Karin LIEBHART: Das heißt, Leute sprechen nicht aus der gleichen Position, haben nicht die gleichen Chancen, gehört zu werden. Sprechen aus einer Position der Ausgrenzung oder sprechen gar nicht.
Anna DURNOVA: Wir reden von den Emotionen von Frauen ganz anders als von jenen der Männer. Es ist auch ideologisch aufgeteilt. Und ich glaube, uns das bewusster zu machen, würde uns allen ein bisschen guttun.
Jingle: Rund ums Parlament. Der Podcast des österreichischen Parlaments.
Tatjana LUKÁŠ: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von "Rund ums Parlament", dem Podcast des österreichischen Parlaments. Mein Name ist Tatjana Lukáš und ich freue mich sehr, dass ihr wieder dabei seid. Wir beschäftigen uns immer noch mit der Frage rund um das Thema ob und warum eventuell die Demokratie weltweit auf dem Rückzug ist. Und in dieser Folge machen wir genau dort weiter, wo wir in der letzten aufgehört haben. Denn letztes Mal, ihr erinnert euch, haben wir unter anderem darüber gesprochen, ob das Vertrauen in die demokratischen Institutionen sinkt. Und die Zahlen sagen, das haben wir festgestellt, dass es auf jeden Fall in Österreich momentan tatsächlich so ist. Damit geben wir uns aber natürlich nicht zufrieden und schauen uns in dieser Folge an, was die Gründe dafür sein könnten. Dazu eingeladen habe ich mir, wie immer, zwei sehr spannende Gesprächspartnerinnen. Willkommen, Anna Durnova, Professorin für politische Soziologie an der Universität Wien.
DURNOVA: Vielen Dank für die Einladung.
LUKÁŠ: Danke fürs Kommen. Und willkommen, Karin Liebhart. Sie sind Politikwissenschaftlerin und Privatdozentin, ebenfalls an der Uni Wien.
LIEBHART: Herzlichen Dank für die Einladung.
LUKÁŠ: Danke, dass Sie uns heute mit Ihrer Expertise unterstützen, weil es ist wirklich eine spannende Frage und es ist gut zu wissen, dass zwei Menschen, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen, uns heute hier ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.
Wir starten ja heute unseren kleinen und eher kurzen Spaziergang hier im Besucherzentrum des Parlamentsgebäudes, dem sogenannten Demokratikum. Wir waren hier auch schon ein oder zweimal in diesem Podcast. Falls ihr, liebe Hörerinnen und Hörer, euch nicht mehr daran erinnern könnt, dann könnt ihr einfach mal in die älteren Folgen von "Rund ums Parlament" reinhören. In einer der ersten Folgen haben wir nämlich hier eine Tour durch die Ausstellung "Erlebnis Parlament" gemacht und da hört ihr, was man hier alles lernen und erleben kann. Und heute stehen wir vor einer Wand, die die Geschichte der österreichischen Demokratie in den 1930er-Jahren beschreibt. Da kommt auch schon meine erste Frage an Sie beide. Frau Liebhart, Frau Durnova, ich frage jetzt mal einigermaßen provokant: Sehen Sie Parallelen zwischen heute und der Zeit unmittelbar vor dem Umsturz zum Nationalsozialismus? Oder ziehen wir den Vergleich nur gerne, weil man damit alles so gut zuspitzen und die Emotionen ein bisschen schüren kann? Frau Liebhart?
LIEBHART: Wenn ich auf diese Wand schaue und generell, dann sehe ich zuallererst mal einen ganz großen Unterschied, weil die Zeit vor der Machtübernahme des Nationalsozialismus in Österreich war die Zeit des Austrofaschismus. Und das ist ja etwas, das war mit Demokratie gar nicht kompatibel. Und insofern würde ich sagen, das sind ganz unterschiedliche Kontexte, über die wir sprechen. Auch wenn man sagen kann, ja, man sieht Ausgrenzungsprozesse, es gibt ein Ansteigen von Antisemitismus, es gibt Rassismus gegen Minderheiten, gegen Personen, die Asyl suchen in Österreich. Es gibt einen starken Antifeminismus, es gibt wirtschaftliche Problematiken, aber es gibt doch wesentliche Unterschiede.
LUKÁŠ: Frau Durnova, wie sehen Sie das?
