Patrick REISINGER: Digitale Chancengleichheit ist auch eine Frage von Teilhabe an demokratischen Prozessen. Wenn ich digitale Kompetenzen habe, Informationen beschaffen kann, fällt es mir leichter, an demokratischen Prozessen auch teilzunehmen.
Klaus STEINMAURER: Was nutzt mir die ganze Kompetenz, wenn ich nicht die Infrastruktur dazu habe, um teilhaben zu können? Ich sage, das ist halt einfach wichtig, dass jeder Mensch in diesem Land die Möglichkeit hat, einen erschwinglichen und hochqualitativen Zugang zu den Diensten, Services, Möglichkeiten im Internet zu haben. Das ist heute ein Muss.
Jingle: Rund ums Parlament. Der Podcast des österreichischen Parlaments.
Tatjana LUKÁŠ: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von "Rund ums Parlament", dem Podcast des österreichischen Parlaments. Mein Name ist Tatjana Lukáš und ich freue mich sehr, dass ihr wieder mit dabei seid. Heute sprechen wir hier im Podcast weiter über die Demokratie im digitalen Zeitalter. Und in dieser Episode dreht sich alles um die digitale Chancengleichheit. Das ist ein sehr wichtiges Thema, denn je stärker sich der Alltag digitalisiert, je mehr wir also digital erledigen können und manchmal auch müssen, desto wichtiger wird es, überhaupt Zugang zur digitalen Welt zu haben. Zumal in einer Demokratie, in der es möglichst gerecht zugehen soll. Und damit sind wir beim Thema. Ich begrüße meine beiden Gäste heute. Herzlich willkommen, Klaus Steinmaurer.
STEINMAURER: Grüß Gott.
LUKÁŠ: Schön, dass Sie da sind. Sie sind einer der beiden Geschäftsführer der Rundfunk und Telekom-Regulierungs GmbH. Das ist eine Behörde, die für die Regulierung der Märkte für Medien, Telekommunikation und Post zuständig ist. Und auch herzlich willkommen, Patrick Reisinger.
REISINGER: Danke für die Einladung.
LUKÁŠ: Danke fürs Kommen. Sie arbeiten für die ÖAD, das ist die Österreichische Agentur für Bildung. Hier sind Sie der Leiter der Geschäftsstelle Digitale Kompetenzen. Was machen Sie da genau?
REISINGER: Wir sind die Umsetzungseinheit der digitalen Kompetenzoffensive, die mehrere Ministerien unter einem Dach bündelt und haben da einige spannende Projekte, die wir umsetzen dürfen.
LUKÁŠ: Danke fürs Kommen, Sie beide. Wir sitzen ja heute im Lokal 2, wir sind seit längerer Zeit mal wieder im Parlamentsgebäude. Und manchmal bitte ich meine Gäste, dass sie mir den Raum beschreiben, in dem sie gerade sitzen. Und jetzt würde ich den Herrn Steinmaurer bitten, ganz kurz zu zeigen, Sie kennen das Parlament ja aus früheren Tagen, vielleicht auch wie es sich verändert hat und was Ihr Eindruck ist.
STEINMAURER: Also, wie gesagt, kurz, ich habe das eh gesagt, so beeindruckend eigentlich, was aus diesem Haus gemacht wurde. Also das ist wirklich eine tolle Sache. Der Raum, wo wir jetzt herinnen sind, das Studio 2, ist für ein Studio relativ groß, muss man sagen. Und wie gesagt, toll, auch vom Design her sehr schlicht, geradlinig, aber sehr edel gemacht. Über dem Podium vorne, die Lichtskulptur von der Frau Kowanz, die ja einiges mit dem zu tun hat, über das wir heute sprechen, allerdings aus der analogen Zeit noch. Aber wie gesagt, das ist ja quasi, kann man sagen, diese Lichtinstallation ist ja ein bisschen die Übersetzung des Analogen ins Digitale. Insofern passt das super dazu.
LUKÁŠ: Ja, haben einen guten Raum ausgewählt, beziehungsweise die Parlamentsdirektion. Ein Kompliment an die Menschen im Hintergrund. Dieses Kunstwerk, nämlich diese Lichtskulptur, Sie haben es schon erwähnt, von der Brigitte Kowanz, die hängt da wie ein verschlungener Faden aus Licht an der Wand. Und sie trägt den Titel "Die Ausrufung der Republik, 12.11.1918". Und an diesem Tag, also am 12. November, wurde eben nicht nur die Republik ausgerufen, sondern auch das Frauenwahlrecht in Österreich eingeführt. Also ein bedeutender Schritt in Richtung Chancengleichheit und um Chancengleichheit im digitalen Raum soll es ja auch in unserem heutigen Gespräch gehen. Dann stellen wir gleich die erste Frage an Sie beide, vielleicht mag der Herr Reisinger beginnen: Warum müssen wir uns als Gesellschaft auch um Chancengleichheit im digitalen Raum kümmern? Warum ist das überhaupt wichtig?
REISINGER: Ich gebe eine Antwort, die zum Haus passt. Digitale Chancengleichheit ist auch eine Frage von Teilhabe an demokratischen Prozessen. Wenn ich digitale Kompetenzen habe, Informationen beschaffen kann, fällt es mir leichter, an demokratischen Prozessen auch teilzunehmen.
LUKÁŠ: Und haben Sie auch einen Gedanken?
STEINMAURER: Ich kann es eigentlich nur ergänzen, das mit der Teilhabe ist ein wichtiger Punkt, aber was nutzt mir die ganze Kompetenz, wenn ich nicht die Infrastruktur dazu habe, um teilhaben zu können. Insofern ist es halt auch wichtig – das wird oft ein bisschen vernachlässigt, wenn wir über Digitalisierung und den digitalen Raum und Zugang zu dem sprechen –, dass jeder Mensch in diesem Land die Möglichkeit hat, einen erschwinglichen und hochqualitativen Zugang zu den Diensten, Services, Möglichkeiten im Internet zu haben. Das ist heute ein Muss, um sein gesellschaftliches Leben überhaupt so häufig bestreiten zu können und an allen parlamentarischen, demokratischen Prozessen, aber auch wirtschaftlichen Prozessen heute mitpartizipieren zu können. Ich glaube, das ist der wichtige Punkt. Dass man sagt, einerseits die Kompetenz, also Menschen, die was damit machen können, sind wichtig, wie der Patrick sich sorgt, weil das ist auch so einfach gar nicht. Und die Tatsache, dass wir einfach diese Infrastruktur haben. Und ich glaube, in beiden sind wir in Österreich sehr gut unterwegs.
