsweise auf dieses Schutzpaket, wie es die Arbeiterkammer nennt, von Abschaltverbot bis hin zu temporärer Reduktion der Umsatzsteuer, zurückkommend: Wo können Sie mit und wo gar nicht?
GRAF: Also ich darf einmal mit dem Abschaltverbot anfangen. Man muss schon eines sagen: Die Energieversorgungsunternehmen haben letztes Jahr auch ihr Verantwortungsbewusstsein gezeigt und haben auch ein freiwilliges sozusagen Abschaltverbot mitgetragen. Ich bin davon überzeugt, dass es, wenn es wieder in die Richtung geht, im Gespräch mit den Energieversorgungsunternehmen sicher einen Kompromiss geben wird, ich glaube aber, bis dato ist diesbezüglich noch niemand an die Energieversorgungsunternehmen herangetreten, weil es momentan auch keinen Bedarf gibt. Ich darf jetzt schon eines noch einmal herunterbrechen. Auch ich habe Post von der Wien Energie mit einer Anpassung, einer Erhöhung bekommen. Und Sie haben es auch gesagt: Das ist zeitverzögert. – Wir müssen da schon auch ein bisschen die Realität mitsprechen lassen: Das ist zeitverzögert. Zeitverzögert heißt, die Erhöhungen finden nächstes Jahr statt. Und ich bin bei Ihnen: Wenn ich ein einkommensschwacher Haushalt bin, habe ich Probleme, dann werde ich mir das nicht leisten können. Wir haben aber das Instrumentenköfferchen, das wir schon gepackt haben – heute schon zweimal erwähnt –, mit dem wir sagen: Der Ökostromförderbeitrag ist auf null gesetzt, wir haben den Klimabonus hinaufgesetzt, es gibt den Instrumentenkoffer mit den Mahnstufen, mit der Grundversorgung, es gibt den Heizkostenzuschuss – sodass Sie vonseiten der Arbeiterkammer auch wirklich wunderbar präsentieren könnten, welche Möglichkeit jemand hat, wo er hingehen kann. Also es gibt einen schönen vollen Instrumentenkoffer, den man sozusagen hat, das muss ich noch einmal wiederholen. Frau Doppelbauer hat heute von der Forderung betreffend eine Senkung der Mehrwertsteuer oder die Forderung, 300 Euro irgendwo auszuschütten, gesprochen, also das – da bin ich bei Ihnen – können wir nicht mittragen. Wir müssen auch schauen, wie wir mit dem allgemeinen Budget umgehen. Da darf ich anschließen an die Frage bezüglich der Einnahmen aus der Mehrwertsteuer: Was macht der Bund damit? Ich darf betreffend das Budget 2022 nur kurz diese Grafik zeigen. Was macht der Bund mit den Einnahmen? – Der Bund gibt die Hälfte des ganzen Budgets – das sind 47 Milliarden Euro – alleine für den Bereich Soziales, Familie, Pension aus. Das ist eine Summe, bei der man schon auch anerkennen sollte, worauf der Bund den Fokus legt. Das ist die Hälfte des ganzen Budgets! Noch abschließend: Natürlich müssen wir den Fokus auf die Zukunft setzen mit der thermischen Sanierung, sonst funktioniert das nicht. Und da ist es schon so, dass wir einkommensschwache Haushalte beim Austausch mit 100 Prozent sozusagen unterstützen.
GROẞ: Vielen Dank. Ganz kurz jetzt Herr Hammer, bevor wir wieder zu Herrn Thoman zurückkommen. – Bitte.