DURNOVA: Ich würde vielleicht noch eine Stufe früher beginnen, indem ich als Soziologin frage, wo kommt das eigentlich her? Warum zieht man diese Vergleiche überhaupt? Und wenn wir jetzt auch weg von den politischen Institutionen gehen, die jetzt meine Kollegin auch reichlich beschrieben hat, in den Alltag sozusagen, also ins Leben, dann sehen wir natürlich Ausgrenzungen, die uns an 100 Jahre davor tatsächlich erinnern. Wir sehen einen Rückschlag bei Frauenrechten. Verkürzt sehen wir eigentlich wesentliche Errungenschaften der Emanzipationsbewegungen im 20. Jahrhundert unter Beschuss. Also Dinge, die wir gedacht haben, dass sie nicht mehr zur Diskussion stehen. Schwangerschaftsabbrüche, Rechte der Minderheiten, aber auch die Demokratie selbst. Wir dachten, das haben wir doch nach dem Zweiten Weltkrieg gelöst. Das alles kommt zurück. Dazu kommt auch noch eine Stimmung, die nicht unwesentlich ist. Wir bewegen uns noch immer in den sogenannten post-pandemischen Zeiten. Wir sehen erst jetzt die Folgen, die gesundheitlichen Folgen, die psychischen Folgen. Die Psychiatrien, die Kinderpsychiatrien, Jugendpsychiatrien schlagen Alarm, nicht nur in Österreich. Wir sehen auch multiple Krisen, so wie wir das auch nennen. Also Leute, die auch mit den Folgen des Kriegs in der Ukraine zu kämpfen haben, aber auch die alltäglichen Probleme. Gerade Wien steht jetzt auch vor einer neuen Herausforderung der Integration der Flüchtlingskinder. All das sind Dinge, die den Alltag erschweren und die vor allem auch eine, wenn Sie so wollen, Verhaltensreaktion immer wieder machen – warum muss ich jetzt noch was machen? Eine Irritation, die sich durch den Alltag zieht. Diese Irritation führt dann tatsächlich auch zu radikalen Einstellungen, zu einem Wunsch nach Bruch, dass endlich etwas passiert, dass ein radikaler Bruch kommt. Das ist natürlich ein sehr fruchtbarer Boden für jegliche populistische Bewegungen. Genau diese Irritation und das es muss sich was ändern.
LUKÁŠ: Vielen Dank für diese erste Analyse. Man hat es schon gehört, wir sprechen heute über den öffentlichen Diskurs, der wird unser großes Thema dieser Folge sein. Also darüber, wie wir in der Öffentlichkeit miteinander sprechen. Und da spielen ja auch viele Gefühle mit rein, in diesen öffentlichen Diskurs. Ich möchte jetzt mal eine These in den Raum stellen und die klopfen wir dann ab. In politischen Diskussionen wird ja immer weniger zugehört, sag ich jetzt mal. Ein respektvoller Austausch von Argumenten ist seltener geworden, hört man auch oft. Und stattdessen wird mehr in Schubladen gesteckt und Menschen mit anderer Meinung von vorneherein abqualifiziert. Umgekehrt bleibt man selber aber eigentlich gerne in der eigenen Meinungsblase. Was sagen Sie zu diesem Statement? Ist diese Diagnose zutreffend? Hat das auch vielleicht mit sozialen Medien zu tun, wie man das oft in Begleitung von diesen Statements hört? Wie sehen Sie das, Frau Durnova?
DURNOVA: Ich könnte jetzt kurz provokant zurück antworten, indem ich sage: Ist es nicht so, dass es das eigentlich immer schon gegeben hat, nur ist es jetzt durch die Technologien sichtbarer geworden? Wir hatten immer Kreise, in denen wir gesprochen haben. Wir hatten eine unheimliche Elitengesellschaft, noch vor 100 Jahren. Und all das sehen wir jetzt. Die sozialen Medien waren eine kommunikative Eröffnung der Öffentlichkeit und für viele auch eine Hoffnung, dass wir durch diese Transparenz in dem öffentlichen Diskurs mehr Demokratie schaffen. Jetzt sieht es allerdings so aus, dass wir eigentlich erkannt haben, wie sehr unterschiedlich wir leben, wie sehr wir miteinander nicht wirklich reden können. Und ich glaube, das ist die Stimmung, die wir jetzt gerade erleben. Weil wenn jeder von uns ein bisschen in die Vergangenheit schaut – was waren die Freizeitkreise, in denen man verkehrt hat und wie sehr haben sie sich auch sozial überschnitten oder ideologisch überschnitten –, dann wird man feststellen, dass es so eine Buntheit nie gegeben hat. Aber wir hatten auch nicht diese Begegnungsmöglichkeiten. Wir haben eine gewisse Nähe und Transparenz geschaffen, die aber auch ganz mit Emotionen gefüllt sind, weil man jetzt erst recht die Politiker im sozialen Raum anbrüllen kann. Weil man denen jetzt erst recht, vor allem zum Beispiel Frauen, nicht nur in Österreich, aber im Allgemeinen in dem politischen Diskurs, auch private Nachrichten schickt, die sehr grenzwertig sind. All das war früher nicht möglich. Man hat nicht einen Brief geschrieben und den dann per Post abgeschickt. Aber mit einer X-Nachricht oder was auch immer ist das viel schneller geworden. Und daher neigen wir auch dazu, viel polarisierter und viel aufgebrachter, wenn Sie so wollen, miteinander umzugehen.
LUKÁŠ: Frau Liebhart, wie bewerten Sie diese Aussage? Wird alles immer ausgrenzender beziehungsweise immer mehr in der eigenen Blase verhandelt?
