Wie zukunftstauglich ist unser Pensionssystem?
Podcast: Politik am Ring #27 vom 15. Mai 2023
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Thema
Die Menschen in Österreich erreichen ein immer höheres Lebensalter. Jedes Jahr steigt der Anteil der Pensionistinnen und Pensionisten. 2070 wird fast ein Drittel der Bevölkerung in Pension sein. Gleichzeitig steigen staatliche Zuschüsse für die Pensionen.
Sind diese treffsicher und ist unser Rentensystem in der derzeitigen Form zukunftstauglich oder braucht es Reformen – und wenn ja, welche?
Teilnehmer:innen der Diskussion
Abgeordnete:
- Christoph Zarits (ÖVP)
- Josef Muchitsch (SPÖ)
- Rosa Ecker (FPÖ)
- Yannick Shetty (NEOS)
Eingeladene Fachleute:
- Dinah Djalinous-Glatz, Österreichischer Gewerkschaftsbund
- Winfried Pinggera, Pensionsversicherungsanstalt
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Transkript
Anmoderation: In dieser Folge von Politik am Ring, der Diskussionssendung des Parlaments, diskutiert Moderator Gerald Groß mit den Abgeordneten Christoph Zarits von der ÖVP, Josef Muchitsch von der SPÖ, Rosa Ecker von der FPÖ und Yannick Shetty von NEOS darüber, ob unser Pensionssystem zukunftstauglich ist oder ob es Reformen braucht und wenn ja, welche. Zu Gast sind die Pensionsexpertin der Arbeiterkammer, Dinah Djalinous-Glatz und der Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt, Winfried Pinggera. Das Gespräch haben wir am 15. Mai 2023 im Plenarium des Österreichischen Parlaments aufgezeichnet.
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Gerald GROẞ (Moderator): Einen schönen guten Abend und herzlich willkommen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie bei einer weiteren Ausgabe von „Politik am Ring“. Wie zukunftssicher ist unser Pensionssystem ? – Das ist die Frage, der wir heute in dieser Ausgabe von „Politik am Ring“ nachgehen. Jedes Jahr steigt ja der Anteil der Pensionistinnen und Pensionisten in unserem Land, und die Menschen in Österreich erreichen ein immer höheres Lebensalter. 2070, so die Prognose, wird fast ein Drittel der Bevölkerung in Pension sein. Gleichzeitig steigen natürlich die staatlichen Zuschüsse für die Pensionen. Wir wollen daher fragen, wie treffsicher diese sind und ob unser Rentensystem in der derzeitigen Form zukunftstauglich ist. Braucht es vielleicht Reformen – große Reformen oder Reförmchen? Und wenn ja: Welche sind das? Darüber reden wir heute mit folgenden Abgeordneten: Rosa Ecker, FPÖ – herzlich willkommen! –, Yannick Shetty, NEOS – ebenfalls herzlich willkommen! –, Christoph Zarits, ÖVP – herzlich willkommen! – und Josef Muchitsch, SPÖ – herzlich willkommen! Schön, dass Sie da sind. – Bedrana Ribo hätte hier heute die Grünen vertreten sollen. Sie ist leider kurzfristig erkrankt und kann daher nicht da sein, musste absagen. Wir wünschen ihr auf diesem Weg gute Besserung. Mit ihrer Expertise unterstützen uns heute dankenswerterweise Dinah Djalinous-Glatz vom Österreichischen Gewerkschaftsbund – herzlich willkommen! – und der Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt selbst, Winfried Pinggera – herzlich willkommen! Danke Ihnen allen, dass Sie sich Zeit genommen haben. Worüber reden wir? – Über das Pensionssystem in Österreich, das ein sogenanntes Umlagesystem ist. Was bedeutet das? – Die Erwerbstätigen bezahlen mit ihren Versicherungsbeiträgen die laufenden Pensionen und erwerben damit selbst gleich Ansprüche für die Zukunft. Das Problem dabei: Laut Prognose wird die Gruppe der 20- bis 65-Jährigen – also jener, die erwerbstätig sind –, bis 2060 dramatisch sinken. Das heißt, immer weniger Bürger im Erwerbsalter müssen die Leistungen der immer zahlreicheren älteren Menschen berappen.
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Es folgt eine Videoeinspielung:
Passant Eins: Es wird schwierig für die Jungen, wenn es jetzt schon so wenig sein wird.
Passant Zwei: Ich werde ein Haus erben, dann kann ich vielleicht vom Ersparten leben, aber vom Staat glaube ich nicht, dass ich etwas bekomme.
Passantin Eins: Ich werde sicher auch arbeiten bis 70, 75; damit wird auch meine Pension bis dahin steigen.
Sprecher: Dem Pensionssystem liegt ein Generationenvertrag zugrunde, nach dem die Jungen die alten Menschen versorgen. Politisch betrachtet ist dieser in Österreich noch recht intakt. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten hält Österreich an der gesetzlichen Pension als Fundament fest; betriebliche und private Altersvorsorge spielen eine sehr geringe Rolle. Viele sorgen sich, dass irgendwann nicht mehr genug Junge da sein könnten, um die Pension der alten Menschen zu bezahlen.
(Es wird ein Kurvendiagramm eingeblendet.)
Sprecherin: Für die nächsten 50 Jahre rechnet die Statistik Austria mit einem stetigen Bevölkerungswachstum. Lebten im Jahr 2001 rund 8 Millionen Menschen in Österreich, waren es bei der letzten Erhebung im Jahr 2021 schon fast 9 Millionen, bis 2070 sollen es gut 10 Millionen werden. Noch deutlich stärker steigt die Kurve der Zahl an Menschen im Pensionsalter an: Von rund 1,2 Millionen 2001 auf 1,7 Millionen im Jahr 2021. Mittlerweile sind 15,4 Prozent aller Menschen in Österreich im Rentenalter. 2070 werden dann fast 3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner das Pensionsalter erreicht haben, das sind 28,8 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Sprecher: Allein aus den Pensionsbeiträgen lässt sich das System jetzt schon nicht finanzieren. Um die Pensionen zu sichern, schießt der Bund Jahr für Jahr Geld zu.
Sprecherin: Seit dem Jahr 2000 hat sich dieser Bundeszuschuss mehr als verdoppelt. Waren es 2000 noch 4,89 Milliarden Euro, dürften es in diesem Jahr bereits 13,95 Milliarden werden. Bis 2070 wird sich nach Schätzungen der Alterssicherungskommission im Sozialministerium der Betrag fast verdreifacht haben – auf knapp 40 Milliarden Euro. Wenn man das Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, also zur gesamten Wirtschaftsleistung betrachtet, sieht man, dass im Jahr 2000 die staatlichen Zuschüsse zu den Pensionen 2,29 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgemacht haben; zurzeit sind es 3,1 Prozent, und bis 2060 steigen sie auf 5,6 Prozent; danach könnten sie wieder leicht sinken.
Sprecher: Um Geld zu sparen, legt die türkis-grüne Regierung ein Konzept vor, das 2020 beschlossen wurde, die sogenannte Aliquotierung: Nur wer im Jänner eines Jahres in Pension geht, bekommt die volle gesetzlich vorgeschriebene Inflationsanpassung; je später im Jahr, desto weniger Erhöhung. Auf eine ganze Pensionszeit gerechnet kann das einen Verlust von Tausenden bis Zehntausenden Euro für Pensionistinnen und Pensionisten ergeben, da die Erhöhung vom ersten Pensionseinkommen abhängt. Als Reaktion auf die hohe Inflation beschließen im März die Regierungsfraktionen, die Aliquotierung auszusetzen. Die SPÖ sieht die Aliquotierung aber insgesamt als vor allem den Frauen gegenüber gleichheitswidrig an und kündigt eine Klage beim Verfassungsgerichtshof an. Eine sichere Pension, von der man leben kann – das ist das Versprechen, das der Staat den Menschen in Österreich gibt. Doch wie lange kann das noch aufrechterhalten werden? Und wie können wir unser Pensionssystem sichern, damit auch die kommenden Generationen noch damit rechnen können?
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GROẞ: Genau um diese Frage geht es hier in unserer Diskussion im Plenarium, hoch über dem Sitzungssaal des Parlaments. Lassen Sie mich der ersten Runde mit den Abgeordneten ein Zitat voranstellen: „Das österreichische Pensionssystem zeichnet sich durch Sicherheit und Klarheit aus. Es gibt zwar immer wieder Adaptionsbedarfe, aber wir brauchen keine grundlegende Neuausrichtung.“ – Dieses Zitat stammt aus der Einleitung zum Kapitel „Pensionen“ im türkis-grünen Regierungsprogramm, und ich möchte mit Ihnen jetzt darüber diskutieren, ob Sie dem zustimmen oder nicht. Ich möchte bewusst mit Ihnen beginnen, Herr Abgeordneter Shetty von den NEOS, weil Sie ja der Jüngste sind und diese Generation repräsentieren, die sich – berechtigt oder nicht berechtigt – um die eigenen Pensionen Sorgen macht. Wir haben ja in diesem Beitrag auch einige Vertreterinnen und Vertreter dieser Generation gerade gehört. Herr Shetty, Sie, die NEOS, haben einen Pensionsgipfel gefordert. – Warum, wenn eh alles okay ist mit unserem Pensionssystem?
Yannick SHETTY (NEOS, Jugendsprecher): Na ja, wir haben ja nicht gesagt, dass alles okay ist. Sagen tut das die Regierung. Es ist insofern auch ganz treffend, dass ich hier als Erster zu Wort komme, weil die Position meiner Partei, der NEOS, im Widerspruch steht zu dem, was alle anderen Parteien sagen – das ist in Österreich so Tradition, das wurde auch im Einspieler gesagt –: Das greifen wir nicht an, weil wir – das wurde nicht dazugesagt – ein bisschen Angst davor haben, was das dann bei den nächsten Wahlen bedeuten kann, weil aus dieser demografischen Entwicklung die logische Konsequenz ja auch ist, dass Pensionistinnen und Pensionisten eine der größten oder die größte Wählergruppe bei Wahlen sind und man da natürlich bei allen anderen Parteien sehr bedacht damit umgeht, um es einmal diplomatisch zu formulieren. Ich glaube – und das ist ja auch im Beitrag, finde ich, sehr schön herausgekommen –, das österreichische Pensionssystem beruht auf einem Generationenvertrag, der längst aufgekündigt wurde, auf einem Vertrag, der voraussetzt, dass es viele Beitragszahler:innen gibt und – so war eben damals die Pyramide gestaltet – einige wenige eine Pension daraus bekommen. Diese Pyramide hat sich aber umgekehrt: Immer weniger junge Menschen zahlen die Pensionen von immer mehr älteren Menschen. – Das hat überhaupt nichts mit einem Ausspielen von Jung gegen Alt zu tun, wie das manche immer wieder vorhalten, sondern schlicht und einfach mit der Tatsache – wie das auch zahlreiche anerkannte Pensionsexpertinnen und Pensionsexperten sagen, Ökonominnen und Ökonomen ganz einfach vorrechnen –, dass sich das mit dieser Pyramide, die am Kopf steht, nicht ausgehen wird. Deswegen fordern wir eine grundlegende Neuaufstellung des Pensionssystems. Wir vergönnen – das möchte ich schon auch dazusagen – jeder Pensionistin und jedem Pensionisten eine gute Pension. Wer jahrelang in das System eingezahlt hat, verdient auch, danach etwas Gescheites rauszubekommen. Ich glaube aber auch, dass sehr viele Bezieherinnen und Bezieher von Pensionen aktuell auch sehen, dass für ihre Kinder und Enkelkinder ja auch etwas rauskommen soll bei diesem System – und das ist aktuell gar nicht gewährleistet. Dieses System in dieser Form droht gegen die Wand zu fahren. Das darf nicht im Interesse von uns Abgeordneten sein, die ja zum Wohle des Landes arbeiten sollten.
GROẞ: Vielen herzlichen Dank. Herr Muchitsch, ich setze gleich mit Ihnen fort. Der Generationenvertrag, hat Herr Shetty gesagt, ist längst aufgekündigt. Ist da nicht tatsächlich etwas dran, wenn sich diese Pyramide einfach umgekehrt hat? Schauen wir da bewusst einfach weg? Und fährt das System wirklich gegen die Wand, wie es gerade geheißen hat?
Josef MUCHITSCH (SPÖ, Sozialsprecher): Ich glaube, wir schauen nicht bewusst weg, sondern in den letzten Jahren und Jahrzehnten wurde ja immer wieder an gewissen Schrauben gedreht. Und Fakt ist: Wenn man sich den Ageing Report der Europäischen Kommission anschaut, wie die Entwicklung bis 2070 ist, dann ist das nicht die Frage, ob das weiterhin tragbar oder leistbar ist, sondern man wird an weiteren Schrauben drehen müssen, um es finanzierbar zu halten. Dazu gibt es genug Möglichkeiten. Fakt ist aber: Dieses Pensionssystem in der jetzigen Form ist aus meiner Sicht in einigen Bereichen nicht gerecht. In der Einspielung ist das Thema Pensionsanpassung gefallen, die Aliquotierung – ja, also da gibt es schon einiges, was nicht fair und nicht gerecht ist. Fakt ist, wir als Sozialdemokratie sind sehr stolz, in einem Land leben zu dürfen und hier in den letzten Jahrzehnten ein Pensionssystem mit aufgebaut zu haben, mit dem wir im internationalen Vergleich unter den top drei in Europa sind. Auch die Regierungsparteien haben das, glaube ich, im letzten Sozialausschuss gewürdigt. Darauf können wir ruhig ein bisschen stolz sein, dass wir so ein Pensionssystem haben, und das will ich mir nicht schlechtreden lassen. Ja, dort, wo Handlungsbedarf ist – sehr gerne. Aber diese Debatte, ob das jetzt leistbar ist und zukunftsfähig ist? – Ich meine, es gibt Plakate aus den 1960er-Jahren, es gibt Plakate aus den 1970er-Jahren; mein Vater war Bauarbeiter und hat in den 1980er-Jahren zu mir gesagt – ich war damals 14 Jahre alt –: Ich werde keine Pension mehr haben, ich bin Bauarbeiter, Alleinverdiener. – Er hat einen schweren Verkehrsunfall gehabt, ist dann in die Invaliditätspension gekommen, er hat auch eine Pension gehabt. Das hören wir eigentlich in gewissen Abständen immer wieder, dass das nicht finanzierbar ist, aber ich sage: Das staatliche Pensionssystem ist die sicherste Säule – und diese sicherste Säule müssen wir hegen und pflegen und auch instand halten, weil diese staatliche Säule der Garant für sichere Pensionen ist. Alles andere – mehr privat, weniger Staat –, das haben wir in den letzten Jahren, in den letzten Jahrzehnten gesehen, ist zum Scheitern verurteilt, wobei dann die Menschen übrig bleiben.
