NEWS - ARCHIV

Abschied von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer

Dieser Artikel wurde archiviert.

Mehr als 700 Ehrengäste aus dem In- und Ausland waren gekommen, um sich von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zu verabschieden, unter ihnen Präsidenten der Parlamente Deutschlands, Kroatiens, Montenegros, Sloweniens und Tschechiens, hochrangige VertreterInnen des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission.

Zu Klängen aus "Tristan und Isolde" von Richard Wagner – eine Reverenz an die Opernliebhaberin Barbara Prammer – wurde der Sarg aus der Säulenhalle auf den Vorplatz des Parlaments getragen.

Kämpferin für die parlamentarische Demokratie

Als Erster gedachte der Zweite Präsident Karlheinz Kopf der Verstorbenen. Er sprach der Trauerfamilie tief empfundenes Mitgefühl aus. Barbara Prammer habe in den Jahren ihres Lebens und Wirkens viel gegeben, umso schwerer wiege der Verlust durch ihren allzu frühen Tod. Sie sei eine "engagierte Kämpferin für den unverzichtbaren Stellenwert und die Würde des Parlaments als Zentrum unseres demokratischen Österreich" gewesen. Die knapp achtjährige Präsidentschaft Prammers habe tiefe Spuren hinterlassen. Kopf bedankte sich für Prammers "umsichtige, überparteiliche und vor allem menschliche Führung" des Parlaments.

Auch die Präsidentin des Bundesrates, Ana Blatnik, unterstrich in ihrer Rede - Teile davon fasste sie in slowenischer Sprache zusammen - das Engagement Prammers für die Demokratie. Dieses habe die Verstorbene als Chance und Auftrag zur Gestaltung verstanden. Nie habe sie den Bezug zu den elementaren Fragen verloren, die Menschen tagtäglich bewegen. Respekt und Anerkennung verdiene Prammer für ihr Eintreten für die Rechte der Minderheiten in Österreich, ihren Mut und ihren Willen zu einem konstruktiven Miteinander über Grenzen hinweg.

Diesem Engagement Prammers war auch die musikalische Umrahmung der Trauerreden gewidmet. Harri Stojka und Timna Brauer interpretierten Lieder der Roma sowie hassidischer und jemenitischer Juden.

Dank an eine mutige Politikerin

Von Barbara Prammer bleiben werde, so die Journalistin Barbara Coudenhove-Kalergi, dass man Politiker/in sein könne, ohne sich zu verbiegen. Ihr Beispiel habe gezeigt, dass Politik für eine bessere Gesellschaft gemacht werden könne. Prammer sei offen für andere gewesen und damit beispielhaft für nächste Generationen. Sie wäre, so Coudenhove-Kalergi, eine gute Bundespräsidentin gewesen.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek würdigte die großen Verdienste Prammers im Kampf um die Gleichberechtigung der Frauen. Sie erinnerte sich ihrer Freundin und Mentorin als einer Frauenpolitikerin, die sich für eine "Zukunft ohne Hürden" stark gemacht habe. Prammers Ziel sei  gewesen, Mut zu machen, den eigenen Weg zu gehen und Frauen ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Österreich verliert Leitfigur

Betroffenheit und Trauer hinterlasse der Tod Barbara Prammers, so Bundeskanzler Werner Faymann. Die Republik verliere eine Leitfigur der Demokratie und einen außerordentlich liebevollen Menschen. Prammer hätten Grundsatztreue, Toleranz und Offenheit ausgezeichnet. Ihr Weltbild sei von Gleichheit und Gerechtigkeit geprägt gewesen. "Menschen wie sie braucht es in der Demokratie dringender denn je", so Faymann. Prammer sei immer ihren sozialdemokratischen Überzeugungen treu geblieben und sie habe die Fähigkeit gehabt, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen.

Einen letzten, sehr persönlichen Gruß richtete Bundespräsident Heinz Fischer an die Verstorbene. Noch vor einem Jahr sei Barbara Prammer im Zenit ihres Lebens gestanden, als eine Stimme der Vernunft, die über die Grenzen des Landes hinaus gewirkt habe. Ihrer Krankheit habe sie sich in bewundernswerter Weise gestellt. Barbara Prammer hätte sich über die ihr nun bezeugte Anerkennung und Zustimmung sehr gefreut, so der Bundespräsident. Er nahm dies zum Anlass, zu möglichst viel Sensibilität und Fairness im Umgang mit anderen Menschen, sowohl in der Politik und in den Medien wie auch im Alltagsleben, aufzurufen.

Große Anteilnahme

Der Trauerfeier wohnten rund 2000 Österreicherinnen und Österreicher bei. Von der gesperrten Ringstraße aus konnten die Menschen die Ansprachen direkt und über Videowalls mitverfolgen. Sie erwiesen "ihrer Präsidentin" die letzte Ehre, einer Präsidentin, der die Öffnung des Parlaments für die Bürgerinnen und Bürger ein großes Anliegen war.

Einen letzten Gruß entbot das offizielle Österreich Barbara Prammer mit der Bundeshymne und einem Zapfenstreich vor dem Balkon ihres Büros. Als der Konvoi mit dem Sarg den Weg zur letzten Ruhestätte Barbara Prammers in einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof antrat, war die tiefe Trauer über den Abschied von einer großen Österreicherin greifbar.