LUKÁŠ: Ja, also in den Städten auf jeden Fall. Und am Land gibt es sicher auch noch Gebiete, wo man noch was tun kann.
STEINMAURER: Man kann immer noch was tun. Da bin ich bei Ihnen, aber Sie merken zum Beispiel gerade, wenn ich mir das mit neuen Technologien anschaue, habe ich mittlerweile schon ein Land-Stadt-Gefälle. Also am Land gibt es schon höhere Technologien als oft in der Stadt, aber da kommen wir mal später dazu.
LUKÁŠ: Sehr gut. Dann stelle ich doch mal die Frage nach den Menschen. Welche Gruppen in unserer Gesellschaft haben denn bis jetzt sehr schlechte Voraussetzungen, um an diesem digitalen Leben teilzunehmen? Herr Reisinger.
REISINGER: Es gibt, wenn man die Statistiken dazu anschaut und die Erhebungen, ein paar Faktoren, die immer wieder ins Auge treten. Das eine ist das Alter, das andere ist natürlich der höchste erworbene Bildungsabschluss und es gibt ein Stadt-Land-Gefälle, das aber in den Ausprägungen, in den soziodemografischen Merkmalen in den Erhebungen nicht so stark ist. Aber es gibt es.
LUKÁŠ: Okay, aber Sie haben gesagt im Alter. Und damit meinen wir die älteren Menschen, richtig?
REISINGER: Die älteren Menschen.
LUKÁŠ: Okay. Und bei der Bildung? Es gibt ja sehr viele Studien zu Podcasts. Und bei den Podcast-Hörerinnen und -Hörern bildet sich das ja auch ab, dass die meistens eine höhere Bildung haben, dass die meistens jünger sind etc. Ist das bei der digitalen Nutzung ähnlich?
REISINGER: Je höher die höchste abgeschlossene Ausbildung, umso höher sind die digitalen Kompetenzen. Also das korreliert. Die, mit einem Studienabschluss, haben die höchsten digitalen Kompetenzen gefolgt von denen, die eine Matura haben. Und dann zieht es sich noch nach unten weiter.
LUKÁŠ: Und ist es so, dass sich das bei der jüngeren Generation aber verläuft, weil die ja alle Digital Native sind, damit aufgewachsen und quasi sowieso flüssig das Internet sprechen?
REISINGER: Das ist oft die Meinung, die sehr viele Jugendliche haben über ihre digitalen Kompetenzen, aber auch hier gibt es den Effekt. Also umso höher die Bildung, umso höher die digitalen Kompetenzen. Man muss ja immer sagen, was sind digitale Kompetenzen? Da gibt es viele Annäherungen, da gibt es sehr viele Modelle, die das beschreiben. Aber dass ich ein Gerät bediene, heißt noch nicht, dass ich es kompetent bediene. Alle, die Opfer werden von Online-Betrug, bedienen auch ein Gerät. Aber sie bedienen es halt nicht kompetent genug. Und ich glaube, da muss man aufpassen. Weil ich TikTok vier Stunden am Tag nutze, habe ich noch keine digitalen Kompetenzen.
LUKÁŠ: Dem Herr Steinmaurer, dem ist ein Satz auf den Lippen gebrannt. So hat es jedenfalls kurz gewirkt. Möchten Sie dazu noch etwas sagen?
STEINMAURER: Ja, ich will darauf eingreifen, das ist jetzt nicht direkt der Teil von mir. Es hat sehr viel mit Technik zu tun. Man sieht es, also derjenige der ein digitales Service und so weiter nutzt, sein Handy bedient, der weiß ja gar nicht, was da alles an Technik dahinter abläuft und was auch quasi an Technik dahinter missbraucht werden kann, um ihn zu beeinflussen. Das sind genau diese Probleme, darum ist es so wichtig, dass der ÖAD entsprechend hier auch diese digitale Kompetenz voranbringt, dass die Leute einfach mit dem Thema umgehen lernen. Weil ich sage, du hast das Beispiel gebracht von, nur wenn ich das Handy einschalte und dort dann irgendwelche Paketzustellungs-SMS kriege und so weiter und die dann falsch interpretiere oder Falsches damit mache – nur das Handy einschalten können und mit dem Handy telefonieren können ist noch nicht die digitale Kompetenz. Dann kommt noch dazu auch das Verständnis für das, was auch wichtig ist, dass man auch weiß, dass da sehr viel Physik dahinter ist. Also darum sage ich, Digitales ist eigentlich sehr anspruchsvoll und darum genau das, wie du sagst: Auch die sogenannten Digital Natives haben genau diesen Gap zwischen je höher die Ausbildung wie auch die Älteren, die glauben es nur nicht. Das ist viel gefährlicher in den jungen Bereichen, weil die glauben dann, dass sie sich auskennen. Und was aus meiner Sicht ein wichtiger Punkt ist, der mir auffällt, ist, wir haben nun mal diese Dinge. Auch die KI haben wir nun mal. Die werden wir jetzt nicht mehr abschaffen können. Also müssen wir damit umgehen lernen. Insofern bin ich zum Beispiel ein bisschen traurig, dass wir heute die VWA abgeschafft haben.
LUKÁŠ: Könnten Sie für unsere Hörerinnen und Hörer die VWA...
STEINMAURER: Die vorwissenschaftliche Arbeit. In Gymnasien machen Kinder vorwissenschaftliche Arbeit. Das hat am Ende heute auch mit digitaler Kompetenz zu tun, Patrick, oder?
REISINGER: Ja, definitiv.
STEINMAURER: Definitiv. Und jetzt schaffen wir es einfach ab, weil die Kinder könnten ja über KI dort alles kopieren und sich die VWA schreiben lassen.
LUKÁŠ: Und das tun sie auch. Also sie könnten es nicht nur tun, sie tun es auch.