GROẞ: Vielen Dank. Es ist jetzt auch schon einiges an Details angesprochen worden. Auf das eine oder andere werden wir mit Sicherheit noch einmal zurückkommen – auf diese Säulen, die Sie jetzt angesprochen haben: die staatliche Vorsorge als die Grundsäule, aber dann natürlich auch die betriebliche Vorsorge beziehungsweise die private Vorsorge. Wie stark diese Säulen dann ausgeprägt sein sollen, ist natürlich eine politische Frage; dazu werden wir Ihre Einschätzungen noch hören. Sie haben die Aliquotierung angesprochen. Ich glaube, das ist nicht allen ganz klar, worum es da geht. Wollen wir gleich darüber sprechen oder sollen wir uns das auch noch aufheben? – Bei der Aliquotierung geht es einfach um die erste Pensionserhöhung, wobei es ursprünglich ja so war, dass man quasi nur dann, wenn man im Jänner in Pension gegangen ist, die volle Pensionserhöhung bekommen hat, und je nachdem, wann man dann in Pension gegangen ist, entsprechend weniger. Ging man zum Beispiel im Sommer, hat man nur mehr die Hälfte bekommen. Da sagt die SPÖ, das ist ungerecht, und sie ist ja deswegen jetzt auch zum Verfassungsgerichtshof gegangen, glaube ich – das ist so, oder? (Abg. MUCHITSCH: Ja!) –, weil man gesagt hat, das trifft in erster Linie die Frauen (Abg. MUCHITSCH: Ja!), weil ja durch die Anhebung des Pensionsalters Frauen sozusagen jetzt immer erst mit Sommer in Pension gehen, quasi, oder halt zur Jahreshälfte und daher dann um einen Teil dieser Erhöhung umfallen. Das klingt komplizierter, als es eigentlich in Wirklichkeit ist, wurde aber jetzt ohnedies von der Regierung für zwei Jahre ausgesetzt. Warum machen Sie in dieser Sache trotzdem so einen Druck?
MUCHITSCH: Na ja, da fallen ja zwei Bereiche zusammen: einerseits die Harmonisierung bei der Alterspension der Frauen, die in Etappen angepasst wird an die der Männer – das heißt, die Frauen können überwiegend erst im zweiten Halbjahr in Pension gehen –, und parallel dazu gibt es eine Rekordteuerung, bei der natürlich eine Pensionsanpassung – im Volksmund: Pensionserhöhung – sehr wichtig ist. Wenn es jetzt eine Aliquotierung der Pensionsanpassung, wie von der Regierung beschlossen, gibt, die besagt: Wenn du im Jänner in Pension gehst, kriegst du die volle Pensionsanpassung, gehst du im November, kriegst du keine mehr – also jeden Monat 10 Prozent weniger Pensionserhöhung –, dann ist das einfach ungerecht und unsozial. Und ja, die Regierung hat eingelenkt und für die Jahre 2023 und 2024 bei den rund 100 000 Pensionsneuzugängen diese Aliquotierung ausgesetzt, aber sie ist nicht abgeschafft. Was ist nach 2025? Und vor allem: Was ist mit den Pensionsneuzugängen von 2022, als wir auch schon eine Rekordteuerung spüren mussten und die Regierung nichts im Kampf gegen die Teuerung unternommen hat? Die sind komplett ausgenommen von dieser Ausnahme. Deswegen werden wir morgen gemeinsam mit den Abgeordneten der FPÖ diese Verfassungsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einbringen, unterschrieben mit 69 Unterschriften der beiden Parlamentsklubs. Und ja, und wir sind, glaube ich, sehr gut beraten und vorbereitet auf diese Beschwerde, und ich hoffe, dass es hier Gerechtigkeit gibt und der Verwaltungsgerichtshof dementsprechend Entscheidungen trifft.
GROẞ: Vielen Dank dafür. Ich wollte das gerade eben auch ansprechen, dass es da eine Achse zwischen SPÖ und FPÖ gibt, was diese Abschaffung oder den Wunsch nach Abschaffung betrifft. Ich möchte Sie, Frau Ecker, fragen und Sie bitten, vielleicht wieder zum ursprünglichen Thema zurückzukommen, nämlich: Muchitsch hat gesagt, es ist schon in der Vergangenheit an vielen Schräubchen gedreht worden, und das wird man auch in Zukunft machen müssen. Wird es aus Ihrer Sicht auch reichen, nur an Schräubchen zu drehen, oder muss man an großen Schrauben drehen?
Rosa ECKER (FPÖ, Sozialsprecherin): Es wird so sein müssen, dass man an Schrauben drehen muss. Die Frage ist, wie lange man wartet – denn dann wird die Umdrehung größer und schwerer sein müssen, als wenn man sukzessive anpasst. Ich finde es auch sehr bedenklich, dass man immer die Sicherheit der Pensionen infrage stellt, denn wir verunsichern die Jugend und die mittlere Generation, von der wir jetzt schon oft hören: Wozu gehe ich arbeiten? Ich kann mir kein Eigenheim mehr schaffen, ich kann mir keine Wohnung mehr kaufen! – Dies nicht nur aufgrund der Teuerung, sondern grundsätzlich auch aufgrund der Einkommenssituation. Und wenn diese jungen Menschen jetzt befürchten oder verinnerlichen: Ich kriege eh keine Pension mehr!, dann funktioniert unser Generationenvertrag mit Sicherheit nicht mehr. Es ist aber unsere gesellschaftliche Aufgabe und unsere politische Aufgabe, sicherzustellen, dass jene Menschen, die ins System eingezahlt haben, die bei uns etwas geleistet haben, am Ende des Tages auch eine Pension erhalten, von der sie leben können. Das ist jetzt schon bei den Frauen zum großen Teil nicht der Fall. Wir sehen, dass zwei Drittel der Ausgleichszulagenbezieher Frauen sind, das heißt Ausgleichszulagenbezieherinnen. Ich bezweifle auch, dass wir das mit dem Frühstarterbonus, der jetzt bezahlt wird, in den Griff kriegen, weil Frauen mehr denn je eine gute Ausbildung genießen und diesen wahrscheinlich nicht ausreichend lukrieren können. Wir sehen auch, dass Frauen es nicht schaffen, bis zur Pension im Arbeitsprozess zu bleiben. Sie sind mehr krank, sie sind länger krank. Ganz, ganz viele Frauen gehen aus der Arbeitslosigkeit oder aus der Nichterwerbstätigkeit heraus in Pension. Es gibt aber einige Faktoren, bei denen man ansetzen kann. Eine der Tatsachen ist, dass wir im Land arbeitsfähige Menschen haben, die nicht alle erwerbstätig sind, und ich glaube, dass man einfach da auch anfangen muss – nicht mit der Diskussion, Teilzeit zu bestrafen, sondern damit, grundsätzlich Arbeit auch positiv zu bewerten. Und: Am Ende des Lohnzettels muss auch eine Summe stehen, die dem angemessen ist, was ich leiste. Wir sehen aber, dass da ein ganz großer Balken mit Steuern und Abgaben ist. Ich glaube, dass da einer der größten Punkte ist, bei denen man ansetzen kann, also: mehr Leute in Erwerbstätigkeit zu bringen, mehr Leute gesund in die Pension zu bringen - ‑
GROẞ: Heißt „mehr Leute“ grundsätzlich mehr Leute oder speziell mehr Frauen, denn das ist ja auch immer ein Thema, das - ‑
ECKER: Grundsätzlich mehr Leute, denn wir haben viele arbeitsfähige Menschen im Land, die nicht erwerbstätig sind, das heißt, die nichts ins Pensionssystem einbezahlen – auch nichts ins andere Steuersystem, aber, weil wir heute von Pensionen reden, natürlich nichts ins Pensionssystem. Und: Wir müssen schauen, dass die Menschen länger gesund sind. Das wirkt sich auch sehr auf unser Pensionssystem aus, aber auch auf das Gesundheitssystem.
GROẞ: Vielen Dank. Herr Zarits, Sie müssen heute allein quasi die Position der Regierung vertreten. – Bitte sehr.
Christoph ZARITS (ÖVP, Abgeordneter): Also ich kann der ersten Aussage von Kollegen Muchitsch – dass wir in Österreich ein Pensionssystem haben, um das uns viele andere Staaten in Europa beneiden – viel abgewinnen. Die ÖVP ist ja seit Jahrzehnten in der Bundesregierung und trägt auch Verantwortung für dieses Pensionssystem. Und ich glaube – ich bin Jahrgang 1980 –, gerade die Generation meiner Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, die dieses Land durch Fleiß aufgebaut haben – und den Wohlstand, den wir, meine Generation, jetzt genießen dürfen, aufgebaut haben –, muss sich im Alter natürlich auch auf den Staat verlassen können. Das sind wir ihnen schuldig, und das garantieren wir ihnen auch – darum stehe ich auch zum staatlichen Pensionssystem. Es sind jetzt sehr, sehr viele Dinge aufgeworfen worden beziehungsweise auch vermischt worden. Die Aliquotierung ist eben ein Konzept beziehungsweise ein System der Bundesregierung, um eben Maßnahmen zu setzen, tagtäglich Maßnahmen zu setzen, um das Pensionssystem zukunftsfit zu machen. Auf der einen Seite wird von uns verlangt, Maßnahmen zu setzen, um das System zukunftsfit zu gestalten, und auf der anderen Seite wird man dann kritisiert. Der Standort bestimmt auch den Standpunkt, denn ich kann mich auch noch an sozialdemokratische Bundeskanzler erinnern, unter denen es im ersten Jahr der Pension überhaupt keine Pensionserhöhung gegeben hat. Wir haben uns jetzt darauf geeinigt, dass wir eben aliquotieren, sprich, wir haben jetzt auch für das Jahr 2022 einen Sockel mit 2,9 Prozent eingezogen. Das heißt, das garantiert jedem, der im Jahr 2022 in Pension gegangen ist, eine Pensionserhöhung im Jahr 2023 von 2,9 Prozent. Weil auch die Frauen angesprochen wurden: Wir haben beispielsweise auch vor zwei Jahren den Frühstarterbonus eingeführt. Es war ja so, dass beispielsweise die Langzeitversichertenregelung ein reines „Männerprogramm“ – unter Anführungszeichen – war, und mit dem Frühstarterbonus haben wir es geschafft, dass wir auch die Frauenpensionen dementsprechend erhöhen, um einen Betrag von monatlich 60 Euro.
GROẞ: Der Frühstarterbonus betrifft die Zeiten bis zum 20. Lebensjahr, also alles von 15 bis 20.
ZARITS: Vom 15. Bis zum 20. Lebensjahr, 1 Euro pro Monat, und das würde bedeuten, 60 Euro pro Monat Maximalbetrag; und wir haben gesehen, dass das sehr, sehr viele Frauen natürlich auch in Anspruch nehmen, wenn sie in Pension gehen.
GROẞ: Das ist ja im Grunde der Ersatz oder gewissermaßen die Neuauflage der Hacklerregelung.
ZARITS: Es war ja so, dass die Hacklerregelung schon seit Jahrzehnten sehr, sehr intensiv diskutiert wurde. Ich habe die Gelegenheit gehabt, mit Kollegen Muchitsch schon sehr, sehr intensiv darüber zu diskutieren, auch im Plenum. Es war so, dass die Hacklerregelung im Jahr 2000 mit einer Ausschleifregelung eingeführt wurde. Es war die Idee und der Wunsch von Wolfgang Schüssel, dass man eben nach 45 Beitragsjahren, mit 62 Jahren, vor dem Regelpensionsalter in Pension gehen kann. Es war natürlich so, dass das mit Abschlägen verbunden war; dann wurden natürlich vor jeder Wahl, vor jeder großen Nationalratswahl – da wird mir Kollege Muchitsch recht geben – die Abschläge der Hacklerregelung dementsprechend wieder abgeschafft, die Abschlagsfreiheit wieder eingeführt. Es hat im Jahr 2010 dann einen großen Wurf von Sozialminister Rudi Hundstorfer gemeinsam mit unserem Sozialsprecher August Wöginger gegeben, dass wir die Abschläge wieder eingeführt haben, eben um das Pensionssystem fit zu machen. Es ist so, dass ein Jahrgang in dieser Pensionsart um - - 20 Jahre Pension beispielsweise, jetzt ungefähr. Das würde bedeuten: 1 Milliarde für einen Jahrgang. Und wir haben gesagt, wir wollen die Hacklerregelung – die Leute sollen mit 62 Jahren mit 450 Beitragsmonaten auch in Pension gehen können, aber natürlich mit Abschlägen, damit das Ganze auch zukunftsfit bleibt –, und haben dann auch den Frühstarterbonus eingeführt. Warum haben wir den Frühstarterbonus eingeführt? – Weil wir gesagt haben, dass sich frühes Arbeiten vom 15. bis zum 20. Lebensjahr auch lohnen soll und so auch viele Frauen in den Genuss dieses Frühstarterbonus kommen. Die waren vorher in der Hacklerregelung nicht berücksichtigt.
GROẞ: Vielen Dank. Jetzt ganz kurz: Es hat sich Abgeordneter Shetty gemeldet – eine kurze Erwiderung, Ergänzung.