HAMMER: Ich wollte daran anschließen. Unsere Vorstellung der Transformation in ein sauberes und leistbares Energiesystem heißt eben Just Transition, das bedeutet also, sozusagen einen sozial gerechten Übergang zu gestalten. Und weil es im Beitrag vorhin erwähnt wurde: Es gibt sehr, sehr viele Haushalte, die zwar dieses Angebot einer Förderung für die Heizungsumstellung in Anspruch nehmen möchten, sich aber den Rest, den sie selbst finanzieren müssten, nicht leisten können. Wir haben uns das sehr genau angeschaut und sind dann eben zu dem Schluss gekommen, dass wir zum ersten Mal in Österreich bei der Klimaschutzförderung sozusagen die soziale Brille aufsetzen. Bis jetzt war es beim Klimaschutz nämlich immer so, dass jeder gleich viel bekommen hat, wir haben nie sozial differenziert, und gerade bei diesem Thema müssen wir das machen. Wir haben im Parlament auch gemeinsam beschlossen, dass wir einen Extratopf dafür haben – wir haben das Budget dafür, nächstes Jahr 140 Millionen Euro –, und – Tanja Graf hat es erwähnt – wir werden zum ersten Mal überhaupt den Umstieg auf saubere Heizsysteme mit bis zu 100 Prozent fördern. Das wird nächstes Jahr starten – mit den Ländern gemeinsam. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Und weil die Mieten angesprochen wurden: Ich glaube, da braucht es einen Instrumentenmix. Wir haben extra Förderungen für Leute, die im mehrgeschoßigen Wohnbau sind, wir brauchen auch im Mietrecht sozial gerechte Anpassungen, und natürlich werden wir im mehrgeschoßigen Wohnbau auch zusätzliche Maßnahmen brauchen, um das sozial abzufedern.
GROẞ: Herr Schroll, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Muss es gleich sein oder kann es bis zur Schlussrunde warten?
SCHROLL: Vielleicht nur ganz kurz, weil Kollege Hammer angesprochen hat, dass die Umweltsprecherin von uns, von der SPÖ, das eine verlangt und ich das andere sage. – Da kann ich ganz klar sagen, dass da kein Blatt Papier dazwischen hineinpasst, weil wir, glaube ich, ganz klar unsere Haltung signalisiert haben, das EAG mitgetragen haben und es mit uns eine Zweidrittelmehrheit im Parlament gab. Und wir sagen Ja zum Ausbau der Erneuerbaren und wir sagen Ja zu: Hinaus mit fossilen Heizmaterialien und Heizungen! Dazu stehen wir hundertprozentig, aber das Thema ist nur, wie man dort hinkommt. Da gäbe es natürlich viele, viele Ansätze: EAG, Energieeffizienzgesetz – das alles wartet und ist nicht auf der Straße. Es wartet. Das Energieeffizienzgesetz, sage ich nur, ist im Dezember 2020 ausgelaufen und ist bis heute kein Thema. Wir reden jetzt davon, dass wir Heizkessel austauschen und Heizungen in den Häusern ändern, aber das Energieeffizienzgesetz ist nicht auf der Straße. Das ist das Problem, das wir angesprochen haben, und da gehen wir, Julia Herr und ich, komplett konform.
WURM: Herr Kollege, wenn ich das nur sagen darf: Das hat euch doch klar sein müssen, als ihr das Gesetz mitbeschlossen habt. Das hat ja Konsequenzen! Noch einmal: Genau das, was im Gesetz drinnen steht, wohin die Reise geht, haben wir jetzt.
SCHROLL: Das Gesetz ist nicht schlagend.
WURM: Dass das Auswirkungen auf die Preise und die Kosten hat, das hättet ihr euch vorher überlegen müssen. Ihr könnt euch nicht - -
SCHROLL: Das Gesetz ist nicht - -
WURM: Ja, aber dass das nicht vom Himmel fällt und gratis ist, das hätte euch klar sein müssen.
GROẞ: Gut. – Kommen wir wieder zu Herrn Thoman, den ich noch Folgendes fragen möchte: Ist aus Ihrer Sicht bei den Preissteigerungen, über die wir hier heute reden, eigentlich schon der Höhepunkt erreicht, oder ist da im kommenden Jahr noch mit gewaltigen Mehrkosten für die Haushalte zu rechnen?