LIEBHART: Ich denke, es gibt zwei parallele Entwicklungen. Zum einen wird die Öffentlichkeit vielfältiger. Es gibt mehrere Öffentlichkeiten. Vor Jahrzehnten oder einem Jahrhundert gab es die Straße, das Parlament, es gab vielleicht das Kaffeehaus. Jetzt gibt es unzählige Möglichkeiten, sich öffentlich oder halböffentlich zu äußern. Wenn man sich halböffentlich, etwa auf sozialen Netzwerken, äußert, kann das auch sehr öffentlich werden. Da verschwimmen die Grenzen. Das heißt, die Räume werden größer und vielfältiger dafür. Gleichzeitig wird alles sehr viel komplizierter und komplexer und differenzierter. Das hat Anna Durnova eh schon erwähnt. Und das überfordert ganz viele Menschen, die dann nach einfacheren Erklärungen suchen. Und genau da setzen Verschwörungstheorien an, die ja auch nochmal eine besondere Konjunktur mit der Pandemie bekommen haben. Genau dort setzen Populisten an, die ganz einfache polarisierende Weltbilder anbieten, die das Volk und dagegen die Eliten setzen, die können Feinde sein. Das sind in den meisten Fällen Feinde, die intern sind. Dann ist es vielleicht die Regierung. Das können extern konstruierte Feinde sein. Dann ist es wahrscheinlich die Bürokratie in Brüssel oder Europa oder die EU oder vor allem die Flüchtlinge und die Asylwerber, Asylwerberinnen. Diese ganz einfache Einteilung der Gesellschaft in so einem Schwarz-Weiß-Schema und die Buntheit, die du vorher auch angesprochen hast, an Informationen, an Möglichkeiten, die sich auch eröffnen, verschwindet dann in so einer binären Konstruktion zwischen In-Gruppe und Out-Gruppe. Und ich denke, das ist schon ein Problem für die Politik.
DURNOVA: Wenn ich da kurz einhaken darf. Ich glaube, dass die Überforderung, die gerade Karin Liebhart angesprochen hat, und die Irritation, die ich vorher angesprochen habe, zwei wichtige Gefühlslagen sind, in denen wir uns derzeit im öffentlichen Diskurs bewegen. Wenn wir uns das anschauen, also Irritation und Überforderung, dann verstehen wir diesen polarisierten Diskurs auch ein Stück weit anders. Wir haben mehr Informationen denn je zur Verfügung. Wir haben mehr Möglichkeiten denn je zu kommunizieren. Und vielleicht auch gerade deshalb läuft einiges schief, weil wir konstant irritiert sind, irritiert sein können und konstant uns überfordern können. Das ist ganz wichtig, im Blick zu lassen.
LUKÁŠ: Jetzt ist es ja so, in letzter Zeit hat es immer wieder Anschläge auf Politikerinnen und Politiker gegeben. In Deutschland und besonders schlimm in der Slowakei, wenn wir an den Premierminister Fico denken, der lebensgefährlich sogar verletzt worden ist. Wo glauben Sie, kommt das her?
LIEBHART: Also ich denke, dass es schon sehr viel mit der Sprache auch zu tun hat, die im öffentlichen Diskurs, in der Politik, in allen möglichen Bereichen auch verwendet wird. Dass das, was man unter Hatespeech oder unter aufhetzender, verhetzerischer Sprache versteht, schon eine Vorstufe sein kann zu Gewalttaten, die dann auch manifest werden. Ich möchte damit jetzt nicht sagen, dass es automatisch eine gewisse Logik gibt, dass von hetzerischer Sprache zu manifester Gewalt irgendwie ein linearer Weg führt. Aber die Sprache, die Art und Weise, wie wir miteinander reden, ob wir zuhören oder ob wir uns, nicht einmal mehr Argumente, Beschuldigungen, was auch immer, gegenseitig an den Kopf werfen – das macht schon sehr viel mit dem Klima. Das ist die eine Sache, das Klima, in dem wir miteinander umgehen. Und die zweite Sache ist, dass es schon auch Studien gibt – die kann ich jetzt nicht quantifizieren –, aber es gibt Untersuchungen, die sagen, Personen, die sich ganz besonders ohnmächtig fühlen, haben dann so eine Art Handlungsermächtigung. Die ermächtigen sich selber als Subjekt, indem sie einen Akt setzen, der ganz sicher Aufmerksamkeit erzeugt und ein ganz krasser Akt ist. Das ist auch keine Logik, die automatisch funktioniert. Dass jeder Mensch, der sich nicht gehört fühlt oder der sich nicht repräsentiert fühlt oder meint, er oder sie könnte eh nichts beeinflussen, dann sich überlegt, so etwas zu tun. Wie zum Beispiel einen Anschlag auf eine Person zu machen. Aber es dürfte schon auch einen gewissen Zusammenhang damit geben. Vor allem die Sprache ist ein wichtiger Punkt.
LUKÁŠ: Frau Durnova, ist das eigentlich etwas Neues, dass die Politik so stark polarisiert? Politik polarisiert immer, aber diese Vehemenz, mit der das aktuell passiert, ist das ein Novum?