STEINMAURER: Aber was ich sage, man müsste den Kindern schon hier auch beibringen, wie man mit diesem Werkzeug KI sinnvoll umgeht. Meine andere Tochter ist eine Zeit lang in UK in der Schule. Die lernen, ihre Extended Essays zu machen, indem sie auch KI nutzen, und die Lehrer bauen das ein in den Unterricht. Und wie gesagt, verhindern kann ich es nicht. Also muss ich nutzen, muss den jungen Leuten gerade das Umgehen mit diesen Werkzeugen schon von der Pike auf beibringen. So, jetzt habe ich meinen Teilbereich eingegeben. Wollte ich ja gar nicht, aber ich finde das ist so wichtig.
REISINGER: Ich glaube, wir haben keine streng abgetrennten Bereiche.
STEINMAURER: Aber wie siehst du das?
REISINGER: Ich glaube, das sind genau die Fakten, die am Tisch liegen. KI ist da und sie wird bleiben. Und deshalb geht es darum, wie kann man es nutzen, wie kann man damit umgehen und wie kann man es einordnen. Weil nicht alles, was eine KI produziert, und das sage ich sehr plakativ "eine KI", es gibt sehr viele unterschiedliche KI-Modelle, die unterschiedliche Qualitäten haben, die unterschiedliche Dinge können und die man für unterschiedliche Dinge einsetzen kann. Und ich glaube, diese Bewertung, für was kann ich es einsetzen, für was kann ich es auch nicht einsetzen, wäre eine gute Einsatzmöglichkeit, zu überlegen, für was kann ich es nicht einsetzen. Das meistbekannte oder meist in den Medien gewesen ist immer Chat-GPT – nicht alles, was mir Chat-GPT produziert, muss stimmen. Und diese Reflexion, diese Einordnung und diese Erkenntnis ist so wichtig. Und ich glaube, man muss es einmal selbst erlebt haben, um es zu verstehen. Man braucht einmal selbst ein Ergebnis eines Prompts und muss selbst vielleicht diese Fakten checken, um zu verstehen, es stimmt nicht alles, was da rauskommt. Es ist eine statistisch wahrscheinliche Antwort generiert auf der Basis von den Daten, mit denen die KI gelernt hat. Das ist es, mehr ist es nicht und weniger ist es auch nicht. Es kommt immer darauf an, mit was hat die KI gelernt. Umso mehr oder umso spezifischer die Lerndaten einer KI sind, umso besser ist das Ergebnis. Und umgekehrt auch, umso weniger die KI mit einer KI angelernt worden ist, umso schlechter sind auch die Ergebnisse.
LUKÁŠ: Ich hätte da jetzt eine Frage zur Wirtschaft. Abgesehen von der Bildung der Menschen, die das Internet nutzen, ist es ja in einem Land eine Voraussetzung, dass das Internet und die digitalen Angebote gut genutzt werden können, damit die Wirtschaft gut funktioniert. Was könnte es da für Probleme geben, wenn das nicht so ist?
STEINMAURER: Heute sehr viele. Wenn wir uns in den 50er-Jahren die Wirtschaft angeschaut haben, da war sie großteils bäuerlich und klassische Industrie, wo noch am Fließband gearbeitet wurde und wo die produzierende Industrie eine ganz andere war als heute. Heute haben wir uns stark im Dienstleistungsbereich wirtschaftlich aufgestellt. Heute muss einfach Digitales verstanden werden, um überhaupt am Arbeitsplatz, und das ist heute nicht mehr nur, dass das irgendwelche wissenschaftlichen Arbeitsplätze sind, sondern das geht schon rein in die normale Produktion, dass du heute mit den Dingen umgehen können musst. Ohne digitale Grundkenntnisse würde die Wirtschaft heute so nicht funktionieren. Das ist ja eines dieser Probleme. Wenn wir heute sprechen, wir brauchen Fachkräfte für unsere Wirtschaft, damit es vorwärts geht – diese Kompetenzen sind genau die, die ich brauche in Fachkräften. Wenn die Kompetenzen fehlen, dann kann ich halt viele Leute für bestimmte Sachen gar nicht mehr einsetzen heute. Also das ist einmal aus der wirtschaftlichen Sicht die eine Sache. Und das Zweite ist das für die Wirtschaft, warum da auch das Digitale wichtig ist, das ist jetzt wieder so ein bisschen mehr mein Kerngeschäft, dass die Wirtschaft entsprechende Infrastruktur hat, über die sie quasi sich auch vernetzen, austauschen und ihre Prozesse abwickeln kann. Es gibt heute keinen Prozess mehr in einem Unternehmen, der nicht digital ist. Also egal welches Unternehmen. Ich glaube, auch in der katholischen Kirche wird sehr viel schon digital in den Prozessen laufen, vielleicht die Messe nicht, aber ansonsten wird es auch da sehr vieles geben. Und wenn Sie sich das anschauen, jedes mittlere Unternehmen hat ein ERP, von welchem Anbieter auch immer. Also auch hier, genau das sage ich, jedes Unternehmen braucht das Internet. Das Internet, das ist ja diese Sache, diese Vernetzung, dieses Netz, was über die ganze Welt gespannt ist: Ein exportierendes Land wie Österreich muss vernetzt sein. Also brauchen wir eine gute Infrastruktur in diesem Land. An dem arbeiten wir ja und da sind wir auch ganz gut unterwegs. Ein Beispiel, das glaube ich sehr plakativ ist: Ich war in einer früheren Tätigkeit für einen großen Telekommunikationskonzern tätig in Europa, im größten eigentlich, und wir haben auch viele Niederlassungen am Balkan gehabt. Und dort haben wir mit den Unternehmen, die dort heruntergegangen sind und investiert haben in diesen Ländern, haben wir Gespräche und so weiter gehabt. Dort war immer eine Sache, dass wir Zugang zu Glasfaser oder allen möglichen mobilen Telekommunikationsinfrastrukturen haben ist für uns wichtiger als die Straßen- und Autobahnanbindung für unsere Fabrik, die wir dort unten aufgestellt haben. Warum? Weil meinen Logistiker kann einplanen, dass er mit dem Lkw von der Fabrikshalle bis zum nächsten Autobahnanschluss, wo er dann fährt, zwei Stunden einplanen muss. Aber Informationen, Daten, Daten, die übermittelt werden für Produktionsprozesse und so weiter, das muss Real Time gehen. Da brauche ich dann entsprechende Technologie, entsprechende Infrastruktur, die mit Latenz, Bandbreite und so weiter diese Sachen erfüllt. Das hat schon sehr viel mit dem zu tun, dass unser Leben, so wie es heute ist und dass unsere Wirtschaft, so wie es heute ist, funktioniert. Und wie gesagt, das ist auch noch nicht abgeschlossen. Da gibt es noch viel zu tun.