SHETTY: Ja, weil mich das schon ein bisschen unrund macht. Wenn man da so zuhört, hat man das Gefühl: Alles eitel Wonne, man muss nichts ändern. Und da frage ich mich: Warum haben wir überhaupt diese Sendung, bei der die Fragestellung ist, ob dieses Pensionssystem überhaupt noch sicher ist? Und wenn man das dann kritisiert, wird davon gesprochen, das sei Verunsicherung. Wissen Sie, wann das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz beschlossen wurde? – 1956. Und was damals das Pensionsantrittsalter war? – Das hat sich bis zum heutigen Tag nicht verändert. (ZARITS: Stimmt nicht!) – Ja, Sie wissen genau, auf was ich hinauswill: dass es sich nicht grundlegend verändert hat. (GROẞ: Das faktische!) – Ja, das faktische. Aber was hat sich bei der Lebenserwartung verändert? – Die ist deutlich nach oben gegangen, zwischen sechs und acht Jahren bei Frauen und Männern. Und ich glaube, da braucht man - - Ich glaube, die Menschen haben diesen Hausverstand, deswegen haben sie auch diese Verunsicherung, zu sehen: Das geht sich nicht aus! Gleichzeitig immer weniger junge Menschen, eine immer älter werdende Gesellschaft – das wird sich nicht ausgehen! Und deswegen sehe ich das nicht ein, warum man den Menschen Sand in die Augen streut. Ich habe letztens nach einer Parlamentssitzung mit einem Kollegen der ÖVP gesprochen, mit einem jüngeren Abgeordneten. Gerade die ÖVP hat ja vor ungefähr zehn Jahren – oder man muss gar nicht so weit zurückblicken, Sebastian Kurz – das Gegenteil von dem gesagt, was Sie hier heute sagen, das heißt, sie ist für eine grundlegende Neuaufstellung des Pensionssystems eingestanden; und darüber haben wir gesprochen: Ich verstehe das nicht, warum geht ihr von dieser Position ab? – Dann ist die Antwort – und die hört man sehr oft –: Na weißt eh, bei den Wahlen, die vielen Pensionisten, das kann man nicht erklären! Das halte ich für unehrliche Politik. Das finde ich nicht ehrlich, das finde ich nicht seriös, weil ich schon der Überzeugung bin, dass gute Politik nicht immer nur das Populistische machen sollte, sondern manchmal muss man einfach auch das Richtige machen und danach dafür sorgen, dass es populär wird. Ich habe das Gefühl, in Österreich ist es oft umgekehrt – das hat man hier heute auch gesehen –, aus Angst vor anstehenden Wahlen, aus Angst davor, kompliziertere Entscheidungen erklären zu müssen. Aber ich glaube, genau das macht gute Politik aus.
GROẞ: Auf diese grundlegende Neuaufstellung des Pensionssystems, von der Sie sprechen, würde ich gerne später noch zurückkommen, nämlich auch, wie Sie sich das konkret vorstellen. Ich möchte aber an diesem Punkt Frau Djalinous-Glatz und Herrn Pinggera in die Diskussion hereinholen. – Sie, Frau Djalinous-Glatz, sind beim Österreichischen Gewerkschaftsbund Referatsleiterin für Sozialversicherungspolitik, und Sie, Herr Dr. Pinggera, sind Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt, seit Mai 2009. Auch die Politik ist Ihnen nicht ganz fremd: Als Mitarbeiter im Kabinett von Wolfgang Schüssel waren Sie von 2000 bis 2006 für das Thema Pensionsangelegenheiten – unter anderem; auch für Gesundheitswesen und allgemeine Sozialpolitik – verantwortlich. Die Frage jetzt an Sie: Wie schätzen Sie die Situation ein? Braucht es eine grundlegende Neuaufstellung, wie Herr Shetty sagt, oder ist eigentlich eh alles sozusagen grundsätzlich ganz okay, man muss halt nur von Zeit zu Zeit Adaptierungen vornehmen. – Bitte.
Dinah DJALINOUS-GLATZ (Österreichischer Gewerkschaftsbund): Also eine grundlegende Neuaufstellung unseres Pensionssystems, glaube ich, brauchen wir nicht, das zeigen uns zum Beispiel die Zahlen aus dem EU-Ageing-Report. Die EU-Kommission macht alle drei Jahre einen Bericht: Wie entwickeln sich die Ausgaben jeweils eines Staates für die gesetzliche Pensionsversicherung – das sind die Pensionen der Selbstständigen, der Bauern, der Arbeitnehmer –, aber gleichzeitig, wie entwickeln sich die Ausgaben der Beamtenversorgung?, und da zeigt uns der EU-Ageing-Report, dass die Ausgaben steigen werden, von 13,8 Prozent auf 14,3 Prozent. Da werden einfach beide Systeme zusammen angeschaut, was auch sinnvoll ist, denn das Entscheidende ist ja: Was gibt ein Staat insgesamt für die Altersversorgung aus. Wir haben in Österreich auch die Alterssicherungskommission. Da gibt es zwei Gutachten: Wie entwickeln sich die Ausgaben langfristig, und zwar wiederum für die gesetzliche Pensionsversicherung, und wie entwickeln sich die Ausgaben für die Beamtenversorgung? Wenn man sich diese beiden Berichte anschaut und sie addiert, dann sieht man, die Ausgaben an Bundesmitteln steigen von jetzt 5,3 Prozent auf 5,8 Prozent im Jahr 2070. Da gibt es auch einen Hintergrund, warum die Ausgaben nicht so stark steigen, wie das allgemein gesagt wird, nämlich weil es Reformen gegeben hat: Im Jahr 2004 wurde das Pensionsharmonisierungsgesetz beschlossen, und da wurde beschlossen, dass die Bundesbeamten, die ab 1955 geboren sind, schrittweise ins allgemeine Pensionssystem reinwachsen. Also je jünger man als Beamter ist, desto größer ist der Anteil der Pension am allgemeinen Pensionskonto.
GROẞ: Dazu muss man ja auch sagen, dass die Beamten vergleichsweise hohe Pensionen haben und dass das natürlich viel spart, wenn das einmal angeglichen ist.
DJALINOUS-GLATZ: Ja, einerseits. Es gibt aber noch einen zweiten Grund: Faktisch wird sowohl beim Bund als auch bei den Ländern, bei den Gemeinden viel weniger pragmatisiert als früher. Die Menschen, die diese Arbeit jetzt verrichten, sind Vertragsbedienstete, und diese unterliegen dem ganz normalen Pensionskonto. Es gibt also einen Hintergrund, warum die Ausgaben in Österreich nicht so exorbitant steigen, wie allgemein vermittelt wird, und allgemein, glaube ich, haben wir ein gutes Pensionssystem. Wenn man zum Beispiel mit Deutschland vergleicht, sieht man: Leute, die 2018 ins Berufsleben einsteigen, haben in Deutschland von der Deutschen Rentenversicherung nur ungefähr die Hälfte des Niveaus von Österreich zu erwarten. Aber natürlich braucht man immer wieder Reformen und Anpassungen. Wie schon angesprochen wurde: Die Frauenpensionen sind bei uns beträchtlich niedriger als im EU-Durchschnitt.
GROẞ: Genau. Darauf möchte ich dann auch noch explizit zurückkommen, aber nur, damit wir versuchen, die Dinge ein bisschen auseinanderzuhalten und einmal beim Kernproblem bleiben: Herr Pinggera, ich möchte trotzdem noch einmal auf diesen Gap zurückkommen, der sich da irgendwie auftut. Wenn die Erwerbsbevölkerung weniger einzahlt, als den Pensionisten ausgezahlt wird – und das ist ja ein Faktum –, dann heißt das, dass unterm Strich das heimische Pensionssystem logischerweise von hohen Zuschüssen aus dem Steuertopf lebt. Das ist eben dieser Bundeszuschuss. Jetzt sprechen viele ja vom sogenannten Pensionsloch. Das lag zuletzt bei 24 Milliarden Euro, Tendenz steigend, denn während eben der Anteil der Pensionisten an der Bevölkerung zunimmt, schrumpft die arbeitende Bevölkerung relativ zu den Zahlungsempfängern. Und auch wenn man jetzt in Rechnung stellt, was Sie angesprochen haben, nämlich dass der Staat sich da in Zukunft einiges spart, fragt man sich trotzdem: Wie lange kann das gut gehen, und kann das gut gehen?
Winfried PINGGERA (Pensionsversicherungsanstalt): Ich glaube, wir müssen zwei Dinge auseinanderhalten. Ich glaube, man kann eine gewisse Entwarnung geben, was das System betrifft, den systemischen Zugang, zu sagen: Okay, ich spiegle in deiner Pensionsleistung das wieder, was du im Erwerbsleben getan hast! – Das, glaube ich, ist ein sicheres, gutes und über viele Reformen getragenes System. Wir dürfen ja nicht vergessen, das ASVG – Sie haben es gesagt: 1956 – hat 387 Novellen hinter sich. Es gibt also seither 387 Bundesgesetzblätter, nicht alle zur Pension, da ist ja auch die Krankenversorgung drinnen, aber da gibt es permanent ganz viele kleine und es gab dann auch die größeren Dinge: 1997, 2000, 2003, 2004. Worauf wir aber natürlich schon ein sehr ernstes Auge haben müssen, ist: Wir sollten uns erstens einmal nicht immer mit den anderen Ländern in Europa messen, denn das sind andere Systeme. Dass die Deutschen weniger Pension haben – ja; in Österreich braucht man mindestens 180 Monate Versicherung, in Deutschland braucht man ein Drittel davon. Damit gibt es dort natürlich ganz viele Kleinpensionen, und wenn man dann den Durchschnitt errechnet, hat man dort viel niedrigere Pensionen. – Wir müssen immer sehr vorsichtig beim Vergleichen sein. Und wir müssen auch fragen: Wie schaut der Weg in unmittelbarer Zukunft aus? Nicht: Wie schaut das Jahr 2070 aus – natürlich immer beruhigend: OECD, 2070 ist alles wieder gut –, sondern wie schaut der Weg dorthin aus und welche Aufgaben haben wir als Staatsganzes vorher? Wir gehen heute hierher und diskutieren Pensionen. Wir könnten aber genauso hier sitzen und sagen, wir diskutieren CO2 und Umwelt; wir könnten hier sitzen und sagen, wir diskutieren Bildung und Wissenschaft; wir könnten hier sitzen zu Infrastruktur und öffentlichem Verkehr – wir haben ganz, ganz viele Aufgaben in den nächsten fünf, zehn, 15 Jahren zu erledigen, um in einem weltweit kompetitiven System in Österreich, in Europa unsere Lebensform abzusichern. Und da ist die Frage: Wie viel sind wir dann bereit, in Pensionen zusätzlich hineinzuschütten? Kann wir uns dann leisten, in den nächsten drei, fünf, sieben Jahren das Dreifache an staatlichen Zuschüssen hineinzuschütten, dessen, was wir derzeit tun? Wenn diese Entscheidung heißt: Ja, wir wollen alles ins Pensionssystem geben!, bin ich der Erste, der sich darüber freut, denn dann habe ich am wenigsten Probleme. Aber irgendwann muss man dann sagen: Ja, und dann gibt es halt keine Infrastruktur, keine Wissenschaft, keine CO2-Reduktion, und dann werden wir das Klimaziel auch nicht erreichen! – Das ist dann auch die Folge, das muss man nur ehrlicherweise auch sagen. Das heißt, in der Gesamtheitlichkeit – und da beneide ich keinen der Politiker, ich sage das ganz offen – tun wir als Fachleute uns ganz leicht. Wir weisen darauf hin und sagen dann: So, und jetzt macht einmal! Also die Problematik ist eine sehr, sehr viel stärker verzahnte. Ich glaube: Ja, wir müssen etwas tun, aber nicht systematisch, sondern einfach vorsichtig mit dem System umgehen, keine kurzfristigen Entscheidungen. Irgendjemand hat einmal gesagt: Zeiten vor Wahlen sind Zeiten des fokussierten Unsinns. Wenn wir vor den Wahlen immer sagen: Jetzt tun wir alles! – und da nehme ich jetzt keine Partei aus, da tue ich mir jetzt als Fachmann und Nichtpolitiker leicht –, wenn wir dann immer sagen: Ja, und jetzt machen wir das noch abschlagsfrei, dort tun wir noch ein paar Prozente drauf und dort machen wir noch eine Sonderregelung, weil ...! - - Ja, wenn ich ein System für alle habe– in meinem Fall sind es vier Millionen Aktive, zwei Millionen Pensionisten –, werde ich einzelne Härtefälle haben. Die Frage ist nur: Wie gehen wir mit Härtefällen um? Das sind lauter so Themen, die wir heute – Gott sei Dank haben wir noch eine lange Diskussionsrunde vor uns – diskutieren können: Wie wollen wir das wirklich machen? Immer über generelle Normen, wobei wir dann sehr viel Streuverluste haben, oder leisten wir uns eine wirklich sachliche Diskussion darüber, was wir mit kleinen Gruppen, Einzelfällen tun? Ich glaube: grundlegende Reform, nein; Anpassung, ja, dringend.
GROẞ: Genau. Da möchte ich noch kurz einhaken, weil Sie vorhin eben auch gesagt haben, man wird etwas tun müssen: Was konkret? Wo, glauben Sie, muss man am ehesten was tun?
PINGGERA: Sie haben im Endeffekt drei Handlungsoptionen. Die eine ist die Beitragshöhe, die zweite ist das Antrittsalter und die dritte ist die Pensionshöhe. Wir machen lustigerweise regelmäßig Umfragen bei unseren Versicherten und fragen: Was hättet ihr denn gerne, wenn das System den Bundeszuschuss nicht mehr aufbringen kann? Sehr viele – fast die Hälfte – sagen: Na ja, dann höhere Beiträge!, was natürlich auch wieder heißt: weniger Netto vom Brutto. Und ganz, ganz viele sagen: Na dann lieber länger arbeiten! Ganz wenige, nicht einmal 10 Prozent, sagen: Weniger Pension! Darum glaube ich auch, dass unsere wirkliche Herausforderung beziehungsweise die Herausforderung für die Politik jetzt sein wird, den Leuten zu sagen: Ja, okay, wie bringen wir die Leute dazu, ohne großen Zwang länger zu arbeiten? Wir hätten ja jetzt auch schon 65 und sind irgendwo bei 60, je nachdem, wie man rechnet. Je nachdem, wie freundlich wir rechnen, sind wir zwischen 60 und 61 – da können wir jetzt lang über die Herangehensweise streiten. Da gäbe es ganz, ganz viele Möglichkeiten, etwas zu tun, auch jenseits des Gesetzes. Kollegin Djalinous und ich haben schon öfters diese Fragen diskutiert: Wie gehen wir mit Zuschlägen um, wie gehen wir mit der Frage der Erwerbstätigkeit neben der Pension um? Da gäbe es viele Möglichkeiten, einfach die Menschen dazu zu bringen und ihnen zu sagen: Ihr habt jetzt alle seit der Einführung des Sozialversicherungsrechts - - Wieder: 1956, ich bin bei Ihnen; 10 Prozent der Männer haben die Pension erlebt, der Rest ist vorher gestorben! Gott sei Dank ist das heute anders, heute liegt das Durchschnittsalter beim Mann bei 80 Jahren. Also was tun wir mit dieser Zeit? Was können wir da vernünftigerweise zur Absicherung machen, zur gegenseitigen Absicherung ? Und ganz ehrlich ist da ja auch etwas Sinnstiftendes drinnen.