DURNOVA: Ich glaube nicht, dass es unbedingt ein Novum ist. Die Politik ist auch die Kunst und der Kampf um die Wahrheit, schon immer gewesen. Von dem her ist es auch verständlich, dass wir uns gerade über diese Werte, die wir verkörpern oder verkörpern wollen, auch streiten. Jetzt ist aber die Heftigkeit des Streites tatsächlich da und wir stellen fest, dass es immer auch zu Gewalttaten kommt. Ich glaube aber nicht, dass wir einen Auslöser da finden können. Dass wir sagen können, deshalb ist es jetzt heftiger geworden. Vielmehr sind das multiple Sachen, die miteinander zusammenhängen. Eine davon ist die bereits erwähnte Sprache. Die andere ist auch die Nähe, die von der Politik selbst gefordert und geschaffen wurde. Also wir sind, nicht nur durch soziale Medien, daran interessiert, die Politik greifbarer zu machen, näher an die Menschen, weil wir auch auf die Menschen angewiesen sind, weil sie uns dann in den Wahlen das Vertrauen geben wollen. Das heißt, wir vereinfachen die Inhalte, wir kommunizieren miteinander. Und das geht jetzt in der letzten Zeit durch diese Irritation und Überforderung, über die ich gesprochen habe, in Übergriffe. Nicht immer, aber manchmal. Das sind Einzeltaten, die entstehen in einer gesellschaftlichen Struktur von Überforderung, Irritation, aber auch so einer Einladung zur Nähe, die in dem Fall radikal falsch verstanden wird. Und wie wir damit umgehen, ist, dass wir das einerseits trennen, das ist eine Einzeltat. Dass wir nicht verallgemeinern, aber dass wir schon aufpassen, dass Sprache eben auch Gewalt sein kann und Gewalt ist und dass wir auch Grenzen setzen. Dass wir uns nahetreten oder dass wir uns für die Sorgen der Leute interessieren, heißt jetzt nicht, dass wir so nah sind, dass es zu Übergriffen kommen kann. Zu nahe treten ist auch ein schöner deutscher Ausdruck, der das ganz schön sagt: Wenn man das zu nah macht, dann ist es unangenehm. Es ist diese Konstellation, über die wir jetzt gerade auch besser nachdenken sollten.
LUKÁŠ: Darf ich Sie beide einladen, dass wir vielleicht ins Auditorium weitergehen? Während wir spazieren, ziehen wir die nächste Frage. Wir sind jetzt eigentlich schon bei den sozialen Medien angekommen. In Ihrer Antwort wurden die ja bereits behandelt. Also sprechen uns diese sozialen Medien auch auf eine sehr emotionale Art und Weise an? Fördern die unsere Emotionsbereitschaft? Vielleicht Frau Liebhart?
LIEBHART: Die sozialen Medien selber fördern nicht so sehr die Emotionalitäts- und Emotionsbereitschaft. Das sind die Leute, die darin agieren. Und natürlich wird das über Algorithmen und so weiter verstärkt. Aber es hat, denke ich, auch schon damit zu tun, mit diesem halb privat, halb öffentlichen, sich selber darstellen, um Aufmerksamkeit konkurrieren, in einem Wettbewerb stehen mit anderen. Das ist ja auch ein sehr stark neoliberales Modell, dass man immer in einem Wettbewerb ist, dass man so viele Likes wie möglich haben muss, dass man raussticht aus der Masse. Aufmerksamkeit kriegt man mit Emotionen sehr gut oder mit Botschaften, auch mit Bildern natürlich, die sehr stark emotionalisieren. Insofern ist das schon ein guter Kontext dafür, eine gute Spielwiese dafür, wenn ich das recht harmlos jetzt sagen kann. Aber ich denke, es sind nicht die sozialen Medien selber, sondern es ist die Art und Weise, wie man umgeht damit. Weil mir würden genug traditionelle Medien und Printmedien einfallen, die Polarisierung, Emotionalisierung und Sprache, die nicht gerade zur Differenzierung und zum Verständnis beiträgt, auch sehr stark fördern. Oder vielleicht auch Fernsehsender.
LUKÁŠ: Ja, das stimmt. Dann kann man eigentlich sagen, weil ja den sozialen Medien oft dieses Schwarz-Weiß-Denken vorgeworfen wird – auch das kann in allen Medien sehr gut transportiert werden. Richtig, Frau Durnova?
