Genau ein Jahr nach dem Start des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 hielt der Nationalrat eine Sondersitzung ab. Die NEOS, auf deren Verlangen die Sitzung zurückging, forderten dabei von Bundeskanzler Karl Nehammer Auskunft über die künftige Positionierung Österreichs im Zusammenhang mit diesem Krieg. Konkret sprach sich die jüngste Fraktion im Parlament dafür aus, sowohl die sicherheitspolitische Ausrichtung Österreichs – Stichwort Neutralität – zu überdenken, als auch die Abhängigkeit der Republik von Energieimporten massiv zu mindern.
Die ÖVP betonte den Wert einer aktiven Neutralitätspolitik. Auch seitens der SPÖ sieht man keinen Anlass, die Neutralität in Frage zu stellen. Seitens der Grünen wurde unterstrichen, dass die Notwendigkeit der Energiewende deutlicher denn je geworden sei. Während ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS betonten, dass Österreich klar auf der Seite der Ukraine stehe, und das Vorgehen Russlands uneingeschränkt verurteilten, gibt es aus Sicht der FPÖ eine Schuld beider Konfliktparteien an der Entwicklung, die letztlich zum Krieg führte.
Bundeskanzler Nehammer stellte eine Abkehr von der militärischen Neutralität Österreichs in Abrede. Sie sei historisch legitimiert, von der Mehrheit der Bevölkerung gewollt und helfe, als "Brückenbauer" zwischen Konfliktparteien zu wirken. Dennoch sei die Republik nicht politisch neutral, benannte der Bundeskanzler den "Aggressor Russland" und verwies auf die humanitären Hilfsleistungen Österreichs an die Ukraine. Überdies seien österreichische Soldat:innen in zahlreichen Friedensmissionen weltweit aktiv. Hinsichtlich der Abhängigkeit Österreichs von russischen Gaslieferungen kündigte der Kanzler an, die "außergewöhnlich langfristigen" Verträge der OMV mit Russland zu prüfen. Unabhängig davon sieht er die Zukunft der heimischen Energieversorgung in erneuerbaren Energieträgern. Gesetzliche Weichen würden dafür gestellt.