THOMAN: Es ist unmöglich, solche Prognosen zu machen, das wäre sozusagen ein Blick in die Kristallkugel. Was man aber schon sagen kann oder worüber man nachdenken kann, ist, wie sich die Preise mittel- und langfristig entwickeln werden, und da sehe ich Folgendes: Also insgesamt setzen wir sehr stark auf Strom, weil das ein erneuerbarer Energieträger ist; auch als Arbeiterkammer unterstützt wir, dass man stärker auf Wärmepumpen setzt, auf Elektromobilität et cetera. Ich glaube, dass wir da in Zukunft aber etwas aufpassen müssen, weil mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – auch sehr positiv – jetzt zwar quasi die Finanzierung da ist, um erneuerbare Energie aus dem Strombereich zu fördern, wir haben aber noch diverse andere Probleme, vor allem rechtlicher Natur: dass wir mit den Genehmigungsverfahren rasch genug vorankommen, dass wir die Flächen schaffen können.So stottert der Motor noch ein bisschen, es fehlt uns noch ein bisschen der rasche Zubau an erneuerbarem Strom und wir laufen Gefahr, dass die Nachfrage nach erneuerbarem Strom stärker zunimmt. Gleichzeitig müssen wir – wie wir heute schon gehört haben – massiv in die Stromnetze investieren. Das heißt, es ist eigentlich schon so gut wie sicher, dass die Netzkosten für Strom in den nächsten Jahren steigen werden, damit wir die erneuerbare Energie integrieren können, damit wir Elektromobilität forcieren können. Das bedeutet, dass ich schon davon ausgehen würde, dass Strom in den nächsten Jahren relativ teurer wird, und das sehe ich schon als Problem, weil wir ja die Energiewende möchten. Das heißt, wir müssen schauen, dass Strom im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern günstig bleibt. Das ist auch eine Geschichte, zu der die Arbeiterkammer schon lange sagt: Ökostromförderung unbedingt aus dem Budget finanzieren, nicht als Aufschlag auf die Stromrechnung, wie es eben nach wie vor ist! Wir denken auch, dass man in Zukunft darüber nachdenken muss, dass erneuerbare Energie begünstigt wird, vielleicht auch in dem Sinne, dass man die Umsatzsteuer auf erneuerbaren Strom senkt. Was die Netzkosten betrifft, müssen wir schauen, dass wir eine breitere ZahlerInnenbasis bekommen. Jetzt profitieren die Energieunternehmen, die ja nach wie vor zu denselben Preisen Strom produzieren, von den hohen Strompreisen. Die müssen stärker an den Netzkosten beteiligt werden, damit wir uns das alles insgesamt als Volkswirtschaft, die Unternehmen, die privaten Haushalte, auch leisten können.
GROẞ: Ich möchte, obwohl wir jetzt schon wieder sehr weit von diesem Thema weg sind, noch einmal zum Thema Förderungen zurückkommen: Sind die Fördermaßnahmen Ihrer Ansicht nach ausreichend? Sind sie gut? Was braucht es da noch? Soziale Staffelung ist zum Beispiel etwas, was die Arbeiterkammer immer verlangt.
THOMAN: Ja, also ich finde, dass das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz grundsätzlich in die richtige Richtung geht. Es sind einige Maßnahmen drinnen, die auch schauen, dass es sozusagen sozial abgefedert wird. Es gibt Befreiungen für die GIS-befreiten Haushalte, das begrüßen wir sehr, dafür haben wir uns auch eingesetzt. Wie gesagt, noch lieber hätten wir die komplette Steuerfinanzierung gehabt, die ist nicht gekommen. Ich glaube aber, dass genug Geld da ist. Geld ist jetzt nicht mehr das Problem – es sind genug Mittel vorhanden, um die Richtung hin zu erneuerbaren Stromanlagen zu finanzieren –, sondern wir haben jetzt vor allem andere Probleme: Wir müssen schauen, dass die Flächen da sind, dass der Rechtsrahmen passt, dass die Netze ausgebaut werden. Es geht nicht mehr ums Geld, sondern es geht vor allem um rechtliche Fragen und auch darum, ob wir überhaupt genug Fachkräfte haben, denn das ist schon lang ein Problem. Es fehlt insbesondere an den Elektroinstallateuren, und in diesem Bereich müssen wir jetzt arbeiten, damit wir das alles überhaupt umsetzen können. Ich möchte aber behaupten, es fehlt momentan nicht am Geld.