LUKÁŠ: Ja, da gibt es auf jeden Fall viel zu tun.
REISINGER: Vielleicht darf ich da noch ergänzen. Es gibt eine Studie, die sagt, 90 Prozent der Berufe benötigen digitale Kompetenzen. Ich würde sogar noch meine These sagen, zumindest grundlegende Basiskompetenzen brauchen 100 Prozent der Berufe. Weil ich bekomme vielleicht den Lohnzettel digital übermittelt. Ich bekomme gewisse Informationen, ob ich jetzt in der Hotellerie-Gastronomie bin, da sind Rezepte online. Ich habe irgendwo ein Tablet, wo ich Warenverfügbarkeit sehe, wo ich Lieferungen sehe. Sehr viele Informationen sind digital. Zumindest das Abrufen digitaler Informationen, da gibt es sehr wenig Berufe, wo ich das nicht brauche. Und vielleicht noch ein zweiter spannender Gedanke: Wie wichtig ist es, dass die Menschen digitale Kompetenzen haben? Wir leben in einer, der Klaus Steinmaurer hat das jetzt sehr gut ausgeführt, in einer sehr vernetzten Welt. Informationen sind von A nach B in Sekunden oder Bruchteilen von Sekunden übertragen. Und eine große Achillesferse der Digitalisierung ist aber die Sicherheit. Und ein großes Sicherheitsrisiko sind oft die Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich kann einen sicheren digitalen Prozess auch nur sicherstellen, wenn keine Unterbrechungen da sind. Es gibt immer wieder Fälle, die mit den Medien publik werden, wo ganze Fabriken über Tage lang nicht betrieben werden können, weil es Serverausfälle durch Hackerattacken gibt. Und das sind nur die Dinge, die alle mitbekommen. Da gibt es noch sehr viel, das unter der Oberfläche passiert und das man nicht mitbekommt. Darum ist gerade Sicherheitskompetenz zum Beispiel eine sehr wichtige Kompetenz für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
LUKÁŠ: Ich möchte da kurz einhaken. Wir haben hier ein Ritual, wir stellen immer allen Gästen drei Fragen, die komplett anders sind und mit diesem Thema gar nichts zu tun haben. Und wir sind jetzt an dieser Stelle angelangt und deswegen, ich beginne mit Ihnen, Herr Reisinger, die drei Fragen zu beantworten, bitte in aller Kürze. Frühling oder Herbst?
REISINGER: Frühling.
LUKÁŠ: Kompromiss oder beste Lösung?
REISINGER: Kompromiss.
LUKÁŠ: Wo fängt für Sie Demokratie an?
REISINGER: Im täglichen Miteinander, im gegenseitigen Zuhören, im Respektieren anderer Meinungen, in Diskussionen dazu zu führen und daraus auch Kompromisse abzuleiten, dann bin ich wieder bei der Antwort von der zweiten Frage.
LUKÁŠ: Sehr gut. Und Sie, Herr Steinmaurer, Frühlingsmensch oder Herbstmensch?
STEINMAURER: Wenn ich vielleicht nicht so ausschaue, aber Frühling, weil Frühling heißt Aufbruch, vorwärts, Neues, neugierig sein und Neues wagen.
LUKÁŠ: Kompromiss oder beste Lösung?
STEINMAURER: Kompromiss, weil die beste Lösung ist immer subjektiv. Sie ist für den oder die die Beste, aber vielleicht für den anderen nicht. Also der Kompromiss ist eigentlich das, was wir erzielen müssen. Hat auch mit Demokratie zu tun. Demokratie ist immer der Kompromiss.
LUKÁŠ: Und ist damit jetzt die dritte Frage, wo fängt für Sie Demokratie an, schon beantwortet mit der zweiten Frage?
STEINMAURER: Eigentlich in der Familie, hätte ich gesagt. Aber das ist eigentlich das, was du auch sagst, im täglichen Miteinander, mit den Menschen muss man umgehen können. Also es fängt bei mir jeden Tag in der Früh in der Familie an.
LUKÁŠ: Bei mir auch.
STEINMAURER: Ich bin die Minderheit.
LUKÁŠ: Achso, ja. Die Meinungsminderheit. Kann man sich nur rausdiskutieren. Kommen wir zurück zum Thema. Also, Herr Steinmaurer, wir haben ja gehört, Sie sind einer der Geschäftsführer der Rundfunk und Telekom-Regulierungs GmbH. Das ist jetzt nicht der zugänglichste Name der Welt, muss man ganz ehrlich sagen. Wollen wir mal ganz kurz den Hörerinnen und Hörern erklären, wofür Sie dort zuständig sind und was Sie tun? In einfachen, kürzeren Worten.
