News 01.07.2025, 09:45

Als der Strick in den Ruhestand geschickt wurde

Zwei Mal ist es ihm gelungen, sieben Mal hat er es probiert: Der Frauenmörder Johann Trnka ist in die Wohnungen seiner Opfer eingebrochen, hat sie getötet und Transistorradios und andere Wertgegenstände gestohlen, die er leicht zu Geld machen konnte. Doch Trnka ist nicht nur wegen seiner Verbrechen in Erinnerung geblieben: Er war die letzte Person in Österreich, die vom Staat hingerichtet wurde.

Johann Trnka (re.) wurde wegen zweifachen Mordes zum Tod durch den Strang verurteilt.

Das war am 24. März 1950. Trnka wurde im Galgenhof des Wiener Straflandesgerichts gehängt. Auf den Tag genau zwei Monate später stimmte der Nationalrat aber für ein Ende der Todesstrafe. Dass das alles außer gewöhnlich war, zeigt schon der Gesetzesantrag: Den hätte es für ein Ende der Todesstrafe nämlich gar nicht gebraucht.

Hinrichtungen unter Dollfuß und Hitler

Eigentlich ist die Todesstrafe in der Bundesverfassung schon seit 1919 abgeschafft. Doch unter dem Regime von Engelbert Dollfuß wurde sie wieder eingeführt. Damals erklärte Justizminister Kurt Schuschnigg, dass sie notwendig wäre, um gegen Anschläge von Terroristen– gemeint waren die Nazis – vorgehen zu können.

Engelbert Dollfuß führte die Todesstrafe für Mörder, Brandstifter und schwere Sachbeschädiger ein und weitete sie danach aus.

Auch die Nationalsozialisten behielten sich die Todesstrafe, um gegen Regimegegner vorzugehen. Alleine am Straflandesgericht in Wien wurden zwischen 1938 und 1945 rund 1200 Menschen hingerichtet – 640 davon waren Widerstandskämpferinnen und -kämpfer. Wegen der hohen Zahl an Hinrichtungen lieferten die Nationalsozialisten aus Berlin extra ein Fallbeil an.

Todesstrafe als Antwort auf viel Kriminalität

Nach dem Zweiten Weltkrieg galt in Österreich aber wieder die Bundesverfassung und darin ist die Todesstrafe verboten. Dieses Verbot wurde allerdings – zeitlich begrenzt - ausgesetzt. Die damaligen Abgeordneten des Nationalrats rechtfertigten das mit den verheerenden Bedingungen nach Kriegsende: Brutale Verbrechen standen an der Tagesordnung und es musste noch vielen Nationalsozialist:innen der Prozess gemacht werden. Nach 1945 wurden 100 Todesurteile verhängt und 43 Urteile vollstreckt.

Immer wieder wurde die Möglichkeit der Todesstrafe verlängert, zuletzt bis zum 30. Juni 1950. Justizminister Otto Tschadek hätte also nichts tun müssen, um die Todesstrafe in Österreich abzuschaffen – sie wäre automatisch wieder verboten worden. Er wollte diese Entscheidung aber nicht selbst treffen. Im Justizausschuss vom 29. März 1950 sagte er dazu: "Hätte ich darauf verzichtet, eine Gesetzesvorlage auszuarbeiten, so wäre die Todesstrafe am 30. Juni außer Kraft gesetzt worden, ohne daß (sic!) die Volksvertretung die Möglichkeit gehabt hätte, noch einmal zu dieser entscheidenden Frage Stellung zu nehmen."

Otto Tschadek wollte nicht alleine über das Ende der Todesstrafe entscheiden. Er gab die Entscheidung an das Parlament ab.

Eine Gewissensfrage

Die Einstellung zur Todesstrafe war alles andere als einheitlich: Manche waren dafür, weil die Kriminalitäts- und Mordrate so hoch war. Andere dagegen, weil eben diese Rate auch während der Zeit, als Menschen hingerichtet wurden, nicht zurückgegangen ist.

Es wurde zu einer Gewissensfrage, die nicht entlang der Parteigrenzen verlief. Ganz im Gegenteil: Die damals im Parlament vertretene KPÖ wurde sogar dafür kritisiert, als Partei geschlossen gegen die Todesstrafe zu stimmen. Die anderen Parteien gingen einen anderen Weg und hoben den Klubzwang auf. Außerdem machten sich die Abgeordneten untereinander aus, eine geheime Abstimmung abzuhalten. So wusste niemand, wer dafür und wer dagegen war.

Am 24. Mai war es dann so weit: Im Nationalrat stimmten die Abgeordneten – ohne Klubzwang und geheim – über die Todesstrafe ab. Damit der Staat weiterhin Leute hinrichten kann, hätten zwei Drittel der Abgeordneten dafür sein müssen. Am Ende waren 86 Abgeordnete dagegen und nur 64 dafür. Damit war die Todesstrafe in ordentlichen Verfahren in Österreich mit 1. Juli 1950 abgeschafft.

Einzig bei Standgerichten gab es noch bis 1968 die theoretische Möglichkeit von Hinrichtungen. Doch das kam nie zum Einsatz.