GROẞ: Letzter Punkt vielleicht, das Beratungsangebot: Auch das ist immer wieder angesprochen worden, die Arbeiterkammer wurde da heute auch schon öfter als Vorbild hingestellt. Was braucht es da noch? Denn das ist natürlich eine Herausforderung für viele, das haben wir auch in dem Beitrag gesehen.
THOMAN: Was wir uns wünschen würden: Natürlich beraten wir unsere Mitglieder in den verschiedensten Fragen, aber wenn es um sehr spezifische Fragen geht, zum Beispiel: Welches Wärmesystem ist das richtige für mein Haus?, Welche Wärmedämmung ist am effizientesten?, Woher kriege ich die Förderung?, sind wir sozusagen auch etwas am Ende unserer Möglichkeiten. Es gibt ja bereits Energieberatung, unterschiedliche Konzepte in den unterschiedlichen Bundesländern, aber wir glauben, dass man auch das mit diesem Klima- und Energiefonds, den wir vorgeschlagen haben, stärker zusammenfassen sollte und dass es eine Anlaufstelle in den einzelnen Bundesländern geben sollte, immer die gleiche Anlaufstelle, wo man vollumfassend dazu beraten wird, was Energie betrifft, was für Maßnahmen man setzen kann, wo es die Förderungen gibt, et cetera. Da ist sicher noch viel zu tun, damit das Geld, das jetzt zur Verfügung gestellt wird, auch abgeholt werden kann.
GROẞ: Dann sage ich vielen herzlichen Dank, Herr Thoman – Danke, dass Sie bei uns waren! Ich möchte zur Schlussrunde kommen, und ich möchte Sie fragen, beginnend mit der Opposition: Was wäre denn aus Ihrer Sicht jetzt die wichtigste Maßnahme, die es umzusetzen gilt, um kurzfristig Linderung zu schaffen und Haushalten, die sehr unter Druck oder auch wirklich in Nöte gekommen sind, unter die Arme zu greifen? Beziehungsweise, was ist die wichtigste langfristige Initiative oder Maßnahme, die es zu setzen gilt? – Ich beginne bei Ihnen, Herr Wurm.
WURM: Also was man kurzfristig, glaube ich, machen kann, ist jetzt aktuell sicher entweder eine Halbierung der Mehrwertsteuer oder für einen gewissen Zeitraum eine Streichung der Mehrwertsteuer. Das ist, glaube ich, etwas, was jetzt kurzfristig Sinn macht. Da kann man auch noch diskutieren, ob man es jetzt quasi für eine gewisse Haushaltsgruppe macht, auch für Kleinunternehmer oder Kleinstunternehmer, wie weit man das ausdehnt, aber das wirkt schnell und hilft schnell. Das sehe ich jetzt als wichtigste kurzfristige Maßnahmen. Mittel- bis langfristig möchte ich noch einmal einfach darum bitten, dass man eine Energiepolitik mit Hausverstand macht und weder Betriebe noch Haushalte in der Schnelligkeit überfordert. Eines möchte ich schon noch anbringen, weil es ganz wichtig ist: Wir haben nicht über das Thema Blackout gesprochen, das sehr direkt mit dem Thema zusammenhängt. Genau dieses Problem haben wir: dass die Energienetze sehr volatil geworden sind. Das wird mit jedem Windrad und jedem Sonnenkollektor schwieriger. Dieses Thema ist früher so verschwörungstheoretisch gewesen, aber das ist, glaube ich, mittlerweile für alle jetzt sehr real, und das muss man auch mitberücksichtigen. Das heißt, auch das wird oder kann uns blühen, und deswegen werden wir auch gewisse Geschichten – was die Grünen nicht gern hören – brauchen: Man wird Gaskraftwerke brauchen, man wird auch Kraftwerke brauchen, die man schnell einschalten kann, denn wir haben nichts davon, wenn wir in Österreich vier Tage ohne Strom dasitzen. Auch dieses Thema wäre einmal eine eigene Diskussion wert, es ist ganz real.