STEINMAURER: Die RTR GmbH ist eine Regulierungsbehörde, die zwei große, wichtige Bereiche betreibt. Das eine ist der Rundfunkbereich, den mein Kollege macht. Ich spreche hier für den Telekom- und Postbereich. Und wie gesagt, der Telekom- und Postbereich hat seit den 90er Jahren, Mitte der 90er Jahre, den Auftrag, für Wettbewerb, Infrastrukturwettbewerb zu sorgen. Das heißt, dass wir in Österreich von einem Monopol zu einem Wettbewerbsmarkt im Telekommunikationsbereich kommen konnten. Das Ergebnis war, dass wir heute drei flächendeckende Mobilfunknetze haben, dass wir viele kleinere und größere Festnetzunternehmen haben und auch auf der nächsten Ebene Internetzugangsanbieter in Hülle und Fülle in diesem Land haben. Hier herrscht Wettbewerb, hier wird gesorgt. Das ist, glaube ich, das Wichtige, wenn es um Zugang, gleichberechtigten Zugang geht. Als wir angefangen haben, hat das Telefonat von Wien nach Vorarlberg 5,40 Schilling gekostet. Netto. Also Brutto 20% mehr, das waren dann knappe sieben Schilling. Das wären heute 50 Cent eine Minute. Heute haben sie unbegrenzte Daten, heute haben sie hochqualitative Leistungen, heute haben sie kein Vierteltelefon mehr, wo sie jahrelang warten müssen. Ich habe es bei meinem Studium noch gehabt, aber das ist die Sache. Was wurde geschaffen, dazu war die Regulierung notwendig. Das ist das, was wir machen. Schauen, dass Wettbewerb herrscht, schauen, dass dadurch erschwinglicher Zugang zu hochqualitativen Telekommunikationsdienstleistungen ermöglicht wird, die dann wieder das ganze digitale Leben, was wir heute haben, ermöglichen. Weil vielleicht eine interessante Sache ist, es telefoniert ja heute keiner mehr wirklich in normaler Art und Weise. Ich kann sagen, der Faktor ist 1 zu 10, also auf eine Minute, die klassisch noch telefoniert wird, mit Nummer wählen und klassische Verbindung, EIP-Verbindung, aber klassische Verbindung, kommen auf eine solche Minute zehn Minuten, die im Internet verbracht werden. Sprich, das sind die klassischen WhatsApp-Calls oder Signal oder wie die ganzen Sachen heißen. Also es ist genau dort in diese Richtung gegangen worden und das funktioniert nur, wenn du wirklich hochqualitatives Netz hast. Da haben wir als RTR einiges erreicht, diesen Wettbewerb, diesen Zugang ermöglicht. Gleichzeitig kümmern wir uns dann natürlich, um das zu schaffen, dass Investitionsmöglichkeiten geschaffen werden. Und das dritte große Standbein unserer Arbeit sind Konsumentinnen und Konsumenten, dafür zu sorgen, dass eben fairer, gleichberechtigter Zugang ermöglicht wird, dass sozusagen es jeder sich auch leisten kann und keiner von irgendwelchen großen Unternehmen dort nur ein kleiner Bittsteller ist. Heute hat sich auch hier das Verhältnis zwischen den Unternehmen zum Konsumenten sicherlich in die Konsumentenrichtung gedreht. Und auch dazu war Regulierung notwendig und ist sie notwendig und genau das machen wir.
LUKÁŠ: Und was von dieser digitalen Infrastruktur ist denn jetzt im staatlichen Besitz und was ist privat?
STEINMAURER: Die digitale Infrastruktur in Österreich ist, ich würde so sagen, zu 100 Prozent privat organisiert. Natürlich ist der Staat an gewissen Unternehmen noch beteiligt, natürlich sind auch Landesunternehmen an gewissen Unternehmen beteiligt. 28 Prozent rund von der Telekom Austria gehören der Republik über ihre Beteiligungsholding. Und über Energieversorger und Beteiligungen darin sind natürlich auch in den Telekom-Unternehmen, in den Ländern, vor allem auch im Glasfaserbereich und so weiter, auch die Länder zum Beispiel da noch beteiligt. Aber wie gesagt, die großen Netze in Österreich sind de facto zu 100 Prozent privat.
LUKÁŠ: Wir haben vorher es schon ganz kurz angesprochen, aber eher aus einer persönlichen Randnotiz von mir heraus, aber das Stadt-Land-Gefälle beim Ausbau der Infrastruktur, eben zum Beispiel die Versorgung mit Breitbandanschlüssen: Wäre es da nicht besser, diese Aufgaben zu verstaatlichen, dass man das Problem schneller und koordinierter in den Griff bekommen kann?
STEINMAURER: Sie wollen es ein bisschen retro, ein bisschen wie den Viertelanschluss.
LUKÁŠ: Ist das die Zukunft, wenn es verstaatlicht wird?
STEINMAURER: Nein, wie gesagt, der Staat ist gut, Rahmenbedingungen zu setzen. Dazu gibt es eine Regulierung. Der Staat ist aber in dem Sinn kein wirklich guter Unternehmer in die Richtung. Wir hatten eben die Monopolzeit und darum hat man versucht, das aufzubrechen und damit Wettbewerb zu schaffen. Am Ende ist es schon der Markt, der in einem regulierten Rahmenumfeld gemeinsam mit dem Staat hier die besten Lösungen schafft. Natürlich ist immer jeder unzufrieden. Aber wenn ich heute schaue, wir haben ein Land-Stadt-Gefälle, was die Möglichkeiten zum Beispiel im Zugang zu Glasfaser bis ins Haus betrifft. Wir haben knapp über 2,4 Milliarden Euro Förderungen in den letzten 15 Jahren ausgeschüttet. An denen wird noch gearbeitet, dass die überhaupt verbaut werden. 2,5 Milliarden Euro ist wirklich eine sehr, sehr große Summe. Und wo werden diese Förderungen verbaut? Derzeit ganz stark im ländlichen Gebiet. Wir können davon ausgehen, dass technologisch viele Bereiche im Land, und da kann man sich die Karten auch anschauen, besser versorgt sind als im städtischen Bereich, wo sie oft immer noch die Kupferkabel liegen haben anstatt Glasfaser. Aber das ist genau diese Sache, hat auch ein bisschen mit digitaler Bildung zu tun am Ende und damit mit der Bildung auch die Nachfrage zu stimulieren. Also du hast eine gewisse Nachfrageaufgabe, Patrick, in dem Sinn auch. Wir haben eine sehr gute mobile Versorgung. Die ist wirklich nahezu flächendeckend in diesem Land. Wir haben in Österreich eine Kultur, die sagt, wenn ich das kriege, was ich brauche, dann bin ich auch zufrieden. Und derzeit brauche ich nun mehr, deswegen bin ich auch mit meinen Cubes, also mit meinem WLAN-Internet-Mobil sehr zufrieden. Da habe ich auch eine sehr große Ausbreitung. Und ich sage, wenn die bis zu 150 Megabit mit dem mobilen Internet 19,90 und die 150 Megabit mit Glas 39,90 kosten, dann entscheiden Sie sich für die bis zu 150 um 19,90, weil das funktioniert eh. Das ist kurz- und mittelfristig wahrscheinlich auch richtig. Wir merken aber mittlerweile den Bedarf, die Leute merken, eine stabile Glasfaser-Breitband-Infrastruktur mit allen ihren Vorteilen bringt schon was. Hier gibt es schon eine Entwicklung in die Richtung und da werden wir uns bemühen, das dort in die Richtung jetzt auch weiterzubekommen. Da spielt auch wieder das zusammen, was wir beide machen. Wir kümmern uns, dass gebaut wird und ihr kümmert euch darum, dass die Leute verstehen, was der Unterschied ist.