DURNOVA: Ja, ich glaube, man könnte auch wieder mal einen Blick weg von den sozialen Medien wagen. Der französische Soziologe Bruno Latour hat einmal gesagt, dass die Technologie nie in einem Vakuum entsteht, sondern sie füllt Bedürfnisse der Gesellschaft. Deshalb wäre auch die Frage, welche Bedürfnisse werden damit eigentlich gesättigt. Dass Kommunikation emotional ist oder emotional sein soll, ist letztendlich auch eine ihrer wichtigen Rollen, das Erhalten einer Gemeinschaft. Wir wissen auch, dass es im Rahmen des 20. Jahrhundert einen massiven Ausbau an Kommunikationsstrategien gegeben hat im Marketing, in der Werbeindustrie, Dinge emotionaler, greifbarer, schöner zu formulieren. Und die sozialen Medien sind ein nächster Schritt, die das eben, so wie meine Kollegin gesagt hat, einerseits in dem privaten Bereich auch ermöglichen – jeder kann sich selbst darstellen, kommunikativ, mit einer, wenn Sie so wollen, Kommunikationsstrategie. Das wird dann auch von der Politik genutzt, von der Gesellschaft, von den Journalisten. Es ist auch ein breiteres soziales Phänomen, eine Selbstdarstellung, eine Selbstoptimierung. So nennt das zum Beispiel die israelische Emotionssoziologin Eva Illouz. Dass wir auch in Zeiten des Kapitalismus in einer Selbstoptimierung leben und da Emotionen eine große Rolle spielen. Wir wollen Freude zeigen, wir wollen Hingabe zeigen und wir wollen das schön zeigen und wir wollen das im privaten Raum, bei unserem Urlaub oder bei den Freizeitfotos zeigen, aber auch in der Politik. Und die Politiker nutzen ja auch die sozialen Medien, nicht nur um gute Politiker zu sein, sondern auch gute Väter, gute Läufer, gute Radfahrer. Also auch all das ermöglicht die Technologie. Und warum? Weil wir eigentlich noch immer mit dieser Hoffnung verbunden sind, dass wenn wir emotionaler miteinander umgehen, wenn wir uns über alles unterhalten können, dann wird es uns besser gehen, dann werden wir uns besser kennen. Und gleichzeitig sehen wir, dass es nicht immer funktioniert. Dass wir eigentlich den Rückzug ins Private uns sehr wünschen würden. Das sehen wir einerseits an den Zahlen der Aussteiger aus den sozialen Medien. Die Leute nutzen das auch immer differenzierter, es gibt natürlich unterschiedliche Kohorten. Und dann sehen wir auch die Leute, die dann nicht mehr Medien konsumieren, weil sie einfach überfordert sind. Sie wollen sich das nicht mehr antun. Das sind so Anzeichen, wenn auch jetzt noch kleine, die uns zeigen, dass es uns gerade nicht so gut mit der Emotionalität und mit dieser ganzen Kommunikationsstrategie geht und dass wir das vielleicht noch einmal überdenken wollen.
LIEBHART: Ich würde gerne kurz einen Satz ergänzen zu der Nähe, zu der Privatheit, die du angesprochen hast, die man auch kommunizieren kann als politische Person über soziale Medien. Und das ist ja wirklich eine, nicht nur Wahlkampfstrategie, sondern wirklich eine politische Kommunikationsstrategie, um sowas wie Authentizität herzustellen. Um zu zeigen, wie man als echte Person unter Anführungszeichen ist, wenn man halt nicht gerade die Rolle des Politikers spielt. Und das wird ein immer wichtigerer Bereich auch in der politischen Kommunikation, vor allem auch dann, wenn man in einem Kontext sich befindet, wo permanent Wahlkampf ist. Nicht weil dauernd Wahlen sind, sondern weil die politische Kommunikation sich so entwickelt, als wäre ständig ein Wahlkampf. Und man immer um dieses knappe Gut Aufmerksamkeit konkurriert und dann halt mit allen möglichen Strategien das macht. Als Politikerin mich so hinzustellen und zu sagen, ich verwende Instagram so wie ihr auch alle, das können manche sehr gut, manche schaffen das weniger gut, ist eine Strategie, die diese Nähe herstellt oder vorspielt. Je nachdem.
LUKÁŠ: Man muss auch sagen, die traditionellen Medien bedienen sich ja wiederum den Instagram-Accounts und geben es dann auf ihre bunte Seite, wenn jemand mit dem Radl auf den Berg hinaufgeradelt ist.
LIEBHART: Genau.
LUKÁŠ: Also das funktioniert dann auf mehreren Ebenen.
Apropos privat, wir stellen unseren Gästen immer drei private Fragen, unter Anführungszeichen. Es bewegt sich in einem aushaltbaren Rahmen. Ich würde mit Ihnen, Frau Liebhart, beginnen. Frühling oder Herbst?
LIEBHART: Frühling, weil danach kommt der Sommer.
LUKÁŠ: Ja, Sommer ist gut, sehr gut. Kompromiss oder beste Lösung?
LIEBHART: Ist das ein Widerspruch? Es ist doch sehr oft der Kompromiss die beste Lösung.
LUKÁŠ: Und wo fängt für Sie Demokratie an?
LIEBHART: Für mich fängt Demokratie dort an, wo Menschen in Freiheit leben können, sich frei äußern können, sich zusammentun, sich versammeln können, miteinander überlegen können und aushandeln können und aus einem Angebot, was sie gern haben möchten, aus einem Angebot wählen können, wer sie für eine gewisse beschränkte Zeit vertreten soll. Und wenn Ihnen das nicht gefällt, diese Vertretung auch wieder entfernen aus dem Amt.
LUKÁŠ: Im besten Fall funktioniert das, vielen Dank. Liebe Frau Durnova, selbe Fragen. Frühling oder Herbst?
DURNOVA: Herbst, weil sich die Natur dann schon beruhigt hat und es angenehmer ist, zu leben.
LUKÁŠ: Kompromiss oder beste Lösung?
DURNOVA: Ich glaube tatsächlich, dass der Kompromiss manchmal die beste Lösung ist, das steht für mich nicht im Widerspruch. Manchmal muss man auch schauen, was die beste Lösung ist. Ich glaube nicht, dass ich da jetzt so ganz schwarz-weiß wählen kann.
LUKÁŠ: Und wo fängt für Sie Demokratie an?
