News 31.05.2024, 10:57

Blick in die Geschichte: Wie Österreich ins EU-Parlament einzog

Seit 1. Jänner 1995 ist Österreich Mitglied der Europäischen Union. Am 9. Juni 2024 wählen die Österreicher:innen bereits zum 7. Mal für das Europaparlament. Das erste Mal war am 13. Oktober 1996. Danach wurden die zunächst provisorisch vom Nationalrat entsendeten Abgeordneten durch gewählte Abgeordnete abgelöst.

Doch bereits zuvor waren Österreichs Bürger:innen aufgerufen, ihre Wahl in Bezug auf die EU abzugeben: Bei einer Volksabstimmung am 12. Juni 1994 sprachen sich 66,6 % der Wähler:innen für einen Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft aus.

Am 12. Juni 1994 fand in Österreich die Volksabstimmung zum EU-Beitritt statt. Im Bild: Außenminister Alois Mock (ÖVP) und Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) bei einer Feier am Wiener Ballhausplatz.

141 Abgeordnete dafür, 40 dagegen

Am 11. November 1994 befassten sich die Abgeordneten im Nationalrat mit der Frage, ob man dem EU-Beitrittsvertrag zustimme. Bundespräsident Thomas Klestil, EU-Kommissionspräsident Jacques Delors und der Präsident des Europäischen Parlaments Klaus Hänsch waren gekommen. Um 11.00 Uhr wurde die Debatte eröffnet. Wenige Minuten vor 22.00 Uhr war sie zu Ende.

Der erste Debattenredner war SPÖ-Mandatar Peter Kostelka, er sprach vom "Beginn einer neuen Epoche", die EU werde für "österreichische Arbeitnehmer klare Vorteile" bringen. Kostelka zeigte sich überzeugt, dass Österreich in der Union eine Vorbildwirkung haben werde, es bestehe die Chance "die Vision von Frieden, sozialer Gerechtigkeit und Versöhnung des Menschen mit der Natur zu verwirklichen", so Kostelka.

ÖVP-Klubobmann Andreas Khol betonte unter anderem, dass Österreich nun im "großen Europa" eine gleichberechtigte Rolle spiele und man sich für die "neuen Demokratien Ost- und Mitteleuropas mit aller Kraft engagieren" könnte. Kohl schloss mit den Worten: "Der europäische Geist ist die Zukunft".

Jörg Haider (FPÖ) sah das anders, der einst beschworene Geist von Brüssel sei Machtinteressen gewichen. Der Beitritt würde für die Österreicher:innen vielmehr einen Verlust von Demokratie und Bürgerrechten bedeuten.

Johannes Voggenhuber von den Grünen kündigte an, aus Respekt vor dem Willen des Volkes bei der Abstimmung im Nationalrat zuzustimmen – entgegen seiner politischen Überzeugung. Zudem meinte er, dass EU-Gegner:innen mit einem kritischen Reformkurs innerhalb der Union mehr gedient sei, als mit einem Beharren auf einer Option, die es nicht gebe.

Die Klubobfrau des Liberalen Forums (LIF), Heide Schmidt, äußerte sich ausschließlich positiv und verwies darauf, seit jeher für den Beitritt Österreichs eingetreten zu sein. Sie brachte zudem ins Treffen, dass es ein europäisches Instrumentarium zur Wanderungspolitik mit einem liberalen Asylrecht im Rahmen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik brauche.

Ablehnung mehrheitlich von den Freiheitlichen, auch Grüne-Abgeordnete stimmten nicht zu

Es entwickelte sich eine Debatte, die zeigte, dass auch innerhalb der FPÖ Uneinigkeit herrschte. Holger Bauer (FPÖ) führte an, dass mit Beitrittskosten von 35 bis 36 Mrd. Schilling gerechnet werden müsste und sich das erhoffte Wirtschaftswachstum von 3,6 % schwerlich erfüllen werde. Fraktionskollege Helmut Haigermoser meinte zwar, dass es dringend notwendig sei, die Maastricht-EU zu reformieren, dennoch werde er für den Beitritt stimmen, weil er überzeugt sei, dass die Idee eines "Europa der Vaterländer" Zustimmung verdiente.

In der namentlichen Abstimmung im Anschluss an die Nationalratsdebatte sprachen sich 141 Abgeordnete für den EU-Beitrittsvertrag aus und 40 dagegen. Gegen die Vorlage hatten primär Mandatar:innen der Freiheitlichen gestimmt, aber auch die beiden Abgeordneten der Grünen Gabriele Moser und Andreas Wabl. Grün-Mandatar Rudolf Anschober und Fraktionskollegin Madeleine Petrovic beteiligten sich nicht am Abstimmungsvorgang.

Sechs Tage später, am 17. November 1994, folgte die Zustimmung im Bundesrat. Bundespräsident Thomas Klestil und Bundeskanzler Franz Vranitzky unterschrieben die Ratifikationsurkunde des Vertrags am 22. November 1994.