LUKÁŠ: Ja, das stimmt. Da können wir eigentlich gleich zum Herrn Reisinger gehen, weil eben die RTR kümmert sich um die Infrastruktur, aber man braucht eben in der digitalen Welt auch Kompetenzen, um sich zurechtzufinden.
Was ist denn das Ziel eigentlich der Geschäftsstelle Digitale Kompetenzen in der Österreichischen Agentur für Bildung?
REISINGER: Es gibt ein großes europäisches Ziel bis 2030 und das ist 80 Prozent der Menschen haben digitale Basiskompetenzen. Das ist damit abgeleitet auch eines unserer Ziele. Wir haben noch zwei weitere Ziele im Rahmen der digitalen Kompetenzoffensive. Das zweite Ziel ist noch die Erhöhung der IT-Fachkräfte. Wir haben es vorher schon im Bereich Wirtschaft andiskutiert. Da gibt es einen Mangel in Österreich, aber auch in Europa, also es ist nicht nur ein österreichisches Phänomen. Und mit einer Unterüberschrift, die Erhöhung der weiblichen IT-Fachkräfte. Und das dritte Ziel ist die Einführung eines nationalen Referenzrahmens für digitale Kompetenzen. Das heißt, digitale Kompetenzen zertifizierbar, herunterbrechbar zu machen, was ist denn das, es einordbar zu machen oder Qualifikationen und Studienabschlüsse, Bildungsabschlüsse vergleichbar zu machen, wie viele digitale Kompetenzen werden denn in der Ausbildung vermittelt.
LUKÁŠ: Und da geht es ja eben um die digitale Kompetenzoffensive. Wenn ich jetzt eine Hörerin oder ein Hörer bin und denke mir so, na, da würde ich mich jetzt aber gerne ein bisschen kompetenter machen. Gibt es dann Angebote, die ich von Ihrer Seite wahrnehmen kann oder ist das eher, dass Sie das auf andere Institutionen übertragen oder wie muss man sich das vorstellen?
REISINGER: Wir haben ein Programm, das sehr greifbar ist, das ist Digital Überall. Digital Überall sagt schon sein Name: Wir wollen überall sein mit dem Angebot. Es ist ein Workshop-Angebot, wo wir versuchen, in so viele Gemeinden wie möglich zu kommen. Gemeinden können einen Workshop bei uns buchen oder engagierte Gruppen in einer Gemeinde können einen Workshop buchen und der findet dann statt, kostenlos für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dann werden innerhalb von drei Stunden, sage ich mal, in einem Tortenstück des digitalen Kompetenzkuchens digitale Kompetenzen vermittelt.
LUKÁŠ: Und wenn ich jetzt ein Unternehmen bin und ich hätte gerne, dass die digitalen Kompetenzen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigen, dann gibt es da eine Förderung oder ein Programm, wo ich die hinschicken kann?
REISINGER: Es gibt von uns aus der digitalen Kompetenzoffensive für die Betriebe keine Förderung. Aber die Bundesländer haben unterschiedliche Förderprogramme. Es sind sehr viele Partner – die digitale Kompetenzoffensive ist ja ein Dach, das sehr viele Ministerien vereint. Das Arbeits- und Wirtschaftsministerium hat beispielsweise die Bildungsschecks, wo auch Weiterbildungen gefördert werden.
LUKÁŠ: Dann würde ich einmal in die Vogelperspektive wechseln und Sie beide fragen, wo liegt denn Österreich im Vergleich zu den anderen EU-Staaten, was den Ausbau von Infrastruktur und digitalen Kompetenzen seiner Bürgerinnen und Bürger angeht?
STEINMAURER: Für die Infrastruktur mal zu sprechen, das ist immer eine Frage der Sichtweise.
LUKÁŠ: Besser als Deutschland, so viel wissen wir.
STEINMAURER: Ja, aber wenn der Vorletzte sagt, ich bin besser als der Letzte, dann ist das nicht unbedingt gerade eine Kompetenz. Nein, so schlimm ist es eh nicht. Aber wie gesagt, mobil sind wir ganz vorne. Auch europaweit können wir uns auf jeden Fall sehen lassen, da haben wir auch wirklich hochqualitative Netze. Im Festbereich sind wir, ich sage jetzt da wieder Land in Stadt herein, im Ausbau. Also die Bereitstellung möglicher Anschlüsse im Ausbau, da sind wir im Mittelfeld und in der Nutzung, dort sind wir halt ziemlich hinten. Das ist der Grund, mobil hat einen Einfluss. Die Leute sind noch nicht so weit, dass sie auch den Unterschied erkennen. Ich sage das auch immer den Unternehmen, ihr müsst schon auch den Leuten erklären, was sie für einen Nutzen haben, dass sie sich die neue, feste Technologie nehmen.
LUKÁŠ: Den Telekommunikationsunternehmen sagst du das?
STEINMAURER: Den Telekommunikationsunternehmen sagen wir das. Die jammern immer, sagen, die Leute kaufen uns das nicht ab. Das hat auch ein bisschen was mit dem zu tun, wie ich mein Produkt verkaufe. Ich komme selber aus der Branche, darum traue ich mir das zu, auch hier das eine oder andere zu dem Thema zu sagen und nicht nur das zu sehen, die Leute kaufen das nicht. Sondern das muss man ihnen sagen, da funktioniert das auch. Zum Beispiel auch im Land funktioniert es sehr gut. Es gibt ja welche, die dort sehr aktiv sind. Gerade Oberösterreicher, wir können das sagen, wir sind beide Oberösterreicher, die sind nicht schlecht unterwegs in dem Bereich und dort, wo es erklärt wird, ist auch das Glasfaser-Thema keine Frage, dass die Leute das nehmen. Also das ist ein ganz wichtiger Faktor. Aber jetzt komme ich noch zur Chancengleichheit, wie das in Österreich steht. Was jetzt den Infrastrukturzugang, also den Zugang zum digitalen Leben, zum weltweiten Netz angeht, da sind wir in dem Bereich in Österreich sicher aufgrund der Mobilversorgung, die wir haben. Aufgrund auch der Förderungen, die es dazu gegeben hat oder gibt auch noch und durch den Wettbewerb, sowohl qualitativ als auch preislich. Und das ist ja auch wichtig, ein Top, weil die Leute müssen es sich leisten können, es muss erschwinglich sein. Heute zahlen Sie für ein All-In-Angebot vielleicht nicht einmal 20 Euro oder es gibt andere Angebote, wir haben schon unter 10 Euro All-In-Angebote im Mobilbereich. Also das kann sich jeder leisten und damit auch die Chance nutzen, entsprechend am digitalen und damit am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
LUKÁŠ: Danke für die infrastrukturelle Perspektive. Jetzt würde es mich noch interessieren, wie es bei der Chancengleichheit, bei den digitalen Kompetenzen ausschaut. Herr Reisinger, wollen Sie uns da vielleicht auch eine EU-Vogelperspektive dazu liefern?
