Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch wird 200 Jahre alt
Zum 200-jährigen Jubiläum des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) hat Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in Zusammenarbeit mit dem Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien und der International Commission for Legal and Constitutional History am Dienstag, dem 24. Mai, zu einer Veranstaltung ins Parlament geladen. Diese sollte den Auftakt zur Tagung "1811 – 2011. 200 Jahre ABGB" bilden, die am Mittwoch im Wiener Juridicum fortgesetzt wurde.
Heute werden Gesetze von gewählten VolksvertreterInnen im Parlament beschlossen. Das war nicht immer so. Am 1. Juni vor 200 Jahren erließ der erste österreichische Kaiser Franz I. ein Patent, mit dem die Rechte der BürgerInnen geregelt werden sollten: das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch. Dieses umfassende Gesetzeswerk zum Privatrecht ist bis heute in weiten Zügen gültig und zentraler Bestandteil des österreichischen Rechtssystems. Nach dem französischen Code Civil von 1804 ist das ABGB damit die zweitälteste noch in Kraft befindliche Zivilrechtskodifikation Europas.
Das ABGB betrifft alle BürgerInnen
Das ABGB betrifft alle EinwohnerInnen Österreichs – "von der Wiege bis zum Grabe", wie der Festredner Universitätsprofessor Rudolf Welser anlässlich der Veranstaltung am Dienstag im Parlament bemerkte. Man komme schon bei der Geburt damit in Kontakt, heirate danach, lasse sich nach den Regeln des ABGB scheiden. Ebenso mache jede/r ihre/seine täglichen Geschäft danach, kaufe ein Grundstück, miete eine Wohnung, bezahle im Gasthaus und vererbe letztendlich sein Hab und Gut wie es das ABGB vorschreibe, erklärte Welser. Das Gesetzeswerk habe sich bis heute – trotz aller Umwälzungen der vergangenen Jahrhunderte – seine Lebenskraft erhalten und verdiene es alleine schon deshalb, gefeiert zu werden.
Seit dem Erlass des kaiserlichen Patents im Jahr 1811 hat sich natürlich trotzdem einiges verändert: Die ersten 100 Jahre blieb es zwar weitgehend ohne Eingriff, bedeutende Novellen erfuhr das Werk jedoch kurz vor und während des Ersten Weltkrieges. In den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es ebenfalls eine größere Teilreform, die etwa das Familienrecht neu regelte. Auch heute diskutieren ExpertInnen wieder über eine Überarbeitung des ABGB. Welser meinte in diesem Zusammenhang, dass Angst vor Neuerungen fehl am Platz seien. Er wünsche sich jedoch, dass Reformen behutsam vorgenommen werden und Wesen und Wert des ABGB erhalten bleiben.