News 26.02.2024, 17:50

Soziale Medien belasten die Demokratie

Sind Soziale Medien eine Gefahr für die Demokratie? Dieser Frage widmete sich das Dialogforum, das die Parlamentsdirektion zusammen mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaft ausrichtet.

Seit der Verfügbarkeit von ChatGPT habe die Frage nach den Auswirkungen digitaler Medien auf die Demokratie zusätzliche Brisanz bekommen, sagte Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka in seinen Eröffnungsworten. Nicht zuletzt, weil Jugendliche ihre Informationen fast ausschließlich von diesen Plattformen beziehen, werde uns das Thema in den kommenden Jahren massiv begleiten, so Sobotka. Die Auseinandersetzung mit den damit verbundenen Auswirkungen sei daher im Interesse aller Entscheidungsträger:innen und aller Fraktionen, betonte der Parlamentspräsident.

Matthias Karmasin vom Institut für Medien- und Kommunikationsforschung der ÖAW

Für die Beantwortung hat das Team um Medien- und Kommunikationsforscher Matthias Karmasin den aktuellen Stand der Forschung zusammengetragen. Und das Ergebnis sei eindeutig: "Die kurze Antwort lautet Ja." Ein Problem Sozialer Medien sei, so Karmasin in seiner Keynote, dass es für Menschen zwischen 18 und 24 Jahren die primäre Informationsquelle sei – auch in Österreich. In vielen Fällen fehle es an der Medienkompetenz zwischen Information und Desinformation zu unterscheiden. Gerade das sei für liberale Demokratien gefährlich.

Aber Soziale Medien haben nicht nur negative Seiten: In Autokratien haben sie positive Effekte, weil Bürger:innen so Informationen abseits von zensierten Staatsmedien teilen können, erklärte Karmasin, der das Institut für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung der ÖAW leitet.

Verzerrte Diskurse und rechtliche Hürden

Stefan Strauß, vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung, legte den Fokus seiner Keynote auf die Effekte, die Soziale Medien auf Diskurse haben. Ein Großteil der Nutzer:innen seien stille Beobachter:innen, Diskurse würden demnach von einer Minderheit gesetzt werden. Durch Bots, KI-Programmen wie ChatGPT oder Werbeanzeigen, können Scheininformation weit verbreitet werden, warnte Strauß. Auch wenn unklar sei, wie wirksam das sei, dürfe man sie nicht unbeachtet lassen. Demokratiepolitisch relevant sei schon der Versuch, nicht der Erfolg, so Strauß.

Die rechtliche Komponente erläuterte Magdalena Pöschl, vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien. Ein Problem mit Sozialen Medien sei, dass nationale Gesetze sich oft unterscheiden würden. Sie sprach sich für ein gesamt-europäisches Vorgehen aus und warnte vor nationalen Alleingängen.

Lösungsvorschläge und parlamentarische Diskussion

Karmasin legte auch eine Liste von Empfehlungen vor: So sollten sich Politiker:innen einen "Code of Conduct" ausmachen. Also ethische Grundprinzipien, an die sie sich in den Sozialen Netzwerken halten sollen. Der PR-Ethikrat sollte zudem auch für politische Werbung und PR auf Social Media zuständig sein. Karmasin brachte auch die Idee einer europäischen Social-Media-Plattform ins Spiel, die nicht auf möglichst hohe Gewinne ausgerichtet sein müsste. Und Bürger:innen sollten eine stärkere Medienkompetenz unterrichtet bekommen, um Desinformation besser erkennen zu können.

Im Anschluss an die Vorträge gab es eine Podiumsdiskussion mit den Nationalratsabgeordneten Nico Marchetti (ÖVP), Dagmar Belakowitsch (FPÖ), David Stögmüller (Grüne) und Henrike Brandstötter (Neos). Darin wurde über eine Klarnamenpflicht, künstliche Intelligenz und bevorstehende Herausforderungen mit gefälschten Videos diskutiert aber auch festgehalten, dass Soziale Medien auch positive Seiten hätten und nicht nur negativ dargestellt werden sollten.