REISINGER: Ja, es gibt den Digital Skills Indicator, der wird von Eurostat erhoben, da ist Österreich am Platz neun von den 27 Mitgliedsländern, wenn es um die zumindest grundlegenden Kenntnisse geht. Also 63 Prozent der österreichischen Bevölkerung haben zumindest grundlegende Erkenntnisse. 80 Prozent ist das Ziel, das europäische Ziel bis 2030. Das heißt, es gibt noch ein bisschen einen Aufholbedarf, es gibt noch was zu tun. Die ersten Länder sind jetzt kurz davor, dieses 80-Prozent-Ziel zu erreichen. Finnland ist da ganz vorne in dieser Auswertung.
LUKÁŠ: Die nordischen Länder.
REISINGER: Ja, aber auf Platz zwei ist Niederlande, also es sind nicht nur die nordischen Länder. Da gibt es ein Gefälle, da sind wir auf Platz neun. Aber 37 Prozent der Bevölkerung – wobei die Bevölkerung ist da in dieser Erhebung eingeschränkt, das sind die 16- bis 74-Jährigen, die erhoben werden –also 63 Prozent haben die digitalen Basiskompetenzen, 37 Prozent noch nicht.
LUKÁŠ: Jetzt frage ich nur einmal ganz kurz nach. Digitale Basiskompetenz. Können wir das in fünf Punkten zusammenfassen, was das ist? Ganz kurz, damit jeder weiß, wovon da eigentlich die Rede ist.
REISINGER: Ich versuche es in fünf Punkten.
LUKÁŠ: Es können auch drei sein, aber einfach nur kurz.
REISINGER: Man schaut sich ein paar unterschiedliche Punkte an in der Erhebung. Das ist das Thema Sicherheit, das ist das Thema Inhalte erstellen, das ist das Thema Informationen finden, das ist auch das Online-Verhalten. Wie nutze ich gewisse Online-Services, E-Government-Services, um wieder hier den Anschluss auch zum Parlament zu haben. Und in diesen insgesamt fünf Kategorien –
LUKÁŠ: Sind es fünf Kategorien?
REISINGER: Es sind fünf Kategorien, die ausgewertet werden. Da schaut man sich einmal an, wie viele Tätigkeiten werden ausgeführt. Es geht um Datenschutz, es geht um unterschiedliche Punkte. Digitale Kompetenz ist aber nicht abschließend definierbar. Das ist ein Problem von digitaler Kompetenz. Es gibt da den Begriff Digital Literacy, es gibt Medienkompetenz, es gibt Media Literacy, es gibt jetzt AI-Kompetenz, es gibt AI-Literacy. Die Dinge schwimmen ineinander über, haben sehr große Schnittmengen. Es gibt jetzt nicht diese einheitliche Definition. Es gibt ein Kompetenzmodell, das DigComp, das wir als Grundlage verwenden. Das ein europäisches Kompetenzmodell und das liegt eben auch dieser Eurostat-Erhebung zugrunde.
LUKÁŠ: Danke.
STEINMAURER: Ganz ein wichtiger Punkt, das ist auch wichtig für unsere Demokratie. Dass die Leute in der Lage sind, die Technik zu verstehen, mit den Werkzeugen, die ihnen in die Hand gegeben sind, umgehen können und quasi auch kritisch mit den Dingen umgehen können. Das ist der wichtige Faktor, ich habe es jetzt auf drei Dinge gebracht. Da braucht es Neugier, das heißt also auch Neugier wecken und die Leute auch reinholen. Insofern, nur von meiner Warte möchte ich das einfach nur dazu sagen: Wir müssen glaube ich da schauen, dass jeder ein Recht auf digitale Kompetenz und digitale Förderung hat. Wir sollten heute nicht mehr darüber nachdenken, ob irgendwer das Recht auf analoges Leben hat. Weil wie gesagt, das gibt es nicht mehr.
LUKÁŠ: In Einzelfällen existiert es noch.
STEINMAURER: Ja, wir müssen aber auch schauen, dass wir hier reinholen und möglich machen. Weil du wirst es nicht schaffen, parallel beide Systeme nebeneinander zu machen. Es geht ja um Recht. Ich bin jetzt der Jurist, der überlegt, welche Rechte will ich dem Menschen. Das kann eigentlich nur heißen, hereinholen und ihnen den Zugang ermöglichen. Das heißt, ihnen möglichst einfach ermöglichen, möglichst erschwinglich, kostengünstig ermöglichen und ihnen natürlich die Möglichkeit sagen, wo Fehler passieren können, dass sie lernen. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass wir halt auch bis ins hohe Alter lernen müssen. Auch das ist ein Teil der digitalen Geschichte. Das sollten wir uns bewusst sein. Das hat so viel mit Technik zu tun, hat so viel mit Dingen, die kann ich nicht in ein Gesetz oder so reinschreiben, zu tun.
LUKÁŠ: Mit einem Mindset sozusagen, wenn wir es modern sagen wollen. Ich hätte nur eine letzte Frage für Sie, aber ich denke mir, dass wir da vielleicht auch schon ein bisschen reingegangen sind. Weil wo gibt es noch Aufholbedarf? Und das mit diesem lebenslangen Lernen, das würde ich fast ein bisschen auch in diese Kategorie reinnehmen. Das hat jetzt mit der Infrastruktur nichts zu tun, aber halt mit dem Menschsein im digitalen Zeitalter.
