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12. Februar 1934: Österreich stürzt in den Bürgerkrieg

Es sind die Morgenstunden des 12. Februar 1934. Die Polizei durchsucht das Linzer sozialdemokratische Parteisekretariat im "Hotel Schiff" nach Waffen. Mitglieder des bereits verbotenen sozialdemokratischen Republikanischen Schutzbunds wehren sich. Sie eröffnen das Feuer. Es ist der erste Akt des österreichischen Bürgerkriegs, der in nur drei Tagen mehr als 300 Tote und 800 Verletzte fordern sollte. Es ist der Auftakt zum endgültigen Untergang der Ersten Republik.

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Die Vorgeschichte

Die Februarkämpfe brachen nicht aus heiterem Himmel über Österreich herein. Bereits im März 1933 hatte Bundeskanzler Engelbert Dollfuß das Parlament ausgeschaltet. Im Zuge einer umstrittenen Abstimmung waren alle drei Nationalratspräsidenten zurückgetreten. Die Sitzung war somit unterbrochen und niemand konnte sie ordnungsgemäß fortführen. Die Regierung verhinderte wenige Tage später mithilfe der Polizei den Versuch der Wiederaufnahme. Die parlamentarische Demokratie war somit de facto abgeschafft.

Kanzler Dollfuß und seine Minister regierten in der Folge auf dem Verordnungsweg mithilfe des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes aus dem Jahr 1917. Sie schränkten die Rechte der Staatsbürgerinnen und –bürger ein. Auch politische Gegnerinnen und Gegner bekamen das zu spüren: Im März 1933 löste das autoritäre Regime den paramilitärischen Arm der Sozialdemokratie, den Republikanischen Schutzbund, auf. Im Mai verbot sie die Kommunistische Partei, im Juni die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei.

Kämpfe brechen im ganzen Land aus

Die Zwangsmaßnahmen richteten sich in der Folge auch verstärkt gegen die Sozialdemokratie. Die autoritäre Führung ließ bis zum Februar 1934 führende Schutzbündler verhaften. Vor diesem Hintergrund sind auch die Ereignisse des 12. Februar in Linz zu sehen, als die Schutzbündler entgegen klarer Anordnungen ihrer Parteileitung das Feuer eröffneten. In der Folge brachen in den Wiener Arbeiterbezirken und einigen Bundesländern – hier vor allem den Industrieregionen der Steiermark und Oberösterreichs – Kämpfe aus.

Der erwartete Generalstreik, der das Signal zum landesweiten Aufstand der Arbeiterbewegung hätte sein sollen, blieb jedoch aus. Das Bundesheer, die Polizei und die paramilitärische Organisation der offen faschistischen Heimwehren kämpften mit voller Härte gegen die vereinzelten Erhebungen: In Wien beschoss das Heer Gemeindebauten sogar mit Artillerie. Bis 15. Februar war der Aufstand niedergeschlagen, mehr als 300 Personen waren tot. Neun Schutzbündler wurden nach standrechtlichen Urteilen hingerichtet, hunderte Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten inhaftiert.

Letzter Schritt in die Diktatur

Die sozialdemokratische Parteileitung floh noch während der Kämpfe aus dem Land. Die Regierung Dollfuß verbot im Anschluss die Partei, Gewerkschaften und sozialdemokratische Organisationen. Alle Mandate sozialdemokratischer Politikerinnen und Politiker wurden aberkannt. Es gab somit keine nennenswerte Opposition mehr. Am 1. Mai erließ die Regierung die ständisch-autoritäre Verfassung. Damit war Österreich auch verfassungsrechtlich ein Staat ohne Parlamentarismus und Demokratie. Die Erste Republik existierte nicht mehr.