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Opposition schießt sich im Nationalrat auf Budgetpolitik der Regierung ein

Die Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und BZÖ haben die Plenarsitzungen des Nationalrates am Mittwoch und Donnerstag vergangene Woche dazu genutzt, Kritik an der Budgetpolitik der Regierung zu üben. Im Zentrum standen dabei am Mittwoch die verspätete Vorlage des Haushaltsentwurfs durch Finanzminister Pröll sowie die angekündigten Kürzungen der Familienleistungen. In der Sitzung am Donnerstag ging es um die geplanten Maßnahmen im Bildungsbereich.
Bereits vor Beginn der Mittwochsitzung erinnerte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in einer kurzen Ansprache an das erste Zusammentreten des Nationalrates vor 90 Jahren sowie an den 90. "Geburtstag" der Bundesverfassung.

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Grüne werfen Pröll "Bildungsklau" vor

In der Sitzung am Donnerstag stellten die Grünen eine Dringliche Anfrage an Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll von der ÖVP. Unter dem Titel "Stopp dem rot-schwarzen Bildungsklau" warfen die MandatarInnen der Grünen Pröll vor, die Zukunft der Jugend mit den geplanten Schritten im Bildungsbereich aufs Spiel zu setzen. Harte Kritik musste sich der Parteichef für die geplanten Sparmaßnahmen im Bereich der Familienbeihilfe, der Unis sowie der außeruniversitären Forschungseinrichtungen anhören. Laut Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig-Piesczek seien durch die Kürzungen immer mehr Studenten dazu gezwungen zu arbeiten und so einer enormen Doppelbelastung ausgesetzt. Die Grünen forderten anstelle der geplanten Kürzungen Strukturreformen und einen Abbau von Förderungen etwa im Agrarbereich.

Pröll wies die Vorwürfe der Grünen zurück. Er und die Regierung handelten verantwortungsbewusst und den enormen Finanzproblemen des Staates entsprechend. Durch die jetzt geplanten Maßnahmen gebe es außerdem nicht weniger Mittel für die Universitäten. Im Bereich der außeruniversitären Forschung wertete der Finanzminister die geplante Eingliederung von Instituten in Universitäten und die Akademie der Wissenschaften als Chance durch Effizienzsteigerung. Die Absenkung der Altersgrenze der Familienbeihilfe von 26 auf 24 Jahre verteidigte der Finanzminister mit dem Argument, dass in den meisten anderen europäischen Ländern die Beihilfe weit weniger lange ausbezahlt werde. Pröll sprach sich außerdem für die Wiedereinführung von Studiengebühren sowie klare Studienzugangsregelungen aus.

Kritik an ebendiesen Plänen Prölls übte der Koalitionspartner SPÖ, worauf die FPÖ der Regierung Scheinauseinandersetzungen im Bereich der Bildungspolitik vorwarf. Die Freiheitlichen kritisierten aber auch die geplanten Einsparungen. Das BZÖ stellte der Regierung nicht nur für die angedachten Kürzungen im Bildungsbereich, sondern für die gesamten Budgetpläne ein schlechtes Zeugnis aus.

Karl verteidigt Maßnahmen

Bereits am Beginn der donnerstäglichen Sitzung musste Wissenschaftsministerin Beatrix Karl in einer Fragestunde den VolksvertreterInnen Rede und Antwort stehen. Abgeordnete aller Fraktionen interessierten sich dabei für die Zukunft der außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Die Grünen warfen Karl im Zuge dessen einen geplanten "Kahlschlag" vor, was diese zurückwies. Die ÖVP-Ministerin erklärte aber, dass sich das Gießkannenprinzip im Forschungsbereich überholt habe und deshalb die Eingliederung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen in universitäre Strukturen erklärtes Ziel sei.

Die MandatarInnen befragten Karl auch, wie sie die Rahmenbedingungen an den Unis verbessern wolle. Hierzu erklärte die Wissenschaftsministerin, dass sie auf einen geregelten Studienzugang inklusive Aufnahmeverfahren bei Massenfächern sowie einen Ausbau der privaten Finanzierung setze. Das bedeute einerseits finanzielle Beiträge der Wirtschaft, aber auch Studiengebühren für StudentInnen. Dadurch entstehende soziale Ungerechtigkeiten will Karl durch ein "treffsicheres" Stipendiensystem abwenden.

Kritik an Budgetplänen in Aktueller Stunde

"SOS Familie! Jugend und Familien als Opfer einer reformunfähigen Bundesregierung" war das vom BZÖ gewählte Thema einer Aktuellen Stunde in der Sitzung am Mittwoch, die alle Oppositionsparteien dazu nutzten, Kritik an den Budgetplänen der Regierung zu üben. BZÖ-Klubobmann Josef Bucher bemängelte die geplanten Kürzungen der Familienleistungen und bezeichnete diese gar als "Strafaktion". Er wünsche sich stattdessen Strukturreformen und Privatisierungen sowie ein Ende der Verschwendung von öffentlichen Geldern bei den ÖBB. Auch die Finanzhilfe für marode EU-Mitgliedsstaaten stand Bucher ablehnend gegenüber.

Ähnliche Kritik übte die FPÖ. Abgeordneter Christian Höbart bemängelte die Vernachlässigung des Sparpotenzials im Schul- und Gesundheitswesen durch die Regierung, die das Budget nun auf Kosten der Familien sanieren wolle. Auch Haftungen für EU-Länder in Finanznöten waren Höbart ein Dorn im Auge. Für die Grünen-Abgeordnete Daniela Musiol stellte vor allem die Art der Kürzungen im Familienbereich ein Problem dar. Die Belastung treffe nämlich nicht alle Familien gleichermaßen, sondern vor allem die bedürftigen. Positiv sei hingegen die Ausweitung der Sachleistungen in Form von Kinderbetreuungseinrichtungen zu werten.