STEINMAURER: Auch mit der Infrastruktur hat das zu tun. Einfach auch die Möglichkeiten schaffen, aber nicht nur einfach was hinbauen und dann warten, dass irgendwer mal draufkommt, sondern aktiv zuführen, aktiv den Leuten auch die Angst vor der Technologie nehmen. Es geht da in den Bereich Infrastruktur und ich sage Infrastruktur beginnt quasi beim Kabel, das in die Erden eingegraben wird oder beim Funkmasten und endet am Ende beim Endgerät, das Sie in den Händen halten. Und wie gesagt, ich kann den Leuten da erklären, ui, was da alles passieren kann, jetzt mit der AI wird es sowieso furchtbar und schrecklich und das ist ein Risiko und jetzt fürchten wir uns alle. Das ist die eine Möglichkeit. Und die andere Sache ist, ja, natürlich gibt es da auch Risiken, aber genau deswegen will ich dir erklären, wie du richtig damit umgehst. Wie du die Technik verstehst, die Technik kann dein Freund sein und da muss man wissen, wie das funktioniert. Wir müssen schon schauen, dass uns nicht nur dumpf etwas hingeschmissen wird, das Tablet oder das Handy und dann tun wir halt genau das, was da drin ist, sondern einfach schon aktiv auch an die Dinge herangehen und versuchen, es zu verstehen. Dazu braucht es wieder Bildung. Natürlich ist die Bildung je nach Studien-, Schulabschluss entsprechend höher. Es gibt sicherlich auch Leute, die einfach nur neugierig sind und das müssen wir nutzen. Und wenn sie neugierig sind, lernen sie sowieso. Es kann auch ein Weg hin zu mehr Bildung generell sein, was für die Demokratie wieder wichtig ist.
LUKÁŠ: Herr Reisinger, wo sehen Sie da noch Aufholbedarf?
REISINGER: Ich möchte vielleicht nochmal zu dem, was der Klaus Steinmaurer gesagt hat, was aufgreifen. Ich glaube, dass das Infrastrukturthema auch ein digitales Kompetenzthema ist. Die Nachfrage nach einer zum Beispiel Glasfaser-Infrastruktur oder mich darum zu kümmern, dass ich einen Internetanschluss habe, ist vielleicht, wie Sie gesagt haben, es gibt noch die Personen, die analog sind. Ja, die gibt es. Ich glaube, ich unterschreibe ich zu 100 Prozent. Kenne ich aus meinem Umfeld. Wobei, wie analog ist man denn wirklich? Erste Frage. Man darf sich dem, glaube ich, nicht verwehren, wenn man eine neue Heizung bekommt. Eine Wärmepumpe braucht mittlerweile auch schon Internet. Die haben es dann teilweise selbst eingebaut, weil sie Updates bekommt. Also sehr viele Geräte, die wir mittlerweile im Haushalt haben, brauchen in irgendeiner Form Internet, um sich upzudaten. Oder wenn man jetzt Autos kauft, da ändert sich auch etwas, weil mittlerweile bekommen die Autos, wenn ich ein Elektroauto nehme, das bekommt einmal im Monat oder vielleicht sogar noch öfter, je nach Hersteller, Updates und wird besser, wird sicherer. Man darf das nicht so, was mache ich als Einzelperson jetzt im täglichen Verhalten, sondern wie verändern sich die Lebensrealitäten. Wir haben sehr viele Geräte, die einfach mittlerweile digital angebunden werden mit dem Effekt, den Strom dann zu verwenden, wenn er gerade im Netz verfügbar ist. Also auch als Klimaschutz. Ich verwende den Strom dann, wenn es Überkapazitäten gibt, und lade dann das Elektroauto oder bereite dann das Warmwasser auf. Mit vernetzten Geräten ist das möglich. Und vielleicht jetzt noch ein sehr, nicht so theoretisches, sondern ein sehr praktisches Beispiel. Spätestens dann, wenn ich 24 Stunden Pflege brauche, am Ende des Lebens, dann brauche ich Internet im Haus. Nicht für uns selbst, sondern für die Pflegerin.
STEINMAURER: Sonst kommt es nicht.
REISINGER: Sonst kommt es nicht.
LUKÁŠ: Sonst kommt es nicht. Nein, auch das kennen wir aus unserem Umfeld. Das stimmt. Ja, es ist ein weites Feld, diese Chancengleichheit. Tatsächlich glaube ich, hätte diese Folge viel länger dauern können und wir hätten eigentlich viel tiefer noch reingehen können in diese ganze Thematik. Nichtsdestotrotz sind wir heute am Ende angelangt. Vielleicht können wir ja noch einmal eine Folge dranhängen, um da ein bisschen ein Deep Dive zu machen, um es im modernen Duktus auszudrücken. Herr Steinmaurer, Herr Reisinger, vielen Dank, dass Sie da waren und dass Sie auch mit Vehemenz und Leidenschaft ein bisschen reingehaut haben. Das war super und immer wieder diese Verbindungen zur Demokratie gemacht haben. Dankeschön.
STEINMAURER: Danke sehr.
REISINGER: Danke für die Einladung.
STEINMAURER: Danke für die Einladung.
LUKÁŠ: Und das war es auch schon wieder mit "Rund ums Parlament", dem Podcast des österreichischen Parlaments. Ich hoffe, euch hat diese Folge gefallen und ein paar neue Welten aufgemacht. Wenn ja, dann gebt uns gerne eine Bewertung, das würde uns sehr freuen, und abonniert uns, wenn ihr das noch nicht getan habt. Dann verpasst ihr auch nicht die nächste Folge zum Thema Demokratie und Digitalisierung. Bis dahin hört euch gern durch die früheren Folgen von "Rund ums Parlament", zum Beispiel die Folge "ChatGPT & Co: Wie schnell braucht es neue Gesetze?". Dort geht es darum, ob und wie man die Entwicklung der künstlichen Intelligenz beschränken sollte. Falls ihr Fragen, Kritik oder Anregungen zum Podcast habt, dann schreibt uns gerne eine E-Mail an podcast@parlament.gv.at und schaut auch gerne mal auf der Website und den Social-Media-Kanälen des österreichischen Parlaments vorbei. So, ich freue mich schon auf die nächste Folge mit euch. In diesem Sinne vielen Dank fürs Zuhören. Mein Name ist Tatjana Lukáš. Wir hören uns.
Jingle: Rund ums Parlament. Der Podcast des österreichischen Parlaments.