GROẞ: Vielen herzlichen Dank. Da haben Sie jetzt eine breite Palette angesprochen, das liefert uns auch viel Diskussionsstoff. Wollen wir vielleicht gleich beim Thema Pensionsantrittsalter einsteigen? Wenn das sukzessive erhöht wird, ist das möglicherweise ein Gedanke, das System sozusagen zu retten, sage ich jetzt einmal. Die EU empfiehlt übrigens, jedes Jahr zumindest um zwei Monate zu erhöhen, bis zum Antrittsalter von 67 Jahren. Wie stehen Sie dazu? Wer will beginnen?
MUCHITSCH: Vielleicht darf ich gleich den Elfmeter auflegen: Es ist ja wunderschön, wenn wir in der Theorie sagen, man soll das gesetzliche Pensionsantrittsalter um zwei Monate erhöhen. Fakt ist: Wir haben jetzt schon die Rahmenbedingungen dazu geschaffen, dass ein freiwilliges, längeres Arbeiten in Österreich möglich ist, ausgestattet mit einem Pensionsbonus. Für jedes Jahr, in dem man über sein gesetzliches Pensionsantrittsalter hinaus arbeitet, bekommt man ein Plus auf meine Pension von 4,2 Prozent pro Jahr. Das heißt, das ist schon alles da. Das kann jeder schon jetzt nutzen. Was hilft uns aber das gesetzliche Pensionsantrittsalter, wenn wir das tatsächliche Pensionsantrittsalter, das jetzt bei den Männern 62, bei den Frauen 60 ist, nicht nach oben bringen? Und: Warum bringen wir das tatsächliche Pensionsantrittsalter nicht nach oben? Dann täten wir uns ja viel leichter mit der Finanzierung! Ich würde gerne die Zeit heute schon auch nutzen, um ehrlich zu diskutieren: Wie schaffen wir es, das tatsächliche Pensionsantrittsalter zu erhöhen? Was brauchen wir dazu? Welche Rahmenbedingungen finden wir jetzt vor? Und auch: Wie schaffen wir es, unser Pensionssystem zusätzlich zu finanzieren? Denn auch da gibt es viele Möglichkeiten, die wir jetzt, im digitalen Zeitalter, nicht nutzen, zum Beispiel: 47 Millionen Überstunden werden nicht bezahlt, und wenn diese nicht bezahlt werden, haben wir keine Pensionsbeiträge! Was machen wir mit den Teilzeitbeschäftigten, vor allem mit denjenigen, die gerne mehr, pro Tag länger arbeiten würden, für die aber die Rahmenbedingungen fehlen, im Bereich der Kinderbetreuungseinrichtungen, im Bereich eines ausreichenden Pflegeangebotes für die Angehörigen zu Hause? Das sind die wesentlichen Fragen. Und wenn es immer mehr Unternehmer gibt, die sagen: Nutzen wir doch die Beschäftigten, die wir jetzt in Österreich haben, sodass sie mehr arbeiten können, wenn sie wollen, dann brauchen wir andere Rahmenbedingungen. Und wissen Sie, das ist schön gesagt: Dann arbeiten wir halt einfach ein bisschen länger! Wenn 40 Prozent der Frauen es jetzt nicht schaffen, von ihrem Job in ihre jetzige Alterspension überzugleiten, nämlich im 60. Lebensjahr, ja, was hilft es dann, wenn ich es auf 62, 65 oder 75 anhebe? Das heißt, wir müssen einmal die Rahmenbedingungen schaffen, sodass die Menschen auch tatsächlich die jetzige Alterspension in ihrem Berufsleben erreichen. Das hat etwas mit Schwerarbeit zu tun, es hat was mit der Einstellung zu tun, dass nur 16 Prozent der österreichischen Unternehmen laut einer Wifo-Studie bereit sind, Menschen über 50 eine neue Chance zu geben. Darüber müssen wir auch einmal reden! Warum ist die österreichische Wirtschaft nicht bereit, älteren Menschen, die jetzt am Arbeitsmarkt verfügbar sind, eine Chance zu geben? Warum schaffen wir es nicht, dass Frauen es tatsächlich schaffen, von ihrem Job in ihre Alterspension zu gehen? Dann würde sich die Finanzierung einmal über kurz oder lang nicht auf diese Debatte abstellen, in der man jetzt hergeht und sagt: Pensionen kürzen! Ich will niemandem etwas wegnehmen. Ich möchte darüber diskutieren: Wie können wir es schaffen, das Pensionssystem zukunftsfit zu machen, in Zukunft zu finanzieren?
GROẞ: Genau. Wie können wir es schaffen – das, was Sie angesprochen haben –, die Menschen tatsächlich dazu zu bringen, dass sie länger arbeiten, dass wir auch das faktische Antrittsalter nach oben bringen und nicht nur das gesetzliche. Gibt es dazu Ideen?
ZARITS: Also ich bin da bei Herrn Kollegen Muchitsch. Wir müssen schauen, dass wir das faktische Pensionsalter ans gesetzliche – -
GROẞ: Ja, aber wie?
ZARITS: Mit einem Bonussystem beispielsweise, mit dem wir arbeiten können. Bei der Korridorpension beispielsweise haben wir jetzt 4,2 Prozent. Man könnte da beispielsweise mit 5,1 Prozent arbeiten. Ich glaube, dass man mit Belohnungen und mit Bonussystemen arbeiten muss, um die Menschen länger in Beschäftigung zu halten. Ich meine, ein Jahr länger arbeiten, was bringt das monatlich für einen? Also wenn man mit 62 geht oder mit 63 – ich glaube, es müsste von der Pensionsversicherungsanstalt dann auch einmal ausgewiesen werden, was das monatlich beziehungsweise pro Jahr dem Arbeitnehmer, der Arbeitnehmerin bringt. Man muss ja nicht bis 65 arbeiten, wenn man seine 45 Beitragsjahre hat, aber wenn man beispielsweise bis 63 oder bis 64 arbeitet, dann bringt das schon etwas für die Pension, für die Eigenpension. Ich glaube, in diese Richtung müssen wir auch beraten. Da sind wir als Politiker auch gefordert, dass wir sagen: Länger arbeiten bringt auch etwas, das wirkt sich auch auf deine Gesamtpension aus! Ich denke, wir sind alle miteinander gefordert, dass wir in diese Richtung auch politisch und natürlich auch beratend auf die Menschen und vor allem auf die Versicherten auch einwirken. Ich denke, das kann auch nur gemeinsam gehen, in einem Prozess. Ich bin aber überzeugt davon, es geht schon etwas weiter beim Pensionsantrittsalter, das ja schon leicht ansteigt. Ich denke, wenn wir in diese Richtung auch arbeiten und sagen: Mehr arbeiten lohnt sich für deine Pension!, dann, glaube ich, dass wir schon etwas bewirken können.
GROẞ: Frau Ecker.
ECKER: Ich bin ein bissel irritiert. Frauen sind ja jetzt annähernd beim derzeitigen Pensionsalter von 60 Jahren dabei, also ganz knapp drunter und ganz knapp drüber. Bei den Männern schaffen wir es nicht, der Schnitt ist 62; aber das ist halt auch der Schnitt. Wir wissen genau, dass Frauen das bis 65 so nicht schaffen werden. Wir haben einen Antrag dazu gestellt, dass einfach sozialrechtlich, arbeitspolitisch Maßnahmen geschaffen werden, dass man Frauen länger in Beschäftigung hält, damit sie von der Beschäftigung in die Pension gehen, und vor allem, dass sie es gesundheitlich schaffen. Das ist ja ein enormer Grund, warum viele Menschen vorher in Pension gehen, weil sie es gesundheitlich nicht mehr schaffen – und da geschieht nichts. Ich meine, wir haben ich weiß nicht wie viele Gesundheitspläne, von Frauengesundheit bis irgendwas – Zehnjahrespläne –, aber keine tatsächlichen Maßnahmen, die gesetzt werden und die in einigen Jahren auch Auswirkungen zeigen würden. Ich kann mir bei Gott nicht vorstellen, dass eine 64-jährige Frau im Kindergarten am Boden mit Eineinhalbjährigen herumkugelt oder in einem OP beim Tisch steht und instrumentiert. Das wird also schwierig werden, das werden wir so nicht schaffen. Es gibt auch viele Berufe, wo die Männer arbeiten, wo es auch nicht so möglich ist. Natürlich sind Bonusse immer super, aber im Gegenteil dazu wissen wir ja, dass es ziemlich große Abschläge gibt, wenn jemand vorher in Pension geht; auch jetzt mit dem 62. Lebensjahr sind es noch immer, ich glaube, 5,2, wenn ich es jetzt richtig im Kopf habe, ich glaube schon: 5,2. Jetzt sage ich: Wenn ich jetzt drei Jahre früher in Pension gehe, dann verliere ich im Laufe meines ganzen Pensionslebens Tausende, zigtausend Euro, und ich meine, das ist nicht so wenig. Es gibt Berechnungen von einem Bruttolohn, wenn man jetzt für die Frauen rechnet, von 2 000 Euro brutto – für eine Frau ist das eh schon eine ziemlich ansehnliche Pension, wenn man das so formulieren darf –, und dann wären das 300 Euro, wenn die um diese drei Jahre früher geht. Das wird sie sich nicht leisten können. Das allein ist also schon der Anreiz, dass ich, wenn es möglich ist, im Erwerbsleben bleibe. Da bin ich echt gespannt, was Sie da jetzt an Maßnahmen dann in den nächsten Sitzungen auf den Tisch legen, dass man das ändert. Ich meine, was wir heute noch nicht gesagt haben oder was noch nicht angesprochen wurde, ist: Wir reden von einer großen Zeitspanne bis 2060, bis 2070. Ich meine, in dieser Zeit würde es vielleicht auch möglich sein, dass man Familien bei uns im Land so unterstützt, dass sie sich vielleicht für mehr als ein Kind entscheiden können, dass man zwei oder drei Kinder hat. Das war einmal in Zeiten möglich – ich kann mich erinnern, ich komme aus einer Generation, in der drei, vier, fünf Kinder nicht sehr ungewöhnlich waren –, wo die Eltern sich in der Zeit auch noch ein Eigenheim haben leisten können, quasi bis zur Pension, und dann schuldenfrei waren. Es hat einmal Zeiten gegeben, da war das möglich, und diese Kinder haben auch eine Ausbildung genossen und sind jetzt genau die Fachkräfte, die als Babyboomer in Pension gehen.
GROẞ: Das heißt, da sind wir jetzt bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten.
ECKER: Nicht nur die Anrechnung der Kindererziehungszeiten, sondern grundsätzlich: Wenn es mehr Familien gibt, die sich für mehr Kinder entscheiden, habe ich mehr Beitragszahler. Ich meine, wir reden einerseits davon, dass wir zu wenige Menschen haben, die in die Pensionsversicherung einzahlen, wir reden davon, dass wir zu wenige Facharbeiter haben. Dieses „Problem“ – unter Anführungszeichen –, wenn man es so titulieren möchte, würde sich in 20, 25 Jahren vielleicht doch etwas ändern können, weil in einem Jahrgang ganz viele Menschen - - Man sieht in der Babyboomer-, 69er-, 70er-Generation, wie viele da jetzt in Pension gehen. Wenn man es schaffen würde, bei uns im Land so eine Familienoffensive zu machen, dass sich die Menschen, weil sie sich sicher sind, dass sie von der Gesellschaft, vom Staat unterstützt werden, für mehr Kinder entscheiden, dann würde sich das in 20, 25 Jahren auf die Kurve auswirken. Eines wollte ich zuerst auch noch sagen: Wir reden immer von diesem Pensionsloch. Da ist aber auch sehr viel dabei, wo man sagt, das ist eine soziale Maßnahme – da sind die Ausgleichszulagenbezieher dabei, da sind die Hinterbliebenenrenten dabei, da sind die Beiträge für Pflegeweiterversicherung dabei und so weiter. Ich glaube, man darf nicht alles vermischen, weil das ja gewollt ist, und das wird auch nicht ausbleiben, dass das nachher so ist.
GROẞ: Herr Shetty, was ist denn eigentlich zumutbar, aus Ihrer Sicht? Wir haben jetzt davon gesprochen, dass viele Menschen zwar länger arbeiten können, vielleicht auch, aber dann trotzdem irgendwann einmal an ihre Grenzen stoßen. Was haben wir davon, wenn wir ein gesetzliches Pensionsantrittsalter von 67 haben, wie es zum Beispiel die EU vorschlägt, aber dann lauter invalide Pensionisten haben?
