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Nationalrat diskutiert direkte Demokratie

Unter dem Motto "Direkte Demokratie statt rot-schwarzem Reformstau, Herr Bundeskanzler" hat die FPÖ in der von ihr verlangten Sondersitzung am Mittwoch eine Diskussion über die direkte Demokratie in Österreich ausgelöst. Dabei zeigte sich in der Debatte über einen Dringlichen Antrag der Freiheitlichen zur Abhaltung mehrerer Volksbefragungen zwar die prinzipiell positive Einstellung aller Fraktionen zur direkten Demokratie. Darüber, wie diese auszusehen habe, gingen die Meinungen jedoch auseinander.

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In der Begründung des "Dringlichen" warf FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache den Regierungsfraktionen SPÖ und ÖVP sowie den Grünen vor, über die Bevölkerung in wichtigen Zukunftsfragen einfach "Drüberzufahren". Das sei auch der Grund für den weit verbreiteten Vertrauensverlust in die Politik, weshalb es nun gelte, das Volk mitentscheiden zu lassen. Dabei plädierte der Freiheitliche für eine allgemeine Ausweitung der direkten Demokratie, durch die das Volk ein wichtiges Regulativ zum Parlament bilden könne. Konkret forderte die FPÖ in ihrem Dringlichen Antrag etwa eine Volksbefragung zu Euro-Rettungsschirm, Wehrpflicht und freiem Hochschulzugang.

Faymann: FPÖ nimmt direkte Demokratie nicht ernst

In seiner Antwort auf Strache warf Bundeskanzler Werner Faymann den Freiheitlichen vor, die direkte Demokratie nicht ernst zu nehmen. Die Konsequenzen etwaiger Entscheidungen enthalte die FPÖ der Bevölkerung nämlich vor. Faymann betonte jedoch, dass er sich in Grundsatzfragen wie der Abschaffung der Wehrpflicht durchaus die Einbindung der ÖsterreicherInnen vorstellen könne. Prinzipiell seien derartige Diskussionen jedoch konstruktiv und mit inhaltlichem Tiefgang zu führen.

Den Vorwurf an die FPÖ, die direkte Demokratie nicht ernst zu nehmen, wiederholte auch SPÖ-Klubobmann Josef Cap. Er erinnerte daran, dass die Freiheitlichen in Regierungsverantwortung das Volk weder beim Ankauf der Euro-Fighter noch bei der Übernahme von Haftungen für die Kärntner Hypo-Bank eingebunden hätten.

ÖVP und Grüne gegen FPÖ-Forderungen

Auch Volkspartei und Grüne konnten mit den Anliegen der FPÖ nichts anfangen. ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf forderte die Freiheitlichen dazu auf, sich mit der Verfassung auseinanderzusetzen. Diese sehe vor, dass gewählte VolksvertreterInnen Entscheidungen stellvertretend für die Bevölkerung im Parlament treffen. Was Strache als "Drüberfahren" bezeichne, sei deshalb nur das Wahrnehmen der Verpflichtung der Abgeordneten.
Ein reines Ablenkungsmanöver von Korruptionsskandalen ortete wiederum Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig-Piesczek. Auf den von Strache angesprochenen Vertrauensverlust in der Bevölkerung gebe es deshalb nur eine Antwort: Die schonungslose Aufklärung aller Korruptionsaffären, das Wahrnehmen von Verantwortung durch Politiker – etwa Rücktritt im Falle einer gerichtlichen Verurteilung – sowie neue und schärfere Regeln gegen Korruption.

BZÖ: Faymann fehlt der Mut

Dass Bundeskanzler Faymann der Mut fehle, das Volk etwa zum Euro-Rettungsschirm zu befragen, bemängelte BZÖ-Chef Josef Bucher. Die Bevölkerung erwarte sich von der Regierung Antworten auf drängende Fragen. Sollte sie diese nicht geben können, wäre es besser, sich die Antworten direkt vom Volk zu holen, sprach sich Bucher für mehr direkte Demokratie aus.

Kurzdebatte zur Parteienfinanzierung

Nach der Diskussion über die direkte Demokratie beschäftigten sich die Abgeordneten in einer Kurzdebatte zu einem Fristsetzungsantrag der Grünen mit der zukünftigen Regelung der Parteienfinanzierung.

Detaillierte Berichte zur Sondersitzung des Nationalrates vom Mittwoch entnehmen Sie bitte den Berichten des Pressediensts des Parlaments.