DURNOVA: Wenn ich aus dem Haus gehe. Die Gehsteige, die ich benutzen darf, wie viele Radwege es gibt, ob es genug Spielplätze gibt, ob es eine Schule in der Nähe gibt, was für Lebensmittel werden verkauft, und wann haben die Geschäfte offen. All das wird ja von der Politik mitbestimmt und wir vergessen sehr oft, wie viel alltägliches Leben von unseren politischen Verhandlungen mitbestimmt wird.
LUKÁŠ: Beinahe alles. Die Normen, die dann wieder in Gesetze gegossen werden.
DURNOVA: Genau.
LUKÁŠ: Fein, dann kommen wir zurück zu unserem Thema. Danke für die kurzen Einblicke. Wir haben ja vorher über Schwarz-Weiß-Denken gesprochen, das uns allzu oft im Griff hat, gerade im Hinblick auf Social Media. Aber diese Art des Denkens, die gab es ja schon vor den sozialen Medien, wie wir vorher besprochen haben, in Politik, in Journalismus und auch in der Wissenschaft, muss man sagen. Wie ist es in unseren Köpfen so dominant geworden? Warum mögen die Menschen diese strengen Unterteilungen so gern? Ist es, weil sich am einfachsten so Geschichten erzählen lassen, Gut gegen Böse, oder verkaufen lassen? Frau Liebhart?
LIEBHART: Eine gut funktionierende politische Geschichte muss nicht unbedingt gut gegen böse als Plot haben. Eine gute politische Geschichte, die muss einen Spannungsbogen aufbauen, die könnte aber auch eine Entwicklung, eine Art innere Reise darstellen. Jemand startet irgendwo und endet bei einem besonders wichtigen Projekt. Da gibt es sehr viele Beispiele auch in der Politik, wo man positive Geschichten erzählt. Zum Beispiel die Bundespräsidentschaftswahl 2016, das ist schon ein paar Jahre jetzt her, aber die war so ein Fall mit der Kampagne von Alexander Van der Bellen und diesem inklusiven Heimatbegriff. Da ging es ja darum, zwei ganz schwierige Themen, Migration und Europa, zu verpacken in eine Story, die noch dazu mit der eigenen Persönlichkeit und dem eigenen Entwicklungsweg was zu tun hat. Und dem Kampagnen-Team ist es gelungen, über den Heimatbegriff, das kann in einem Tiroler Tal sein, das kann in Österreich sein, das kann in Europa sein, wie so in konzentrischen Kreisen, eine Geschichte über Heimat zu erzählen und die Verbundenheit des Kandidaten mit der Heimat, die eine ausschließlich positive ist. Und wo es darum geht, dort habe ich Chancen dort kann ich leben, dort kann ich mich wohlfühlen, dort mögen mich die Leute, ich mag die Leute. Also lauter so feine nette Gefühle. Da ging es gar nicht um Ausgrenzung. Und das mit dem Fokus auf einen Begriff, der eigentlich sehr ausgrenzend ist. Also es geht darum, einen Bogen aufzubauen und eine Geschichte zu erzählen, wo man dranbleibt. Aber die muss nicht unbedingt Freund-Feind und böse und gut oder nur schwarz-weiß sein.
LUKÁŠ: Ich möchte nochmal ganz kurz, vielen Dank für die Antwort, auf den Raum zurückkommen, in dem wir gerade stehen. Wir stehen im Auditorium, sind vorher her spaziert. In diesem Saal werden ja viele Pressekonferenzen abgehalten oder er wird auch für Podiumsdiskussionen genutzt. Es gibt hier aber auch eine Ausstellung über die österreichische Medienlandschaft zu sehen. Wenn Sie kurz vielleicht auf diesen interaktiven Tisch blicken, genau, da kann man sich verschiedene Meinungsmacherinnen anhören, man kann sich die parlamentarische Medienarbeit ein bisschen näher anschauen, also da kann man ganz viele verschiedene Dinge tun. Dazu hätte ich jetzt eine Frage. Gibt es in der Wissenschaft Modelle, wie wir idealerweise miteinander sprechen könnten, weil ja alles, was wir als Sender rausschicken und die Empfänger wieder empfangen, das nimmt ja alles Einfluss aufeinander, auf unsere politische Kommunikation, auf unsere gesellschaftliche Kommunikation. Gibt es irgendwelche Lösungsansätze in Ihren Disziplinen, die Sie uns vielleicht kurz darlegen könnten? Wo wir was mitnehmen können für unseren Alltag oder auch indem wir Kommunikation von anderen besser lesen und durchschauen können? Frau Durnova?
DURNOVA: Ich weiß nicht, ob das der Lösungsansatz in dem Sinne ist, den Sie suchen, also irgendwie die eine magische Pille, die das dann alles auflöst.
LUKÁŠ: Die gibt’s nicht, das wissen wir.