SHETTY: Also vorweg, Herr Groß – ich beantworte die Frage gleich –, noch ganz kurz zu den vorigen Statements: Ich finde das bei allem Respekt etwas beklemmend, Kollegin Ecker, wie Sie die durchschnittliche 64-jährige Frau in Österreich beschreiben. Ich habe in meinem Familienumfeld Gott sei Dank viele – und ich glaube, das ist auch das Selbstbild vieler Personen in diesem Alter –, die noch sehr fit sind, denen es gut geht und die, glaube ich, nicht so bevormundend von der Politik behandelt werden möchten. Klar, wenn man Schwerstarbeit leistet, wenn man sein Leben lang einen superschweren Job macht, vielleicht einen schwereren als wir Abgeordnete hier, dann braucht es natürlich Sonderregelungen dafür. Das bestreitet ja niemand und das steht ja ganz außer Frage, aber ich glaube schon, dass sich die Zeiten eben seit 1956 etwas verändert haben. – Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt: Kollege Muchitsch, Sie haben gesagt, dass es ja eh schon ganz viele Bonussysteme, Anreizsysteme, länger im Erwerbsleben zu bleiben, gibt. Sie haben dann im zweiten Satz gesagt: Aber das faktische Pensionsantrittsalter, das bleibt ja sowieso so gering. (MUCHITSCH: Na, wie bringen wir das in die Höhe?) – Also ich sehe da ein bissel einen Widerspruch, nämlich dass es so, wie wir derzeit das System stricken, eben nicht funktioniert. Jetzt gehe ich auf unsere Lösungen ein, was wir vorschlagen würden: Punkt eins, wir fordern ein einheitliches Pensionskonto für alle, nicht mehr diese unsäglichen Differenzierungen zwischen allen möglichen Gruppen, wo extrem viele Privilegien auch noch vorhanden sind, sondern ein einheitliches Pensionskonto für alle, wo man auch zu jedem Zeitpunkt weiß, wie viel Pension ich zum jeweiligen Stichtag bekommen würde – erstens. Zweitens, wir fordern natürlich, und das ist, glaube ich, sehr wohl zumutbar – natürlich immer vor dem Hintergrund von Sonderregelungen für bestimmte Härtefälle, das steht ja ganz außer Frage –, dass es künftig ein Referenzantrittsalter gibt, das sich an der Lebenserwartung bemessen soll. Wenn also die Lebenserwartung steigt – natürlich nicht im gleichen Ausmaß –, dann steigt auch langsam das Referenzantrittsalter. Dann gibt es einen Korridor in unserem System von 61 bis 69 Jahren, in dem ich in Pension gehen kann, und wenn das Pensionsantrittsalter unter dem Referenzantrittsalter liegt, dann habe ich Abschläge zu verbuchen. Wenn ich nach diesem Referenzantrittsalter in Pension gehe, dann bekomme ich Zuschläge. Ich glaube, das wäre einfacher, das wäre transparenter. Das wäre auch im Sinne der Nachhaltigkeit unseres Pensionssystems. Ich glaube schon, dass man eben auch - - Wir haben es zuvor gehört, wie sich die Zeit, die Zahlen seit 1956 verändert haben, wir lernen da, glaube ich, alle etwas. Das war mir auch nicht so bewusst, dass nur 10 Prozent der Männer – das hat mich ja selber auch erschrocken – die Pension überhaupt erlebt haben; also das ist ja Gott sei Dank heute anders. Deswegen glaube ich schon, dass man die Situationen, die Regelungen anpassen muss. Das wäre unser Vorschlag, auch im Einklang mit vielen Vorschlägen aus der Europäischen Union. Wir tun ja alle so, als ob wir eine Insel der Seligen wären. Es gibt ganz viele andere Länder, skandinavische Länder insbesondere, die ihre Pensionssysteme schon vor langer Zeit angepasst haben, die auch als viel nachhaltiger eingestuft werden. Man muss das Rad nicht immer neu erfinden, das ist keine Katastrophe dort, sondern das funktioniert sehr gut.
GROẞ: Vielen Dank dafür. Ich würde - -
MUCHITSCH: Herr Groß, ich muss etwas richtigstellen. Ich habe gesagt, es hilft nicht, das gesetzliche Pensionsantrittsalter nach oben zu treiben, wenn es nicht gelingt, das tatsächliche Pensionsantrittsalter so zu gestalten, dass die Menschen, egal ob Mann oder Frau, auch tatsächlich Arbeitsbedingungen vorfinden, damit sie länger im Job bleiben können; und an diesen Schrauben muss man drehen.
SHETTY: Das eine schließt das andere ja nicht aus.
MUCHITSCH: Ja, freilich, je weiter ich hinaufgehe: Was heißt das dann, wenn ich nicht nachziehen kann in meinem tatsächlichen Pensionsantritt? – Ja, die Abschläge werden höher, die Pensionen werden gekürzt über ein Erhöhen des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. Bei diesen versteckten Pensionskürzungen sind wir nicht dabei, sondern wir wollen Maßnahmen, dass die Leute wirklich Arbeitsplätze vorfinden, wo sie auch länger im Job bleiben können. Ich weiß nicht, Sie werden irgendjemanden von den 80 000, 90 000 Menschen kennen, die 50 plus und Arbeit suchend gemeldet sind, die sagen: Ich kann 100 Bewerbungen schreiben, mich nimmt kein Unternehmer mehr in diesem Land! – Aber gleichzeitig sagen wir: Drittstaatenverordnung, Zuwanderung brauchen wir, neue Arbeitskräfte, Rot-Weiß-Rot-Karte billiger machen! – Das ist das falsche System. Wir müssen für die Menschen, die jetzt in diesem Land leben, Maßnahmen schnüren, damit sie tatsächlich länger arbeiten können. – Das ist das Rezept.
GROẞ: Bitte, Frau Ecker.
ECKER: Zu Frauen und krank und nicht mehr bis 65 arbeiten können gibt es eine ganz offizielle Anfragebeantwortung von Bundesminister Rauch, wo das in Zahlen festgegossen ist. Frauen sind länger krank, sie sind schwerer krank, sie sind mehr auf Kur und mehr auf Reha, und das ist ja nicht, weil es besonders lustig ist. Man muss schon dazusagen: Es gibt auch sehr viele Frauen, die nicht mehr ins Berufsleben einsteigen, weil sie einfach in ihrem Leben, in ihrem Arbeitsleben Kinder erzogen haben, vielleicht Teilzeit gearbeitet haben, vielleicht die Mutter oder den Vater oder den Mann zu Hause gepflegt haben und irgendwann einfach nicht mehr können, und zwar nicht mehr so können, wie es am Arbeitsmarkt erwünscht ist, zu einer flexiblen Arbeitszeit mit 38,5 Stunden, so wie es gerade justament im Handel irgendjemandem vielleicht einfällt. Das ist das Problem, das wir tatsächlich haben, und das hat nichts damit zu tun, dass man den Gesundheitszustand der Frauen schlechtredet. Frauen leisten einfach Unmögliches das ganze Leben lang, und irgendwann reicht es nicht bis 65.
GROẞ: Vielen Dank. – Herr Pinggera.
PINGGERA: Ich wollte nur - -, wir haben uns nämlich angeschaut, sehr interessant: Frauen im fortgeschrittenen Alter und berufsbegleitendes Lernen. Und wir haben gesehen – vor einigen Jahren war das, man müsste das jetzt wieder einmal aktualisieren, weil es wirklich interessant ist –, allein die Tatsache, dass Frauen fünf Jahre früher in Pension gehen, gesetzlich in Pension gehen, hat dazu geführt, dass sie auch fünf Jahre früher mit der Fortbildungsmaßnahme aufgehört haben. Das gepaart mit Kindern und Wiedereinstieg nach der Karenz ist eigentlich eines der großen Dinge. Ich glaube – du wirst es sicher noch sagen, die Frage Genderpaygap –, das sind natürlich ganz, ganz wesentliche Dinge: Wenn ich schon fünf Jahre früher sozusagen ganz offiziell gewollt mit 60 aus dem Arbeitsleben ausscheide, hört einfach die berufliche Fortbildung spätestens mit 50 auf – bei Männern eher mit 55, und das ist schon einer der wesentlichen Unterschiede. Wir haben gesehen, dort, wo wir etwas machen, und dort, wo wir hineingreifen, wo wir in berufliche Rehabilitation hineingreifen - -; früher ein Ding der Unmöglichkeit, wir durften es bis vor wenigen Jahren nicht machen, Ungelernte beruflich zu rehabilitieren. Wir haben dann Gott sei Dank einen Minister gehabt, der uns dabei unterstützt und gesagt hat: Macht es einmal! – Dann haben wir es auch mit Hilfe der Politik in die Gesetze gegossen. Und wir merken plötzlich: Ungelernte, die halt das Pech gehabt haben, dass sie mit 18 gerade irgendetwas anderes im Kopf gehabt haben und die Lehrabschlussprüfung nicht gemacht haben und dann ein Leben lang von der beruflichen Rehabilitation ausgenommen waren, die dann aber wirklich mit 50 umgeschult werden, haben dann auch wieder eine Chance auf dem Markt. – Dort müssen wir, glaube ich, stärker reingehen, um genau dort hinzukommen. Ja, wir werden, glaube ich, auch über Gesetzliches diskutieren. Das ist mein Gefühl, wenn ich mir Europa anschaue, der Rest ist es. Aber das ist eine Vorgabe, die muss die Politik - -, das sind nicht wir als Pensionsversicherung. Aber wo wir hineingehen müssen, ist: Helfen wir den Menschen, dass sie möglichst bis zum gesetzlichen Antrittsalter oder freiwillig darüber hinaus länger arbeiten können! Ich glaube, das ist eine unheimliche Chance. Nur ein kleiner Hinweis: Man kann es ja auch paaren und sagen, wenn wir gewisse Zahlen in zehn Jahren nicht erreicht haben, dann greifen halt gesetzliche Regelungen – auch so etwas. Wir können ja auch einmal anfangen, ein bisschen innovativ zu denken.
ECKER: Das, was Sie jetzt sagen, bestätigt genau das, was wir eigentlich beantragt haben, dass man insbesondere Frauen unterstützen muss, damit sie eben bis zur Pension im Berufsleben bleiben. Da braucht es arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und es braucht soziale Maßnahmen dazu.
MUCHITSCH: Vor allem jetzt mit der Harmonisierung beziehungsweise Angleichung des Pensionsantrittsalters.
GROẞ: Vielen Dank. – Frau Djalinous.
DJALINOUS-GLATZ: Ich wollte nur kurz zu den Frauenpensionen von den Frauen, die jetzt in Pension sind, sagen: Die sind um 40 Prozent niedriger als die Männerpensionen. In der ganzen Europäischen Union sind die Frauenpensionen niedriger als die der Männer, aber bei uns in Österreich ist es besonders hoch. Ich glaube, da muss man einmal bei Infrastrukturmaßnahmen ansetzen, und zwar bei mehr Pflegeeinrichtungen, aber auch bei besseren Kinderbetreuungseinrichtungen, wo die Frauen, wenn sie wollen, mehr arbeiten können. Weil: Das wirkt sich dann später auf die Pensionshöhe aus. Man kann aber auch pensionsrechtlich etwas machen, um die Frauenpensionen zu verbessern, beispielsweise eine bessere Bewertung der Kindererziehungszeiten. Natürlich sind Kindererziehungszeiten neutral formuliert, aber faktisch gehen viel mehr Frauen in Karenz und beziehen Kinderbetreuungsgeld. Der zweite Punkt ist auch: Wer pflegt die Angehörigen? – Das sind überwiegend die Frauen. Es gibt im Pensionsrecht eine Regelung: Man kann sich bei der Pensionsversicherungsanstalt melden, wenn man einen Angehörigen hat und Pflegestufe 3 pflegt. Das übersehen aber leider viele Leute und es wäre zum Beispiel ein sinnvoller Vorschlag, wenn man das rückwirkend länger melden könnte, und zwar zehn Jahre rückwirkend. Wir hatten das Problem auch bei Eltern von behinderten Kindern. Da gab es auch eine Regelung, dass diese Zeiten pensionsrechtlich angerechnet werden, aber die Leute haben das einfach übersehen. Dann hat man es geändert und man hat gesagt, sie können es auch zehn Jahre rückwirkend quasi melden. Also in dem Bereich, glaube ich, kann man durchaus einiges tun. Und weil vorher sehr viel darüber geredet wurde, dass Leute auch länger arbeiten können sollen als bis zum Regelpensionsalter: Also ich kann nur sagen, ich habe dann die Anfrage: Kann ich länger arbeiten?, wenn die Arbeitsbedingungen von jemandem gut sind und wenn der Job interessant ist. Aber natürlich, wenn die Arbeitsbedingungen hart sind, dann wird man die Leute nicht dazu bringen, dass sie faktisch länger arbeiten.
GROẞ: Vielleicht ein Nachtrag noch zu diesem Genderpensiongap, also zu dieser Kluft oder dem Unterschied zwischen der Höhe von Männer- und Frauenpensionen: Da gibt es eine sehr aussagekräftige Grafik, die wir vorbereitet haben, und die würde ich Ihnen jetzt gerne zeigen.
(Im Folgenden werden die Ausführungen des Moderators durch eingespielte Diagramme unterstützt.)
Den größten Unterschied bei den Pensionen von Männern und Frauen gibt es in Luxemburg, dort beträgt er 43 Prozent. Dann folgen Malta mit 42 und die Niederlande mit 40 Prozent, und eben wie gesagt schon auf dem vierten Platz landet Österreich mit 39 Prozent. Das bedeutet, in Österreich beziehen Frauen eine um 39 Prozent geringere Pension als Männer. Der EU-Schnitt beträgt übrigens 30 Prozent. Den geringsten Unterschied beim Pensionseinkommen können die Slowakei mit 8 Prozent und Dänemark mit 7 Prozent sowie Estland überhaupt nur mit 1 Prozent für sich verbuchen. Das ist schon sehr spannend. Sie haben ja einige Gründe dafür angesprochen beziehungsweise auch Hebel, an denen man drücken könnte, um das möglicherweise zu verändern. Gibt es noch andere Möglichkeiten aus Ihrer Sicht, wo man noch etwas tun könnte oder müsste, um diesen Gap einfach in kurzer Zeit zu verringern?
ECKER: Das ist aber spannend, dass die Arbeit von Frauen quasi nur bewertet wird, wenn sie außerhäuslich geschieht. Ganz viel Arbeit passiert zu Hause, da sind wir bei der Kindererziehung, bei der Kinderbetreuung, bei der Pflege, und ganz viel davon passiert, ohne dass am Ende des Arbeitslebens quasi Pension dafür honoriert wird.