Mitterlehner bedauert Kürzungen

Familien- und Jugendminister Reinhold Mitterlehner bedauerte zwar die Kürzungen im Familienbereich, betonte jedoch deren Notwendigkeit aufgrund der Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden Schuldenproblematik. Der ÖVP-Minister wies auch auf die Bereitschaft der Regierung hin, die geplanten Maßnahmen noch einmal genau zu prüfen. Einen Angriff auf die Familien wollte Mitterlehner jedenfalls nicht erkennen, da die Hälfte der österreichischen Familien von den Sparmaßnahmen gar nicht betroffen sei.

In dasselbe Horn stieß ÖVP-Abgeordnete Silvia Fuhrmann. Sie konnte die Kritik an den Maßnahmen zwar verstehen, betonte jedoch die Notwendigkeit der Budgetsanierung in Hinblick auf die schlechte finanzielle Lage der Republik. Für die SPÖ drückte Gabriele Binder-Maier ebenfalls Bedauern über die Streichung von Familienleistungen aus. Sie begrüße aber die stärkere Fokussierung auf Sachleistungen in Form von Betreuungseinrichtungen. Dies trage weiter zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und damit zur Verbesserung der Chancengleichheit bei.

Ministeranklagen gegen Faymann und Pröll finden keine Mehrheit

In der Sitzung am Mittwoch diskutierten die VolksvertreterInnen auch die Anträge der FPÖ, Bundeskanzler Werner Faymann von der SPÖ und Vizekanzler Josef Pröll von der ÖVP wegen der verspäteten Vorlage des Budgets vor dem Verfassungsgerichtshof anzuklagen. Als Begründung für die Anträge führte die FPÖ an, der Regierungschef und sein Vize hätten wissentlich die Verfassung unter fadenscheinigen Argumenten gebrochen. Der Grund für die Verschiebung der Budgetvorlage sei aber in Wirklichkeit nicht das Warten auf aktuellere Wirtschaftsprognosen, sondern Angst vor den WählerInnen in den Wahlkämpfen in Wien und in der Steiermark gewesen.

Unterstützt wurden die beiden Anträge sowohl von den Grünen als auch vom BZÖ. Die Grünen bezeichneten das Ansinnen der Freiheitlichen als "gut und richtig" und betonten, dass auch Verfassungsexperten bis hinauf zu Bundespräsident Heinz Fischer in der Frage der fristgemäßen Budgetvorlage keinen Ermessensspielraum sähen. Das BZÖ bezeichnete den von der Regierung gepflegten Umgang mit der Verfassung als zynisch. Sie habe zudem nicht nur die Verfassung, sondern auch ihr Wort gebrochen, da eine Verwaltungsreform im Budgetentwurf nicht enthalten sei. Auch die Grünen bezeichneten das geplante Budget als "handwerklichen Murks".

Die SPÖ erklärte in der Entgegnung auf die Oppositionsattacken, dass es richtig gewesen sei, die aktuellen Prognosen abzuwarten. Aus diesem Grund seien auch die Sparmaßnahmen in überschaubarem Rahmen geblieben. Es werde weder die Mehrwertsteuer angehoben, noch der Mittelstand erheblich belastet. Auch die ÖVP betonte, dass durch das Abwarten weniger Steuern und Kürzungsmaßnahmen notwendig wurden. Die Regierung habe sich außerdem keiner zu ahndenden Verfassungsverletzung schuldig gemacht: Die Verfassung sehe Alternativen für einen solchen Fall vor.

Trotz Unterstützung aller drei Oppositionsparteien fanden beide Anträge auf Ministeranklage keine Mehrheit.

Prammer zum 90er des Bundesverfassungsgesetzes

Vor Beginn der Sitzung gedachte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in einer Ansprache dem 90-Jahr-Jubiläum des Beschlusses der Bundesverfassung am 1. Oktober 1920 sowie der ersten Nationalratssitzung am 10. November 1920. Prammer betonte dabei, dass die Grundprinzipien der Verfassung auch heute noch aktuell seien. Trotzdem gebe es Reformbedarf, wobei bemerkenswert sei, dass auch heute jene Themen besonders hart diskutiert würden, die bereits 1920 für zahlreiche Debatten gesorgt hätten: Föderalismus, Verteilung von Aufgaben und Kompetenzen sowie die Grundrechte. Notwendige Änderungen der Verfassung bedürften aber eindringlicher Überlegungen, frei von tagespolitischen Zwischenrufen, unterstrich die Nationalratspräsidentin.

Rechnungshof, Soziales und Außenpolitik

Neben den Diskussionen zum Budget standen am Mittwoch auch die Ausweitung der Prüfungskompetenzen des Bundesrechnungshofs, eine Regelung zur Instandsetzung und Erhaltung jüdischer Friedhöfe sowie mehrere Punkte aus den Bereichen Gesundheit und Soziales auf der Tagesordnung. Auch Berichte des Rechnungshofes sowie den Bau des Westrings in Linz diskutierten die MandatarInnen im Plenum. Am Donnerstag widmete sich der Nationalrat neben dem Bildungsbudget auch diversen außenpolitischen Themen, dem Finanzstrafgesetz sowie der Wahl eines neuen Verfassungsrichters.

Detaillierte Berichte zu den Nationalratssitzungen von Mittwoch und Donnerstag entnehmen Sie bitte der Parlamentskorrespondenz.