DURNOVA: Aber ich glaube, was es tatsächlich gibt, sind analytische Instrumente, um die Landschaft und das, was gerade passiert, besser zu durchschauen. Und schon allein das ist ein sehr guter und sehr wichtiger Schritt. Und von einem haben wir hier gesprochen, das ist die Binaritätsthese. Ich habe zum Beispiel, indem ich die Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsdarstellung im öffentlichen Raum untersucht habe, gezeigt, dass diese Fakten versus Emotionen, so sehr sie Sinn machen, aber als Binarität dann Geschichten ordnen in Gut und Böse und dann die Diversität der Positionen, wo auf beiden Seiten Fakten und Emotionen sind, nicht wirklich durchdringen lassen. Und ich mache dann auch immer wieder bei meinen Vorträgen so einen letzten Hinweis darauf, wie man eigentlich mit dieser Binaritätsthese umgehen kann im Alltag. Indem man immer auch bei dieser Geschichte sich fragt, wo könnte diese Aufteilung herkommen? Also dass man auch mit dieser Brille, wir leben in Binaritätszeiten, wo wir gerne Gut und Böse, Fakten-Emotionen, Schwarz-Weiß stellen, dass ich damit dann auch schon die Geschichte lese und ein Stück weit hinter die Kulissen blicken kann. Dieser Blick hinter die Kulissen, da ist die Diskursanalyse, die Soziologie ganz wesentlich. Wir sagen immer, dass wir eigentlich darin gut sind, dass wir Brillen schaffen, mit denen man ein bisschen andere Dinge sieht. Die andere, gewöhnliche Theorie, die es gibt, die kommt aus der Dramaturgie, von Erwin Goffmann und dann von anderen, das ist jetzt vielleicht weniger wichtig. Die besagt, dass wir eigentlich in Genres uns Dinge erzählen. Wir könnten in die Antike schauen, wir haben die Komödie, die Tragödie und die Romanze. Und wir haben eigentlich auch zum Beispiel in Debatten rund um den Klimawandel diese drei Genres immer wieder. Und wenn wir das im Blick haben, dann können wir vielleicht verstehen, warum manche Dinge, unter Anführungszeichen, verzerrt dargestellt werden, weil wir gerade in einem Romanze-Genre sind. Die Romanze ist vor allem, am Ende gibt es einen großen Helden, der das lösen wird. Und die Romanze ist ein Genre, das in der Klimawandel-Debatte sehr oft vorkommt. Das andere Genre ist die Tragödie, die sehr oft vorkommt beim Klimawandel. Wo wir gegen etwas kämpfen, was eigentlich größer als wir ist, das Schicksal, der Gott. Und das wird dann widergespiegelt in einem ganz anderen Thema. Wenn wir diese soziologische Brille, wenn Sie so wollen, immer wieder aufsetzen, dann können wir manchmal ein bisschen mehr durchblicken, was passiert da gerade, und vielleicht einen Abstand nehmen und vielleicht unsere Irritation auch ein Stück weit niedriger halten.
LUKÁŠ: Sehr gut. Das kann man zum Beispiel sehr gut anwenden, wenn man Medien konsumiert.
DURNOVA: Genau.
LUKÁŠ: Welche Medien auch immer. Frau Liebhart, haben Sie dazu auch noch was beizusteuern?
LIEBHART: Also ich stimme Anna Durnova absolut zu. Was ich vielleicht gerne noch ergänzen möchte, ist, dass es wahrscheinlich hilfreich ist, auf unterschiedliche Wegen – das kann man wahrscheinlich in der Pädagogik oder auch im anderen Bereichen machen – immer wieder zu betonen und vielleicht eine gewisse Sensibilität für das Bewusstsein zu schaffen, dass natürlich wie wir uns unterhalten oder wie wir jemandem über die Medien zuhören, wie jemand spricht in der Öffentlichkeit – das hat immer mit den Machtverhältnissen in der Gesellschaft zu tun. Das heißt, Leute sprechen nicht aus der gleichen Position, haben nicht die gleichen Chancen, gehört zu werden. Sprechen aus einer Position der Ausgrenzung oder sprechen gar nicht, weil sie gar nicht gehört werden.
LUKÁŠ: Oder aus einer Position der Macht.
LIEBHART: Oder sie sprechen aus einer Position der Macht. Diese unterschiedlichen Positionierungen in einer Gesellschaft oder auch innerhalb einer kleineren sozialen Gruppe, das fängt sehr schnell an. Da mehr Aufmerksamkeit hinzurichten, denke ich schon, dass das ein wichtiger Punkt wäre. Das ist auch ein Aspekt dessen, was man unter Media Literacy versteht, das heißt kompetentes mit Medien umgehen. Da geht es ja nicht nur darum, kann ich das jetzt technisch und weiß ich, wie ich eine Story komponiere oder was auch immer, sondern weiß ich was über den Kontext, kann ich das beurteilen, kann ich checken, wer sagt was, woher kommen die Quellen, spiele ich gleich mit in der totalen Aufregung, die ständig produziert wird oder kann ich eben auch einmal diesen Schritt zurück machen, den du zuerst gerade erwähnt hast.
DURNOVA: Dürfte ich da vielleicht noch ganz kurz ergänzen? Ich finde das ein wunderbares, wichtiges Werkzeug, das mit der Positionierung. Wir vergessen auch, dass eben die Story-Macher, Journalisten, PR-Leute auch durch diese Positionierungen manchmal Leute aus einer Machtposition beschreiben. Ich beschäftige mich mit Emotionssoziologie. Es ist unheimlich soziologisch interessant, aber gesellschaftlich manchmal frustrierend, zu sehen, wie der Migrationshintergrund, wie das Geschlecht, wie der Körper die Beschreibungen, die emotionale Komponente der Story wesentlich positioniert und beeinflusst. Wir reden von den Emotionen von Frauen ganz anders als von jenen der Männer. Es ist auch ideologisch aufgeteilt. Und ich glaube, uns das bewusster zu machen, würde uns allen ein bisschen guttun.