GROẞ: Heißt das jetzt, Kindererziehungszeiten eben, weil wir das vorher ja schon gestreift haben, besser anrechnen und noch mehr?
ECKER: Man kann Kindererziehungszeiten eindeutig besser bewerten.
GROẞ: Im Moment sind es, glaube ich, vier Jahre pro Kind, wenn ich es richtig im Kopf habe.
ECKER: Genau, man könnte die vier Jahre pro Kind nehmen. Also wenn der Unterschied vom ersten zum zweiten Kind vielleicht nur zwei Jahre ist, dass man sagt, das sind trotzdem vier Jahre, die angerechnet werden. Man könnte Pensionsbeiträge anrechnen, wenn man keine Betreuung in Anspruch nimmt, weil man sich das familienintern vielleicht regelt. Es gibt Ehepaare, die das zeitlich irgendwie hinkriegen. Was aber auf jeden Fall honoriert werden muss, ist, wenn man Leistungen in der Familie übernimmt und diese gut erfüllt, die dem Staat Geld ersparen. Wir wissen alle, was ein Pflegeheimplatz pro Monat kostet – wir reden da von Tausenden Euro. Und es ist uns nicht so viel wert, dass die Frau, die das zu Hause oft jahrzehntelang macht, gerade bei einem Kind, das geboren wird und beeinträchtigt ist und wirklich 24 Stunden Betreuung braucht, am Ende zwar eine Pension durch die Anrechnung hat, aber die ist derart minimal, dass es eigentlich einfach eine Schande ist. – Das kann man so feststellen. Ich habe für meine Kinder keine Kinderbetreuung in Anspruch genommen, ich habe das immer selbst gemacht, dafür kriege ich aber keinen einzigen Euro Pension. Und wenn man rechnet, was eine Gemeinde an einen Krabbelgruppenplatz, an einen Kindergartenplatz, an einen Hortplatz an Zuzahlung leistet, was der Staat dafür zur Verfügung stellt an 15a-Mittel, was die Länder noch hineinbuttern an Infrastruktur – auch bei den Tagesmüttern haben wir heute erst einen Fall gehabt –, wenn man diese Stunden rechnet, was das kostet, und wenn das Kind um sechs Uhr morgens bei der Tagesmutter abgegeben werden muss, dann fragt man sich wirklich, was da schiefläuft in unserem System.
GROẞ: Herr Muchitsch.
MUCHITSCH: Ich kann nur zustimmen. Es geht um den Begriff unbezahlte Arbeit – unbezahlte Arbeit, die überwiegend von den Frauen gemacht wird im Bereich der Betreuung von Kindern, von pflegenden Angehörigen, die sich dann eben leider nicht in der Pensionsberechnung so auswirkt, wie man es eigentlich wertschätzen müsste. Fakt ist, die volle Anrechnung der Karenzzeiten haben wir erst für Neugeborene ab August 2019. Alles, was davor an Kindererziehungszeiten, an Karenzzeiten ist, hat nicht die Wertschätzung bekommen, die wir eigentlich wollten; also dort eine höhere Bemessung beziehungsweise Anrechnung wäre sicherlich klug. Aber letztendlich: Frauen und Müttern die Möglichkeiten zu schaffen, selbst zu entscheiden: Ich will mehr arbeiten, weil es ein ausreichendes Betreuungsangebot gibt.
GROẞ: Herr Shetty.
SHETTY: Also wenn wir uns noch die Zahlen anschauen von vorhin – sie sind, glaube ich, nicht mehr eingeblendet –: Ich habe mir die letzten beiden notiert, also dort, wo der Gap am kleinsten ist zwischen den Pensionen zwischen Frauen und Männern.
GROẞ: Slowakei, Dänemark und Estland.
SHETTY: Genau. Das slowakische System kenne ich jetzt nicht. Dänemark und Estland, wenn man sich die Systeme dort anschaut, ob die näher bei dem sind, was wir in Österreich haben oder bei den Vorschlägen, die wir regelmäßig machen, dann kommt man, glaube ich, zu einer relativ eindeutigen Antwort, neben anderen Punkten, die dort auch viel besser umgesetzt sind, Stichwort Kinderbetreuung; und da gebe ich auf jeden Fall recht. Was ich schon glaube, ist, und das ist sicher auch wieder so ein Punkt – was ich davor gesagt habe –: unpopuläre, aber richtige Entscheidungen. Wenn es um die Höhe der Frauenpensionen geht, da gibt es natürlich einen Hebel, das ist nämlich die Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters. Warum? Weil - - (Ecker: Anhebung der Einkommen!) –Ja, aber wenn Sie jetzt so lachen: Glauben Sie, die Beitragsbemessungsgrundlage ist mit 61 höher oder mit 16? Wir nehmen den Frauen, indem sie früher in Pension gehen, die besten Jahre weg. Das ist auch ein Hauptgrund oder ein Mitgrund – Hauptgrund würde ich nicht sagen, aber einer der Mitgründe –, warum Frauen deutlich niedrigere Pensionen haben. Das heißt: Da zu suggerieren, dass man den Frauen damit einen Gefallen tut, ist, glaube ich, zu kurz gedacht, denn wenn Frauen früher in Pension gehen, fehlen ihnen auch die wichtigen Jahre, was dann zu einer viel niedrigeren Pension führt. Natürlich sind aber auch ganz viele andere Maßnahmen wie im Bereich der Kinderbetreuung und auch der Anrechnung von Carearbeit und so weiter ganz zentral.
ECKER: Wenn sie nachher arbeitslos sind, hilft das gar nichts!
MUCHITSCH: Entschuldigung! Man muss schon bei den Tätigkeiten unterscheiden. Wenn jemand in der Pflege beschäftigt ist und jeden Tag am Körper eines Menschen arbeitet – und dann ist diese Republik nicht einmal bereit, diesen Menschen eine Schwerarbeit anzuerkennen, denn das schafft man nicht bis 60 –, dann kann man zu denen nicht sagen: Müsst ihr halt länger bleiben! Also man muss schon bei den Tätigkeiten unterscheiden, man muss das auf die Tätigkeiten abstellen: Was ist wirklich schwere Arbeit, die niemand so lange schafft – die man jetzt mit hohen Abschlägen bestraft, weil sie es nicht schaffen –; und was ist mit jenen, die vielleicht erst mit 30 in einem Job beginnen, aber mit 65 keine Abschläge haben? – Das meine ich, da haben wir an einigen Schrauben im System zu drehen, damit es fairer und gerechter wird.
SHETTY: Da bin ich Ihrer Meinung. Aber: Leistet ein Beamter der Stadt Wien auch Schwerstarbeit? Das ist die Frage, die ich stellen würde. Natürlich gibt es Differenzierungen, keine Frage, aber wir behandeln das im System sehr undifferenziert und das ist mein Problem dabei.
GROẞ: Generaldirektor Pinggera möchte dazu noch etwas sagen.
PINGGERA: Das ist eine total interessante, wirklich gute Diskussion, und sie nimmt wirklich die Punkte auf, die zählen. Nur ich glaube, wir sollten bei diesen Zahlen schon vorsichtig sein. Wir betrachten hier immer den Pensionsstock, das heißt: alle, die älter als 65 sind und in Pension sind. Wenn wir diesen jetzt nehmen, dann ist das auch die 80-jährige Frau, die 1940 geboren wurde oder noch früher und natürlich ein ganz anderes Ausbildungsniveau hat. Die ist natürlich in diesem Stock drinnen, die ist 20, 25 Jahre mit ihrer schlechten Uraltpension – mit einer langen Kindererziehungszeit, wenig Erwerbszeiten – in diesem Stock drinnen, und dies senkt mir natürlich die Durchschnittspension der Frauen so extrem ab. Wenn wir uns das bei den Neuantritten anschauen, bei jenen, die jetzt in Pension gehen, dann sehen wir, es ist schon bedeutend besser – glücklicherweise bedeutend besser! –, denn wir wissen: mehr als die Hälfte der Maturant:innen sind weiblich, auch bei Universitätsabsolvent:innen ist es ziemlich die Waage, und wir wissen, dass durch die Änderungen mit der 2003er-Reform mit den additiven Kindererziehungszeiten die Arbeiterin mit Kind heutzutage eine höhere Pension hat als die Arbeiterin ohne Kind, weil sich die additiven Zeiten auswirken. Das heißt, wir sind auf einem Weg, aber sicher – da ich bin vollkommen dabei –: Kindererziehung, Hortmöglichkeiten, Kindergärten und so weiter sind eine Herausforderung. Wir müssen aber auch aufpassen: Wir gehen ja in eine neue Revolution der Arbeit hinein, wir gehen in eine Revolution, die heißt Teilzeitarbeit, die heißt nicht mehr zurückkehren in eine Vollzeitbeschäftigung. Früher ein Phänomen – vor zehn Jahren noch haben wir oft mit den Gewerkschaften darüber diskutiert – bei den Frauen, inzwischen eines quer durch die Gesellschaft. Das sind also die nächsten Phänomene, die wir Richtung Gap überlegen müssen.
ECKER: Ich glaube, dass es da eine eindeutige Regelung brauchen wird zwischen jenen Menschen, Männern und Frauen – es gibt auch Männer, die Pflege und Kinderbetreuung machen, keine Frage –, die Aufgaben übernehmen, die dem Staat Geld ersparen, und denen, die einfach, weil sie es sich vielleicht auch finanziell leisten können, sagen: 20 Stunden tun es auch!; weil es von der Großmutter eine Eigentumswohnung gibt und vom Vater vielleicht ein Sparbuch sagt sich das beispielsweise ein 25-Jähriger. Ich verstehe das aus seiner Sicht, aber aus meiner Beitragszahlerposition heraus sehe ich nicht ein, wieso ich diesem jungen Mann später einmal eine Mindestpension finanzieren soll. Ich glaube, diese Diskussion darf man schon auch führen, aber nicht mit der Prämisse, dass es dann Abschläge gibt, wenn Frauen oder Männer Teilzeit arbeiten, weil sie auch sonst noch etwas zu erledigen haben.
GROẞ: Ein Stichwort in dem Zusammenhang ist jetzt noch gar nicht gefallen, nämlich das Stichwort Pensionssplitting. Diese Möglichkeit gibt es ja, dass Ansprüche abgetreten werden, zum Beispiel im konkreten Fall vom Mann auf die Frau. Das ist jetzt noch freiwillig, NEOS und ÖVP sind, wenn ich das richtig sehe, dafür, dass das automatisiert wird; die Grünen – auch in der Regierung – sind da skeptisch. – Herr Zarits.
ZARITS: Vielleicht noch zu Kollegen Shetty: Wenn es um die Pensionen im Wiener Rathaus geht, dann müsstet ihr, glaube ich, auch an ein paar Schrauben drehen, weil ihr da natürlich auch in der Verantwortung seid. Aber daran siehst du ja, wie schwierig es ist, manche Dinge von heute auf morgen - - (SHETTY: Ja, wenn es da den magischen Knopf gäbe, dann würde man den drücken!) – Ja, genau, aber daran siehst du, wie schwer es ist, manchmal auch Dinge zu verändern. Pensionssplitting haben wir natürlich seit Langem auf unserem Radar und das wollen wir unbedingt umsetzen. Da sind wir mit den NEOS auch einer Meinung und ich denke schon, dass das helfen wird, die Frauenpensionen dementsprechend auch anzupassen beziehungsweise in die Höhe zu bringen. Ich denke, das ist eine gute Lösung und dass wir da in absehbarer Zeit hoffentlich auch eine Lösung finden werden.
GROẞ: Bitte, Frau Djalinous-Glatz.
DJALINOUS-GLATZ: Ich möchte noch kurz etwas zum verpflichtenden Pensionssplitting sagen: Da gibt es ja schon Pläne, aber faktisch würde das erst in 30, 40 Jahren wirken, denn das würde erst für Geburten ab jetzt gelten, und bis diese Person dann in Pension geht, vergeht sehr viel Zeit. Das heißt: Es ist keine Maßnahme gegen Altersarmut von Frauen im Jetzt. Deswegen glaube ich schon, dass man andere Maßnahmen setzen sollte.
SHETTY: Darf ich dazu noch etwas sagen, weil das, finde ich, so ein exemplarisches Beispiel ist – ich verstehe die Begründung und Sie haben natürlich recht –, wie in der Politik Entscheidungen getroffen werden: Ich meine, so hat man vor 30 Jahren vermutlich auch argumentiert. Ich finde, das ist genau das Problem an unserer Politik – nicht nur im Pensionsbereich, auch im Klimabereich beispielsweise –: dass die Politiker von gestern und vorgestern eben nicht an morgen und übermorgen gedacht haben, sondern nur im Hier und Jetzt. Ich verstehe die Argumentation und ich verstehe auch die Fragestellung, auch dass man Lösungen finden muss, die schneller wirken, aber trotzdem wäre es richtig. Ich glaube auch, das ist breit in der Experten- und Expertinnenwelt anerkannt, dass das Pensionssplitting eine sinnvolle Maßnahme wäre. Natürlich wirkt sie nicht sofort, aber ich glaube, das ist gerade das Spannungsverhältnis, weswegen ich auch dankbar für diese Aussage bin, weil wir das in sehr vielen Fragestellungen immer wieder haben. Man muss auch einmal Entscheidungen treffen, die die Wähler nicht honorieren können und die man als Politiker oder als Politikerin vielleicht gar nicht mehr erleben wird, aber ich finde, das macht doch gute Politik aus. Ja, wir alle wissen, man muss wieder gewählt werden, es stehen Wahlen an, das ist klar, aber zu akzeptieren und zu sehen, dass sich viele Fragen halt auch erst in 15, 20, 30 Jahren stellen, die wir hier und heute entscheiden, das halte ich schon für zentral und das, finde ich, ist in den letzten Jahren immer weniger im Augenmerk der Politik.
GROẞ: Bitte, Frau Ecker, ganz kurz.