GROẞ: Vielen Dank. – Frau Doppelbauer, kurzfristig und langfristig.
DOPPELBAUER: Kurzfristig würde ich wirklich vorschlagen, dass man über die Länder geht, Heizkostenzuschüsse dort erhöht, wo es wirklich notwendig ist, um sehr treffsicher zu arbeiten. Man könnte vielleicht auch über Gutscheine arbeiten. Langfristig – das habe ich auch schon erwähnt –, glaube ich, muss man sich die Netzinfrastrukturbetreiber sehr genau anschauen. Die Länder dürfen da nicht mehr in die Kasse greifen. Weil es auch ein paar Mal diskutiert worden ist und vielleicht auch noch ein neuer Punkt in der Diskussion wäre: Mir geht es schon auch darum, dass man beim Netzausbau endlich auch auf die Menschen zugeht. Ich bin mit einigen Bürgerinitiativen – 110-kV-Ausbau – sehr, sehr viel in Kontakt, die würden wahnsinnig gern ausbauen, die wollen neue Stromnetze, aber die wollen Erdkabel. Da bitte auch um Unterstützung, vor allem von den Regierungsparteien, denn ansonsten wird sich das mit den Erneuerbaren alles nicht ausgehen.
GROẞ: Danke. – Herr Schroll.
SCHROLL: Kurzfristig sind natürlich meine Forderungen jene, die ich schon einige Male eingebracht habe: Halbierung oder Aussetzen der Mehrwertsteuern für Strom und Gas, wie es auch andere EU-Länder bereits machen, einen Winterzuschuss, ein Sofortzuschuss von 300 Euro zumindest für einkommensschwache Haushalte. Ich glaube, dass im Topf des Finanzministers durch die Mehrkosten für den Strom genug drinnen ist. Ich plädiere nach wie vor für eine gesetzliche Regelungen gegen Abschaltungen von Strom und Wärme. Langfristig ist für mich ganz klar: Wir waren ziemlich genau vor einem Jahr – es war der 9. Dezember letzten Jahres – so in etwa in dieser Runde beisammen, und da haben wir über das EAG gesprochen. Da wurde gesagt: Im Jänner 2021 tritt es in Kraft. – Die Kollegin hat gesagt – ich kann mich genau erinnern –: Am Valentinstag, am 14. Februar, tritt es in Kraft. – Ich habe damals gesagt: Es wird Dezember 2021. – Das EAG ist noch nicht beschlossen, und deswegen, Kollege, stimmt das nicht, was du zuerst gesagt hast: dass es wegen dem EAG jetzt die Preisexplosionen für Strom gibt. Das stimmt nicht, weil das Gesetz nicht in Kraft und nicht umgesetzt ist. Meiner Meinung nach ist es ganz wichtig, das EWG – das Energieeffizienzgesetz – rasch zu beschließen und zur Umsetzung zu bringen.
GROẞ: Vielleicht nur zur Klärung gleich mit Ihnen, Herr Hammer: Das EAG, also das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, ist deshalb noch nicht in Kraft, weil Brüssel noch Einwände hatte. Sehe ich das richtig?
WURM: Aber beschlossen ist es.
HAMMER: Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist in Kraft. Die allermeisten Teile des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes sind in Kraft. Der Teil der Marktprämien, also der Betriebsförderungen, wird noch von der Europäischen Kommission geprüft. Da wird es eventuell Nachbesserungen brauchen, und dieser kleine Teil ist nicht in Kraft.