LIEBHART: Und wir reden auch über die Körper von Frauen ganz anders als über die Körper von Männern.
LUKÁŠ: Ich hätte noch eine letzte Frage, die teilweise nun schon beantwortet wurde. Jetzt, wo es nicht mehr Emotionen gibt, aber wir mehr Emotionen lesen und hören können, aufgrund unseres heutigen Spektrums – sollten wir diese Emotionen ernster nehmen, beziehungsweise wie können wir gut mit diesen umgehen oder auf sie reagieren?
DURNOVA: Ich glaube nicht, dass es mehr Emotionen braucht. Ich glaube, es braucht einfach einen anderen Dialog mit den eigenen und mit den Emotionen von den anderen. Gleichzeitig mussten wir uns aber auch vor Augen führen, dass es sehr kompliziert ist und dass es sehr viel Zeit nimmt. Dass es eigentlich ein Privileg ist, eigene Emotionen reflektieren zu können, Zeit dafür zu haben. Es gibt Leute in dieser Gesellschaft, die nicht für sowas Zeit haben. Und weil es eben so schwierig ist und so viel Zeit nimmt, bleibt nicht wirklich Platz in dieser schnellen Gesellschaft dafür. Aber wie der Platz geschaffen wird, das weiß ich nicht. Aber ich glaube, wir müssten langsam auch darüber reden, Emotionen reflektieren, sich miteinander auseinandersetzen, ja. Aber wie sollen das Menschen mit unterschiedlichen Zeitkapazitäten in dieser Gesellschaft eigentlich machen? Wie gestalten wir eine gerechte Diskussion über Emotionen, über die eigenen, sowie über jene von den anderen?
LIEBHART: Ich würde gerne noch ergänzen, dass es vielleicht auch Sinn machen könnte, dieses ganze breite Spektrum an Emotionen einmal in den Blick zu nehmen. Ich habe oft den Eindruck, wenn wir über Emotionen reden in der Politik, dass es um ganz bestimmte Emotionen geht und da ist das Spektrum gar nicht so groß. Da geht es dann um Angst, um Enttäuschung, um Zorn, um Wut, Begeisterung. Es geht vielleicht weniger um Mitgefühl, um Empathie, um sich in etwas einfühlen. Solche Dinge sind ja auch Emotionen, aber die haben da irgendwie in diesem öffentlichen Diskurs wenig Platz, in diesem ganzen Aufregungsszenario. Und da sind wirklich nicht die sozialen Medien in die Pflicht zu nehmen als allererstes, da kann man in alle möglichen medialen Bereiche schauen und auch in sonstige Bereiche in die Politik. Da geht es eben um dieses, es ist alles immer ganz schrecklich oder es ist alles immer eine besondere Sensation. Ein bisschen beruhigtere Dinge, die kommen nicht vor.
LUKÁŠ: Wir können es uns wünschen, mehr Empathie, generell, in allen Bereichen des Lebens. Dass die Aufregung verebbt. Die Chancen, glaube ich, sind sehr gering.
LIEBHART: Sind sehr gering, das glaub ich auch. Befürchte ich auch.
LUKÁŠ: So lange ich auf dieser Welt wandle, muss ich sagen, ist die Zeit noch nicht gekommen. Aber an dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bedanken für diese erhellenden und klugen Einblicke, die Sie uns gegeben haben zum Thema. Vielen Dank, dass Sie mit dabei waren.
DURNOVA: Danke nochmals für die Einladung, hat sehr Spaß gemacht.
LIEBHART: Herzlichen Dank.
LUKÁŠ: Und das war es auch schon wieder mit "Rund ums Parlament". Ich hoffe, ihr habt gern zugehört und wenn ja, dann empfehlt uns doch weiter. Und abonniert uns, wenn ihr das noch nicht getan habt. Dann verpasst ihr die nächste Folge auf keinen Fall. Da spreche ich mit meinen Gästen Caroline Hammoutene und Pascal Günsberg über ihre Arbeit. Denn die beiden engagieren sich mit ihrer Arbeit in parteiunabhängigen Plattformen und Initiativen für die demokratische Grundordnung. Bis dahin hört gern mal rein in die früheren Folgen von "Rund ums Parlament", zum Beispiel in die Folge "1933 bis heute". Dort geht es darum, wie die Demokratie ins Wanken geraten kann. Falls ihr Fragen, Kritik oder Anregungen zum Podcast habt, dann schreibt uns sehr gerne eine E-Mail an podcast@parlament.gv.at und schaut auch gerne mal auf der Website und den Social-Media-Kanälen des österreichischen Parlaments vorbei. Also, ich freue mich schon auf die nächste Folge mit euch. In diesem Sinne sage ich vielen Dank fürs Zuhören. Mein Name ist Tatjana Lukáš. Wir hören uns.
Jingle: Rund ums Parlament. Der Podcast des österreichischen Parlaments.