ECKER: Ich kann mich dem absolut nicht anschließen: Freiwillig – gerne, wer es macht, das ist ja kein Problem; gesetzlich wird es einfach zur Folge haben, dass es sich in einem Familienverband dann verschiebt. Also am Ende des Tages bleibt es vielleicht nicht ganz gleich, es kommt dann darauf an, aber es wird sich nicht wesentlich etwas verändern. Die Begründung ist ja immer: Geht die Ehe oder die Partnerschaft auseinander, dann bleiben der Frau zumindest diese Pensionsbeiträge. Wenn die Ehe auseinandergeht und die Frau vorher Teilzeit gearbeitet hat, dann wird das alles nicht reichen und sie bekommt eine Ausgleichszulagenpension; und vice versa, wenn der Mann Arbeiter ist und er eine Pension von 1 300, 1 400 Euro oder so bekommt, dann führt das dazu – wenn er zwei Kinder hat und das auf sieben Jahre geht –, dass dieser am Ende auch eine Ausgleichszulagenpension bekommt. Das heißt, das Pensionsloch, von dem wir hier so quasi sprechen, wird dadurch nicht kleiner werden. Und bei Einkommen, bei denen es egal ist, weil beide gut verdienen oder er gut verdient und sie dann davon profitiert, um die mache ich mir ehrlich gesagt nicht wirklich die großen Sorgen, denn die können die beiden anderen Säulen, die private Vorsorge zum Beispiel, auch nutzen und einzahlen. Uns geht es ja eigentlich um die Menschen, die es jetzt schon kaum schaffen, dass sie mit der Pension auskommen, und um die, die Aufgaben übernehmen, die unserem Staat Geld ersparen und wir keinen Euro investieren müssen.
GROẞ: Ich möchte noch einen Aspekt in die Diskussion bringen, auch wenn das vielleicht ein Nebenthema ist, und zwar das Stichwort: arbeiten in der Pension. Gerade in Zeiten, in denen es insgesamt einen Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel gibt, ist das natürlich ein Thema. Wie kann man Motivation und Anreize schaffen, um Menschen, die schon in Pension sind, zum Arbeiten, zum Weiterarbeiten zu bringen? Da gibt es Vorschläge von der ÖVP, wie zum Beispiel die Beiträge für die Pensionsversicherung auszusetzen und zwar nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Arbeitgeber; die FPÖ zum Beispiel fordert, die Zuverdienstgrenze auf 1 000 Euro zum Beispiel anzuheben. Vielleicht diskutieren wir auch noch über diese Möglichkeiten. – Bitte.
ZARITS: Ich denke, dass es immer mehr Menschen gibt, die auch nach dem 65. Lebensjahr ihren Beitrag leisten wollen. Das ist gut so, weil immer mehr Menschen – natürlich auch aufgrund des guten Gesundheitssystems, aufgrund des guten körperlichen Verfassung – auch in der Pension ihren Beitrag leisten wollen. Und Sie haben es schon angesprochen: Die Pensionsbeiträge werden derzeit sehr, sehr stark diskutiert. Ich kann mir auch eine Art Freibetrag in der Höhe von beispielsweise 1 000 Euro vorstellen – in diese Richtung sollten wir natürlich auch denken. Auch die Pensionsbeiträge, die Sie angesprochen haben: Das ist ein riesengroßes Thema vor allem auch bei den Seniorenorganisationen, die dieses Thema natürlich auch vorantreiben wollen und diese Pensionsbeiträge eben ab 65 streichen wollen. Ich denke, vor allem in diesem Bereich sollten wir Maßnahmen setzen und über diese Dinge auch sprechen. Wir haben schon sehr, sehr lange gesprochen und ich denke, wir sollten jetzt auch ins Handeln kommen.
GROẞ: Bitte, machen wir vielleicht die politische Ebene. – Herr Shetty.
SHETTY: Mir hat vor ein paar Monaten eine Ärztin geschrieben, wenn ich es richtig im Kopf habe, 66, 67 Jahre alt, die sich sehr fit fühlt. Sie hat mir geschrieben – in einer Mail, eine Replik auf eine Parlamentsrede –, sie würde wahnsinnig gerne arbeiten, nur würde ihr – sie hat es mir vorgerechnet –, wenn sie arbeiten würde, am Ende des Monats dann weniger bleiben, als wäre sie nur in Pension. Jetzt kann man über die unterschiedlichen Mechanismen, über die unterschiedlichen Möglichkeiten reden, ich finde, darüber muss man offen debattieren, aber am Ende des Tages, wenn jemand in der Pension gerne arbeiten möchte und dazuverdienen möchte, kann es doch nicht sein, dass sich das für ihn nicht rentiert – und das muss man verhindern. Wie man dort politisch hinkommt, unterschiedliche Möglichkeiten, darüber kann man debattieren, aber diesen Zustand, finde ich einfach dumm. – Entschuldigung für diesen Ausdruck, aber das ist einfach keine gute Regelung, gerade in dieser Zeit, in einer Zeit wie eben der aktuellen mit dem massiven Arbeits- und Fachkräftemangel. Ich weiß nicht: Da greift sich ja jeder an den Kopf und insbesondere die betroffenen Leute fragen sich. Das ist also alles andere als sinnvoll.
MUCHITSCH: Diesen Fall hätte ich gern näher erläutert – vielleicht haben wir einmal die Gelegenheit –, dass man dann, wenn man weiterarbeitet, weniger verdient als in der Pension. Da muss ein zweites Einkommen oder Sonstiges irgendwie dabeihängen, wie auch immer. Das können wir uns wirklich gesondert anschauen.
PINGGERA: Der Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer ist das, der das drittvorangegangene Jahr als Bemessungsgrundlage heranzieht – (Heiterkeit des Redners) die Hölle!
MUCHITSCH: Kollege Shetty, dieses Beispiel wird aber nicht die Masse betreffen, glaube ich. Ich habe da eine ganz klare Position: Derjenige, der länger arbeiten will und kann – ja, bitte, macht es! Das ist ja jetzt schon alles möglich. Womit ich aber ein Problem habe, dass man, wenn man über das gesetzliche Pensionsantrittsalter hinaus freiwillig weiterarbeitet, dann sagt: Ich zahle jetzt keine Beiträge mehr zur Finanzierung unseres Pensionssystems ein! – Da ist mir viel lieber: Natürlich zahlt man weiter ins Pensionssystem ein. Vor knapp einer Stunde haben wir darüber diskutiert, wie wir es finanzieren sollen, und jetzt reden wir darüber, dass wir auf Beiträge verzichten sollen!
GROẞ: Das heißt, wir schneiden uns ins eigene Fleisch.
MUCHITSCH: Natürlich schneiden wir uns ins eigene Fleisch. Natürlich soll man die Pensionsbeiträge weiterzahlen, weil es ja dann auch möglich ist, dass die Pension jährlich angepasst wird; das heißt, die Pension steigt ja mit, wenn man länger arbeitet, länger als bis 65, die wird ja dann auch wieder neu bemessen. Die Pension steigt ja mit. Das ist nicht mein Ziel, dass ich sage, ich verzichte auf Beiträge, das wäre ein günstigeres, ein billigeres Arbeiten, sondern ich glaube, wir müssen uns wirklich darüber unterhalten und Maßnahmen finden: Wie finanzieren wir unser Pensionssystem in Zukunft? Ein Vorschlag wäre zum Beispiel, der wurde heute noch nicht genannt: Warum erfassen wir nicht alle tatsächlichen Arbeitsstunden in dieser Republik, im 21. Jahrhundert, im Zeitalter der Digitalisierung? – Was wir dadurch an zusätzlichen Beitragseinnahmen hätten, was dadurch an Lohn- und Sozialdumping verhindert würde, wie viel Mehrarbeits- und Überstunden bezahlt werden müssten, nur weil wir sagen, wir nutzen das. Das sind die Möglichkeiten, wie wir unser Pensionssystem finanzieren und wie wir mehr Menschen aus der Teilzeit und aus der Arbeitslosigkeit am österreichischen Arbeitsmarkt wieder unterbringen, und dann, sage ich, können wir gerne über Modelle reden: Was, wenn das nicht alles eintrifft, was brauchen wir dann als nächste Maßnahmen und an welchen Schrauben ist zu drehen?
GROẞ: Vielen Dank. – Frau Ecker und dann Frau Djalinous-Glatz.
ECKER: Es wird Maßnahmen brauchen, um den Zuverdienst quasi steuerlich zu entlasten, wenn man jemanden dazu bewegen will, dass er in der Pension noch etwas arbeitet. Es gibt in Oberösterreich eine Befragung, eine Studie, die zeigt, dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen 13 von 100 Senioren, Pensionisten etwas dazuverdienen wollen, und unter der Prämisse, dass es steuerlich entlastet ist und es nicht so viele Hürden gibt, wäre das ein Viertel, das heißt, 25 von 100 würden sich dann dafür entscheiden, etwas dazuzuverdienen. Ich bin auch davon überzeugt, dass das in der jetzigen Situation manche gar nicht so freiwillig machen, denn viele sind auch früher in Pension gegangen und stellen jetzt fest: Wenn ich wenigstens 10 Stunden dazuarbeiten könnte, dann könnte ich mir die Miete leichter leisten oder die Gasrechnung leichter bezahlen – das ist eine Tatsache, ja –, wenn ich aber etwas dazuverdiene, dann verliere ich meinen Pensionsanspruch. – Das ist halt schon sehr kontraproduktiv, da gehört auf jeden Fall etwas gemacht. Was heute noch gar kein Thema war, ist: Wir reden vom Arbeitskräftemangel. Ja, der ist gegeben, der wird allein durch unsere Senioren nicht gelöst werden können, das müssen wir ehrlicherweise feststellen. Es braucht also dort eine Entlastung, damit der Zugang leichter wird und der Verlust auf der anderen Seite nicht so groß ist. Die Arbeitslosigkeit steigt aber leicht an, und wir stellen bei den Teilnehmerinnen, Teilnehmern in Schulungen und denen, die Arbeitslosengeld beziehen schon fest, dass sie bei jenen Menschen, die nicht aus Österreich kommen, im größten Ausmaß steigt.
SHETTY: Aber die FPÖ ist ja auch gegen qualifizierte Zuwanderung, wenn es um den Arbeitskräftemangel geht.
ECKER: Darum geht es jetzt nicht (SHETTY: Na ja!), sondern das heißt, Schulungen kosten unser Sozialsystem etwas und Arbeitslosigkeit belastet unser Sozialsystem, und da muss man schauen, dass man diese Menschen auch in Beschäftigung bringt, denn man kann unserem Sozialsystem nicht quasi nur entnehmen und nichts zurückgeben und einbezahlen. Da ist ein eklatanter Widerspruch, und wenn wir diese Arbeitskräfte – ja – brauchen, und wir sie in Schulungen ausbilden, dann gehe ich davon aus, dass die nachher nicht nur erwerbsfähig, sondern auch erwerbstätig sind und in unser System einzahlen.
GROẞ: Bitte.
DJALINOUS-GLATZ: Ich wollte kurz auf das Thema Fachkräftemangel zurückkommen. Ich glaube auch, dass die Pensionisten nicht unseren Fachkräftemangel beseitigen werden, weil dort, wo Personen gesucht werden, das ist der Bereich der Pflege oder im Gastgewerbe, belastende Arbeitsbedingungen sind, und es ist eine Illusion, dass da die Pensionisten großflächig einspringen werden. Ich wollte noch etwas zu dem Vorschlag sagen, dass die Pensionsbeiträge beseitigt werden sollen, wenn man über das Regelpensionsalter arbeitet: Das finde ich nicht so einen guten Vorschlag, weil die Pensionsbeiträge, die man einzahlt, erhöhen mir ja auch meine spätere Pension, und zweitens, wenn man auch den Dienstgeberbeitrag zur Pensionsversicherung beseitigt, hätte das zur Konsequenz, dass ältere Arbeitnehmer über dem Regelpensionsalter, die eigentlich schon durch ihre Pension abgesichert sein sollten, günstiger wären als Leute im Erwerbsalter, und das, glaube ich, kann nicht unser Ziel sein, dass quasi Pensionisten für den Arbeitgeber wieder günstiger sind als Leute im Erwerbsalter, die noch keine Pension haben.
GROẞ: Okay. – Bitte, Herr Pinggera.
PINGGERA: Ich glaube, dass wir einen Weg suchen müssen – wie immer der auch ausschaut –, dass wir im Alter ein altersgerechtes Arbeiten ermöglichen, nicht nur bis 65, sondern auch darüber hinaus. Wir merken das ja bei den Anfragen, die kommen: Ich bin jetzt schon 65, ich bin in Pension, aber 10 Stunden zweimal in der Woche würde ich jetzt noch gerne arbeiten, aber nicht im Sommer, denn da fahre ich länger weg, oder nicht während der Schulzeit, denn da habe ich das Enkerl! – Also diese Flexibilität, die man sich ein Leben lang gewünscht hat, zu sagen, ich muss nicht mehr, ich darf jetzt arbeiten, sollte man ermöglichen, möglichst einfach – ein Ansatz war eben im Beitrag, wie auch immer man das löst, über einen Freibetrag, was auch immer –, und dieses Potenzial abholen, weil es unheimlich viel bringt, auch an Zufriedenheit für die Menschen und auch vielleicht den Zuverdienst in einer gerade mit Inflation belasteten Zeit. Da gibt es viele Motive, viele Möglichkeiten, aber diese Gestaltungsfreiheit müssen wir uns irgendwie systemisch erarbeiten: dass das einfach ist, und nicht in der Art, dass man jedes Mal eine Anmeldung machen muss, weil einem jetzt einer aushilft, beispielsweise der Nachbar. Das ist, glaube ich, die Problematik dahinter.
ECKER: Und es werden sich jetzt nicht die Massen mit 65 dafür entscheiden, 38 Stunden zu arbeiten, also das, glaube ich, relativiert sich dann von selbst.
GROẞ: Wir haben noch 10 Minuten und ich möchte in diesen 10 Minuten trotzdem noch einmal auf den Beginn eigentlich dieser Sendung zurückkommen, und über einen grundlegenden, einen möglichen Systemwandel sprechen. Herr Shetty, Sie haben das ja angesprochen. Ich möchte Sie jetzt beim Wort nehmen und Sie fragen: Was konkret würde Ihnen denn vorschweben, wenn es um einen grundlegenden Systemwandel geht?