GROẞ: Okay. – Jetzt zur Abschlussfrage: Was ist die wichtigste Maßnahme über die hinaus, die wir ohnedies schon kennen und die die Regierung ja bereits umgesetzt hat – diese zwei Punkte –, was braucht es noch?
HAMMER: Ich glaube tatsächlich, dass wir mit den Energieversorgungsunternehmen und auch mit den Ländern noch in intensive Gespräche treten müssen, dass die auch ihre Verantwortung wahrnehmen. Kollege Thoman hat das schon angesprochen. Ich glaube, langfristig müssen wir uns aus diesem Würgegriff der fossilen Abhängigkeit befreien. Wir müssen sozusagen hinein in ein nachhaltiges und nachhaltig leistbares Energiesystem in einer sozialen Transformation. Ich glaube, wir haben auch die Maßnahmen dazu, die wir dazu brauchen, schon auf den Weg gebracht. Ich glaube, langfristig werden wir genau das brauchen, weil wir sonst alle fünf Jahre immer wieder dieselbe Diskussion haben werden: dass die Energiepreise schlagartig massiv ansteigen und die Leute betroffen sind. Aus dieser Preisfalle müssen wir sie befreien.
GROẞ: Frau Graf.
GRAF: Kurzfristig – kurzfristig, eigentlich langfristig –, kurzfristig, langfristig haben wir jetzt die richtigen Maßnahmen gesetzt. Das ist eben, für 2022 den Ökostromförderbeitrag auf null zu setzen, die CO2-Bepreisung zu verschieben, den Klimabonus doch vorzuziehen und doch auszubezahlen. Die ökosoziale Steuerreform, die jetzt auf dem Weg ist, ist eine langfristige Entlastung der Bürger und Bürgerinnen, die wir auch brauchen. Das ist ein guter Weg, den wir gehen. Was es natürlich auch braucht, und das haben Sie heute angesprochen, sind die Netze, und für die Netze brauchen wir die Akzeptanz der Bürger und Bürgerinnen, und auf die setze ich auch.
DOPPELBAUER: - - oder machen Sie Erdkabel?
GRAF: Salzburg hat Erdkabel im Landesgesetz drinnen für die 110er.
DOPPELBAUER: Ja, aber leider nur Salzburg.
GRAF: Also wir brauchen hier die Akzeptanz der Bürger und Bürgerinnen, dass wir eben auch die Erneuerbaren ausbauen können, gerade, da bin ich auch wieder beim Ausbau, was Widmungen und dergleichen betrifft. Wir brauchen aber auch, Sie haben es heute kurz angesprochen, effizientere Ausbauschnelligkeit sozusagen. Und um das Wort Energieeffizienz auch in den Mund zu nehmen – Alois Schroll hat das angesprochen –, da brauchen wir natürlich auch den Bürger und die Bürgerin, indem wir uns fragen: Wie gehen wir in Zukunft mit der Energie, die wir haben, bewusster um? Wie können wir selbst unseren Beitrag leisten, um selbst Energieeffizienzmaßnahmen zu setzen?
GROẞ: Dann sage ich Ihnen allen hier im Politik-am-Ring-Studio vielen herzlichen Dank für die lebendige Diskussion. Ich hoffe, Herr Thoman, wir waren nicht zu verwirrend beziehungsweise konnten vieles von der Verwirrung, die wir möglicherweise gestiftet haben, im Laufe dieser Sendung auch wieder auflösen. Jedenfalls sage ich Ihnen, meine Damen und Herren, vielen herzlichen Dank fürs Dabeisein, für Ihr Interesse und fürs Zuschauen. Im Namen des gesamten Teams darf ich Ihnen jetzt schon erholsame Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünschen. „Politik am Ring“ kommt dann am 17.1.2022 wieder. Bis dahin alles Gute!