SHETTY: Ja, wie ich schon, glaube ich, mehrfach gesagt habe: Man muss das Rad nicht neu erfinden. Das gilt übrigens, denke ich, für die Politik ganz grundsätzlich. Man muss nicht immer die beste neue Idee haben, sondern kann sich anschauen: Wo funktioniert denn etwas schon besser als in Österreich? – Und gerade wenn wir über das Pensionssystem reden, dann sind natürlich die skandinavischen Länder ein großes Vorbild, natürlich auch mit differenzierten Systemen, aber da kann man sich ja auch jeweils etwas herausnehmen. Ich glaube, was wichtig ist, was ich schon angesprochen habe, ist, dass wir ein einheitliches Pensionskonto haben: das für die Menschen transparent ist, das einsehbar ist, das auch durchschaubar ist und nicht 1 000 Ausnahmen und Sonderausnahmen hat, also ein Pensionskonto für alle, durch das man auch immer weiß, wie viel Pension man zu einem bestimmten Stichtag bekommt. Wir sind der Meinung, dass es eine Einführung eines Referenzpensionsantrittsalters braucht, das sich eben an der Lebenserwartung orientiert, und ja, wenn wir 15, 20 Jahre länger leben, als noch vor Jahrzehnten, dann wird das auch etwas mit dem Pensionsantrittsalter machen müssen. Ich glaube, das sagt einem ja der Hausverstand.
GROẞ: Und was ist mit der zweiten und dritten Säule, auf das wollte ich eigentlich hinaus? Es gibt eine Mercer-Studie aus dem Vorjahr, und jetzt werden manche sagen: Oje, das sind dann diese Studien, die die Versicherer und alle, die halt irgendwelche sozusagen Produkte in diesem Bereich verkaufen wollen, immer aus der Schublade ziehen!, aber ich finde, es lohnt sich trotzdem, darüber nachzudenken und sich das anzuschauen. Das österreichische Pensionssystem, sagt diese Mercer-Studie, ist wenig nachhaltig. Im Vergleich mit 44 ausgesuchten Ländern schneidet Österreich bei der Nachhaltigkeit sogar am schlechtesten ab, und Nachhaltigkeit in dem Zusammenhang heißt hier: Kann es weiter liefern? Also kann das System weiter liefern? Das hat damit zu tun, dass in Österreich, anders als in den meisten anderen Industrieländern, die erste, also die staatliche, Säule fast die gesamte Last trägt, während die betriebliche und die private sehr schwach ausgeprägt sind. Da wäre meine Frage: Könnte man nicht doch dem Gedanken nähertreten, dass man vielleicht – jetzt nicht nach amerikanischem Vorbild irgendwie halt den Arbeitnehmern überlässt, sozusagen selber am Aktienmarkt zu spekulieren, damit man dann für den Lebensabend vorgesorgt hat – aber doch zum Beispiel die zweite Säule, die betriebliche Vorsorge, noch ausbaut und stärkt. Da ist ja derzeit bei uns doch relativ wenig möglich und drinnen.
SHETTY: Ja, also ich würde das auf jeden Fall bekräftigen. Es gibt natürlich noch viel mehr zu sagen, aber das ist auf jeden Fall ein ganz wichtiger Punkt. Übrigens, diese Mercer-Studie, die auch immer wieder bescheinigt, dass Wien die lebenswerteste Stadt der Welt ist – da beruft man sich nicht darauf, dass das irgendwelche Spekulanten und Versicherer sind –, ist, glaube ich, durchaus seriös, diese Betrachtungsweise. Und die stellt eben Österreichs Pensionssystem nicht nur ein nicht so gutes, nicht ein schlechtes, sondern ein katastrophales Zeugnis aus in Hinblick auf die Nachhaltigkeit. Vor allem der Aspekt, wie es denn in 15, 20, 30 Jahren ausschaut: Ja, da ist natürlich ganz wichtig, was Sie angesprochen haben, einen stärkeren Fokus auch auf die zweite und auf die dritte Säule zu legen. Das heißt nicht, dass wir diesbezüglich alles über Bord werfen müssen. In Deutschland zum Beispiel wird auch über eine sogenannte Aktienrente geredet. Die soll nicht alles ersetzen, aber einen kleinen Teil eben auch über die Aktienmärkte abdecken. Und das ist natürlich sinnvoll. Da geht es nicht darum, wie dann teilweise vorgehalten wird, das alles jetzt zur Spekulation freizugeben, sondern die Chance, die die Entwicklung auf den Aktienmärkten eröffnet – wenn man sich die großen Aktienindizes, die weltweiten Indizes, anschaut, dann war das ja auch in den letzten Jahrzehnten eine unglaubliche Entwicklung –, zu nützen und nicht nur denen vorzubehalten, die sich gut damit auskennen und die halt wissen, wie sie damit Geld machen, sondern auch der breiten Masse. Ich würde das für sehr sinnvoll erachten und für sehr gerecht.
MUCHITSCH: Vielleicht - - (SHETTY: Zur Mercer-Studie vielleicht?) Zur Mercer-Studie, ja: Nehmen wir eine Studie, die für die Diskussion passt. Nein, ich zweifle das gar nicht an, aber Fakt ist, man muss schon die zweite und dritte Säule im internationalen Vergleich unterscheiden. Die Arbeitgeber in Österreicher zahlen ja bei der ersten Säule mit ein. Das ist in anderen Ländern nicht so. Das heißt, der Arbeitgeber zahlt ja schon im gesamten ASVG-Bereich in der ersten Säule mit ein. Deswegen ist ja die erste Säule so stabil und so wichtig, das ist die sicherste Säule. Diese Pensionen werden nicht am Aktienmarkt veranlagt und da wird nicht spekuliert. Erinnern wir uns an die Finanzkrise 2008. All jene Arbeitnehmer, die über die betriebliche Pensionssäule animiert worden sind, auf Einkommen zu verzichten, damit sie dann eine höhere Pension haben, die haben dort bis zur Hälfte ihrer Pension verloren. Mit Pensionen spekuliert man nicht. Und ich bin lieber für eine sichere Säule, und die sicherste Säule ist die staatliche Pensionssäule. Und wenn wir schon immer von den Kosten reden, dann lassen Sie mich das noch anbringen – wenn man sagt, wie viel Milliarden da hineinfließen und, und, und –: Diese Gegenrechnung, nämlich dass die Pensionistinnen und Pensionisten die größten Garanten für die Konjunkturbelebung sind, nämlich im Konsumverhalten, weil das Geld überwiegend in diesem Land bleibt, das muss man vielleicht einmal miteinrechnen. Was kassiert der Finanzminister retour an Steuern aus diesen Pensionen? Und wenn wir dann auch noch, Kollegin Ecker hat es am Anfang angeschnitten, die ganzen Nebenfinanzierungen hinausrechnen, zum Beispiel bei den ASVG-Versicherten, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, dann haben wir eine Beitragsdeckung von 98 Prozent. Und weil das Jahr 1956 angeschnitten worden ist: Was war damals das Ziel des Umlageverfahrens? – Eine Drittelfinanzierung: Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Staat. Also wir sind in diesem ASVG-Bereich weit weg von einer Drittelfinanzierung vom Staat. Und deswegen sage ich: Wenn wir uns dieses Pensionssystem leisten wollen, dann können wir es uns leisten. Wir müssen nur an gewissen Schrauben drehen, um für die Zukunft auch die Finanzierbarkeit zu sichern.
ECKER: Zu dem Dreisäulenmodell: Ja, ich bin mit dabei; wir zahlen alle gesetzliche Pensionsbeiträge und erwarten uns dafür eine gesetzlich garantierte Pension. Die betrieblichen Zusatzpensionen: Ich meine, jetzt gibt es dieses Abfertigungsgesetz Neu, das ja schon lang nicht mehr neu ist, das ist mittlerweile auch schon etwas alt, das zwar an Abfertigung am Ende des Tages viel weniger ergibt, aber trotzdem in einer Rentenzahlung ausbezahlt wird. Das heißt, für heute jüngere Menschen wird sich das hoffentlich am Ende des Tages einigermaßen spürbar im Geldbörsel niederschlagen. Und die private Vorsorge ist so, und das muss man ganz ehrlich feststellen: Die, die es sich leisten können, die brauchen jetzt nicht wirklich privat vorzusorgen, denn die haben irgendwo eine Stiftung, die haben ein großes schönes Haus, die haben ein Bankkonto und irgendwo einen Fonds. Und die anderen können es sich nicht leisten, also gerade die Frauen. Ich meine, wir halten auch immer Vorsorgevorträge für Frauen, aber eher in der Prämisse, dass man sich das Pensionskonto anschaut, dass man überlegt: Wann gehe ich in Pension? Später gehen mag ich vielleicht nicht, aber zwei Jahre länger arbeiten, heißt, ich krieg ein bisschen mehr Pension!, also insofern diese Beratung. Aber bei den Pensionskassen und den Betrieblichen muss man schon auch dazusagen, da kann man es sich als Arbeitnehmer nicht aussuchen und ich kann auch nicht wechseln. Ich habe selber einen Auszug zu Hause, wo ich dann sehe, als Pflegemutter war das Einkommen nicht so groß, wo die Abgaben - ‑ am Ende des Tages weniger rauskommt, als ich eigentlich dann als Gutschrift dafür bekomme, und ich kann aber auch nicht wechseln.
GROẞ: Wir kommen schön langsam zum Ende. Ich möchte die letzte Runde einläuten und möchte Sie fragen, und beginne bei Ihnen, den beiden Experten, weil heute so viel von Schräubchen und Schrauben die Rede war, an denen wir drehen können, müssen, sollen: Was wäre denn aus Ihrer Sicht jeweils die wichtigste Schraube, an der man jetzt drehen muss?
DJALINOUS-GLATZ: Wenn man direkt auf die Pensionen schaut: Ein großes Thema, wie ich schon erwähnt habe, sind die Frauenpensionen. Das heißt, bei dem Thema sollten wir wirklich was machen, aber sowohl bei der Infrastruktur, die verbessert gehört, für Pflegeeinrichtungen und Kinderbetreuungseinrichtungen, als beispielsweise auch bei den Kindererziehungszeiten und auch bei der Anrechnung, wenn man Angehörige pflegt.
GROẞ: Herr Pinggera.
PINGGERA: Für mich wäre es der behutsame Umgang mit dem System; nicht glauben, dass man durch Lösungen über alle Millionen Versicherte, weil man einen Einzelfall hat, was bewegen muss. Also ich glaube, es ist gescheiter, einmal zu sagen: Warten wir es ab, schauen wir es uns an! Ja, Inflation tut weh, schauen wir uns an, welche Folgen das hat, aber nicht - - Wir haben voriges Jahr bis Jahresmitte fünf Sonderzahlungen administriert, jedes Monat eine andere Höhe, einen anderen Bezieherkreis, eine andere - ‑ Das sind lauter Schnellschüsse. Hören wir auf mit Schnellschüssen! Das System ist zu wertvoll, um es dadurch zu gefährden.
GROẞ: Vielen Dank. Herr Zarits.
ZARITS: Ich glaube, wir haben heute sehr, sehr unterschiedliche Meinungen auch diskutiert. Ich möchte nur zurückkommen: Ich glaube, dass die staatliche Pension für uns extrem wichtig ist, aber man darf die zweite und die dritte Säule auch nicht weglassen. Ich glaube, das kann ja auch eine gute Kombination sein. Für mich ist das Entscheidende, um das System dementsprechend zukunftsfit zu halten, dass wir das faktische Pensionsalter an das gesetzliche heranführen. Ich denke, dann ist schon viel getan. Hier müssen Maßnahmen gesetzt werden, wie wir vorher auch diskutiert haben, um das faktische an das gesetzliche anzupassen, und dann, glaube ich, ist schon viel getan, um für die Zukunft auch fit zu sein.
GROẞ: Vielen Dank.
ECKER: Es braucht arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, dass wir die Frauen länger in der Beschäftigung halten. Höhere Frauenpensionen kommen auch dadurch zustande, dass Frauen mehr verdienen. Das heißt, Arbeit am Menschen wird noch immer viel weniger bezahlt als Arbeit mit Maschinen, das ist auch eine Tatsache. Wir müssen schauen, dass wir die Menschen länger gesund halten. Wir werden immer älter, besonders auch die Frauen, aber wir werden eben zum Großteil nicht so gesund alt, dass wir das wirklich auch genießen können. Es braucht Kinder in diesem Land, das ist auch eine Tatsache. Ja, es braucht mehr Familien, die sich das leisten können und wollen.
GROẞ: Okay. Wichtigste Schraube, Herr Muchitsch?
MUCHITSCH: Es sind vier Schrauben, ganz schnell. Altersgerechtes Arbeiten: Wenn uns das gelingt, Maßnahmen zu finden, damit die Menschen länger arbeiten können, gesund arbeiten können, erhöhen wir automatisch das faktische Pensionsantrittsalter. Das Zweite ist: Alle geleisteten Arbeitsstunden in dieser Republik müssen erfasst werden und dementsprechend dann auch, zur Finanzierung, sozialversicherungspflichtig sein. Und der letzte Punkt: zweite, dritte Säule: ja, freiwillig, aber nicht auf Kosten und zu Lasten der ersten Säule.
GROẞ: Danke schön. Herr Shetty.
SHETTY: Ich habe nicht vier Schräubchen, dafür zwei größere Schrauben. Also Punkt eins: ich würde sagen, die Neuaufstellung unseres Pensionssystems mit einer Anpassung des Referenzantrittsalters an die Lebenserwartung. Ich habe es davor ja, glaube ich, schon ausgeschildert, wie wir uns das vorstellen. Und ein zweiter Punkt vielleicht noch, den wir jetzt hier gar nicht diskutiert haben: Schluss mit diesen unnötigen populistischen Pensionserhöhungen außertourlich vor Wahlen! Das ist Populismus pur und nutzt niemandem und schadet dem Pensionssystem nachhaltig.
GROẞ: Vielen herzlichen Dank Ihnen allen für diese Diskussion. Meine Damen und Herren, Ihnen danke für Ihr Interesse und fürs Dabeisein. Bleiben Sie gesund, machen Sie es gut! Bis zum nächsten Mal!